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Mitteilungen 11.2000 - Deutsche Gesellschaft für Archäologie des ...

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Inhaltsverzeichnis<br />

Editorial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3<br />

Die neuen Mitglieder der Geschäftsführung stellen sich vor . . . . . . . . . . . . . . . . 4<br />

Sitzung der Arbeitsgemeinschaft in Heidelberg, 28. Mai 1999<br />

Bericht über die Mitgliederversammlung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />

Bericht über die Sitzung der Arbeitsgemeinschaft in Heidelberg . . . . . . . . . . . . 7<br />

Historische Umwelforschung – <strong>Archäologie</strong> und Naturwissenschaften<br />

Bernd Hermann, Anthropologische Dimensionen der historischen<br />

Umweltforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11<br />

Joseph Klostermann, Neue Aspekte der Paläoklimaforschung . . . . . . . . . . . . . 16<br />

Gisela Grupe, Umweltnutzung im Mittelalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 18<br />

Dirk Meier, Umweltwandel und Siedlungsgeschichte in den<br />

südlichen Nordseemarschen Schleswig-Holsteins . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 22<br />

Christof Krauskopf, Verwüstete Landschaft. Siedlungsbefunde<br />

in einem Binnendünengebiet in der Niederlausitz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />

Marianne Dumitrache, Konstanz. Urlandschaft und Siedlungsraum<br />

in der Antike und im Mittelalter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30<br />

Daniel Gutscher, Urwald oder Kulturlandschaft? Archäologische und<br />

botanische Fragen zum Mythos der Siedlungsgründung an Beispielen<br />

<strong>des</strong> 12. und 13. Jahrhunderts aus dem Kanton Bern<br />

(Schweiz) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30<br />

Sabine Karg & Jochem Pfrommer, Eine Kulturlandschaft soweit das<br />

Auge reicht! Die spätmittelalterliche Stadt Laufen (CH) im<br />

Fokus der Disziplinen <strong>Archäologie</strong> und Botanik . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31<br />

Gabriele Legant-Karau, Wasserversorgung und Müllbeseitigung<br />

auf Lübecker Grundstücken im 12. und frühen 13. Jahrhundert . . . . . . . . . . 32<br />

Silvia Codreanu-Windauer, Trink-, Ab- und Hochwasser im mittelalterlichen<br />

Regensburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 35<br />

Christoph Brombacher, André Rehazek & Marcel Veszeli, »Entscheidend<br />

ist, was hinten herauskommt…« Archäobiologische Untersuchungen<br />

von Latrinenfüllungen am Beispiel der Städte Basel<br />

und Schaffhausen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 36<br />

Holger Schutkowski & Alexander Fabig, Schwermetallbelastung<br />

historischer Berg- und Hüttenleute. Biomonitoring mit archäometrischen<br />

Methoden . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 39<br />

Oliver Mecking & Gerhard Lagaly, Mittelalterliche Bleiglasuren<br />

und ihre Giftigkeit . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 40<br />

Holger Löwen, Ein Sonderbestattungsplatz <strong>für</strong> Aussätzige im<br />

frühmittelalterlichen Rottenburg . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 42<br />

Friedrich W. Rösing, Zur Anthropologie <strong>des</strong> frühmittelalterlichen<br />

Kirchheim unter Teck . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 43<br />

Gerhard Ermischer, <strong>Archäologie</strong> zum Anfassen. Das Archäologische<br />

Spessartprojekt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 44<br />

1


Tagung Tübingen 1995: Arbeitsgruppe III, Theorie und Methoden<br />

Tagungsberichte<br />

2<br />

Tilman Mittelstraß, Die <strong>Archäologie</strong> <strong>des</strong> Mittelalters und der Neuzeit –<br />

eine ernstzunehmende Teildisziplin der Geschichtswissenschaft? . . . . . . . . 45<br />

Helmut Brandorff, Erfahrungen mit der Darstellung einer komplexen<br />

Stratigraphie mit Hilfe eines Computerprogramms zur<br />

Auswertung nach »Harris« . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 48<br />

Zwischen Römersiedlung und mittelalterlicher Stadt. Archäologische<br />

Aspekte zur Kontinuitätsfrage, Klosterneuburg, 2. bis 4.<br />

Juni 2000 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 50<br />

13. Treffen <strong>des</strong> Arbeitskreises zur Erforschung der Tonpfeifen.<br />

Einbeck, 1. und 2. Mai 1999 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 51<br />

Lübecker Kolloquium zur Stadtarchäologie im Hanseraum III:<br />

Der Hausbau, Lübeck-Travemünde, 11. bis 14. Oktober 1999 . . . . . . . . . . . 56<br />

6. Kolloquium zur <strong>Archäologie</strong> <strong>des</strong> Mittelalters und der Neuzeit in<br />

Mecklenburg-Vorpommern, Rostock, 8. Juli 1999 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 59<br />

Von der Feuerstelle zum Kachelofen. 3. wissenschaftliches Kolloquium<br />

Stralsund, 9. bis 11.Dezember 1999 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 60<br />

Rezensionen, neue Literatur<br />

Fundort Wien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65<br />

Wasser, Lebensquelle und Bedeutungsträger . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 66<br />

P. Donat, Gebesee . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 68<br />

Lübecker Kolloquium zur Stadtarchäologie im Hanseraum II . . . . . . . . . . . . . . . 72<br />

K. B. Kruse, Die Baugeschichte <strong>des</strong> Heiligen-Geist-Hospitals in Lübeck . . . . . . . 74<br />

Wismarer Studien zur <strong>Archäologie</strong> und Geschichte, 5 . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 76<br />

J. Staecker, Rex regum et dominus dominorum . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 79<br />

Neue Literatur 1998–2000 (mit Nachträgen <strong>für</strong> 1997) . . . . . . . . . . . . . . . . . 81<br />

zum Titelbild:<br />

Michael Wohlgemut, Ansicht von Regensburg. Im Vordergrund die<br />

berühmte Steinerne Brücke, dahinter der Dom während der Bauzeit<br />

und die zahlreichen Patriziertürme. Aus der Schedelschen Weltchronik<br />

1493.<br />

Der farbige Druck <strong>des</strong> Titelblatts ist eine Spende der Fa. ArcTron, Ausgrabung<br />

und Computerdokumentation GmbH, Altenthann bei Regensburg.


Heft 11 der <strong>Mitteilungen</strong> erscheint zum Termin der zweiten Sondertagung<br />

der Arbeitsgemeinschaft, am 30. Juni und 1. Juli 2000 in<br />

Regensburg, die sich den Problemen archäologischer Inventarisation<br />

in mittelalterlichen Städten widmet. Das Titelbild mit der Ansicht<br />

Regensburgs aus der Schedelschen Weltchronik von 1493<br />

zeigt eindrucksvoll die Enge der Bebauung und die Vielfalt der<br />

Baulichkeiten, von Befestigungsanlagen, über Brücken, Mühlen,<br />

Patriziertürme bis hin zu den Kirchen und Klöstern und stimmt<br />

somit auf das Thema der Tagung bestens ein.<br />

Den Schwerpunkt <strong>des</strong> Hefts bilden, wie gewohnt, die Vorträge<br />

der letztjährigen Sitzung der Arbeitsgemeinschaft, beim 3. <strong>Deutsche</strong>n<br />

Archäologenkongreß in Heidelberg 1999. Dankenswerterweise<br />

haben einige Referenten ausführliche Manuskripte zur Verfügung<br />

gestellt. Der Abdruck von Kurzfassungen soll freilich weiterhin<br />

deutlich machen, daß auf den Sitzungen der Arbeitsgemeinschaft<br />

nicht nur »fertige« Forschungsergebnisse, sondern auch<br />

aktuelle Diskussionsbeiträge präsentiert werden, die erst später<br />

und andernorts zur ausführlichen Publikation gelangen. Außerdem<br />

werden zwei weiterhin aktuelle Vorträge <strong>des</strong> Tübinger Kolloquiums<br />

von 1995 abgedruckt, da sich <strong>für</strong> die Sektion »Theorie und<br />

Methoden der <strong>Archäologie</strong> <strong>des</strong> Mittelalters und der Neuzeit« leider<br />

kein Berichterstatter gefunden hatte.<br />

Neben den Tagungsberichten und der Liste von Neuerscheinungen<br />

nehmen erstmals auch Rezensionen aktueller Bücher einigen<br />

Platz im Heft ein. Angebote und Anfragen nimmt die Redaktion<br />

gerne entgegen.<br />

Die Mitgliederverwaltung wurde innerhalb der neuen Geschäftsführung<br />

dankenswerterweise von Manfred Schneider übernommen.<br />

Die mühevolle Zusammenführung der Adreßdaten hat<br />

bei der ersten Versandaktion zu Irrläufern und Doppelungen geführt.<br />

Die Geschäftsführung bittet um Nachsicht und – dringend –<br />

um Korrekturmeldungen.<br />

Die Voreinladung zur Tagung »Medieval Europe Basel 2002«,<br />

dem 3. Internationalen Kongreß der <strong>Archäologie</strong> <strong>des</strong> Mittelalters<br />

und der Neuzeit, den unsere Arbeitsgemeinschaft zusammen mit<br />

der Schweizerischen Arbeitsgemeinschaft <strong>für</strong> <strong>Archäologie</strong> <strong>des</strong> Mittelalters<br />

und der Neuzeit sowie mit der Archäologischen Bodenforschung<br />

Basel-Stadt organisiert, wird den Mitgliedern im Herbst<br />

zugehen. Der aktuelle Stand der Programmplanung ist im Internet<br />

abrufbar (http://www.mebs-2002.org). Die Geschäftsführung<br />

möchte schon hier auf den Anmel<strong>des</strong>chluß <strong>für</strong> Vorträge und Poster<br />

am 1. April 2001 hinweisen und hofft auf interessante Themen.<br />

Das elfte Miitteilungsblatt präsentiert sich in neuem Gewand;<br />

<strong>für</strong> den Layout-Entwurf danken wir unserer Kollegin Monika Porsche.<br />

Die Zuteilung einer ISSN-Nummer wird die Katalogisierung der »<strong>Mitteilungen</strong>«<br />

in Bibliotheken und die Bestellung durch Nichtmitglieder<br />

erleichtern. Wir hoffen, daß die Mitglieder mit diesem »erwachsener«<br />

gewordenen Mitteilungsblatt zufrieden sind.<br />

Redaktion<br />

Editorial<br />

3


Die neuen Mitglieder der<br />

Geschäftsführung stellen<br />

sich vor<br />

Impressum<br />

<strong>Mitteilungen</strong> der Arbeitsgemeinschaft <strong>für</strong><br />

<strong>Archäologie</strong> <strong>des</strong> Mittelalters und der<br />

Neuzeit 10.2000<br />

Herausgegeben von der Geschäftsführung<br />

<strong>für</strong> die Mitglieder der Arbeitsgemeinschaft;<br />

Redaktion: Alfred Falk und Matthias<br />

Untermann.<br />

Hergestellt in Freiburg und Lübeck<br />

Schutzgebühr 10.– DM<br />

ISSN 1438-7735<br />

http://www.uni-tuebingen.de/uni/afg/<br />

index.html<br />

4<br />

Dr. Silvia Codreanu-Windauer<br />

1955 in Kronstadt/Siebenbürgen geboren und nach 3 Jahren <strong>des</strong><br />

Studiums der Geschichte und Anglistik an der Universität Hermannstadt/Siebenbürgen<br />

1977 Übersiedlung in die Bun<strong>des</strong>republik<br />

Deutschland. Dort habe ich von 1977–1981 an der Ludwig-Maximilian<br />

Universität München Kunstgeschichte, Vor- und Frühgeschichte<br />

und provinzialrömische <strong>Archäologie</strong> studiert, um dann mit<br />

der Einführung <strong>des</strong> Lehrstuhles <strong>für</strong> <strong>Archäologie</strong> <strong>des</strong> Mittelalters<br />

und der Neuzeit mit Prof. Walter Sage den Studienort nach Bamberg<br />

zu verlegen. 1983 konnte ich dort den Magister artium mit<br />

einer Arbeit über den hochmittelalterlichen Schmuckfußboden aus<br />

dem Kloster Benediktbeuern/Oberbayern erlangen sowie 1987 den<br />

Doktorgrad mit der Promotion über das bajuwarische Reihengräberfeld<br />

von Pliening, Oberbayern. Nach langjähriger Grabungstätigkeit<br />

<strong>für</strong> das Bayerische Lan<strong>des</strong>amt <strong>für</strong> Denkmalpflege wurde ich 1987<br />

Referentin <strong>für</strong> die Oberpfalz und 1993 Außenstellenleiterin an der<br />

Außenstelle Regensburg <strong>des</strong> BLfD.<br />

Dr. Manfred Schneider<br />

geb. 1957 in Hamm/Westfalen, verheiratet, vier Kinder. 1978 bis<br />

1985 Studium der Kunstgeschichte, Vor- und Frühgeschichte und<br />

Volkskunde an der Universität Münster. 1980-1984 verschiedene<br />

Grabungsleitungen in Westfalen. 1985 Dissertation über die Ausgrabungen<br />

in der Stiftskirche zu Cappel. 1986 Grabungsleiter Stadtkerngrabung<br />

Kaufleuteviertel Lübeck, 1986 bis 1991 beim Westfälischen<br />

Museum <strong>für</strong> <strong>Archäologie</strong>, Grabungsleitung Domherrenfriedhof/Alter<br />

Dom in Münster. Seit 1991 stellvertretender Direktor<br />

im Kulturhistorischen Museum der Hansestadt Stralsund, Referent<br />

<strong>für</strong> Stadtarchäologie und mittelalterliche Kunstgeschichte.<br />

Dr. Matthias Wemhoff<br />

Leiter <strong>des</strong> »Museums in der Kaiserpfalz«, Paderborn (ausführlicher<br />

Text folgt).<br />

Sprecherin der AG<br />

Prof. Dr. Barbara Scholkmann<br />

Institut <strong>für</strong> Ur- und Frühgeschichte und <strong>Archäologie</strong> <strong>des</strong> Mittelalters<br />

der Eberhard-Karls-Universität Tübingen<br />

Schloß Hohentübingen, 72070 Tübingen<br />

Tel. 0 70 71 / 297-4899 oder 297-2415, Fax 0 70 71 / 29-3996<br />

e-mail: barbara.scholkmann@uni-tuebingen.de<br />

Anfragen zur Mitgliederliste, Anschriftenänderungen<br />

Dr. Manfred Schneider<br />

Kulturhistorisches Museum der Hansestadt Stralsund<br />

Mönchstraße 25–27, 18439 Stralsund<br />

Fax 03831 / 280060<br />

e-mail: schneider.khm@gmx.net<br />

Mitteilungsblatt<br />

Alfred Falk M.A.<br />

Hansestadt Lübeck, Der Bürgermeister, Bereich <strong>Archäologie</strong><br />

Meesenring 8, 23566 Lübeck<br />

Tel. 0451 / 122-715, Fax 0451 / 122-1394<br />

e-mail: DFalk@t-online.de


Bericht über die Mitgliederversammlung der<br />

Arbeitsgemeinschaft in Heidelberg 1999<br />

Die Versammlung fand am 28.05.1999 nach Ablauf der Sitzung<br />

der Arbeitsgemeinschaft statt. Anwesend waren 59 Mitglieder.<br />

Die Sprecherin, Barbara Scholkmann, berichtete über die Aktivitäten<br />

der Geschäftsführung in den vergangenen 4 Jahren.<br />

Sie verwies auf die Organisation und Durchführung der<br />

Sondertagungen in Tübingen 1995 und Schwäbisch Hall 1998<br />

sowie die Sitzungen während der Verbandstagungen in Leipzig<br />

1996, Wien 1997, Neubrandenburg 1998 und jetzt in Heidelberg.<br />

Die Mitglieder der Geschäftsführung haben sich in dieser<br />

Zeit pro Jahr einmal in Münster getroffen und diese Tagungen<br />

vorbereitet sowie jeweils Konzept und Inhalt <strong>des</strong> Mitteilungsblattes<br />

und alle weiteren zur Geschäftsführung notwendigen<br />

Angelegenheiten besprochen.<br />

Allgemein läßt sich eine positive Einschätzung der AG und<br />

ihrer Arbeit sowohl innerhalb der Mitglieder als auch nach außen<br />

feststellen. Letzteres besonders durch das große Interesse an<br />

den Sondertagungen.<br />

Als negative Aspekte der Arbeit <strong>für</strong> die AG wies Frau<br />

Scholkmann auf die zunehmende Beschneidung der Sitzungsdauer<br />

während der Verbandstagungen hin. Mißlich sei auch die<br />

finanzielle Lage: So können z. B. Portokosten nicht bestritten<br />

werden und Referenten können nicht finanziell unterstützt werden.<br />

Auch die Einrichtung und Pflege einer Internetseite sind<br />

ohne die notwendigen Mittel nicht durchzuführen.<br />

Die Mitgliederentwicklung ist, wie Hans Losert berichtete,<br />

weiterhin positiv. Zur Zeit sind 339 Mitglieder registriert.<br />

Zum Mitteilungsblatt teilte der Berichterstatter mit, daß<br />

die Auflage <strong>für</strong> Heft 10.1999 200 Exemplare beträgt. Zu einem<br />

geringeren Preis als DM 10,— pro Exemplar sei heute die Herstellung<br />

<strong>des</strong> Blattes nicht mehr möglich.<br />

Zum Thema »Gründung eines Fachvereins« trug die Sprecherin<br />

vor, daß ohne eine solche Gründung die oben angesprochenen<br />

Probleme nicht zu lösen seien. Die Diskussion über die<br />

Gründung eines Vereins mündete in folgendem Antrag von Barbara<br />

Scholkmann: Die Entwicklung <strong>des</strong> Verhältnisses der<br />

Altertumsverbände zu den Arbeitsgemeinschaften wird zunächst<br />

weiter beobachtet. Sollte sie sich im Sinne der Arbeitsgemeinschaft<br />

nicht positiv entwickeln, soll ein Beschlußvorschlag zum<br />

Thema Vereinsgründung von der Geschäftsführung zur nächsten<br />

Mitgliederversammlung erarbeitet werden. Der Antrag von Frau<br />

Scholkmann wurde bei 3 Stimmenthaltungen angenommen.<br />

Nach dem Tätigkeitsbericht der Geschäftsführung wurden<br />

die fälligen Neuwahlen durchgeführt. Manfred Gläser erklärte sich<br />

bereit, die Wahlleitung zu übernehmen. Gabriele Isenberg, Christa<br />

Plate und Hans Losert stellten sich nicht wieder zur Wahl.<br />

Die übrigen Mitglieder der Geschäftsführung erklärten sich bereit,<br />

wieder zu kandidieren. Aus dem Plenum wurden weiterhin<br />

als Kandidaten vorgeschlagen: Silvia Codreanu-Windauer, Regensburg;<br />

Manfred Schneider, Stralsund; Ulrich Müller, Greifswald;<br />

Markus Sanke, Bamberg und Matthias Wemhoff, Paderborn. Alle<br />

erklärten ihre Bereitschaft zur Kandidatur. Es wurde geheim gewählt.<br />

Nach Auszählen der Stimmzettel ergab sich folgen<strong>des</strong><br />

Ergebnis (in der Reihenfolge der Stimmenanzahl): Barbara<br />

5


6<br />

Scholkmann, Alfred Falk, Matthias Untermann, Manfred Schneider,<br />

Matthias Wemhoff und Silvia Codreanu-Windauer.<br />

Anschließend wurde die Planung <strong>für</strong> die nächsten Tagungen<br />

diskutiert. Für die Sitzung der AG im Jahre 2000 standen Potsdam<br />

(Tagung <strong>des</strong> Mittel- und Ostdeutschen Verban<strong>des</strong>) und Soest (Tagung<br />

<strong>des</strong> Nordwestdeutschen Verban<strong>des</strong>) zur Wahl. In der Abstimmung<br />

votierten die Anwesenden bei 2 Gegenstimmen und 1<br />

Enthaltung <strong>für</strong> Soest. Vorher hatte die neue Vorsitzende <strong>des</strong> Nordwestdeutschen<br />

Verban<strong>des</strong> <strong>für</strong> Altertumsforschung, Gabriele<br />

Isenberg, und der Organisator in Soest, Walter Melzer, ihre Bereitschaft<br />

erklärt, die AG Mittelalter/Neuzeit in das Soester Programm<br />

aufzunehmen. Nach der Tagung in Heidelberg wurde Matthias<br />

Wemhoff mit der Organisation und Konzeption der Sitzung der AG<br />

in Soest betraut.<br />

Als Titel <strong>für</strong> die Sitzung in Soest wurde eine forschungsgeschichtlich/methodische<br />

Thematik diskutiert. Folgende Themen<br />

(Arbeitstitel) standen zur Wahl:<br />

1. <strong>Archäologie</strong> <strong>des</strong> Mittelalters von 1000 bis 2000<br />

2. Das vergangene Jahrtausend - Aspekte der Foschungsgeschichte<br />

der <strong>Archäologie</strong> <strong>des</strong> Mittelalters<br />

3. Forschungsgeschichtliche Entwicklung der Mittelalterarchäologie<br />

In der Abstimmung votierte die Mehrheit <strong>für</strong> das 2. Tagungsthema.<br />

Als Sondertagung schlug Frau Codreanu-Windauer eine Konferenz<br />

zum Thema »Inventarisation archäologischer Denkmäler in<br />

Stadtkernen« vor. Die Tagung könnte im Juni oder Juli 2000 stattfinden.<br />

Mitveranstalter wäre die <strong>Gesellschaft</strong> <strong>für</strong> <strong>Archäologie</strong> in<br />

Bayern. Über diesen Vorschlag wurde abgestimmt. Er wurde bei 1<br />

Gegenstimme und 5 Enthaltungen angenommen.<br />

Zum Schluß wurde die Tagung »Medieval Europe - Basel 2000«<br />

angesprochen. Dazu wurde auf den Bericht im soeben erschienenen<br />

Heft 10 der <strong>Mitteilungen</strong> verwiesen.<br />

Alfred Falk, Lübeck


Die Sitzung fand im Rahmen <strong>des</strong> Kongresses am Freitag, den 28.<br />

5. 1999 statt.<br />

Das Thema war bei der Mitgliederversammlung <strong>des</strong> Vorjahres<br />

in Neubrandenburg auf Vorschlag der Geschäftsführung festgelegt<br />

worden:<br />

Historische Umweltforschung<br />

<strong>Archäologie</strong> und Naturwissenschaften<br />

Damit wurde ein <strong>für</strong> die <strong>Archäologie</strong> <strong>des</strong> Mittelalters wichtiger<br />

Aspekt aus dem Rahmenthemas <strong>des</strong> Kongresses aufgegriffen. Es<br />

war außerdem so angelegt, daß die interaktive, themenbezogene<br />

Forschung von Mittelalterarchäologie und verschiedenen naturwissenschaftlichen<br />

Disziplinen einen themenübergreifenden Schwerpunkt<br />

darstellte. Entsprechende Vortragsthemen bildeten <strong>des</strong>halb<br />

einen erheblichen Anteil <strong>des</strong> Tagungsprogramms.Wie auch bei den<br />

Verbandstagungen der vergangenen Jahre fand die Sitzung große<br />

Beachtung und war mit zeitweise mehr als 200 Teilnehmern sehr<br />

gut besucht. Um so nachhaltiger und mit Bedauern ist festzuhalten,<br />

daß der von der Kongreßleitung vorgegebene Zeitrahmen von<br />

nur einem Tag viel zu knapp bemessen war, zumal am Abend <strong>des</strong><br />

Sitzungstags noch die Mitgliederversammlung mit Neuwahl der Geschäftsführung<br />

stattfinden mußte. Deshalb mußte ein mit insgesamt<br />

dreizehn Referaten sehr gedrängtes und vom Umfang her<br />

wenig befriedigen<strong>des</strong> Vortragsprogramm angeboten werden. Von<br />

den zahlreichen und interessanten Vortragsanmeldungen konnte<br />

nur ein Teil berücksichtigt werden. Nur der Tatsache, daß zwei der<br />

angemeldeten Referate nicht gehalten wurden, war es zu verdanken,<br />

daß die Sitzung in einem noch erträglichen zeitlichen Rahmen<br />

abgewickelt werden konnte. Die sonst übliche Schlußdiskussion als<br />

Plenumsdiskussion mit den Referenten der Grundsatzreferate fiel<br />

bedauerlicherweise ebenfalls der Zeitknappheit zum Opfer.<br />

Der Inhalt der Referate wird im Wortlaut oder in Zusammenfassungen<br />

in diesem Heft publiziert, so daß sich der folgende Bericht<br />

auf eine kurze und bewertende Darstellung beschränken kann.<br />

Die Themenschwerpunkte der Sitzung wurden durch drei sehr instruktive<br />

Grundsatzreferate eingeleitet. Prof. Dr. Bernd Herrmann,<br />

Göttingen, stellte einführend die historische Umweltforschung dar.<br />

Ihr Thema ist die Aneignung der Umwelt durch den Menschen, die<br />

archäologische Mittelalterforschung untersucht die Sachüberreste<br />

als eine ihrer Informationsquellen im kultur- und sozialhistorischen<br />

Kontext. Grundlegend sind dabei die naturwissenschaftlichen<br />

Materialanalysen. Die Interpretation der Befunde ist eingebunden<br />

in einen theoretischen Rahmen, der die Aneignungsprozesse der<br />

Umwelt in der historischen Dimension wie auch in einem Prozeß<br />

<strong>des</strong> Rezeptionswandels erkennen läßt. Dies wurde an verschiedenen<br />

Beispielen, wie der Stadtökologie, der Bevölkerungsbiologie<br />

oder der Agrarwissenschaft verdeutlicht.<br />

Sitzung der Arbeitsgemeinschaft<br />

<strong>für</strong> <strong>Archäologie</strong> <strong>des</strong> Mittelalters<br />

und der Neuzeit<br />

beim<br />

3. <strong>Deutsche</strong>n<br />

Archäologenkongreß:<br />

<strong>Archäologie</strong> –<br />

Naturwissenschaften –<br />

Umwelt<br />

vom 25. – 30. Mai 1999<br />

in Heidelberg<br />

Grundsatzreferate<br />

7


8<br />

Siedlung – Umwelt – Klima<br />

Umweltprobleme in der<br />

mittelalterlichen Stadt<br />

Prof. Dr. Joseph Klostermann, Münster, stellte »Neue Aspekte der<br />

Paläoklimaforschung« in grundlegenden Ergebnissen und methodischen<br />

Ansätzen vor. Auch wenn sein Referat nicht nur auf das<br />

Mittelalter bezogen war, erwies es sich als äußerst instruktiv und<br />

nachdenkenswert, so insbesondere die Feststellung, das auch die<br />

Paläoklimaforschung ihre Zukunft besonders im interdisziplinären<br />

Forschungsansatz sieht.<br />

Das dritte einleitende Grundsatzreferat zur Umweltnutzung<br />

im Mittelalter aus Sicht der anthropologischen Forschung wurde<br />

von Prof. Dr. Gisela Grupe, München, vorgetragen. Die Anthropologie<br />

kann aus dem menschlichen Skelettmaterial eine Fülle von<br />

detaillierten Informationen zum Ernährungsverhalten von Individuen<br />

wie von Bevölkerungsgruppen gewinnen. Daraus lassen sich die<br />

Umweltnutzung und ihre Veränderungen rekonstruieren, aus der<br />

Subsistenzstrategie läßt sich auch der anthropogen bedingte<br />

Umweltwandel erschließen. Skelettfunde im archäologischen Quellenmaterial<br />

gewinnen damit in ihrer anthropologischen Analyse erstrangige<br />

Bedeutung <strong>für</strong> die archäologische Umweltforschung.<br />

Zu diesem Schwerpunktthema wurden im ersten Vortragsblock fünf<br />

Kurzreferate vorgetragen. Zwei davon befaßten sich mit der Interaktion<br />

zwischen Umwelt und Siedlungsentwicklung, wenn auch auf<br />

der Grundlage ganz unterschiedlicher landschaftsökologischer Ausgangsbedingungen,<br />

einmal am Beispiel <strong>des</strong> Dithmarscher Küstengebiets<br />

(PD Dr. Dirk Meier, Büsum), zum andern in einem Binnendünengebiet<br />

in der Niederlausitz (Christof Krauskopf M. A., Frankfurt/Oder).<br />

In beiden Referaten konnte die unmittelbare Abhängigkeit<br />

menschlicher Siedlungsaktivitäten von den landschaftsökologischen<br />

Bedingungen deutlich gemacht werden. In den drei<br />

anderen Beiträgen wurden, jeweils am Einzelfallbeispiel, die naturräumlichen<br />

Voraussetzungen bzw. die Kulturlandschaftsveränderungen<br />

im Verhältnis von Siedlung und Umland thematisiert. Marianne<br />

Dumitrache, Stuttgart, stellte am Beispiel Konstanz die von<br />

der Umwelt, in diesem Fall dem Bodenseewasserstand, und seinen<br />

Schwankungen gegebenen Bedingungen <strong>für</strong> die Besiedlungsausdehnung<br />

<strong>des</strong> römischen und mittelalterlichen Konstanz zwischen dem<br />

1. und dem 12. Jahrhundert dar, wobei auch die Frage nach den<br />

Ursachen der Schwankungen <strong>des</strong> Seespiegels (natürlich oder anthropogen<br />

bedingt) diskutiert wurde. Die Ergebnisse der Erforschung<br />

der naturräumlichen Grundlagen bei der Anlage von Städten<br />

und geistlichen Niederlassungen <strong>des</strong> 12. und 13. Jahrhunderts<br />

wurden von Dr. Daniel Gutscher, Bern, vorgestellt. Die Analyse<br />

archäologischer wie botanischer Funde in einer interdisziplinären<br />

Kooperation ermöglichte in mehreren Fällen den Nachweis einer<br />

entwickelten Kulturlandschaft vor der Errichtung dieser Siedlungen<br />

im Gegensatz zur jeweiligen Gründungsüberlieferung einer<br />

Entstehung auf wildem, unkultiviertem Land. Ebenfalls ein archäologisch-paläobotanisches<br />

Kooperationsprojekt präsentierten Dr.<br />

Sabine Karg, Kopenhagen, und Dr. Jochem Pfrommer, Tübingen.<br />

Mit Hilfe der Auswertung paläobotanischer Reste aus Häusern der<br />

spätmittelalterlichen Stadt Laufen (Schweiz) gelang eine weitgehende<br />

Rekonstruktion der Kulturlandschaft <strong>des</strong> ländlichen Raums<br />

in der Umgebung.<br />

Der zweite Themenschwerpunkt der Sitzung wurde durch ein Grundsatzreferat<br />

von Dr. Manfred Gläser, Lübeck, eingeleitet. Am Beispiel<br />

Lübeck stellte er die vielfältigen Interaktionen zwischen Stadt<br />

und Umland dar, wobei insbesondere die nachhaltigen Auswirkun-


gen der Gewinnung von Baumaterial auf das Umland thematisiert<br />

wurden. Die beiden folgenden Referate waren den Problemen der<br />

städtischen Infrastruktur, unter dem Aspekt der Umweltbelastung<br />

gewidmet. Dr. Gabriele Legant-Karau, Lübeck, konnte aufgrund<br />

der inzwischen breiten archäologischen Datenbasis <strong>für</strong> Lübeck die<br />

Entwicklung von einem geschlossenen Kreislauf der Entsorgung<br />

und Frischwassergewinnung auf den noch großen Parzellen in der<br />

Anfangsphase der Stadt zu einer Verlegung der Brunnen in den<br />

öffentlichen Raum der Straßen um 1200 als Folge zunehmender<br />

Wasserverschmutzung nachweisen. Dr. Silvia Codreanu-Windauer,<br />

Regensburg, legte am Beispiel dieser Stadt eine umfassende Analyse<br />

zum Thema Stadt und Wasser vor. Diese umfaßte nicht nur<br />

die Darstellung der städtischen Einrichtungen der Frischwasserversorgung<br />

und Entwässerung, sondern auch der Bedrohung der<br />

Stadt durch das Hochwasser und <strong>des</strong>sen Folgen. Das letzte Referat<br />

zu diesem Themenschwerpunkt stellte die Ergebnisse archäobiologischer<br />

Untersuchungen <strong>des</strong> Inhalts von Kloaken aus Basel<br />

und Schaffhausen vor (Dr. Christof Brombacher, Dipl. Biol. André<br />

Rehazek, Dipl. Biol. Marcel Veseli, Basel). Der vielversprechende<br />

Titel <strong>des</strong> Beitrags »Entscheidend ist, was hinten rauskommt«, wurde<br />

durch die vorgelegten Ergebnisse voll bestätigt. Die Ernährungsgewohnheiten<br />

der Bewohner in den zu den Latrinen gehörigen<br />

Häusern konnten detailliert erforscht werden. Die feststellbaren<br />

Unterschiede waren durch die jeweilige soziale Stellung, der<br />

Latrinenbenutzer, die unterschiedliche Zeitstellung und die unterschiedliche<br />

geographische Lage der ausgewählten Orte schlüssig<br />

erklärbar.<br />

Der dritte Vortragsblock mit diesem Schwerpunktthema war noch<br />

stärker als die beiden anderen naturwissenschaftlich orientiert. Dr.<br />

Holger Schutkowsky und Dr. Alexander Fabig (Göttingen) legten<br />

ihre Untersuchungen zur Schwermetallbelastung von Berg- und<br />

Hüttenleuten im 13. bzw. 18. Jahrhundert vor. Bei der Bestimmung<br />

von Schwermetallgehalten in Skelettfunden aus zwei Bergbaugebieten<br />

(Harz und Südschwarzwald) konnte eine ungewöhnlich<br />

hohe Umweltbelastung festgestellt werden. Eine mögliche Schädigung<br />

durch die Abgabe von Blei aus glasierten Keramikgefäßen<br />

wurde von Dipl. Chem. Oliver Mecking (Kiel) untersucht. Die Ergebnisse<br />

zeigten zwar ein unterschiedlich hohes Risiko der möglichen<br />

Schädigung, je nach Verwendung der Gefäße. Das Fazit ist<br />

jedoch, daß die Gesundheit der Menschen durch die Verwendung<br />

bleiglasierter Gefäße erheblich beeinträchtigt worden sein muß.<br />

Prof. Dr. Friedrich Rösing, Ulm, konnte <strong>für</strong> das Skelettmaterial frühmittelalterlicher<br />

Bestattungen von Kirchheim/Teck (Baden-Württemberg)<br />

eine Analyse der Lebensbedingungen der dort bestatteten<br />

Bevölkerungsgruppe vorlegen und <strong>für</strong> deren schlechten Gesundheitszustand<br />

Umweltvariablen als Erklärungsmodell heranziehen.<br />

Als Abschluß stellte Dr. Gerhard Ermischer, Aschaffenburg,<br />

ein europaweit vernetztes Projekt zur Erfassung und Erforschung<br />

<strong>des</strong> Spessart als einer historischen Kulturlandschaft vor. In einer<br />

Kooperation mit verschiedenen wissenschaftlichen Institutionen<br />

wird die Entwicklung dieser Kulturlandschaft seit dem Neolithikum<br />

erfaßt. Dabei geht es vor allem um die Interaktion zwischen der<br />

Nutzung <strong>des</strong> Raums durch den Menschen und den dadurch sich<br />

verändernden Umweltfaktoren. Ziel ist auch, die Entwicklung dieser<br />

Kulturlandschaft durch eine entsprechende Öffentlichkeitsarbeit<br />

dem heutigen Menschen nahezubringen.<br />

Krankheit und<br />

Umweltbelastung im<br />

Mittelalter<br />

9


10<br />

Barbara Scholkmann,<br />

Tübingen<br />

Bewertet man die Sitzung und ihre Beiträge insgesamt, so ist festzustellen,<br />

daß zu den vielfältigen Fragestellungen der Historischen<br />

Umweltforschung insbesondere durch die Kooperation zwischen<br />

der <strong>Archäologie</strong> und den verschiedenen naturwissenschaftlichen<br />

Disziplinen wichtige neue Erkenntnisse zu gewinnen sind. Dies gilt<br />

<strong>für</strong> die Ebene der Problemstellung ebenso wie diejenige der Interpretation.<br />

Sie zu intensivieren und, wenn möglich, durch Heranziehen<br />

weiterer Disziplinen auf eine noch breitere Grundlage zu stellen,<br />

wird eine wichtige Aufgabe der weiteren Forschung in diesem<br />

Bereich sein.


Vorträge Heidelberg: Historische Umweltforschung<br />

Anthropologische Dimensionen der historischen<br />

Umweltforschung<br />

Jenseits der konzeptualisierten Vorstellungen von Umweltdeterminismus<br />

1 oder, in seiner moderneren Form der Kulturökologie 2 ,<br />

betreibt die historische Umweltforschung die Geschichte nicht nur<br />

auf der materiellen Basis von Sachüberresten sondern auch als<br />

Geschichte der Wahrnehmung von Umwelt als einer Voraussetzung<br />

von Handlungen 3 und der Handlungen in ihren Wirkungen und<br />

Nebenwirkungen auf die Umwelt.<br />

Entsprechend rückt unser mittellaterliche Illustrator den handelnden<br />

Menschen in den Bildmittelpunkt einer vom ihm gestalteten<br />

Umwelt 4 . Daß der Rand der Ökumene in Wildnis/Wüstenei verharrt<br />

und Tiere als real abgebildet werden, die niemand je gesehen<br />

hat, weist aber auch auf eine grundsätzlich andere Dimension der<br />

Dinge gegenüber heute. Mit dem Aufkommen der naturwissenschaftlichen<br />

Sichtweise zu Beginn der Neuzeit wird die Wahrnehmung<br />

der physischen Welt im Abendland abgetrennt von der<br />

menschlichen Subjektivität 5 . Dem mittelalterlichen Illustrator ist<br />

hingegen bei aller alltagspraktischen Wahrnehmung eine andere<br />

Großalternative 6 verpflichtend: Bevor sich die Dinge in einer Welt<br />

konstanter Sinneswahrnehmung darbieten, sind sie bereits ein Werk<br />

<strong>des</strong> Geistes. D. h., die Außenwelt existiert in ihrer Vielschichtigkeit<br />

als Konstruktion <strong>des</strong> sozialisierten Menschen, <strong>für</strong> den ein Drachen<br />

damit zu einem wirklich möglichen Lebewesen wird. Für ihn verpflichtend<br />

ist die Einsicht, daß der Mensch fest eingebunden ist in<br />

die Welt <strong>des</strong> Schöpfergottes, mit allen sich daraus ergebenden<br />

Konsequenzen. Natur und Naturereignisse sind Ausdruck göttlichen<br />

Willens, seiner Schöpferkraft, seiner Großmut und Barmherzigkeit<br />

ebenso wie seines Unmutes oder Zornes.<br />

Dieter Groh, der ideengeschichtlich <strong>für</strong> die Vorbereitung der<br />

Umweltgeschichte in Deutschland bleibende Verdienste hat und<br />

an <strong>des</strong>sen eine Darstellung ich den Titel <strong>des</strong> Vortrages angelehnt<br />

habe 7 , hat die drei Kategorien »Gefährdungsminimierung«, »Unterproduktivität«<br />

und »Mußepräferenz« als zentral <strong>für</strong> archaische<br />

Subsistenzwirtschaften ausgemacht. Ohne besondere Anstrengungen<br />

wird man auch die mittelalterliche und frühneuzeitliche<br />

Wirtschaftsweise im wesentlichen als auf Subsistenzwirtschaft<br />

gegründet bezeichnen dürfen. Die bereits vorhandenen Ströme<br />

nachwachsender Rohstoffe oder Nahrungsmittel, die als Holz, Getreide,<br />

Wein, Hering oder Ochsen in den Fernhandel gehen, spielen<br />

<strong>für</strong> die grundsätzliche Bewertung keine entscheidende Rolle.<br />

Entscheidender ist, daß in den Ökonomien, die vor der Entwicklung<br />

einer eigenständigen Ökonomietheorie existieren 8 , Gefahrvermeidungsstrategien,<br />

Eigenwert von Produktivität und Arbeitsethos<br />

in anderer Weise moderiert werden. Da es auch im Mittelalter<br />

und der Frühen Neuzeit Gemeinschaftsleistungen mit hoher<br />

Bindung von Arbeitskraft gab, wäre grundsätzlich auch der Weg<br />

<strong>für</strong> eine landwirtschaftliche Produktivitätssteigerung gangbar gewesen<br />

mit dem Ziel der Erhöhung allgemeiner Prosperität. Daß dies<br />

nicht der Fall war, sehe ich in der eingangs festgestellten anderen<br />

gesellschaftlichen Großalternative begründet. Dies läßt sich an einem<br />

einfachen Beispiel zeigen: Das Prinzip der individuellen Nutzen-<br />

Bernd Herrmann, Göttingen<br />

1 Sichtweise, die seit Ende <strong>des</strong> 19. Jh. auf den<br />

Geographen Friedrich Ratzel zurückzuführen ist.<br />

2 Julian Steward, Cultural causality and law: a trial<br />

formulation of the development of early civilizations.<br />

American Anthropologist 51, 1-27<br />

3 Verena Winiwarter, Was ist Umweltgeschichte?,<br />

IFF Wien 1998<br />

4 Abb aus dem mittellalterlichen Manuskript MS<br />

12322 der Bibliotheque Nationale,Paris<br />

5 das klassische okzidentale Paradigma der Neuzeit.<br />

Hierzu z.B: Svetlana Alpers, Kunst als Beschreibung,<br />

Köln 1998, bes. Kapitel 3; sowie Grundsätzliches<br />

zum Paradigmenwechsel neben dem Wissenschaftshistoriker<br />

Thomas Kuhn auch Michel<br />

Foucault, Die Geburt der Klinik, Frankfurt 1976,<br />

Vorrede.<br />

6 die Verwendung <strong>des</strong> vorsteuerungsfreien Begriffes<br />

»Großalternative« anstelle der Begriffe »Mentalität«,<br />

»Ideologie« usw. folgt hier einem Vorschlag<br />

von Niklas Luhmann, Soziologie <strong>des</strong> Risikos, Berlin<br />

usw 1991<br />

7 Dieter Groh, Anthropologische Dimensionen der<br />

Geschichte, Frankfurt 1992, insbesondere das Kapitel<br />

»Strategien, Zeit und Ressourcen«, hat mich<br />

bei der Abfassung angeregt, obwohl ich seine Beurteilung<br />

nicht durchgängig teile.<br />

11


Prof. Dr. Bernd Herrmann<br />

Historische Anthropologie und Humanökologie,<br />

Georg August Universität<br />

Göttingen, Bürgerstrasse 50, 37073<br />

Göttingen, e-mail: anthro@gwdg.de<br />

16<br />

erforderlich macht und damit die Nachteile konstruktionistischer<br />

Erklärungen in sich birgt. Das gilt nicht nur <strong>für</strong> die Bewertung archäologisch-historischer<br />

Quellen sondern auch <strong>für</strong> die archäologisch-naturwissenschaftlichen.<br />

Aber dennoch bin ich gewiß, daß<br />

sich der komplexe Forschungsansatz der Umweltgeschichte zunehmend<br />

durchsetzen kann. Denn, wenn die Geschichte als Betrachtung<br />

der Gesamtheit menschlicher Wirkungen auf den Lebensraum<br />

betrieben wird, ist sie nichts als »eine Abfolge von Langzeitversuchen<br />

unter ‘natürlichen Bedingungen‘«.<br />

Das Management der Natur und Umwelt im Europa der letzten<br />

1000 Jahre hat Qualitäten und Intensitäten hervorgebracht,<br />

die anderen Regionen der Welt noch bevorstehen. Das historische<br />

Wissen könnte ja nun gerade dort eingesetzt werden, wo es gilt,<br />

bestimmte Intensitäten und Eigriffsweisen zu vermeiden. Die Archäologen<br />

werden zu Politikberatern.<br />

Es spricht neben dem Gewinn, den die historisch arbeitenden<br />

Disziplinen aus der Verstärkung der umwelthistorischen Betrachtungsweise<br />

ziehen, ob sie als synthetischer Ansatz oder als Großalternative<br />

im Sinne eines Paradigmas konzipiert, auch das Kriterium<br />

guter Wissenschaft im Sinne Max Webers <strong>für</strong> deren Intensivierung,<br />

da sie zu vielfältigen weiterführenden Forschungsfeldern führt.<br />

Es bleibt zu hoffen, daß die schon 1994 vom Wissenschaftsrat<br />

abgegebene Empfehlung zum Ausbau der Umweltgeschichte,<br />

die meines Wissens bei den Wissenschaftsinstitutionen selbst wie<br />

bei den Wissenschaftsförderern bisher ohne praktische Konsequenzen<br />

geblieben ist, daß nun, als Ertrag dieses Kongresses, die historische<br />

Umweltforschung verstärkte Aufmerksamkeit und Förderung<br />

erfährt.<br />

Neue Aspekte der Paläoklimaforschung<br />

Joseph Klostermann, Krefeld Unter Klima versteht man die Gesamtheit der atmosphärischen<br />

Gegebenheiten an einem Ort der Erde während eines längeren Zeitraumes.<br />

Nur langfristige Mittelwerte der meteorologischen Parameter<br />

reichen jedoch nicht aus, um das Klima zu beschreiben. Die<br />

Darstellung der Aufeinanderfolge und der Häufigkeit bestimmter<br />

typischer Wetterlagen und deren Erklärung aus dem Strahlungshaushalt<br />

und der Zirkulation der Atmosphäre müssen hinzukommen.<br />

Paläoklimaforschung versucht, die klimatischen Verhältnisse<br />

vor Beginn meteorologischer Messungen zu rekonstruieren. Hierzu<br />

gibt es zwei verschiedene Ansätze, zum einen den naturwissenschaftlichen,<br />

zum anderen den historischen. Der historische<br />

Ansatz ist zwangsläufig auf die letzten Jahrhunderte begrenzt und<br />

hat außerdem den Nachteil, daß die Informationen nicht immer<br />

objektiv sind. Mit Hilfe naturwissenschaftlicher Methoden lassen<br />

sich die Klimaverhältnisse bis weit zurück in die Erdgeschichte rekonstruieren.<br />

