10.07.2015 Aufrufe

Vielfalt ein Weg! Diversity und Antidiskriminierung in Verbänden ...

Vielfalt ein Weg! Diversity und Antidiskriminierung in Verbänden ...

Vielfalt ein Weg! Diversity und Antidiskriminierung in Verbänden ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Vielfalt</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong> <strong>Weg</strong>!<strong>Diversity</strong> <strong>und</strong> <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong> <strong>in</strong> Verbänden,öffentlicher Verwaltung <strong>und</strong> UnternehmenFachtagung 12.05.2005, Düsseldorf


<strong>Vielfalt</strong> – <strong>e<strong>in</strong></strong> <strong>Weg</strong> zur <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>Dr. Albert HarmsLeiter der Abteilung Familie <strong>und</strong> Senioren im M<strong>in</strong>isterium fürGes<strong>und</strong>heit, Soziales, Frauen <strong>und</strong> Familie des Landes Nordrh<strong>e<strong>in</strong></strong>-WestfalenM<strong>e<strong>in</strong></strong>e sehr geehrten Damen <strong>und</strong> Herren,Vorbemerkungich begrüße Sie herzlich zu unserer Fachtagung - "<strong>Vielfalt</strong> -<strong>e<strong>in</strong></strong> <strong>Weg</strong>! - <strong>Diversity</strong> <strong>und</strong> <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong> <strong>in</strong> Verbänden,öffentlicher Verwaltung <strong>und</strong> Unternehmen" - die das M<strong>in</strong>isterium für Ges<strong>und</strong>heit, Soziales, Frauen<strong>und</strong> Familie des Landes Nordrh<strong>e<strong>in</strong></strong>-Westfalen gem<strong>e<strong>in</strong></strong>sam mit dem Ver<strong>e<strong>in</strong></strong> für Soziale Arbeit <strong>und</strong>Kultur Südwestfalen e.V. durchführt. Das Thema ist hochaktuell, politisch brisant <strong>und</strong> <strong>in</strong> der Öffentlichkeitelektrisierend: Die „Schlacht“ um das Anti-Diskrim<strong>in</strong>ierungs-Gesetz des B<strong>und</strong>es geht <strong>in</strong> dieEndphase.Das Thema unserer Veranstaltung beschreibt nicht nur für NRW <strong>e<strong>in</strong></strong>e wichtige Zukunftsaufgabe,sondern gleichermaßen für Deutschland <strong>und</strong> Europa. Ich freue mich, dass alle gesellschaftlichenGruppen, die sich mit dem Thema <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong> <strong>und</strong> <strong>Vielfalt</strong> aus<strong>e<strong>in</strong></strong>andersetzen, heute <strong>und</strong>hier vertreten s<strong>in</strong>d, um gem<strong>e<strong>in</strong></strong>sam mit uns den Dialog aufzunehmen.Die Diskussionen um Interkulturalität <strong>und</strong> <strong>Diversity</strong> stellen seit geraumer Zeit <strong>e<strong>in</strong></strong>e zentrale Herausforderungfür viele global tätige Unternehmen dar. Zunehmend prägen sie aber auch die Debatt<strong>e<strong>in</strong></strong> der Politik, der öffentlichen Verwaltung, den Gewerkschaften, der Freien Wohlfahrtspflege, denUniversitäten <strong>und</strong> Weiterbildungs<strong>e<strong>in</strong></strong>richtungen. Und nicht zu übersehen ist, dass <strong>e<strong>in</strong></strong>ige nach wievor der Zielgruppen übergreifenden <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>spolitik <strong>und</strong> dem <strong>Diversity</strong> Managementskeptisch gegenüber stehen.<strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>s- <strong>und</strong> <strong>Diversity</strong>-Politik gehören zusammen<strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>s- <strong>und</strong> <strong>Diversity</strong>-Politik bedeuten für die Landesregierung, die <strong>Vielfalt</strong> unsererGesellschaft nicht nur anzuerkennen – sondern auch wahrzunehmen, dass Frauen, Menschen mitBeh<strong>in</strong>derungen, ältere Menschen, ethnische M<strong>in</strong>derheiten, Lesben, Schwule <strong>und</strong> andere sexuelleM<strong>in</strong>derheiten benachteiligt werden.Deshalb heißt <strong>e<strong>in</strong></strong>e Politik der <strong>Vielfalt</strong> für mich: <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>s- <strong>und</strong> <strong>Diversity</strong>-Politik. BeidePolitikansätze hängen mit<strong>e<strong>in</strong></strong>ander zusammen, sie s<strong>in</strong>d zwei Seiten derselben Medaille.<strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>spolitik bedeutet, die Gr<strong>und</strong>werte <strong>e<strong>in</strong></strong>er Demokratie, nämlich Gleichwertigkeit<strong>und</strong> Gleichberechtigung aller Menschen zu verwirklichen. Das heißt, Menschen durch gezielteMaßnahmen vor Diskrim<strong>in</strong>ierungen zu schützen <strong>und</strong> auf Gleichberechtigung h<strong>in</strong>zuwirken.<strong>Diversity</strong>-Politik heißt, <strong>Vielfalt</strong> als Stärke <strong>und</strong> Qualität unserer Gesellschaft wertzuschätzen <strong>und</strong> aktivzu fördern.In vielen Bereichen s<strong>in</strong>d z.B. Frauen, alte Menschen, Menschen mit Beh<strong>in</strong>derung, ethnische M<strong>in</strong>derheitenoder Menschen mit <strong>e<strong>in</strong></strong>er nicht heterosexuellen Identität stark unterrepräsentiert. Durch<strong>e<strong>in</strong></strong>e gezielte Förderung von <strong>Vielfalt</strong> soll Benachteiligungen entgegengewirkt werden. Von Diskrim<strong>in</strong>ierungBetroffene bekommen die Chance, sich mit all ihren Erfahrungen <strong>und</strong> spezifischen Stärken<strong>in</strong> alle gesellschaftlichen Bereiche <strong>e<strong>in</strong></strong>zubr<strong>in</strong>gen.7


Und die Gesamtgesellschaft profitiert hiervon, weil die <strong>Vielfalt</strong> an Erfahrungen, Wissen <strong>und</strong> Kompetenzenmehr Kreativität, Innovation <strong>und</strong> Produktivität hervorbr<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> die Bedürfnisse allerGesellschaftsmitglieder besser berücksichtigt werden können.Zukünftige Bedeutung von <strong>Diversity</strong>-PolitikViele Experten gehen davon aus, dass die Notwendigkeit, sich den Themen <strong>Vielfalt</strong> <strong>und</strong> <strong>Diversity</strong>Management zu widmen, <strong>in</strong> Zukunft weiter zunehmen wird. Zum <strong>e<strong>in</strong></strong>en wird unsere Gesellschaft vordem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> des demografischen Wandels älter, weniger <strong>und</strong> bunter werden. Dies wird langfristig(ab 2015) zu Personalengpässen auf dem Arbeitsmarkt führen - <strong>und</strong> damit zwangsläufig zu<strong>e<strong>in</strong></strong>er Zunahme vielfältiger Belegschaften. Allerd<strong>in</strong>gs s<strong>in</strong>d wir heute noch nicht so weit.Zum anderen werden die E<strong>in</strong>flüsse, die von der Umsetzung der europäischen <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>srichtl<strong>in</strong>ien<strong>in</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong> deutsches <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sgesetz zu erwarten s<strong>in</strong>d, <strong>e<strong>in</strong></strong>en Schub für die weitereVerbreitung von Konzepten kultureller <strong>Vielfalt</strong> <strong>und</strong> <strong>Diversity</strong>-Management bewirken.Im Rahmen zunehmender Globalisierung, Europäisierung <strong>und</strong> <strong>in</strong>ternationaler Kooperationen wirdsich die erfolgreiche Zusammenarbeit heterogener Organisationen – nicht nur von Unternehmen –als zentraler Faktor für Konkurrenzfähigkeit <strong>und</strong> Bürgernähe, aber auch für Chancengleichheit e-tablieren müssen. Der Profit- <strong>und</strong> Non-Profit-Bereich s<strong>in</strong>d gefordert, sich diesen Herausforderungengesellschaftlicher <strong>Vielfalt</strong> zu stellen - allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> unterschiedlicher Weise.Im privaten Sektor s<strong>in</strong>d Strategien der <strong>Vielfalt</strong> <strong>und</strong> <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong>e Möglichkeit, um Wettbewerbsvorteileauf den gegenwärtigen <strong>und</strong> zukünftigen Märkten zu nutzen. Dagegen steht im öffentlichenSektor die Frage der Verlässlichkeit <strong>und</strong> Vertrauenswürdigkeit gegenüber den Bürger<strong>in</strong>nen<strong>und</strong> Bürgern im Mittelpunkt. In beiden Bereichen führen diese Strategien – unabhängig vonihrer unterschiedlichen Zielrichtung – zu <strong>e<strong>in</strong></strong>er größeren Bürgerbeteiligung <strong>und</strong> Bürgernähe <strong>und</strong> zurHerstellung von Chancengleichheit für benachteiligte Gruppen.<strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>spolitik <strong>und</strong> <strong>Diversity</strong>-Management s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den USA praktisch zur Institution geworden,der sich kaum <strong>e<strong>in</strong></strong> Unternehmen entziehen kann. Aber auch dort ist nicht alles Gold, wasglänzt. Das ändert allerd<strong>in</strong>gs nichts an der E<strong>in</strong>sicht, dass die Verbreitung dieser Strategien <strong>in</strong>Deutschland noch <strong>in</strong> den K<strong>in</strong>derschuhen steckt. Immerh<strong>in</strong> schätzen Experten r<strong>und</strong> 50 Unternehmen,die <strong>Diversity</strong>-Management anwenden. Hierzu zählen Banken, Automobilhersteller <strong>und</strong> andereGroßunternehmen - darunter <strong>e<strong>in</strong></strong>ige der wichtigsten Arbeitgeber Deutschlands. In mittleren <strong>und</strong>kl<strong>e<strong>in</strong></strong>en Unternehmen s<strong>in</strong>d <strong>Diversity</strong>-Konzepte bisher allerd<strong>in</strong>gs noch rar. Und das ist unsere Achillesferse.Darüber h<strong>in</strong>aus ist <strong>e<strong>in</strong></strong> zunehmendes Interesse an Informationsveranstaltungen zum <strong>Diversity</strong>-Managementwahrzunehmen. Auch öffentliche Verwaltungen <strong>und</strong> Nicht-Regierungsorganisationenwenden sich dem Thema zu.<strong>Vielfalt</strong> <strong>und</strong> Toleranz s<strong>in</strong>d <strong>e<strong>in</strong></strong> Gew<strong>in</strong>n für Wirtschaft <strong>und</strong> GesellschaftUnternehmen, die Strategien der personellen <strong>Vielfalt</strong> bei ethnischer Zugehörigkeit, Religion, Beh<strong>in</strong>derung,sexueller Identität, Alter <strong>und</strong> Geschlecht fördern, s<strong>in</strong>d wirtschaftlich erfolgreich! Zu diesemErgebnis kommt <strong>e<strong>in</strong></strong> Bericht, der für die Europäische Kommission erarbeitet wurde. Die Liste derVorteile, die benannt werden, ist lang. Zugegeben, diese Diskussion passt nicht <strong>in</strong> die aktuelle ordnungspolitischeDiskussion um die Rolle des Kapitalismus. Diese Aus<strong>e<strong>in</strong></strong>andersetzungen werdenvermutlich <strong>e<strong>in</strong></strong>ige Jahre im Vordergr<strong>und</strong> stehen. Ich erwähne aus der Liste der Vorteile nur die wichtigsten:1. die kulturellen Werte <strong>in</strong>nerhalb des Unternehmens werden gestärkt,2. Image <strong>und</strong> Reputation des Unternehmens erfahren <strong>e<strong>in</strong></strong>e Aufwertung,8


