Gemeinsam stark Die Vorteile des Industriepark-Modells liegen ... - KI
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STANDORTFAKTOREN<br />
<strong>Gemeinsam</strong> <strong>stark</strong><br />
<strong>Die</strong> <strong>Vorteile</strong> <strong>des</strong> <strong>Industriepark</strong>-<strong>Modells</strong><br />
<strong>liegen</strong> auf der Hand<br />
Ursprünglich aus der Not geboren, ist das Modell <strong>des</strong> Chemie-<br />
bzw. <strong>Industriepark</strong>s inzwischen weit mehr als eine Notlösung. Im<br />
globalen Wettbewerb werden Synergien und Netzwerke, wie sie<br />
Indust rieparks bieten, zu einer Überlebensstrategie für die europäischen<br />
Chemieproduzenten.<br />
Phönix entstieg der Asche – das Bild aus<br />
der ägyptischen Mythologie gibt die Entstehung<br />
der Chemie- bzw. <strong>Industriepark</strong>idee<br />
gut wieder: Anfang der 90er Jahre stand es<br />
schlecht um die ostdeutschen Chemieverbünde<br />
Leuna, Bitterfeld, Schkopau und andere.<br />
Investoren, die die riesigen Standorte<br />
mit ihren enormen Altlasten übernehmen,<br />
waren keine zu finden, allenfalls einzelne Betriebe<br />
waren für auswärtige Finanziers attraktiv.<br />
Und so blieb nur die Privatisierung in<br />
Teilen. Der Erfolg gab dem Modell recht: Ein<br />
Gelände mit allen chemierelevanten Genehmigungen,<br />
die gemeinsame Nutzung der Infrastruktur<br />
wie Strom, Dampf, Entsorgung<br />
und Wartungsdienstleistungen. Der Chemiepark<br />
war geboren.<br />
Armin Scheuermann, Redaktion<br />
Und das Beispiel machte auch an anderen<br />
Standorten Schule – zunächst in Westdeutschland,<br />
inzwischen jedoch auch in Österreich,<br />
der Schweiz und sogar in Fernost.<br />
Wenngleich die Gründe dafür anders gelagert<br />
waren und sind als in Ostdeutschland.<br />
<strong>Die</strong> Neudefinition und Konzentration auf<br />
Kernkompetenzen führte dazu, dass in den<br />
ehemals geschlossenen Verbundstandorten<br />
ein neues Beziehungsgeflecht rechtlich unabhängiger<br />
Unternehmen entstand. Und<br />
zum neuen Selbstverständnis der Chemieproduzenten<br />
gehört, dass beispielsweise Infrastrukturbetriebe<br />
kein Kerngeschäft sind.<br />
Was macht die Faszination der Chemie-<br />
bzw. <strong>Industriepark</strong>-Idee (zum Begriff siehe<br />
Kasten) aus? Was spricht dafür, Produktionsanlagen<br />
im <strong>Industriepark</strong> und nicht auf der<br />
Grünen Wiese zu betreiben? <strong>Die</strong>se Fragen<br />
lassen sich vielfältig beantworten. Zunächst<br />
Quelle Fachzeitschrift<br />
www.chemietechnik.de<br />
1: Im <strong>Industriepark</strong> werden vorhandene<br />
Ressourcen im Vergleich zu verstreut<br />
<strong>liegen</strong>den Industriebetrieben effektiver<br />
ausgenutzt<br />
ist es vor allem die für Chemie-Belange ausgebaute,<br />
zumeist sehr gute Infrastruktur –<br />
z.B. die Lage und Anbindung an Verkehrswege,<br />
die bereits bei der ersten Besiedlung<br />
eines Standorts ausschlaggebend war. Dazu<br />
kommt die Versorgung mit Wasser, Strom,<br />
Dampf und die Entsorgung von Abwässern<br />