Es gibt verschiedene Vorgänge, die klimatische Veränderungen<br />

unterschiedlicher Dauer auslösen.<br />

Kontinentalverschiebungen führen im Laufe von mehreren<br />

Millionen Jahren zu klimatischen Veränderungen. Variationen der<br />

Erdbahnparameter verändern das Klima in Größenordnungen von<br />

20 000 bis 100 000 Jahren. Veränderungen der ozeanischen Strömungen<br />

und der Chemie der Ozeane können im Zeitraum von 50<br />

bis 1 000 Jahren das Klima beeinflussen. Änderungen der


Biomassen brauchen da<strong>für</strong> 50 000 bis 100 000 Jahre. Die kurzfristigsten<br />

Schwankungen lösen Variationen oder Sonnenaktivität aus.<br />

Sie können das Klima in Zeiträumen zwischen 11 und 500 Jahren<br />

beeinflussen.<br />

Betrachtet man die letzten 2,4 Mio. Jahre, so leben wir heute<br />

in einer Warmzeit, die vor 10 000 Jahren begonnen hat. Wie<br />

lassen sich Klimaveränderungen dieser Zeit naturwissenschaftlich<br />

nachweisen und möglichst auch quantifizieren? Ein bedeuten<strong>des</strong><br />

Verfahren arbeitet mit dem Gehalt der Atmosphäre nach schwerem<br />

Sauerstoff. Schwerer Sauerstoff ( 18 O) verdunstet sehr viel<br />

langsamer als normaler Sauerstoff ( 16 O). Dies führt dazu, daß sich<br />

schwerer Sauerstoff erst bei höheren Temperaturen in der Atmosphäre<br />

anreichert. Fallen nun Niederschläge in Form von Schnee,<br />

so befinden sich in der Schneedecke Gasbläschen, in denen auch<br />

diese Gase der Atmosphäre gespeichert sind. Ist in diesen Gasblasen<br />

viel schwerer Sauerstoff enthalten, so bedeutet dies, daß<br />

dieTemperaturen zur Zeit <strong>des</strong> Niederschlags erhöht waren. Auch<br />

der CO 2 -Gehalt der Atmosphäre läßt sich auf diese Weise bestimmen.<br />

Klimakurven, die mit Hilfe dieser Analysen <strong>für</strong> die letzten<br />

160 000 Jahre erarbeitet wurden, zeigen, daß es während der<br />

letzten Warmzeit, der Eem-Warmzeit, zu extremen klimatischen<br />

Schwankungen gekommen sein dürfte. Sie zeigen außerdem, daß<br />

sich die Temperaturen innerhalb von 50 Jahren um bis zu 13˚C<br />

verändern können. Die Warmzeit, die noch heute andauert, das<br />

Holozän, begann vor 10 000 Jahren. Die Auswertung von Eisbohrkernen<br />

zeigt, daß es im Vergleich zum Eem fast keine Klimaschwankungen<br />

gibt. Betrachtet man nur die letzten 2000 Jahre, zeigen<br />

sich dennoch unterschiedliche Klimazustände während dieser Zeit.<br />

Zum einen gab es das sogenannte Mittelalterliche Optimum (etwa<br />

zwischen 1100 und 1300) zum anderen die sogenannte Kleine<br />

Eiszeit (zwischen 1450 und 1750). Während dieser Zeiten sind<br />

außerordentlich interessante Zusammenhänge zur Sonnenaktivität<br />

festzustellen. Die Auswertung historischer Aufzeichnungen über<br />

Sonnenfleckenzahl und Polarlichthäufigkeit zeigte, daß beispielsweise<br />

während <strong>des</strong> Mittelalterlichen Optimums deutlich mehr Sonnenflecken<br />

und Polarlichter beobachtet wurden. Während <strong>des</strong> Kleinen<br />

Eiszeitalters dagegen waren fast keine Sonnenflecken und auch<br />

keine Polarlichter zu beobachten. Es besteht also offenbar eine<br />

Korrelation zur Sonnenaktivität, die durch ein weiteres Phänomen<br />

bestätigt wird. Die Untersuchung von Baumringen zeigt, daß der<br />

14 C-Gehalt der Erdatmosphäre im Laufe der Zeit geschwankt haben<br />

muß. 14 C entsteht durch die Wechselwirkung von kosmischer<br />

Strahlung mit der Erdatmosphäre. Erhöhte Sonnenaktivität führt<br />

im interplanetaren Raum zur Entstehung eines Schutzschil<strong>des</strong>.<br />

Dadurch wird ein Teil der kosmischen Strahlung abgelenkt und reflektiert.<br />

Infolge<strong>des</strong>sen gelang weniger kosmische Strahlung auf<br />

die Erdoberfläche. Mithin wird weniger 14 C produziert.<br />

Alle klimatischen Schwankungen sind daher auch in den zu<br />

dieser Zeit entstandenen Sedimenten dokumentiert. So entwikkeln<br />

sich während warmer Klimaphasen andere Flußsysteme als<br />

während kälterer Zeiten. In den verschiedenen Systemen entstehen<br />

auch unterschiedliche Sedimente. Auch Angaben über<br />

Strömungsrichtung, Fließgeschwindigkeit und unter Umständen<br />

auch über die Wassertemperaturen der Flüsse sollten durch einen<br />

Geologen möglich sein. Auch Windgeschwindigkeiten vergangener<br />

Zeiten lassen sich aus äolischen Sedimenten ableiten.<br />

Die Zukunft moderner Paläoklimaforschung liegt in der interdisziplinären<br />

Zusammenarbeit verschiedener Wissenschaftszweige.<br />

Nur so lassen sich die Fragen der Vergangenheit beantworten und<br />

die Probleme der Zukunft lösen.<br />

Prof. Dr. J. Klostermann<br />

Geologisches Lan<strong>des</strong>amt NRW, De-Greif-<br />

Str. 195, 47803 Krefeld<br />

17


Umweltnutzung im Mittelalter<br />

Gisela Grupe, München<br />

18<br />

»Der Landnutzungswandel von der völkerwanderungszeitlichen<br />

Wald- zur ausgeräumten hochmittelalterlichen Agrarlandschaft<br />

veränderte den Energie- und Wasserhaushalt, rief Klimaänderungen<br />

mit der Zunahme von Witterungsextremen und exzessiver<br />

Bodenerosion hervor, bewirkte Mißernten, Hungersnöte, Seuchen<br />

und Massensterben, das Wüstfallen von Fluren und Orten und<br />

schließlich veränderte Ernährungsgewohnheiten.« (Bork et al. 1998,<br />

p 249). Was hier aus der Sicht der Landschaftsökologie jüngst<br />

formuliert wurde, beschreibt die Vorgehensweise der Anthropologie,<br />

aus ihren empirischen Quellen – den archäologischen menschlichen<br />

Skelettfunden – die Umweltnutzung menschlicher Bevölkerungen<br />

in der Vergangenheit zu eruieren. Aus den Ernährungsgewohnheiten<br />

früher Bevölkerungen wird die entsprechende<br />

Wirtschaftsweise zur Nahrungsbeschaffung erschlossen, woraus<br />

sich dann der anthropogene Umweltwandel ableiten läßt.<br />

Während derartige Rekonstruktionen der Ernährungsgewohnheiten<br />

aus Skelettfunden zunächst überwiegend mittels<br />

Spurenelementanalysen <strong>des</strong> Knochenminerales vorgenommen<br />

wurden, hat sich in den letzten Jahren ein anderer methodischer<br />

Zugang vermehrt durchgesetzt: die Analyse stabiler Kohlenstoffund<br />

Stickstoffisotope aus dem Knochenkollagen. Die Vorteile dieser<br />

Methode liegen im Wesentlichen darin begründet, daß ein stärker<br />

differenziertes Ernährungsmuster eruiert werden kann, und daß<br />

die Meßwerte individualisierbar sind, womit – falls erforderlich –<br />

auch <strong>für</strong> je<strong>des</strong> einzelne Individuum <strong>des</strong>sen Nahrungspräferenz angegeben<br />

werden kann. Kollagen als hauptsächliche organische<br />

Matrix <strong>des</strong> Knochengewebes hat aufgrund seiner vollständigen Maskierung<br />

durch das schwer lösliche Knochenmineral prinzipiell sehr<br />

gute Überlieferungschancen im archäologischen Fundgut und stellt<br />

daher auch das Substrat <strong>für</strong> die 14 C-Datierung von Knochenfunden<br />

dar. Die Matrixatome dieses organischen Makromoleküls sind Kohlenstoff<br />

und Stickstoff, welche jeweils in Form <strong>des</strong> häufigen leichten<br />

Isotopes ( 12 C, 98,89%; bzw. 14 N, 99,64%) und <strong>des</strong> seltenen<br />

schweren stabilen Isotopes ( 13 C, 1,11%; bzw. 15 N, 0,36%) vorliegen.<br />

Je<strong>des</strong> Molekül ist durch ein bestimmtes 13 C/ 12 C bzw. 15 N/ 14 N-<br />

Verhältnis gekennzeichnet, wobei aus technischen Gründen diese<br />

Isotopenverhältnisse einer internationalen Konvention folgend auf<br />

einen definierten Standard bezogen werden und als sogenannte -<br />

Werte (in %) ausgedrückt werden. Solche -Werte können positiv<br />

oder negativ sein, je positiver jedoch der Wert, <strong>des</strong>to stärker ist<br />

die untersuchte Probe mit dem jeweils schweren Isotop angereichert.<br />

Beim Transport von Kohlenstoff und Stickstoff durch die<br />

Biosphäre kommt es zu Veränderungen dieser -Werte, die mehrheitlich<br />

uniderektional ablaufen, an zelluläre Prozesse gebunden<br />

sind und als kinetische Isotopenfraktionierungen bezeichnet werden<br />

(Hoefs 1997). In der Folge sind die -Werte organischer Substanzen<br />

in den verschiedenen Kompartimenten eines Ökosystems<br />

signifikant verschieden, und aufgrund der bekannten Fraktionierungsfaktoren<br />

läßt sich aus den -Werten <strong>des</strong> Knochenkollagens<br />

(also <strong>des</strong> Konsumenten) auf die -Werte der Nahrungsmittel zurückschließen<br />

(Übersicht in Ambrose 1993). Entsprechend <strong>des</strong> Baustoffwechsels<br />

stehen die -Werte im Knochenkollagen in unmittelbarer<br />

Beziehung zu den Eiweißkomponenten der Nahrung.<br />

Für die Kohlenstoffisotopien ( 13 C) gilt, daß der größte<br />

Fraktionierungsfaktor auf der Ebene der Photosynthese bei den<br />

grünen Pflanzen liegt. In unseren gemäßigten Breiten folgen die


eßbaren Pflanzen überwiegend einem Photosynthesemechanismus,<br />

während<strong>des</strong>sen die Pflanze bevorzugt das leichte Kohlenstoffisotop<br />

( 12 C) aufnimmt. Unsere Ökosysteme sind daher durch Pflanzen<br />

charakterisiert, welche niedrige Kohlenstoffisotopien um -26%<br />

aufweisen. Konsum und Verstoffwechselung dieser Pflanzennahrung<br />

führt zu einem recht konstanten Fraktionierungsfaktor<br />

von +5%, so daß Knochenkollagen von Säugetieren in diesen Ökosystemen<br />

13 C-Werte um -21% aufweist. Bei der Untersuchung archäologischer<br />

Knochenfunde ist dabei zu beachten, daß der Eintrag<br />

fossilen Kohlenstoffs in die Atmosphäre durch die Industrialisierung<br />

heute zu einer Erniedrigung der 13 C-Werte um ca. 1,5 %<br />

geführt hat. Dieser »fossil fuel effect« ist bei einem diachronen<br />

Vergleich zu berücksichtigen. Ein ganz wesentlicher Faktor bei der<br />

Rekonstruktion früher Umweltgegebenheiten ist der sogenannte<br />

“Baldachin-Effekt”, ein weiteres Absinken der Kohlenstoffisotopien<br />

in dicht bewaldeten Gebieten, hervorgerufen durch photosynthetisches<br />

»recycling« von CO 2 , welches durch verrotten<strong>des</strong><br />

Substrat am Waldboden entsteht. In den bewaldeten Gebieten<br />

Bayerns ist z. B. die bodennahe Pflanzenschicht heute durch 13 C-<br />

Werte um -28 % charakterisiert. Zuletzt sei noch erwähnt, daß<br />

sich marine Ökosysteme von terrestrischen durch durchgängig signifikant<br />

positivere Kohlenstoffisotopien auszeichnen. 13 C-Werte<br />

aus menschlichem Knochenkollagen sind also hinweisgebend auf<br />

die Art der Nahrungspflanzen (bezogen auf deren Photosynthesemechanismus),<br />

die Landschaftsform (offener bzw. bewaldeter<br />

Standort), und den Anteil von Meeresfrüchten in der täglichen<br />

Nahrung.<br />

Die Variabilität der Stickstoffisotopien in eßbaren Pflanzen<br />

ist sehr hoch, generell zeichnen sich jedoch Stickstoff fixierende<br />

Pflanzen, wie die <strong>für</strong> die menschliche Ernährung bedeutenden Hülsenfrüchte,<br />

durch besonders niedrige -Werte aus. Auch ein klimatischer<br />

Effekt ist zu beobachten, nach dem Pflanzen an heißen<br />

und trockenen Standorten höhere -Werte aufweisen als solche an<br />

feuchten und kühlen Standorten. Für die Rekonstruktion <strong>des</strong><br />

Nahrungsverhaltens anhand der 15 N-Werte aus Knochenkollagen<br />

ist jedoch der signifikante Trophiestufeneffekt der Stickstoffisotopien<br />

von besonderer Bedeutung. Von einer Stufe <strong>des</strong> Nahrungsnetzes<br />

zur nächsten (Pflanzenfresser Allesfresser primäre Fleischfresser<br />

sekundäre Fleischfresser) erfolgt eine Anreicherung der<br />

Gewebe mit 15 N, und zwar mit einem variablen, im Mittel etwa<br />

+4 % betragenden Fraktionierungsfaktor. Laktierende Säugetiere<br />

produzieren diesen Trophiestufeneffekt gewissermaßen im eigenen<br />

Organismus, so daß Milch und Milchprodukte durch besonders<br />

hohe 15 N-Werte ausgewiesen sind. Aufgrund der klimatischen Abhängigkeit<br />

ist jedoch zu beachten, daß dieser Trophiestufeneffekt<br />

nur innerhalb eines umschriebenen Standortes auftritt. 15 N-Werte<br />

aus menschlichem Knochenkollagen sind damit hinweisgebend auf<br />

die klimatischen Verhältnisse <strong>des</strong> Lebensraumes, auf den Konsum<br />

von Hülsenfrüchten versus Getreide, und den Anteil tierischen Proteins<br />

in der täglichen Nahrung. Ebenso wie im Falle der<br />

Kohlenstoffisotopien, läßt auch 15 N eine Abschätzung <strong>des</strong> Anteils<br />

mariner und terrestrischer Nahrungsmittel zu.<br />

Ein erstes Beispiel zur Anwendung dieser Isotopenmethode<br />

soll mit dem Vergleich zwischen zwei hochmittelalterlichen Skelettserien<br />

gegeben werden, von denen eine Bevölkerung (Schleswig,<br />

Rathausmarkt, 11.-13. Jhdt.) in Küstennähe gelebt hatte, die andere<br />

(Göttingen, Ossuar St. Nikolai, 13. Jhdt.) dagegen im Binnenland.<br />

Die Erwartung, daß die Schleswiger Bevölkerung im Mittelalter<br />

durch die leicht erschließbare Ressource <strong>des</strong> Meeres auch eine<br />

marine Isotopensignatur aufweisen sollte, erfüllte sich nicht:<br />

19


20<br />

stichprobenartige Untersuchungen von erwachsenen Skeletten<br />

ergaben vielmehr, daß die 15 N-Werte der Schleswiger Population<br />

um lediglich rund 1 % gegenüber der Göttinger Serie erhöht waren,<br />

die 13 C-Werte um 2,5 %. Die Meßdaten aus beiden Serien<br />

wiesen einen sehr hohen Überlappungsbereich auf, lediglich <strong>für</strong><br />

einzelne Individuen aus Schleswig ließ sich der bevorzugte Konsum<br />

mariner Nahrung aufgrund der Isotopien belegen (Grupe 1986).<br />

Daß es sich hierbei um Angehörige einer bestimmten Berufsgruppe<br />

handelte (z. B. Fischer), mag naheliegen, ist aber nicht beweisbar.<br />

Auf der Populationsebene hat sich somit kein grundlegend<br />

verschiedenes Ernährungsregime zwischen beiden Serien gezeigt,<br />

abgesehen von einer insgesamt etwas proteinreicheren Ernährung<br />

der Schleswiger, ablesbar an der Anreicherung mit 15 N. Die Daten<br />

können dahingehend interpretiert werden, daß mit der Nachfolge<br />

der Siedlung Haithabu nicht nur der Standort an das gegenüberliegende<br />

Ufer der Schlei verlegt wurde, sondern daß gleichzeitig eine<br />

andere, mehr auf Ackerbau und vor allem Viehzucht ausgelegte,<br />

Wirtschaftsweise praktiziert wurde. Angesichts neuer Untersuchungen<br />

zur antiken Wirtschafts- und Ernährungsweise im Mittelmeerraum<br />

(Lambrou-Phillipson 1998) dürfte die allgemeine Erwartungshaltung,<br />

Küstennähe würde den Fischfang als hauptsächliche Nahrungsquelle<br />

<strong>für</strong> alle Bevölkerungsstrata notwendig implizieren, in<br />

dieser einfachen Form nicht haltbar sein. Mit diesem Beispiel läßt<br />

sich die Flexibilität in der Umweltnutzung durch menschliche Bevölkerungen<br />

in eindringlicher Weise belegen.<br />

Der große Vorteil der Isotopenmethode im Vergleich zur<br />

Ernährungsrekonstruktion anhand von Spurenelementdaten zeigt<br />

sich bei der Erschließung individuentypischer Nahrungsgewohnheiten.<br />

Da Spurenelementdaten aufgrund der hohen inter- und intraindividuellen<br />

Variabilität in der Regel nur auf dem Gruppenniveau<br />

interpretierbar sind, lassen sich wesentliche Aspekte gar nicht erschließen,<br />

oder sie werden verschleiert. Eine solche Fehlinterpretation<br />

hat z. B. auch bei der o. a. mittelalterlichen Skelettserie aus<br />

Schleswig in bezug auf die Säuglingsernährung stattgefunden, da<br />

die gruppentypische Spurenelementkonzentrationen einen frühen<br />

Entwöhnungszeitpunkt nahelegten (Grupe 1986). Eine Revision<br />

dieser Daten anhand von 15 N-Werten aus Knochenkollagen, auch<br />

im Vergleich mit entsprechenden Daten anderer mittelalterlicher<br />

Skelettserien, ist geeignet, diese Aussage zu widerlegen: bei den<br />

im Kleinkindalter verstorbenen Individuen läßt sich in der Regel im<br />

Zeitraum zwischen der Geburt und dem 4.-6. Lebensjahr ein Absinken<br />

der 15 N-Werte um 3-4 % feststellen, entsprechend dem oben<br />

beschriebenen Trophiestufeneffekt also der Wechsel von (fast)<br />

ausschließlicher Ernährung mit Muttermilch zu einer gemischten,<br />

der Erwachsenennahrung ähnlichen Ernährung. Auskunft über den<br />

Entwöhnungszeitpunkt gibt die Geschwindigkeit dieser Abnahme<br />

in den -Werten mit dem Lebensalter - je eher die erwachsenentypischen<br />

Isotopien erreicht werden, <strong>des</strong>to früher wurde abgestillt.<br />

Die Stickstoffisotopien der früh verstorbenen Kleinkinder aus<br />

Schleswig belegen, daß einige dieser Kinder nicht etwa früh entwöhnt<br />

wurden, sondern im Gegenteil nie gestillt worden sind, während<br />

andere noch im 2. Lebensjahr eine Isotopensignatur aufweisen,<br />

welche auf den häufigen Konsum von Milch (bzw. Milchprodukten)<br />

hinweist. Das generative Verhalten einer Bevölkerung und<br />

das damit zusammenhängende Bevölkerungswachstum hat großen<br />

Einfluß auf die Gestaltungen <strong>des</strong> unmittelbaren ökologischen<br />

Umfel<strong>des</strong>. Verlängerte oder verkürzte Stillzeiten sind ohne Zweifel<br />

maßgeblicher Parameter <strong>des</strong> reproduktiven Verhaltens. Erst die<br />

Isotopenmethode kann jedoch Klarheit darüber schaffen, ob es<br />

sich bei den Praktiken zur Säuglingspflege und -ernährung tatsäch-


lich um ein gruppentypisches Verhalten handelt, oder ob die Säuglingsernährung<br />

vom individuellen Schicksal geprägt ist.<br />

Dennoch ist es wünschenswert, mehr Details über die Art,<br />

Zusammensetzung und Zubereitung der täglichen Nahrung zu erfahren,<br />

um z. B. über die Rekonstruktion der Verwendung und Zusammensetzung<br />

von Getreide die entsprechenden Anbau- und<br />

Verarbeitungsverfahren zu erschließen, welche letztlich die erforderliche<br />

Information zur Umweltnutzung liefern. Wir verfolgen zur<br />

Beantwortung dieser Fragen gegenwärtig einen experimentellen<br />

Ansatz, welcher auf den Fortschritten in der Analyse sogenannter<br />

»dental microwear« beruht (Übersicht bei Rose und Ungar 1998).<br />

Die Auswertung mikroskopischer Verschleißmuster auf dem Zahnschmelz<br />

ist geeignet, Rückschlüsse auf den Zahngebrauch der<br />

untersuchten Individuen zu ziehen. Bei diesen Verschleißmustern<br />

ist zu unterscheiden zwischen solchen, die durch Zahn-auf-Zahn-<br />

Kontakten zwischen benachbarten oder opponierenden Zähnen<br />

hervorgerufen werden (Attrition) und solche, welche aufgrund von<br />

Zahn-Nahrung-Kontakten bevorzugt an den oberen Höckerfacetten<br />

der Zähne zu finden sind (Abrasion). Abrasive Partikel in der Nahrung<br />

können auf dem Zahnschmelz sowohl Gruben als auch Kratzspuren<br />

erzeugen, und deren Dichte bzw. das Verhältnis von Gruben<br />

und Kratzspuren wird als Marker <strong>für</strong> die Nahrungsqualität genutzt.<br />

Wir verfolgen insofern einen neuartigen Ansatz, als die Morphologie,<br />

die spezifische Qualität der mikroskopischen grubenförmigen<br />

Läsionen auf dem Zahnschmelz gezielt im Simulationsexperiment<br />

untersucht werden.<br />

Bei der Ernährung, deren Kohlehydratanteil im wesentlichen<br />

auf Getreide beruht, stellen Opal-Phytolithe den wesentlichen<br />

abrasiven Faktor dar. Gerade diese opalen Siliziumkörper werden<br />

von heimischen Pflanzen in großer Menge produziert, wobei Silizium<br />

vom Grundwasser in Form von Monokieselsäure an die Oberfläche<br />

gebracht und in verschiedenen Pflanzenteilen durch die Bildung<br />

von Siliziumkörpern abgelagert wird, welche härter sind als<br />

Zahnschmelz und daher Abrasion verursachen. Die Opal-Phytolithen<br />

liegen in Form von deutlich voneinander unterscheidbaren morphologischen<br />

Typen vor, welche sich entsprechend <strong>des</strong> Bestimmungsschlüssels<br />

von Kaplan et al. (1992) auch in differenzieller Weise<br />

auf die diversen Getreidearten verteilen. Aus diesen Gründen, und<br />

auch aufgrund ihrer Resistenz gegenüber Dekomposition, hat sich<br />

die Analyse von Opal-Phytolithen sowohl im archäologischen Fundgut<br />

(Piperno 1988), als auch auf bodengelagerten menschlichen<br />

Zähnen (Lalueza Fox & Pérez-Pérez 1994, Lalueza Fox et al. 1996)<br />

bei der Rekonstruktion menschlicher Subsistenzstrategien als nützlich<br />

erwiesen.<br />

Bei der Inspektion von 30 Molaren aus der frühmittelalterlichen<br />

Skelettserie von Wenigumstadt (Ldkr. Aschaffenburg) ließ<br />

sich auf jedem Zahn min<strong>des</strong>tens ein Phytolith identifizieren, welcher<br />

trotz mechanischer Reinigung der Skelette fest auf dem Zahnschmelz<br />

verhaftet war. Dies spricht zunächst <strong>für</strong> eine grobe Nahrung,<br />

welche hohe Beißkräfte erforderte. Für intakte Phytolithen<br />

konnte anhand ihres Typus zumin<strong>des</strong>t eine Ausschlußdiagnose in<br />

bezug auf das konsumierte Getreide getroffen werden.<br />

Simulationsversuche zur Produktion von Abrasionsspuren auf<br />

menschlichem Zahnschmelz eröffnen darüberhinaus die Perspektive<br />

der Identifikation <strong>des</strong> konsumierten Getrei<strong>des</strong> anhand der speziellen<br />

Morphologie der grubenartigen Läsionen. Mehrheitlich finden<br />

sich aufgrund der einander überlagernden Kauzyklen Gruben<br />

von unspezifischer Größe und Form. Rund 25 % der experimentell<br />

produzierten Gruben wiesen jedoch charakteristische Merkmale auf,<br />

welche auf die <strong>für</strong> die jeweils verwendeten Getrei<strong>des</strong>orten typi-<br />

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349–386.<br />

22<br />

schen Phytolithen zurückzuführen waren. Signifikante Unterschiede<br />

in der microwear beruhen darüberhinaus auf der Art und Weise<br />

der Getreidezubereitung (historische versus moderne Mühlentechnik),<br />

was ebenfalls experimentell bestätigt werden konnte.<br />

Sowohl in bezug auf die molekularen Bestandteile, als auch in<br />

bezug auf mikroskopische morphologische Merkmale bergen<br />

menschliche Skelettfunde eine Fülle von detaillierten Informationen<br />

über frühes Ernährungsverhalten, sowohl auf der Ebene einzelner<br />

Individuen als auch auf der Ebene der Bevölkerung. Die Kenntnis<br />

der Subsistenzstrategie wiederum trägt in Umkehrung <strong>des</strong> einleitenden<br />

Zitates zur Erschließung mittelalterlicher Umweltnutzung<br />

in bezug auf die Agrarproduktion in entscheidender Weise bei.<br />

Umweltwandel und Siedlungsgeschichte in den<br />

südlichen Nordseemarschen Schleswig-Holsteins<br />

Dirk Meier, Büsum<br />

Im schleswig-holsteinischen Nordseeküstengebiet untersucht die<br />

Arbeitsgruppe Küstenarchäologie am Forschungs- und Technologiezentrum<br />

Westküste der Christian-Albrechts-Universität Kiel (FTZ)<br />

die seit prähistorischer Zeit eng miteinander verbundene Landschaftsentwicklung<br />

und Siedlungsgeschichte. Noch heute wird die<br />

Umwelt der Küstenregion in einem erheblichen Maße von dem Eingriff<br />

<strong>des</strong> Menschen in die Landschaft bestimmt, der seit dem Hochmittelalter<br />

mit der Bedeichung und Entwässerung der Marschen<br />

aus dem Naturraum eine Kulturlandschaft formte. Nach der Erklärung<br />

von Stade der Umweltminister Deutschlands, Dänemarks und<br />

der Niederlande im Achten Trilateralen Wattenmeerplan, kommen<br />

die »kulturgeschichtlichen und landschaftlichen Werte dabei den<br />

Naturwerten <strong>des</strong> Gebietes gleich; sie bilden eine wichtige Voraussetzung<br />

<strong>für</strong> den heutigen Tourismus« (Achter Trilateraler Wattenmeerplan<br />

1997, 29). Als gemeinsame Ziele wurden daher die Erhaltung<br />

und Entwicklung der typischen Landschaftsbestandteile,<br />

die Erhaltung ihrer vollen Vielfalt und <strong>des</strong> kulturgeschichtlichen<br />

Erbes formuliert, deren nationale Managementberatung durch eine<br />

trilaterale Arbeitsgruppe, in die <strong>für</strong> Schleswig-Holstein vom Umweltministerium<br />

u.a. der Verfasser berufen wurde, erfolgen soll.<br />

Wichtigste Aufgabe ist die Erstellung einer GIS-gestützen<br />

Kulturlandschaftskarte <strong>des</strong> Küstengebietes. Die Zukunft wird zeigen,<br />

inwieweit die Stader Erklärung der Umweltminister durch universitäre<br />

Forschung, Ämter und Kreise regional und international<br />

umgesetzt werden kann.<br />

Im Sinne dieser Stader Erklärung sind im schleswig-holsteinischen<br />

Küstengebiet bereits seit den 40er Jahren Erfassungen von<br />

Wurten erfolgt, die seit den 50er Jahren um andere Denkmälergruppen<br />

der historischen Kulturlandschaft erweitert wurden (vgl.<br />

Hoffmann u.a. 1997; Meier 1998c). Für siedlungsarchäologische<br />

Forschungen wurden entlang der schleswig-holsteinischen Nordseeküste<br />

die Regionen ausgewählt, wo durch eine Lan<strong>des</strong>aufnahme<br />

der Denkmälerbestand am besten erschlossen war. Auch die seit<br />

1989 durch die Arbeitsgruppe Küstenarchäologie durchgeführten<br />

interdisziplinären Untersuchungen basieren auf einer Kartierung<br />

der historischen Kulturlandschaft der Marschen mit ihren Warften


(Wurten), alten Deichen, Deichbruchstellen (Wehlen), Prielen, archäologischen<br />

Fundstellen und Prielen. In Zusammenarbeit mit der<br />

Arbeitsgruppe Küstengeographie <strong>des</strong> FTZ konnten ein Teil der<br />

Kartierungen in das GIS-West <strong>des</strong> FTZ übertragen werden (Geisler<br />

1999). Wichtigste Bodenarchive der Marschen bilden die Wurtendörfer<br />

mit ihren differenziertem Aufbau aus Mistaufträgen und<br />

abdeckenden Kleilagen, die neben paläobotanisch ergiebigen Schichten<br />

prähistorische und frühmittelalterliche Bauten konserviert haben.<br />

Aus der Höhe nachgewiesener Siedelniveaus läßt sich indirekt<br />

auf die maximale Höhe von Sturmflutwasserständen zu bestimmten<br />

Zeiten schließen. Deren Kenntnis bildet eine wichtige paläoökologische<br />

Ergänzung der aktuellen »Global Change« Forschung.<br />

Im folgenden sei mit dem Dithmarscher Küstengebiet in aller<br />

Kürze der Landschafts- und Siedlungswandel der südlichen<br />

schleswig-holsteinischen Nordseeküste umrissen, ein Raum, der<br />

von der Elbe im Süden bis zur Eidermündung im Norden reicht. Im<br />

Zuge <strong>des</strong> holozänen Meeresspiegelanstiegs erreichte die Nordsee<br />

erstmals vor etwa 6500 Jahren die saaleeiszeitlichen Geestkerne<br />

Dithmarschens. Bis zum 2. Jahrtausend v. Chr. dürfte die Küstenlinie<br />

dicht vor Heide gelegen haben, bevor sie durch den Abbau<br />

der Kliffs weiter nach Osten verlegt wurde. Verfrachtetes Material<br />

schüttete in einer Phase eines vor 4500 Jahren nachlassenden<br />

Meeresspiegelanstiegs Nehrungen auf, die die Geestkerne miteinander<br />

verbanden und so eine Ausgleichsküste formten. Die dahinter<br />

liegenden, ursprünglich vom Meer überfluteten Täler wurden<br />

dem Meereseinfluß entzogen, süßten aus und vermoorten. Westlich<br />

der Ausgleichsküste entstand ein Wattenmeer. Seit der Mitte<br />

<strong>des</strong> letzten vorchristlichen Jahrtausends landeten vor der Ausgleichsküste<br />

Flächen einer stabilen Seemarsch auf (Hoffmann 1997;<br />

1998; Hoffmann u.a. 1997).<br />

Die Zusammensetzung und Höhenlage der Salzmarschen lassen<br />

Aussagen zur wirtschaftlichen Nutzung und zur Umwelt zu, in<br />

die die ersten Siedler kamen. Die Zonierung der unbedeichten Salzwiesen<br />

in den Seemarschen ist abhängig von der Überflutungshäufigkeit<br />

und vom Salzgehalt <strong>des</strong> Bodens. Dabei bedingen bereits<br />

Höhendifferenzen von wenigen Dezimetern erhebliche ökologische<br />

Unterschiede. Am tiefsten liegt – noch im Bereich der täglichen<br />

Tide – der Quellerrasen (Salicornietum strictae). Nach oben<br />

schließt sich die Andelwiese (Puccinellietum maritimi) an, eine gute,<br />

aber noch regelmäßig überflutete Viehweide. Darüber folgt als<br />

höchste Stufe die im wesentlichen nur im Winter überschwemmte<br />

Salzbinsenwiese (Juncetum geradi), da oberhalb der regelmäßigen<br />

Überflutungen keine Sedimentation mehr stattfindet. Auf den<br />

höher gelegenen Flächen der Salzbinsenwiese, wo man vor sommerlichen<br />

Überflutungen sicher war, war die Heugewinnung und<br />

der Anbau von Kulturpflanzen möglich, die tieferen Flächen bildeten<br />

eine gute Viehweide (vgl. Behre1976).<br />

In den Zeiten, wo die Marschen noch nicht bedeicht waren<br />

und dem Wechselspiel der stürmischen und ruhigeren Perioden<br />

ausgesetzt blieben, spielte die Höhenlage der einzelnen Salzwiesenmarschen<br />

eine wichtige Rolle <strong>für</strong> deren Besiedlung und Nutzung.<br />

Die natürliche Gliederung in die küstennahen, durch Sedimentablagerung<br />

aufgehöhten Seemarschen und das dahinter liegende<br />

tiefere, durch Stauwasserprobleme und Moore gekennzeichnete<br />

Sietland bestimmten das Landschaftsbild. Der Niveauunterschied<br />

zwischen Seemarsch und Sietland ist absolut gesehen zwar gering,<br />

hatte aber weitreichende Folgen <strong>für</strong> die Besiedlung und Entwässerung.<br />

In Norderdithmarschen weisen beispielsweise Gebiete<br />

der westlichen Seemarsch nahe <strong>des</strong> mittelalterlichen Deichverlaufes<br />

bei Wellinghusen Höhen von bis zu NN +1,80 m auf, während die<br />

23


Marsch weiter östlich bei Haferwisch nur auf einem Niveau von<br />

etwa NN +0,50 m liegt.<br />

Die im frühen 1. Jh. in der Dithmarscher Nordermarsch einsetzende<br />

Landnahme fällt an das Ende einer weitflächig im Nordseeküstengebiet<br />

nachweisbaren Regression um Chr. Geb. (Behre<br />

1986). Aufgrund dieser günstigen Umweltbedingungen entstanden<br />

vielerorts Flachsiedlungen zu ebener Erde in der Marsch, bevor<br />

seit dem 2./3. Jh. einsetzende, erneut stürmischere Perioden<br />

den Bau von Wurten erforderten. Geht man von der Verteilung der<br />

archäologisch bekannten Wohnplätze in Dithmarschen aus, erfaßte<br />

– ausgehend von Siedlungsplätzen am Geestrand – eine erste<br />

Landnahme die küstennahen Seemarschen zwischen der Elbe im<br />

Süden und der Eider im Norden (Abb. 1). In Norderdithmarschen<br />

vermitteln archäologische Sammelfunde und Grabungen das Bild<br />

zweier langgestreckter Siedlungsreihen zwischen Wöhrden im Süden<br />

und der Eider im Norden. Den besten Einblick in eine Siedlung<br />

der frühen Landnahmezeit geben die 1991 durchgeführten Ausgrabungen<br />

auf einer Wurt in Tiebensee. Die im frühen 1. Jh. n. Chr.<br />

auf einem zwischen NN +1,00 bis +1,30 m hohen Marschrücken<br />

errichteten Häuser der Flachsiedlung lagen recht hoch und trokken,<br />

wie viele süßwassergeprägte Pflanzenreste zeigen. Unkräuter<br />

der Krötenbinse, <strong>des</strong> Weißen Gänsefußes oder der kleinen Brennnessel<br />

lassen auf Ackerbau schließen, wenn auch Kulturpflanzen<br />

nicht nachgewiesen werden konnten (Meier 1992b; 1996; 1997a.b;<br />

1998a.b.)<br />

Der frühe Abbruch der Besiedlung im 2. Jh. ist möglicherweise<br />

auf eine Verschlechterung der Wirtschaftsbedingungen zurückzuführen.<br />

Der steigende Sturmflutspiegel löste im küstenfernen<br />

Hinterland Stauwasserbildungen aus, so daß die landwirtschaftlichen<br />

Nutzflächen zurückgingen. Schließlich reichte die zur Verfügung<br />

stehende Wirtschaftsfläche <strong>für</strong> die Deckung <strong>des</strong> Nahrungsbedarfs<br />

nicht mehr aus, so daß die Wohnplätze aufgegeben werden<br />

mußten. Da etwa 2000 m weiter im Westen nahe der Küste<br />

noch landwirtschaftliches Nutzland in den Seemarschen zur Verfügung<br />

stand, zogen seit der Mitte <strong>des</strong> 2. Jhs. Siedlergruppen<br />

dorthin. Wie die 1992 und 1993 durchgeführten Grabungen in<br />

Haferwisch ergaben, mußten die Neusiedler dort auf den nur niedrig<br />

aufgelandeten Marschflächen aus Kleisoden Wurten errichten,<br />

ein deutliches Indiz da<strong>für</strong>, daß die Marsch während <strong>des</strong> Winterhalbjahres<br />

häufiger von Salzwasser bedeckt wurde. Auch die<br />

paläobotanischen Untersuchungen deuten nach den hohen Werten<br />

salzliebender Pflanzen an, daß dieses Gebiet von sommerlichen<br />

Sturmfluten durchaus nicht verschont geblieben sein kann.<br />

Weitere Siedlungen der ersten nachchristlichen Jahrhunderte<br />

sind in der Dithmarscher Südermarsch belegt. Noch stärker als<br />

im Norden hatten hier Stauwasserbildungen zu einer weitflächigen<br />

Vermoorung der binnenwärtigen Marsch geführt. Günstige<br />

Wirtschaftsflächen standen hier nur nahe der Küste zur Verfügung.<br />

Wie 1998 in Süderbusenwurth durchgeführte Ausgrabungen<br />

zeigen, wurden dort erste, um 150 n. Chr. angelegte, geringfügig<br />

aufgehöhte Wohnplätze nach einer Aufwarftung im 3. Jh.<br />

bald wieder verlassen. Auch die anderen bekannten Marschensiedlungen<br />

der römischen Kaiserzeit in Süderdithmarschen deuten<br />

nach Aussage kleinerer Grabungen nur auf kurzzeitig bewohnte<br />

Siedlungsplätze hin. Ungünstige Umweltbedingungen, wie eine<br />

Vernässung der umgebenen Wirtschaftsflächen in Eddelak und<br />

Ostermoor (Bantelmann 1957/58), oder häufige Salzwasserüberflutungen<br />

der niedrigen Seemarsch, wie in Süderbusenwurth<br />

oder Krumwehl, dürften den frühen Siedlungsabbruch begründen<br />

(Abb. 1).<br />

24


Während die frühe Marschenbesiedlung in Dithmarschen somit bislang<br />

das Bild kleinerer, meist kurzzeitigerer Siedlungen weniger<br />

Wirtschaftsbetriebe bildet, entstanden entlang <strong>des</strong> verkehrsgünstigen<br />

Eidermündungsgebietes der Eider größere Wurtendörfer.<br />

Dort erlaubten günstige naturräumliche Bedingungen auf den hohen<br />

Uferwällen <strong>des</strong> Eidermündungsgebietes eine platzkonstante<br />

Besiedlung vom 1./2. bis in das 5. Jh., wie das Beispiel Tofting<br />

zeigt (Bantelmann 1955). Im Verlauf <strong>des</strong> 5. Jhs., im Dithmarscher<br />

Küstengebiet schon im 3. und 4. Jh., mehren sich in allen voher<br />

dicht bewohnten Gebieten die Anzeichen einer zunehmenden Entvölkerung.<br />

Abb. 1: Topographische Karte <strong>des</strong> Dithmarscher<br />

Küstengebietes mit Lage der<br />

eisenzeitlichen und mittelalterlichen<br />

Wurten sowie <strong>des</strong> hochmittelalterlichen<br />

Deichverlaufs.<br />

Grafik: FTZ-Küstenarchäologie.<br />

25


26<br />

Mit dem Nachlassen der Sturmflutaktivitäten um 700 n.Chr. hatte<br />

sich in vielen Regionen der festländischen Nordseemarschen durch<br />

den Einbruch von Meeresbuchten oder Tiefs der Verlauf der Küstenlinie<br />

verändert. Nach dem Absinken <strong>des</strong> Sturmflutspiegels im<br />

7./8. Jh. nutzten große Gruppen bäuerlicher Siedlungsgemeinschaften<br />

die günstige naturräumliche Entwicklung an der Küste zur Landnahme<br />

(Schmid 1991; 1995). Erste Siedlungen enstanden zunächst<br />

auf hohen Uferwällen entlang der Flußästuare oder höheren Seemarschrücken,<br />

während die rückwärtigen, vermoorten Niederungsgebiete<br />

siedlungsfrei blieben. Während von der Elbe im Süden bis<br />

Meldorf und vermutlich darüberhinaus bis Wöhrden der bereits in<br />

den ersten nachchristlichen Jahrhunderten besiedelte Küstenabschnitt<br />

wiederum seit dem 7./8. Jh. in Besitz genommen wurde,<br />

erstreckte sich nach Aussage archäologischer Untersuchungen in<br />

der Dithmarscher Nordermarsch die neu erschlossene Marsch westlich<br />

<strong>des</strong> Altsiedellan<strong>des</strong> der römischen Kaiserzeit. Dort hatte sich<br />

mit der Auflandung junger Sedimente die Küstenlinie teilweise seewärts<br />

verlagert, während der binnenwärtige Teil der alten Marsch<br />

infolge der eingeschränkten Entwässerung großflächig vermoort<br />

war (Abb. 1).<br />

Das eindrucksvollste Beispiel der frühmittelalterlichen Landnahme<br />

vermitteln die Ausgrabungen der im Durchmesser bis 280 m<br />

großen und mit NN +6,20 m hohen Dorfwurt Wellinghusen. Dort<br />

legten die ersten Siedler im 7./8. Jh. auf einem bis NN +1,80 m<br />

hohen, teilweise mit Schilf bewachsenen Marschrücken nahe eines<br />

Prieles ihre ersten Hofstellen als Flachsiedlung an. Eines der gut<br />

erhaltenen, auf einem flachen Sodenpo<strong>des</strong>t errichteten Häuser<br />

wurde um 691 errichtet. Den die Siedlung durchquerenden Prielarm<br />

überquerte im Bereich <strong>des</strong> Grabungsschnittes eine breite Brükke,<br />

deren Reparatur um 782 belegt ist. Spätestens zu Beginn <strong>des</strong><br />

9. Jhs. dürften Sturmfluten die Siedler genötigt haben, ihre Wohnplätze<br />

mit Mist und Klei zu erhöhen, so daß bis 1 m hohe Hofwurten<br />

entstanden. Mit dem Ausbau und der weiteren Erhöhung dieser<br />

Hofwurten wurde der die Siedlung durchquerende Prielseitenarm<br />

mit Mist verfüllt und mit Klei abgedeckt. Um 1000 n.Chr. war<br />

schließlich eine große, um NN +4,00 m hohe Gesamtwurt entstanden,<br />

die im hohen und späten Mittelalter nochmals mit Klei bis zu<br />

einer Höhe bis NN +6,20 m aufgewarftet wurde. Im 13./14. Jh.<br />

endete die Besiedlung der Dorfwurt, nachdem bereits vorher eine<br />

erste Auslagerung von Hofstellen erfolgt war (Hoffmann u.a. 1997;<br />

Meier 1997 a.b).<br />

Eine erste Ausweitung der Besiedlung im Dithmarscher Küstengebiet<br />

läßt sich bereits <strong>für</strong> das 10. Jh. feststellen. Da nicht<br />

mehr in ausreichendem Maße höher aufgelandete Flächen zur Verfügung<br />

standen, wurden auch niedrige, häufiger von Salzwasser<br />

überschwemmte Marschflächen besiedelt. Dort mußten die Neusiedler,<br />

wie das Beispiel der 2000 m nördlich von Wellinghusen, an<br />

einem Priel gelegenen Dorfwurt Hassenbüttel zeigt, von Anfang<br />

an Wurten errichten. Die älteste Marschoberfläche lag dort mit NN<br />

+0,80 m einen Meter tiefer als in Wellinghusen. Zwar deuten Spuren<br />

eines Streichbrettpfluges und der Anbau von Vierzeil-Spelzgerste<br />

und Hafer noch auf Ackerbau hin, doch bedeckten bald<br />

0,40 m mächtige Sturmflutschichten das Ackerland. Auf diesen<br />

Anwachsschichten wurden zunächst noch flache, aber seit dem<br />

10. Jh. größere und höhere Hofwurten aus Mist und Klei errichtet.<br />

Durch deren Ausbau entstand eine Dorfwurt (Hoffmann u.a. 1997).<br />

Wie Wellinghusen und Hassenbüttel erfolgte auch die Gründung<br />

der meisten anderen großen Wurtendörfer <strong>des</strong> Dithmarscher<br />

Küstengebietes im frühen Mittelalter, die durch ein breites vermoortes<br />

Sietland von der Geest her nur schwer erreichbar waren.