3. die positive E<strong>in</strong>stellung <strong>und</strong> B<strong>in</strong>dunghochtalentierter Mitarbeiter <strong>und</strong> Mitarbeiter<strong>in</strong>nenan das Unternehmen werden gestärkt <strong>und</strong>4. die Motivation der Beschäftigten <strong>und</strong> somit dieEffektivität des unternehmerischen Handelnssteigen.Durch personelle <strong>Vielfalt</strong> entsteht <strong>e<strong>in</strong></strong>e w<strong>in</strong>-w<strong>in</strong>-Situation,von der alle, die Mitarbeiter<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Mitarbeiter,das Unternehmen <strong>und</strong> die Gesellschaft <strong>in</strong>sgesamtprofitieren werden.<strong>Diversity</strong> <strong>und</strong> <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>spolitik s<strong>in</strong>d Themen,die auch im politischen Kontext zunehmend wichtigerwerden.Spätestens seit der Verabschiedung des Amsterdamer Vertrages stehen Zielgruppen übergreifende<strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sansätze im Mittelpunkt der europäischen Gleichstellungspolitik. Die EuropäischeKommission hat Richtl<strong>in</strong>ien erlassen, die <strong>e<strong>in</strong></strong>e Gleichbehandlung <strong>in</strong> der Arbeitswelt, beim Zugangzu Dienstleistungen <strong>und</strong> im Zivilrecht fördern sollen.Sie betreffen alle Gruppen, die direkt <strong>und</strong> <strong>in</strong>direkt von Diskrim<strong>in</strong>ierungen betroffen s<strong>in</strong>d.Alle Europäischen Staaten s<strong>in</strong>d aufgefordert, diese EU-Richtl<strong>in</strong>ien <strong>in</strong> nationales Recht umzusetzen.Auch <strong>in</strong> Deutschland – auf diesem politischen Feld <strong>e<strong>in</strong></strong>e „verspätete Nation“ - wird daran gearbeitet,<strong>e<strong>in</strong></strong> nationales <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sgesetz auf den <strong>Weg</strong> zu br<strong>in</strong>gen. Aber: E<strong>in</strong> Gesetz all<strong>e<strong>in</strong></strong>reicht nicht aus, es sichert k<strong>e<strong>in</strong></strong>e Chancengleichheit!Es bedarf weiterer Maßnahmen! Staat, Wirtschaft <strong>und</strong> Gesellschaft s<strong>in</strong>d aufgerufen, hier Verantwortungzu übernehmen. Ich b<strong>in</strong> fest davon überzeugt, dass <strong>e<strong>in</strong></strong>e konsequente <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>s-<strong>und</strong> <strong>Diversity</strong>-Politik <strong>in</strong> Betrieben, der öffentlichen Verwaltung <strong>und</strong> Nicht-Regierungsorganisationen<strong>e<strong>in</strong></strong> wichtiger Schritt zur Gleichstellung <strong>und</strong> Bürgerschaft Benachteiligter ist. Sie trägt dazubei, die Innovationsfähigkeit <strong>und</strong> Produktivität unserer Gesellschaft zu stärken.Wir <strong>in</strong> Nordrh<strong>e<strong>in</strong></strong>-Westfalen haben <strong>e<strong>in</strong></strong>e lange Tradition <strong>in</strong> der <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>spolitik, die bisher<strong>e<strong>in</strong></strong>malig <strong>in</strong> der B<strong>und</strong>esrepublik ist. Wir haben neben der Zielgruppen spezifischen GleichstellungspolitikZielgruppen übergreifende <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>s-Strategien <strong>in</strong> unser Programm aufgenommen<strong>und</strong> wollen mit dieser Tagung auch dem <strong>Diversity</strong>-Management <strong>e<strong>in</strong></strong>en Stellenwert <strong>in</strong> derDiskussion um <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong>räumen. Gleichwohl, die anderen Länder schließen auf, unserVorsprung wird kl<strong>e<strong>in</strong></strong>er. Also, stellen wir uns der zunehmenden Konkurrenz!Dr. Peter Döge wird im Anschluss an m<strong>e<strong>in</strong></strong>e Ausführungen näher auf die Entwicklung "von der <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sarbeitzur produktiven Gestaltung von <strong>Vielfalt</strong>" <strong>e<strong>in</strong></strong>gehen.FazitIch will zum Schluss m<strong>e<strong>in</strong></strong>e Ausführungen zusammenfassen:1. E<strong>in</strong>e <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sgesetzgebung wird von der EU gefordert <strong>und</strong> ist <strong>in</strong> Deutschlanddr<strong>in</strong>gend erforderlich. Sie wird helfen, das gr<strong>und</strong>gesetzliche Benachteiligungsverbot zu stärken.E<strong>in</strong> solches Gesetz ist Zielgruppen übergreifend auszugestalten, um alle Benachteiligtenzu schützen <strong>und</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong>er Hierarchisierung der Betroffenen vorzubeugen.2. Neben der rechtlich begründeten Gleichstellungspolitik s<strong>in</strong>d gleichzeitig Strategien gefragt,die unterhalb der Gesetzgebung ansetzen, um Diskrim<strong>in</strong>ierung zu vermeiden <strong>und</strong> <strong>Vielfalt</strong> zufördern.9


Hier ist Überzeugungsarbeit zu leisten, vor allem bei den mittleren <strong>und</strong> kl<strong>e<strong>in</strong></strong>en Unternehmen.3. <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>s- <strong>und</strong> <strong>Diversity</strong>-Politikansätze s<strong>in</strong>d geeignete Instrumente, um <strong>in</strong> Unternehmen,Verbänden <strong>und</strong> der öffentlichen Verwaltung Innovationen, Bürgernähe <strong>und</strong> Produktivitätzu stärken. Die überzeugende Wirkung <strong>e<strong>in</strong></strong>er W<strong>in</strong>-W<strong>in</strong>-Situation wird sich abernicht wie das Blaue vom Himmel ergeben. Daran muss gearbeitet werden.4. Diese aussichtsreichen Handlungskonzepte werden <strong>in</strong> Zukunft auf Gr<strong>und</strong> des demografischenWandels <strong>und</strong> der damit <strong>e<strong>in</strong></strong>hergehenden Personalengpässe auf dem Arbeitsmarktzwangsläufig an Bedeutung gew<strong>in</strong>nen, auch wenn die aktuellen Defizite <strong>e<strong>in</strong></strong> solches Vordenkennoch nicht auf den ersten Blick legitimieren.5. Es gibt viele gute Beispiele, die Vorbild s<strong>e<strong>in</strong></strong> können, wie Chancengleichheit bewirkt <strong>und</strong>gleichzeitig der wirtschaftliche Erfolg unterstützt werden kann. E<strong>in</strong>ige dieser Beispiele - auchaus dem europäischen Ausland - werden wir heute auf unserer Tagung vorstellen.Wer Politik gestalten will, sollte die strukturellen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen schaffen <strong>und</strong> verbessern. Wir<strong>in</strong> Nordrh<strong>e<strong>in</strong></strong>-Westfalen stellen uns der Diskussion zur <strong>Diversity</strong>-Politik <strong>und</strong> laden Sie <strong>e<strong>in</strong></strong>, mit unsden Dialog aufzunehmen. Unsere Aufgabe ist es, geeignete Foren für diesen Dialog zu schaffen.Wir alle profitieren davon, die Unternehmer, die Belegschaften, wir als Vertreter<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Vertreterdes Staates <strong>und</strong> die Gesellschaft mit allen Bürger<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Bürgern.Ich möchte allen Mitwirkenden an der heutigen Fachveranstaltung herzlich danken. M<strong>e<strong>in</strong></strong> besondererDank gilt dem Ver<strong>e<strong>in</strong></strong> für soziale Arbeit <strong>und</strong> Kultur Südwestfalen, der sich als unser Partnermit großem Engagement diesem wichtigen Themenfeld widmet. Aber ebenso danke ich der zuständigenReferatsleiter<strong>in</strong>, Frau Gudrun Schmidt, <strong>und</strong> m<strong>e<strong>in</strong></strong>er Vertreter<strong>in</strong>, Frau Dr. Hildegard Kaluza,die an der Podiumsdiskussion teilnehmen wird. Ohne deren Kärrnerarbeit wären wir heutenicht so weit.Ich wünsche uns allen <strong>in</strong>teressante Gespräche <strong>und</strong> vielfältige Anregungen mit den hier präsentiertenThemen <strong>und</strong> Perspektiven.Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.10


Von der <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sarbeit zur produktivenGestaltung von <strong>Vielfalt</strong>Dr. Peter DögeInstitut für anwendungsorientierte Innovations- <strong>und</strong> Zukunftsforschunge.V., Berl<strong>in</strong>Guten Tag m<strong>e<strong>in</strong></strong>e Damen <strong>und</strong> Herren!Vielen Dank für die E<strong>in</strong>ladung <strong>und</strong> vielen Dank für die Möglichkeit,Ihnen heute das Konzept des Manag<strong>in</strong>g <strong>Diversity</strong> <strong>in</strong> Abgrenzung oderauch <strong>in</strong> Ergänzung zum Konzept der <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sarbeit vorstellenzu können. Ich habe den Vortrag benannt: „Manag<strong>in</strong>g <strong>Diversity</strong>von der <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sarbeit zur produktiven Gestaltung von<strong>Vielfalt</strong>“.Ausgangspunkt des Vortrages ist die Gegenüberstellung von <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sarbeit<strong>und</strong> Manag<strong>in</strong>g <strong>Diversity</strong>: S<strong>in</strong>d die Konzepte Ergänzungoder Gegensatz? Ist Manag<strong>in</strong>g <strong>Diversity</strong> nur <strong>e<strong>in</strong></strong> Konzept für dieWirtschaft, wie es oft diskutiert wird, <strong>und</strong> ist <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong>Konzept für den Rest? Macht der Rest die <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sarbeit <strong>und</strong> die Wirtschaft pickt sichdie Ros<strong>in</strong>en raus? Wo liegen die jeweiligen Schwerpunkte der Konzepte <strong>und</strong> wie können sie mit<strong>e<strong>in</strong></strong>anderverb<strong>und</strong>en werden?Zur Beantwortung dieser Fragen müssen wir zunächst <strong>e<strong>in</strong></strong>e generelle Unterscheidung treffen zwischen<strong>e<strong>in</strong></strong>em Konzept <strong>und</strong> s<strong>e<strong>in</strong></strong>er jeweiligen Umsetzung. Die konkrete Umsetzung <strong>e<strong>in</strong></strong>es Konzeptssagt häufig nichts aus über <strong>e<strong>in</strong></strong> zugr<strong>und</strong>e liegendes Konzept. S<strong>e<strong>in</strong></strong>e Umsetzung kann schlecht s<strong>e<strong>in</strong></strong>,deswegen ist das Konzept gut. Gleichstellungspolitik ist positiv zu werten, aber die Umsetzung istmanchmal doch nicht ganz so gelungen. Deswegen ist der Ansatz, die Idee nicht negativ zu bewerten,Männer <strong>und</strong> Frauen gleich zu stellen. Genauso wird man sehen, dass <strong>Diversity</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong> gutesKonzept ist, aber häufig die Umsetzung des Konzepts nicht so ausfällt, wie man es sich wünscht.Um Unterschiede oder Gem<strong>e<strong>in</strong></strong>samkeiten von Anti-Diskrim<strong>in</strong>ierungs- <strong>und</strong> <strong>Diversity</strong>-Strategien erkennenzu können, muss die gr<strong>und</strong>legende Frage beantwortet werden: wie gehen wir denn überhauptmit Unterschieden um <strong>und</strong> welche Unterschiede zwischen Menschen gibt es denn überhaupt?Dieses Bild, das Sie hier sehen, ist <strong>e<strong>in</strong></strong> Bild vom Ende des 19 Jahrh<strong>und</strong>ert. Das Bild hat den Titel„Die Besitzergreifung Afrikas“. Wenn man sich dieses Bild genauer ansieht, wird <strong>e<strong>in</strong></strong>e erste Unter-11


scheidungsdimension deutlich:Unterschiede, die biologisch-körperlicherNaturs<strong>in</strong>d, wie z.B. Hautfarbe. E<strong>in</strong>körperlich-biologischesMerkmal ist z.B. auch dieKörpergröße. Daneben existierenMerkmale, die eher imBereich des Sozial-Kulturellenliegen, wie etwa die Herkunft<strong>e<strong>in</strong></strong>er Person; die Weltanschauung,die Religiosität,die Zugehörigkeit zu <strong>e<strong>in</strong></strong>erKirche.Mit allen diesen Merkmalengehen wir <strong>in</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong>er ganz bestimmtenArt <strong>und</strong> Weise um.Zunächst schreiben wir Trägernvon Merkmalen Kompetenzen,Fähigkeiten oderCharaktereigenschaften zu - wir stereotypisieren. E<strong>in</strong> Stereotyp ist zunächst nichts anderes als <strong>e<strong>in</strong></strong>eArt von Komplexitätsreduzierung <strong>und</strong> hilft, sich <strong>in</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong>er „fremden“ Umgebung gegenüber „fremden“Menschen irgendwie „richtig“ zu verhalten. Bedenklich werden Stereotypen nur dann, wennsie sich verfestigen, unsere Wahrnehmung <strong>und</strong> Handlungen verzerren.Zur Stereotypisierung h<strong>in</strong>zu kommt nun, dass wir Unterschiede hierarchisieren. Das diesem Moduszugr<strong>und</strong>eliegende Muster der Hierarchisierung von Unterschieden ist <strong>in</strong>teressanterweise <strong>in</strong>terkulturellweitgehend identisch. Es def<strong>in</strong>iert zunächst, was „Normal“ ist. Und diesem „Normalen“ wirddann etwas gegenüber gestellt, was „fremd“ ist. Dieses „Fremde“ ist häufig das Abweichende. Das„Fremde“ gehört dann zur „Out-Group“, <strong>und</strong> die „Out-Group“ sehen wir als die M<strong>in</strong>derheit. Der„Out-Group“ gegenüber steht die „In-Group“. Die „In-Group“ betrachten wir als die Mehrheit.Allerd<strong>in</strong>gs muss die Mehrheit k<strong>e<strong>in</strong></strong>eswegs die quantitative Mehrheit s<strong>e<strong>in</strong></strong>, sondern sie ist <strong>e<strong>in</strong></strong>fach dieMehrheitsgesellschaft. Beispielhaft deutlich wird dies am ehemaligen Apartheimsregime <strong>in</strong> Südafrika.Dort waren die weißen Buren die „In-Group“. Diese waren aber k<strong>e<strong>in</strong></strong>esfalls die quantitativeMehrheit. Die „Out-Group“ waren die Afrikaner, obwohl sie die quantitative Mehrheit darstellten.Wenn wir uns dieses Musteranschauen, dann können wirnun fragen, was heißt Diskrim<strong>in</strong>ierung?Dem EtymologischenWörterbuch zufolge bedeutetDiskrim<strong>in</strong>ierung „aus der eigenenGruppe aussondern“, alsoPersonen zur „Out-Group“ erklären.Wenn diskrim<strong>in</strong>ierenbedeutet „aus der Gruppe ausschließen“,dann kann anti-diskrim<strong>in</strong>ierennur bedeuten: „<strong>in</strong>die eigene Gruppe <strong>e<strong>in</strong></strong>gliedern“.Dies b<strong>e<strong>in</strong></strong>haltet wohl der Begriffder Integration, d.h. es wirdversucht, das „Fremde“ über<strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>spolitik mit12