und Abfällen sowie die Bereitstellung von Sicherheitseinrichtungen<br />
um die sich der Chemieproduzent<br />
nicht selbst kümmern muss<br />
und die für einen einzelnen Betrieb hohe<br />
Kosten verursachen würden.<br />
Jeder macht das,<br />
was er am besten kann<br />
Durch die in der Regel hohe Unternehmensdichte<br />
im <strong>Industriepark</strong> wird die chemiespezifische<br />
Infrastruktur effizient genutzt. Aber<br />
nicht nur die Infrastruktur ist für Ansied-<br />
6 CHEMIE TECHNIK Kompendium <strong>Industriepark</strong>s Chemie 2005<br />
Bild: Infraserv Wiesbaden
KOMPAKT<br />
Chemie- oder<br />
<strong>Industriepark</strong>?<br />
Der Begriff <strong>des</strong> Industrie- bzw. Chemieparks<br />
ist nicht allgemein gültig<br />
definiert und kommt auch in der<br />
Rechtssprechung nicht vor. Weitgehend<br />
Einigkeit herrscht darüber,<br />
dass ein <strong>Industriepark</strong> (IP) ein nach<br />
außen abgegrenztes, gegen unbefugtes<br />
Betreten gesichertes industriell<br />
genutztes Gelände ist, auf dem mehrere<br />
rechtlich selbständige Unternehmen<br />
angesiedelt sind, die zum überwiegenden<br />
Teil in einem engen Verbund<br />
gegenseitiger Lieferungen und<br />
Leistungen tätig sind und dabei verschiedene<br />
Infrastruktureinrichtungen<br />
gemeinsam nutzen [3] (Literaturverzeichnis<br />
auf Seite 50). Der Chemiepark<br />
ist eine branchenspezifische<br />
Ausprägung <strong>des</strong> IP, eine scharfe Trennung<br />
zwischen Chemie- und <strong>Industriepark</strong><br />
ist nicht möglich, da die<br />
Übergänge fließend sind.<br />
lungswillige ein wichtiges Entscheidungskriterium.<br />
Viel wichtiger ist das Beziehungsgeflecht<br />
zu Lieferanten von Rohstoffen und<br />
Zwischenprodukten, aber auch zu Abnehmern<br />
der eigenen Erzeugnisse. Ansiedler<br />
profitieren von der Kompetenz anderer am<br />
Standort angesiedelter Unternehmen. „<strong>Die</strong><br />
besten Ideen entstehen beim Mittagessen<br />
KOMPAKT<br />
Pro & Contra<br />
auf einer Serviette“, verdeutlichte im vergangenen<br />
Jahr ein Aventis-Mitarbeiter im<br />
Gespräch mit der Redaktion. Durch die Arbeitsteilung<br />
zwischen angesiedelten Betrieben<br />
und <strong>Die</strong>nstleistungsunternehmen im <strong>Industriepark</strong><br />
wird außerdem die Kompetenz<br />
<strong>des</strong> vorhandenen Personals besser ausgeschöpft<br />
– jeder konzentriert sich auf das,<br />
was er am besten kann.<br />
Daneben profitieren die im <strong>Industriepark</strong><br />
angesiedelten Unternehmen auch durch die<br />
Bündelung ihrer Nachfrage nach <strong>Die</strong>nstleistungen<br />
und Güter – ob nun beim Bezug von<br />
Energie von Versorgungsunternehmen oder<br />
Gegenständen <strong>des</strong> Bürobedarfs. Und oft<br />
<strong>Vorteile</strong> <strong>des</strong> <strong>Industriepark</strong>s:<br />
• zumeist sehr gute Infrastruktur<br />
• Ver- und Entsorgungsleistungen vorhanden<br />
• Bereitstellung von Sicherheitseinrichtungen<br />
• chemiespezifische Infrastruktur wird effizient genutzt<br />
• Beziehungsgeflecht zu Lieferanten von Rohstoffen und Zwischenprodukten,<br />