Im Umland der frühmittelalterlichen Dorfwurten erstreckten sich<br />

niedere Salzmarschen mit Milchkraut, Strandsalzschwaden, Salzbinsen,<br />

Schuppenmieren und Salzdreizack sowie höhere Salzmarschen<br />

mit Seggen, Straußgras und Schilfrohr, die das Weideland<br />

<strong>für</strong> das Vieh bildeten. Auf den höchstgelegenen Flächen der<br />

Marschen waren neben der extensiven Viehhaltung ein saisonaler<br />

Sommeranbau von Hafer, Gerste, Roggen und Leinen möglich.<br />

Neben der agrarisch ausgerichteten Wirtschaftsweise profitierten<br />

nach Aussage archäologischer Funde die Wurtbewohner von dem<br />

über See gehenden Fränkisch-Friesischen Fernhandel.<br />

Während die Besiedlung <strong>des</strong> 1. nachchristlichen Jahrtausends<br />

in den Seemarschen in ihrer Wirtschaftsweise von den Umweltbedingungen<br />

abhängig blieb und nicht in den Naturraum eingriff, änderten<br />

sich die Siedel- und Wirtschaftsmöglichkeiten seit dem 11./<br />

12. Jh. vollkommen. Mit dem Bau von Deichen wurden die Marschen<br />

erstmals den regelmäßigen Salzwasserüberflutungen entzogen.<br />

Der Deichbau ermöglichte eine Steigerung der landwirtschaftlichen<br />

Erträge, insbesondere <strong>des</strong> Ackerbaus. Eine von den<br />

Niederlanden ausgehende Kenntnis der künstlichen Entwässerung<br />

und Kultivierung vermoorter Moorgebiete und Sietlandsmarschen<br />

sowie eine stetig anwachsende Bevölkerung, häufig verbunden mit<br />

der Einwanderung neuer Siedlergruppen, gaben im Nordseeküstenraum<br />

vielfach den Anstoß zur Aufsiedlung weiter Flächen <strong>des</strong><br />

Sietlan<strong>des</strong> und der Seemarsch (Schmid 1995). In Dithmarschen<br />

bildeten sich ähnlich wie in anderen Regionen der Nordseemarschen<br />

Personalverbände, die sich vielerorts von den Ansprüchen einer<br />

auswärtigen Adels- und Grundherrschaft befreiten und organisiert<br />

in Kirchspielen bis an die Schwelle zur frühen Neuzeit ihre Unabhängigkeit<br />

behaupteten.<br />

Die Norder- und Südermarsch schütze ein heute noch erhaltener<br />

oder seinem Verlauf nach rekonstruierbarer, mehrere<br />

Wurtendörfer einbeziehender Seedeich. Ein lokaler Deichbau ringförmiger,<br />

niedriger Sommerdeiche läßt sich in Dithmarschen im<br />

Unterschied zu anderen Küstengebieten anhand erhaltener Reste<br />

oder alter Flurformen nicht belegen. Der Beginn <strong>des</strong> Deichbaus<br />

fällt wohl noch in eine Zeit, in der das Land unter der Herrschaft<br />

der Stader Grafen stand, die das Gebiet zwischen 1064 und 1070<br />

als Lehen von dem Bremer Bischof erhalten hatten und bis 1148<br />

behaupten konnten. Es ist durchaus denkbar, daß sie den Anstoß<br />

zur Bedeichung und Urbarmachung <strong>des</strong> Sietlan<strong>des</strong> gaben, da der<br />

mehrere Wurtendörfer und Kirchspiele umfassende Deichbau kaum<br />

von lokalen Bauerschaften allein ausgeführt sein dürfte. Örtliche<br />

Initiatoren mögen die Vögte gewesen sein, bevor nach der Vertreibung<br />

<strong>des</strong> letzten Stader Grafen Kirche und genossenschaftlich<br />

organisierte bäuerliche Verbände die Bedeichung und Urbarmachung<br />

<strong>des</strong> Ödlan<strong>des</strong> weiterführten. Mit der Vertreibung der Stader<br />

Grafen wurde bei der Umgestaltung der Landschaft die Kirche ein<br />

immer bedeutenderer Machtfaktor. Nach Gründung einer ersten,<br />

historisch bei Adam von Bremen überlieferten Kirche um 810 in<br />

Meldorf, werden um 1140 und 1281 weitere auf der Geest und in<br />

der Marsch erwähnt. Auf den verkehrsgünstig gelegenen, größeren<br />

Dorfwurten kam es auch zur Gründung von Märkten; Umschlagplätze<br />

der maritim geprägten Kulturlandschaft bildeten Kleinhäfen.<br />

Das wirtschaftliche Hinterland der Dorfwurten bildete das<br />

durch den hoch- und spätmittelalterlichen Lan<strong>des</strong>ausbau erschlossene<br />

Sietland. Diese vermoorten und stauwasserreichen wische<br />

der Altmarsch bildeten zwar schwer zu kultivierende, aber notwendige<br />

Flächen <strong>für</strong> die Landnutzung und Neuansiedlung. Die Urbarmachung<br />

der Sietländer setzte eine künstliche Regelung der<br />

Binnenentwässerung voraus, wobei das Wasser durch Siele in den<br />

Literatur<br />

Jährliche Arbeitsberichte erscheinen den Jahresberichten<br />

<strong>des</strong> Forschungs- und Technologiezentrums<br />

Westküste, die auf Anfrage bezogen werden<br />

können.<br />

Albert Bantelmann 1955: Tofting, eine vorgeschichtliche<br />

Warft an der Eidermündung. Offa-Bücher<br />

12, Neumünster 1955.<br />

Albert Bantelmann 1957/58: Die kaiserzeitliche<br />

Marschensiedlung von Ostermoor bei<br />

Brunsbüttelkoog. Offa 16, 1957/58, 53-79.<br />

Albert Bantelmann 1975: Die frühgeschichtliche<br />

Marschensiedlung beim Elisenhof in Eiderstedt.<br />

Landschaftsgeschichte und Baubefunde, Stud.<br />

Küstenarch. Schleswig-Holstein, Ser. A, Elisenhof<br />

1, Bern-Frankfurt 1975.<br />

Karl-Ernst Behre 1976: Die Pflanzenreste aus der<br />

frühgeschichtlichen Wurt Elisenhof. Stud.<br />

Küstenarch. Schleswig-Holstein, Ser. A, Elisenhof<br />

2, Bern-Frankfurt 1976.<br />

Karl-Ernst Behre 1986: Meeresspiegelverhalten und<br />

Besiedlung während der Zeit um Christi Geburt in<br />

den Nordseemarschen. Offa 43, 1986, 45-53.<br />

Janin Geisler 1999: Elemente der historischen Kulturlandschaft<br />

<strong>des</strong> nördlichen Dithmarscher Küstengebietes.<br />

Eine GIS-gestützte Bewertung. Projektbericht<br />

Forschungs- und Technologiezentrum Westküste.<br />

Teil 1 Text, Teil 2 Karten (Büsum 1999).<br />

Werner Haarnagel 1979: Die Grabung Feddersen<br />

Wierde. Methode, Hausbau, Siedlungs- und<br />

Wirtschaftsformen sowie Sozialstruktur, Wiesbaden<br />

1979.<br />

Dietrich Hoffmann 1997: Zur jüngsten Erdgeschichte<br />

<strong>des</strong> Küstengebietes von Norderdithmarschen.<br />

Dithmarschen N.F. Lan<strong>des</strong>kunde - Kultur - Natur.<br />

Heft 2, 1997, 44-48.<br />

Dietrich Hoffmann 1998: Das junge Küstenholozän<br />

an der Nordseeküste Schleswig-Holsteins. Meyniana<br />

50, 1998, 71-87.<br />

Dietrich Hoffmann, Dirk Meier und Michael Müller-<br />

Wille 1997: Geologische und archäologische Untersuchungen<br />

zur Landschafts- und Siedlungsgeschichte<br />

<strong>des</strong> Küstengebietes von Norderdithmarschen.<br />

Germania 1997, 213-253.<br />

Dirk Meier 1992a: Frühe Deiche in Eiderstedt. In:<br />

Th. Steensen (Hrsg.), Deichbau und Sturmfluten in<br />

den Frieslanden. 2. Historikertreffen 1991 in Husum,<br />

Husum 1992, 20-31.<br />

Dirk Meier 1992b: <strong>Archäologie</strong> in den Nordseemarschen.<br />

Untersuchungen an Warften und Deichen<br />

in Norderdithmarschen und Eiderstedt. In: M.<br />

Müller-Wille u. D. Hoffmann (Hrsg.), Der Vergangenheit<br />

auf der Spur. Archäologische Siedlungsforschung<br />

in Schleswig-Holstein, Neumünster 1992,<br />

275-300.<br />

Dirk Meier 1996: Landschaftsgeschichte und<br />

Siedlungsmuster von der römischen Kaiserzeit bis<br />

in das Mittelalter in den Küstengebieten Eiderstedts<br />

und Dithmarschens. Siedlungsforschung. <strong>Archäologie</strong><br />

“ Geschichte - Geographie 14, 1996, 245-276.<br />

27


Dirk Meier 1997a: Frühe Besiedlungsmuster und<br />

der Wandel <strong>des</strong> Naturraumes zur Kulturlandschaft<br />

in Eiderstedt und Dithmarschen. In: L. Fischer<br />

(Hrsg.), Kulturlandschaft Nordseemarschen.<br />

Nordfriisk Instituut, Bredstedt “ Westerhever 1997.<br />

Dirk Meier 1997b: Landschaftsentwicklung und<br />

Siedlungsgeschichte <strong>des</strong> Eiderstedter und<br />

Dithmarscher Küstengebietes als Teilregionen <strong>des</strong><br />

Nordseeküstenraumes. Band 1 Die Ansiedlungen;<br />

Band 2 Der Siedlungsraum. Untersuchungen der<br />

Arbeitsgruppe Küstenarchäologie am Forschungsund<br />

Technologiezentrum Westküste der Christian-<br />

Albrechts-Universität zu Kiel. Habilitationsschrift<br />

1997 = Universitätsforschungen zur Prähistorischen<br />

<strong>Archäologie</strong>, im Druck, Bonn 1999.<br />

Dirk Meier 1998a: Transalbianorum Saxonum populi<br />

sunt tres. Das Dithmarscher Küstengebiet im frühen<br />

und hohen Mittelalter. In: A. Wesse (Hrsg.),<br />

Studien zur <strong>Archäologie</strong> <strong>des</strong> Ostseeraumes. Von<br />

der Eisenzeit bis zum Mittelalter. Festschrift Müller-Wille,<br />

Neumünster 1998, 77-90.<br />

Dirk Meier 1998b: Trutz‘ Blanke Hans. Mittelalterlicher<br />

Deichbau und Existenzkampf an der<br />

schleswig-holsteinischen Nordseeküste. In: K.<br />

Spindler (Hrsg.), Mensch und Natur im mittelalterlichen<br />

Europa. Archäologische, historische und naturwissenschaftliche<br />

Befunde. Schriftenreihe Akademie<br />

Friesach (Kärnten) 4, Klagenfurt 1998,129-<br />

168.<br />

Dirk Meier 1998c: Die Besiedlung der Dithmarscher<br />

Seemarschen. Lan<strong>des</strong>amt <strong>für</strong> den Nationalpark<br />

Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer u. Umweltbun<strong>des</strong>amt<br />

(Hrsg.), Umweltatlas Wattenmeer. Bd.<br />

1, Nordfriesisches und Dithmarscher Wattenmeer,<br />

Stuttgart 1998, 22-23.<br />

Peter Schmid 1991: Mittelalterliche Besiedlung,<br />

Deich- und Lan<strong>des</strong>ausbau im niedersächsischen<br />

Küstengebiet. In: H. Böhme (Hrsg.), Siedlungen und<br />

Lan<strong>des</strong>ausbau zur Salierzeit. 1 In den nördlichen<br />

Teillandschaften <strong>des</strong> Reiches, Sigmaringen 1991,<br />

9-36.<br />

Peter Schmid 1995: Archäologische Ergebnisse zur<br />

Siedlungs- und Wirtschaftsweise in der Marsch. In:<br />

H.-E. Dannenberg u. H.-J. Schulze 1995 (Hrsg.),<br />

Geschichte <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong> zwischen Elbe und Weser.<br />

Bd. I, Vor- und Frühgeschichte. Schriftenreihe Landschaftsverband<br />

ehemalige Herzogtümer Bremen u.<br />

Verden, Stade 1995, 221-250.<br />

Achter Trilateraler Wattenmeerplan 1997: Erklärung<br />

von Stade. Trilateraler Wattenmeerplan.<br />

Ministererklärung der Achten Trilateralen<br />

Regierungskonferenz zum Schutz <strong>des</strong> Wattenmeeres.<br />

Stade 1997, Common Wadden Sea<br />

Secretariat Wilhelmshaven 1998.<br />

Privatdozent Dr. Dirk Meier<br />

Arbeitsgruppe Küstenarchäologie<br />

Forschungs- und Technologiezentrum<br />

Westküste, Zentrale Einrichtung der<br />

Christian-Albrechts-Universität Kiel,<br />

Hafentörn, 25 761 Büsum, e-mail:<br />

meier@ftz-west.uni-kiel.de<br />

28<br />

Deichen abgeführt wurde. Die langgezogenen Entwässerungsgräben<br />

begrenzten immer weiter verlängerte, oft wölbartig aufgehöhte<br />

Streifenfluren. Diese mit Pflug und Spaten als Maßnahme gegen<br />

die hohe Bodenfeuchtigkeit aufgehöhten Äcker liegen heute fast<br />

ausschließlich unter Grünland. Sie wurden jedoch noch im 18. Jh.<br />

im mehrjährigen Wechsel umschichtig als Acker- und Grünland im<br />

Rahmen der Feld-Gras-Wirtschaft genutzt. Ihre Bewirtschaftung<br />

erfolgte von den Reihensiedlungen (Marschenhufensiedlungen) aus,<br />

langen Ketten von Einzelhöfen. Diese lagen zum Schutz gegen<br />

das Binnenwasser auf niedrigen Wurten. Archäologische Untersuchungen<br />

im Sietland zeigen, daß einige der ältesten Hofwurten –<br />

wie Jarrenwisch in Norderdithmarschen – mit Klei auf dem noch<br />

nicht abgetorften Moor errichtet worden waren. Anhand dieser<br />

Ausbaussiedlungen läßt sich am besten die zentrale Bedeutung<br />

der Geschlechterverbände als Personalkörperschaften erschließen,<br />

die bei dem hoch- und spätmittelalterlichen Kolonisationsvorgang<br />

eine zentrale Stellung einnahmen.<br />

Daß diese Kolonisation dauerhaft mit den technischen Möglichkeiten<br />

<strong>des</strong> Mittelalters gelang, ist auch der Gunst <strong>des</strong> Naturraumes<br />

zuzurechnen. Das Sietland lag nicht so tief wie in den Flußmarschen,<br />

deren abgetorfte, tiefe Flächen oft erneut versumpften.<br />

Die wirtschaftliche Entwicklung war aber durchaus von Rückschlägen<br />

gezeichnet. Wie historisch-geographische Untersuchungen<br />

zeigen, waren die meisten der heute verlassenen Hauswurten<br />

im 16. Jh. noch bewohnt. Mißernten, Epidemien, soziale Umbrüche<br />

und kriegerische Ereignisse trugen zur Aufgabe einzelner Hofstellen<br />

bei. Eine weitere Gefahr bildeten Sturmfluten, die nach Deichbrüchen<br />

die Marsch überschwemmten.<br />

Neben den inneren, eher durch Stauwasser gefährdeten Bereichen<br />

der Marschen waren die Bewohner nahe der Küste nach<br />

einem Bruch oder einem Überströmen der niedrigen Deiche besonders<br />

gefährdet. Daß man dem Schutz der ersten Deiche nicht<br />

vertrauen konnte, zeigt die Errichtung hoher Ausbauwurten im<br />

12. Jh. So wurde mit Lütjenbüttel nach der dendrochronologischen<br />

Datierung eines noch eingetieften Hauspfostens um 1138 eine<br />

mit etwa NN +3,00 m etwa 2 m über der Marsch in einem Arbeitsgang<br />

aufgehöhte Wurt aus Kleisoden errichtet. Wie eine Notgrabung<br />

zeigte, lagen auch auf der benachbarten Dorfwurt<br />

Norderbusenwurth die Hofstellen jener Zeit auf einem ähnlichen<br />

Höhenniveau. Im Zuge dieses hochmittelalterlichen Wurtenausbaus<br />

wurde hier ein älteres, nach 14 C Datierungen vermutlich im späten<br />

11. oder frühen 12. Jh. errichtetes landwirtschaftliches Nebengebäude<br />

mit dem Kleiauftrag der im 12. Jh. erweiterten Dorfwurt<br />

überdeckt. Wie niedrig die ältesten Deiche waren, dokumentieren<br />

Befunde aus Eiderstedt und den nordfriesischen Inseln (Meier 1992<br />

a.b). Die Sommerdeiche mit ihren flachen Böschungen konnten<br />

von den Wintersturmfluten relativ unbeschadet überströmt werden.<br />

Ihre Kronenhöhen lagen im 12. Jh. bei durchschnittlich NN<br />

+1,50 m, während das Siedelniveau auf den Warften meist um NN<br />

+3,00 m betrug. Erst mit zunehmender Sturmflutgefährdung im<br />

späten Mittelalter wurden die Deiche höher.<br />

Durch den Eingriff <strong>des</strong> Menschen in seine Umwelt seit dem<br />

Hochmittelalter entstand in den Nordseemarschen somit jenes<br />

Landschaftsbild, das wir heute als typisch <strong>für</strong> dieses Küstengebiet<br />

ansehen.


Verwüstete Landschaft<br />

Siedlungsbefunde in einem Binnendünengebiet in der Niederlausitz<br />

Von 1994 bis 1996 wurde der Teufelsberg, eine Sanddüne östlich<br />

von Cottbus in der Niederlausitz, vollständig ausgegraben. Als zunächst<br />

flache, hochwasserfreie Kuppe und später über 3 m hohe<br />

Düne am Rande der Neißeniederung schien sie <strong>für</strong> Ansiedlungen<br />

bestens geeignet zu sein. Auf der der Düne lagen die Reste eines<br />

spätmittelalterlichen befestigten Gehöftes (14. Jh.), das möglicherweise<br />

die Keimzelle eines adeligen Landwirtschaftsgroßbetriebes<br />

werden sollte. Von den Gebäuden konnten – wegen starker<br />

Erosion der Dünenoberfläche – nur noch die Reste einiger<br />

Kellerguben dokumentiert werden. Die längliche Düne war von einem<br />

breiten Graben mit in der Grabensohle verlaufendem Zaun<br />

versehen. Im Umfeld befanden sich große Wölbackerflächen, die<br />

z. T. durch Sandüberdeckung konserviert waren. Stellenweise hatten<br />

sich seit der Aufgabe <strong>des</strong> Gehöftes, die noch im 14. Jh. – wohl<br />

recht bald nach der Gründung – erfolgt war, über 1 m hohe Verwehungen<br />

auf den Ackerflächen abgelagert, an anderen Stellen war<br />

das Gelände bis über 1 m unter die mittelalterliche Oberfläche<br />

abgetragen.<br />

Grund <strong>für</strong> die schnelle Aufgabe waren vermutlich die sich in<br />

diesen äolischen Aktivitäten abzeichnenden Folgen der großflächigen<br />

Rodung auf den leichten Sandböden und mangelnde Erträge<br />

auf den schlechten Böden vor dem Hintergrund der spätmittelalterlichen<br />

Agrarkrise. Schriftquellen zu der Anlage gibt es<br />

nicht.<br />

Unter der Düne wurde ein mehrphasiges spätkaiserzeitliches<br />

Gehöft aufgedeckt, das sehr guten Erhaltungszustand aufwies. Es<br />

war nach der Aufgabe der Siedlung rasch überdünt worden, <strong>des</strong>halb<br />

waren die Lehmfußböden einiger Wohngebäude gut erhalten.<br />

Das Gehöft war in eine umfangreiche Siedlungszone eingebettet,<br />

der den leichten Boden haltende Wald war großflächig abgeholzt<br />

worden (im Umfeld 2 Gräberfelder, große Ackerflächen; Holznutzung<br />

<strong>für</strong> Kalk- u. Metallöfen; Schaf- und Ziegenhaltung). An der<br />

germanischen Siedlung zeigen sich noch deutlicher die Auswirkungen<br />

der menschlichen Ansiedlung auf leichten Sandböden, als am<br />

spätmittelalterlichen Nachfolger. Schon während der letzten Siedlungsphase<br />

war offenbar verstärkt Sand in die Siedlung eingedrungen.<br />

Man war gezwungen, den Platz aufzugeben und weiterzuziehen.<br />

Innerhalb relativ kurzer Zeit baute sich nun auf den Siedlungsresten<br />

eine etwa 3 m hohe Sanddüne – der Teufelsberg – auf.<br />

Die Dauer der äolischen Aktivitäten, die zu der Dünenbildung<br />

führten, kann mit Hilfe einiger 14 C-Daten auf maximal 250 Jahre<br />

einschließlich der Entstehung dichter Bewaldung eingegrenzt werden.<br />

Der durch die Besiedlung und die Übernutzung entstandene<br />

ökologische Schaden wurde nach der Aufgabe <strong>des</strong> Siedlungsbereiches<br />

also realtiv schnell behoben. Bis zur Anlage <strong>des</strong> eingangs<br />

beschriebenen spätmittelalterlichen Gehöftes auf der Düne<br />

blieb der Platz unbesiedelt.<br />

Christof Krauskopf<br />

Literatur<br />

Bode, Martina-Johanna: Spuren im Sand. Germanische<br />

Siedlungen am Rand der Neißeaue bei Briesnig,<br />

Landkreis Spree-Neiße. In: <strong>Archäologie</strong> in Berlin und<br />

Brandenburg 1997. Stuttgart 1998. 62-64.<br />

Krauskopf, Christof: Der Teufelsberg von Briesnig.<br />

Ein mittelalterliches Refugium im Tagebau Jänschwalde<br />

bei Briesnig, Landkreis Spree-Neiße. In: <strong>Archäologie</strong><br />

in Berlin und Brandenburg 1993-1994.<br />

Stuttgart 1995. S. 173-174.<br />

Ders.: Verwüstete Landschaft. Germanische und<br />

mittelalterliche Ackerbaubefunde vom Teufelsberg<br />

bei Briesnig, Ldkr. Spree-Neiße. In: <strong>Archäologie</strong> in<br />

Berlin und Brandenburg 1995-1996. Stuttgart<br />

1997. S. 79-81.<br />

Ders.: Der Teufelsberg. Germanische und spätmittelalterliche<br />

Siedlungsspuren in einer Binnendüne<br />

in der östlichen Niederlausitz. In: Veröff. d. Brandenburgischen<br />

Lan<strong>des</strong>museums <strong>für</strong> Ur- und Frühgeschichte<br />

Potsdam (im Druck, vorauss. Bd. 32,<br />

1999).<br />

Ders.: Der Teufelsberg - eine überdünte germanische<br />

Siedlung in der Niederlausitz. In: Haus und<br />

Hofim östlichen Germanien. Tagungsband der Fachkonferenz<br />

<strong>des</strong> Instituts <strong>für</strong> Ur- und Frühgeschichte<br />

der Adam-Mickiewicz Universität Poznan 1998. (im<br />

Druck).<br />

Pasda, Clemens u. Krauskopf, Christof: Aufwehung,<br />

Umbildung, Zerstörung - Zur Entwicklung der Dünen<br />

im Baruther Urstromtal zwischen Cottbus und<br />

Forst. In: Archäologisches Korrespondenzblatt (im<br />

Druck).<br />

Christof Krauskopf M.A.<br />

Technische Universität Berlin, Fachgebiet<br />

Historische Bauforschung / Aufbaustudium<br />

Denkmalpflege, Sekr. A 58, Straße <strong>des</strong> 17.<br />

Juni 152, 10623 Berlin, e-mail:<br />

asd@tu.berlin.de<br />

29


Konstanz. Urlandschaft und Siedlungsraum in der<br />

Antike und im Mittelalter<br />

Marianne Dumitrache,<br />

Stuttgart<br />

30<br />

Archäologische Beobachtungen der letzten Jahre am Altuferbereich<br />

<strong>des</strong> Bodensees haben den Kenntnisstand zur Urlandschaft und zum<br />

Siedlungsraum erweitert.<br />

Die Lage am Bodensee und Seerhein bedeutete sowohl <strong>für</strong><br />

den antiken als auch mittelalterlichen Ort eine ständige Auseinandersetzung<br />

mit dem Wasser. Das jährlich durch die Schneeschmelze<br />

in den Alpen verursachte Hochwasser <strong>des</strong> Bodensees bestimmte<br />

ursprünglich den Siedlungsraum. Überschwemmungen waren eine<br />

ständige Bedrohung bis in jüngste Zeit. Der antike und frühmittelalterliche<br />

Siedlungsraum beschränkte sich auf die Hochlagen auf<br />

dem Münsterhügel und in der sogenannten Niederburg.<br />

1993 entdeckte Siedlungsreste am Seerhein jedoch belegen,<br />

daß eine Besiedlung im ausgehenden 1. Jahrhundert bis Anfang<br />

<strong>des</strong> 2. Jahrhunderts n. Chr. – entgegen der bislang vertretenen<br />

Meinung – auch auf tieferliegenden Flächen möglich gewesen war,<br />

Hinweis auf einen niedrigen Wasserstand <strong>des</strong> Bodensees.<br />

Ab der zweiten Hälfte <strong>des</strong> 3. Jahrhunderts n. Chr. ist aber<br />

mit Hochwasserständen zu rechnen, die die Erosion eines Landstreifens<br />

im seeseitigen Bereich <strong>des</strong> Münsterhügels von unbekannter<br />

Breite und Länge verursachten und so die besiedelbare Fläche<br />

reduzierten (Grabungsergebnisse in der Hofhalde 1995).<br />

Auch in der Frühzeit der Stadtentwicklung waren die Bewohner<br />

an natürliche Vorgaben gebunden. Hafenausbau und Baulandgewinnung<br />

der hochmittelalterlichen Stadt führten zu einer Überformung<br />

der Urlandschaft. Eine schrittweise erfolgte Höherlegung<br />

von Landstegen oder der künstlichen Landzungen dürfte einen<br />

Anstieg <strong>des</strong> Wasserstan<strong>des</strong> <strong>des</strong> Bodensees anzeigen, wobei in Erwägung<br />

zu ziehen ist, ob es nur natürliche oder auch anthropogen<br />

bedingte Ursachen waren.<br />

Urwald oder Kulturlandschaft?<br />

Archäologische und botanische Fragen zum Mythos der Siedlungsgründung an<br />

Beispielen <strong>des</strong> 12. und 13. Jahrhunderts aus dem Kanton Bern (Schweiz)<br />

Daniel Gutscher, Bern<br />

Nun beliebte es Hertzog Berchtolden, in dem Eich-Wald darinn unnd<br />

davon die Statt gebawet werden sollte, ein kurtzweiliges Gejägt<br />

anzusehen, und als <strong>für</strong> das erste Gewild den Jägern ein starcker<br />

Bär <strong>für</strong>kommen, welchen sie auch ihrem begehren nach erlegten,<br />

und denselben Berchtoldo ihrem thewren Fürsten zubrachten,<br />

nahme ihme bemelter Fürst diesen so namhafften fang zu einer<br />

erwünschten Vordeutung an, unn entschlosse sich, die newe Statt<br />

im Sack Aareschlaufe dem Bären nach Bern zu nennen.....<br />

Gründungsaussage Berns, nach Stettler 1623/24<br />

Erzählungen von Städten und Klöstern gehen immer wieder davon<br />

aus, vor der Gründung sei der Platz vollkommene Wildnis gewesen.<br />

Es ist der Topos der Wildnis – nicht der Gründung im Grünen –, der<br />

von der Zeit der ersten Klostergründung irischer Wandermönche<br />

bis zu den spätmittelalterlichen Stadtgründungen festen Bestand-


teil, gleichermassen biologische Voraussetzung diverser Gründungen<br />

bildet.<br />

Selbstverständlich glaubt die heutige <strong>Archäologie</strong> diese Legenden<br />

nicht. Doch wie ist Gewissheit oder wenigstens eine<br />

plausiblere Hypothese zu gewinnen? Zahlreiche Untersuchungen<br />

grossflächiger Art und die etablierte gute Zusammenarbeit unseres<br />

archäologischen Dienstes <strong>des</strong> Kantons Bern mit dem botanischen<br />

Institut der Universität Basel boten in den letzten Jahren<br />

Gelegenheit zu entsprechenden Analysen archäologischer und<br />

botanischer Befunde.<br />

Der Beitrag geht von Beobachtungen in Trub (Neugründung<br />

eines Benediktinerklosters um 1120), Aarberg (Stadtgründung um<br />

1220/25), Laufen (Stadtgründung um 1275) und Unterseen<br />

(Stadtgründung 1279) aus. Dabei wird deutlich, dass mit Hilfe der<br />

Naturwissenschaften, hier der Botanik, neue Erkenntnisse, nämlich<br />

konkrete Landschaftsbilder, zu gewinnen sind, die zu vollgültigen<br />

historischen Quellen der Ortsgeschichte werden.<br />

Eine Kulturlandschaft soweit das Auge reicht!<br />

Die spätmittelalterliche Stadt Laufen (CH) im Fokus der Disziplinen <strong>Archäologie</strong><br />

und Botanik<br />

»Die Dreifelderwirtschaft, die sich seit dem Hochmittelalter ausbreitete,<br />

und die im Zuge <strong>des</strong> hochmittelalterlichen Lan<strong>des</strong>ausbaues<br />

entstandene, intensiv bewirtschaftete bäuerliche Kulturlandschaft<br />

sind elementare Voraussetzungen <strong>für</strong> die Entfaltung <strong>des</strong><br />

Städtewesens und <strong>für</strong> den Aufschwung der europäischen Wirtschaftsmacht.«<br />

(W. Rösener, Bauern im Mittelalter, München 1987,<br />

S. 57).<br />

Der Stadtwerdungsprozeß in der Landschaft war verbunden<br />

mit einer tiegreifenden Umgestaltung der Umwelt. Die Verflechtung<br />

zwischen Stadt und Umland waren sehr komplex und vielfältig,<br />

zumal die Agrarwirtschaft im Wirtschaftsleben der vorindustriellen<br />

Stadt noch ein sehr bedeuten<strong>des</strong> Gewicht hatte.<br />

Der archäologische Dienst <strong>des</strong> Kantons Bern führte 1987 und<br />

1988 Ausgrabungen im Bereich <strong>des</strong> Rathausplatzes in Laufen<br />

(Nordwestschweiz) durch. Dabei wurden Reste einer in Fachwerkbauweise<br />

errichteten Häuserzeile <strong>des</strong> späten Mittelalters zutage<br />

gebracht. Da zu der mittelalterlichen Stadt Laufen nur spärliche<br />

Schriftquellen vorliegen, lieferten die archäologischen Befunde und<br />

Funde wertvolle Informationen zur Stadtgeschichte und zum natürlichen<br />

Umfeld. Aussagen zum natürlichen Lebensraum der Bewohner<br />

lassen sich vor allem aus den reichhaltigen Pflanzenfunden<br />

gewinnen.<br />

Die Synchronisierung der archäologischen Quellen mit den<br />

aus der schriftlichen Überlieferung gewinnbaren Erkenntnissen<br />

zeigt, daß die Gründung der Stadt Laufen in Anlehnung an einen<br />

bereits bestehenden und herrschaftlich organisierten Siedlungsund<br />

Wirtschaftsraum geschah, der im Zuge der Stadtgründung<br />

topographisch und rechtlich neu strukturiert wurde. Die 1141 erstmals<br />

erwähnte »curtis loufen« bestand bis weit in das 15. Jahrhundert<br />

hinein.<br />

Das spätmittelalterliche Laufen war eine Kleinstadt mit nur<br />

einigen hundert Einwohnern. Die unmittelbare Umgebung der Stadt<br />

war im 14. Jahrhundert eine durchstrukturierte, agrarisch genutz-<br />

Sabine Karg, Leiden<br />

Jochem Pfrommer, Tübingen<br />

31


Literatur<br />

Sabine Karg, Ernährung und Agrarwirtschaft in der<br />

spätmittelalterlichen Stadt Laufen (Schweiz).<br />

Paläoethnobotanische Funde aus der Holzhäuserzeile<br />

am Rathausplatz. Dissertationes Botanicae Bd.<br />

262, Berlin-Stuttgart 1996.<br />

Jochem Pfrommer u. a., Laufen-Rathausplatz: Die<br />

Ergebnisse der Grabungskampagnen 1988 und<br />

1989. Ein Beitrag zu Alltag, Hausbau und Sachkultur<br />

in einer mittelalterlichen Kleinstadt der Nordwestschweiz<br />

(erscheint im November 1999).<br />

32<br />

te Landschaft. Der Wald am nahegelegenen Jurafluß war sehr licht<br />

und diente vor allem der Waldweide, bot jedoch auch <strong>für</strong> wildwachsende<br />

Beeren und Haselnüsse ideale Wachstumsbedingungen.<br />

Sortenreiche Obst- und Nußbäume haben das Ackerland umsäumt.<br />

Die landwirtschaftlichen Nutzflächen auf den fruchtbaren Lößlehmen<br />

und Braunerden <strong>des</strong> Laufener Beckens waren, wie wir den<br />

Unkrautspektren entnehmen konnten, im Turnus der Dreifelderwirtschaft<br />

bebaut.<br />

Diese Organisationsform wurde bis in die Neuzeit beibehalten.<br />

Eine 1771 von dem Geometer Brunner erstellte Karte zeigt<br />

eine bis ins Detail strukturierte Kulturlandschaft um die Stadt Laufen<br />

herum. Die erkennbare Flächennutzung wurzelt vermutlich<br />

bereits in den Agrarstrukturen <strong>des</strong> Mittelalters.<br />

Das Werden der Kulturlandschaft, wie wir es mit den Pflanzenfunden<br />

fassen konnten, ist geprägt von den Prämissen <strong>des</strong><br />

Siedlungs- und Wirtschaftsraumes, wie er uns fragmentarisch in<br />

den Schriftquellen <strong>des</strong> 12./13. Jahrhunderts überliefert ist. Die<br />

Gründung der Stadt Laufen stellte zwar einen beträchtlichen Eingriff<br />

in die Landschaft dar, diese behielt jedoch ihr agrarisches<br />

Gepräge bei.<br />

Wasserversorgung und Müllbeseitigung auf Lübecker<br />

Grundstücken im 12. und frühen 13. Jahrhundert<br />

Gabriele Legant-Karau,<br />

Lübeck<br />

Literatur<br />

Gabriele Legant-Karau, Zur Siedlungsgeschichte <strong>des</strong><br />

ehemaligen Lübecker Kaufleuteviertels im 12. und<br />

frühen 13. Jahrhundert. Nach den ältesten Befunden<br />

der Grabung Alfstraße-Fischstraße-Schüsselbuden,<br />

1985-1990, Dissertation Hamburg 1998,<br />

in Vorbereitung <strong>für</strong>: Lübecker Schriften zu <strong>Archäologie</strong><br />

und Kulturgeschichte 28.<br />

In der 1159 erneut gegründeten Stadt Lübeck führte die zunehmende<br />

Verdichtung der Bebauung durch den raschen Zuzug von<br />

Neusiedlern bereits im ausgehenden 12. Jahrhundert zu Bodenbelastungen<br />

und hygienischen Problemen. In welcher Weise die<br />

Einwohner auf die wachsenden Ver- und Entsorgungsprobleme in<br />

den ersten Jahrzehnten nach der Stadtgründung reagierten, läßt<br />

sich anhand <strong>des</strong> archäologischen Befun<strong>des</strong> im ehemaligen Lübekker<br />

Kaufleute- und Gründerviertel nachvollziehen.<br />

Dort konnten durch die großflächigen Ausgrabungen zwischen<br />

der Alfstraße und der Fischstraße in den Jahren zwischen 1985<br />

und 1990 bzw. 1994 und 1996 neue Befunde zur baulichen Entwicklung<br />

und erstmals auch zur räumlichen Anordnung der<br />

Infrastrukturanlagen auf den Grundstücken privater Nutzung gewonnen<br />

werden. Die breite Materialbasis ermöglicht detaillierte<br />

Aussagen zur Chronologie und Konstruktion sowie zum Lagebezug<br />

der Brunnen und Kloaken, Häuser und Grundstücksgrenzen im 12.<br />

und frühen 13. Jahrhundert. Für die Entsorgungsanlagen ist eine<br />

bauliche Entwicklung von einfachen, dann auch holzausgesteiften<br />

Gruben über ausgesteifte Holzschächte bis zu überbauten Schächten<br />

festzustellen.<br />

Die Brunnen unterscheiden sich konstruktiv in Faß-, Baumstamm-<br />

und Kastenbrunnen. Ihre unterschiedliche Eintiefung läßt<br />

den Rückschluß auf Anlagen mit provisorischer und längerfristiger<br />

Sicherstellung der Frischwasserversorgung zu.<br />

Die Aufbauphase der Stadt Lübeck ist gekennzeichnet durch<br />

einen Wandel der privaten Infrastruktureinrichtungen. Dieser spiegelt<br />

die Entwicklung von einem zunächst geschlossenen Kreislauf<br />

auf den anfangs großräumigen Hofstellen der Urparzellen mit Abfallgruben,<br />

Fäkaliendüngung der Hausgärten und einer Wasserversorgung<br />

durch Fluß- und Quellwasser und provisorische Brunnenanlagen.


Abb. 1: Hansestadt Lübeck, Alfstraße-Fischstraße-Schüsselbuden. Siedlungsperioden II-V, Übersichtstafel zur<br />

Entwicklung der Brunnen im ehemaligen Kaufleuteviertel, 1159-1300.<br />

33


Abb. 2: Hansestadt Lübeck, Alfstraße-Fischstraße-Schüsselbuden. Siedlungsperioden II-VII, Übersichtstafel zur<br />

Entwicklung der Kloaken im ehemaligen Kaufleuteviertel, 1159-1850.<br />

Dr. Gabriele Legant-Karau<br />

Bereich <strong>Archäologie</strong> der Hansestadt<br />

Lübeck, Meesenring 8, 23539 Lübeck, Tel.<br />

0451/1227161<br />

34<br />

Mit Aufteilung der Urparzellen in dicht bebaute Stadthöfe<br />

beginnt im letzten Viertel <strong>des</strong> 12. Jahrhunderts eine Übernutzung<br />

<strong>des</strong> Bodens. Da die Brunnen- und Kloakenschächte in dieselbe geologische<br />

Schicht eintiefen war eine Qualitätsverschlechterung <strong>des</strong><br />

Brunnenwassers nicht zu vermeiden. Diese führte um 1200 zu<br />

einer Aufgabe der Brunnen in den Hinterhöfen der Kleinparzellen<br />

und zu einer Verlagerung in den Straßenraum.


Trink-, Ab- und Hochwasser im mittelalterlichen<br />

Regensburg<br />

Die archäologischen, bauhistorischen und archivalischen Forschungen<br />

der letzten Jahre waren schwerpunktmäßig der mittelalterlichen<br />

Wasserversorgung gewidmet, da sich in Regensburg, wie in<br />

keiner anderen Stadt, eine Reihe von Brunnenhäusern und Quellfassungen<br />

in nahezu unveränderter Form erhalten haben. Wie auch<br />

an anderen Plätzen sind es in erster Linie die Klöster, die sich<br />

durch aufwendige Baumaßnahmen (z. B. Emmeramer Leitung von<br />

mehreren Kilometern Länge) um eine Versorgung mit sauberem<br />

Trinkwasser bemüht haben. Der Vortrag soll daher in Kürze die<br />

erhaltenen romanischen Brunnstuben vorstellen (Kloster Prüll, St.<br />

Emmeram, Kloster Prüfening und Vitusquelle).<br />

Der Vitusbach und sein Verlauf innerhalb der mittelalterlichen<br />

Stadt bietet ein hervorragen<strong>des</strong> Beispiel der vielfältigen Nutzung<br />

<strong>des</strong> Wassers: zunächst in der Karolingerzeit als zusätzliches<br />

Hindernis an die römische Stadtmauer geleitet, entwickelt sich der<br />

Bach zum Träger der Abwasserversorgung schlechthin. Daraus<br />

ergibt sich auch die Lage der Wasserverbraucher und -verschmutzer:<br />

an der Quelle noch als Brauchwasser vom Wirtschaftshof<br />

<strong>des</strong> Klosters Prüll genutzt, wird er zum Mühlbach und landwirtschaftlich<br />

genutztem Wasser, beim eintreten in die Stadt ist er<br />

gerade noch so sauber um das Vieh zu tränken um dann zunehmend<br />

zu verschmutzen bis hin Abtransport der Metzgereiabfälle<br />

beim Fleischerhaus an der Einmündung in die Donau.<br />

Das Leben am Fluß war auch in Regensburg mit der Gefahr<br />

von Hochwässern verbunden. Anhand archäologischer Untersuchungen<br />

lassen sich neue Erkenntnisse zu diesen Hochwässern erarbeiten,<br />

sowohl zu den Hochwasserständen als auch zur Entwicklung<br />

der Landschaft um Regensburg (Beispiel Irl). Gerade im Vergleich<br />

zur römischen Zeit läßt sich belegen, daß aufgrund von Klima- und<br />

Umweltveränderungen – wohl speziell in Folge der großflächigen<br />

Rodungen nördlich der Donau – der Wasserstand der Flüsse stark<br />

angestiegen war und daß dies letztendlich zu den verheerenden<br />

Hochwässern <strong>des</strong> Mittelalters geführt hat.<br />

Silvia Codreanu-Windauer,<br />

Regensburg<br />

35


“Entscheidend ist, was hinten herauskommt...”<br />

Archäobiologische Untersuchungen von Latrinenfüllungen am Beispiel der<br />

Städte Basel und Schaffhausen<br />

Christoph Brombacher,<br />

André Rehazek &<br />

Marcel Veszeli, Basel<br />

1 An der Bearbeitung der verschiedenen Fundstellen<br />

waren ausser den Autoren auch Heide Hüster-<br />

Plogmann, Cristina Kestenholz und Marlies Klee beteiligt.<br />

2 Ein Beispiel da<strong>für</strong> geben uns die Kadaver von jungen<br />

Katzen, welche wohl als unerwünschter Nachwuchs<br />

in den Latrinen ”entsorgt” wurden.<br />

36<br />

Im Zuge einer intensiven Ausgrabungstätigkeit sind in Basel und<br />

Schaffhausen in den letzten 15 Jahren über 100 Latrinen archäologisch<br />

untersucht worden. Während in früheren Jahren nur in seltenen<br />

Fällen Sedimentreste aus den Fäkalschichten <strong>für</strong> archäobiologische<br />