der Normalitätsgruppe gleichzustellen. Sprich, dem verm<strong>e<strong>in</strong></strong>tlich Fremden die gleichen Rechte <strong>e<strong>in</strong></strong>zugestehen,wie dem verm<strong>e<strong>in</strong></strong>tlich Normalen. Es soll trotz Unterschiedlichkeit <strong>und</strong> trotz unterschiedlicherMerkmale <strong>e<strong>in</strong></strong>e Gleichbehandlung hergestellt werden im Zugang zu Gestaltungsressourcen -etwa im Zugang zu Führungspositionen, im Zugang zu monetären Leistungen, im Zugang zu <strong>e<strong>in</strong></strong>erWohnung. Die unterschiedlichen Merkmale dürfen auch k<strong>e<strong>in</strong></strong>e Rolle mehr spielen im Zugang zuRechten, die auch die Normalitätsgruppe hat. Das verm<strong>e<strong>in</strong></strong>tlich Fremde soll gleich gestellt werden.Wenn etwas gleich gestellt werden soll, ergibt sich als weitere Frage: was bedeutet „gleich“?Das Gleiche ist <strong>in</strong> diesem Fall das „Normale“, es ist der Referenzpunkt der Angleichung. Das„Fremde“ soll die Chance haben, <strong>in</strong> die Normalitätsgruppe <strong>in</strong>tegriert zu werden, sich anzugleichen,das „Normale“ aber bleibt normal, das „Normale“ verändert sich nicht. Diese Problematikvon <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>spolitik im S<strong>in</strong>ne von Gleichstellungspolitik ist aus der Frauen- <strong>und</strong> Gleichstellungspolitikwohl bekannt - denn trotz der entsprechenden Maßnahmen, trotz Frauenförderung<strong>und</strong> Quote ist das Männliche die Norm geblieben ist. Das war für die Männer natürlich von großemVorteil. Denn die Männer s<strong>in</strong>d die geschlechtslosen Menschen geblieben - nur die Frauenhaben <strong>e<strong>in</strong></strong> Geschlechterproblem. Die Männer <strong>und</strong> die <strong>in</strong> ihrer Genusgruppe dom<strong>in</strong>ierenden Lebensmusters<strong>in</strong>d das „Normale“ geblieben. Auf den Punkt gebracht hat dies der Kommandeur derMar<strong>in</strong>e Unteroffiziersschule Plön. Nach <strong>e<strong>in</strong></strong>em Jahr Ausbildung mit Soldat<strong>in</strong>nen, kam er zu demSchluss: „die Frauen haben ohne Problem ihren Mann gestanden“. Das „Normale“ bleibt „normal“,<strong>und</strong> die Frauen werden <strong>in</strong> die Normalitätskultur der B<strong>und</strong>eswehr <strong>in</strong>tegriert. Sie werden vom„Fremden“ zu <strong>e<strong>in</strong></strong>em Bestandteil dieser Organisation. Aber das „Normale“, der männliche Referenzrahmen,der bleibt bestehen. Das „Normale“ bleibt das „Normale“.Auf der anderen Seite sollte man aber trotz dieser Kritik nicht übersehen, dass <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sstrategien<strong>und</strong> Gleichstellungspolitik <strong>e<strong>in</strong></strong>e wichtige Funktion haben. Diese liegt dar<strong>in</strong>, dass man das„Fremde“ überhaupt erst mal zum „Normalen“ macht. Das „Fremde“ bekommt <strong>in</strong> der Normalitätskulturquasi <strong>e<strong>in</strong></strong>en Subjektstatus. Es erhält gleiche Rechte. Man kann auch hier wieder Analogienzur Geschlechterpolitik ziehen. Gleichberechtigung heißt, dass Personen, beispielsweise Frauen,<strong>e<strong>in</strong></strong>en Subjektstatus erhalten, sich erkämpft haben <strong>in</strong> der Normalitätsgesellschaft - wobei der Subjektstatusallerd<strong>in</strong>gs def<strong>in</strong>iert wird von dem Normalem, von dem Männlichen.E<strong>in</strong> zweiter wichtiger Beitrag von <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sstrategien <strong>und</strong> Gleichstellungspolitik liegt dar<strong>in</strong>,dass sie Organisationen <strong>und</strong> Gem<strong>e<strong>in</strong></strong>schaften überhaupt erst vielfältig machen. Zum Beispieldie Vorstände von Unternehmen oder die Leitungspositionen von Verwaltungen, die heute größtenteilsMännergruppen darstellen. Und zwar Gruppen von Männern mit ganz bestimmten Merkmalen– weiß, Mitte 50 u.s.w. In diesem Fall s<strong>in</strong>d Quotierungsstrategien s<strong>in</strong>nvoll, um die bestehendeHomogenität aufzubrechen. Aber, <strong>und</strong> das ist zu beachten, die Organisation oder die Gem<strong>e<strong>in</strong></strong>schaftbleibt trotz <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sstrategien - wie es Taylor Cox ausgedrückt hat - immermonokulturell. Die Norm des Referenzrahmen wird ebenso nicht <strong>in</strong> Frage gestellt, wie der gr<strong>und</strong>legendeModus im Umgang mit Unterschieden.Genau an dieser Stelle setzt das Konzept des Manag<strong>in</strong>g <strong>Diversity</strong> an. Manag<strong>in</strong>g <strong>Diversity</strong> will denSchritt machen, von der monokulturellen zur multikulturellen Organisation. Die monokulturelleOrganisation zeichnet sich dadurch aus, dass sie versucht das „Fremde“ zu <strong>in</strong>tegrieren, das„Fremde“ wird Teil der Normalitätskultur. So ist es völlig gleichgültig, wer <strong>e<strong>in</strong></strong>e Führungspositionbesetzt. Führungsposition schließt immer <strong>e<strong>in</strong></strong>, dass Mensch <strong>e<strong>in</strong></strong> Ver<strong>e<strong>in</strong></strong>barkeitsproblem hat. Völliggleichgültig ob hellhäutig - dunkelhäutig, Mann – Frau. Alle müssen sich an die vorherrschende„Anwesenheitskultur“ anpassen, an <strong>e<strong>in</strong></strong>e Kultur, die von der Reproduktionslosigkeit der Individuenausgeht.Manag<strong>in</strong>g <strong>Diversity</strong> geht hier <strong>e<strong>in</strong></strong>en anderen <strong>Weg</strong>. Manag<strong>in</strong>g <strong>Diversity</strong> zielt darauf, dass Unterschiedlichkeitengleichwertig s<strong>in</strong>d. Das heißt, die multikulturelle Organisation passt ihre Organisationskulturan die Unterschiedlichkeiten ihrer Mitglieder an, während die monokulturelle Organisationimmer darauf zielt, dass sich die Individuen an die vorherrschende Kultur anpassen. Hier liegtder große Unterscheid zwischen Manag<strong>in</strong>g <strong>Diversity</strong> <strong>und</strong> <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sstrategien. Manag<strong>in</strong>g13


<strong>Diversity</strong> zielt darauf, dass sich Organisationenkulturen verändern. Manag<strong>in</strong>g <strong>Diversity</strong> ist immerOrganisationsentwicklung. Ziel von Manag<strong>in</strong>g <strong>Diversity</strong> ist die produktive Gestaltung von <strong>Vielfalt</strong>.Das bedeutet, dass <strong>Vielfalt</strong> <strong>in</strong> der Belegschaft, bei den Mitgliedern <strong>e<strong>in</strong></strong>er Organisation positiv gesehen<strong>und</strong> gefördert wird. Manag<strong>in</strong>g <strong>Diversity</strong> bedeutet dementsprechend <strong>Vielfalt</strong> <strong>und</strong> Gleichwertigkeitbei Arbeitszeitmodellen, Leistungs- <strong>und</strong> Karrieremustern, Problemlösungsstrategien. Lassen Siemich zwei Beispiele nennen. In vielen Organisationen wird Leistung immer noch gleichgesetzt mitphysischer Anwesenheit. Nur wer anwesend ist, leistet demzufolge etwas. Am IAIZ wurde im letztenJahr <strong>e<strong>in</strong></strong> Forschungsprojekt abgeschlossen mit dem Titel „Auch Männer haben <strong>e<strong>in</strong></strong> Ver<strong>e<strong>in</strong></strong>barkeitsproblem“.S<strong>e<strong>in</strong></strong>e zentrale Fragestellung lautete: Warum gehen Männer so gut wie nicht <strong>in</strong> die Elternzeit?Die meisten von uns befragten Männer haben als <strong>e<strong>in</strong></strong>e zentrale Blockade die vorherrschendeLeistungskultur mit ihrer Betonung von physischer Präsenz genannt. Aber nicht wenigenehmen heutzutage ihren Laptop mit nach Hause, holen vielleicht das K<strong>in</strong>d von der Kita ab, odermachen <strong>e<strong>in</strong></strong>en ehrenamtlichen Job zwischendr<strong>in</strong>, <strong>und</strong> loggen sich um 21 Uhr wieder <strong>in</strong> das Systemihres Betriebs <strong>e<strong>in</strong></strong> <strong>und</strong> arbeiten noch etwas - was dann nicht als Leistung gesehen wird. Manag<strong>in</strong>g<strong>Diversity</strong> würde hier zulassen, dass unterschiedliche Leistungsmodelle neben<strong>e<strong>in</strong></strong>ander existieren -Hauptsache ist, dass <strong>e<strong>in</strong></strong> Produkt <strong>in</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong>er vorgegebenen Frist fertiggestellt wird. Manag<strong>in</strong>g <strong>Diversity</strong>macht den Schritt von <strong>e<strong>in</strong></strong>em anwesenheitsorientierten Leistungsbegriff zu <strong>e<strong>in</strong></strong>em produktorientierten.Natürlich müssen die spezifischen Gegebenheiten beachtet werden. Es gibt manche Organisationen- etwa mit telefonischem K<strong>und</strong>enservice -, da müssen die Beschäftigten zu bestimmtenZeiten präsent s<strong>e<strong>in</strong></strong>, aber auch hier können mit Sicherheit flexible Arbeitszeitmodelle umgesetztwerden.Ähnliches ergibt sich auch im H<strong>in</strong>blick auf Karrieremuster. Es gibt bei uns kaum die Möglichkeit, <strong>in</strong>Führungspositionen Teilzeit zu arbeiten. Allerd<strong>in</strong>gs schneiden sich Organisationen mit dieser E<strong>in</strong>stellungsehr viel ab, denn Teilzeitbeschäftigte s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Zeit, <strong>in</strong> der sie anwesend s<strong>in</strong>d, viel kreativer<strong>und</strong> leistungsfähiger als Vollzeitbeschäftigte. Manag<strong>in</strong>g <strong>Diversity</strong> würde hier bedeuten, dassman <strong>in</strong> vielfältigen Formen Führungsaufgaben übernehmen kann <strong>und</strong> diese Potenziale nutzt. Gleichesgilt auch mit Blick auf unterschiedliche Problemlösungsmuster: Häufig f<strong>in</strong>den sich <strong>in</strong> Organisationenganz bestimmte Vorstellungen davon, wie Probleme gelöst werden sollen. Dies zeigt sich<strong>in</strong> folgender Begebenheit, die der Hirnforscher Wolf S<strong>in</strong>ger beschreibt: Bei naturwissenschaftlichenExperimenten stellte sich <strong>e<strong>in</strong></strong> anderes Ergebnis <strong>e<strong>in</strong></strong>, als es von den Forschern erwartet wurde. DieDeutschen im Team waren schier verzweifelt, denn es musste etwas falsch s<strong>e<strong>in</strong></strong>. Für den ch<strong>in</strong>esischenWissenschaftler war es allerd<strong>in</strong>gs k<strong>e<strong>in</strong></strong> Problem, denn für ihn ist die Welt komplex <strong>und</strong> vieldimensional.Und folglich komme bei jedem Experiment auch etwas Unterschiedliches heraus.Diese unterschiedlichen Sichten auf Probleme <strong>und</strong> die damit zusammenhängenden <strong>Weg</strong>e ihrerLösung werden mit dem Konzept Manag<strong>in</strong>g <strong>Diversity</strong> gefördert <strong>und</strong> gleichwertig behandelt.Denn auf diese Weise werden Synergien von Talenten <strong>und</strong> unterschiedlichen Kompetenzen hergestellt,<strong>in</strong>dem eben nicht <strong>e<strong>in</strong></strong> Anpassungsdruck <strong>in</strong> Richtung <strong>e<strong>in</strong></strong>er verm<strong>e<strong>in</strong></strong>tlich richtigen Strategie erzeugtwird, sondern jeder sich auf s<strong>e<strong>in</strong></strong>e Art <strong>e<strong>in</strong></strong>br<strong>in</strong>gen kann. Das setzt natürlich auch voraus, dassdie formellen <strong>und</strong> <strong>in</strong>formellen Kommunikationsstrukturen <strong>und</strong> Netzwerke offen gestaltet s<strong>in</strong>d. Manag<strong>in</strong>g<strong>Diversity</strong> zielt von daher immer darauf, dass jeder <strong>und</strong> jede an die jeweils erforderlichenInformationen gelangen muss, sowohl <strong>in</strong>nerhalb der formellen, als auch der <strong>in</strong>formellen Netzwerke.Es ist von daher leicht verständlich, dass <strong>in</strong> der multikulturellen Organisation alle Mitarbeiter <strong>und</strong>Mitarbeiter<strong>in</strong>nen die entsprechende Sensibilität <strong>und</strong> Reflexivität bei der Entwicklung von Angeboten,Produkten <strong>und</strong> Maßnahmen besitzen müssen. Dass jedem der Modus, wie Normalität konstruiertwird, wie mit Unterschieden umgegangen wird, sozusagen <strong>in</strong> Fleisch <strong>und</strong> Blut übergeht <strong>und</strong> dauerndpräsent ist.14