aber auch Abnehmern<br />
• Ansiedler profitieren von der Kompetenz anderer am Standort angesiedelter<br />
Unternehmen<br />
• Durch die Arbeitsteilung zwischen angesiedelten Betrieben und<br />
<strong>Die</strong>nstleistungsunternehmen im <strong>Industriepark</strong> wird die Kompetenz <strong>des</strong><br />
vorhandenen Personals besser ausgeschöpft<br />
• Bündelung ihrer Nachfrage nach <strong>Die</strong>nstleistungen und Güter<br />
• Der Bodenverbrauch im IP ist gegenüber dem Modell „grüne Wiese“<br />
wesentlich geringer<br />
Nachteile <strong>des</strong> <strong>Industriepark</strong>s:<br />
• Rechtliche Problematik erfordert erheblichen Organisationsaufwand<br />
vom Standortbetreiber<br />
• Es müssen klare Schnittstellenregelungen getroffen werden<br />
Bild: Pharmaserv Marburg<br />
2: Durch die Arbeitsteilung zwischen angesiedelten Betrieben und<br />
<strong>Die</strong>nstleistungsunternehmen im <strong>Industriepark</strong> wird die Kompetenz<br />
<strong>des</strong> vorhandenen Personals besser ausgeschöpft<br />
werden Synergien, die aus dem Beziehungsgeflecht<br />
entstehen, von den Standortbetreibern<br />
an die angesiedelten Betriebe weitergegeben.<br />
Ein Beispiel dafür sind die durch<br />
Spitzenlast-Optimierung entstehenden Einsparungen<br />
bei der Versorgung mit elektrischer<br />
Energie.<br />
Insgesamt werden die im <strong>Industriepark</strong><br />
vorhandenen Ressourcen im Vergleich zu<br />
verstreut <strong>liegen</strong>den Industriebetrieben effektiver<br />
ausgenutzt – der Bodenverbrauch im IP<br />
ist gegenüber dem Modell „grüne Wiese“<br />
wesentlich geringer, was auch der Allgemeinheit<br />
zugute kommt.<br />
Allerdings sollen an dieser Stelle auch die<br />
Nachteile nicht unterschlagen werden. Da ist<br />
einerseits die rechtliche Problematik. Aus der<br />
Tatsache, dass der Begriff <strong>des</strong> <strong>Industriepark</strong>s<br />
nicht rechtlich bestimmt ist, resultiert ein erheblicher<br />
Organisationsaufwand, der vor allem<br />
vom Standortbetreiber zu leisten ist. <strong>Die</strong>ser<br />
hat für klare Schnittstellenregelungen zu<br />
sorgen und muss sich mit Problemen wie <strong>des</strong><br />
Abwasser- und Abfallrechts, <strong>des</strong> Lärm- und<br />
Immisionsschutzes und der Störfallvorsorge<br />
auseinandersetzen. Viele Aspekte müssen in<br />
zivilrechtlichen Verträgen geregelt werden,<br />
um Zweifelsfälle und unnötige Auseinandersetzungen<br />
zu vermeiden.<br />
Alles in allem überwiegen die <strong>Vorteile</strong> <strong>des</strong><br />
<strong>Industriepark</strong>-<strong>Modells</strong> jedoch eindeutig.<br />
Und im internationalen Wettbewerb, der<br />
von einer zunehmenden Konsolidierung der<br />
Pharma- und Chemieindustrie geprägt sein<br />
wird, in dem vormals integrierte Unternehmen<br />
ihre Geschäftsbereiche weiter entflechten<br />
werden, ist der <strong>Industriepark</strong> schlichtweg<br />
die Überlebensstrategie, die eine Konzentration<br />
auf das Kerngeschäft erst ermöglicht.<br />
CHEMIE TECHNIK Kompendium <strong>Industriepark</strong>s Chemie 2005 7