Untersuchungen entnommen wurden, war dies ab Anfang<br />

der neunziger Jahre – dank einer engeren Zusammenarbeit<br />

mit den zuständigen archäologischen Ämtern – wesentlich häufiger<br />

der Fall. Damit waren die Voraussetzungen geschaffen, dass<br />

die Tier- und Pflanzenreste aus bisher ca. 30 Latrinen analysiert<br />

und ausgewertet werden konnten. Der überwiegende Teil <strong>des</strong> Fundmaterials<br />

stammt dabei aus Schaffhausen. Aus Basel liegen bis<br />

heute Ergebnisse von 3 Latrinenfundstellen vor 1 .<br />

Die untersuchten Latrinen datieren in den Zeitraum vom 11.<br />

bis ins 17. Jahrhundert, wobei ein Grossteil der Fundstellen aus<br />

dem 12. bis 14. Jahrhundert stammt. Sie verteilen sich vor allem<br />

in Schaffhausen über das gesamte mittelalterliche Stadtgebiet und<br />

erlauben es uns, die Entsorgungseinrichtungen von Bewohnern ganz<br />

unterschiedlichen Stan<strong>des</strong> zu fassen: von Handwerkern, von<br />

Klosterbewohnern und von Angehörigen einer sozialen »Oberschicht«<br />

(Brombacher/Rehazek 1999a). Für Basel ist die Quellenlage<br />

z.Zt. noch weniger gut, doch haben auch hier neuere Untersuchungen<br />

zu einem wesentlich differenzierteren Bild der Nahrungsversorgung<br />

<strong>des</strong> mittelalterlichen Menschen beitragen können<br />

(Brombacher et al. 1999). In einigen Fällen war es dabei sowohl in<br />

Schaffhausen als auch in Basel möglich, aufgrund <strong>des</strong> Vergleichs<br />

von schriftlichen Quellen und archäologischem Befund direkt auf<br />

den »Speiseplan« der früheren Benutzer der Latrinen zu schliessen<br />

(SH-Kloster Allerheiligen: Brombacher/Rehazek 1999b; BS-<br />

Reischacherhof: Schibler/Hüster-Plogmann 1996).<br />

Methodisch wurde so vorgegangen, dass die Sedimentreste<br />

im Labor in einer Siebkolonne mit einer Maschenweite von 0.35–<br />

8 mm geschlämmt wurden. Anschliessend erfolgte eine Trennung<br />

der organischen Bestandteile in pflanzliche und zoologische Reste,<br />

welche dann unter dem Binokular mit 6- bis 40-facher Vergrösserung<br />

bestimmt wurden. In den wenigen Fällen, in denen die<br />

Funde in einem dauernd feuchten Milieu unter Luftabschluss lagerten,<br />

war ihre Erhaltung meist gut. Häufiger waren jedoch die<br />

Fäkalschichten der Latrinen zum Zeitpunkt der Ausgrabung bereits<br />

ausgetrocknet, was sich negativ auf die Erhaltung und Bestimmbarkeit<br />

der Nahrungsreste auswirkte.<br />

Bei der Interpretation der Artenzusammensetzung ist also<br />

zu beachten, dass die erhaltenen Reste nur einen Ausschnitt <strong>des</strong><br />

früheren Nahrungsspektrums repräsentieren. Dies kommt auch daher,<br />

dass durch den Verdauungsprozess Teile der Nahrung vollständig<br />

zersetzt werden und damit nicht mehr im archäobiologischen<br />

Fundmaterial auffindbar sind.<br />

Latrinen wurden aber nicht nur als Toiletten genutzt. Sie dienten<br />

auch als Abfallgruben <strong>für</strong> Bauschutt, Haushalts- und Küchenabfälle<br />

sowie z.B. zur Tierkadaverentsorgung 2 . In diesen sog. »Auffüllschichten«<br />

finden sich auch häufig verkohlte Getreidekörner,<br />

welche aus Ascherückständen von Herdfeuern stammen. Die Asche<br />

wurde vermutlich als Geruchsbindemittel verwendet. Aber auch<br />

eine grosse Menge von relativ grob fragmentierten Tierknochen


aus Küchenabfällen, sind regelmässig in den Verfüllschichten der<br />

Latrinen zu finden.<br />

Die Fäkalienschichten der Latrinen weisen hinsichtlich ihrer<br />

Pflanzen- und Tierartenzusammensetzung im Grossen und Ganzen<br />

folgende Gemeinsamkeiten auf: So sind sehr häufig Obst-, Gemüse-<br />

und Gewürzfunde belegt sowie eine grosse Anzahl und Vielfalt<br />

von Fisch- und Geflügelüberresten nachgewiesen. Die oft in<br />

Massen auftauchenden Erdbeer-, Brombeer- und Weintraubenkerne<br />

können dabei als typische Fäkalienzeiger gelten, da sie praktisch<br />

unverdaulich sind und den menschlichen Verdauungstrakt nahezu<br />

unversehrt überstehen. Neben den Fischresten sind häufig auch<br />

Reste von Hausgeflügel (Huhn und Gans), Wildvögeln (vor allem<br />

Singvögel) sowie von Fröschen und Schnecken (Schalen und<br />

Verschlussdeckel) im archäobiologischen Material vorhanden. Sie<br />

belegen, dass Tierarten verzehrt wurden, die auch noch heute als<br />

Spezialitäten gelten. Während bei den zoologischen Resten bestimmte<br />

Oberflächen- und Formveränderungen darauf hinweisen,<br />

dass sie den menschlichen Darmtrakt passiert haben, ist dies bei<br />

den Pflanzenresten nur selten der Fall. So kann z.B. nicht entschieden<br />

werden, ob Kirschenkerne beim Essen mitgeschluckt und<br />

später wieder ausgeschieden wurden, oder als unzerkauter „Essensabfall”<br />

in die Latrine gelangten.<br />

Abb. 1: Zusammenstellung der archäobiologisch<br />

untersuchten Latrinenkomplexe<br />

(Fäkalschichten) aus Basel und<br />

Schaffhausen<br />

37


Literatur<br />

Christoph Brombacher, André Rehazek (1999a):<br />

Ein Beitrag zum Speisezettel <strong>des</strong> Mittelalters.<br />

Archäobiologische Untersuchungen von Latrinen<br />

am Beispiel der Stadt Schaffhausen. <strong>Archäologie</strong><br />

der Schweiz 22/1 (1999), 44–48.<br />

Christoph Brombacher, André Rehazek (1999b):<br />

Besonderheiten der einzelnen Klosterlatrinen aus<br />

archäobiologischer Sicht. In: Kurt Bänteli et al.<br />

(Hg.): Das Kloster Allerheiligen in Schaffhausen.<br />

Schaffhauser <strong>Archäologie</strong> 4 (1999), 229–230.<br />

Brombacher et al. 1999: Christoph Brombacher,<br />

Guido Helmig, Heide Hüster-Plogmann, Marlies<br />

Klee, Philippe Rentzel, Sylvia Rodel, Marcel<br />

Veszeli: …und was davon übrigbleibt – Untersuchungen<br />

an einem mittelalterlichen Latrinenschacht<br />

an der Bäumleingasse 14 (1992/20).<br />

Jahresbericht der Archäologischen Bodenforschung<br />

Basel-Stadt 1998 (1999), 93–131.<br />

Jörg Schibler, Heide Hüster-Plogmann (1996):<br />

Tierknochenfunde aus mittelalterlichen Latrinen<br />

als Informationsquelle zur Wirtschafts-, Sozial-,<br />

Kultur- und Umweltgeschichte. In: Historisches<br />

Museum Basel (Hg.): Fundgruben – Stille Örtchen<br />

ausgeschöpft (1996), 77-86.<br />

38<br />

Unter den Pflanzenfunden sind weder in Schaffhausen noch in Basel<br />

ausgesprochen »exotische« Taxa nachgewiesen. Es dominieren<br />

unter den Früchten einheimische Arten wie Kirsche, Pflaume,<br />

Schlehe, Apfel und Birne. Seltener sind dagegen Holunder, Hagebutten<br />

oder Nüsse vorhanden. Neben dem Kulturobst ist eine überraschend<br />

grosse Vielfalt an Wild- oder Sammelfrüchten konsumiert<br />

worden (v. a. Erdbeeren, Himbeeren, Brombeeren neben den schon<br />

erwähnten Schlehen, Hagebutten und Holunder). An Gewürzen<br />

konnten z. B. Dill, Sellerie, Kümmel und Fenchel bestimmt werden.<br />

Von den Gemüse- und Salatpflanzen sind insbesondere von Portulak<br />

häufigere Funde zu vermerken.<br />

Die Funde von Feigen, Melonen, Koriander und Pfirsichen in<br />

den Latrinen <strong>des</strong> »Hauses zur Treu« und <strong>des</strong> Klosters Allerheiligen<br />

in Schaffhausen zeugen dagegen von einer etwas aussergewöhnlicheren<br />

Nahrungszusammensetzung. Bei diesen Pflanzen ist ein<br />

Import nicht auszuschliessen und sie geben uns somit einen Hinweis<br />

auf die möglicherweise sozial höhere Stellung ihrer Konsumenten.<br />

Bemerkenswert ist in diesen Latrinen (14. Jahhundert)<br />

auch der zeitlich recht frühe Nachweis von Maulbeeren. Diese Frucht<br />

wird in den Basler Schriftquellen beispielsweise erst im 16. Jahrhundert<br />

erwähnt. Maulbeeren dienten der Sirup- und Latwergenherstellung,<br />

konnten aber auch zum Färben <strong>des</strong> Weins verwendet<br />

werden. Besonders in Klöstern wurde im Mittelalter häufig ‚vinum<br />

moratum‘ (Maulbeerwein) getrunken.<br />

Speziell zu erwähnen sind Nachweise der Mispel aus der Mönchslatrine<br />

<strong>des</strong> Klosteres Allerheiligen von Schaffhausen. Diese Pflanze<br />

mit kleinen braunen apfelähnlichen Früchten ist in verschiedenen<br />

schriftlichen Quellen auch erwähnt. Sie ist erst bei Überreife<br />

oder nach längerer Lagerung roh geniessbar, wurde aber sehr geschätzt<br />

zum Gelieren von Marmelade, zum Mosten und Schnapsbrennen.<br />

Unter den Fischen sind meist einheimische Arten wie Bachforelle,<br />

Lachs, Flussbarsch/Egli, Felchen sowie verschiedene karpfenartige<br />

Fische nachgewiesen. Die lachsartigen Fische sowie der Egli<br />

gelten auch heute noch als besonders schmackhafte Speisefische.<br />

Sie wurden beispielsweise in der zur Infirmerie gehörenden Latrine<br />

<strong>des</strong> Klosters Allerheiligen in Schaffhausen überproportional häufig<br />

gefunden und könnten als stärkende Krankenkost verabreicht worden<br />

sein.<br />

Als einzige sicher importierte Art kann der Hering gelten, der<br />

in der Latrine Bäumleingasse 14 (13. Jh.) in Basel nachgewiesen<br />

wurde und damit Handelsbeziehungen der Stadt in die Nord- bzw.<br />

Ostseeregion belegt. In dieser Latrine fanden sich ausserdem in<br />

grossen Mengen die Überreste von Groppen/Mühlkoppen. Dieser<br />

heute seltene, ca. 10-20 cm grosse bodenbewohnende Fisch<br />

schnellfliessender und sauberer Flüsse, welcher auch in mehreren<br />

Schaffhauser Latrinen nachgewiesen wurde, hatte im Mittelalter<br />

und der frühen Neuzeit offensichtlich eine wesentlich grössere Bedeutung<br />

<strong>für</strong> die Ernährung als bisher angenommen.<br />

Einigen Latrinen gemeinsam ist die geringe Grösse eines Grossteils<br />

der Fische (max. 10 cm). Da wir aus einigen mittelalterlichen Schriftquellen<br />

darüber informiert sind, dass sehr kleine, vor allem lachsartige<br />

Fische (»pisces minuti«) als besonders fettreich und nahrhaft<br />

galten, können wir annehmen, dass wir bei einigen der vorliegenden<br />

Befunde Überreste von stärkenden Fastenspeisen (Mönchslatrine<br />

<strong>des</strong> Klosters Allerheiligen in Schaffhausen) oder von Krankenkost<br />

(Latrinen aus dem Reischacherhof in Basel und der<br />

Infirmerie <strong>des</strong> Klosters Allerheiligen in Schaffhausen) fassen.<br />

Wie die Ergebnisse unserer Untersuchungen zeigen, ist es<br />

möglich, auch noch nach Jahrhunderten kleinste Details aus dem


Alltagsleben <strong>des</strong> mittelalterlichen Menschen zu rekonstruieren. Deshalb<br />

ist es auch in Zukunft von grosser Wichtigkeit, auf Ausgrabungen<br />

Probenmaterial von Latrinen zu entnehmen und zu analysieren.<br />

Unerlässlich <strong>für</strong> eine sinnvolle Interpretation der Befunde<br />

erscheint uns in diesem Zusammenhang die interdisziplinäre Zusammenarbeit<br />

verschiedener Fachrichtungen wie z.B. Archäozoologie/-botanik,<br />

<strong>Archäologie</strong>, Sedimentologie, Geschichte und<br />

Parasitologie.<br />

Schwermetallbelastung historischer Berg- und<br />

Hüttenleute<br />

Biomonitoring mit archäometrischen Methoden<br />

Etwa seit dem Hochmittelalter läßt sich <strong>für</strong> Kontinentaleuropa eine<br />

zunehmende Umweltbelastung durch die Emission anthropogener<br />

Schadstoffe feststellen, die als Ergebnis technologischer Entwicklung,<br />

gewerblicher Konzentration und fortschreitender Urbanisierung<br />

im Zuge <strong>des</strong> Lan<strong>des</strong>ausbaus zu sehen ist. Insbesondere<br />

die Gewinnung und Verarbeitung von Erzen führte zu einem steigenden<br />

Eintrag schädigender Substanzen in die Biosphäre. Die<br />

Folgen hiervon sind noch heute in Form sog. geochemischer hot<br />

spots nachweisbar, deren Schwermetallgehalte die natürlicherweise<br />

anstehenden Konzentrationen um ein Vielfaches übersteigen. Diese<br />

Art von Umweltschädigungen mit ihren Konsequenzen <strong>für</strong> veränderte<br />

Lebensbedingungen lassen sich auch <strong>für</strong> historische Bevölkerungen<br />

rekonstruieren. Der analytische Zugang ist über die Bestimmung<br />

von Schwermetallgehalten in bodengelagerten Skelettfunden<br />

gegeben und erlaubt die Erkennung und Bewertung möglicher<br />

Akkumulationen von Schadstoffen und damit einen Beitrag<br />

zu einem historischen Biomonitoring.<br />

Von Bevölkerungen aus zwei traditionellen Bergbaugebieten,<br />

dem Harz und dem Südschwarzwald, wurden Knochen- bzw. Zahnproben<br />

auf ihren Gehalt der toxischen Schwermetalle Blei, Cadmium,<br />

Arsen und Antimon hin analysiert. In beiden Fällen war jeweils die<br />

Zuordnung der Skelettpopulationen zu Metallverarbeitung (silvani,<br />

Harz, 18. Jhdt.) bzw. Erzgewinnung (montani, Schwarzwald, 13.<br />

Jhdt.) bekannt. Damit stehen Referenzdaten zur Verfügung, über<br />

die empirisch bestimmte Schadstoffkonzentrationen direkt mit<br />

berufsbedingten Expositionen historischer Zeit in Verbindung gebracht<br />

werden können. Die im Skelett gemessenen Schwermetallgehalte<br />

nehmen mit steigendem Individualalter zu und verweisen<br />

damit auf eine kontinuierliche Exposition zu Lebzeiten. Für das<br />

Element Blei liegen die Konzentrationen bis zu 100-fach über den<br />

Werten vormetallzeilicher und vorindustrieller Bevölkerungen. Auffällig<br />

ist das Fehlen von Konzentrationsunterschieden zwischen<br />

den Geschlechtern. Die historische und mögliche prospektive Bedeutung<br />

der Befunde wird diskutiert.<br />

Abbildung 1: siehe nächste Seite<br />

Holger Schutkowski &<br />

Alexander Fabig, Göttingen<br />

Literatur<br />

Fergusson JE (1990) The heavy elements:<br />

Chemistry, environmental impact and health<br />

effects. Pergamon Press, Oxford<br />

Grupe G (1991) Anthropogene Schwermetallkonzentrationen<br />

in menschlichen Skelettfunden.<br />

Zeitschrift <strong>für</strong> Umweltchemie und -kotoxikologie 3:<br />

226-229<br />

Schutkowski H (1994) Spurenelementanalysen. In:<br />

Herrmann B (Hrsg) Archäometrie. Naturwissenschaftliche<br />

Analyse von Sachüberresten, pp 67-<br />

86. Springer Verlag, Berlin<br />

39


Abb. 1: Mittlere Bleikonzentrationen in<br />

den Skeletten von Berg- und Hüttenleuten<br />

im Vergleich mit der Schwermetallbelastung<br />

in Bevölkerungen, die nicht an<br />

Montanstandorten lebten. Mit »Schwarzwald«<br />

und »Harz« sind die im Text genannten<br />

Stichproben gekennzeichnet.<br />

Durch die Zunahme von Urbanisierung<br />

und Industrialisierung steigt das anthropogene<br />

Belastungsrisiko im Zeitverlauf.<br />

Historische Bergbaubevölkerungen waren<br />

ähnlich hohen Kontaminationen ausgesetzt,<br />

wie sie heute in Industrierevieren<br />

gemessen werden (verändert und<br />

ergänzt nach Schutkowski 1994).<br />

Mittelalterliche Bleiglasuren und ihre Giftigkeit<br />

Oliver Mecking &<br />

Gerhard Lagaly, Kiel<br />

40<br />

Bleiglasuren haben den Vorteil, daß sie aufgrund der niedrigen<br />

Schmelztemperatur von Bleioxiden transparente Glasuren bilden<br />

(Lehnhäuser 1985). Dieser Vorteil wurde schon sehr früh erkannt.<br />

Ihm steht der Nachteil der Bleilöslichkeit aus der Glasur entgegen.<br />

Deswegen werden heutzutage kaum noch Bleiglasuren verwendet,<br />

und wenn welche verwendet werden, unterliegen sie sehr strengen<br />

Grenzwerten. Diese Grenzwerte werden durch die DIN-Norm<br />

51032 festgelegt. Die Bleiaufnahme kann zu chronischen und akuten<br />

Vergiftungserscheinungen führen (Dekant 1994). Dieser Zusammenhang<br />

wurde schon im 19. Jh. erfaßt und fand seinen Ausdruck<br />

in dem Blei- und Zinkgesetz vom 27.7.1887, das einen strengen<br />

Grenzwert von 3 ppm bei der Extraktion mit 4 %iger Essigsäure<br />

festlegt. Die dem Gesetz zu Grunde liegende Beobachtung wurde<br />

schon hundert Jahre zuvor gemacht. Es wurde beschrieben,<br />

wie Bleivergiftungen aussehen und der Zusammenhang mit den<br />

Bleiglasuren hergestellt (z.B. Krünitz 1788). Aus dem 18. Jh. liegen<br />

zahlreiche Quellen vor, <strong>für</strong> die Jahrhunderte davor fehlen diese.<br />

Da die Glasurzusammensetzungen sich nicht deutlich geändert<br />

haben, ist davon auszugehen, daß die gleichen Symptome<br />

auch in den Jahrhunderten zuvor aufgetreten sind. Die Quellen<br />

geben nur ein unvollständiges Bild, da die Zusammenhänge der<br />

chronischen Bleivergiftung erst später erfaßt wurden. Deshalb<br />

wurde versucht, die Bleiabgabe über zwei andere Wege abzuschätzen.<br />

Zuerst wurden Bleiglasuren damaliger Zusammensetzung hergestellt<br />

und die Bleilöslichkeit bestimmt. Als zweiter Weg wurden<br />

bleiglasierte Scherben aus Eberswalde untersucht.<br />

Nachgemachte Glasuren Es wurden in Anlehnung an Mämpel 1994 unterschiedliche Glasuren<br />

hergestellt und mit 4 %iger Essigsäure <strong>für</strong> 24 h versetzt, um<br />

die maximale Bleilöslichkeit zu bestimmen. Die Bleilöslichkeit<br />

schwankt in einem sehr weiten Rahmen. Bei den eigenen Messungen<br />

wurden Werte zwischen 49 bis 3827 mg/dm 2 erhalten. Ähnliche<br />

Schwankungen wurden von Mämpel beobachtet. Sie kommen<br />

dadurch zustande, daß die Bleilöslichkeit bei Zuschlag von<br />

bestimmten Stoffen herauf, durch andere Stoffe herab gesetzt


wird. Eine weitere Schwierigkeit ist, daß unterschiedliche Konzentrationen<br />

eines Zuschlagstoffes ganz unterschiedlich wirken können.<br />

Als weitere Beeinflussung ist die Vorbehandlung der Glasurgrundstoffe<br />

zu nennen. Das Fritten der Glasuren kann die Bleilöslichkeit<br />

herabsetzen. Diese Summe der Faktoren macht es unmöglich,<br />

aus der Glasurzusammensetzung die ursprüngliche Bleiabgabe<br />

zu bestimmen, da sich die Faktoren gegenseitig beeinflussen.<br />

Die Messungen zeigen an, daß die Bleilöslichkeit sehr hoch<br />

gewesen sein muß.<br />

Es wurden 35 Scherben aus Eberswalde aus dem 13.–18. Jahrhundert<br />

untersucht. Dazu wurden zuerst alle Scherben <strong>für</strong> 24 h bei<br />

Raumtemperatur mit 4 %iger Essigsäure versetzt. Die Bleiwerte<br />

schwankten zwischen 1,9 bis 2045 mg/dm 2 . Der Mittelwert aus<br />

den Messungen ergab sich mit 266 mg/dm 2 . Da Essigsäure das<br />

sauerste Lebensmittel ist, wurden einige Scherben mit Wein, Bier,<br />

Apfelsaft versetzt, um den Einfluß <strong>des</strong> Kochens zu bestimmen<br />

wurden einige Scherben eine Stunde gekocht. Auch diese Werte<br />

schwankten in einem deutlichen Bereich. Die Mittelwerte zeigten<br />

den gleichen Verlauf wie die pH-Werte. Dieses Verhalten ist von<br />

modernen Glasuren bekannt (Frey und Scholze 1979). So ergibt<br />

sich die Reihenfolge von Bier über Wein zu Saft, wobei Saft die<br />

höchste Bleilöslichkeit bedingt.<br />

Man muß diese Werte auf Bleiblutwerte umrechnen, um die<br />

chronischen und akuten Vergiftungserscheinungen zu bestimmen.<br />

Dazu gibt Gross 1981 eine Formel an, bei der man nur die tägliche<br />

Bleiaufnahme kennen muß. Unter der Annahme, daß von dem Nahrungsmittel<br />

1 l pro Tag zu sich genommen wird, wurden die Bleiblutwerte<br />

berechnet (Abb. 1).<br />

Es zeigt sich, daß das Risiko sehr unterschiedlich ist. Für Saft<br />

und Wein ist von einem deutlichen Risiko <strong>für</strong> die damaligen Menschen<br />

auszugehen. Besonders groß sind die Gefahren, die beim<br />

Kochen auftreten können. Die Grapen in Eberswalde waren häufig<br />

glasiert und stellten eine ernste Gesundheitsgefahr <strong>für</strong> die Bevölkerung<br />

dar. Deshalb muß davon ausgegangen werden, daß je nach<br />

Nahrungszusammensetzung die Gesundheit der Menschen im Mittelalter<br />

durch Bleiglasuren deutlich beeinträchtigt wurde.<br />

Abb. 1. Berechnete Bleiblutwerte <strong>für</strong><br />

unterschiedliche Lebensmittel aus gemessenen<br />

Bleiabgaben von Scherben<br />

aus Eberswalde, Land Brandenburg<br />

Bleiabgabe an Eberswalder<br />

Scherben<br />

Literatur<br />

Dekant, W. (1994), Toxikologie <strong>für</strong> Chemiker und<br />

Biologen, Heidelberg, Berlin, Oxford 1994.<br />

Frey, E. und Scholze, H. (1979), Blei- und Cadmiumlässigkeit<br />

von Schmelzfarben, Glasuren und Emails<br />

in Kontakt mit Essigsäure und Lebensmitteln unter<br />

Lichteinwirkung, Berichte der <strong>Deutsche</strong>n Keramischen<br />

<strong>Gesellschaft</strong>, 56, S. 293–297.<br />

Gross, S.B. (1981), Human oral and inhalation<br />

exposures to lead: Summary of Kehoe balance<br />

experiments, Journal of toxicology and environmental<br />

health, 8,3, S. 333–377.<br />

Kruenitz, D.J.G. (1784), Oekonomische Encyklopaedie<br />

oder allgemeines System der Stadt- Haus- u.<br />

Landwirtschaft, in alphabetischer Ordnung, Neue<br />

Auflage, Fünfter Theil; Berlin Joachim Pauli, 1784.<br />

Lehnhäuser, W.(1985), Glasuren und ihre Farben,<br />

3. Auflage, Düsseldorf 1985.<br />

Mämpel, U. (1994), Die Bleiglasur in der Keramik,<br />

Köln 1994.<br />

Dipl. chem. Oliver Mecking,<br />

Prof. Dr. Dr. h.c. Gerhard Lagaly<br />

Institut <strong>für</strong> Anorganische Chemie,<br />

Ohlshausenstr. 40, 24098 Kiel<br />

41


Ein Sonderbestattungsplatz <strong>für</strong> Aussätzige im<br />

frühmittelalterlichen Rottenburg<br />

Holger Löwen, Tübingen<br />

42<br />

Im Stadtgebiet von Rottenburg gründeten die Römer unter Kaiser<br />

Domitian um 85 bis 90 n. Chr. die Siedlung Sumelocenna, die als<br />

politisches, wirtschaftliches und verwaltungstechnisches Zentrum<br />

<strong>des</strong> mittleren Neckarlan<strong>des</strong> eine besondere Bedeutung im römischen<br />

Südwestdeutschland erhielt. Um 260 n. Chr. bricht die<br />

Grenzverteidigung zusammen und der germanische Stammesverband<br />

der Alamannen erobert das Gebiet zwischen Rhein und Donau.<br />

Während die aus Stein erbauten Gebäude <strong>des</strong> römischen Sumelocennna<br />

zerfielen, errichteten die Alamannen dorfähnliche Siedlungen<br />

in der Umgebung und holten sich Baumaterial aus den Ruinen.<br />

Innerhalb dieser Ruinen wurden nun einige Bestattungen aus<br />

dem 7. Jh. n. Chr. gefunden, deren Lage von den sonst üblichen<br />

alamannischen Bestattungen abweicht. Bei anthropologischen Untersuchungen<br />

wurden an diesen Skeletten Spuren einer schweren<br />

Infektionskrankheit festgestellt. Aufgrund massiver krankhafter<br />

Skelettveränderungen am Gesichtsskelett und an Händen und Füßen<br />

ist die Infektion als Lepra zu diagnostizieren.<br />

Die Lepra ist eine chronische Infektionskrankheit, die durch<br />

das Mycobakterium leprae verursacht wird. Sie wird in mehrere<br />

Formen unterschieden, von denen jedoch nur eine, nämlich die<br />

Lepra lepromatosa, die Knochen befällt und zerstört. Diese Form<br />

führt neben den bekannten Hautveränderungen zu schweren Verstümmelungen<br />

an Händen und Füßen.<br />

Anthropologisch wurde die Lepra bislang nur in Dänemark an<br />

Skeletten aus dem 13. Jh. eindeutig nachgewiesen.<br />

Die Lepra ist eine der ältesten Seuchen der Menschheit. Uralte<br />

Heimstätten sind China und Indien; als engeres Ursprungsland<br />

<strong>für</strong> Europa gilt Ägypten. Die Truppen <strong>des</strong> Pompeius brachten im 1.<br />

Jh. v. Chr., besonders während <strong>des</strong> Syrischen Feldzugs (62 v. Chr.),<br />

die Seuche aus dem Nahen Osten nach Italien. Die Römer schleppten<br />

die Krankheit dann in die Provinzen Gallien und Spanien, so daß<br />

im 2. Jh. n. Chr. ganz Südeuropa und Frankreich verseucht war.<br />

Ob die Seuche jedoch auch auf Nachbarvölker der Römer,<br />

wie z. B. die Germanen, übergriff, blieb bislang unbekannt. Da schriftliche<br />

Nachrichten über die Lepra in Deutschland erst wesentlich<br />

später einsetzen, wird angenommen, daß sich die Krankheit hierzulande<br />

erst im 11. Jh. aufgrund der Kreuzzüge ausbreitete.<br />

Die Geschichte der Lepra wird nun durch neue Funde und<br />

Forschungen aus Rottenburg am Neckar neu beleuchtet.<br />

Die Auffindung der Skelette innerhalb der Ruinen <strong>des</strong> römischen<br />

Sumelocenna, also in einem begrenzten Gebiet, das weder<br />

landwirtschaftlich noch als Siedlungsfläche genutzt wurde, läßt<br />

auf eine Absonderung der Leprösen bereits im siebten Jahrhundert<br />

schließen.<br />

Somit sind die Skelette aus Rottenburg aus verschiedenen<br />

Gründen eine Sensation. Zum einen sind sie die ältesten bekannten<br />

Skelette mit den Anzeichen der Lepra. Andererseits liefern sie<br />

den Beweis <strong>für</strong> das Vorhandensein dieser Seuche in Süddeutschland,<br />

also außerhalb der römischen Reichsgrenzen, im 7. Jahrhundert.<br />

Drittens lassen sich durch den Grabungsfund wichtige sozialgeschichtliche<br />

Fragen zur Rolle der Leprösen in der damaligen <strong>Gesellschaft</strong><br />

erörtern. Nicht zuletzt sind sie aber auch <strong>für</strong> die Lokalgeschichte<br />

Rottenburgs von höchstem Interesse, da durch sie neues<br />

Licht auf die Situation in der Ruinenstadt im 7. Jahrhundert geworfen<br />

wird.


Zur Anthropologie <strong>des</strong> frühmittelalterlichen Kirchheim<br />

unter Teck<br />

Aus den 177 Gräbern, die 1970 ergraben wurden, sind Reste von<br />

167 Menschen überliefert. Sie werden seit 1982 von der Arbeitsgruppe<br />

<strong>für</strong> Bevölkerungsgeschichte am Universitätsklinikum Ulm<br />

mit wichtigen und innovativen Methoden bearbeitet. Diese neue<br />

Arbeitsstrategie zielt also nicht allein auf Methodenentwicklung<br />

und hat nicht nur eine Materialorientierung, sondern verknüpft<br />

bei<strong>des</strong>.<br />

Von folgenden Merkmalen und Methoden liegen ausgearbeitete<br />

Befunde vor: Geschlechts- und Altersdiagnosen (einschliesslich<br />

Zementannulation), Maße, Topologie, Epigenetik, Harris-Linien,<br />

Schmelzhypoplasien, Spurenelemente, Karies und Gelenksdegeneration.<br />

Die Auswertungsrichtungen sind Brauchrekonstruktion,<br />

Familienrekonstruktion, Vergleich mit anderen Gruppen und Sozialgliederung.<br />

Die bisher erschienenen Monographien sind in Mehrfertigung<br />

erhältlich.<br />

Aus dem Leben der alten Alemannen von Kirchheim lassen<br />

sich so einige Elemente rekonstruieren: Die Sterblichkeit ist hoch,<br />

die Lebenserwartung bei der Geburt liegt mit 24 Jahren auch <strong>für</strong><br />

vormoderne Gruppen recht niedrig. Dabei ist das massive<br />

Kleinkinderdefizit infolge eines vermuteten Sonderbestattungsbrauchs<br />

bereits korrigiert. Das Wachstum der Kinder steht unter<br />

recht hohem Stress. Bei der Altersverteilung der Harrisschen Linien<br />

als Zeuge von Wachstumseinbrüchen gibt es einen erwarteten<br />

Gipfel um die Pubertät, <strong>des</strong> weiteren aber eine Gipfel um 6 Jahre,<br />

der noch recht rätselhaft ist. Die Körperhöhe der Männer ist mit<br />

172,4 cm recht groß. Die Nahrung recht hartstoffreich, was zu<br />

starker und früher Abrasion der Zähne führt.<br />

Die Rekonstruktion der genetischen Familienverwandtschaft<br />

ergibt nur eine schwache Struktur, z. T. wegen der wenigen gefundenen<br />

Marker; multivariat sind nur zwei klare Gruppierungen<br />

erkennbar, univariat noch einige weitere.<br />

Eindrucksvoll ist die extrem hohe Kariesfrequenz von 22,5 %<br />

der Zähne (ICE = 28,1 %). Eine gezielte Prüfung unter Einbeziehung<br />

aller bisher bekannten süddeutschen Werte ergibt, dass da<strong>für</strong><br />

bevorzugt Umweltvariablen verantwortlich sind und nicht z. B.<br />

eine gruppencharakteristische Häufung von Schmelzinsuffizienz.<br />

Bei keinem Vergleich mit anderen Gruppen ragt Kirchheim auffällig<br />

heraus; damit ist anthropologisch nicht rekonstruierbar, dass dies<br />

ein zentraler oder Handelsplatz sei, wie dies archäologisch rekonstruiert<br />

wurde.<br />

Für die soziale Differenzierung wurde das Aussenkriterium<br />

der Qualität der Grabausstattung nach Christlein benutzt. Bei der<br />

Körperhöhe der Männer findet sich ein Unterschied von nur 2,9 cm<br />

zwischen den beiden fassbaren Gruppen. Dies mag Ausdruck einer<br />

sozial wenig geschichteten ländlichen Gemeinschaft sein, oder aber<br />

die mäßige Indikatorwirkung der Grabausstattung <strong>für</strong> die gesellschaftliche<br />

Skala von Macht, Prestige und Vermögen widerspiegeln.<br />

Nach Ausweis von Abrasion und Spurenelementen ist die<br />

Ernährung nur wenig sozial differenziert. Dies trifft auch auf die<br />

übrigen bisherigen Parameter zu.<br />

Friedrich W. Rösing, Ulm<br />

Abgeschlossene Arbeiten<br />

Ina Becker (1985) Zur Konstitution der frühgeschichtlichen<br />

Bevölkerung von Kirchheim unter<br />

Teck. Diplomarbeit Biologie. (Grundbearbeitung)<br />

Ralph Schürmann (1986) Soziale Differenzierung<br />

nach frühgeschichtlichen Ernährungsmustern am<br />

Beispiel von Zahnabrasionen in merowingerzeitlichen<br />

Bevölkerungen. Diplomarbeit Biologie.<br />

Wolfgang Grundgeir (1987) Soziale und geographische<br />

Differenzierungsmuster von Ernährung<br />

und Lebensweise in prähistorischen Zeiten, untersucht<br />

am Beispiel der extrem hohen Kariesfrequenz<br />

der Alemannen von Kirchheim/Teck.<br />

Lehramtsarbeit Biologie.<br />

Johann Sperl (1989) Analyse der Harris-Linien<br />

an den Skeletten <strong>des</strong> alemannischen Reihengräberfel<strong>des</strong><br />

von Kirchheim unter Teck. Dissertation<br />

Medizin.<br />

Gabriele Hug (1990) Zur Topologie <strong>des</strong> Schädels<br />

der Alemannen von Kirchheim unter Teck. Diplomarbeit<br />

Biologie.<br />

Gerlinde Höppler (1990) Epigenetische Varianten<br />

und Familienstruktur bei den merowingerzeitlichen<br />

Alemannen von Kirchheim/Teck. Diplomarbeit<br />

Biologie.<br />

Holger Schutkowski (1995) What you are makes<br />

you eat different things. Interrelations of diet<br />

status and sex in the early Medieval population<br />

of Kirchheim unter Teck, FRG. Human Evolution<br />

10, 119-130.<br />

Antje Ehlert (1996) Degenerative Gelenksveränderungen<br />

an den menschlichen Skelettfunden<br />

aus dem alemannischen Gräberfeld von<br />

Kirchheim unter Teck. Dissertation Medizin.<br />

Marian N. Haidle (1997) Mangel - Krisen - Hungersnöte?<br />

Ernährungszustände in Süddeutschland<br />

und der Nordschweiz vom Neolithikum bis in 19.<br />

Jh. Urgesch Mat’h 11, Mo Vince, Tübingen.<br />

(Schmelzhypoplasien)<br />

Laufende Arbeiten<br />

Svetla Balabanova: Nikotin<br />

Steffen Lenz (3/95) Alter Zementringe<br />

Kirchheim/Teck. Dissertation Zahnmedizin.<br />

Silke Rampf geb. Bodemar (3/96) Altersdiagnose<br />

Röntgen Zähne Kirchheim. Dissertation Zahnmedizin.<br />

Jos Launer (5/96) Epigenetik Zähne Kirchheim/<br />

Teck. Dissertation Zahnmedizin.<br />

Michael von der Heide (2/99) M3 Ulm und<br />

Kirchheim. Dissertation Zahnmedizin.<br />

43


<strong>Archäologie</strong> zum Anfassen<br />

Das Archäologische Spessartprojekt<br />

Gerhard Ermischer,<br />

Aschaffenburg<br />

44<br />

Das Archäologische Spessartprojekt befaßt sich mit der Kulturgeschichte<br />

<strong>des</strong> Spessart von der Steinzeit bis zur Gegenwart. In Zusammenarbeit<br />

mit verschiedenen Universitäten und Forschungsinstituten<br />

werden Umwelt- und Klimaveränderungen, Spuren der<br />

Waldnutzung und die gegenseitige Beeinflussung von Mensch und<br />

Natur untersucht. So zeigt sich der Spessart als eine vom Menschen<br />

geformte Kulturlandschaft, in der sich zahlreiche Zeugnisse<br />

menschlicher Aktivitäten aus mehr als acht Jahrtausenden erstaunlich<br />

gut erhalten haben.<br />

Man kann die Entwicklung <strong>des</strong> Spessart zum jetzigen Zeitpunkt<br />

kurz so skizzieren: Mit dem Einwandern von Bauern zu Beginn<br />

der Jungsteinzeit vor ca. acht Jahrtausenden begann die Rodung<br />

und intensive Nutzung <strong>des</strong> Wal<strong>des</strong>. Zahlreiche Rohstoffe<br />

weckten in der Folgezeit die Begehrlichkeit <strong>des</strong> Menschen: Holz<br />

<strong>für</strong> Bauholz und Holzkohle, das wichtigste Brennmaterial früher<br />

»Industrie«, Kupfer, Eisen, Salz und andere Materialien, und schließlich<br />

wieder Holz und Quarzsand zur Herstellung von Glas – aber<br />

natürlich auch Raum zur landwirtschaftlichen Nutzung und als<br />

Siedlungsfläche. Mit der intensiven Nutzung <strong>des</strong> Wal<strong>des</strong> setzte<br />

die Erosion ein, die in vorgeschichtlicher Zeit gewaltige Ausmaße<br />

annahm. Fast die gesamte Oberfläche <strong>des</strong> Spessart wurde dadurch<br />

verändert.<br />

Natürlich gab es auch Zeiten der Erholung <strong>für</strong> den Wald, so<br />

wahrscheinlich seit der späten Eisenzeit, in den Jahrhunderten<br />

unmittelbar vor der Zeitenwende. In römischer Zeit waren wohl<br />

nur die am Main gelegenen Ränder <strong>des</strong> Spessart intensiver genutzt,<br />

auch in den folgenden Jahrhunderten der Völkerwanderungszeit<br />

blieben die Hauptaktivitäten auf den Spessartrand beschränkt<br />

– wenn es auch Anzeichen <strong>für</strong> eine erneute Erschließung <strong>des</strong> Spessart<br />

entlang der wichtigsten Verkehrswege gibt. Im Mittelalter nahm<br />

der Druck auf den Wald jedoch erneut stark zu: Holzkohle und<br />

Glasproduktion, Waldweide und Rodungen zur Anlage von Siedlungen<br />

führten nicht nur zu einer teilweisen Entwaldung, auch der<br />

verbleibende Wald verkrüppelte und verarmte.<br />

Es waren die Pestepidemien im 14. Jahrhundert und der Dreißigjährige<br />

Krieg im 17. Jahrhundert, die den Druck auf den Wald<br />

zeitweise milderten – der dramatische Bevölkerungsverlust führte<br />

zur Aufgabe von wenig ertragreichen und schwer zu bearbeitenden<br />

Gebieten im Spessart, der Verbrauch an Rohstoffen wurde<br />

reduziert. Doch schon nach zwei bis drei Generationen erholte sich<br />

die Bevölkerung wieder, drang erneut in den Wald vor, der nur<br />

durch rigide Gesetze und Verordnungen vor der Vernichtung bewahrt<br />

werden konnte. Seit etwa 1790 begann das Kur<strong>für</strong>stentum<br />

Mainz mit einer systematischen Wiederaufforstung. Die industrielle<br />

Revolution führte im Spessart zu einer zunehmenden Verarmung.<br />

Die Holzkohle wurde durch Braun- und Steinkohle ersetzt,<br />

die mit Bahn und Schiff billig transportiert werden konnten. Die<br />

Glasproduktion brach zusammen, Eisen- und Mineralvorkommen<br />

waren zu unergiebig, um noch konkurrenzfähig zu sein. Die lokale<br />

Bevölkerung mußte sich wesentlich von der eigenen Landwirtschaft<br />

ernähren. Auf den durch Jahrtausende der Erosion verarmten Böden<br />

gedieh meist nur noch die Kartoffel, die Armut im Spessart<br />

wurde sprichwörtlich.<br />

Das Projekt widmet sich auch den Veränderungen nach dem<br />

Zweiten Weltkrieg, ihren Einflüssen auf Natur- und Denkmalschutz.


Unter der nun wieder weitgehend geschlossenen Walddecke haben<br />

sich die Spuren und Zeugnisse dieser spannenden und bewegten<br />

Geschichte hervorragend erhalten. Schilder, Teilrekonstruktionen,<br />

Broschüren und Karten sollen sie einem breiten Publikum<br />

erschließen.<br />

Das archäologische Spessartprojekt hat sich mit archäologischen<br />

Regionalprojekten aus Dänemark, Estland, Norwegen und<br />

Schweden zu einem Verbund unter dem Titel “European Cultural<br />

Paths” zusammengeschlossen. ECP wird vom Raphael-Programm<br />

der EU gefördert und hat einen Antrag auf Protektion durch den<br />

Europarat und Aufnahme in das Programm »Europa – ein gemeinsames<br />

Erbe« <strong>des</strong> Europarats gestellt.<br />

Tübinger Kolloquium der Arbeitsgemeinschaft<br />

im November 1995<br />

– Nachträge –<br />

Für die Arbeitsgruppe III: »Theorie und Methoden der <strong>Archäologie</strong><br />

<strong>des</strong> Mittelalters und der Neuzeit« konnte kein zusammenfassender<br />

Bericht veröffentlicht werden. Anläßlich der Tagung in Heidelberg<br />

1999 boten die Kollegen Mittelstraß und Brandorff die Texte<br />

ihrer in Tübingen gehaltenen Referate zur Veröffentlichung im Mitteilungsblatt<br />

an.<br />

Wir danken <strong>für</strong> die Übersendung der Manuskripte.<br />

Arbeitsgruppe III<br />

Theorie und Methoden<br />

Die <strong>Archäologie</strong> <strong>des</strong> Mittelalters und der Neuzeit - eine ernstzunehmende<br />

Teildisziplin der Geschichtswissenschaft?<br />

(Kurzfassung)<br />

Anders als die Vor- und Frühgeschichte, bewegt sich die <strong>Archäologie</strong><br />

<strong>des</strong> Mittelalters und der Neuzeit auf einem Terrain, welches<br />

von der mit Schriftquellen arbeitenden Geschichtswissenschaft intensiv<br />

beackert wird. Das Bewußtsein um die existentielle Verbundenheit,<br />

um nicht zu sagen Abhängigkeit, der Mittelalterarchäologie<br />

von der auf Schriftquellen fußenden Geschichtswissenschaft ist<br />

im Fach bis heute nur unzulänglich ausgebildet. Das zeigt sich an<br />

einer Geschichtsvergessenheit <strong>des</strong> gegenwärtigen Forschungsbetriebs,<br />

die sich die Mittelalterarchäologie nicht leisten kann, wenn<br />

sie wünscht, daß aus der in der Überschrift gestellten Frage eine<br />

Feststellung werden soll. Ich möchte dieses Defizit der derzeitigen<br />

Mittelalterarchäologie und die sich daraus ergebenen, notwendigen<br />

Veränderungen an drei Punkten festmachen:<br />

Wegen einer weithin mangelhaften Vertrautheit der Mittelalterarchäologen<br />

mit den historischen Verhältnissen um den ergrabenen<br />

Befund befindet sich das Fach noch in einem prähistorischen<br />

Stadium. Ein Gemisch aus pseudo-objektivem Positivismus,<br />

Zeitgeist und »gesundem Meschenverstand« führt zu ahistorischen<br />

Fragestellung und, nach oberflächlicher Verknüpfung mit zufällig<br />

greifbaren historischen Daten, oftmals zu historisch unsinnigen oder<br />

zumin<strong>des</strong>t ungenügend abgesicherten »Ergebnissen«, die sich ihrer<br />

Stellung innerhalb <strong>des</strong> durch die Schriftquellenanalyse gezeich-<br />

1.<br />

Tilman Mittelstraß<br />

45


46<br />

2.<br />

neten Bil<strong>des</strong> nicht bewußt sind und sich gegenüber den Folgen, die<br />

sie <strong>für</strong> die irrigerweise als Nachbarwissenschaft betrachtete historische<br />

Forschung haben, keiner Rechenschaft schuldig glauben.<br />

Da die Erschließung archäologischer Quellen von Anfang an<br />

von Interpretationsvorgängen begleitet wird, muß das interpretierende<br />

Subjekt, der forschende Geist, historisch geschult werden,<br />

damit eine Grabungsinterpretation tatsächlich den Wert einer historischen<br />

Quelle annimmt und ihre Auswertung der vergangenen<br />

Wirklichkeit wenigstens nahekommt. Die auf Schriftquellen fußende<br />

Geschichtsforschung bietet reichhaltige und vielfältige Möglichkeiten<br />

zum vertieften Verständnis von Zeiten und Menschen,<br />

deren handgreifliche Zeugnisse wir freilegen. Wir müssen dieses<br />

Angebot nutzen, um zu einem vertieften Verständis auch dieser<br />

archäologischen Zeugnisse zu kommen und sie kompetent in den<br />

Gang der wissenschaftlichen Diskussion einspeisen zu können. Ich<br />

sehe da bis auf weiteres eine Bringschuld der Mittelalterarchäologen<br />

gegenüber der herkömmlichen Geschichtsforschung, im Wissen um<br />

historische Fragestellungen <strong>für</strong> die Einordnung der archäologischen<br />

Quellen in den historischen Kontext zu sorgen.<br />

Folgerung: Die Interdisziplinarität muß in diesem Fall in der<br />

Person <strong>des</strong> Mittelalterarchäologen stattfinden, jeder Mittelalterarchäloge<br />

muß also zugleich kompetenter Historiker sein. In Weiterführung<br />

der Ausführung von Herrn Steuer: eine Mittelalterkunde<br />

braucht Mittelalterkundler.<br />

Schnittpunkt bzw. Dreh- und Angelpunkt zwischen <strong>Archäologie</strong><br />

und Geschichte ist die Datierung. Abgesehen von der schon<br />

angesprochenen, häufig allzu oberflächlichen Verknüpfung mit historischen<br />

Daten liegt auch die innerarchäologische Datierung im<br />

Argen. Fast regelmäßig wird die Laufzeit der zur Datierung herangezogenen<br />

Objekte vernachlässigt, auch scheint eine gewisse hypnotische<br />

Wirkung von Jahrhundertgrenzen auszugehen, so, als ob<br />

die Handwerkerschaft pünktlich zum 1.1. je<strong>des</strong> neu anbrechenden<br />