An diesen wenigen Beispielenwird deutlich, dass Manag<strong>in</strong>g<strong>Diversity</strong> nur erfolgreich alsQuerschnittsaufgabe umgesetztwerden kann <strong>und</strong> <strong>in</strong> alle Bereiche<strong>e<strong>in</strong></strong>er Organisation gleichzeitig<strong>in</strong>tegriert werden muss.Manag<strong>in</strong>g <strong>Diversity</strong> ist Teil desPersonalmanagements, ebensodes Informations- <strong>und</strong> Wissensmanagements.Manag<strong>in</strong>g <strong>Diversity</strong> ist Bestandteilder Entwicklung von Leitbildern<strong>und</strong> Anforderungsprofilen.Und Manag<strong>in</strong>g <strong>Diversity</strong> ist natürlichTeil der Frage, wie Produkteentwickelt <strong>und</strong> gestaltetwerden. In dieser Querschnittsausrichtung<strong>in</strong>tegriertManag<strong>in</strong>g <strong>Diversity</strong> zugleichAnsätze wie etwa „Work Life Balance“, „Gender Ma<strong>in</strong>stream<strong>in</strong>g“, „Total Quality Managment“.Als Querschnittsstrategie erschließt Manag<strong>in</strong>g <strong>Diversity</strong> allen Organisationen, nicht nur Wirtschaftsorganisationen,Vorteile. Zunächst s<strong>in</strong>d dies Market<strong>in</strong>g- <strong>und</strong> auch Personalmarket<strong>in</strong>gvorteile.Manag<strong>in</strong>g <strong>Diversity</strong> erschließt aber vor allem Kreativitätsvorteile. Denn wenn die Mitglieder <strong>e<strong>in</strong></strong>erOrganisation diskrim<strong>in</strong>ierungsfrei mit<strong>e<strong>in</strong></strong>ander umgehen, fällt mit Sicherheit viel Doppelarbeit weg.Last but not least spart Manag<strong>in</strong>g <strong>Diversity</strong> auch Geld - heutzutage wohl das Hauptargument für<strong>Diversity</strong>. Ich möchte nur mal <strong>e<strong>in</strong></strong>e Zahl nennen: nach <strong>e<strong>in</strong></strong>er Untersuchung der Europäischen Kommissionf<strong>in</strong>den nur 35% der europäischen Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmer<strong>in</strong>nen ihr Arbeitsumfeldmotivierend, d.h. 65% s<strong>in</strong>d während des Arbeitstages physisch präsent, aber psychisch wohl eherabwesend. Welche neuen Potenziale Manag<strong>in</strong>g <strong>Diversity</strong> hier für <strong>e<strong>in</strong></strong> Amt oder für <strong>e<strong>in</strong></strong>e Behördeerschließen könnte, kann sich jeder all<strong>e<strong>in</strong></strong> durchrechnen, wenn er den BAT-Rechner zur Handnimmt. Diese Vorteile erschließen sich eben nicht nur Wirtschaftsunternehmen, sondern auch öffentlichenE<strong>in</strong>richtungen.Diese Vorteile erschließen sich aber nur, wenn der dem Konzept des Manag<strong>in</strong>g <strong>Diversity</strong> zugr<strong>und</strong>eliegende Kulturbegriff nicht verkürzt def<strong>in</strong>iert wird. Denn Ziel von Manag<strong>in</strong>g <strong>Diversity</strong> ist die multikulturelleOrganisation. Was aber bedeutet <strong>in</strong> diesem Zusammenhang Kultur? In vielen <strong>Diversity</strong>Konzepten bedeutet Kultur Ethnie <strong>und</strong> Nation. Kulturwissenschaftlich gesehen ist Kultur aber immermehr als Ethnie <strong>und</strong> Nation. Kultur beschreibt immer unterschiedliche, kollektive <strong>und</strong> <strong>in</strong>dividuelleHandlungsmuster <strong>und</strong> Lebensmuster. Jedes Individuum ist Träger von Kultur. Kultur <strong>in</strong> dieser Weiseverstanden, macht das Individuum zum Ausgangspunkt der Umsetzung von Manag<strong>in</strong>g <strong>Diversity</strong>,womit beispielsweise automatisch immer die Frage der „Work Life Balance“ <strong>e<strong>in</strong></strong> Bestandteil desKonzepts wird, ebenso die Frage nach der Geschlechterkultur, nach dem Umgang von Frauen <strong>und</strong>Männern.Dabei ist weiterh<strong>in</strong> zu beachten, dass Kulturen immer <strong>e<strong>in</strong></strong>e sichtbare <strong>und</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong>e unsichtbare Dimensionhaben. Manag<strong>in</strong>g <strong>Diversity</strong> will das Unsichtbare sichtbar machen. Denn dieses Unsichtbare istder entscheidende Teil von Diskrim<strong>in</strong>ierungsstrukturen <strong>und</strong> Ausgrenzungsmechanismen. Auch jedeOrganisationskultur hat <strong>e<strong>in</strong></strong>en großen unsichtbaren Teil <strong>und</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong>en kl<strong>e<strong>in</strong></strong>en sichtbaren Teil. Der kl<strong>e<strong>in</strong></strong>esichtbare Teil wird z.B. <strong>in</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong>em Organigramm oder <strong>in</strong> den formalen Kommunikationsmusterndeutlich. Aber was auf den ersten Blick nicht zu sehen ist, s<strong>in</strong>d die impliziten Normalitätsnormen:Wann wird beispielsweise <strong>in</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong>er Organisation erwartet, dass <strong>e<strong>in</strong></strong>e neu <strong>e<strong>in</strong></strong>gestellte Person denE<strong>in</strong>stand feiert? Wen muss sie dazu <strong>e<strong>in</strong></strong>laden? Was muss sie anbieten? Der richtige Zeitpunkt <strong>und</strong>15


die richtigen Personen steht <strong>in</strong> k<strong>e<strong>in</strong></strong>em Arbeitsvertrag, dies alles wird implizit kommuniziert. Genausowird meist implizit kommuniziert, wer wie mit wem umgehen darf. In vielen Organisationenist es <strong>e<strong>in</strong></strong> großer Fauxpas, wenn Führungskräfte mit der Sekretär<strong>in</strong> zum Mittagessen gehen. Damitkönnen unsichtbare Hierarchieebenen durchbrochen werden.Hiervon ausgehend ergeben sich jetzt <strong>e<strong>in</strong></strong>ige zentrale Baust<strong>e<strong>in</strong></strong>e für <strong>e<strong>in</strong></strong>e erfolgreiche Umsetzungvon Manag<strong>in</strong>g <strong>Diversity</strong>. Wenn man Normen sichtbar machen will, dann s<strong>in</strong>d ganz wichtige Baust<strong>e<strong>in</strong></strong>eSensibilisierung <strong>und</strong> Kommunikation. Kommunikation im S<strong>in</strong>ne von Manag<strong>in</strong>g <strong>Diversity</strong> bedeutet,dass die unterschiedlichen Mitglieder der Organisationen <strong>in</strong> der Lage s<strong>in</strong>d, gleichwertigmit<strong>e<strong>in</strong></strong>ander zu kommunizieren, dass sie als gleichberechtigte Subjekte an der Kommunikation teilnehmen.Daraus folgt, dass <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sstrategien <strong>in</strong>tegraler Bestandteil von Manag<strong>in</strong>g<strong>Diversity</strong> s<strong>e<strong>in</strong></strong> müssen. E<strong>in</strong>en entscheidenden Baust<strong>e<strong>in</strong></strong> für die Umsetzung von Manag<strong>in</strong>g <strong>Diversity</strong> <strong>in</strong>Organisationen bildet Verb<strong>in</strong>dlichkeit. Wenn die Führungskräfte <strong>e<strong>in</strong></strong>er Organisation nur Lippenbekenntnisseabgeben <strong>und</strong> sagen: „wir machen es. Das ist klasse. Wir holen uns die Market<strong>in</strong>g Vorteile,aber den ganzen Anti-Diskrim<strong>in</strong>ierungs- <strong>und</strong> Sensibilisierungs-Krams sparen wir uns“ - dannwird das ganze Konzept scheitern.Das Ziel von Manag<strong>in</strong>g <strong>Diversity</strong>, das Unsichtbare sichtbar zu machen, bedeutet nicht Beliebigkeit,auch Manag<strong>in</strong>g <strong>Diversity</strong> impliziert <strong>in</strong> jeder Organisation, <strong>in</strong> jeder E<strong>in</strong>richtung, <strong>in</strong> jeder Gem<strong>e<strong>in</strong></strong>schaft<strong>e<strong>in</strong></strong>en b<strong>in</strong>denden Werterahmen. Allerd<strong>in</strong>gs soll dieser Werterahmen gem<strong>e<strong>in</strong></strong>sam bestimmtwerden, Leitbilder sollen gem<strong>e<strong>in</strong></strong>sam festgelegt <strong>und</strong> vor allem sollen Normen <strong>und</strong> Werte transparentgemacht werden. Aus der übergeordneten Zielstellung des Konzepts ergibt sich, dass es nur<strong>e<strong>in</strong></strong> Werterahmen s<strong>e<strong>in</strong></strong> kann, der Gleichwertigkeit <strong>in</strong> der Unterschiedlichkeit ermöglicht <strong>und</strong> auf dieBeseitigung von Benachteiligungen zielt. Dieser Werterahmen kann beschrieben werden durch zweizentrale normative Orientierungsgrößen: Anerkennung <strong>und</strong> Respekt. Menschen, Mitglieder <strong>e<strong>in</strong></strong>erOrganisation, <strong>e<strong>in</strong></strong>er Gesellschaft müssen sich <strong>in</strong> ihrer Unterschiedlichkeit anerkennen <strong>und</strong> sie müssensich <strong>in</strong> ihrer Unterschiedlichkeit respektieren.Dies möchte ich abschließend mit <strong>e<strong>in</strong></strong>er kl<strong>e<strong>in</strong></strong>en Geschichte illustrieren - der Geschichte von derGiraffe <strong>und</strong> dem Elefanten. Sie stammt von Roosevelt Thomas <strong>und</strong> ist entnommen s<strong>e<strong>in</strong></strong>em Buch„Management of <strong>Diversity</strong>“:Giraffe <strong>und</strong> Elefant s<strong>in</strong>d Nachbarn <strong>in</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong>er Straße <strong>und</strong> die Giraffe wohnt <strong>in</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong>em an ihre Körperformenangepassten Giraffenhaus. . Der Elefant besucht jetzt die Giraffe <strong>und</strong> da die Giraffe denElefanten gut leiden kann, hatsie <strong>in</strong> ihr Haus Flügeltüren <strong>e<strong>in</strong></strong>gebaut,so dass der Elefant <strong>in</strong>die Diele ihres Hauses tretenkann. Der Elefant steht nun <strong>in</strong>der Diele <strong>und</strong> da bekommt dieGiraffe <strong>e<strong>in</strong></strong>en Anruf. „Den Anrufnehme ich besser <strong>in</strong> m<strong>e<strong>in</strong></strong>emArbeitszimmer entgegen“, sagtedie Giraffe zum Elefanten. „SetzenSie sich <strong>und</strong> machen Sie essich bequem. Das kann <strong>e<strong>in</strong></strong>eWeile dauern.“ Der Elefantschaute sich um. Er sah <strong>e<strong>in</strong></strong>halbfertiges Stück auf der Drehbank<strong>in</strong> der h<strong>in</strong>teren Ecke liegen<strong>und</strong> beschloss es sich genaueranzusehen. Als er jedoch durchden Durchgang, der zum h<strong>in</strong>terenTeil der Werksatt führt,gehen wollte, gab es <strong>e<strong>in</strong></strong> ver-16


dächtiges Knirschen. Er trat zurück <strong>und</strong> kratzte sich am Kopf. „Vielleicht gehe ich besser nach obenzur Giraffe“, dachte er. Doch als er die Treppen hochgehen wollte, bemerkte er, dass die Stufenunter ihm zu krachen begangen. So schnell er konnte sprang er herunter <strong>und</strong> stürzte dabei abergegen die Wand. Auch die bekam Risse. Er war noch ganz bestürzt <strong>und</strong> benommen als die Giraffedie Treppe herunter kam. „Was um Himmels Willen ist denn hier passiert“, fragte sie voller Erstaunen.„Ich habe versucht, es mir bequem zu machen“, antwortete der Elefant. Die Giraffe sah sichum. „In der Tat, jetzt sehe ich das Problem. Der Durchgang ist zu eng. Wir müssen Sie schlankerbekommen. Hier <strong>in</strong> der Nähe gibt es <strong>e<strong>in</strong></strong> Fitnessstudio. Nach <strong>e<strong>in</strong></strong>igen Wochen Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g, dürften wirSie auf die richtige Größe herunter tra<strong>in</strong>iert haben.“ „Vielleicht“, sagte der Elefant wenig überzeugt.„Und außerdem ist die Treppe zu schwach für Ihr Gewicht“, fuhr die Giraffe fort. „Wenn Sie a-bends noch <strong>in</strong> die Ballettschule gehen, bekommen Sie Ihr Gewicht bestimmt <strong>in</strong> den Griff. Ich würdemich wirklich darüber freuen, ich habe Sie sehr gerne hier.“ „Kann s<strong>e<strong>in</strong></strong>“, sagte der Elefant „aberehrlich gesagt, b<strong>in</strong> ich mir nicht sicher, ob <strong>e<strong>in</strong></strong> für <strong>e<strong>in</strong></strong>e Giraffe entworfenes Haus je für <strong>e<strong>in</strong></strong>en Elefantenpassen wird, außer es würden <strong>e<strong>in</strong></strong>ige tiefgreifende Umbaumaßnahmen vorgenommen werden.“17


Die Förderung von <strong>Vielfalt</strong> <strong>in</strong> der Stadt UppsalaGro Hansen<strong>Diversity</strong>-Beauftragte der Stadt Uppsala/SchwedenSehr geehrte Damen <strong>und</strong> Herren!Ich b<strong>in</strong> sehr erfreut heute hier zu s<strong>e<strong>in</strong></strong>. M<strong>e<strong>in</strong></strong> Name ist Gro Hansen<strong>und</strong> ich habe das Privileg als Senior Advisor für <strong>Diversity</strong> Management<strong>in</strong> der Stadtverwaltung von Uppsala zu arbeiten.Zu Beg<strong>in</strong>n m<strong>e<strong>in</strong></strong>es Vortrages möchte ich Ihnen zunächst <strong>e<strong>in</strong></strong>igeInformationen über die Stadt Uppsala geben: Uppsala ist dieviertgrößte Stadt Schwedens <strong>und</strong> liegt <strong>in</strong> der Mälar Region.Schweden hat neun Millionen E<strong>in</strong>wohner, <strong>e<strong>in</strong></strong> Drittel davon lebt <strong>in</strong>der Mälar Region. Die Stadt ist maßgeblich von der ortsansässigenUniversität geprägt, die im Jahr 1477 gegründet wurde. Heutegibt es ungefähr 35.000 Studenten <strong>und</strong> Student<strong>in</strong>nen. Zusätzlichgibt es <strong>in</strong> der Stadt noch die schwedische Universität für Landwirtschaft,gegründet 1977, mit 3.500 Studierenden. Die Stadtverwaltung ist gem<strong>e<strong>in</strong></strong>sam mit der Universität<strong>und</strong> dem dazugehörenden Universitätskl<strong>in</strong>ikum der größte Arbeitgeber der Stadt.Die Geschichte von Uppsala kann als Geschichte <strong>e<strong>in</strong></strong>er Stadt der Wissenschaft <strong>und</strong> Forschung gesehenwerden. Hier lebte <strong>und</strong> arbeitete der Botaniker Carl von L<strong>in</strong>né, L<strong>in</strong>eaus, der die „Klassifizierungvon Pflanzen“ betrieben hat. Heutzutage ist Uppsala das führende „Life-Science“-Zentrum<strong>in</strong> Nordeuropa. Uppsala ist ebenso die Heimatstadt von Menschen wie Dag Hammarsköld, Generalsekretärbei den Ver<strong>e<strong>in</strong></strong>ten Nationen <strong>und</strong> dem Filmregisseur Ingmar Bergman. Uppsala hat185.000 E<strong>in</strong>wohner. Ca. 25 % der Bevölkerung s<strong>in</strong>d Migranten <strong>und</strong> Migrant<strong>in</strong>nen aus 60 verschiedenenLändern. Die größten Gruppen kommen hierbei aus F<strong>in</strong>nland, dem Iran <strong>und</strong> dem Irak.Da Uppsala <strong>e<strong>in</strong></strong>e Universitätsstadt ist, ist der Anteil junger Menschen überdurchschnittlich hoch.Ich möchte nun zunächst erläutern, warum die Stadtverwaltung Uppsala sich entschieden hat, <strong>in</strong>der Förderung von <strong>Vielfalt</strong> aktiv zu werden. Es wäre sehr <strong>e<strong>in</strong></strong>fach zu sagen, dass wir <strong>e<strong>in</strong></strong>e Gesetzgebung<strong>in</strong> Schweden haben, die uns dazu zw<strong>in</strong>gt, uns mit D<strong>in</strong>gen wie <strong>Vielfalt</strong>, Chancengleichheit etc.zu beschäftigen. Aber dies wäre zu <strong>e<strong>in</strong></strong>fach, die Realität ist komplexer.Lassen Sie mich <strong>e<strong>in</strong></strong>fach <strong>e<strong>in</strong></strong> paar Fakten zum schwedischen Arbeitsmarkt geben: E<strong>in</strong>e von der Regierung<strong>in</strong> Auftrag gegebene Studie zu Beschäftigungsquoten, zeigt, dass etwa 79% der Frauen<strong>und</strong> 84% der Männer erwerbstätig s<strong>in</strong>d. Obwohl diese beiden Zahlen sehr eng bei<strong>e<strong>in</strong></strong>ander liegen,s<strong>in</strong>d die Arbeitsbereiche, <strong>in</strong> denen Männer <strong>und</strong> Frauen arbeiten sehr unterschiedlich. Frauen arbeitenzu etwa gleichen Teilen im öffentlichen <strong>und</strong> im privaten Sektor, während Männer überdurchschnittlichim privaten Sektor tätig s<strong>in</strong>d. Darüber h<strong>in</strong>aus arbeiten Frauen mehrheitlich <strong>in</strong> Bereichenwie Ges<strong>und</strong>heitsfürsorge, Sozialarbeit <strong>und</strong> Verwaltung, während Männer die Bereiche Produktion<strong>und</strong> Technik dom<strong>in</strong>ieren. Die Arbeitslosenquoten von Migranten <strong>und</strong> Migrant<strong>in</strong>nen betrug <strong>in</strong> denJahren 2000 <strong>und</strong> 2003 11%, während die Arbeitslosenquote der schwedischen Bevölkerung bei3,9% lag.Natürlich hat man auch die sehr großen Unterschiede zu berücksichtigen, die sich aus der Dauerdes Aufenthalts von Migranten <strong>und</strong> Migrant<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> dem Maß ihrer Integration <strong>in</strong> die schwedischeGesellschaft zu berücksichtigen. Die kulturelle, religiöse, soziale <strong>und</strong> wirtschaftliche Situationfür jede <strong>und</strong> jeden <strong>e<strong>in</strong></strong>zelnen unterscheidet sich ebenso, wie der Bildungsgrad <strong>und</strong> die familiäreSituation.Insgesamt aber kann gesagt werden, dass Menschen mit <strong>e<strong>in</strong></strong>em anderen kulturellen/ethnischenH<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> schlechter auf dem schwedischen Arbeitsmarkt repräsentiert s<strong>in</strong>d, als die <strong>e<strong>in</strong></strong>heimische18


Bevölkerung. Aber nicht nur die im Ausland geborenen Menschen,sondern auch Ihre K<strong>in</strong>der <strong>in</strong> zweiter oder dritter Generation, dieformal den Schweden gleichgestellt s<strong>in</strong>d, s<strong>in</strong>d von Diskrim<strong>in</strong>ierungbetroffen. Zusätzlich zur Diskrim<strong>in</strong>ierung aufgr<strong>und</strong> des Geschlechts<strong>und</strong> aufgr<strong>und</strong> des kulturellen/ethnischen H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>es kann gesagtwerden, dass das Alter <strong>e<strong>in</strong></strong>e wichtige Rolle spielt, wenn entschiedenwird, wer von <strong>e<strong>in</strong></strong>er Organisation <strong>e<strong>in</strong></strong>gestellt wird. Oderanders gesagt, die E<strong>in</strong>stellung von Arbeitskollegen, Arbeitgebern<strong>und</strong> Personalchefs sowie die öffentliche M<strong>e<strong>in</strong></strong>ung haben <strong>e<strong>in</strong></strong>enhohen E<strong>in</strong>fluss auf die Chancen von verschiedenen Altersgruppen(alt/jung) auf dem Arbeitsmarkt.E<strong>in</strong>e für die schwedische Regierung durchgeführte Studie über ältere Arbeitnehmer <strong>und</strong> Arbeitnehmer<strong>in</strong>nenzeigt, dass die dort befragten Manager sich kaum auf die Kategorie Alter beziehen, wennsie <strong>Vielfalt</strong> im Unternehmen fördern wollen. Es sch<strong>e<strong>in</strong></strong>t ihnen wichtiger, <strong>e<strong>in</strong></strong> psychosozial gut funktionierendesArbeitsklima zu schaffen, <strong>in</strong> dem die Beschäftigten allerd<strong>in</strong>gs nicht zu unterschiedlichs<strong>e<strong>in</strong></strong> sollten, als <strong>e<strong>in</strong></strong>e wirklich vielfältige Belegschaft. Auch die Arbeitslosenquote von Menschen mitBeh<strong>in</strong>derung ist ebenso sehr hoch, selbst wenn diese hochqualifiziert s<strong>in</strong>d.Können wir so weitermachen?Ich glaube nicht!Zahlreiche Studien belegen, dass Schweden <strong>in</strong> den nächsten zehn Jahren <strong>e<strong>in</strong></strong>en „demographischenInfarkt“ erleiden wird. Die Stadtverwaltung als Arbeitgeber hat deshalb mit <strong>Diversity</strong> Managementzu arbeiten, um als <strong>e<strong>in</strong></strong> wettbewerbsfähiger <strong>und</strong> attraktiver Arbeitgeber auf dem Markt zu bestehen.Aber, wie kann das geschehen?Zunächst <strong>e<strong>in</strong></strong>mal gilt es zu betonen, dass die Def<strong>in</strong>ition von <strong>Vielfalt</strong>, die bei uns gewählt wurde, sichnicht all<strong>e<strong>in</strong></strong> auf ethnische Aspekte beschränkt, sondern breiter (<strong>und</strong> hoffentlich auch umfassender).Sie umfasst Geschlecht, Alter, ethnischer H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>, sexuelle Orientierung, Beh<strong>in</strong>derungen, Kompetenzen,Erfahrungen etc., etc. Ich denke, dass es <strong>e<strong>in</strong></strong>facher ist, die E<strong>in</strong>zigartigkeit jedes <strong>e<strong>in</strong></strong>zelnenIndividuums zu erkennen <strong>und</strong> zu verstehen, wenn man <strong>e<strong>in</strong></strong>e solche breite Def<strong>in</strong>ition von <strong>Vielfalt</strong>wählt, wie wir es getan haben. Wenn man <strong>e<strong>in</strong></strong>en Eisberg betrachtet, sieht man zunächst nur denTeil über dem Wasser, er repräsentiert <strong>in</strong> diesem Fall all die Aspekte, die für uns wahrnehmbars<strong>in</strong>d, also zu sehen <strong>und</strong> zu hören. Aber natürlich ist jede Person mehr als das, was wir von ihr sehenkönnen. Wir s<strong>in</strong>d uns bewusst, dass das, was wir von <strong>e<strong>in</strong></strong>er Person sehen <strong>und</strong> hören können,nur <strong>e<strong>in</strong></strong> sehr kl<strong>e<strong>in</strong></strong>er Teil des Individuums ist.Bislang treffen vieleMenschen Entscheidungen,die all<strong>e<strong>in</strong></strong> auf den –unzureichenden – Informationenan derOberfläche des Eisbergesoder übertragendenInformationen über dieäußeren Ersch<strong>e<strong>in</strong></strong>ungsmerkmalen<strong>e<strong>in</strong></strong>er Personberuhen. Auch <strong>in</strong> derStadtverwaltung Uppsalaist dies <strong>in</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong>erbestimmten Art <strong>und</strong>Weise der Fall. Unserestatistischen Informationenunterscheiden die19


Anzahl der männlichen <strong>und</strong> weiblichen Beschäftigten <strong>in</strong> unserer Organisation, deren Alter, ob si<strong>e<strong>in</strong></strong> Schweden geboren s<strong>in</strong>d oder nicht. Wir haben auch Ziele wie: „Lasst uns die Anzahl der Beschäftigtenmit <strong>e<strong>in</strong></strong>em anderen ethnischen H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> erhöhen.“ Menschen <strong>in</strong> dieser Form zu kategorisieren,sch<strong>e<strong>in</strong></strong>t im Widerspruch zu dem Ansatz zu stehen, dass <strong>Vielfalt</strong> etwas ist, was wir alleals <strong>e<strong>in</strong></strong>zigartige Individuen <strong>in</strong> uns tragen. <strong>Vielfalt</strong> ist, wie ich schon sagte, <strong>e<strong>in</strong></strong>e sehr komplexe Angelegenheit.Deshalb ersch<strong>e<strong>in</strong></strong>t es mir nützlich, sich auf <strong>e<strong>in</strong></strong> Modell zu beziehen, wenn man mit <strong>Vielfalt</strong> arbeitenmöchte. Dieses Modell kann als <strong>e<strong>in</strong></strong>e vierstufige Treppe dargestellt werden. Diese beschreibt den<strong>Weg</strong> zu <strong>e<strong>in</strong></strong>er produktiven <strong>Vielfalt</strong>.Die erste Stufe wird mit dem Begriff „Angst etwas falsch zu machen” bezeichnet. Hier liegt derHandlungsschwerpunkt auf der Ebene “nicht zu diskrim<strong>in</strong>ieren”. Auf dieser Stufe f<strong>in</strong>den wir <strong>und</strong>konzentrieren wir uns auf Regelungen <strong>und</strong> Gesetzgebung. In Schweden besitzen wir z.B. fünf verschiedene<strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sgesetze. Ziel dieser Gesetze ist die Bekämpfung von Rassismus,Fremdenf<strong>e<strong>in</strong></strong>dlichkeit <strong>und</strong> Diskrim<strong>in</strong>ierung. Es dürfte nicht sehr anspruchsvoll s<strong>e<strong>in</strong></strong>, wenn man nurdiese erste Stufe der Treppe gehen möchte. In m<strong>e<strong>in</strong></strong>en Augen ist die Gesetzgebung nur das F<strong>und</strong>ament<strong>und</strong> nicht das Ziel.Die zweite Stufe – genannt „Toleranz <strong>und</strong> Akzeptanz” – betreten wir, wenn wir es schaffen politischkorrekt zu s<strong>e<strong>in</strong></strong>, nicht mehr <strong>und</strong> nicht weniger! Auch dies ist nicht wirklich anspruchsvoll, zu sagen:Wir tolerieren <strong>und</strong> akzeptieren Frauen…!Wir tolerieren <strong>und</strong> akzeptieren Migranten <strong>und</strong> Migrant<strong>in</strong>nen…!Wir tolerieren <strong>und</strong> akzeptieren Beh<strong>in</strong>derungen…!Kl<strong>in</strong>gt das anspruchsvoll?Die dritte Stufe <strong>in</strong>nerhalb des Modells – genannt „Repräsentativität” - bezieht sich auf die Widerspiegelungder gesellschaftlichen Struktur, der K<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Nutzer <strong>und</strong> Nutzer<strong>in</strong>nen von Diensten<strong>in</strong>nerhalb der Belegschaft. Auf dieser Ebene geht es darum, Kompetenzen zu rekrutieren, aber esgeht noch sehr wenig darum, die organisatorischen Strukturen zu verändern.Die vierte Stufe – „Mehrwert” genannt – ist die Stufe, auf der alle Aspekte von <strong>Vielfalt</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong>bezogenwerden. Auf dieser Ebene ist der Hauptfokus auf die Frage gelegt, wie kann ich tatsächlich <strong>Vielfalt</strong>managen <strong>und</strong> wie kann ich daraus Gew<strong>in</strong>n ziehen. Was ist der Gew<strong>in</strong>n, was s<strong>in</strong>d die Vorteile, abervor allem wie können wir dieseVorteile <strong>in</strong>nerhalb der Organisationnutzen. Es wird schnellklar, dass dies k<strong>e<strong>in</strong></strong>e Frage ist,die sich nur an <strong>e<strong>in</strong></strong>ige Wenig<strong>e<strong>in</strong></strong> der Organisation richtet,sondern <strong>e<strong>in</strong></strong>e, die alle angeht,da es auch alle betrifft. Zusammengefasstkann gesagt werden,dass das Modell auf derersten Stufe von unterschiedlichenGruppen spricht (jungeMenschen, Frauen, Migranten<strong>und</strong> Migrant<strong>in</strong>nen etc.) <strong>und</strong><strong>e<strong>in</strong></strong>en problem-orientierten Ansatzverfolgt. Je höher man aberauf der Treppe steigt, destodeutlicher wird, dass der Ansatz<strong>in</strong>dividueller, aber auch eher20