Jahrhunderts ihre Prokduktenpalette umgestellt hätte. Dies führt<br />

zum Durchschlagen eines nur psychologisch erklärbaren Vorgangs:<br />

ein ohnehin vorhandener Zug zur Frühdatierung nach dem Motto<br />

»je älter, <strong>des</strong>to besser« verstärkt sich durch eine in gleicher Richtung<br />

verzerrend wirkende Überschätzung <strong>des</strong> Aussagewerts von<br />

»besonderen«, »wertvollen« Objekten, namentlich Münzen (lange<br />

Laufzeit!).<br />

Dabei hat die Mittelalterarchäologie mit der Keramik, vor allem<br />

den Kochtöpfen, eine Fundgattung an der Hand, die sehr gute<br />

Voraussetzungen zu einem tauglichen Datierungsmittel aufweist:<br />

Keramik hat einen geringen Materialwert, ist zerbrechlich, kaum<br />

reparierbar, nur begrenzt feuerbeständig und kommt bei Grabungen<br />

meist massenhaft zutage. Sie durchläuft eine technologischtypologische<br />

Entwicklung, und der früher gelegentlich geäußerte<br />

Pessimismus bezüglich Datierbarkeit läßt sich aufgrund einer Reihe<br />

von Einzelergebnissen inzwischen nicht mehr aufrecht erhalten:<br />

eine Datierungsgenauigkeit von 30 bis 50/60 Jahren erscheint<br />

mir durchaus erreichbar. Zusätzlich hat uns Uwe Lobbedey <strong>für</strong> den<br />

süddeutschen Raum vor nunmehr 30 Jahren einen grenzübergreifenden<br />

Geniestreich beschert, <strong>des</strong>sen komplexe Herangehensweise<br />

seinem Gegenstand beispielhaft angemessen ist.<br />

Man sollte meinen, daß Verfeinerung und Ausbau der Keramikdatierung<br />

seither ein konstanter Forschungsschwerpunkt der<br />

Mittelalterarchäologie wäre. Statt<strong>des</strong>sen herrschen Forschungsstillstand,<br />

wenn nicht Rückschritt (z. B. Rückzug auf die reine Typologie),<br />

Expertenurteil, Legendenbildung, genügsamer Rückgriff<br />

auf Altbekanntes. Zum letzten Punkt: Keramische Referenzkomplexe<br />

– das gilt auch <strong>für</strong> Münzschatzgefäße mit schlechter


Überlieferung oder stummen Geprägen – sind bis auf weiteres je<strong>des</strong>mal<br />

von neuem auf die Probe zu stellen, wenn sie <strong>für</strong> eine<br />

Datierung herangezogen werden.<br />

Folgerung: Jeder Archäologe muß auch ein Keramikexperte<br />

sein (Betonung auf ‘auch’): die Sache ist zu wichtig, um sie Spezialisten<br />

oder gar fachfremden Laien zu überlassen. Die verlieren den<br />

eigentlichen Zweck der Übung, nämlich die Fundkeramik zum brauchbaren<br />

Datierungsmittel zu entwickeln, rasch aus den Augen.<br />

Der Aufschwung der Mittelalterarchäologie in den vergangenen<br />

20 Jahren hat einen Zug ins Unseriöse, weil er sich überwiegend<br />

in Grabungstätigkeit und einer zum Unwesen ausgearteten<br />

Flut von Vorberichten und Ausstellungskatalogen niederschlug. Die<br />

wissenschaftliche Fundierung, sprich: fundierte Grabungspublikationen,<br />

hinkt weit abgeschlagen nach. Ich will damit nicht Wert<br />

und Verdienst von Ausstellungen und leicht faßlichen Darstellungen<br />

<strong>für</strong> die Wirkung <strong>des</strong> Fachs nach außen in Frage stellen. Bedenklich<br />

ist aber, daß sie in immer stärkerem Maß auch fachintern<br />

suggestiv wirken und via Legendenbildung das herrschende Bild<br />

bestimmen, gegen das kaum anzukommen ist.<br />

Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf die strukturelle<br />

Verhinderung einer fundierten Grabungsauswertung durch die<br />

Art und Weise, wie Bodendenkmalpflege abläuft, und zwar unabhängig<br />

von der finanziellen Ausstattung der zuständigen Institutionen.<br />

Obwohl das traurige Schicksal vieler nie ausgewerteter<br />

Vorkriegsgrabungen und das nicht weniger traurige Schicksal von<br />

Funden und Originalunterlagen in den Depots und Archiven der<br />

derzeitigen Denkmalämter und Museen bekannt ist, ist die Erarbeitung<br />

einer publikationsreifen wissenschaftlichen Grabungsauswertung<br />

im Rahmen der archäologischen Denkmalpflege in der<br />

Regel nicht vorgesehen und gilt als Privatvergnügen. Dabei müßte<br />

die anschließende Edition durch den Ausgräber selbstverständlicher<br />

Bestandteil einer jeden Grabung sein. Die institutionelle Denkmalpflege<br />

wirkt hier prägend in den freiberuflichen Sektor hinein.<br />

Solange die staatliche Denkmalpflege nur die Ausgrabung, nicht<br />

aber die wissenschaftliche Auswertung zur denkmalpflegerischen<br />

Auflage macht, grenzt deren freiwillige Erarbeitung an betriebswirtschaftlichen<br />

Selbstmord. Das gerne geübte Abschieben der<br />

Auswertungspflicht an die Universität ist aus verschiedenen, in<br />

anderen Beiträgen mehrfach angesprochenen Gründen keine praktikable<br />

Lösung.<br />

Um einer weiteren Verfestigung der Unsitte entgegenzuwirken,<br />

von der Grabung direkt in die Sekundärverwertung zu springen,<br />

muß eine Umstrukturierung <strong>des</strong> Ausgrabungswesens stattfinden,<br />

und zwar in dem Sinn, daß Grabungen erst mit dem Vorliegen<br />

ihrer Edition als abgeschlossen betrachtet werden und diese<br />

im Normalfall, weil am effektivsten, vom wissenschaftlichen<br />

Grabungsleiter selbst zu leisten ist. Konsequenz ist, daß jeder<br />

Ausgräber zum einen die Pflicht hat, zum andern ihm die Möglichkeit<br />

geboten wird, diese Edition zu erarbeiten, bevor er ein neues<br />

Projekt in Angriff nimmt. Ich halte diesen Punkt, methodisch gesehen,<br />

<strong>für</strong> so existentiell, daß die Diskussion sich m.E. nicht darum<br />

drehen kann, ob eine solche Umstrukturierung möglich ist, sondern<br />

darum gehen muß, wie sie erreicht werden kann. Notwendig<br />

erscheint mir außerdem eine Einigung auf schriftlich fixierte<br />

Editionsrichtlinien <strong>für</strong> die publizierbare Vorlage von Befunden und<br />

Funden auf der Grundlage <strong>des</strong> nach der Fehring’schen Initialzündung<br />

im Baden-Württemberg der 70er und frühen 80er Jahre entwickelte<br />

Konzepts. Vom unmittelbar angestrebten Effekt einmal<br />

abgesehen, sind bei einer Umsetzung dieser Vorschläge positive<br />

Rückwirkungen auf die Grabungsqualität zu erwarten.<br />

3.<br />

47


Erfahrungen mit der Darstellung einer komplexen Stratigraphie mit Hilfe eines<br />

Computerprogramms zur Auswertung nach »Harris«<br />

Helmut Brandorff<br />

48<br />

Die zu Grunde liegende Grabung ist die Untersuchung der sog.<br />

Bernwardsmauer in Hil<strong>des</strong>heim 1986/87.<br />

Bei der Auswertung wurde nachträglich die Methode nach<br />

»Harris« angewandt. Diese Methode basiert auf der Überlegung,<br />

daß ein Befund höchstens vier Beziehungen zu anderen Befunden<br />

haben kann: er kann jünger, älter, gleich alt oder identisch sein.<br />

Diese Beziehungen lassen sich grafisch als sog. »Harris-Matrix«<br />

darstellen.<br />

Beim Rheinischen Amt <strong>für</strong> Denkmalpflege in Bonn wurde ein<br />

Computerprogramm entwickelt, mit <strong>des</strong>sen Hilfe die Befunde sortiert<br />

und eine »Harris-Matrix« erstellt werden kann.<br />

Das Programm »Harris« liefert, im Aufbau ähnlich einem Organigramm,<br />

eine Hierarchie aller Befunde die der Bearbeiter eingegeben<br />

hat. Es nimmt ihm die zeitaufwendige und eine hohe Konzentration<br />

erforderliche Arbeit der gegenseitigen Zuordnung der<br />

Befunde ab.<br />

Bei einer nachträglichen Aufarbeitung müssen die Befunde<br />

so aufbereitet werden, daß sie in »Harris«-gerechter Form in den<br />

Computer eingegeben werden können. Alle nicht eindeutigen Befunde<br />

müssen unberücksichtigt bleiben. Die Beschreibungen der<br />

Befunde werden an Hand der Grabungsdokumentation auf die o.g.<br />

höchstens vier Relationen reduziert. Einfache Widersprüche meldet<br />

»Harris« sofort und akzeptiert die Eingabe erst in korrigierter<br />

Form.<br />

Eine große Anzahl von Ungereimtheiten ist oft auf Schreibfehler<br />

und Ungenauigkeiten, sowie Eingabefehler zurückzuführen,<br />

die sonst möglicherweise unbemerkt geblieben wären. Bei der<br />

Überprüfung der entdeckten Widersprüche ergeben sich gelegentlich<br />

Beziehungen, die vorher nicht in Erwägung gezogen worden<br />

waren.<br />

Nach Abschluß der Dateneingabe führt das Programm eine<br />

umfangreiche Analyse durch und meldet eventuelle weitere Unstimmigkeiten.<br />

Diese müssen vor einer Fortsetzung erst eliminiert<br />

werden. Zum Schluß wird die Matrix erstellt.<br />

Das Programm erkennt keine Eingabefehler, wenn diese nicht<br />

zu Unstimmigkeiten führen. Der Bearbeiter muß die im Ergebnis<br />

als »Harris-Matrix« ausgedruckte, relativ-chronologische Einordnung<br />

der Befunde noch einmal sehr genau kontrollieren.<br />

Das Layout einer umfangreichen Harris-Matrix ist zunächst<br />

verwirrend, da viele Befunde nicht in der gleichen räumlichen Anordnung<br />

wie in der Realität eingeordnet sind. Manche Relationen<br />

zwischen Befunden sind nicht zweidimensional in einer Ebene darstellbar,<br />

ohne daß sich die Verbindungslinien überkreuzen würden.<br />

Aus Gründen der Übersichtlichkeit stellt »Harris« diese nicht dar,<br />

sondern kennzeichnet diese Befunde durch einen doppelten Rahmen<br />

und gibt sie als Liste aus. Aus dem gleichen Grunde läßt das<br />

Programm redundante Zuordnungen weg.<br />

Zur Platzersparnis ordnet das Programm den einzelnen Befund<br />

so hoch wie möglich in der Hierarchie ein. So entstehen weite<br />

Versprünge zwischen eigentlich gleichzeitigen Befunden. Um dies<br />

zu umgehen und die Matrix übersichtlicher zu gestalten, kann man<br />

die Relation ‘Gleichzeitigkeit’ als Layoutfunktion benutzen. Durch<br />

gezielte Zuordnung dieser Relation zu den entsprechenden Befunden<br />

kann man die relative Gesamtchronologie in einzelne durchgehende<br />

Zeit-Horizont-Ebenen aufteilen.


Befundsituation ‚Hand - erstelltes‘<br />

Diagramm<br />

Mit dem PC erstelltes<br />

Diagramm (unter<br />

Weglassung der redundanten<br />

Beziehungen<br />

Unter Umständen ist es zweckmäßig, eine Befundgruppe als identischen<br />

Gesamtbefund zu definieren. Man vermeidet damit, daß<br />

die Einzelbefunde an unterschiedlichen Stellen verteilt sind, wo sie<br />

in Verbindung mit weiteren Befunden stehen, die im Grabungszusammenhang<br />

aber weniger wichtig sind. »Harris« unterscheidet<br />

nicht zwischen ‘wichtig’ und ‘unwichtig’, sondern versucht lediglich,<br />

alle Befundrelationen möglichst kompakt und überschneidungsfrei<br />

darzustellen.<br />

Eine abschließende Barbeitung der Matrix kann mit einem<br />

Grafikprogramm (z.B. »Corel Draw«) vorgenommen werden. Damit<br />

ist es z.B. möglich, ganze Befundstränge umzugruppieren, erklärende<br />

Texte einzufügen oder unterschiedliche Befundarten farbig<br />

anzulegen.<br />

Kritikpunkte und Verbesserungsvorschläge zum Programm »Harris«<br />

• Möglichkeit, Befundbezeichnung und Befundrelationen im gleichen<br />

Arbeitsschritt bzw. Eingabebildschirm einzugeben.<br />

• Bessere grafische Gestaltung der Eingabemaske, um Eingabefehler<br />

zu minimieren, die oft nur durch den Schreibstil der<br />

Grabungsdokumentation enstehen (Vorschlag: Eingabefeld <strong>für</strong><br />

aktuellen Befund im Zentrum, Felder zum Eintragen der Befundrelationen<br />

in ihnen entsprechender räumlicher Anordnung).<br />

• Möglichkeit <strong>des</strong> Hin- und Herschaltens zwischen der Liste der<br />

Befundrelationen und der Ansicht der Matrix.<br />

• Bei der Bildschirmansicht einer Teil-Matrix Einblendung einer<br />

Leiste mit Koordinaten zum Ablesen der vertikalen und horizontalen<br />

Position der Befunde.<br />

• Möglichkeit, die Größe <strong>des</strong> Matrix-Ausdruckes frei zu definieren<br />

(nur bis DIN A3 möglich), um mit einer einzigen Druckdatei auch<br />

große Matrixformate auf entsprechenden Plottern o.ä. ausdrukken<br />

zu können.<br />

• Zur grafischen Weiterverarbeitung Möglichkeit (nur ASCII- und<br />

HPGL-Datei möglich), auch in weiteren gängigen Grafikformaten<br />

abspeichern zu können (PCX, GIF, TIFF, BMP usw.).<br />

Insgesamt wäre es wünschenswert, daß »Harris« an den derzeitigen<br />

Stand handelsüblicher Software angeglichen wird (Windows /<br />

Linux), damit auch jemand damit arbeiten kann, der keine Erfahrung<br />

mit DOS-Programmen mehr hat. Es wäre schade, wenn dieses<br />

nützliche Programm mangels Weiterentwicklung in der Abstellkammer<br />

<strong>für</strong> veraltete Software in Vergessenheit geraten würde.<br />

Literatur<br />

Bibby, David (1987), Die stratigraphische Methode<br />

bei der Grabung Fischmarkt (Konstanz) und deren<br />

Aufarbeitung. In: Arbeitsblätter f. Restauratoren<br />

Heft 2, 1987, Gruppe 20, Grabungstechnik, S.<br />

157–172<br />

Bridger, Clive J. (1990), Eine EDV-unterstützte<br />

Erstellung der sog. Harris-Matrix. In: Arbeitsblätter<br />

f. Restauratoren Heft 2, 1990, Gruppe 20,<br />

Grabungstechnik, S. 240–251<br />

Bridger, Clive J. / Herzog, Irmela (1991), Die stratigraphische<br />

Methode und ein neues PC-Programm<br />

zur Erstellung der Harris-Matrix. In: Archäologisches<br />

Korrespondenzblatt 21, 1991, S. 133–144<br />

49


Tagungsbericht<br />

Zwischen Römersiedlung und<br />

mittelalterlicher Stadt.<br />

Archäologische Aspekte zur<br />

Kontinuitätsfrage,<br />

Klosterneuburg,<br />

2. bis 4. Juni 2000<br />

50<br />

Das Phänomen der »schwarzen Schicht« stand – wie Sabine Felgenhauer<br />

es in der Schlußdiskussion pointiert zusammenfaßte – im<br />

Mittelpunkt einer Tagung, die »Stadtarchäologen« unterschiedlichster<br />

Provenienz in Klosterneuburg zusammenführte. Die »dunklen<br />

Jahrhunderte« zwischen römischer Siedlung und mittelalterlicher<br />

Stadt werden bekanntlich je nach Quellenlage, lokalen Forschungstraditionen<br />

und archäologischem Erkenntnisstand, nicht zuletzt<br />

aber auch aufgrund unterschiedlicher methodischer Ansätze, in<br />

den ehemals römischen Städten Mitteleuropas höchst verschiedenartig<br />

gesehen. Die österreichischen <strong>Gesellschaft</strong>en <strong>für</strong><br />

Mittelalterarchäologie und <strong>für</strong> Ur- und Frühgeschichte haben <strong>des</strong>halb<br />

zu diesem Thema ArchäologInnen ganz unterschiedlicher regionaler<br />

und wissenschaftlicher Ausrichtung eingeladen – den<br />

Schwerpunkt bildete dabei die Donauregion.<br />

• Peter Csen<strong>des</strong>, Wien: »…decus omne quod oppida poscunt …<br />

hic reperire potes!« Antike Wurzeln der mittelalterlichen Stadt.<br />

• Lukas Clemens, Trier: Archäologische Aspekte zur Nutzung bzw.<br />

zum Fortleben von Antike im mittelalterlichen Trier.<br />

• Egon Wamers, Frankfurt: Vom römischen Militärrstützpunkt zur<br />

karolingischen Pfalz – die Kontinuitätsfrage auf dem Domhügel<br />

in Frankfurt am Main.<br />

• Arno Rettner, Frankfurt: Neues zur spätantiken und frühmittelalterlichen<br />

Bebauung under dem Niedermünster in Regensburg.<br />

• Wilfried Kovacsovics, Salzburg: Salzburg im Frühmittelalter. Eine<br />

Stadt ohne Struktur und Gestalt.<br />

• Monika Porsche, Freiburg: Römische Stadtmauern im Früh- und<br />

Hochmittelalter.<br />

• Matthias Untermann, Heidelberg: Kontinuitätsbrüche. Neue Städte<br />

neben römischen Zentren in Süd- und Westdeutschland.<br />

• Renate Miglbauer, Wels: Wels. Der Übergang von der Spätantike<br />

zum frühen Mittelalter aus archäologischer Sicht.<br />

• Hanns Ubl und Brigitte Muschal, Wien: Bestattungen an der Wende<br />

von Antike zum Mittelalter in Lauriacum.<br />

• Ronald Risy, Wien: Aelium Cetium – St. Pölten. Zur hochmittelalterlichen<br />

Stadtbildung auf römischen Ruinen.<br />

• Stefan Groh und Helga Sedlmayer, Wien: Favianis – Civitas<br />

Mutarensis: Spätantikes Kastell und frühmittelalterliche Stadt.<br />

Neue Evidenzen zur Stadtgeschichte von Mautern an der Donau.<br />

• Nikolaus Hofer, Krems: Von Comagenis zu Tulln. Archäologische<br />

Ergebnisse zur Stadtgeschichte.<br />

• Paul Mitchell, Wien: Zur Kontinuitätsfrage in Wien anhand neuester<br />

Erkenntnisse vom Judenplatz und anderen Fundstellen.<br />

• Ingeborg Gaisbauer, Wien: Ein Beitrag zu Spätantike und erster<br />

mittelalterlicher Besiedlung in Wien vorwiegend am Beispiel der<br />

Grabungsergebnisse in Tuchlauben 17.<br />

• János Gömöri, Sopron: Von Scarbantia bis Sopron. Die Frage der<br />

Kontinuität.<br />

• Mária Sándor, Budapest: Sopianae und Quinqueecclesiae. Die<br />

Frage der Stadtkontinuität zwischen römischer und mittelalterlicher<br />

Siedlung.


Die Aussagen und Thesen der Referentinnen kreisten immer wieder<br />

um drei Beobachtungen: in den meisten Städten ist im späteren<br />

5. und frühen 6. Jahrhundert ein Siedlungsabbruch im Fundmaterial<br />

faßbar; die Ruinen römischer Bauten bieten nicht nur im<br />

Frühmittelalter, sondern oft sogar noch im 12. Jahrhundert, nach<br />

jahrhundertelanger Siedlungsleere, den Anknüpfungspunkt <strong>für</strong><br />

Neubauten; in den Ruinenstädten zeugen kleine Gräbergruppen<br />

offenbar nichtromanischer Bevölkerungsteilen im 6./7. Jahrhundert<br />

von einem Verlust der »römischen« Urbanität. Die Bedeutung<br />

noch stehender Mauerzüge unbedeutender Gebäude, die zufällig<br />

noch aus der »schwarzen Schicht« herausragten, wurde in Regensburg<br />

und Wien präzise dokumentiert. Die Wiederaufnahme <strong>des</strong> römischen<br />

Straßensystems und <strong>des</strong> antiken Stadtumrisses in St.<br />

Pölten – erst in Folge einer Klostergründung <strong>des</strong> Hochmittelalters<br />

– verbindet sich mit der Beobachtung, daß die hochmittelalterlichen<br />

Stadtmauern in Trier, Mainz, Ladenburg oder Worms die römischen<br />

Befestigungslinien exakt nachzeichnen, ohne daß dort römisches<br />

Mauerwerk integriert wurde. Infrage steht zumeist nicht das »ob«<br />

der Kontinuität, sondern das »wie«. Römische Ruinenstätten wurden<br />

allerdings ebenso bewußt wiederaufgesucht wie gemieden, so<br />

daß viele neue Städte außerhalb der römischen stehen. Neben den<br />

notwendigen, kontinuierlichen und präzisen Beobachtungen in den<br />

heute meist dicht überbauten Stadtkernen bleiben – wie die Schlußdiskussion<br />

deutlich gemacht hat – wichtige Fragen übergreifend<br />

zu klären: Ist die »schwarze Schicht« lediglich ein Ergebnis von<br />

»Verfall« oder auch von »Nutzung«? Wie präzise schließen die Kleinfund-<br />

und Keramikchronologien von provinzialrömischer und frühmittelalterlicher<br />

<strong>Archäologie</strong> im 5. Jahrhundert aneinander an?<br />

Die Vorträge dieser anregenden, viel Neues bringenden Tagung<br />

werden 2001 im Druck erscheinen. Matthias Untermann, Heidelberg<br />

Auf Einladung <strong>des</strong> Bauamtes der Stadt Einbeck, Abteilung Stadtarchäologie,<br />

vertreten durch Dr. Andreas Heege, trafen sich die<br />

MitgliederInnen <strong>des</strong> Arbeitskreises zur Erforschung der Tonpfeifen<br />

am 1. und 2. Mai 1999 in der niedersächsischen Stadt Einbeck.<br />

Zum 13. Treffen <strong>des</strong> Arbeitskreises waren 42 TeilnehmerInnen<br />

aus Deutschland, den Niederlanden, der Schweiz, Großbritannien<br />

und Schweden angereist und kamen bereits am Vorabend zu einem<br />

ersten inoffiziellen gemeinsamen Aben<strong>des</strong>sen mit angeregtem Erfahrungsaustausch<br />

zusammen.<br />

Am Samstag, dem 1. Mai, eröffnete der Berichterstatter und<br />

Leiter <strong>des</strong> Arbeitskreises die Tagung, die in den Räumen <strong>des</strong> Städtischen<br />

Museums Einbeck stattfand. Sein Dank galt Frau Schöneberg,<br />

stellvertretende Bürgermeisterin der Stadt Einbeck, Dr. Heege<br />

sowie der Leiterin <strong>des</strong> Städtischen Museums Frau Elke Heege, <strong>für</strong><br />

die Einladung, die Organisation, die freundliche Aufnahme und die<br />

Grußworte. Zu danken war auch dem Vorsitzenden <strong>des</strong> Geschichtsvereins<br />

Einbeck, Herrn Hainski, der die Bewirtung der TeilnehmerInnen<br />

in den Pausen ermöglicht hatte. Erstmals nahm mit Otto Pollner<br />

ein Mitglied der »Académie international de la Pipe« an dem Treffen<br />

<strong>des</strong> Arbeitskreises teil, der ebenfalls ein Grußwort an die Teilneh-<br />

Tagungsbericht<br />

13. Treffen <strong>des</strong><br />

Arbeitskreises zur<br />

Erforschung der Tonpfeifen<br />

am 1. und 2. Mai 1999<br />

in Einbeck<br />

51


1 Die Publikation <strong>des</strong> Beitrages erfolgt in Heft 13/<br />

2000 der Zeitschrift »Knasterkopf – <strong>Mitteilungen</strong><br />

<strong>für</strong> Freunde irdener Pfeifen«.<br />

2 Vgl. Matthias Seeliger: Südlich und westlich <strong>des</strong><br />

Sollings: Pfeifenmacher in Holzminden und Uslar.<br />

In: Altes Handwerk und Gewerbe in Südniedersachsen.<br />

Hrsg. von Birgit Schlegel. (= Schriftenreihe<br />

der AG Südniedersächsischer Heimatfreunde, Bd.<br />

15). Northeim 1998, S. 118–130.<br />

52<br />

mer richtete, und der die intensive Forschungsarbeit hervorhob,<br />

die von den Mitgliedern <strong>des</strong> Arbeitskreises geleistet worden ist.<br />

Den ersten Fachvortrag über »Tonpfeifen in Einbeck« hielt<br />

Andreas Heege. Die archäologischen Funde in der wegen ihres Bieres<br />

in der frühen Neuzeit und bis heute berühmten Stadt belegen<br />

eindeutig den Tabakgenuß schon im 17. Jahrhundert, auch wenn<br />

aus dieser Zeit keine archivalischen Quellen über den Tabakimport<br />

nach Einbeck vorliegen. In seiner gründlichen Analyse der bisher<br />

zumeist aus Verfüllungen oder als Lesefunde geborgenen Tonpfeifen<br />

konnte A. Heege wichtige, über reine Datierungs- und Zuschreibungsfragen<br />

hinausgehende Feststellungen treffen. So zeigte<br />

er deutliche Divergenzen der Datierung von Fundstücken niederländischer<br />

Provenienz aufgrund der Kopfformen einerseits und<br />

aufgrund der Herstellermarken, deren Verwendungszeiträume quellenmäßig<br />

exakt belegt sind, andererseits auf. Der Referent schloß<br />

daraus, daß Modelle z.T. weitaus länger als bisher angenommen<br />

produziert worden sind. Deutlich läßt sich ferner das Aufkommen<br />

der Tonpfeifenbäckerei im nahegelegenen Uslar (ab 1769) im<br />

Einbecker Fundmaterial ablesen, indem Erzeugnisse aus anderen<br />

deutschen Produktionsorten (Großalmerode, Hameln, Hil<strong>des</strong>heim,<br />

Hannoversch Münden, Westerwald) im letzten Viertel <strong>des</strong> 18. und<br />

im 19. Jahrhundert deutlich seltener werden und auch niederländische<br />

Importe zurückgedrängt wurden. 1<br />

Der angekündigte Beitrag von Ekkart Reiff »Tonpfeifenfunde<br />

im Westharz 1994-1999. Versuch einer systematischen Bestandsaufnahme«<br />

mußte wegen Krankheit entfallen und wird nachgeholt.<br />

Mit dem Vortrag »Archivalien zur Geschichte der Tonpfeifenbäckerei<br />

in Holzminden« von Dr. Matthias Seeliger, Stadmuseum<br />

Holzminden, wurde ein Produktionsort im weiteren Umkreis von<br />

Einbeck vorgestellt. Der durch die Einwanderung von zwei Pfeifenbäckern<br />

aus dem Westerwald in Holzminden 1753 neu etablierte<br />

Gewerbezweig fand nur in wenigen einschlägigen Quellen (Bürgerund<br />

Kirchenbücher) seinen schriftlichen Niederschlag. Wichtige<br />

Informationen enthalten dagegen andere Aktenbestände über<br />

Gewerbekonzessionen oder sog. »Gnadenerteilungen« (Anträge auf<br />

Steuernachlässe und staatliche Unterstützungen), die es dem Referenten<br />

ermöglichten, die Entwicklung der Pfeifenbäckerei in Holzminden<br />

bis Anfang <strong>des</strong> 19. Jahrhunderts nachzuzeichnen. Die Brükke<br />

zwischen volkskundlich-historischer und archäologischer Forschung<br />

schlug M. Seeliger, indem er auf die aus den Quellen bekannten<br />

Standorte von Pfeifenöfen verwies, die jedoch überbaut sind<br />

und evtl. bei künftigen Erdarbeiten ausgegraben werden können. 2<br />

In einem kurzen Referat stellte Ruud Stam, Leiden/NL, einen<br />

sechskantig abgeflachten Pfeifenkopf vor, der zu einer Kaffeehauspfeife<br />

gehört. Die Aufschrift läßt bisher keinen Herstellungsort<br />

benennen, doch wurde darauf hingewiesen, daß gerade auf diesen<br />

Pfeifenköpfen oftmals der Gebrauchsort oder der Sitz <strong>des</strong> Händlers<br />

vermerkt wurde.<br />

Die Exkursion am Nachmittag führte nach Uslar zum Besuch<br />

<strong>des</strong> Städtischen Museums und seiner Abteilung mit Zeugnissen<br />

der örtlichen Tonpfeifenproduktion. Hier erläuterte Museumsleiter<br />

Dr. Schäfer den TeilnehmerInnen fachkundig und ausführlich die<br />

Geschichte der 1769 begonnenen Tonpfeifenbäckerei in Uslar. Von<br />

besonderem Interesse waren die zahlreichen Werkzeuge (Schraubstöcke,<br />

Pfeifenformen, Bearbeitungsgeräte, Brennkapseln) und<br />

Produktionsbeispiele wie die berühmten Pfeifenköpfe mit den Porträts<br />

US-amerikanischer Präsidenten aus dem 19. Jahrhundert.<br />

Im Anschluß wurde die Töpferei Klett-Drechsler in Fre<strong>des</strong>loh<br />

besucht, wo Johannes Klett-Drechsler das Drehen historischer<br />

Gefäßformen zeigte. Gemeinsam mit Andreas Heege informierte


er über das seit dem späten Mittelalter in Fre<strong>des</strong>loh ansässige<br />

Töpfereigewerbe, stellte archäologische Funde vor und diskutierte<br />

mit den TeilnehmerInnen Fragen der Tonaufbereitung, der Produktionstechnik<br />

und <strong>des</strong> Brennvorganges.<br />

Am Abend fand in Einbeck ein gemeinsames Aben<strong>des</strong>sen mit<br />

anschließendem Informationsaustausch und gegenseitiger Begutachtung<br />

und Diskussion mitgebrachter Tonpfeifenfunde statt. Wie<br />

stets zeigte sich, daß diese Möglichkeit von neuen wie alten<br />

MitgliederInnen <strong>des</strong> Arbeitskreises gern und bis in die späten Abendstunden<br />

intensiv genutzt wurde.<br />

»Tabakanbau und -handel in der südniedersächsischen Region«<br />

war das Thema <strong>des</strong> ersten Referates am Sonntag. Gisela Murken,<br />

Nörten-Hardenberg, gab einen umfassenden Überblick von den Anfängen<br />

<strong>des</strong> Tabakanbaus kurz nach 1650 bis zum Ende 1960,<br />

illustriert mit zahlreichen historischen Aufnahmen aus der Zeit um<br />

1900. Von der großen wirtschaftlichen Bedeutung <strong>des</strong> Tabakhandels<br />

vor allem im 19. Jahrhundert, als »Northeimer Tabak« ein<br />

weithin bekannter Qualitätsbegriff war, haben sich in (Süd-)Niedersachsen<br />

ähnlich wie in anderen traditionsreichen Tabakanbau<br />

und -verarbeitungsgebieten Deutschlands (Pfalz, Uckermark) nur<br />

geringe Reste erhalten. 3<br />

Im ersten Teil seines Vortrages berichtete Ralf Kluttig-Altmann<br />

M.A., Leipzig, über »Neue Ergebnisse der Tonpfeifen-Fundaufnahme<br />

in Leipzig« und die Fortsetzung seiner Forschungen. Bei<br />

etwa zwei Dritteln der über 60 Stadtkerngrabungen in Leipzig seit<br />

1990 fanden sich Tonpfeifenfragmente. Wenngleich die Fundsituation<br />

und das Fundaufkommen sehr unterschiedlich sind, konkretisieren<br />

sich durch die größere untersuchte Materialmenge die<br />

bisherigen Ergebnisse. Die Dominanz Goudaer Produkte im 18. und<br />

19. Jahrhundert in Leipzig bestätigen zahlreiche Fragmente mit<br />

Herstellernamen. Dabei stellt sich nun heraus, daß nur eine geringe<br />

Anzahl von Herstellern vertreten ist, von denen jedoch jeweils<br />

zahlreiche Pfeifen und mehrere verschiedene Modelle vorliegen.<br />

Dagegen ist die regionale sächsische Produktion aus Grimma, Waldenburg<br />

oder Altenburg nur spärlich vertreten; die aufgrund literarischer<br />

Hinweise vermutete Existenz von Pfeifenbäckern in Leipzig<br />

läßt sich durch das Fundmaterial bisher nicht bestätigen. Das<br />

Rauchen scheint in Leipzig trotz <strong>des</strong> inzwischen häufigeren Vorkommens<br />

von Fragmenten aus dem 17. Jahrhundert erst ab 1650<br />

in starkem Maße ausgeübt worden zu sein, ist doch die Anzahl der<br />

vor diesem Zeitpunkt zu datierenden Tonpfeifen sehr gering. 4<br />

»Erste Überlegungen zu einer Systematisierung der abgerollten<br />

Stielverzierungen« stellte R. Kluttig-Altmann im zweiten Teil<br />

seines Vortrages vor und griff damit einen äußerst wichtigen, bisher<br />

aber in der deutschen wie auch in der internationalen Tonpfeifenforschung<br />

stark vernachlässigten Themenbereich auf. Die<br />

vorgestellte und bereits weit über erste Überlegungen hinaus gereifte<br />

offene Systematik berücksichtigt vorrangig technische Fragen<br />

der Aufbringung der Stielverzierungen und unterscheidet in<br />

einem zweiten Schritt die einzelnen Muster. Ziel ist zunächst eine<br />

verbindliche und einheitliche Ansprache <strong>für</strong> gleichartige Stielverzierungen<br />

zu schaffen, ohne dabei alle möglicherweise vorkommenden<br />

Varianten im Voraus kennen zu müssen. 5 Mit Hilfe der<br />

Systematik wird es möglich sein, durch die Verknüpfung mit gesicherten<br />

Daten die Datierung und Zuschreibung von neuen Funden<br />

zu erleichtern. Die intensive und konstruktive Diskussion im Anschluß<br />

an den Vortrag zeigte deutlich auf, wie notwendig eine<br />

stärkere Systematisierung nicht nur der generellen Erfassung und<br />

Beschreibung von Tonpfeifen, sondern gerade auch ihrer spezifischen<br />

(Dekorations-)Elemente ist. Im Februar 2000 findet daher<br />

3 Vgl. Gisela Murken: Zigarrenherstellung in der<br />

Fabrik und in Heimarbeit. In: Altes Handwerk und<br />

Gewerbe in Südniedersachsen. Hrsg. von Birgit<br />

Schlegel. (= Schriftenreihe der AG Südniedersächsischer<br />

Heimatfreunde, Bd. 15). Northeim<br />

1998, S. 262–298.<br />

4 Wie Anm. 1. Vgl. Ralf Kluttig-Altmann:<br />

Tonpfeifenfunde von einer innerstädtischen Parzelle<br />

Leipzigs. In: Knasterkopf - <strong>Mitteilungen</strong> <strong>für</strong> Freunde<br />

irdener Pfeifen. Heft 11/1998, S. 49–55. Und<br />

ders.: Tonpfeifen in Leipzig - Erster Vorbericht über<br />

die Neufunde seit 1990. In: ebd. Heft 12/1999, S.<br />

74–82.<br />

5 Wie Anm. 1.<br />

53


6 Wie Anm. 1.<br />

7 Martin Kügler/Michael Schmaedecke: Hinweise <strong>für</strong><br />

die Erfassung von archäologischen Tonpfeifenfunden.<br />

In: Schmaedecke, Michael (Hrsg.): Tonpfeifen<br />

in der Schweiz. Beiträge zum Kolloquium über<br />

Tabakspfeifen aus Ton in Liestal/Schweiz am 26.<br />

März 1998. (= <strong>Archäologie</strong> und Museum, Bd. 40).<br />

Liestal 1999, S. 124–132.<br />

54<br />

in Görlitz ein Treffen einer kleinen Arbeitsgruppe statt, bei dem<br />

die vorgestellte Systematik an ausgewählten Beispielen erprobt<br />

werden soll. Die Ergebnisse werden von R. Kluttig-Altmann auf<br />

dem nächsten Treffen <strong>des</strong> Arbeitskreises vorgestellt und voraussichtlich<br />

in Heft 14/2001 der Zeitschrift »Knasterkopf – <strong>Mitteilungen</strong><br />

irdener Pfeifen« publiziert.<br />

Ursel Beck, Tornesch, berichtete über »Bräuche aus Schleswig-Holstein,<br />

bei denen das Tonpfeiferauchen eine Rolle spielt«.<br />

Neben dem Rauchen von langen Tonpfeifen bei den Zusammenkünften<br />

von Schifferbruderschaften, wie am Beispiel aus Lübeck<br />

gezeigt wurde, berichtete die Referentin über ein Rauchverbot bei<br />

den Zusammenkünften der Gilden in Herzhorn von 1650. Bei der<br />

Totengilde in Bredstedt, die in Pestzeiten <strong>für</strong> ein würdiges Begräbnis<br />

der verstorbenen Mitglieder zu sorgen hatte, war es üblich,<br />

bei der jährlichen Versammlung Tonpfeifen zu rauchen und<br />

diese – wohl in Erinnerung an die Toten – dann zu zerschlagen. 6<br />

Die bei der Ausgrabung im Bereich der Schloßmühle in Hamburg-Harburg<br />

und bei der Schleuse in Saase an der Alster gefundenen<br />

Tonpfeifen stellte Rüdiger Articus, Hamburg, vor. Das in die<br />

Mitte <strong>des</strong> 18. Jahrhunderts zu datierende Material aus Harburg<br />

stammt zu gleichen Teilen aus niederländischen und deutschen<br />

Produktionsorten, unter denen Bremen – seit langem archivalisch<br />

als Pfeifenproduktionsort bekannt – erstmals durch ein Produkt<br />

mit entsprechender Aufschrift vertreten ist. Daneben sind bekannte<br />

Orte aus Niedersachsen und Nordhessen wie Celle, Hil<strong>des</strong>heim,<br />

Walbeck und Großalmerode als Lieferorte zu nennen. Bei den Lesefunden<br />

aus dem Schleusenbereich bei Saase handelt es sich um<br />

Fragmente, die bereits als Abfall aus Hamburger Haushalten im<br />

(späten) 18. Jahrhundert dorthin gelangt sind. An deutschen<br />

Produktionsorten sind Uslar, Altona und Walbeck zu identifizieren.<br />

Beide Fundkomplexe belegen den starken Absatz von Tonpfeifen<br />

aus Südniedersachsen nach Norddeutschland, wo Tonpfeifen anderer<br />

Gebiete (Sachsen, Westerwald) weitgehend fehlen. 6<br />

Mit den »Tonpfeifen von Maasholm«, einem untergegangenen<br />

Dorf an der Ostsee, beschäftigte sich Maren Weidner, Kiel.<br />

Das 1640 erstmals erwähnte Dorf wurde 1701 bereits wieder<br />

aufgegeben, wodurch <strong>für</strong> die bei Tauchfunden geborgenen 200<br />

Tonpfeifen ein enger Datierungsrahmen gegeben ist. Es handelt<br />

sich weitgehend um grobe und überwiegend ungemarkte niederländische<br />

Importprodukte. Nur wenige Exemplare tragen eine Reliefverzierung<br />

am Kopf oder die im fraglichen Zeitraum in Gouda vielfach<br />

verwendete Marke EB. Stimmt die Datierung der Tonpfeifen<br />

weitgehend mit den bekannten Siedlungsdaten <strong>des</strong> Dorfes überein,<br />

lassen einige früher zu datierende Tonpfeifenfragmente eine<br />

Ortsgründung bereits um 1630 vermuten, womit sich die Tonpfeifen<br />

als wichtiges und sehr exaktes Datierungsmittel erwiesen haben.<br />

Zum Stand <strong>des</strong> Projektes »Tabakmuseum Vierraden« in der<br />

Uckermark berichtete Dr. Lutz Libert, Schwedt, daß bisher die Freiflächen<br />

<strong>für</strong> den Tabakanbau hergerichtet wurden, um Besuchern<br />

Aussaat, Anzucht, Aussetzen, Wachstum und Ernte der Tabakpflanzen<br />

zeigen zu können. Die Eröffnung der ständigen Ausstellung<br />

in einer alten Tabakscheune soll in ein bis zwei Jahren folgen.<br />

Durch den ständigen Rückgang <strong>des</strong> Tabakanbaus in der Region ist<br />

ein starker Verlust an historischer Bausubstanz (Tabakscheunen)<br />

und Geräten zu beklagen, <strong>des</strong>sen Dokumentation eine Aufgabe<br />

<strong>des</strong> Tabakmuseums Vierraden ist.<br />

Mit einigen <strong>Mitteilungen</strong> beschloß der Tagungsleiter Martin<br />

Kügler das 13. Treffen <strong>des</strong> Arbeitskreises. Der ständige Zuwachs<br />

an Interessierten, insbesondere von <strong>Archäologie</strong>studenten, die sich


im Rahmen von universitären Abschlußarbeiten mit Tonpfeifen<br />

beschäftigen, aber auch die bessere Effizienz der Arbeit mit dem<br />

Material insgesamt macht es in immer stärker spürsamen Maße<br />

notwendig, verbindliche Konventionen <strong>für</strong> die Fundbearbeitung zu<br />

treffen. Hierzu ist mit den Systematisierungsvorschlägen <strong>für</strong> die<br />

Beschreibung von Stielverzierungen von R. Kluttig-Altmann ein erster<br />

wichtiger Schritt getan worden, der schon innerhalb kurzer<br />

Zeit zu anwendbaren Ergebnissen führen wird. Bereits erschienen<br />

ist eine allgemeine Anleitung <strong>für</strong> die Beschreibung von Tonpfeifen.<br />

7 Die Tagung hat mit den Beiträgen von A. Heege, R. Articus<br />

und M. Weidner aber auch gezeigt, daß gesicherte Datierungen<br />

und Zuschreibungen immer stärker zur Interpretation von größeren<br />

Fundkomplexen, zur Rekonstruktion von Handelswegen und zur<br />

Klärung anderer archäologischer und historischer Fragen herangezogen<br />

werden können.<br />

Auf Einladung <strong>des</strong> <strong>Archäologie</strong>- und Kantonsmuseums Basel-<br />

Landschaft in Liestal/CH wird das 14. Treffen <strong>des</strong> Arbeitskreises<br />

zur Erforschung der Tonpfeifen vom 1. bis 4. Juni 2000 in Liestal<br />

stattfinden. Nähere Informationen enthält die Einladung, die an<br />

alle Empfänger <strong>des</strong> Berichtes im Januar/Februar 2000 versandt<br />

wird. Für die nächsten Jahre liegen zwei Einladungen von Museen<br />

am Oberrhein und am Niederrhein vor, beabsichtigt ist auch, baldmöglichst<br />

eine Tagung in Sachsen durchzuführen.<br />

Positiv setzt sich auch die Herausgabe der Zeitschrift »Knasterkopf<br />

– <strong>Mitteilungen</strong> <strong>für</strong> Freunde irdener Pfeifen« fort. Bei den<br />

redaktionellen Arbeiten wird der Herausgeber ab 1. Januar 2000<br />

von Ralf Kluttig-Altmann unterstützt, der in gleicher Weise als<br />

Ansprechpartner zur Verfügung steht. Heft 12 ist 1999 erschienen,<br />

Heft 13 wird zur Tagung in Liestal vorliegen. Ein umfangreiches<br />

und sehr detailliertes Register <strong>für</strong> die Hefte 1–10 ist kurz vor<br />

dem Abschluß und erscheint im Frühjahr 2000.<br />

Der Berichterstatter schloß die Tagung mit dem Dank an alle<br />

Referenten <strong>für</strong> ihre Beiträge. Dem großzügigen Entgegenkommen<br />

der Stadt Einbeck war es zu verdanken, daß die Tagung in ihrer<br />

gewohnten Form durchgeführt werden konnte, die Rahmenbedingungen<br />

stimmten und eine angenehme und konstruktive Tagungsatmosphäre<br />

herrschte. Dank der Stadt Einbeck sowie Dank <strong>des</strong><br />

Geschichtsvereins der Stadt Einbeck konnte die Tagungsgebühr<br />

<strong>für</strong> die TeilnehmerInnen aus in diesem Jahr sehr gering gehalten<br />

werden. Der größte Dank gilt aber Dr. Andreas Heege <strong>für</strong> die vielfältigen<br />

organisatorischen Arbeiten vor, während und nach der<br />

Tagung, und der zudem mit seinem Vortrag und der Exkursionsleitung<br />

auch wesentliche inhaltliche Beiträge zum Gelingen der<br />

Tagung geleistet hat.<br />

Bitte beachten Sie die neue Anschrift <strong>des</strong> Leiters<br />

<strong>des</strong> Arbeitskreises zur Erforschung der Tonpfeifen<br />

und Herausgebers der Zeitschrift »Knasterkopf –<br />

<strong>Mitteilungen</strong> <strong>für</strong> Freunde irdener Pfeifen«:<br />