chancen-orientiert wird. <strong>Vielfalt</strong> ist k<strong>e<strong>in</strong></strong> Problem, das gelöst werden muss. <strong>Vielfalt</strong> bedeutet Unterschiedezusammen kommen zu lassen.Ich werde nun <strong>e<strong>in</strong></strong>ige Beispiel geben, was die Stadtverwaltung Uppsala als öffentliche Verwaltungtut, um <strong>Vielfalt</strong> zu fördern. Dabei sollte ich allerd<strong>in</strong>gs betonen, dass dies nicht alle Aktivitäten s<strong>in</strong>d,die wir durchführen, sondern nur <strong>e<strong>in</strong></strong>ige Beispiel s<strong>in</strong>d für die Art, wie wir mit dem Thema umgehen.Zunächst gibt es drei Richtl<strong>in</strong>ien: Die Richtl<strong>in</strong>ien für Chancengleichheit zwischen Männern <strong>und</strong>Frauen, zur Integrationspolitik <strong>und</strong> zur Arbeit mit Beh<strong>in</strong>derten. Diese Richtl<strong>in</strong>ien s<strong>in</strong>d sehr allgem<strong>e<strong>in</strong></strong>.Deshalb hat jeder Fachbereich s<strong>e<strong>in</strong></strong>e eigene spezifischen Ziele zu formulieren, wie diese Richtl<strong>in</strong>ienkonkretisiert werden sollen. Zusätzlich muss jeder Fachbereich <strong>e<strong>in</strong></strong>en eigenen Plan für Chancengleichheit<strong>und</strong> <strong>Vielfalt</strong> erstellen. Diese Pläne müssen so konkret s<strong>e<strong>in</strong></strong>, dass sie Informationen darüberenthalten, wie Personal <strong>in</strong>nerhalb des nächsten Jahres rekrutiert werden soll, wie <strong>e<strong>in</strong></strong>e nichtdiskrim<strong>in</strong>ierendeE<strong>in</strong>stellungspraxis sicher gestellt werden soll <strong>und</strong> wie sichergestellt werden kann,dass die Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen für alle angemessen s<strong>in</strong>d. Weiterh<strong>in</strong> müssen die Pläne Angaben dazuenthalten, wie die Fachbereiche Belästigung <strong>und</strong> Diskrim<strong>in</strong>ierung verh<strong>in</strong>dern bzw. bekämpfen wollen– bzw. falls jemand sich diskrim<strong>in</strong>iert fühlt - an wen sich diese Person dann wenden kann.Außerdem müssen Ansätze zur Umsetzung der verschiedenen Strategien <strong>und</strong> Verfahren zur Bewusstmachungdieser Strategien benannt werden. Es ist Aufgabe der Verwaltungsspitze <strong>e<strong>in</strong></strong> Follow-Up aller Strategien <strong>in</strong>nerhalb der Stadtverwaltung durchzuführen. Dieses geschieht jährlich. DiesesJahr hat die Stadtverwaltung erstmalig den Nutzen der Chancengleichheits- <strong>und</strong> <strong>Diversity</strong>-Ansätzeanalysiert <strong>und</strong> beschrieben <strong>und</strong> wird ihn im Nachhaltigkeitsbericht darstellen. Bei Entscheidungsf<strong>in</strong>dungenauf verschiedenen Ebenen <strong>in</strong>nerhalb der Organisation können die Beschäftigten unterNutzung <strong>e<strong>in</strong></strong>es Intranet-basierten Instruments zur Konsequenz-Analyse den Nutzen von Entscheidungenfür verschiedene gesellschaftliche Gruppen beurteilen.Wir haben dazu <strong>e<strong>in</strong></strong> Führungskräfteprogramm; es besteht aus <strong>e<strong>in</strong></strong>em mehrtägigen Fortbildungsprogramm.E<strong>in</strong> Teil davon ist <strong>e<strong>in</strong></strong> E<strong>in</strong>tagessem<strong>in</strong>ar zum Thema „<strong>Vielfalt</strong> <strong>in</strong> der Organisationsentwicklung“,das verpflichtend für alle Führungskräfte ist. Gem<strong>e<strong>in</strong></strong>sam mit anderen Städten plant dieStadtverwaltung Uppsala gerade <strong>e<strong>in</strong></strong> weiteres Fortbildungsprogramm, bevorzugt ebenfalls für Führungskräfte,zum Thema „Cross-Culture Kompetenz-Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g“. Dieses soll im Herbst diesen Jahresgestartet werden. Genauso soll im Herbst <strong>e<strong>in</strong></strong> Mentor<strong>in</strong>g-Programm begonnen werden, das daraufabzielt, dass höchste Führungskräfte gem<strong>e<strong>in</strong></strong>sam mit ausländischen Mitarbeiter <strong>und</strong> Mitarbeiter<strong>in</strong>nenüber Aspekte der Arbeit <strong>und</strong> kulturelle Aspekte <strong>in</strong> der Arbeit diskutieren. Innerhalb der Stadtverwaltunggibt es weiterh<strong>in</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong> <strong>in</strong>ternes Netzwerk, bestehend aus Schlüsselpersonen der Verwaltung.Die Aufgabe dieses Netzwerkes ist es, die Umsetzung der <strong>Diversity</strong>-Strategien zu ver<strong>e<strong>in</strong></strong>fachen.Auch dieses Netzwerk ist relativ neu <strong>und</strong> zu Beg<strong>in</strong>n hatte jedes Mitglied <strong>e<strong>in</strong></strong> Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g „<strong>Vielfalt</strong><strong>und</strong> Dialog“ zu absolvieren.Neben der Verwaltungsspitze existiert <strong>in</strong> Uppsala <strong>e<strong>in</strong></strong> politisches Gremium, das Aktivitäten zur Demokratisierung,Integration <strong>und</strong> Chancengleichheit <strong>in</strong>itiieren kann.Im Jahr 2004 hat die Stadt Uppsala <strong>e<strong>in</strong></strong>e Integrationsstudie durchgeführt. Hierfür wurden 1500zufällig ausgewählte Männer <strong>und</strong> Frauen im Alter zwischen 15 <strong>und</strong> 65 Jahren befragt. Ziel dieserStudie war es, f<strong>und</strong>iertere Informationen über die E<strong>in</strong>stellungen der Bevölkerung zu Fragen derIntegrationspolitik zu erhalten. Die Studie konzentrierte sich <strong>in</strong> ca. 50 Fragen auf fünf thematischeBereiche: Segregation, Integration, ethnische Diskrim<strong>in</strong>ierung, Fremdenf<strong>e<strong>in</strong></strong>dlichkeit <strong>und</strong> Rassismus<strong>und</strong> <strong>in</strong>dividuelle Partizipation. Der letztgenannte Bereich bezieht sich u.a. auf die Frage, was jede<strong>und</strong> jeder E<strong>in</strong>zelne bereit ist, selbst für <strong>e<strong>in</strong></strong>en besseren Integrationsprozess beizutragen. Die Ergebnisseder Studie wurden sowohl mit <strong>e<strong>in</strong></strong>er nationalen Integrationsstudie als auch <strong>e<strong>in</strong></strong>er weiterenlokalen Studie, durchgeführt im Jahr 2003 <strong>in</strong> Hels<strong>in</strong>gborg, verglichen. Die Ergebnisse aus Uppsalazeigten, dass die E<strong>in</strong>wohner <strong>und</strong> E<strong>in</strong>wohnerr<strong>in</strong>nen von Uppsala <strong>e<strong>in</strong></strong>e sehr positive E<strong>in</strong>stellung zuethnischer <strong>Vielfalt</strong> <strong>in</strong> Wohnumgebungen <strong>und</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong>e starke Ablehnung gegenüber Rassismus <strong>und</strong>Fremdenf<strong>e<strong>in</strong></strong>dlichkeit hatten. Nahezu 20% derjenigen, die den Fragebogen beantwortet hatten,sagten, dass sie <strong>in</strong> den letzten zwei Jahren Zeuge von Diskrim<strong>in</strong>ierung im Arbeitsmarkt geworden21


seien. Nahezu 50% der Migranten <strong>und</strong> Migrant<strong>in</strong>nen machten diese Aussage. Diese Daten konntennicht <strong>in</strong> Beziehung zu anderen Studien gesetzt werden, aber es war offensichtlich, dass es sichhierbei um <strong>e<strong>in</strong></strong>en problematischen Bereich handelt. Die Ergebnisse führten dazu, dass die Stadtverwaltungmit dem Freiwilligensektor <strong>in</strong> der Stadt <strong>e<strong>in</strong></strong>en Dialog zur E<strong>in</strong>richtung <strong>e<strong>in</strong></strong>es Anti-Diskrim<strong>in</strong>ierungsbürosbegonnen haben. E<strong>in</strong> Büro, das, ausgestattet mit hochqualifiziertem Personal, bevorzugtmit juristischen Abschlüssen, denjenigen helfen kann, die Diskrim<strong>in</strong>ierung erfahren. Das<strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sbüro soll ebenfalls helfen, die öffentliche M<strong>e<strong>in</strong></strong>ung <strong>in</strong> diesen Fragen zu sensibilisieren.Die Stadt Uppsala ist aber auch <strong>in</strong> verschiedenen externen Kooperationen engagiert, auf unterschiedlichenEbenen <strong>und</strong> mit verschiedenen Partnern. Zahlreiche EU-Projekte wurden <strong>in</strong> verschiedenenOrganisations<strong>e<strong>in</strong></strong>heiten durchgeführt. Die Stadt ist Mitglied <strong>in</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong>em nationalen Netzwerkzur Förderung von <strong>Vielfalt</strong>. Dieses Netzwerk umfasst 12 Kommunen, um <strong>e<strong>in</strong></strong>en gegenseitigen Austauschüber Ideen, Methoden <strong>und</strong> unterschiedliche Ansätze <strong>in</strong> der Förderung von <strong>Vielfalt</strong> zu ermöglichen.Aber das Netzwerk führt <strong>in</strong> Kooperation auch eigene Projekte durch. Gerade war esverantwortlich für die Durchführung <strong>e<strong>in</strong></strong>er nationalen Tagung, auf der 150 Teilnehmer <strong>und</strong> Teilnehmer<strong>in</strong>nenaus ganz Schweden die Umsetzung von <strong>Diversity</strong>-Konzepten diskutierten.In der Region Uppsala gibt es <strong>e<strong>in</strong></strong> weiteres Netzwerk, das von der Stadtverwaltung koord<strong>in</strong>iert wird.Das Hauptziel dieses Netzwerkes ist es, lokale Arbeitgeber vom Nutzen von <strong>Vielfalt</strong> im Arbeitsmarktzu überzeugen. Dies wird durch öffentliche Veranstaltungen <strong>und</strong> Sem<strong>in</strong>are, durch Konferenzen <strong>und</strong>Fortbildungen getan. Gerade hat das Netzwerk <strong>e<strong>in</strong></strong>en Kurzfilm über <strong>Vielfalt</strong> gemacht, <strong>e<strong>in</strong></strong> Film überdie unterschiedlichen Ideen junger Menschen zum Thema Arbeitsmarkt, aber auch über die Ansichten<strong>und</strong> Erfahrungen von Arbeitgebern zum Thema <strong>Vielfalt</strong>. Außerdem hat das Netzwerk <strong>e<strong>in</strong></strong>eBroschüre mit Beispielen <strong>e<strong>in</strong></strong>er erfolgreichen Praxis von Unternehmen <strong>in</strong> der Förderung von <strong>Vielfalt</strong>herausgegeben.Zum Abschluss möchte ich <strong>e<strong>in</strong></strong>ige Schlussfolgerungen – aber auch Fragen – aufführen, die sich ausdem Engagement der Stadt ergeben:• Die Def<strong>in</strong>ition von <strong>Vielfalt</strong> – eng oder weit – wird maßgeblich bestimmen, welche Ansätzezur Förderung von <strong>Vielfalt</strong> gewählt werden.• Es ist außerordentlich wichtig, dass die umfassende Perspektive existiert, dass <strong>Vielfalt</strong> jedenbetrifft <strong>und</strong> nicht nur Führungskräfte.• <strong>Vielfalt</strong> ist k<strong>e<strong>in</strong></strong> Problem, das gelöst werden muss, <strong>Vielfalt</strong> bedeutet, dass Unterschiedlichkeitengemanagt werden.• Es muss sichergestellt s<strong>e<strong>in</strong></strong>, dass Partner auf den unterschiedlichen Ebenen <strong>e<strong>in</strong></strong>er Organisation<strong>e<strong>in</strong></strong>geb<strong>und</strong>en s<strong>in</strong>d, um die Arbeit zur Förderung von <strong>Vielfalt</strong> zu unterstützen.Streuen Sie die Informationen über diejenigen, die die Arbeit unterstützen – <strong>und</strong> Siewerden wahrsch<strong>e<strong>in</strong></strong>lich bald noch mehr Unterstützer bekommen.• Externe Partner <strong>und</strong> verschiedene Netzwerke zu haben, ist <strong>e<strong>in</strong></strong> guter <strong>Weg</strong>, um Neues zulernen.• Wann fängt Kategorisierung an, <strong>in</strong> Vorurteile umzuschlagen <strong>und</strong> so zum Problem zuwerden?Vielen Dank!22


<strong>Vielfalt</strong> fördern durch kommunale NetzwerkarbeitClaudia Maysun JabbourVer<strong>e<strong>in</strong></strong> für soziale Arbeit <strong>und</strong> Kultur Südwestfalen e.V.Sehr geehrte Damen <strong>und</strong> Herren,ich freue mich, Ihnen heute das kommunale Netzwerk ZAK (Zielgruppenübergreifende <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sarbeit <strong>in</strong> der Kommune)zum horizontalen Ansatz <strong>in</strong> Siegen vorstellen zu können.Siegen ist <strong>e<strong>in</strong></strong>e der kl<strong>e<strong>in</strong></strong>eren Großstädte <strong>in</strong> NRW mit etwas mehrals 100.000 E<strong>in</strong>wohnerr<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> E<strong>in</strong>wohnern <strong>und</strong> liegt im Südenvon Nordrh<strong>e<strong>in</strong></strong>-Westfalen.Ich arbeite seit 3 Jahren beim Ver<strong>e<strong>in</strong></strong> für soziale Arbeit <strong>und</strong> KulturSüdwestfalen e.V. M<strong>e<strong>in</strong></strong>en E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> die Arbeit des Ver<strong>e<strong>in</strong></strong>s habeich im <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sbüro Siegen (ADB) gemacht. Dieses<strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sbüro unterhält auch <strong>e<strong>in</strong></strong>e Mediathek gegenRassismus <strong>und</strong> Diskrim<strong>in</strong>ierung. Allerd<strong>in</strong>gs bezieht sich die gesamteArbeit des ADB auf die Diskrim<strong>in</strong>ierung von Migrant<strong>in</strong>nen<strong>und</strong> Migranten <strong>und</strong> nicht auf Diskrim<strong>in</strong>ierung im allgem<strong>e<strong>in</strong></strong>en.Aufgr<strong>und</strong> der Arbeit <strong>in</strong> diesem Bereich <strong>und</strong> den Nachfragen vonNutzer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Nutzern der Mediathek war es uns schon länger <strong>e<strong>in</strong></strong> Anliegen, Zielgruppen übergreifendden Abbau von Diskrim<strong>in</strong>ierung zu fördern. Daher s<strong>in</strong>d wir sehr froh, dass wir mit demderzeitigen Projekt, das seit September 2003 besteht, die Möglichkeit haben, Zielgruppen übergreifendden Abbau von Diskrim<strong>in</strong>ierung <strong>in</strong> der Region voranzutreiben. Initiator<strong>in</strong> <strong>und</strong> Förder<strong>in</strong>dieses Projektes ist das M<strong>in</strong>isterium für Ges<strong>und</strong>heit, Soziales, Frauen <strong>und</strong> Familie NRW.Bevor ich Ihnen das Siegener Netzwerk vorstelle, möchte ich <strong>e<strong>in</strong></strong>ige allgem<strong>e<strong>in</strong></strong>e Informationen zumZielgruppen übergreifenden, bzw. horizontalen Ansatz geben.E<strong>in</strong>e Vielzahl von Menschen <strong>in</strong> unserer Gesellschaft ist von Diskrim<strong>in</strong>ierung betroffen. Sie betrifftbeispielsweise Frauen, Migrant<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Migranten, Schwule, Lesben, Menschen mit Beh<strong>in</strong>derung,um nur <strong>e<strong>in</strong></strong>ige zu nennen. Diskrim<strong>in</strong>ierung bezieht sich auf viele Lebensbereiche <strong>und</strong> ist nicht nurdas Problem bestimmter Personengruppen, sondern auch <strong>e<strong>in</strong></strong> strukturelles Problem unserer Gesellschaft,denn Diskrim<strong>in</strong>ierung f<strong>in</strong>det nicht nur auf der <strong>in</strong>dividuellen Ebene zwischen zwei oder mehrerenMenschen statt. Diskrim<strong>in</strong>ierung erfolgt ebenso durch bestimmte Regeln <strong>und</strong> Rout<strong>in</strong>en <strong>in</strong> öffentlichen<strong>und</strong> privaten E<strong>in</strong>richtungen, <strong>in</strong> denen bestimmten Personen die Inanspruchnahme vongesellschaftlichen Ressourcen wie Bildung, Arbeit, Wohnen <strong>und</strong> andere Dienstleitungen erschwertoder sogar verweigert wird. Besonders betroffen s<strong>in</strong>d Menschen, die mehrfach diskrim<strong>in</strong>iert werden,weil sie z.B. lesbisch <strong>und</strong> beh<strong>in</strong>dert s<strong>in</strong>d.Der horizontale Ansatz <strong>in</strong> der <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sarbeitHier bietet der horizontale Ansatz <strong>e<strong>in</strong></strong>e Chance, durch die Zielgruppen übergreifende Betrachtungden verschiedenen Ursachen <strong>und</strong> Formen von Diskrim<strong>in</strong>ierung auf den Gr<strong>und</strong> zu gehen, denn diehorizontale Betrachtung deckt auf, dass Strukturen von Diskrim<strong>in</strong>ierung verschiedener Gruppenähnlich s<strong>in</strong>d.Der horizontale Ansatz stellt gegenüber der vertikalen Betrachtung von Diskrim<strong>in</strong>ierung <strong>e<strong>in</strong></strong>en Perspektivwechseldar. Das Ziel ist <strong>e<strong>in</strong></strong>e kommunale oder lokale Zusammenarbeit aller oder zum<strong>in</strong>destvieler E<strong>in</strong>richtungen, zu deren Klientel Menschen gehören, die potentiell von Diskrim<strong>in</strong>ierung betroffens<strong>in</strong>d <strong>und</strong> die sich für <strong>e<strong>in</strong></strong>e Gleichbehandlung dieser Menschen <strong>e<strong>in</strong></strong>setzen. Diese Zusammen-23


arbeit <strong>in</strong> Bezug auf den Abbau von Diskrim<strong>in</strong>ierung <strong>und</strong> Sensibilisierung der Gesellschaft ist Zielgruppenübergreifend.S<strong>in</strong>n <strong>und</strong> Zweck <strong>e<strong>in</strong></strong>es Netzwerkes zum horizontalen AnsatzDurch den Zusammenschluss mehrerer Akteur<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Akteure aus der sozialen Arbeit, die ihrefachspezifischen Kompetenzen durch die Beratung von Menschen, die von Diskrim<strong>in</strong>ierung betroffens<strong>in</strong>d, erlangt haben, kommt es bei der Bildung <strong>e<strong>in</strong></strong>es Netzwerkes zur Bündelung der ohneh<strong>in</strong>schon vorhandenen Ressourcen <strong>und</strong> Kompetenzen. Gem<strong>e<strong>in</strong></strong>sam werden Diskrim<strong>in</strong>ierung auslösendeMechanismen, wie Vorurteile <strong>und</strong> Stereotypisierung aufgedeckt. Auf dieser Gr<strong>und</strong>lage werdengem<strong>e<strong>in</strong></strong>same Handlungsstrategien für die präventive Arbeit <strong>und</strong> Maßnahmen zum Abbau vonDiskrim<strong>in</strong>ierung entwickelt. Durch den Zusammenschluss als Bündnis, haben die beteiligten Organisationen<strong>e<strong>in</strong></strong>e höhere Durchsetzungsfähigkeit <strong>und</strong> Wirkung nach außen, als sie <strong>e<strong>in</strong></strong>zelne Organisationenerreichen können. Denn <strong>e<strong>in</strong></strong>zelnen Organisationen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> der Bekämpfung von Diskrim<strong>in</strong>ierungh<strong>in</strong>sichtlich der zur Verfügung stehenden Ressourcen der alltäglichen Arbeit Grenzen gesetzt.Der Synergieeffekt, der durch die Zusammenarbeit erreicht wird, kann von allen Organisationenfür ihre eigene Zielgruppe genutzt werden. Vor allem das Erreichen <strong>e<strong>in</strong></strong>er größeren Öffentlichkeitspielt hierbei <strong>e<strong>in</strong></strong>e große Rolle. Durch die Zusammenarbeit kann an den Ursachen der Entstehungvon Diskrim<strong>in</strong>ierung gearbeitet werden.Auch dem Abbau von Defiziten im Beratungsangebot wird hierbei Rechnung getragen. Zum <strong>e<strong>in</strong></strong>engibt es nur wenige Organisationen, die unter dem Label der <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sarbeit arbeiten,zum anderen fühlen sich die Berater<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Beratern <strong>in</strong> der sozialen Arbeit nicht genügend qualifiziert,um Diskrim<strong>in</strong>ierungsangelegenheiten ausreichend zu bearbeiten. In der Zusammenarbeitkönnen diese Defizite, z.B. durch die Sensibilisierung für Diskrim<strong>in</strong>ierungstatbestände <strong>und</strong> gem<strong>e<strong>in</strong></strong>sameFortbildungen abgebaut werden.Positive Effekte für BetroffeneMenschen, die Diskrim<strong>in</strong>ierungserfahrungen gemacht haben, benötigen oft <strong>e<strong>in</strong></strong>e professionelleUnterstützung <strong>und</strong> Beratung, um Erlebtes verarbeiten zu können <strong>und</strong>/oder um gegen die Diskrim<strong>in</strong>ierungvorzugehen. Im Rahmen der Netzwerkarbeit wird <strong>e<strong>in</strong></strong> verbessertes Hilfs- <strong>und</strong> Beratungsangebotgeschaffen: bestehende Angebote der Zielgruppen spezifischen Arbeit werden <strong>in</strong> die Zielgruppenübergreifende Arbeit <strong>e<strong>in</strong></strong>bezogen <strong>und</strong> dar<strong>in</strong> unterstützt, als Anlaufstelle für diskrim<strong>in</strong>ierteMenschen zu fungieren, also auch nach außen zu tragen, dass sie unter dem „Label“ der <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sarbeitberaten. Durch die Mitarbeit im Netzwerk f<strong>in</strong>det <strong>e<strong>in</strong></strong>e Weiterqualifizierung derBerater<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Beratern statt, so dass <strong>e<strong>in</strong></strong> kompetenteres Beratungsangebot geschaffen werdenkann. Hierzu gehört auch <strong>e<strong>in</strong></strong>e erhöhte Sensibilisierung für Diskrim<strong>in</strong>ierungserfahrungen, oft werdendiese <strong>in</strong> Beratungssituationen als alltägliches Problem dargestellt <strong>und</strong> von den Klient<strong>in</strong>nen <strong>und</strong>Klienten nicht als Diskrim<strong>in</strong>ierung wahrgenommen. Das Erkennen <strong>e<strong>in</strong></strong>er ver<strong>in</strong>nerlichten Diskrim<strong>in</strong>ierung<strong>und</strong> das Aufzeigen von Lösungsstrategien ist Gr<strong>und</strong>lage, um Betroffene <strong>in</strong> die Lage zu versetzen,ihre Rechte auf Gleichbehandlung <strong>e<strong>in</strong></strong>zufordern.Durch die gem<strong>e<strong>in</strong></strong>same Öffentlichkeitsarbeit kommt Licht <strong>in</strong> den Beratungsdschungel, das bestehendeBeratungsangebot wird transparenter, so dass sich Betroffene zielgerichtet an für sie geeigneteAngebote wenden können. Durch die Netzwerkbildung wird aber auch <strong>e<strong>in</strong></strong>e größere Lobby fürvon Diskrim<strong>in</strong>ierung betroffene Menschen geschaffen. Durch die Vernetzung vieler örtlichen Verbände,Ver<strong>e<strong>in</strong></strong>e <strong>und</strong> Organisationen, die verschiedene Zielgruppen vertreten, wird <strong>e<strong>in</strong></strong> breitesBündnis zum Abbau von Diskrim<strong>in</strong>ierung geschaffen. Die <strong>in</strong>tensive Öffentlichkeitsarbeit trägt <strong>in</strong> derBevölkerung zur Schaffung <strong>e<strong>in</strong></strong>es Bewussts<strong>e<strong>in</strong></strong>s bei, dass Diskrim<strong>in</strong>ierung nicht nur <strong>e<strong>in</strong></strong>zelne Personengruppenbetrifft, sondern dass Diskrim<strong>in</strong>ierung <strong>e<strong>in</strong></strong> gesellschaftliches Problem ist, welches jedentreffen kann <strong>und</strong> abgebaut werden muss.24


Positive Effekte für NetzwerkmitgliederDie Netzwerkmitglieder (z.B. Wohlfahrtsverbände,gem<strong>e<strong>in</strong></strong>nützige Ver<strong>e<strong>in</strong></strong>e oder auchDienststellen der kommunalen Verwaltung)werden durch die Aktivitäten des Netzwerkes<strong>in</strong> ihrer Arbeit unterstützt. Zu dieser gehörtauch die Schaffung geeigneter Hilfsangebotefür die jeweilige Zielgruppe. Der horizontaleAnsatz trägt ebenso zur Qualitätssteigerungim Hilfsangebot für Menschenbei, die von Diskrim<strong>in</strong>ierung betroffen oderbedroht s<strong>in</strong>d, da im Netzwerk <strong>e<strong>in</strong></strong> fachlicherAustausch <strong>und</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong> Wissenstransfer stattf<strong>in</strong>denkann.Zudem verbessert das Netzwerk durch die prophylaktische Arbeit die Rahmenbed<strong>in</strong>gungen für <strong>e<strong>in</strong></strong>ewirksame zielgruppenbezogene <strong>und</strong> politische Tätigkeit der Netzwerkmitglieder.Der horizontale Ansatz als ERGÄNZUNG zur zielgruppenspezifischen ArbeitDer horizontale Ansatz kann <strong>und</strong> darf jedoch die zielgruppenspezifische Arbeit nicht ersetzen, ermuss als Ergänzung gesehen werden, denn:Trotz der vielen Gem<strong>e<strong>in</strong></strong>samkeiten gibt es auch gravierende Unterschiede <strong>in</strong> den Diskrim<strong>in</strong>ierungserfahrungenvon Menschen aus verschiedenen Zielgruppen. E<strong>in</strong> weiterer wichtiger Punkt ist, dassnur zielgruppenspezifische Beratungsstellen <strong>e<strong>in</strong></strong>e hohe Nähe zur Klientel haben.Diskrim<strong>in</strong>ierungserfahrungen werden nur selten direkt angesprochen. Meist werden sie <strong>in</strong> den zielgruppenspezifischenBeratungsstellen im Rahmen <strong>e<strong>in</strong></strong>er fachlichen Information oder Beratung angesprochen(z.B. im Rahmen <strong>e<strong>in</strong></strong>er Wohnungssuche oder Arbeitssuche) <strong>und</strong> erst von sensiblen Berater<strong>in</strong>nen<strong>und</strong> Beratern als Diskrim<strong>in</strong>ierung erkannt.Des Weiteren haben zielgruppenspezifische Organisationen <strong>e<strong>in</strong></strong>e wichtige identitätsstiftende Wirkung,denn über das Beratungsangebot h<strong>in</strong>aus, gestalten die Organisationen kulturelle <strong>und</strong> subkulturelleAktivitäten, die für die Angehörigen bestimmter Zielgruppen wichtig s<strong>in</strong>d.Das Siegener Netzwerk ZAKZielsetzungDas Ziel ist der Aufbau <strong>und</strong> die langfristige Etablierung <strong>e<strong>in</strong></strong>es tragfähigen Netzwerkes, um folgendeszu erreichen:Den Auf- <strong>und</strong> Ausbau <strong>e<strong>in</strong></strong>er Hilfs- <strong>und</strong> Beratungsstruktur für Menschen, die von Diskrim<strong>in</strong>ierungbetroffen oder bedroht s<strong>in</strong>d, unter E<strong>in</strong>beziehung der bestehenden Beratungsangebote <strong>in</strong> der Region.Ziel ist es, <strong>e<strong>in</strong></strong> qualifiziertes <strong>und</strong> transparentes Beratungsangebot <strong>in</strong> der Kommune zu schaffen.Für jede Zielgruppe der <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sarbeit soll <strong>e<strong>in</strong></strong>e Anlaufstelle existieren, an die sichDiskrim<strong>in</strong>ierungsopfer wenden können, um <strong>e<strong>in</strong></strong>e qualifizierte Beratung <strong>und</strong> Unterstützung zu erhalten.Dafür werden k<strong>e<strong>in</strong></strong>e neuen Beratungsstellen geschaffen, vielmehr werden die bestehenden Beratungsstellenim Netzwerk zusammengeführt. Die Beratung von Diskrim<strong>in</strong>ierungsopfern wird alsoexplizit <strong>in</strong> die bestehende Beratungsstruktur <strong>in</strong>tegriert, durch verschiedene Netzwerkaktivitäten weiterentwickelt<strong>und</strong> die Berater<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Beratern qualifizieren sich durch die Netzwerkarbeit weiter.Dazu gehört auch der fachliche Austausch unter Kolleg<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Kollegen bei den Netzwerktref-25