Dr. Martin Kügler<br />

Bergstraße 3, 02826 Görlitz, Tel. 03581/<br />

401213 od. 0170/2345356; dienstl.<br />

Schlesisches Museum zu Görlitz, Untermarkt<br />

6–8, 02826 Görlitz, Tel. 03581/<br />

406232 oder 406215, Fax 03581/<br />

406237, e-mail: schlesisches.museum.<br />

kuegler @t-online.de<br />

55


Tagungsbericht<br />

Lübecker Kolloquium zur<br />

Stadtarchäologie im<br />

Hanseraum III: Der Hausbau,<br />

11. bis 14. Oktober in<br />

Lübeck-Travemünde<br />

56<br />

Das dritte Kolloquium fand vom 11. bis 14. Oktober 1999 in Lübeck-<br />

Travemünde in den Räumen der Ostseeakademie statt. Die große<br />

Zahl der angemeldeten Vorträge zeigte einerseits das hohe Interesse<br />

am Tagungsthema, andererseits aber auch, daß das Kolloquium<br />

damit an die personellen und zeitlichen Grenzen gestoßen ist.<br />

Folgende Orte waren vertreten (in der Reihenfolge der Vorträge):<br />

Göttingen (B. Arndt), Uelzen (F. Mahler), Lüneburg (E. Ring),<br />

Hamburg (F. Busch), Stade (T. Lübecke), Bremen (M. Rech), Soest<br />

(B. Thiemann), Duisburg (T. Bechert), Zwolle (D. de Vries), Zutphen<br />

(M. Groothedde), Deventer (T. Spitzers), Antwerpen (J. Veeckman),<br />

Amsterdam (J. Baart), Brügge (D. van Eenhoge), Cork (M.<br />

Hurley), London (J. Schofield), Norwich (B. Ayers), Hull (D. Evans),<br />

York (R. Hall), Bergen (E. Reimers), Oslo (P. Molaug), Ribe (J. Kieffer-<br />

Olsen), Lübeck (M. Gläser), Rostock (R. Mulsow), Stralsund (M.<br />

Schneider), Greifswald (H. Schäfer), Stettin (E. Wilgocki), Kolberg<br />

(M. Rebkowski), Elbing (G. Nawrolska), Danzig (H. Paner), Klaipeda<br />

(V. Zulkus), Riga (A. Caune und I. Ose), Lihula und Haapsalu (A.<br />

Pärn), Tartu (A. Mäesalu), Nowgorod (A. Sorokin), Turku (M. Hiekkanen),<br />

Sigtuna (S. Tesch), Uppsala (J. Anund), Stockholm (K. Söderlund),<br />

Visby (G. Westholm), Lund (P. Carelli), Malmö (A. Reisnert),<br />

Aarhus (H. Skov), Svenborg (H. Jansen), Braunschweig (H. Rötting),<br />

Einbeck (A. Heege).<br />

Jedem Referenten war mit der Einladung eine Strukturierung<br />

<strong>des</strong> Tagungsthemas zugegangen. Darin wurde nach hoch- und<br />

spätmittelalterlicher Holzbebauung, Steinbebauung, typischer Bauentwicklung<br />

auf Grundstücken und einem eventuell bereits vorliegenden<br />

Haustypenplan gefragt. Die Antworten darauf entsprachen<br />

dem jeweiligen Forschungs- und Bearbeitungsstand.<br />

Die Fülle <strong>des</strong> zum Thema Gebotenen läßt sich hier nicht vollkommen<br />

darlegen. So werden hier einige der Ergebnisse und Befunde<br />

herausgegriffen, kurz wiedergegeben und gelegentlich kommentiert.<br />

In allen Städten machen Holzbauten den Anfang. Sie wurden<br />

nahezu überall von Steinbauten abgelöst. Die Ausnahme bildet<br />

Nowgorod, in dem <strong>für</strong> das 10. bis 15. Jahrhundert mehr als 1000<br />

Holzhäuser festgestellt wurden. Steinbauten ließen sich nur in<br />

wenigen Resten nachweisen. In vielen Städten haben die Steinbauten<br />

fast alle älteren Bauten zerstört, Beispiel Visby. Oder im<br />

Untergrund blieben massive Reste wie Schwellbalken oder Kellereinbauten<br />

erhalten, Beispiel Rostock, Greifswald, Lübeck. Die Konstruktionen<br />

der Holzbauten sind unterschiedlich. In Hamburg kamen<br />

im 10. Jahrhundert Häuser aus Spaltbohlen und solche aus<br />

Blockbohlen nebeneinander vor. In Danzig sind die Häuser <strong>des</strong> 10.–<br />

13. Jahrhunderts offenbar durchweg Blockbohlenbauten. In Lund<br />

sind die frühen Holzbauten in Plankenbauweise errichtet. Die Planken<br />

wurden durch Nägel miteinander verbunden. In Klaipeda konnten<br />

mehr als 60 Bauten der Wikingerzeit in Pfostenbauweise festgestellt<br />

werden. Noch 1520 wurde dort ein Speicher als Pfostenbau<br />

errichtet.<br />

Die Steinbauweise setzt zu unterschiedlichen Zeiten ein. Für<br />

London sind die frühesten Steinbauten um 1100 belegt. Für Riga<br />

gilt dies erst ab dem 14. Jahrhundert. In Sigtuna ist der früheste<br />

Backsteinbau um 1250 zu datieren. Auch in vielen anderen Städten<br />

liegt der Übergang zur Steinbauweise im 13. Jahrhundert, so<br />

z. B. in Antwerpen, Bremen und Stockholm. In York gab es bereits


ab dem 12. Jahrhundert große Steinbauten, in Visby sind die frühesten<br />

steinernen Verteidigungstürme und Lagerhäuser schon kurz<br />

nach 1200 zu datieren.<br />

Keller sind überall unterschiedlich konstruiert und ganz verschieden<br />

in die Hausstruktur eingebunden. In Göttingen gibt es<br />

bereits aus der Zeit um 1200 einen Gewölbekeller mit Sandsteinsäulen<br />

(Rote Straße 34). Die meisten Häuser dort waren jedoch<br />

nur bis zur Hälfte oder nur bis zu einem Viertel unterkellert. In<br />

Soest wurden Keller in den Löß geschnitten. In Deventer gibt es<br />

eingetiefte Keller schon im 12. Jahrhundert, einer ist sogar auf<br />

1077 zu datieren. In Uelzen sind auch die Buden unterkellert und<br />

in Stockholm liegen Keller vor den Häusern unter der Straße.<br />

Aufgehen<strong>des</strong> aus dem Mittelalter ist in manchen Städten nicht<br />

mehr erhalten (London, Cork, Waterford, Sigtuna) oder nur spärlich<br />

vertreten (Ribe). In anderen Orten sind hinter den frühneuzeitlichen<br />

und neuzeitlichen Fassaden z. T. noch ganze Häuser<br />

oder Einzelelemente wie Holzdecken, Balkenkonstruktionen und<br />

Dachstühle erhalten (z. B. Antwerpen, Brügge, Lübeck). Besonderes<br />

Augenmerk richtete J. Schofield auf Fragen, die entscheidende<br />

Aussagen zur Nutzung der Gebäude und ihren Bewohnern ermöglichen<br />

(access analysis); z.B.: Wie und durch wieviel Türen<br />

erreichte man die verschiedenen Räume und den Garten? Dem<br />

Garten als dem absoluten privaten Raum, seiner Lage und Funktion<br />

kommt nach Schofield besondere Bedeutung zu.<br />

Interessante Hinweise zur Stadtentwicklung oder zur Genese<br />

ganzer Viertel wurden unter anderem <strong>für</strong> Sigtuna, London, Lüneburg<br />

und Einbeck vorgetragen. Sigtuna beginnt bereits 980 als<br />

geplante Stadt. 140 Grundstücke sind zu dieser Zeit bereits entlang<br />

der Hauptstraße angelegt. Die Stadtfunktion endete um 1350.<br />

Als frühes Zeichen der Stadtwertung wird <strong>für</strong> London gewertet,<br />

daß die ältesten Häuser innerhalb von Rechtecken einander zugeordnet<br />

sind. Die älteste bekannte Bausubstanz in Lüneburg datiert<br />

an das Ende <strong>des</strong> 13. Jahrhunderts. Im 16. Jahrhundert setzt<br />

ein regelrechter Bauboom ein. Daran läßt sich der wachsende Reichtum<br />

der Stadt durch den Salzhandel ablesen. In Einbeck ist bemerkenswert,<br />

daß nach dem Stadtbrand von 1540 alle neu errichteten<br />

Häuser traufständig angeordnet werden. 160 dieser Häuser<br />

sind noch erhalten.<br />

Alle Städte sind von Brandkatastrophen heimgesucht worden.<br />

Einige Beispiele:<br />

Bergen – div. Brände im Mittelalter, die jüngsten<br />

1702 und 1955<br />

Zutphen – 1284/1305/1336<br />

Riga – 1293<br />

Zwolle – 1324<br />

Deventer – 1334<br />

Einbeck – 1540<br />

Cork – 1622<br />

Uelzen – 1646<br />

Stade – 1653<br />

Der Wille, weitere Brände zu verhüten, führte zu Rats- und Bürgerschaftsbeschlüssen,<br />

die einerseits die Verwendung bestimmter<br />

Baumaterialien vorschreiben, andererseits das Bauen mit feuerfestem<br />

Material sogar subventionierten. Einige Beispiele: In Göttingen<br />

wird 1340 das Bauen mit brandverhinderndem Material bezuschußt.<br />

In Bremen erhielten Bauherren im späten Mittelalter 1000<br />

Backsteine kostenlos. Zwolle subventionierte ab 1400 in Backstein<br />

ausgeführte Bauteile. Auch ärmere Bürger erhielten dort<br />

Zuschüsse unter der Auflage, den gesamten Bau in Backsteinen<br />

auszuführen. In Zutphen war die Verwendung von Holz nach 1350<br />

57


58<br />

nicht mehr erlaubt. Wer dort vorher alle 4 Wände aus Backsteinen<br />

errichtete, bekam das Dach geschenkt. Deventer gab Zuschüsse<br />

<strong>für</strong> Ziegeldächer nach dem Brand von 1334. Ab 1360 wurden dort<br />

alle Backsteinbauten subventioniert. Antwerpen schrieb in der ersten<br />

Hälfte <strong>des</strong> 14. Jahrhunderts vor, Dächer mit Ziegeln zu dekken.<br />

Die Vorschrift wurde 1348 erneuert mit dem ausdrücklichen<br />

Verbot der Dachdeckung mit Schilf. Cork verbot erst nach dem<br />

Brand von 1622 die Verwendung von Holz <strong>für</strong> die Außenwände. In<br />

Riga schließlich wurde nach dem Brand von 1293 vorgeschrieben,<br />

keine Holzbauten mehr zu errichten. Steinbauten sind dort aber<br />

erst <strong>für</strong> das 14. Jahrhundert nachweisbar. Dieser Fall, daß Vorschriften<br />

erlassen aber nur zögernd oder gar nicht oder erst sehr<br />

viel später umgesetzt wurden, steht nicht allein. In den Ostseestädten<br />

(z. B. Lübeck und Stralsund) kämpfte man noch im 18.<br />

und frühen 19. Jahrhundert gegen brandgefährdete Innenausbauten,<br />

in Lübeck sogar gegen hölzerne Schornsteinkonstruktionen.<br />

Die Reihe der immer wieder auftretenden Stadtbrände belegen,<br />

daß die häufig zu lesende Ansicht, daß die eine oder andere Stadt<br />

von einem bestimmten Jahr an aus Stein errichtet wurde (und<br />

damit unausgesprochen voraussetzt, daß nun alle Häuser aus Stein<br />

waren) ein Märchen ist.<br />

Die Abschlußdiskussion am Abend <strong>des</strong> vierten Konferenztages leitete<br />

Gabriele Isenberg. Dazu führte sie mit einem Fragenkatalog<br />

ein:<br />

• Wie kann das vorgelegte Material genutzt werden?<br />

• Gibt es regionale Besonderheiten?<br />

• Können Wanderungsbewegungen nachgewiesen werden?<br />

• Haben wir genügend Material in einer Stadt, um die <strong>Gesellschaft</strong><br />

damit voll zu erfassen?<br />

• Was wissen wir über das Umfeld der Städte? Sind Einflüsse,<br />

die von dort auf den Hausbau in der Stadt eingewirkt haben,<br />

festzustellen?<br />

• Fragen der Materialbeschaffung: Naturstein – Ziegeleien –<br />

Blei.<br />

• Fragen nach dem Bau selbst: Konstruktion – Bautechnik –<br />

Baugrund – Gestalt = ein- oder mehrgeschossig.<br />

Nach dieser Einleitung gab es eine Fülle von Wortmeldungen, von<br />

denen einige herausgegriffen werden. M. Gläser wies auf die den<br />

Bauten zugrunde liegenden juristischen Normen hin, die z. B. im<br />

Sachsenspiegel oder im Lübischen Recht festgelegt waren. Hielt<br />

man sich beim Bau daran oder dominierte in der Realität die vorhandene<br />

Baupraxis und der gesunde Menschenverstand?<br />

G. P. Fehring wies darauf hin, daß der Hausbau außerhalb <strong>des</strong><br />

Hanseraums andere Formen und Konstruktionen hervorgebracht<br />

hat. Ein Vergleich mit Süddeutschland mache die Unterschiede<br />

offensichtlich.<br />

J. Schofield knüpfte an sein Referat an und stellte die Frage<br />

wie die mittelalterlichen Menschen das Haus begriffen, genutzt,<br />

betreten und verlassen haben. Funde würden über die Funktion<br />

der einzelnen Räume viel aussagen. Leider sei, <strong>für</strong> ihn enttäuschend,<br />

in der Tagung darauf nicht eingegangen worden. Er wies auch darauf<br />

hin, daß Baumoden gewandert seien.<br />

D. de Vries bemerkte, daß die Tagung soviel an Informationen<br />

geliefert habe, daß man sie nun erst einmal aufarbeiten müsse.<br />

Er plädierte außerdem da<strong>für</strong>, daß im Aufgehenden möglichst<br />

keine Rekonstruktionen vorgenommen werden sollten. Dem widersprach<br />

B. Ayers. Rekonstruktionen müssen nach seiner Ansicht<br />

durchgeführt werden, um neue Ideen zu entwickeln und zu prüfen,<br />

ob unsere Ansätze und Ergebnisse richtig seien.


Das Ende der Tagung fand auf dem in Travemünde liegenden Großsegler<br />

»Passat« statt. Ein heiterer musikalisch untermalter Abend<br />

schloß die anstrengende Tagung ab.<br />

Die Vorträge und Ergebnisse <strong>des</strong> Kolloquiums werden bis zur<br />

nächsten Tagung 2001 gedruckt vorliegen. »Stadtarchäologie im<br />

Hanseraum II« liegt seit November 1999 vor (vgl.Tezensionen). Alfred Falk, Lübeck<br />

Mit freundlicher Unterstützung der Städtischen Museen Rostock<br />

führte das Lan<strong>des</strong>amt <strong>für</strong> Bodendenkmalpflege Mecklenburg-Vorpommern<br />

am 8. Juli 1999 das 6. Kolloquium zur <strong>Archäologie</strong> <strong>des</strong><br />

Mittelalters und der Neuzeit in Mecklenburg-Vorpommern auf dem<br />

Traditionsschiff in Rostock durch. Bei dem diesjährigen Treffen<br />

wurden in erster Linie neueste Ausgrabungsergebnisse zum Handwerk<br />

vorgestellt.<br />

Mieczyslaw Grabowski konnte auf dem Wismarer Fürstenhof<br />

zahlreiche Ofenanlagen einer mittelalterlichen Bronzegießerei nachweisen.<br />

Hier<strong>für</strong> verwendete Backsteine wiesen zum Teil Spuren<br />

enormer Hitzeeinwirkungen auf. Weiterhin konnten sehr große und<br />

tiefe Gruben nachgewiesen werden. Der Grabungleiter sieht in dieser<br />

Werkstatt eine Glockengießerei.<br />

Bei einer archäologischen Rettungsgrabung in der Grubenstraße<br />

/ Ecke Fischbank in Rostock konnte Jonathan Burrows zahlreiche<br />

Überreste handwerklicher Tätigkeiten entdecken. Aus einer<br />

Grube kamen sehr viele ganze und fragmentierte Rinderhörner und<br />

-metapodien zutage, die die verschiedensten Arbeitsstufen einer<br />

Kammacherwerkstatt belegen. Es handelt sich um den ersten archäologischen<br />

Nachweis einer derartigen Werkstatt aus einer Altstadt<br />

Mecklenburg-Vorpommerns. Als Endprodukte sind zweizeilige<br />

Einlagenkämme aus Horn sowie Steilkämme aus Mittelfußknochen<br />

belegt. Auf dem Ausgrabungsareal konnten weiterhin neben zahlreichen<br />

Faßbodenrohlingen auch viele kleine bis mittelgroße Eisenteile<br />

geborgen werden, die eventuell von einer Schmiede oder einem<br />

Eisenhändler zeugen.<br />

In der Jacobiturmstraße 5a in Stralsund, in der in der frühen<br />

Neuzeit – wie historische Quellen belegen – die städtischen Münze<br />

untergebracht war, und auf angrenzenden Parzellen, führte Bernhard<br />

Ernst eine umfangreiche Ausgrabung durch. Hierbei konnten<br />

zahlreiche, zum Teil noch mit kleinen Goldkörnern behaftete<br />

Schmelztiegelreste geborgen werden, die sich gut mit der historisch<br />

erwähnten Münze in Verbindung bringen lassen.<br />

Jonathan Burrows stellte zahlreiche Bruchstücke von Patrizen<br />

und Matrizen der Kachelproduktion vor, die in der Lagerstraße /<br />

Ecke Pläterstraße in Rostock geborgen werden konnten. Die zum<br />

Teil reich verzierten Fundstücke datieren in die 2. Hälfte <strong>des</strong> 15.<br />

Jahrhunderts. Bei einer Ausgrabung am Stadtrand von Güstrow<br />

ließ sich ein System von mehreren Gruben nachweisen, die teilweise<br />

mit kleinen Gräben verbunden waren. Volker Demuth, der örtliche<br />

Grabungsleiter, vermutet hierin die Becken einer Gerberei.<br />

Über die archäologischen Untersuchungen in der Ueckerstraße<br />

in Pasewalk berichtete Verena Hoffmann. Neben interessanten<br />

Tagungsbericht<br />

6. Kolloquium zur<br />

<strong>Archäologie</strong> <strong>des</strong> Mittelalters<br />

und der Neuzeit in<br />

Mecklenburg-Vorpommern,<br />

in Rostock, 8. Juli 1999<br />

59


Heiko Schäfer, Stralsund<br />

Tagungsbericht<br />

Von der Feuerstelle zum<br />

Kachelofen.<br />

3. wissenschaftliches<br />

Kolloquium Stralsund,<br />

9. bis 11.12.1999<br />

60<br />

Warmluftheizung und<br />

Badeofen<br />

Siedlungsstrukturen, bestehend aus verschieden konstruierten<br />

Holzgebäuden, Grundstücksgrenzen und Gräben, konnten aus einem<br />

Brandhorizont <strong>des</strong> späten 13. Jahrhunderts mehrere Zentner<br />

Getreidereste entdeckt werden. Ein Schwerpunkt <strong>des</strong> Vortrages<br />

war die Vorstellung der archäobotanischen Analyse der Getreidereste.<br />

Giannina Schindler stellte die Ergebnisse einer Ausgrabung<br />

im südlichen Marktquartier in Ribnitz vor. Hierbei konnten zahlreiche<br />

Gebäudereste und Schächte dokumentiert werden. Eine große<br />

Besonderheit verkörpern die in der Mitte <strong>des</strong> 15. Jahrhunderts<br />

abgelagerten Fragmente spanischer Lüsterware. Im Vorbereich <strong>des</strong><br />

Gadebuscher Burgwalls konnte Frank Wietrzichowski eine archäologische<br />

Maßnahme durchführen, bei der auch Teile von eisernen<br />

Waffen zutage gekommen waren. Abschließend berichete Christine<br />

Wieczorek über die bauparallelen Dokumentationsarbeiten auf<br />

der Bützower Bischofsburg.<br />

Auf großes Interesse mit über 70 Teilnehmern stieß das vom Kulturhistorischen<br />

Museum der Hansestadt Stralsund ausgerichtete<br />

dreitägige Kolloquium zu den Themenbereichen Warmluftheizung,<br />

Feuerstellen und Ofenkeramik. Der Schwerpunkt der 17 Vorträge<br />

lag auf mittelalterlichen Stadtkerngrabungen. Geleitet wurde die<br />

Tagung von Dr. Manfred Schneider aus dem Kulturhistorischen<br />

Museum Stralsund, der auch eine Einführung zur Thematik und zu<br />

Stralsund lieferte, und von Dipl. Prähist. Gunnar Möller aus der<br />

städtischen Denkmalpflege.<br />

Einen Überblick über die Warmluftheizungen in Norddeutschland<br />

gab Dr. Diethard Meyer. Er sprach sich <strong>für</strong> eine begriffliche Trennung<br />

der mittelalterlichen »Warmluftheizungen« zu den römischen<br />

»Hypokaustanlagen« aus, da Warmluftheizungen nicht der Erwärmung<br />

<strong>des</strong> Fußbodens, sondern <strong>des</strong> Raumes bzw. gezielt einiger<br />

Personen dienten. Solange das Feuer brannte, blieben die Öffnungen<br />

der Heizung im Fußboden <strong>des</strong> zu erwärmenden Raumes geschlossen,<br />

damit diese nicht als Rauchabzug wirkten. Hier<strong>für</strong> benötigte<br />

Lochsteine mit Deckel bzw. Abdeckplatten sind, wie auch<br />

die Vorträge zeigten, immer wieder gefunden worden. Badeöfen<br />

hingegen benötigen keine solche Verschlußdeckel, wie Dr. Birgit<br />

Tuchen in ihren Ausführungen über »Heizeinrichtungen im öffentlichen<br />

Badehaus <strong>des</strong> 14. bis 18. Jahrhunderts« betonte. Ansonsten<br />

weise der Badeofen viele Gemeinsamkeiten mit Warmluftheizungen<br />

auf. Ein Befund aus Greifswald gab Anlaß zur Diskussion.<br />

Seine Interpretation als Badehaus wurde <strong>für</strong> unwahrscheinlich erklärt,<br />

da u. a. Verschlußdeckel nachgewiesen wurden, die Konstruktion<br />

<strong>für</strong> Badeöfen eher unüblich sei und <strong>für</strong>s Bad typische<br />

Beifunde fehlen. Auch Kachelöfen sind in Badehäusern nachgewiesen,<br />

allerdings befinden sie sich dort nicht im Baderaum selbst. Dr.<br />

D. Gaimster merkte in diesem Zusammenhang an, daß in London<br />

im »Badezimmer« Ofenkacheln gefunden wurden. Das Bad im da-


maligen Sinne kann man eher als Schweiß- oder Saunabad bezeichnen;<br />

die historischen Abbildungen haben laut B. Tuchen viel<br />

verunklärt, denn Wasserbäder hätte es nur zu besonderen Anlässen<br />

gegeben.<br />

Dr. Sophie Stelzle-Hüglin stellte die relativ neu erschienene<br />

Dissertation von Klaus Bingenheimer vor und setzte seine Ausführungen<br />

in Bezug zu »Drei Heizanlagen aus dem ehemaligen<br />

Franziskanerkloster in Ulm«. Bingenheimer unterscheidet in seinem<br />

Buch vier Typen von Luftheizungen: die Heißluft-Kanalheizung,<br />

die direkte Heizung mit Gewölbeofen, die indirekte Luftheizung<br />

mit Wärmetauscher und Rauchgastrennung und die Steinkammer-<br />

Luftheizung. Letztere ersetzt im späten Mittelalter die Warmluftheizung.<br />

Einen Überblick über »Kamin, Kachelöfen, Heißluftheizung in<br />

Lüneburg« gab Dr. Edgar Ring. Auffällig ist die Langlebigkeit der<br />

Heißluftheizung im Lüneburger Rathaus, welche bis ins späte 17.<br />

Jahrhundert hinein in Betrieb war. Dies hat seine Ursache laut E.<br />

Ring darin, daß das Lüneburger Rathaus nie umgebaut, sondern<br />

immer nur erweitert wurde. Diese Tatsache rief eine Diskussion<br />

u. a. über den Brennmittelverbrauch auf. In Lüneburg gab es damals<br />

auch in Hinblick auf die Saline Holz en masse, große Holzlagerstätten<br />

lagen vor der Stadt und in der Stadt gab es große Holzhöfe.<br />

Verfeuert wurden alle Arten von Holz; es ist sogar belegt,<br />

daß aus Mecklenburg »importiert« wurde. Im bürgerlichen Bereich<br />

hat sich der Kachelofen schnell durchgesetzt, da er leichter zu<br />

bedienen und einfacher konstruiert ist. Warmluftheizungen waren<br />

wohl beim Heizen großer Räume günstiger, aber ihr Ende scheint<br />

die allgemein fortschreitende Holzknappheit vorangetrieben zu haben.<br />

Es zeigte sich immer wieder, daß gerade Überlegungen zum<br />

Thema Brennmittelverbrauch, Lebensdauer eines Ofens oder einer<br />

Herdstelle mitunter sehr theoretisch sind. Daher wurde mehrfach<br />

auf Heizversuche <strong>des</strong> 19. Jahrhunderts auf der Marienburg in<br />

Ostpreußen hingewiesen.<br />

Rüdiger Schniek M.A. stellte Teile aus seiner an der Universität Kiel<br />

erstellten Magisterarbeit von 1994 über »Die Entwicklung der häuslichen<br />

Feuerstelle in Gebäuden <strong>des</strong> Mittelalters nördlich der Mittelgebirge«<br />

vor. Sein hauptsächliches Augenmerk galt den Feuerstellen<br />

und Heizanlagen <strong>des</strong> 12.-15. Jahrhunderts in den Städten der<br />

norddeutschen Küstenregion und ihres Hinterlan<strong>des</strong> sowie in den<br />

Städten Jütlands und der dänischen Ostseeinseln. R. Schniek arbeitete<br />

bestimmte Typen heraus, bei denen es aber oft schwierig<br />

ist, ihnen eine Funktion zuzuweisen. Offene Herdstellen aus Feldoder<br />

Backsteinen sind nach R. Schniek häufiger anzutreffen als<br />

Kachelöfen. Diese Feststellung bestätigten die Ausführungen der<br />

Kollegen aus Westfalen, Lübeck oder Lüneburg. Dies ist auch nicht<br />

verwunderlich, da solche Herdstellen leicht hergestellt werden<br />

konnten und ein breites »Nutzungsspektrum«, auch in Gewerbe<br />

und Handwerk, aufwiesen. Die Gesamtfrequenz der Feuerstellen<br />

sei in Norddeutschland im 12. Jahrhundert am höchsten, in Dänemark<br />

wäre im 12./13. zwar ein deutlicher Anstieg zu verzeichnen,<br />

der Höhepunkt liege dort aber erst im 14. Jahrhundert. Als Bilanz<br />

seiner Studie führt Rüdiger Schniek an, daß es ein Spektrum von<br />

typisch städtischen Herdstellen nicht gibt, aber eine Bevorzugung<br />

von Baumaterialien, vor allem Backstein festzustellen sei. Lehmkuppelöfen<br />

verbreiten sich fast ausschließlich in Städten <strong>des</strong> altdänischen<br />

Gebietes. Es treten hierbei regionale Besonderheiten,<br />

aber eine enge Verbindung zwischen Stadt und ländlichem Bereich<br />

auf. Daß ein solcher Überblick nicht immer dem Einzelfall gerecht<br />

Klaus Bingenheimer, Die Luftheizungen <strong>des</strong> Mittelalters.<br />

Zur Typologie und Entwicklung eines technikgeschichtlichen<br />

Phänomens, Hamburg 1998; Sophie<br />

Stelzle-Hüglin, Von Kacheln und Öfen. Untersuchungen<br />

zum Ursprung <strong>des</strong> Kachelofens und zu<br />

seiner Entwicklung vom 11.–19. Jahrhundert anhand<br />

archäologischer Funde aus Freiburg im Breisgau.<br />

Freiburger Dissertationen (Freiburg i. Br. 1999)<br />

38–43; Andrea Bräuning u. Sophie Stelzle-Hüglin,<br />

Drei Heizanlagen <strong>des</strong> ehemaligen Franziskanerklosters<br />

in Ulm. zur Entwicklung der mittelalterlichen<br />

Luftheizung. In: Mittelalterliche Öfen und Ofenanlagen.<br />

Beiträge <strong>des</strong> 3. Arbeitskreises zur archäologischen<br />

Erforschung <strong>des</strong> mittelalterlichen Handwerks.<br />

Materialhefte zur <strong>Archäologie</strong> in Baden-<br />

Württemberg (in Vorbereitung).<br />

Herdstellen<br />

61


62<br />

wird, wurde z. B. im Fall von Lübeck deutlich, zu dem sich der<br />

Ausgräber A. Falk dann selbst äußerte.<br />

Betty Arndt M.A. stellte die Feuerstellen eines spätgotischen<br />

Hauses in Göttingen vor. Im Januar 1999 wurde eine kleine<br />

Grabungsfläche im Dielenbereich eines nicht mehr bestehenden<br />

Hauses geöffnet. Auffallend waren mehrere Feuerstellen, die anscheinend<br />

immer wieder erneuert wurden und ganz unterschiedliche<br />

Bauformen aufwiesen. Ein in den ehemaligen Fußboden eingegrabener<br />

Kugeltopf könnte eine Funktion im Zusammenhang mit<br />

der Herdstelle als Glutdeponierung, Koch- oder Wasserbehälter<br />

gehabt haben. Parallelen hierzu konnten in Minden, Rostock und<br />

Höxter ausgemacht werden. Auch in Brandenburg fand man einen<br />

Kugeltopf in Zusammenhang mit einer Herdstelle, wie Dr. Joachim<br />

Müller in seinem Vortrag über die »Feuerstellen <strong>des</strong> deutschzeitlichen<br />

Mittelalters in Brandenburg an der Havel« ausführte. Er<br />

vermutet in diesem Fall, daß der Topf zur kalten Glutdeponierung<br />

diente. Desweiteren behandelte J. Müller einige klare Herdbefunde<br />

wie einen feinsandigen mit Asche, kleinen Speiseresten und Scherben<br />

versetzten Laufhorizont von bis zu 20 cm Dicke freigelegt,<br />

der auf ein offenes Feuer im Zentrum <strong>des</strong> Raumes hindeutete.<br />

Ofenkeramik / Kachelofen Einen sehr interessanten Kachelofenbefund aus Einbeck zeigte lic.<br />

phil. Eva Roth-Heege. Dieser konnte in der Ecke einer Bude unter<br />

einer Brandschuttpackung vom Stadtbrand 1540 ausgegraben werden.<br />

Bemerkenswert sind plastischen Ofenlehmfragmente, welche<br />

sich im Normalfall zersetzen und durch jenes Schadensfeuer glücklicherweise<br />

erhalten haben. 72 Napfkacheln, davon 56 unglasierte<br />

konnten gefunden werden, die ursprünglich mit einem Abstand<br />

von 5-7 cm in den Lehm gesetzt waren. In Einbeck erscheint dies<br />

als eine regionale Besonderheit und ist im Vergleich zu anderen<br />

Regionen <strong>für</strong> diese Zeit altertümlich. Durch typologische Vergleiche<br />

konnte festgestellt werden, daß Kacheln und Lehm <strong>des</strong> vorgestellten<br />

Ofens zeitlich übereinstimmen, dieser also nicht lange<br />

gestanden hat. Daß Lokaltraditionen von den Fürsten auch durchbrochen<br />

werden konnten, erläuterte H. Rosmanitz am Beispiel <strong>des</strong><br />

Herzogs von Württemberg, der sich aus der Töpfertradition »ausgeklinkt«<br />

hat und Öfen nach seinem Geschmack bauen ließ.<br />

Einen ausführlichen Einblick (siehe Kurzzusammenfassung)<br />

in die »Ofenkeramik in Westfalen« gab Dr. Hans Werner Peine, mit<br />

den hoch- und spätmittelalterlichen Exemplaren aus Lübeck befaßte<br />

sich Alfred Falk M.A.. Außer einer unveröffentlichten Magisterarbeit<br />

gäbe es bislang keinen Überblick über Lübecker Kacheln.<br />

Bei den frühen Kacheln sind Parallelen zu Westfalen wie z. B. Soest<br />

augenfällig, welche die Annahme einer Herkunft von Siedlern aus<br />

dieser Gegend bestärken. Bemerkenswert ist der schon mehrfach<br />

vorgeführte als Kopf ausgebildete Ofenaufsatz, welcher wohl Vergleiche<br />

aus der Berner Region besitzt.<br />

»Handel und Produktion von Ofenkacheln im Ostseegebiet<br />

von 1450 bis 1600« waren die Themen von Dr. David Gaimster<br />

aus London. Daß es den Eigentümern nicht immer auf den Inhalt<br />

ankam, zeigen deutsche Umschriften auf Kacheln im gesamten Untersuchungsraum.<br />

Sie verweisen ebenfalls wie vergleichbare Model auf<br />

eine deutsche Herkunft der Kacheln bzw. der Model. Allein in Lübeck<br />

sind in Grabungen 14 Matrizen <strong>für</strong> Nischenkacheln gefunden worden.<br />

Harald Rosmanitz M.A. stellte einige Öfen aus Südwestdeutschland<br />

vor. An einem Exemplar aus Coburg zeigte er eindrucksvoll,<br />

daß museale »Nachbauten« mitunter recht »unfachmännisch«<br />

wieder zusammengesetzt worden sind. Ein Großteil der<br />

nicht gebrauchten Kacheln vom »Ursprungsofen« seien im Coburger


Magazin zu finden. Auf den Bildbezug wurde in diesem Fall keine<br />

Rücksicht mehr genommen. Auch Öfen aus Puppenstuben seien<br />

als Quellen durchaus heranzuziehen. Öfen konnten auch »recycelt«<br />

werden, in dem Kacheln aus unterschiedlichen Öfen zu einem Exemplar<br />

zusammengesetzt wurden. Dies konnte auch Dipl. Prähist.<br />

G. Möller bestätigen, der da<strong>für</strong> Hinweise in den Stralsunder Töpferakten<br />

gefunden hat. Man schreckte auch nicht davor zurück, Kacheln<br />

<strong>für</strong> solch eine Wiederverwendung zu zersägen, wie dies im<br />

Fall eines Ofens aus dem Kloster Hirsau geschah. Ein Ofen habe<br />

durchaus unterschiedliche Bauphasen aufzuweisen, auf die man<br />

achten solle, so Rosmanitz. Da bei Abformungen ein Schwund von<br />

10 % als Mittelwert auftreten kann, sollen bei Angaben darüber<br />

immer auch die Maße angegeben werden. Die an seine Ausführungen<br />

anschließende Diskussion beschäftigte sich z. B. mit der Frage<br />

der systematischen Erfassung von Töpfernamen. Laut D.<br />

Gaimster seien erste Namen in Schweden herausgefunden worden,<br />

in Dänemark seien es durchweg deutsche Namen (z. B. auch<br />

aus Stralsund); Berman gilt immer noch als Ausnahme. Naturwissenschaftliche<br />

Analysen seien in Cornwall gemacht worden. G. Möller<br />

konnte <strong>für</strong> das Jahr 1660 einen Peter Bohl als Töpfergesellen und<br />

Bürger von Stralsund ausmachen, der ein Jahr später nach Schweden<br />

abgewandert war.<br />

Einen Vortrag über »Feuersicherheit und Beheizung von Gebäuden<br />

in den Schriften <strong>des</strong> Greifswalder Universitätsbaumeisters Carl August<br />

Menzel« hielt Dr. Michael Lissok von der Universität Greifswald.<br />

Holzeinbauten in Kaminen oder im oberen Teil von Kachelöfen<br />

seien bis ins 19. Jahrhundert hinein kein Einzelfall gewesen,<br />

was auch A. Falk <strong>für</strong> Lübeck bestätigen konnte. Als einziger Schutz<br />

vor Brand stand, so H. Rosmanitz, vor dem Kachelofen oftmals ein<br />

Wassereimer. Sogar <strong>für</strong> Menzels eigene Bauleitung konnte sein<br />

Anliegen bei der Eldenaer Landschaftsakademie nicht durchgesetzt<br />

werden. Dipl. Prähist. Gunnar Möller hatte die »Aspekte der Ofenproduktion<br />

anhand der Stralsunder Töpferakten« herausgearbeitet.<br />

Der hohe Konkurrenzdruck der Töpfer wurde z. B. durch Verbote<br />

gegen das illegale Ofensetzen der Maurer deutlich. Möller<br />

berichtete auch von mysteriösen To<strong>des</strong>fällen beim Anheizen <strong>des</strong><br />

Stubenofens bzw. durch undichte Kachelsetzungen.<br />

Dietmar Volksdorf M.A. von der städtischen Denkmalpflege<br />

Stralsund referierte über die »Hausgerechtigkeiten von Stralsunder<br />

Häusern« und ging ausgiebig auf das Darren ein. Einen sehr<br />

anschaulichen und interessanten Vortrag über »mittelalterliches<br />

Herdgerät aus Greifswald« hielt Dipl. Prähist. Heiko Schäfer. Besonders<br />

die Feststellung, daß die Bratspießhalter in den Löchern<br />

keine Abnutzungsspuren von Metallspießen aufwiesen, ist bemerkenswert.<br />

Über die Bezeichnung »Bräter« herrschte Uneinigkeit,<br />

da A. Falk eine Mehrfachfunktion annimmt. Auf jeden Fall seien die<br />

Böden bei den Lübecker Exemplaren nicht geschwärzt, so daß diese<br />

nur in Feuernähe standen.<br />

Dipl.-Ing. Jens Christian Holst gab abschließend einen Überblick<br />

über die Feuerstelle im Stralsunder Haus <strong>des</strong> Mittelalters. Es<br />

besitzt nur eine Feuerstelle in der Diele, welche auch als Herdstelle<br />

benutzt wurde. In diesem Zusammenhang verwies J. Holst<br />

eindrücklich auf die Dringlichkeit einer »bauarchäologischen« Untersuchung<br />

der Häuser vor der Sanierung, da wichtige Indizien und<br />

Spuren durch sie beseitigt werden. Anlaß zur Diskussion gaben<br />

ungewöhnliche Befunde aus Stralsunder Kirchen. In St. Nikolai ist<br />

im Chorumgangsbereich in einem Strebepfeiler ein Kamin <strong>des</strong> 17.<br />

Jahrhunderts eingebaut. Ein Fayencekachelofen Karls XI. aus der<br />

Stralsund und Greifswald<br />

63


Claudia Hoffmann M.A., Stralsund<br />

64<br />

Kammer neben dem Umgang von St. Marien, befindet sich im Altbestand<br />

<strong>des</strong> Kulturhistorischen Museums Stralsund und wird ebenfalls<br />

ins 17. Jahrhundert datiert. In St. Nikolai konnten auch Reste<br />

von Hypokaustanlagen entdeckt werden, der Rauchabzug war dort<br />

im Wandpfeiler integriert, was auch an gezeigten Exemplaren in<br />

Lüneburg und Lübeck vorkam.<br />

An die beiden Vortragstage schloß sich ein Exkursionstag an, an<br />

dem durch Stralsunder Häuser geführt wurde und einige interessante<br />

Baubefunde durch Dipl.-Ing. Jens Christian Holst erläutert<br />

werden konnten. Im Johanniskloster mit seiner Heißluftheizung und<br />

dem Räucherboden führte der Archivdirektor Dr. H.-J. Hacker, das<br />

neu eröffnete Museumshaus in der Mönchstraße 38 wurde von Dr.<br />

Claudia Kimminus-Schneider erklärt. Als Studioausstellung konnten<br />

im Kreuzgang <strong>des</strong> Kulturhistorischen Museum einige Quadratund<br />

Rechteckkacheln der Renaissancezeit aus dem Altbestand <strong>des</strong><br />

Museums besichtigt werden.<br />

Die Vorträge <strong>des</strong> Kolloquiums werden in den Stralsunder Beiträgen<br />

veröffentlicht. Dort sollen dann vor allem die regionalen<br />

Themen eine besondere Berücksichtigung erfahren; so werden die<br />

Kacheln aus dem Altbestand <strong>des</strong> Museums von der Verfasserin<br />

und Volkskundliches zum Thema Feuer von Dipl. Ethn. Gerlinde<br />

Dörries vorgestellt werden.


Es ist sehr zu begrüßen, dass nun auch Wien eine neue Publikationsreihe<br />

über Aktuelles aus der Stadtarchäologie aus der Taufe gehoben<br />

hat. Der im DIN A4-Format in modernem, mit vielen Farbabbildungen<br />

ausgestattetem, anspruchsvollem, aber auch sehr<br />

ansprechendem Layout erschienene erste Band soll laut programmatischem<br />

Vorwort <strong>des</strong> Stadtarchäologen Ortolf Harl darüber berichten,<br />

was archäologisch »in Wien zu finden« ist.<br />

Es ist offensichtlich, dass der Anstoss zu dieser Reihe von<br />

den überregional bedeutenden Ausgrabungen am Wiener Judenplatz<br />

kam, dem auch der erste der insgesamt 15 umfangreicheren<br />

Aufsätze gewidmet ist. Heidrun Helgert fasst darin den damals<br />

schon weit fortgeschrittenen Bearbeitungsstand der Synagogengrabung<br />

zusammen. Ebenfalls aus der Feder <strong>des</strong> jungen Judenplatz-Archäologenteams<br />

entspringen zwei weitere Ausgrabungsberichte,<br />

die sich mit den römischen Kasernen unter dem Judenplatz<br />

(Werner Chemlar und Heidrun Helgert) sowie mit der Bauforschung<br />

und Hausgeschichte <strong>des</strong> der Synagoge benachbarten<br />

Anwesens Judenplatz 8 (Paul Mitchell und Doris Schön) befassen.<br />

Der ebenfalls von Helgert verfasste Aufsatz über das Projekt Judenplatz<br />

bietet in Form eines Tätigkeitsberichtes eine Grabungschronik<br />

dieser sicherlich bedeutendsten Stadtkernuntersuchung Wiens.<br />

Ein ganzes Kapitel der neuen Publikationsreihe ist der Öffentlichkeitsarbeit<br />

gewidmet – ein Novum gemessen am Stellenwert,<br />

der diesem immer wichtiger werdenden Aspekt der <strong>Archäologie</strong><br />

zukommt. Gerade aus der Sicht eines in der praktischen Denkmalpflege<br />

arbeitenden Lesers und sicherlich auch aus der Perspektive<br />

eines interessierten Laien sind die Berichte Ȇber die Unbezahlbarkeit<br />

freiwilliger Helfer« und über die »Initiative Juniorarchäologie,<br />

oder: Wieviel <strong>Archäologie</strong> braucht die Schule?« (beide<br />

von Sigrid Strohschneider-Laue) hoch interessant. Insbesondere<br />

der Einsatz der SeniorInnen, der in Wien schon auf eine längere<br />

Tradition zurückblicken kann, zeichnet neue Wege der Öffentlichkeitsarbeit,<br />

die auch andernorts Schule machen sollten: »Wenn<br />

Tonscherben wieder zu Gefäßen werden: Keramikrestaurierung mit<br />

der Unterstützung von SeniorarchäologInnen« (Gergana Kleinecke).<br />

Unter der Überschrift »<strong>Archäologie</strong> und Computer« fanden<br />

eine Reihe längerfristig laufende Projekte in der Publikation Raum<br />

zur Vorstellung, zum Teil mit doppelseitigen, detaillierten Plänen<br />

mit Befund- und Fundkartierungen sowie mehrseitigen Fundstellenverzeichnissen.<br />

Diese dienen der Illustration verschiedener EDVgestützter<br />

Erfassungs- und Invertarisierungsprojekte, deren Grundlagen<br />

von Wolfgang Börner im Aufsatz »<strong>Archäologie</strong> und Computer«<br />

summarisch dargestellt sind. Dass diese Arbeiten, die bereits<br />

seit 1996 durch jährlich stattfindende Workshops gleichen Namens<br />

begleitet werden, in vielen archäologischen Bereichen der<br />

Stadtarchäologie offensichtlich mit viel Erfolg eingesetzt wurden,<br />

belegen die diversen Projekte, sei es die »Dawisa 1.0: Die Grabungsund<br />

Funddatenbank der Stadtarchäologie Wien« (Ute Hofmeister),<br />

die digitale Erfassung der archäologischen Zeichnungen von der<br />

Ausgrabung am Judenplatz (Ina Bauer), der »archäologische Kataster«<br />

(Wolfgang Börner und Christoph Öllerer) oder die EDVgestützte<br />

Erfassung alter Fundmeldungen (Ute Stipanits) – Berichte,<br />

die man eigentlich durch eine praktische Vorführung am PC<br />

ergänzen müsste. Dass dies nicht möglich ist, liegt in der Natur<br />

der klassischen Publikation! Überzeugender, da auch mit reichlich<br />

Rezension<br />

Fundort Wien. Berichte zur <strong>Archäologie</strong><br />

1/98. Hrsg. von Ortolf Harl.<br />

Wien, Forschungsgesellschaft<br />

Wiener Stadtarchäologie. Erscheint<br />

jährlich, EUR 58.00<br />

65


Silvia Codreanu-Windauer<br />

Bayerisches Lan<strong>des</strong>amt <strong>für</strong> Denkmalpflege,<br />

Keplerstraße 1, 93047 Regensburg<br />

Rezension<br />

Paulus, Helmut-Eberhard, Hermann<br />

Reidel und Paul W. Winkler (Hrsg.),<br />

Wasser, Lebensquelle und Bedeutungsträger.<br />

Wasserversorgung in<br />

Vergangenheit und Gegenwart.<br />

Regensburger Herbstsymposion zur<br />

Kunstgeschichte und Denkmalpflege,<br />

Band 4. Regensburg: Schnell +<br />

Steiner 1999. 21 Beiträge, 208 S.<br />

ISBN 3-7954-1250-1. DM 39,80.<br />

66<br />

Plan- und Listenmaterial versehen, erscheinen die Leistungen der<br />

Wiener Stadtarchäologie im Bereich der digitalen Erfassung der<br />

alten und neuen Grabungen im Legionslager Vindobona (Martin<br />

Mosser) bzw. der archäologischen Fundstellen im 3. Wiener Bezirk,<br />

den ehemaligen canabae legionis (Ingrid Mader) – sicherlich<br />

eine leicht zugängliche Datenbasis <strong>für</strong> Bauwillige und <strong>für</strong> weitere<br />

archäologische Forschungen, aber auch eine anregende Lektüre<br />

<strong>für</strong> Mitarbeiter einiger staatlicher Denkmalämter!<br />

Klassischer geht es im letzten Teil von »Fundort Wien« zu:<br />

neben Kurzberichten, u. a. zur hallstattzeitlichen Siedlung von Wien-<br />

Oberlaa (Christine Ranseder), römischen Siedlungsbefunden in<br />

Unterlaa (Kristina Wolf) und neuzeitlichen Befunden aus Schloss<br />

Kaiserebersdorf (Michaela Müller) legt Elfriede Hannelore Huber<br />

40 beigabenlose, spätawarische Gräber aus Wien-Simmering vollständig<br />

vor. Abschließend kann »Fundort Wien« mit einer reichlich<br />

bebilderten Fundchronik (Plan <strong>des</strong> Fundortes, Farbfotos und Fundzeichnungen)<br />

aufwarten. Die Reihe kann sich einer großen Vielfalt<br />

archäologischer Beiträge rühmen. Wir wünschen »Fundort Wien«<br />

viel Erfolg und hoffen, dass das Buch mit seiner ein breites Publikum<br />

ansprechenden Erscheinung, in hervorragender Druckqualität,<br />

trotz <strong>des</strong> stattlichen Preises von EUR 58.00 eine große Verbreitung<br />

findet.<br />

Titel und Titelbild führen auf den ersten Blick in die Irre: Theologische<br />

und kunsthistorische Aspekte sind nur ganz am Rand zu finden,<br />

die Wasserversorgung in der Gegenwart wird ebenfalls nicht<br />

weiter angesprochen. Für die <strong>Archäologie</strong> <strong>des</strong> Mittelalters und der<br />

Neuzeit ist das Buch aber von hoher Bedeutung: Befunde zur historischen<br />

Wasserversorgung in Regensburg und in Europa standen<br />

im Mittelpunkt eines Regensburger Symposions vom 20.23.<br />

November 1997, zu dem die Stadt zusammen mit dem Lan<strong>des</strong>amt<br />

<strong>für</strong> Denkmalpflege sowohl die über Regensburg forschenden<br />

Fachleute verschiedener Disziplinen als auch auswärtige WissenschaftlerInnen<br />

aus zahlreichen Ländern eingeladen hatte (s. <strong>Mitteilungen</strong><br />

der AG Mittelalter 9, 1998, 69). Ihre Vorträge werden<br />

zum größten Teil in diesem handlichen und preiswerten Band vorgelegt.<br />

Die erste Gruppe der Beiträge ist Befunden außerhalb Regensburgs<br />

gewidmet. Sheila Bonde und Clark Maine stellen, auf<br />

Basis ihrer langjährigen Forschungen an der Abtei St-Jean-<strong>des</strong>-<br />

Vignes in Soissons, die Wasserversorgungseinrichtungen <strong>des</strong> Klosters<br />

in den Kontext der gesamten Stadt Soissons – in Form eines<br />

Survey. In ihren Blick geraten dabei nicht nur die anderen kirchlichen<br />

Institutionen, sondern auch die Frühzeit der städtischen<br />

Wasserversorgung. Die archäologischen Befunde an St-Jean können<br />

jedoch vorerst nur mit archivalischen Nachrichten und historischen<br />

Plänen konfrontiert werden. Glynn Coppack hat archäologische<br />

Befunde zu freistehenden Brunnen in den Kreuzgängen englischer<br />

Klöster gesammelt – es handelt sich um eine »kontinentale<br />

Form«, die höchst selten blieb, weithin beschränkt auf Priorate<br />

von Cluny und auf frühe Zisterzienserklöster. Virgolino Ferreira<br />

Jorge und José Manuel Mascarenhas präsentieren das ungewöhnlich<br />

aufwendige Aquädukt <strong>des</strong> portugiesischen Templerklosters<br />

Tomar, das 1593-1614 errichtet wurde, sowie die zugehörigen


Anlagen <strong>des</strong> Wasserspeicherung und -verteilung im Kloster selbst.<br />

Rafael Cómez Ramos stellt Befunde und Schriftquellen zur mittelalterlichen<br />

Wasserversorgung der Stadt Sevilla vor: 1172 hatten<br />

die Almohaden eine Quellwasser-Aquäduktleitung von 17,2 km<br />

Länge geschaffen, die bereits einen römischen Vorgänger hatte<br />

und bis in die Neuzeit in Gebrauch blieb. Barbara Scholkmann resümiert<br />

übergreifend Aspekte der »Öffentliche[n] und private[n]<br />

Wasserversorgung als Forschungsproblem der Mittelalterarchäologie«<br />

in Dörfern, Burgen, Städten und Klöstern, in der<br />

Alltagskultur und im sakralen Kontext - ausgehend von jüngeren<br />

Publikationen. Weithin auf Textüberlieferung beschränkt bleibt der<br />

Beitrag von Birgit Tuchen zu Badhäusern. Weitere übergreifende<br />

Artikel haben die Herausgeber in den zweiten Teil <strong>des</strong> Ban<strong>des</strong> gestellt:<br />

Klaus Grewe diskutiert die technologischen Traditionen von<br />

der römischen bis zur hochmittelalterlichen Wasserbaukunst. Albrecht<br />

Hoffmann präsentiert auf Grundlage von Schrift- und Bildquellen<br />

sowie frühen Fachpublikationen die »Experten <strong>des</strong> städtischen<br />

Rohrleitungsbaus« im Spätmittelalter als vielgefragte Fachleute<br />

der »technischen Intelligenz«.<br />

Die zweite Gruppe der Beiträge ist dem »Wasser« in der Stadt<br />

Regensburg gewidmet. Den Anfang macht eine nützliche Auswertung<br />

der frühneuzeitlichen Baupläne zu Regensburger Mühlen, die<br />

Peter Germann-Bauer erarbeitet hat; berücksichtigt werden nicht<br />

nur die Mahlmühlen, sondern auch die technisch genutzten Mühlwerke;<br />

die Pläne sind im Anhang zusammengestellt. Lutz-Michael<br />

Dallmeier gibt einen Überblick über Bauweise und Gestaltung der<br />

öffentlichen und privaten Grundwasserbrunnen, wie sie bis 1551<br />

die einzige Form der Wasserversorgung außerhalb der Klöster bildeten.<br />

Helmut-Eberhard Paulus führt eine ältere Studie (»Wasser<br />

im Dienste reichsstädtischer Repräsentation«, Verhandlungen <strong>des</strong><br />

Historischen Vereins <strong>für</strong> Regensburg und die Oberpfalz 136, 1996,<br />

33–48) weiter und fragt nach der Ikonographie eines »Brunnenprogramms«,<br />

das der Regensburger Rat zwischen 1566 und 1721<br />

mit sechs aufwendig gestalteten Laufbrunnen im öffentlichen Raum<br />

verfolgt hat. Erst einige Seiten später findet sich der inhaltlich<br />

zugehörige Beitrag von Franz Kastenmeier zu den reichsstädtischen<br />

Brunnstuben und Wasserleitungen, die diese Brunnen gespeist haben.<br />

Wichtige Neuentdeckungen und neue Forschungen betreffen<br />

die Wasserversorgung der hochmittelalterlichen Klöster Regensburgs:<br />

Silvia Codreanu-Windauer stellt die erst durch neue archäologische<br />

Forschungen faßbaren Brunnenstuben <strong>des</strong> Klosters<br />

Karthaus-Prüll vor: Nachdem 1991 eine hochmittelalterliche Brunnenstube<br />

in Neuprüll entdeckt wurde, konnte 1996 eine barocke<br />

Brunnenstube nahebei wiedergefunden werden, 1997 kam die<br />

mittelalterliche Vitusquelle im Kloster selbst neu in den Blick –<br />

damit neu aufgeworfene Fragen, wie z.B. die Zellen der 1484 anstelle<br />

<strong>des</strong> Benediktinerklosters eingerichtete Kartause mit Wasser<br />

versorgt waren, bedürfen weiterer Forschung. Ebenfalls erst 1997<br />

wurde das romanische Brunnenhaus <strong>des</strong> suburbanen Klosters<br />

Prüfening genauer untersucht; Harald Gieß resümiert, leider ohne<br />

neue Abbildungen, die Ergebnisse einer Abschlußarbeit <strong>des</strong> Bamberger<br />

Aufbaustudiums Denkmalpflege. Lange schon im Blick der<br />

Forschung war die Wasserleitung, die Abt Peringer II. († 1201) im<br />

Kloster St. Emmeram einrichten ließ; der Bericht von Hermann Reidel<br />

geht leider nicht wesentlich über die Vorstellung der schon bekannten<br />

Schriftquellen und Befunde hinaus. Abgerundet wird der<br />

Regensburg-Teil mit einem Beitrag zur 1860 geschaffenen, modernen<br />

Wasserversorgung und zur Darstellung von Donau und<br />

Regen in poetischen Regensburg-Beschreibungen <strong>des</strong> 17.-20. Jahrhunderts.<br />

67


Matthias Untermann<br />

Kunsthistorisches Institut, Seminarstraße<br />

4, D-69117 Heidelberg<br />

Rezension<br />

Peter Donat: Gebesee – Klosterhof<br />

und königliche Reisestation <strong>des</strong> 12.<br />

Jahrhunderts Weimarer Monographien<br />

zur Ur- und Frühgeschichte<br />

Bd. 34, 240 S., 107 Abb., 2 Taf.<br />

Hrsg.: Thüringisches Lan<strong>des</strong>amt <strong>für</strong><br />

Archäologische Denkmalpflege;<br />

Stuttgart: Theiss Verlag 1999,<br />

ISBN 3-8062-1349-6<br />

68<br />

Den Abschluß bildet ein Katalog der Objekte und Pläne, die 1997/<br />

98 in einer Sonderausstellung zu diesem Thema im Regensburger<br />

Historischen Museum zu sehen waren. Er ist – mit seinen Fotos<br />

und Detailbeschreibungen – eine wichtige Ergänzung zu den vorgenannten<br />

Aufsätzen.<br />

Weit über Regensburg hinaus ist diese Publikation ein wichtiger<br />

Baustein <strong>für</strong> Fragen der klösterlichen Wasserversorgung – deren<br />

vielerorts vorangetriebene Erforschung nach dem wegweisenden<br />

Buch »Wasserversorgung im Mittelalter« (Mainz 1991) zuletzt<br />

im monumentalen Tagungsband »L’hydraulique monastique.<br />

(Grâne 1996)« und im niedersächsischen Sammelband »Von Brunnen<br />

und Zucken, Pipen und Wasserkünsten. Neumünster 1998«<br />

greifbar wird. Bei der Erforschung der städtischen Wasserversorgung<br />

stehen wir immer noch am Anfang: Gut faßbar sind lediglich<br />

die spätmittelalterlichen, mit hohem Aufwand gebauten Wasserleitungen<br />

und die vielerorts höchst bemerkenswert gestalteten<br />

Laufbrunnen – in denen Rat und Bürgerschaft ihre wirtschaftliche<br />

Leistungsfähigkeit und ihre politischen Ambitionen demonstrierten.<br />

Die private und öffentliche Wasserversorgung <strong>des</strong> frühen und<br />

hohen Mittelalters bedarf noch intensiver Forschung, die Befunde,<br />

Grundstücks- und Stadtstrukturen in den Blick nehmen muß. Wenig<br />

verständlich erscheint schließlich, gerade <strong>für</strong> eine Stadt wie<br />

Regensburg, daß die jüdischen Ritualbäder aus diesem Überblick<br />

ausgeblendet sind. Auch das Phänomen <strong>des</strong> Brunnens im Kirchenraum,<br />

von Dallmeier und Scholkmann nur kurz gestreift, hätte intensivere<br />

Aufmerksamkeit verdient – doch das schmälert den Nutzen<br />

dieses neuen Ban<strong>des</strong> nicht.<br />

Nach mehreren Vorberichten legt Peter Donat nunmehr die Ergebnisse<br />

der von ihm in den Jahren 1985–1993 vollständig<br />

ergrabenen früh- bis hochmittelalterlichen Siedlung Gebesee<br />

nördlich von Erfurt vor. Sie gilt als eine der bedeutendsten Grabungen<br />

Thüringens. Bereits im 8. Jh. hatte das Kloster Hersfeld<br />

von Karl dem Großen die Villikation Gebesee als Gründungsschenkung<br />

erhalten. 1004 urkundet Heinrich II. in Gebesee. Donat<br />

gelang der archäologische Nachweis, daß Gebesee primär Klosterhof<br />

mit angeschlossener Handwerkersiedlung war, jedoch bis in<br />

das späte 11. Jh. auch als königliche Reisestation diente. Die<br />

insgesamt 5,4 ha große, nordsüdorientierte, dreiteilige, befestigte<br />

Anlage lag auf einer Anhöhe im Mündungswinkel von Gera<br />

und Unstrut auf dem Klausberg. Sie gliedert sich in eine Hauptburg<br />

mit kleiner Saalkirche und repräsentativen Gebäuden, die<br />

königliche Reisegesellschaften beherbergen konnten, sowie einer<br />

nördlichen und einer südlichen Vorburg. Die archäologischen<br />

Befunde und Funde der Siedlungshorizonte datieren vom frühen<br />

10. bis in das späte 12. Jh. Die Handwerkersiedlung lag auf der<br />

nördlichen 3,5 ha großen Vorburg. Sie erwies sich aufgrund ihrer<br />

dichten Bebauung mit über 350 Gebäuden (u.a. Ständerbauten,<br />

Grubenhäuser, Pfostenhäuser, Scheunen, Speicher, Keller) als<br />

wahrer Glücksfall, da man insgesamt 218 Grubenhäusern systematisch<br />

untersuchen konnte. Donat gelangte dabei zu neuen<br />

und schlüssigen Erkenntnissen bzgl. Bauweise, Inneneinrichtung


und Funktion dieser durchweg unbeheizten Bauten, die er – nachvollziehbar<br />

– mehrheitlich als Webhäuser (und nicht als Keller!)<br />

anspricht.<br />

Einleitend wird die Entdeckungs- und Grabungsgeschichte sowie<br />

die Siedlungslage Gebesees dargestellt. Im Anschluß daran<br />

werden anhand der heranziehbaren archivalischen Quellen ihre<br />

geschichtliche und wirtschaftliche Bedeutung sowie die politische<br />

Stellung Gebesees aus historischer Sicht vorgestellt.<br />

Im Hauptteil der Arbeit befaßt sich Peter Donat mit der Vorlage<br />

und Beschreibung sowie der stratigraphischen, chronologischen<br />

und funktionalen Zuordnung der überaus vielfältigen archäologischen<br />

Befunde, die das gesamte Spektrum einer hochmittelalterlichen<br />

Siedlung abdecken:<br />

Das zweiphasige Befestigungssystem wurde im 10. Jh. als<br />

mehrteilige Grabenanlage errichtet, die die drei Siedlungsbereiche<br />

(Hauptburg, nördliche und südliche Vorburg) jeweils im Halbrund<br />

umschlossen und am 20 m hohen Steilhang zur Gera endeten. Im<br />

11. Jh. wurde dann vor der Innenseite <strong>des</strong> Hauptburggrabens eine<br />

Trockenlehmmauer aus Travertin errichtet. Als Zugang wurden im<br />

Südosten Reste einer Toröffnung und einer Holzbrücke festgestellt.<br />

Auf der Hauptburg sind die kreuzförmige Saalkirche mit eingezogener<br />

Apsis und nordwestlich davon ein großer Bohlenständerbau<br />

als exponierte Gebäude der älteren Phase (10. Jh.) hervorzuheben.<br />

In der zweiten, jüngeren Phase (11. Jh.) wird ein wesentlicher<br />

Wandel in der Bautätigkeit eingeleitet, da neben der<br />

Befestigungsmauer alle wichtigen Gebäude aus Travertin errichtet<br />

wurden. Die Hauptburg verfügt über ein geschlossenes Ensemble<br />

aus Kirche, Palas und Wohngebäuden. Vom schlichten<br />

apsidialen Saalbau der jüngeren Kirche wird über eine Westempore<br />

ein sich unmittelbar westlich anschließender Palas erreicht, der als<br />

zweigeschossiger Saalbau in der Tradition vergleichbarer Bauten<br />

ottonischer Pfalzen steht. Eine direkte Parallele zu dieser ungewöhnlichen<br />

Bauanordnung fand Donat in der im Jahre 974 gegründeten<br />

Reichsburg Ename bei Oudenaarde in Ostflandern, wo ein langgestreckter<br />

Saalbau als Palas mit anschließender in gleicher Achse<br />

liegender Saalkirche ergraben wurde. Gemeinsam mit einem repräsentativ<br />

von Laubengängen umgebenden Gebäudekomplex läßt<br />

sich dieses Ensemble auch hinsichtlich seiner Größe und Bauqualität<br />

in die Nähe der Königspfalzen <strong>des</strong> 11. Jh. stellen. Die im Norden<br />

der Hauptburg errichteten Giebelpfosten- und Grubenhäuser sowie<br />

Ständerbauten und Zisternen bestätigen diesen Eindruck. Ein<br />

kleiner Friedhof südlich der Kirche mit insgesamt 22 Bestattungen<br />

diente als Grablege der Ministerialenfamilie, die die Gebeseer Grundherrschaft<br />

vom Reichskloster Hersfeld übertragen bekommen hatte.<br />

Auch <strong>für</strong> die nördliche Vorburg ist ein mehrphasiger Siedlungsablauf<br />

aufgrund von Überschneidungen sowie einer im Verlauf der<br />

rund zweihundertjährigen Besiedlung nachgewiesenen allmählichen<br />

Verlagerung der Bebauung vom nördlichen in den mittleren Vorburgbereich<br />

anzunehmen. Diese besteht in der Mehrzahl aus<br />

Grubenhäusern, von denen 218 vollständig untersucht und größtenteils<br />

mit Grundriß- und Schnittzeichnung abgebildet wurden. In<br />

der Regel waren sie bis zu 0,50 m in den Boden eingetieft und<br />

verfügten über ein Gerüst mit Grundschwelle, Giebel- und<br />

Eckpfosten. Bis auf wenige Ausnahmen fehlen zwar Hinweise auf<br />

Öfen oder Herdanlagen, jedoch spricht die Anhäufung von Schmiede-<br />

und Schlackeresten in min<strong>des</strong>tens 33, sowie die von Webstühlen<br />

und Webgewichten in min<strong>des</strong>tens 44 Häusern <strong>für</strong> die funktionale<br />

Zuordnung als Grubenhaus und/oder Werkstatt. Deutlich davon<br />

zu differenzieren waren die insgesamt 10 Keller, die bis zu<br />

1,0 m eingetieft waren und über einen langen, abgestuften Zu-<br />

69


Abb. 1: Gebesee, Versuch zur Rekonstruktion<br />

der zweiten Bauphase (11.<br />

Jh.): Donat, S: 193 Abb. 107.<br />

70


gang verfügten. Die Arbeitskräfte, die in diesem Handwerksareal<br />

vor allem Stoffe und Schmiederzeugnisse <strong>für</strong> den Klosterhof herstellten,<br />

lebten jedoch nicht dort, sondern in umliegenden Siedlungen.<br />

Auf der südlichen Vorburg fehlen jegliche Spuren von<br />

Siedlungtätigkeit: Dort standen jedoch – vergleichbar mit Gebäuden<br />

auf der Vorburg der Pfalz Tilleda – ungewöhnlich große<br />

einschiffige Pfostenhäuser, die als Scheunen <strong>für</strong> Getreide u.ä. gedient<br />

haben.<br />

An den Hauptteil schließt sich die ebenso wichtige Besprechung<br />

der Funde in der Reihenfolge Keramik und Kleinfunde an.<br />

Die überwiegend früh- bis hochmittelalterliche Keramik wird von<br />

Donat nach Warenarten und Randformgruppen relativchronologisch<br />

in vier Keramikhorizonte eingeteilt. Die durch Clusteranalysen herausgefilterten<br />

Entwicklungsabfolgen entsprechen den von W.<br />

Timpel herausgearbeiteten Tendenzen der Keramikentwicklung im<br />

mittleren und westlichen Thüringen <strong>für</strong> das 10.–12. Jh. Eine<br />

darüberhinausgehende Feindatierung war nicht möglich.<br />

Bei den Kleinfunden sind Geräte und Gegenstände <strong>für</strong> die<br />

Textil- und Metallverarbeitung (z.B. Glättsteine und Werkstücke)<br />

sowie <strong>für</strong> die Land- und Hauswirtschaft besonders hervorzuheben.<br />

In seinem ausführlichen Resümee erläutert Peter Donat im<br />

Vergleich der archäologischen Befunde und Funde von Gebesee<br />

mit bereits bekannten archäologischen und archivalischen Quellen<br />

die Entwicklung, Funktion und Zeitstellung der Siedlung. Besonders<br />

anschaulich ist die zeichnerische Rekonstruktion der beiden<br />

Bauphasen, die die räumliche, funktionale und wohl auch soziale<br />

Differenzierung Gebesees mit dem Werkstättenareal im Norden,<br />

der Ministerialenwohnstätte und Reisestation in der Mitte und dem<br />

Speicherscheunenareal im Süden verdeutlicht (Abb. 1).<br />

Im Katalogteil werden sämtliche ebenerdigen und eingetieften<br />

Häuser, sonstige bauliche Einrichtungen mit gebäudeartigem Charakter<br />

sowie ausgewählte Gruben ausführlich und mit Verweis auf<br />

die entsprechende Abbildung im Textteil beschrieben.<br />

Zum Schluß bleibt die sorgfältige Analyse, Deutung und Einordnung<br />

der Baubefunde und Funde, deren gute, zeichnerische<br />

Vorlage sowie die umfangreiche Bibliographie besonders hervorzuheben.<br />

Aus diesem Grunde ist der Mangel an <strong>für</strong> den Detail- und<br />

Gesamteindruck wichtigen fotografischen Abbildungen zu verkraften.<br />

Durch die annähernd vollständige archäologische Untersuchung<br />

<strong>des</strong> Klosterhofes Gebesee gelang es Donat einen »ungestörten«<br />

Blick auf die Dimension der wirtschaftlichen Möglichkeiten und politischen<br />

Handlungsspielräume, die sich den großen Reichsklöstern<br />

wie Hersfeld in ottonischer Zeit boten, zu eröffnen.<br />

Ein in jeder Hinsicht wichtiger Beitrag zur deutschen Mittelalterarchäologie.<br />

Christiane Hemker<br />

Lan<strong>des</strong>amt <strong>für</strong> <strong>Archäologie</strong>,<br />

Zur Wetterwarte 7<br />

01109 Dresden<br />

71


Rezension<br />

Manfred Gläser (Hrsg.), Lübecker<br />

Kolloquium zur Stadtarchäologie im<br />

Hanseraum II: Der Handel. Lübeck<br />

1999<br />

72<br />

Die Ergebnisse <strong>des</strong> zweiten in Lübeck-Travemünde vom 10. bis<br />

13. November 1997 gehaltenen Kolloquiums zur »Stadtarchäologie<br />

im Hanseraum« liegen uns hier in der Form eines gewichtigen<br />

Sammelban<strong>des</strong> vor. Nachdem das erste Kolloquium 1995 zu einer<br />

Bestandsaufnahme der stadtkernarchäologischen Forschung im<br />

Hanseraum beitrug, wurde nunmehr das Thema »Archäologische<br />

Erkenntnisse zum Handel vom 12. bis 17. Jahrhundert« den Referenten<br />

vorgeschlagen.<br />

Wie auch 1995 wurden verbindliche Fragen vorgegeben, um<br />

so eine gewisse Einheit der Beiträge und eine gemeinsame Basis<br />

zur Diskussion zu schaffen:<br />

1. Wo in der Stadt wurde gehandelt?<br />

2. Was wurde gehandelt (Handelsgüter)?<br />

3. Von wo kamen und wohin gingen die Waren (Import und Export)?<br />

4. Wer handelte?<br />

Die archäologischen Zeugnisse aufgrund dieser Fragen auf den<br />

Prüfstand zu stellen, war Ziel dieser Tagung.<br />

Teilnehmer aus 41 Städten und 12 Ländern, von Irland bis<br />

Rußland und von Norddeutschland bis Norwegen, referierten jeweils<br />

über ihre Stadt. Deutschland war mit 13 Beiträgen besonders<br />

stark vertreten. Lediglich zwei Beiträge, die sich ausschließlich<br />

mit dem Keramikhandel beschäftigten, wurden allgemeiner bzw.<br />

theoretisch abgehalten (so David Gaimster über den »Keramikmarkt<br />

in Ostseeraum 1200 bis 1700: Exportkeramik als Indikator<br />

<strong>für</strong> Fernhandelsbeziehungen und die Wanderung <strong>des</strong> hansischen<br />

Handwerks und der Wohnkultur« und Frans Verhaeghe über »Trade<br />

in ceramics in the Nord Sea region, 12 th to 15 th centuries: A methodological<br />

problem and a few pointers«). Die Erkenntnisse, zu denen<br />

die Ergebnisse der einzelnen Beiträge gelangten, werden am<br />

Ende <strong>des</strong> Ban<strong>des</strong> von Doris Mührenberg zusammengefasst.<br />

Die Antworten auf die vorgegebenen Fragen weisen viele<br />

Gemeinsamkeiten, aber genauso viele Unterschiede auf, je nach<br />

Forschungsstand der einzelnen behandelten Städte. Wie ein Leitfaden<br />

durch die meisten Beitäge zieht sich aber die Feststellung,<br />

daß die <strong>Archäologie</strong> allein nicht imstande ist, die verschiedenen,<br />

äußerst vielschichtigen Aspekte der Handelstätigkeit zu erfassen,<br />

was Peter Carelli in seinem Beitrag »Exchange of commodities in<br />

medieval Lund – patterns of trade or consumption« zutreffend<br />

darlegt. Infolge<strong>des</strong>sen ist es von erster Dringlichkeit die zu diesem<br />

Thema vorhandenen, zahlreichen Schriftquellen heranzuziehen.<br />

Diejenige bilden sogar, je nach Stand der stadtkernarchäologischen<br />

Forschung, die Hauptquelle der Erkentnisse über den<br />

Handelsbetrieb. Alle Referenten sind sich einig, daß sich in diesem<br />

Kontext die Notwendigkeit einer Zusammenarbeit von Historikern<br />

und Archäologen besonders akut stellt. Hier zeigt sich demnach<br />

ganz besonders deutlich, daß nur durch Interdisziplinarität die ganze<br />

Komplexität <strong>des</strong> Gebiets »Handel« erfasst werden kann.<br />

Zur Antwort auf die Frage über die Handelseinrichtungen in<br />

der Stadt bieten die Erträge der archäologischen Forschung sehr<br />

greifbare Erkenntnisse. Die in den letzten Jahren immer stärker<br />

geförderte Stadtkernarchäologie hat wesentlich dazu beigetragen,<br />

Organisation und Infrastrukturen von Handelszentren wie Märkten<br />

und Hafen einerseits, sowie Einrichtungen wie Keller, Speicher oder


Lagerhäuser andererseits aufzudecken. Die Handelstätigkeit konnte<br />

so in vielen Städten viel differenzierter dargestellt werden als es<br />

bisher nur aufgrund schriftlicher Überlieferung möglich war.<br />

Die im ehemaligen hansischen Wirtschaftsraum gehandelten<br />

Güter, die in der Zusammenfassung von Doris Mührenberg nach<br />

Import- und Export anschaulich aufgelistet sind, sind archäologisch<br />

sehr unterschiedlich zu fassen. Exportgüter lassen sich mithilfe<br />

der archäologischen Erkenntnisse kaum nachweisen und sind nur<br />

indirekt (z. B. durch Produktionsstätten oder -abfälle) oder durch<br />

schriftliche Überlieferungen zu belegen. Die archäologische Erfassung<br />

der Importgüter dagegen hängt erstens von der Natur der<br />

Ware selbst und zweitens von der jeweiligen Grabungstätigkeit<br />

und dem wissenschaftlichen Bearbeitungsstand ab. Der größte Teil<br />

der Importe bestand in der Tat aus vergänglichem Material, wie<br />

Wolle, Tuch, Wein, Bier und Fisch, oder war zur Weiterverarbeitung<br />

bestimmt, wie Metalle und andere Rohstoffe. All diese Produkte<br />

hinterlassen kaum Spuren, die archäologisch auswertbar sind,<br />

und sind oft nur indirekt (z. B. durch Tuchplomben oder Behältnisse)<br />

nachweisbar. So wurde <strong>für</strong> den Umschlagshafen Hull in England<br />

errechnet, daß 98 bis 99 % <strong>des</strong> Exports und 95 % <strong>des</strong> Imports<br />

zu archäologisch nicht nachweisbaren Gütern gehören. Hier<br />

kann die Anwendung der naturwissenschaftlichen Disziplinen wie<br />

Archäozoologie und Archäobotanik entscheidend sein.<br />

Das Herkunftsland ist nur in wenigen Fällen bestimmbar, wobei<br />

die eindeutigsten Hinweise über Handelsverbindungen die Keramik,<br />

die im Fundgut am häufigsten vertretene aber paradoxerweise<br />

in den historischen Schriftquellen nicht aufgeführte Ware,<br />

liefert. Es wird demnach von vielen Referenten nachdrücklich betont,<br />

daß sie eher als Nebenhandelsgut als eigentliche Handelsware<br />

zu betrachten ist. Die Problematik <strong>des</strong> Keramikhandels wird<br />

ausführlich in dem theoretisch abgehaltenen Beitrag von Frans<br />

Verhaeghe dargestellt.<br />

Die letzte Frage nach den Kaufleuten, deren Herkunft, Namen<br />

oder Handelstätigkeit z.T. durch die Schriftquellen gut bekannt<br />

sind, ist nicht mittels archäologischen Erkenntnisse zu beantworten.<br />

Es wird in mehreren Beiträgen angedeutet, daß sehr schnell<br />

die Grenzen der Interpretation archäologischer Funde und Befunde<br />

erreicht werden. Dies ist offensichtlich durch den Mangel an<br />

methodisch-theoretischen Ansätzen und Formulierungen bedingt.<br />

So bedarf selbst der Begriff »Handel« oder »Handelsgut« genauerer<br />

Definition. Aufgrund der Fragen: ...how medieval trade can be<br />

defined archaeologically, what archaeological sources are available<br />

and how they can be used and interpreted, schlägt Peter Carelli<br />

eigens <strong>für</strong> die Mittelalterarchäologie erschaffene Modelle vor, die<br />

es erlauben, Funde und Befunde besser in den wirtschaftlichen<br />

Kontext der Handelstätigkeit einzuordnen und zu fassen.<br />

Durch die strenge wissenschaftliche Konzeption <strong>des</strong> Kolloquiums<br />

konnten die Aussagemöglichkeiten der archäologischen<br />

Forschungen zum weitverzweigten und komplexen Thema »Handel«<br />

deutlich herauskristallisiert werden. Aussagen zur Handelstätigkeit<br />

bedürfen aber der Zusammenarbeit von Forschern verschiedener,<br />

jedoch komplementärer Richtungen. Der Beitrag der <strong>Archäologie</strong><br />

<strong>des</strong> Mittelalters muß als Ergänzung -und nicht als Bestätigung-<br />

der Beiträge der Geschichte oder der Naturwissenschaft<br />

betrachtet werden. Dazu liefert jede Abhandlung dieses zweiten<br />

Ban<strong>des</strong> der Lübecker Kolloquien, wenn auch auf unterschiedliche<br />

Weise, einen Baustein. Die zahlreichen Abbildungen, Karten und<br />

Pläne sowie umfangreiche Literaturangaben vervollständigen somit<br />

ein äußerst gelungenes Werk, das eine unumgängliche Basis<br />

<strong>für</strong> weitere Forschungen bildet.<br />

Béatrice Huber<br />

Institut <strong>für</strong> Vor- und Frühgeschichte und<br />

<strong>Archäologie</strong> <strong>des</strong> Mittelalters, Universität<br />

Tübingen<br />

73


Rezension<br />

Karl Bernhard Kruse, Die Baugeschichte<br />

<strong>des</strong> Heiligen-Geist-<br />

Hospitals zu Lübeck, mit einem<br />

archäologischen Beitrag von Günter<br />

P. Fehring. Hrsg. v. Manfred Gläser<br />

<strong>für</strong> das Amt <strong>für</strong> Archäologische<br />

Denkmalpflege der Hansestadt<br />

Lübeck. –Bonn: Habelt, 1997<br />

(Lübecker Schriften zu <strong>Archäologie</strong><br />

und Kulturgeschichte, Bd. 25) ISBN<br />

3-7749-2822-3, 293 Seiten mit 73<br />

Abb., 33 Taf. und 29 Beil., DM<br />

174.-<br />

74<br />

Im 25. Band der Lübecker Schriftenreihe zu <strong>Archäologie</strong> und Kulturgeschichte<br />

stellt Karl Bernhard Kruse die archäologischen und<br />

bauhistorischen Forschungen zu einem der wichtigsten und zugleich<br />

größten Vertreter sozialer Einrichtungen in mittelalterlichen<br />

Städten vor, dem Heiligen-Geist-Hospital zu Lübeck. Die wissenschaftliche<br />

Grundlage <strong>des</strong> Buches bildet die Auswertung der Baubefunde<br />

aus den Grabungen und Bauuntersuchungen, die in den<br />

Jahren 1973–75 unter der Leitung von Günter P. Fehring während<br />

der Renovation <strong>des</strong> Baukomplexes durchgeführt wurden (Die<br />

Grabungsfunde sowie die Innenausstattung der Gebäude werden<br />

hier nur am Rande berücksichtigt). Ergänzt von eigenen Forschungen<br />

führt K. B. Kruse die Ergebnisse mit jenen der bereits 1978<br />

bzw. 1980 publizierten dendrochronologischen Untersuchungen<br />

zu einer detailreichen Gesamtdarstellung der Baugeschichte <strong>des</strong><br />

Hospitales zusammen, die durch die Vorstellung zweier aufschlussreicher<br />

Schriftquellen zur Entstehungszeit der Anlage abgerundet<br />

wird.<br />

In der ausführlichen Einleitung werden neben dem aktuellen<br />

Forschungsstand zum Heiligen-Geist-Hospital auch die Voraussetzungen,<br />

Methoden und Geschichte seiner Erforschung und Auswertung<br />

aufgezeigt. Von Bedeutung <strong>für</strong> die historische Bauforschung<br />

erweist sich dabei die Analyse <strong>des</strong> mittelalterlichen Backsteinmauerwerks.<br />

Angereichert durch Untersuchungsergebnisse zur<br />

Herstellung der Backsteine bietet sie einen guten Einblick in die<br />

mittelalterliche Backsteinarchitektur Norddeutschlands, speziell<br />

Lübecks. Bedauerlicherweise wurde versäumt, eine graphische<br />

Zusammenstellung der verschiedenen Formsteintypen anzufertigen.<br />

So war es beispielsweise dem Rezensenten selbst beim besten<br />

Willen nicht möglich, anhand der angegebenen Abbildungen<br />

(Tafel 25 und Tafel 30) den <strong>für</strong> die Unterscheidung der frühen<br />

Bauphasen so eminent wichtigen Unterschied zwischen »Viertelstabstein«<br />

und »Fasenstein« nachzuvollziehen.<br />

Mit dem zweiten Kapitel, das von Günter P. Fehring verfasst wurde,<br />

tritt der Leser ein in die Vorgeschichte <strong>des</strong> Lübecker Hospitales<br />

am Koberg. Die vorhospitalzeitlichen Befunde, die unter Periode I<br />

zusammengefasst werden, weisen auf eine erste Besiedlung hin,<br />

deren Beginn nach Ausweis der Dendrodaten erst spät, um 1232,<br />

anzusetzen ist. Von herausragender Bedeutung <strong>für</strong> die Entwicklung<br />

<strong>des</strong> Lübecker Hausbaus im 13. Jh. ist die Schwellbalkenlage<br />

eines über 20 m langen und ca. 9,5 m breiten Fachwerkgebäu<strong>des</strong>,<br />

dem zeitlich mehrere Grubenhäuser und Holzkastengruben zugeordnet<br />

werden können. Anhand zahlreicher Details zu Ständerstellung<br />

und Wandaufbau im Erdgeschoss werden von Fehring zwei<br />

Rekonstruktionsvorschläge angeboten, die das Gebäude in ein- und<br />

zweigeschossiger Ausführung zeigen.<br />

Im anschließenden dritten Kapitel erfolgt die ausführliche<br />

Beschreibung der Baubefunde zur Hospitalanlage (Periode II), die<br />

vom Autor (nun wieder K. B. Kruse) <strong>für</strong> je<strong>des</strong> Teilgebäude getrennt<br />

in chronologischer Abfolge der Bau- und Umbauphasen (Periode II:<br />

Gründungsbau, IIa-d: Umbauphasen) vorgenommen wird. Illustriert<br />

werden die Befundbeschreibungen und Interpretationen durch 16<br />

Beilagen mit sorgfältig gezeichneten Grundriss-, steingerechten<br />

Aufmass- und Profilplänen im Maßstab 1:80 bzw. 1:75. Im Abbildungsteil,<br />

der eigentlich durch Gegenüberstellung und einheitlichem<br />

Maßstab (1:200) der Befund- und Rekonstruktionspläne <strong>für</strong>


einen leichteren Zugang zur Interpretation Kruses sorgen sollte,<br />

sind die Pläne dagegen teils durch übergroße Befundnummern auf<br />

deckend weißem Hintergrund und einer übertriebenen Schematisierung<br />

so stark überformt, dass der im Text beschriebene<br />

Argumentationsweg nur noch schwer nachvollziehbar wird. Hinzu<br />

kommt, dass im vorliegenden Exemplar drucktechnische Fehler<br />

auftreten, durch die manche Abbildungen weiß überdeckte Fehlstellen<br />

aufweisen (z. B. bei Abb.13 unten oder Abb. 71).<br />

Im vierten Kapitel widmet sich Kruse den Aussagen zweier<br />

Schriftquellen zur Entstehung <strong>des</strong> vor 1230 (um 1227 ?) gegründeten<br />

Heiligen-Geist-Hospitals am Klingenberg und zur Lage <strong>des</strong><br />

»weit entfernt von ihrem ’Haus’« errichteten Kirchneubaus. Beide<br />

Quellen wurden zwar erfreulicherweise vollständig ins <strong>Deutsche</strong><br />

übersetzt. Allerdings verzichtete Kruse auf die Wiedergabe der<br />

lateinischen bzw. niederdeutschen Originaltexte (z. B. als Fußnote),<br />

was die überprüfbarkeit der Übersetzung »online« verhindert.<br />

Die ältere Urkunde (um 1234) führt eindrucksvoll das Verhältnis<br />

von Bischof und Rat der Stadt Lübeck vor Augen und unterstreicht<br />

den großen Einfluss der Kirche auf Gründung und Alltag in den<br />

Hospitälern. Bei der zweiten Quelle handelt es sich um die »Ordnung«<br />

der »Brüder und Schwestern <strong>des</strong> Heiligen-Geist-Hospitals«<br />

aus dem Jahre 1263. Sie zeigt einen Alltag der Hospitalbewohner<br />

auf, der stark den Ordensregeln der zur selben Zeit entstehenden<br />

Bettelorden angeglichen war.<br />

Als Ergebnis der Untersuchungen erfolgt im fünften Kapitel<br />

die ausführliche Beschreibung der Baugeschichte sowie <strong>des</strong> Bauvorgangs<br />

der Hospitalanlage. Entgegen der bisher in der Literatur<br />

vertretenen Aufteilung <strong>des</strong> Gründungsbaus in zwei mittelalterliche<br />

Bauabschnitte 2. Hälfte 13. Jh. und 15./16. Jh., die aufgrund<br />

eines Wechsels der Formbacksteine (Viertelstabstein zu Fasenstein)<br />

erfolgte, sieht Kruse einen einheitlichen Baufortschritt (mit Verlängerung<br />

<strong>des</strong> Langen Hauses) bis in die Zeit um 1310, die er<br />

abgesehen von der Mauertechnik allerdings mit nur einem einzigen<br />

Dendrodatum (Ankerbalken um 1310 [+14/-5] d) begründet.<br />

Anhand der Aufstellung der bis »1310« verbauten Backsteinmassen<br />

(11 200 m 3 ) und der errechneten jährlichen Arbeitsleistung<br />

ermittelt Kruse einen Baubeginn der Anlage um 1260/1268.<br />

Aufwendige isometrische Rekonstruktionsversuche (Beilagen 3-<br />

7) der einzelnen Bauzustände innerhalb Periode II (um 1265, nach<br />

1276, um 1290 und um 1310) vermitteln dem Leser eine räumliche<br />

Vorstellung <strong>des</strong> komplexen Bauvorganges bis zur Vollendung<br />

<strong>des</strong> Gründungsbaus, der im wesentlichen mit dem heutigen Zustand<br />

<strong>des</strong> Baukomplexes übereinstimmt: Kernbau ist das »um<br />

1310« auf 86,5 m Länge erweiterte »Lange Haus«, das chorartig<br />

an das westlich angrenzende Mittelschiff der Kirche anschloss. Der<br />

als Krankensaal fungierende »Chor« und das Stiftern und Besuchern<br />

vorbehaltene Kirchenschiff wurden ursprünglich durch eine<br />

durchlaufende hölzerne Deckentonne zu einem gemeinsamen Raum<br />

zusammengefasst. Die Abtrennung der funktional unterschiedlichen<br />

Teile erfolgte lediglich durch einen Lettner. Die heutige durch<br />

eine Trennwand und durch eine unterschiedliche Deckengestaltung<br />

(Backsteineinwölbung der Kirche) erfolgte Aufteilung in zwei separate<br />

Räume wurde erst im 15. Jh. (Periode IIa) vorgenommen.<br />

Im Anschluß an die ausführliche Darstellung <strong>des</strong> Gründungsbaus<br />

(bis 1310) widmet sich der Autor den mittelalterlichen und neuzeitlichen<br />

Erweiterungs- und Umbauphasen (Periode IIa und IIb),<br />

bevor er mit den modernen Veränderungen (bis 1973, Periode IIc)<br />

die Ausführungen zur Baugeschichte beendet.<br />

Das Schlußkapitel zeigt die engen architektonischen Bezüge<br />

der Hospitalgebäude zu den zeitgleichen Sakralbauten Lübecks<br />

75


Tilmann Marstaller<br />

Schönbuchstr.3, 72108 Rottenburg-<br />

Oberndorf<br />

Rezension<br />

Wismarer Studien zur <strong>Archäologie</strong><br />

und Geschichte. Hrsg. vom Stadtgeschichtlichen<br />

Museum Wismar.<br />

Bd. 5, 1995 (1999), 101 S., zahlr.<br />

Abb.<br />

76<br />

auf, allen voran zu St. Marien und St. Jacobi, schlägt aber auch<br />

den Bogen zu den zahlreich erhaltenen mittelalterlichen Bürgerhäusern<br />

der Hansestadt. Mit einem sparsamen Hinweis auf die<br />

wenigen vergleichbaren Hospitäler und dem beklagenswertem<br />

Forschungsstand zu dieser Gebäudegattung schließt Kruse sein<br />

Werk.<br />

Das <strong>für</strong> ein bauarchäologisch interessiertes Fachpublikum in<br />

hohem Maße interessante Buch von Karl Bernhard Kruse und Günter<br />

P. Fehring zur Baugeschichte <strong>des</strong> Heiligen-Geist-Hospitals in<br />

Lübeck ist schon allein wegen der geringen Zahl vergleichbarer<br />

Publikationen zu diesem Thema ein unverzichtbarer Beitrag. Darüber<br />

hinaus bietet das Buch fundierte Einblicke in die hochmittelalterliche<br />

Holz- und Backsteinarchitektur Norddeutschlands.<br />

Vor allem aber ist es ein weiteres Beispiel <strong>für</strong> die dringende methodische<br />

Notwendigkeit, die Grenze zwischen <strong>Archäologie</strong> und<br />

Bauforschung zu überwinden. Leider kann die graphische Umsetzung<br />

dem anspruchsvollen Niveau <strong>des</strong> Textes nur teilweise standhalten<br />

(vor allem die Beilagen). Mehr »Mut zur Farbe« (wie es die<br />

Schweizer Kollegen auf der gemeinsamen Tagung der AG Mittelalter<br />

und <strong>des</strong> Arbeitskreises Hausforschung in Schwäbisch Hall formulierten)<br />

hätte der (angesichts <strong>des</strong> stolzen Buchpreises erstaunlich)<br />

wenig ansprechenden schwarz- bzw. grau-weißen Optik sämtlicher<br />

Abbildungen und Tafeln und damit dem Anreiz <strong>des</strong> Buches<br />

<strong>für</strong> den Leser sicher gut getan.<br />

Fünf der sechs Beiträge befassen sich überwiegend mit mittelalterlichen<br />

und frühneuzeitlichen Glasfunden aus den Hansestädten<br />

Mecklenburg-Vorpommerns und geben damit einen ersten Überblick<br />

über das dort genutzte Trinkgeschirr aus Glas.<br />

Der erste Beitrag von F. Wietrzichowski enthält die Zusammenstellung<br />

der »Glasfunde aus slawischen Fundzusammenhängen«.<br />

Früheste Glasfunde sind bereits <strong>für</strong> die erste Hälfte <strong>des</strong><br />

8. Jahrhunderts belegt. Die älteste Glasproduktion kann <strong>für</strong> das 9.<br />

Jahrhundert nachgewiesen werden. Die Produkte sind Perlen, Fingerringe,<br />

Glättgläser, Gefäße, Einlagen in Fingerringe und andere<br />

Schmuckgegenstände, Mosaiksteine sowie Rohglasstücke und Glasschlacken.<br />

Den größten Anteil am Fundmaterial stellen die Glasperlen<br />

(103 Fundstellen). Die Anzahl der übrigen Typen liegt jeweils<br />

unter 10. Ein Fundkatalog und die klare gegliederte Kartierung<br />

der Fundtypen (<strong>für</strong> jeden Typ eine gesonderte Karte; die<br />

Nummerierung der Fundpunkte entspricht der <strong>des</strong> Kataloges) sowie<br />

die Abbildung wichtiger Fundstücke runden die Arbeit ab. So<br />

bildet sie eine solide Grundlage <strong>für</strong> weitere Untersuchungen zur<br />

frühgeschichtlichen Besiedelung dieser Küstenregion.<br />

Anschließend stellt H. Schäfer »Mittelalterliches Hohlglas aus<br />

Rostock« vor. Bemerkenswert sind ein Becher mit eingezogener<br />

Wandung und spiralig aufgelegtem Glasfaden, zwei Lampenfragmente<br />

und Flaschen mit aufgelegten Rippen. Die Rippenbecher,<br />

Keulen- und Stangengläser mit aufgelegten Glastropfen sind <strong>für</strong><br />

die Städte der südlichen Ostseeküste geläufige Typen. Nicht verständlich<br />

ist, weshalb ein hohes (41,4 cm) und schlankes Stangen-


glas aus Rostock in dem Beitrag Schäfers über Greifswald im gleichen<br />

Heft abgebildet und besprochen wird. Der fehlende Hinweis<br />

auf Text und Abbildung wird hier nachgereicht: Abb. 5c auf S. 56,<br />

Text auf S. 50.<br />

Schäfer verknüpft die Gläser mit der von ihm entwickelten<br />

Keramikchronologie, die an anderen Stellen publiziert wurde. So<br />

konzentriert dargeboten und mit der Besprechung der Gläser verknüpft,<br />

ist es <strong>für</strong> den Glasspezialisten schwer verdauliche Kost,<br />

die allenfalls im Anmerkungsapparat ihren Platz hätte.<br />

G. Möller legt die bisher bei den Ausgrabungen in Stralsund<br />

vorkommenden Hohlglastypen vor. Bemerkenswert ist der Fund<br />

von Glasbruch im Zwischenraum einer bereits im Mittelalter zugemauerten<br />

Tür <strong>des</strong> Katharinenklosters, der ins 13./14. Jahrhundert<br />

zu datieren ist. Unter den Funden sind bisher nicht oder nur<br />

wenig bekannte Typen bauchiger Glasbecher mit z. T. farbigen<br />

aufgelegten Glasfäden. Unter den frühneuzeitlichen Gläsern überwiegen<br />

die Stangengläser. Hervorzuheben sind die teilweise gut<br />

erhaltenen Exemplare bemalter Becher mit Inschriften (z. B. MAGI-<br />

STER BATOLAMEUS FECIT....), die vermutlich in Venedig hergestellt<br />

wurden.<br />

Hohlgläser <strong>des</strong> 13.-16. Jahrhunderts aus Greifswald stellt wiederum<br />

H. Schäfer vor. Die Datierung stützt sich wieder auf die<br />

vom Autor erarbeitete Keramikchronologie. Ein Becher mit aufgesetzten<br />

Rippen und mehrere Stangengläser mit aufgesetzten<br />

Nuppen oder Glastropfen belegen Import aus Böhmen im 13. und<br />

14. Jahrhundert. Keulengläser mit aufgelegten und z. T. gerippten<br />

Glasfäden sind wahrscheinlich in Mitteldeutschland im 15. und 16.<br />

Jahrhundert hergestellt worden. Wohl unter dem Eindruck eines<br />

nahezu 40 cm hohen schlanken Keulenglases aus Greifswald und<br />

<strong>des</strong> erwähnten etwas höherem Exemplares aus Rostock werden<br />

die beiden knapp 30 cm hohen Gläser Abb. 5a und b als Keulenbecher<br />

bezeichnet. Wir empfehlen <strong>für</strong> den Funktionstyp Becher<br />

die von W. Arenhövel angegebenen Maße und die Formenbeschreibung<br />

(Lexikon <strong>des</strong> Mittelalters s.v. Becher).<br />

»Die Gläser aus dem Brunnen <strong>des</strong> Rathauskellers in Wismar«<br />

sind Gegenstand der Bearbeitung durch P. Steppuhn. Den Schwerpunkt<br />

bilden die Rippenbecher <strong>des</strong> späten Mittelalters. Aus der<br />

Menge von 3139 Glasscherben ließ sich ermitteln, daß etwa 360<br />

Glasgefäße als Abfall in den zur Kloake umgenutzten Brunnen gelangten.<br />

Diese Nutzungsänderung läßt sich durch die Datierung<br />

der ältesten Glasfunde auf der Sohle <strong>des</strong> Brunnens mit um 1400<br />

bestimmen. Es handelt sich um Becher mit Rippen oder Kreuzrippen<br />

von 6-7 cm Höhe aus hellgrünem Glas. Sie sind in Deutschland<br />

hergestellt worden und werden vom Autor als die ersten Glasgefäße<br />

angesprochen die als Massenware produziert wurden. Dies<br />

belegen Funde gleichartiger Gefäße in Abfallgruben von Schankbetrieben<br />

von verschiedenen Fundorten in Europa.<br />

Der Autor unterscheidet sechs Typen (A-F) und bezieht die<br />

in der Literatur bisher als gesonderte Form laufenden Maigelein<br />

oder Maigel in die Gruppe der Rippen- oder Kreuzrippenbecher ein.<br />

Allen Typen gemeinsam ist, daß ihr Boden nicht flach sondern tief<br />

eingestochen ist. Insgesamt wurden im Rathausbrunnen 28 Rippenbecher<br />

festgestellt, die unter Heranziehung von 96 Vergleichsfunden<br />

aus verschiedenen euopäischen Fundorten chronologisch<br />

eingeordnet werden. Dies wird in einer Tabelle dargestellt, aus der<br />

deutlich wird, daß es sich bei den Gefäßen eindeutig um eine Form<br />

<strong>des</strong> 15. Jahrhunderts handelt, deren Schwerpunkt zwischen 1400<br />

und 1450 liegt. Deutlich wird auch, daß die Maigel, vor allem die<br />

flachen Formen, sich auf die Mitte <strong>des</strong> 15. Jahrhunderts konzentrieren.<br />

77


Alfred Falk<br />

Hansestadt Lübeck, Bereich <strong>Archäologie</strong><br />

78<br />

Die weiteren in der Kloake vorkommenden Glastypen werden dann<br />

stratigraphisch von unten nach oben (Schichten L bis A) angesprochen,<br />

chronologisch eingeordnet und ihre Herkunft wird diskutiert.<br />

So liegen z. B. in Schicht L Krautstrünke und ein böhmisches<br />

Keulenglas, die beide in die erste Hälfte <strong>des</strong> 15. Jahrhunderts<br />

zu datieren sind. In Schicht K sind dann die Keulen- und<br />

Stangengläser der Zeit um 1500 und der ersten Hälfte <strong>des</strong> 16.<br />

Jahrhunderts enthalten. Sie sind als Produkte deutscher Glashütten<br />

(z. B. Thüringen und Niedersachsen) anzusprechen. In der folgenden<br />

Schicht fanden sich dann die Vorläufer der Römer <strong>des</strong> 16.<br />

Jahrhunderts und die entwickelten Römer <strong>des</strong> 17. Jahrhunderts<br />

sowie Stangengläser mit achteckiger Mündung. Letztere sind nach<br />

Darstellungen auf niederländischen Gemälden als Biergläser anzusprechen.<br />

Das Material der Schichten E bis A ist stark durchmischt,<br />

was sich auch am Vorkommen von Gläsern <strong>des</strong> 16. Jahrhunderts<br />

zusammen mit solchen der Zeit um 1750 zeigt.<br />

Dem Text schließt sich ein Katalogteil an, der alle angesprochenen<br />

Gläser mit Maßen, Datierung und Abbildungshinweis enthält.<br />

Da in den Abbildungsunterschriften die Katalognummern angegeben<br />

werden, ist der Zugriff vom Text auf die Abbildungen und<br />

umgekehrt problemlos möglich. Dadurch und durch den gut gegliederten<br />

konzentrierten Text wird Steppuhns Aufsatz zum ausgezeichneten<br />

Arbeitsmittel.<br />

Den Abschluß <strong>des</strong> Ban<strong>des</strong> bildet der Beitrag H. Schäfers über<br />

»Funde aus der Zeit um 1810 bis 1820 vom Grundstück <strong>des</strong><br />

Greifswalder Kaufmanns und Branntweinbrenners Carl Saegert«.<br />

Eine Grube mit dem jüngsten Material um 1820 wird als<br />

Entleerungsgrube angesprochen, enthält also den Aushub der beim<br />

Entleeren einer Kloake entsteht und hier auf dem gleichen Grundstück<br />

entsorgt wurde. Diese Grube enthielt eine große Anzahl von<br />

Funden (5744). Der größte Anteil besteht aus Glas (3114), das<br />

sehr kleinteilig zerschlagen war. Die meisten Funde sind Kelchgläser<br />

und Flaschen aus der Zeit zwischen 1810 und 1820. Unter der<br />

Keramik fällt der hohe Anteil an englischem Steingut auf. Die Teller,<br />

Schüsseln und Platten stammen aus Newcastle-upon-Tyne und<br />

sind z. T. mit dem Stempel SEWELLS & DONKIN oder FELL versehen.<br />

Dem Verfasser ist zu danken, daß er Teile <strong>des</strong> Haushaltes eines<br />

bekannten Greifswalder Bürgers aus dem frühen 19. Jahrhundert<br />

ausgegraben und der Öffentlichkeit zugänglich gemacht hat.


Gegenstand dieser Arbeit ist der Versuch, sich mit Hilfe der Kreuzund<br />

Kruzifixanhänger einen Eindruck über die Christianisierung<br />

Skandinaviens zu verschaffen. Bisher wird das Bild der Missionierung<br />

Nordeuropas durch die schriftliche Quellenlage geprägt. Archäologische<br />

Funde und Befunde dienten bisher allenfalls zur Illustration<br />

dieses Prozesses. Staecker macht es sich zur Aufgabe,<br />

anhand der im Titel genannten Fundgruppe einschließlich der<br />

Reliquiaranhänger die Aussagen der schriftlichen Quellen zu überprüfen<br />

und gegebenenfalls zu korrigieren. Das Fundmaterial wird<br />

»aus archäologischer historischer, ikonographischer und religionsphilosophischer<br />

Sicht« (Seite 12) behandelt.<br />

Diese Arbeit, die an der Universität Kiel als Dissertation eingereicht<br />

wurde, ist in insgesamt 13 Kapitel und einen ausführlichen<br />

Katalogteil gegliedert. Die Arbeit ist gut strukturiert, Kapitelnummern<br />

wurden nicht vergeben. Lediglich bei den Tabellen und<br />

Abbildungen wäre eine bessere Anbindung im Text wünschenswert<br />

gewesen. Zu Beginn umreißt der Autor genaustens das Ziel<br />

seiner Arbeit und die dabei auftretenden Probleme und Fragen.<br />

Die Forschungsgeschichte wird in gebührender Länge abgehandelt,<br />

wobei der Schwerpunkt dieses Abschnittes auf der neueren<br />

Forschung und ihren Ergebnissen liegt.<br />

Zu den vielen Fragen, die Staecker an das Untersuchungsmaterial<br />

stellt und die er im Verlauf seiner Arbeit auch beantwortet,<br />

gehören unter anderem die Fragen nach den Möglichkeiten,<br />

die das archäologische Material <strong>für</strong> eine Neuinterpretation der Christianisierung<br />

Skandinaviens bietet, und dem Gebrauch der Kruzifixanhänger<br />

als Glaubenssymbol oder als profane Modeerscheinung.<br />

Kreuz- und Kruzifixanhäger konnten in Gräbern, Hortfunden,<br />

Siedlungs- und Einzelfunden beobachtet werden, wobei die Mehrzahl<br />

der 125 Anhänger Einzelfunde (45 Stück) sind. Bei den 22<br />

Kreuzen aus Bestattungen ist auffällig, daß fast alle Funde aus<br />

Frauengräbern stammen.<br />

Der Symbolgehalt der Anhänger war – so Staecker – den Trägern<br />

durchaus bewußt, wenn auch die Gewichtung sich nach dem<br />

jeweiligen sozialen Stand richtete. So konnte das Kreuz <strong>für</strong> den<br />

einfachen Mann nur Schutz vor dem Bösen symbolisieren (Der Sieg<br />

<strong>des</strong> Lebens über den Tod), <strong>für</strong> die Führungsschicht jedoch auch<br />

Zeichen persönlicher, gottgewollter Macht sein.<br />

Einen besonderen Schwerpunkt legt der Verfasser auf die<br />

Typologie, Chronologie und Verbreitung. Dabei beschränkt er sich<br />

nicht nur auf sein Fundmaterial, sondern bezieht alle in der Literatur<br />

erwähnten Kreuzanhänger vom 4. Jahrhundert bis zur Wikingerzeit<br />

ein.<br />

Nun folgt eine äußerst genaue formenkundliche Analyse <strong>des</strong><br />

wikingerzeitlichen Fundmaterials und <strong>des</strong>sen chronologische Einordnung:<br />

»Der zeitliche Rahmen der... Anhänger ...umspannt das<br />

9. bis frühe 12. Jahrhundert« (Seite 197). Bei den einheimisch<br />

gefertigten Kreuz- und Kruzifixanhängern zeigen sich drei verschiedene<br />

Einflußbereiche. Während die in Dänemark gefertigten Stükke<br />

sich an deutschen Vorbildern orientieren, sind die in Schweden<br />

hergestellten Anhänger stilistisch eng mit Kruzifixen und Kreuzen<br />

der britischen Inseln verwandt. Für die Insel Gotland weist Staecker<br />

anhand seines Fundmaterials eine enge Beziehung nach Rußland<br />

und zur Ostkirche nach.<br />

Rezension<br />

Jörn Staecker: Rex regum et<br />

dominus dominorum. Die wikingerzeitlichen<br />

Kreuz- und Kruzifixanhänger<br />

als Ausdruck der Mission in<br />

Altdänemark und Schweden. Lund<br />

Studies in Medieval Archaeology<br />

23. Almqvist & Wiksell International.<br />

Stockholm 1999. 621 Seiten.<br />

ISBN 9-22-01836-0<br />

79


Detlef Morawski<br />

Hansestadt Lübeck, Bereich <strong>Archäologie</strong><br />

80<br />

Diesem großen Kapitel folgt ein kurzer Abschnitt über die Fertigungstechniken<br />

<strong>des</strong> Fundmaterials und eine genaue und gründliche<br />

Analyse der in Skandinavien gefundenen Thorshämmer. Dies<br />

ist insofern von Bedeutung, da Staecker unterstreicht, daß die<br />

Thorshämmer als Gegenreaktion auf die christlichen Missionierungen<br />

zu verstehen sind. Hierbei ist besonders auffällig, daß die ersten<br />

Thorshämmer bereits um Jahre früher ihren Weg in die Gräber<br />

fanden als die Kreuzanhänger (Tabelle 30, 31, Seite 242–<br />

243) und die Christianisierung früher einsetzte als man anhand<br />

der bisherigen archäologischen Funde vermutete.<br />

Desweiteren befaßt sich Staecker ausführlich mit Fragen <strong>des</strong><br />

Christusbil<strong>des</strong> und der christlichen Ikonographie, sowie mit einer<br />

Analyse <strong>des</strong> Verhältnisses von kreuzführenden Gräbern zu anderen<br />

Bestattungen. Es folgt ein mehr religionsphilosopisch alsarchäologisch/historisch<br />

betontes Kapitel zur Bedeutung der Kruzifix-<br />

und Kreuzanhänger gefolgt von einem sehr ausführlichen<br />

Kapitel über die schriftliche Überlieferung der Mission in Altdänemark<br />

und Schweden.<br />

Den Abschluß bildet das Kapitel mit dem fast poetischen Titel<br />

»Wirklichkeit <strong>des</strong> Scheins«. Hier stellt Staecker die Ergebnisse<br />

seiner methodisch hervorragend ausgeführten und präsentierten<br />

Analyse der Kreuz- und Kruzifixanhänger den Ergebnissen der historischen<br />

Forschung gegenüber. Er betont nochmals, daß der Einfluß<br />

britischer und russischer Missionarstätigkeit im Norden weitaus<br />

größer war, als die zeitgenössischen, von deutschen Mönchen<br />

geschriebenen Berichte über die Missionierung Altdänemarks und<br />

Schwedens berichten.<br />

Staeckers Arbeit besticht vorallem durch die schon öfter<br />

betonte Gründlichkeit der Analyse <strong>des</strong> Fundmaterials. Besonders<br />

angenehm ist die sachliche Auseinandersetzung mit dieser Quellengattung<br />

und die Vermeidung von Überinterpretationen, zu denen<br />

die Ergebnisse hätten leicht führen können. Der Autor sieht seine<br />

Forschungsergebnisse als neuen Ansatz in der Erforschung der<br />

Missionsgeschichte. Er zeigt, daß durch genau Analyse archäologischer<br />

Fundstücke und deren Einbindung in den historischen und<br />

sozialen Kontext die <strong>Archäologie</strong> immer noch im Stande ist, der<br />

Geschichtsforschung neue Wege aufzuzeigen. Zu Recht fordert<br />

Staecker eine Überprüfung seiner Ergebnisse durch weitere Analysen<br />

von archäologischen Quellen. Man kann nur hoffen, daß dies<br />

bald und auf dieselbe gründliche Art geschieht, die Jörn Staecker<br />

mit seiner Arbeit vorgibt. Wir dürfen gespannt sein.


Aarberg. Porträt einer Kleinstadt. Aarberg 1999, darin S. 62-114:<br />

Peter S. Suter, Daniel Gutscher, Eva Roth, Auf Spurensuche.<br />

Ohne ISBN<br />

<strong>Archäologie</strong> als Sozialgeschichte. Studien zu Siedlung, Wirtschaft<br />

und <strong>Gesellschaft</strong> im frühgeschichtlichen Mitteleuropa. Festschrift<br />

<strong>für</strong> Heiko Steuer. Studia Honoraria, Bd. 9. Rahden/Westf. 1999.<br />

29 Beiträge, 341. S. ISBN 3-89646-3896<br />

Archäologische Bodenforschung <strong>des</strong> Kantons Basel-Stadt. Jahresbericht<br />

1998. Basel 1999. 9 Beiträge, u.a. zu einem Hafnerlehmdepot<br />

und zum Laborinventar eines Gelbschmieds und<br />

Alchemisten (?), 275 S. ISBN 3-905098-28-3<br />

Archeologia sredniowiecznego Kolobrzegu [<strong>Archäologie</strong> <strong>des</strong> mittelalterlichen<br />

Kolberg], Bd. 3, Kolberg 1998. 14 poln. Beiträge<br />

mit dt. Zusammenfassungen, Bibliographie, 352 S. ISBN 83-<br />

85463-76-3<br />

Bänteli, Kurt, Rudolf Gamper und Peter Lehmann, Das Kloster Allerheiligen<br />

in Schaffhausen. Zum 950. Jahr seiner Gründung am<br />

22. November 1049. Mit Beiträgen von Christoph Brombacher,<br />

Lorenzo Fedel, Hans Lieb, André Rehazek, Matthias Untermann,<br />

Alfons Zettler und Kurt Zubler. Schaffhauser <strong>Archäologie</strong>, Bd.<br />

4. Schaffhausen 1999. 11 Beiträge, 340 S. ISBN 3-9521868-<br />

0-5<br />

Bänteli, Kurt, Markus Höneisen und Kurt Zubler, Berslingen – ein<br />

verschwundenes Dorf bei Schaffhausen. Mit Beiträgen von Anke<br />

Burzler, Franz Hofmann, Bruno Kaufmann, André Rehazek,<br />

Philippe Renzel, Marianne Senn und Iona Waksman. Schaffhauser<br />

<strong>Archäologie</strong>, Bd. 3. Schaffhausen 2000. 10 Beiträge, 463<br />

S. ISBN 3-9521868-1-3<br />

Beer, Ellen J. u.a. (Hrsg.), Berns große Zeit. Das 15. Jahrhundert<br />

neu entdeckt. Bern 1999. 685 S. mit zahlreichen Beiträgen zur<br />

Berner Stadtarchäologie. ISBN 3-906721-28-0<br />

Beiträge zur Mittelalterarchäologie in Österreich, Bd. 15, 1999<br />

[Mit den Vorträgen der Tagung in Thaya 1995: Mensch und<br />

Tier im Mittelalter]. 21 Beiträge. 318 S. ISSN 1011-0062<br />

Berichten en Rapporten over het Antwerps Bodemonderzoek en<br />

Monumentenzorg Bd. 3,1999 (=BRABOM 3). Red. Johan<br />

Veeckmann. 6 Beiträge, 256 S. ISBN 90-802915-3-6<br />

Bill, Jan und Clausen, Birthe (Hrsg.), Maritime Topography and the<br />

Medieval Town. Papers from the 5 th International Conference<br />

on Waterfront Archaeology Copenhagen 1998. Engl. und dt.<br />

Kopenhagen 1999. 262 S., 189 Abb. ISBN 87-89384-68-7; ISSN<br />

0909-9506<br />

Blindheim, Charlotte, et al., Kaupang-Funnene, Bd. II: Gravplassene<br />

i Bikjholbergene/Lamøa. Undersøkelelsene 1950–1957. Teil B:<br />

Oldsakformer. Kulturhistorisk tilbakeblikk. Teil C: Tekstilene.<br />

Norske Oldfunn XIX. Oslo 1999. 272 S. ISBN 82-7181-157-6<br />

Bourgarel, Gilles, Fribourg/Freiburg. Le Bourg de fondation sous la<br />

loupe <strong>des</strong> archéologues. Archéologie fribourgeoise -/Freiburger<br />

<strong>Archäologie</strong>, Bd. 13. Freiburg/Ue. 1998. 172 S. ISBN 2-8271-<br />

0818-6<br />

Burnell, Simon, Die reformierte Kirche von Sissach BL. Mittelalterliche<br />

Kirchenbauten und merowingerzeitliche »Stiftergräber«.<br />

<strong>Archäologie</strong> und Museum, Heft 38. Liestal 1998. 226 S., 33<br />

Taf. ISBN 3-905069-32-6<br />

Busch, Ralf, Die Kunst <strong>des</strong> Mittelalters in Hamburg: Die Burgen.<br />

Veröffentlichungen <strong>des</strong> Helms-Museums, Hamburger Museum<br />

Neue Literatur 1998-2000<br />

(mit Nachträgen <strong>für</strong> 1997)<br />

81


82<br />

<strong>für</strong> <strong>Archäologie</strong> und die Geschichte Harburgs Nr. 85, 1999. 118<br />

S. ISBN 3-933374-47-2<br />

Dagligliv i Danmarks middelalder. En arkaeologisk kulturhistorie.<br />

Red. Else Roesdahl. Kopenhagen 1999. 14 Beiträge, 420 S. ISBN<br />

87-00-22888-5<br />

Dahm, Claus, Uwe Lobbedey und Gerd Weisgerber. Der Altenberg.<br />

Bergwerk und Siedlung aus dem 13. Jahrhundert im Siegerland.<br />

Denkmalpflege und Forschung in Westfalen, Bd. 34. 2 Bde., Bonn<br />

1999. 35 Beiträge, 266 u. 264 S., 89 Taf., 21 Beil. ISBN 3-<br />

7749-2832-0<br />

Dirlmeier, Ulf (Hrsg.), Geschichte <strong>des</strong> Wohnens, Bd. 2: 500 – 1800,<br />

Hausen, Wohnen, Residieren. Mit Beiträgen von Imma Kilian, Antje<br />

Kluge-Pinsker, Fritz Schmidt, Ulf Dirlmeier, Gerhard Fouquet und<br />

Jens Friedhoff. Stuttgart 1998. 5 Beiträge,816 S. ISBN 3-421-<br />

03112-6<br />

Donat, Peter, Gebesee – Klosterhof und königliche Reisestation<br />

<strong>des</strong> 10.–12. Jahrhunderts. Weimarer Monographien zur Ur- und<br />

Frühgeschichte, Bd. 34. Stuttgart 1999. 236 S. ISBN 3-8062-<br />

1349-6<br />

Eckstein, Günter, Empfehlungen <strong>für</strong> Baudokumentationen. Mit Beiträgen<br />

von Michaer Goer, Johannes Gromer, Ulrike Henes-Klaiber<br />

und Hartmut Schäfer. Lan<strong>des</strong>denkmalamt Baden-Württemberg,<br />

Arbeitsheft 7. Stuttgart 1999. 78 S. ISBN 3-8062-1475-1<br />

Eilbracht, Heidemarie, Filigran- und Granulationskunst im wikingischen<br />

Norden. Zeitschrift <strong>für</strong> <strong>Archäologie</strong> <strong>des</strong> Mittelalters, Beiheft<br />

11. Köln 1999. 242 S., 35 Taf. ISBN 3-7927-1593-7<br />

Elfwendahl, Magnus, Från skärva till kärl. En bidragtill vardagslivets<br />

historia i Uppsala. Lund Studies in Medieval Archaeology, Bd.<br />

22. Stockholm 1999. 427 S. ISSN 0283-6874; ISBN 91-22-<br />

01832-8<br />

Friedrich, Reinhard, Mittelalterliche Keramik aus rheinischen Motten:<br />

Funde aus den Regierungsbezirken Köln und Düsseldorf.<br />

Rheinische Ausgrabungen, Bd. 44. Köln 1998. 330 S. und 77<br />

Taf. ISBN 3-7927-1659-3<br />

Gaimster, David (Hrsg.), Maiolica in the North. The Archaeology of<br />

Tin-Glazed Earthenware in North-West Europe c.1500–1600.<br />

British Museum Occasional Paper No. 122. London 1999. 18<br />

Beiträge, 188 S. ISSN 0142-4815, ISBN 0-86159-122-4<br />

Gläser, Manfred (Hrsg.), Lübecker Kolloquium zur Stadtarchäologie<br />

im Hanseraum II: Der Handel. Lübeck 1999. 43 Beiträge, 624 S.<br />

ISBN 3-7950-1236-8<br />

Glosek, Marian, Dwor Murowany Bakowej Gorze (Das steinerne<br />

Herrenhaus in Bak. Gorze). Acta Archaeologica Lodziensia, Nr.<br />

42, 1998. 125 S. ISSN 0065-0986<br />

Gottschalck, Raymund (Hrsg.), Früher Bergbau im südlichen<br />

Schwarzwald. Archäologische Informationen aus Baden-Württemberg,<br />

Heft 41. Stuttgart 1999. 20 Beiträge, 144 S. ISBN<br />

3-9277-1439-9<br />

Gutscher, Daniel (Hrsg.), Saint-Imier, Ancienne église Saint-Martin.<br />

Mit Beiträgen von Laurent Auberson, Peter Eggenberger,<br />

Susanne Frey-Kupper, Carola Jäggi, Philippe Jaton, Gabriele Keck,<br />

Franz E. Koenig, Liselotte Meyer, Werner Stöckli und Susi Ulrich-<br />

Bochsler. Bern 1999. 159 S. ISBN 3-258-06056-8<br />

Haiduck, Hermann, Die Mauritiuskirche von Reepsholt. Bau, Geschichte<br />

und Umfeld eines bedeutenden mittelalterlichen Sakralbaues<br />

in Ostfriesland. Archäologische <strong>Mitteilungen</strong> aus Nordwestdeutschland,<br />

Beiheft 23, Oldenburg 1998. 146 S. ISBN 3-89598-<br />

577-5<br />

Hassenpflug, Eyla, Das Laienbegräbnis in der Kirche. Historischarchäologische<br />

Studien zu Alemannien im frühen Mittelalter. Frei-


urger Beiträge zur <strong>Archäologie</strong> und Geschichte <strong>des</strong> ersten Jahrtausends,<br />

Bd. 1. Rahden 1999. 300 S. ISBN 3-89646-761-1<br />

Henigfeld, Yves, La Céramique grise cannelée de la rue <strong>des</strong> Juifs à<br />

Strasbourg (fin XII e - fin XVI e siècle). Documents du CRAMS, Bd.<br />

I. Saverne 1998. 130 S. ISSN1281-8526<br />

Herrmann, Joachim, Ralswiek auf Rügen. Die slawisch-wikingischen<br />

Siedlungen und deren Hinterland. Teil I: Die Hauptsiedlung.<br />

Lübstorf 1997. 224 S.; Teil II: Kultplatz, Boot 4, Hof, Propstei,<br />

Mühlenberg, Schloßberg und Rugard. Lübstorf 1998. 183 S.<br />

ISSN 0138-4279<br />

Hildebrandt, Ludwig H. (Hrsg.), <strong>Archäologie</strong> und Wüstungsforschung<br />

im Kraichgau. Heimatverein Kraichgau, Sonderveröffentlichung<br />

Nr. 18. Ubstadt-Weiher 1997. 11 Beiträge,<br />

269 S. ISBN 3929366-34-7<br />

Im Schatten <strong>des</strong> Münsters. Geschichte eines Quartiers im Zentrum<br />

der Konstanzer Altstadt. Begleitheft zur Ausstellung. Konstanz<br />

1999. 6 Beiträge, 88 S. ISBN 3-929768-07-0<br />

Jaritz, Gerhard (Hrsg.), Disziplinierung im Alltag <strong>des</strong> Mittelalters<br />

und der Frühen Neuzeit. Veröffentlichungen <strong>des</strong> Instituts <strong>für</strong><br />

Realienkunde <strong>des</strong> Mittelalters und der Frühen Neuzeit, Bd. 17.<br />

Wien 1998. 13 Beiträge, 300 S. ISBN 3-7001-2857-6<br />

Jaritz, Gerhard (Hrsg.), Medium Aevum Quotidianum, Heft 40.<br />

Krems 1998. Mit Beiträgen von H. Hundsbichler (Alltagsforschung<br />

und Interdisziplinarität), A. Külzer, I. Tschekova und<br />

L. Burkart sowie Rezensionen. 134 S. Ohne ISBN / ISSN.<br />

Jaritz, Gerhard (Hrsg.), Medium Aevum Quotidianum, Heft 41.<br />

1999. Krems. Mit Beiträgen von F. Mandl (Mittelalterliche und<br />

frühneuzeitliche Tierdarstellungen), V. Winiwarter und A. Mänd.<br />

93 S. Ohne ISBN / ISSN.<br />

Keller, Christine, Gefäßkeramik aus Basel. Untersuchungen zur spätmittelalterlichen<br />

und frühneuzeitlichen Gefäßkeramik aus Basel;<br />

Typologie, Technologie, Funktion, Handwerk. Materialhefte zur<br />

<strong>Archäologie</strong> in Basel, Heft 15 A+B. Basel 1999. 208 und 236 S.<br />

ISBN 3-905098-260 / -27-1<br />

Kerkhoff-Hader, Bärbel und Endres, Werner, Keramische Produktion<br />

zwischen Handwerk und Industrie. Alltag – Souvenir – Technik.<br />

Beiträge zum 31. Internationalen Hafnerei-Symposion in<br />

Bamberg 1998. Hildburghausen 1999. 30 Beiträge, 368 S. ISBN<br />

3-86180-088-8<br />

Klosterkirche, Burgkapelle, Familiengrab? Ergebnisse <strong>des</strong> interdisziplinären<br />

Kolloquiums auf der Wittekindsburg. <strong>Archäologie</strong> in<br />

Ostwestfalen, Band 4. Bielefeld 1999.8 Beiträge, 69 S. ISBN 3-<br />

89534-289-0<br />

Kruse, Karl Bernhard, Der Hil<strong>des</strong>heimer Dom. Von der Kaiserkapelle<br />

und den karolingischen Kathedralkirchen bis zur Zerstörung<br />

1945. Grabungen und Bauuntersuchungen auf dem Domhügel<br />

1988 bis 1999. Mit Beiträgen von 14 Autoren. Materialhefte<br />

zur Ur- und Frühgeschichte Niedersachsens, Reihe A, Heft 27.<br />

Hannover 2000. 517 S. ISBN 3-7752-5644-X<br />

Kühn, Hans Joachim, Gestrandet bei Uelvesbüll. Wrackarchäologie<br />

in Nordfriesland. Husum 1999. 112 S. ISBN 3-88042-<br />

917-0<br />

Kurzmann, Peter, Destillation im Mittelalter. Archäologische Funde<br />

und Alchemie. Lehr- und Arbeitsmaterialien zur <strong>Archäologie</strong><br />

<strong>des</strong> Mittelalters und der Neuzeit. Tübingen 2000. 104 S. ISBN<br />

3-9806533-1-5<br />

Ludwig, Renate, und Britta Rabold (Hrsg.), Kulturgeschichten. <strong>Archäologie</strong><br />

am Unteren Neckar. Archäologische Informationen aus<br />

Baden-Württemberg, Heft 34. Stuttgart/Heidelberg 1997. 7 Beiträge<br />

zu Früh- und Hochmittelalter, 92 S. ISBN 3-927714-30-5<br />

83


84<br />

Lüdecke, Torsten, Die Zeughausgrabung in Stade Teil I: Die Grablege<br />

<strong>des</strong> Bremer Erzbischofs Gottfried von Arnsberg im Prämonstratenserstift<br />

St. Georg. Mit Beiträgen von J. Bohmbach, K.<br />

Elmshäuser, M. Prechel und S. Ruß. Ausgrabungen in Stade, Bd.<br />

1. Stade 1998. 90 S. Ohne ISBN/ISSN.<br />

Luik, Heidi, Muinas-Ja Keskaegsed Luukammid Eestis. Prehistoric<br />

and Medieval bone combs in Estonia. Research into ancient times,<br />

Bd. 6. Tallinn 1998. 176 S. ISSN 1406-3867; ISBN 9985-50-<br />

227-2<br />

Macek, Manfred, u.a., 3000 Jahre auf Schusters Rappen. <strong>Archäologie</strong><br />

in Obergrünberg (OÖ.). Der Schuh im Spiegel von Industrie<br />

und <strong>Archäologie</strong>. Historica-Austria, Bd. 5. Wien 1998. 9 Beiträge,<br />

186 S. ISBN 3-901515-06-2<br />

Maus, Hansjosef, Schwarzwälder Waldglas – Glashütten, Rohmaterial<br />

und Produkte der Glasmacherei vom 12.–19. Jahrhundert;<br />

mit einem Beitrag von Bertram Jenisch, in: Alemannisches Jahrbuch<br />

1998, S. 325-524.<br />

Medieval fires in Bergen - revisited. Mit Beiträgen von Ingvild Øye,<br />

Knud Helle, Gitte Hansen, Rory Dunlop und Asbjörn Herteig. The<br />

Bryggen Papers, Supplementary Series, No 6. Bergen 1998. ISBN<br />

82-7674-501-6<br />

Middelalderens Danmark. Kultur og samfund fra trosskifte til<br />

reformation. Red. P. Ingesman, U. Kjaer, P. K. Madsenund J.<br />

Vellev. Kopenhagen 1999. 375 S. ISBN 87-12-03370-7<br />

Middelalderkeramik fra Ribe. Byarkaeologiske undersøgelser 1980–<br />

1987. Red. P. K. Madsen. Beiträge verschiedener Autoren. Århus<br />

1999. 155 S. ISBN 87-7288-589-0<br />

Miscellanea Archaeologica. Festgabe <strong>für</strong> Adriaanvon Müller zum<br />

70. Geburtstag. Beiträge zur Denkmalpflege in Berlin, Sonderband.<br />

Berlin 2000. Beiträge zahlreicher Autoren. 184 S. ISBN<br />

3-00-005528-2<br />

Mührenberg, Doris, 14. Bericht der Lübecker <strong>Archäologie</strong> <strong>für</strong> das<br />

Jahr 1998/1999. In: Zeitschrift <strong>des</strong> Vereins <strong>für</strong> Lübeckische<br />

Geschichte und Altertumskunde 79, 1999, S. 273–300.<br />

Müller, Jakob, Schulmeister und Knochenschnitzer. Archäologische<br />

Ausgrabungen in Bayreuth. Kultur- und Lebensformen in Mittelalter<br />

und Neuzeit, Band 2. Bamberg 1999. 133 S. ISBN 3-<br />

93127801-8<br />

Møller Nielsen, Heidi Maria, Fra borg til herregård i Danmark. Privatborge<br />

c. 1350–1600. Middelalder-Arkaeologisk Nyhedsbrev<br />

1998. 84 S. ISBN 87-89382-25-0<br />

Neugebauer, Johannes-Wolfgang, Von der Herren Hof von Passau.<br />

Vom römischen Lagerdorf zum mittelalterlichen Lesehof [in<br />

Klosterneuburg]. Mit Beiträgen von Ina Bauer, Michael Dutscher,<br />

Rudolf Koch, Karl Mazakarini, Christine Neugebauer-Maresch, Fritz<br />

Preinfalk, Reiner Simak und Leopold Zahn. Klosterneuburg 1998.<br />

156 S. ISBN 3-901025-74-X<br />

Le Passé reComposé. Archéologie Urbaine à Luxembourg.<br />

Begleitband zur Ausstellung <strong>des</strong> Musée National d’Histoire et<br />

d’Art, Luxembourg1999. Zahlreiche Beiträge, Katalog, frz. und<br />

dt. 392 S. ISBN 2-87978-012-8<br />

Paulus, Helmut-Eberhard, Hermann Reidel und Paul W. Winkler<br />

(Hrsg.), Wasser, Lebensquelle und Bedeutungsträger. Wasserversorgung<br />

in Vergangenheit und Gegenwart. Regensburger<br />

Herbstsymposion zur Kunstgeschichte und Denkmalpflege, Band<br />

4. Regensburg 1999. 21 Beiträge, 208 S. ISBN 3-7954-1250-1<br />

Pfrommer, Jochem und Daniel Gutscher, Laufen Rathausplatz. Eine<br />

hölzerne Häuserzeile in einer mittelalterlichen Kleinstadt: Hausbau,<br />

Sachkultur und Alltag. In Zusammenarbeit mit Jakob<br />

Obrecht, mit Beiträgen von Heiner Albrecht, Susanne Frey-


Kupper, Margret Gosteli, Stefanie Jacomet, Sabine Karg, Marc<br />

A. Nussbaumer und Angela Schlumbaum. Bern 1999. 385 S, 5<br />

Beilagen und CD (u.a. mit dem Befundkatalog und Profilzeichnungen).<br />

ISBN 3-258-06144-0<br />

Porsche, Monika, Stadtmauer und Stadtentstehung. Untersuchungen<br />

zur frühen Stadtbefestigung im mittelalterlichen deutschen<br />

Reich. Hertingen 2000. 249 S. ISBN 3-930327-07-4<br />

Quelle gourde! Histoire d’un récipient singulier. Begleitheft zur<br />

Ausstellung Lons-le-Saunier 1999. 48 S. ISBN 2-905854-28-6<br />

[zu den sog. Pilgerflaschen]<br />

Redknap, Marc, Die römischen und mittelalterlichen Töpfereien in<br />

Mayen, Kreis Mayen-Koblenz. Berichte zur <strong>Archäologie</strong> an Mittelrhein<br />

und Mosel, Bd. 6, Trierer Zeitschrift, Beiheft 24. Trier<br />

1999. 438 S. ISBN 3-923319-41-X.<br />

Ruttner, Ines, und Thomas Kühtreiber, Die Burg Grabensee in Niederösterreich.<br />

Befunde und Funde der Grabungen 1961/62. Beiträge<br />

zur Mittelalterarchäologie in Österreich, Beiheft 2. Wien<br />

1998. 69 S. ISBN 3-9500851-0-6<br />

Schmaedecke, Felicia, Das Münster Sankt Fridolin in Säckingen.<br />

<strong>Archäologie</strong> und Baugeschichte bis ins 17. Jahrhundert. Mit Beiträgen<br />

von Suse Baeriswyl, Carola Berszin, Eberhard Grether,<br />

Stephan Kaltwasser, Christian Maise, Michael Schmaedecke,<br />

Benedikt Zäch und Dagmar Zimdars. Forschungen und Berichte<br />

der <strong>Archäologie</strong> <strong>des</strong> Mittelalters in Baden-Württemberg, Bd. 24.<br />

Stuttgart 1999. Stuttgart 1999. 353 S. ISBN 3-8062-1454-9<br />

Schneid, Irene, Früh- und hochmittelalterliche Keramik aus Ladenburg<br />

a. N., Rhein-Neckar-Kreis. Das Material der Grabungen an<br />

der Realschulstraße und am Kellereiplatz. Diss. Würzburg 1988,<br />

gedruckt 1998. 456 S., ohne ISBN<br />

Scholkmann, Barbara, und Birgit Tuchen, Die Martinskirche in<br />

Pfullingen. <strong>Archäologie</strong> und Baugeschichte. Stuttgart 1999. Mit<br />

Beiträgen von Dieter Quast, Matthias Preissler, Tilmann Marstaller<br />

und Alois Schneider. 126 S. ISBN 3-8062-1479-4<br />

Späth, Markus, Zisterziensische Klausurarchitektur als Mittel institutioneller<br />

Differenzierung. Eine Fallstudie zum Problem der räumlichen<br />

Dualität von Konversen und Mönchen am Beispiel der hochmittelalterlichen<br />

Klöster in Yorkshire. Medium Aevum Quotidianum,<br />

Sonderband VIII. Krems 2000. 155 S. ISBN 3-901094-<br />

11-3<br />

Spel, spelgoed en vrije tijd ten tijde van keizer Karel. Begleitband<br />

zur Ausstellung im Spelgoedmuseum Mechelen April 2000 –<br />

Februar 2001. Div. Beiträge, zahlreiche Abb. 108 S. Ohne ISBN.<br />

Staecker, Jörn, Rex regum et dominus dominorum. Die wikingerzeitlichen<br />

Kreuz- und Kruzifixanhänger als Ausdruck der Mission<br />

in Altdänemark und Schweden. Lund Studies in Medieval Archaeology,<br />

Bd. 23. Stockholm 1999. 621 S. ISSN 0283-6874; ISBN<br />

91-22-01836-0<br />

Stelzle-Hüglin, Sophie, Von Kacheln und Öfen. Untersuchungen zum<br />

Ursprung <strong>des</strong> Kachelofens und zu seiner Entwicklung vom 11.–<br />

19. Jahrhundert anhand archäologischer Funde aus Freiburg im<br />

Breisgau. Freiburger Dissertationen 8. Freiburg 1999. 215 und<br />

55 S. (Microfiche).<br />

Steuer, Heiko, Waagen und Gewichte aus dem mittelalterlichen<br />

Schleswig: Funde <strong>des</strong> 11. bis 13. Jahrhunderts aus Europa als<br />

Quellen zur Handels- und Währungsgeschichte. Zeitschrift <strong>für</strong><br />

<strong>Archäologie</strong> <strong>des</strong> Mittelalters, Beiheft 10. Köln 1997. 442 S.<br />

ISBN 3-7927-1449-3<br />

Steuer, Heiko (Hrsg.), Alter Bergbau im Sulzbachtal, Südschwarzwald.<br />

Archäologische Nachrichten aus Baden, Heft 61/62, 1999.<br />

16 Beiträge, 144 S. ISSN 0178-045-X<br />

85


86<br />

Stiegemann, Christoph, und Matthias Wemhoff (Hrsg.), 799, Kunst<br />

und Kultur der Karolingerzeit. Karl der Große und Papst Leo III.<br />

in Paderborn. Katalog der Ausstellung und Begleitband, 3 Bände.<br />

Mainz 1999. 938 und 744 S. mit zahlreichen Beiträgen.<br />

ISBN 3-8053-2460-X und 3-8053-2598-3<br />

Stralsunder Beiträge zur <strong>Archäologie</strong>, Geschichte, Kunst und Volkskunde<br />

in Vorpommern, Bd. 2. 1999. Beiträge <strong>des</strong> Kolloquiums<br />

Stralsund 1997: Stettiner Ware. Eine Keramik <strong>des</strong> 18. bis 20.<br />

Jahrhunderts im südlichen Ostseeraum. 98 S. ISBN 3-9805660-<br />

2-1<br />

Südwestdeutsche Beiträge zur historischen Bauforschung, Band<br />

4. Stuttgart 1999. 13 Beiträge, 300 S. ISBN 3-927714-41-0<br />

Tamboer, Annemies, Ausgegrabene Klänge. Archäologische Musikinstrumente<br />

aus allen Epochen. Archäologische <strong>Mitteilungen</strong><br />

aus Nordwestdeutschland, Beiheft 25. Oldenburg 1999. Begleitband<br />

zur Ausstellung in den Niederlanden, Belgien, Deutschland<br />

und Polen. 72 S. ISBN 3-89598-626-7<br />

Tarcsay, Kinga, Mittelalterliche und neuzeitliche Glasfunde aus Wien.<br />

Altfunde aus den Beständen <strong>des</strong> Historischen Museums der Stadt<br />

Wien. Beiträge zur Mittelalterarchäologie in Österreich, Beiheft<br />

3. Wien 1999. 209 S. ISBN 3-9500815-1-4<br />

Uhl, Stefan, Das Humpisquartier in Ravensburg. Städtisches Wohnen<br />

<strong>des</strong> Spätmittelalters in Oberschwaben. Forschungen und<br />

Berichte der Bau- und Kunstdenkmalpflege in Baden-Württemberg,<br />

Bd. 8. Stuttgart 1999. 447 S. ISBN 3-8062-1452-2<br />

Viborg Søndersø 1000–1300. Byarkaeologiske undersøgelser 1981<br />

og 1984–85. Red. J. Hjermind et al. Århus 1998. 372 S. ISBN<br />

87-7288-594-7<br />

Vissak, Rünno und Mäesalu, Ain, The Medieval Town in the Baltic:<br />

Hanseatic History and Archaeology. Proceedings of the first &<br />

second seminar, Tartu, Estonia 1997 and 1998. 9 Beiträge.<br />

101 S. ISSN 1406-5169<br />

von Pezold, Johann Dietrich (Hrsg.), Gegraben, Gefunden, Geborgen.<br />

Archäologische Spurensuche an Werra, Fulda und Weser.<br />

Begleitband zur Ausstellung. Sydekum-Schriften zur Geschichte<br />

der Stadt Münden, Bd. 29. Hann. Münden 1998. 10 Beiträge,<br />

162 S. ISBN 3-925451-30-7<br />

Wild, Dölf, Das Predigerkloster in Zürich. Ein Beitrag zur Architektur<br />

der Bettelorden im 13. Jahrhundert. <strong>Archäologie</strong> beim Neubau<br />

der Zentralbibliothek in Zürich 1990–1996. Monographien<br />

der Kantonsarchäologie Zürich, Bd. 32. Zürich/Egg 1999. 323<br />

S. ISBN 3-905647-89-3<br />

Wismarer Studien zur <strong>Archäologie</strong> und Geschichte, Bd. 5, 1999.<br />

Mit 6 Beiträgen vornehmlich zu Glasfunden aus den Hansestädten<br />

Mecklenburg-Vorpommerns. 101 S. ISSN 0945-3504<br />

1200 Jahre Martinskirche Linz (799–1999). Kataloge <strong>des</strong> OÖ.<br />

Lan<strong>des</strong>museums, Neue Folge Nr. 143. Linz 1999. 13 Beiträge,<br />

129 S. ISBN 3-85474-041-7

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