fen, sowie gem<strong>e<strong>in</strong></strong>same Fortbildungen. In Siegen fand z.B. im vergangenen Juni <strong>e<strong>in</strong></strong>e 2-tägigeFortbildung zum Thema: „ Der horizontale Ansatz <strong>in</strong> der Beratungsarbeit“ statt.Die Vorgehensweise, die Diskrim<strong>in</strong>ierungsberatung <strong>in</strong> die vorhandene Beratungsstruktur zu <strong>in</strong>tegrieren,spiegelt die Erfahrung wider, dass zahlreiche Klient<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Klienten der sozialen BeratungsstellenDiskrim<strong>in</strong>ierung erfahren haben, diese aber nicht <strong>in</strong> den Vordergr<strong>und</strong> stellen, sondernerst <strong>in</strong> anderen Zusammenhängen schildern.E<strong>in</strong> weiteres Ziel ist die Vermeidung von Diskrim<strong>in</strong>ierung <strong>und</strong> der Abbau von Vorurteilen <strong>in</strong> derRegion. Durch gem<strong>e<strong>in</strong></strong>same prophylaktische <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sarbeit soll <strong>e<strong>in</strong></strong> entscheidender Beitragzum nachhaltigen Abbau von Diskrim<strong>in</strong>ierung geleistet werden.Es wird Aufmerksamkeit <strong>in</strong> der Bevölkerung <strong>und</strong> <strong>in</strong> privaten <strong>und</strong> öffentlichen Institutionen für dieProblematik der Diskrim<strong>in</strong>ierung erzeugt <strong>und</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong> Bewussts<strong>e<strong>in</strong></strong> dafür geschaffen, dass Diskrim<strong>in</strong>ierungk<strong>e<strong>in</strong></strong> Kavaliersdelikt ist, sondern auch <strong>e<strong>in</strong></strong> gesellschaftliches Problem darstellt <strong>und</strong> nicht toleriertwerden darf. Hierbei kommt der Öffentlichkeitsarbeit <strong>e<strong>in</strong></strong>e sehr wichtige Bedeutung zu, <strong>in</strong>demsich die im Netzwerk verb<strong>und</strong>enen Organisationen zu <strong>e<strong>in</strong></strong>em breiten Bündnis zusammenschließen<strong>und</strong> dem gem<strong>e<strong>in</strong></strong>samen Anliegen <strong>e<strong>in</strong></strong> Gewicht verleihen, wie es <strong>e<strong>in</strong></strong>e <strong>e<strong>in</strong></strong>zelne Organisation nicht zutun vermag.NetzwerkmitgliederOrganisationen, die mit Menschen arbeiten, welche diskrim<strong>in</strong>iert werden aufgr<strong>und</strong>:<strong>e<strong>in</strong></strong>er Beh<strong>in</strong>derung:Invema e.V. aus KreuztalAWO Wohnstättenverb<strong>und</strong> Siegendes Geschlechts:Frauen helfen Frauen e.V. Siegender ethnischen Herkunft:AWO Sozialdienst für MigrantenCaritas Fachdienst für MigrationDiakonie MigrationsfachdienstVAKS e.V.der sexuellen Identität:<strong>Diversity</strong> e.V.Schwule Initiative Siegen e.V.des sozialen Status: Diakonische Wohnungslosenhilfe (seit Juli 04)Diakonie Beratungsstelle für Arbeitslose (seit Januar 05)des Lebensalters: Alter Aktiv e.V. (seit Dezember 04)HsM e.V. Handeln statt Misshandeln – Initiative gegen Gewaltim Alter (seit November 04)NetzwerkaufbauDen Beg<strong>in</strong>n für den Netzwerkaufbau haben wir <strong>in</strong> Siegen mit Vertreter<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Vertretern vonNichtregierungsorganisationen gemacht, da diese im Vergleich zu kommunalen Institutionen <strong>e<strong>in</strong></strong>egrößere Nähe zu den Zielgruppen der <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sarbeit haben, sie leisten quasi täglicheBeratungsarbeit vor Ort <strong>und</strong> verfügen über nötige zielgruppenspezifische Kenntnisse, die für dieNetzwerkarbeit von großem Nutzen s<strong>in</strong>d.26


Konkret s<strong>in</strong>d wir folgendermaßen vorgegangen: Wir haben mit den jeweiligen Geschäftsführernder Verbände <strong>und</strong> den Fachberater<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Fachberatern vor Ort Informationsgespräche geführt,um sie über den horizontalen Ansatz zu <strong>in</strong>formieren <strong>und</strong> sie für <strong>e<strong>in</strong></strong>e Mitarbeit im Netzwerk zu gew<strong>in</strong>nen.Dies ist uns im übrigen bei allen angesprochenen Organisationen gelungen, es hat k<strong>e<strong>in</strong></strong>eabgesagt, vielmehr war es so, dass sich noch „freiwillige“ gemeldet haben, die vom Netzwerk erfahrenhaben <strong>und</strong> gerne teilnehmen wollten.Die E<strong>in</strong>beziehung der kommunalen Verwaltung, wie Gleichstellungsstellen, Beh<strong>in</strong>dertenbeauftragte<strong>und</strong> Integrationsrat <strong>in</strong> die Netzwerkarbeit ist für die nächste Zeit geplant.Parallel zur Gew<strong>in</strong>nung von Netzwerkmitgliedern haben wir uns mit der Ausgangssituation befasst.Um die verschiedenen Diskrim<strong>in</strong>ierungsbereiche der unterschiedlichen Zielgruppen zu erfassen,haben wir <strong>e<strong>in</strong></strong>e Zielgruppen-Befragung durchgeführt. In Zusammenarbeit mit der Universität Siegenwurden standardisierte Fragebögen entwickelt, die sich <strong>in</strong> 3 Fragenkomplexe unterteilen:• Persönliche Daten (natürlich anonym), nach Alter, der Herkunft, Staatsangehörigkeit, Muttersprache..• Diskrim<strong>in</strong>ierungserfahrungen Häufigkeit, Anlässe, Diskrim<strong>in</strong>ierungsbereiche, Form <strong>und</strong> Artder Diskrim<strong>in</strong>ierung• Mögliche Formen der Bekämpfung von Diskrim<strong>in</strong>ierungPro Zielgruppe wurden ca. 50 – 70 Personen befragt, die Befragung <strong>und</strong> die anschließende Auswertung<strong>in</strong>kl. der Analyse wurde von am Netzwerk beteiligten Organisationen übernommen. DieZielgruppe der wohnungslosen Menschen wurde Ende letzten Jahres befragt (nachdem die diakonischeWohnungslosenhilfe ihren E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> die Netzwerkarbeit hatte), die Befragung der „altenMenschen“, bzw. der Menschen, die aufgr<strong>und</strong> ihres Lebensalters diskrim<strong>in</strong>iert werden, ist soebenabgeschlossen.Um die bestehenden Hilfs- <strong>und</strong> Beratungsangebote der Region zu erfassen, wurde <strong>e<strong>in</strong></strong>e Institutionenbefragungdurchgeführt. Diese wurde ebenfalls als schriftliche standardisierte Befragung konzipiert.Der Fragebogen bezog sich auf folgende Themenbereiche:• Informationen zur Größe <strong>und</strong> Struktur der Organisation• Arbeitsschwerpunkte• Umfang, Art <strong>und</strong> Intensität der Diskrim<strong>in</strong>ierungserfahrungen der Zielgruppe• Unterstützung der Organisation bei ihrer Arbeit durch Politik, staatliche E<strong>in</strong>richtungen <strong>und</strong>Verfügbarkeit von Ressourcen• Erreichbarkeit der Zielgruppe• Dokumentation von Diskrim<strong>in</strong>ierungsfällen• Form der Beratung bei Diskrim<strong>in</strong>ierungsfällen• Tätigkeit im Bereich der prophylaktischen ArbeitDie Teilnehmer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Teilnehmer, die am Netzwerk beteiligt s<strong>in</strong>d, stellten ihre Ergebnisse <strong>in</strong>den ersten Netzwerktreffen dar. So wurde <strong>e<strong>in</strong></strong> strukturiertes <strong>und</strong> zielgerichtetes Sich-Kennen-Lernen<strong>in</strong>nerhalb der Netzwerktreffen ermöglicht. Alle Netzwerkteilnehmer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> -teilnehmer bekamenso <strong>e<strong>in</strong></strong>en guten Überblick über das bestehende Angebot <strong>in</strong> der <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sarbeit <strong>und</strong> wur-27


den zugleich sensibilisiert für Diskrim<strong>in</strong>ierungserfahrungen anderer Zielgruppen. Durch die Vorstellungder Ergebnisse im Netzwerk aus den verschiedenen Zielgruppen, wurde praktisch dargestellt,was vorher schon vermutet wurde – nämlich, dass Diskrim<strong>in</strong>ierungserfahrungen <strong>in</strong> verschiedenenZielgruppen <strong>und</strong> Lebensbereichen ähnlich s<strong>in</strong>d. Dies war <strong>e<strong>in</strong></strong>e gute Ausgangsposition für dieEntwicklung <strong>e<strong>in</strong></strong>er gem<strong>e<strong>in</strong></strong>samen <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sarbeit vor Ort. Die Ergebnisse wurden <strong>in</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong>emPressegespräch erläutert <strong>und</strong> somit war auch der erste Schritt für <strong>e<strong>in</strong></strong>e gem<strong>e<strong>in</strong></strong>same Öffentlichkeitsarbeitgetan.Qualitätsmerkmale von ZAKZielgruppen- <strong>und</strong> trägerübergreifende Ausrichtung.Das Netzwerk ZAK trifft sich ca. alle 4 Wochen. Den regelmäßig stattf<strong>in</strong>denden Netzwerktreffenkommt <strong>e<strong>in</strong></strong>e große Bedeutung zu, da sie die Basis für den fachlichen Austausch <strong>und</strong> die Planung<strong>und</strong> Abstimmung von Aktivitäten s<strong>in</strong>d. Die Moderation der Treffen übernimmt der VAKS e.V., dieNetzwerktreffen f<strong>in</strong>den im Rotationssystem statt, also jedes mal f<strong>in</strong>den sie <strong>in</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong>er anderen Organisationstatt. So ist gewährleistet, dass alle Teilnehmer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Teilnehmern auch die Räumlichkeitender anderen Organisationen kennen lernen. Jede Organisation ist so <strong>in</strong> die Vorbereitungder Treffen <strong>e<strong>in</strong></strong>geb<strong>und</strong>en. Damit <strong>in</strong> den Treffen effizient gearbeitet werden kann, ist es Aufgabe vonVAKS e.V., die Treffen <strong>in</strong>haltlich gut vorzubereiten <strong>und</strong> anschließend zu dokumentieren.Das Netzwerk basiert auf der Freiwilligkeit der Teilnehmer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Teilnehmern, die Beteiligungan der Netzwerkarbeit b<strong>e<strong>in</strong></strong>haltet jedoch <strong>e<strong>in</strong></strong>e verb<strong>in</strong>dliche Teilnahme an den Netzwerktreffen. Dieseorientieren sich an ihren eigenen Ressourcen <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d ausschließlich <strong>in</strong> den von ihnen gewolltenBereichen der Netzwerkarbeit aktiv. Dies führt selbstverständlich auch schon mal zu Konflikten, diebislang aber immer den Ausgangspunkt für konstruktive Diskussionen gebildet haben.PerspektiveAbbau von Diskrim<strong>in</strong>ierung <strong>in</strong> der Region durch:- Information <strong>und</strong> Sensibilisierung der Bevölkerung- Entwicklung von Materialien für die prophylaktische Arbeit: Es gibt <strong>in</strong> den Zielgruppen spezifischenOrganisationen <strong>und</strong> <strong>in</strong> der Mediathek <strong>e<strong>in</strong></strong>iges an Material für die prophylaktischeArbeit, wie Aktionskoffer, Bücher Broschüren, Unterrichts- <strong>und</strong> Projektmaterial <strong>und</strong> Filme,diese s<strong>in</strong>d allerd<strong>in</strong>gs nicht horizontal ausgerichtet. Wir planen, für den Abbau von Diskrim<strong>in</strong>ierung„im allgem<strong>e<strong>in</strong></strong>en“ Projektmaterial aus bestehenden Materialien zusammen zufügen, bzw. neues, geeignetes Material zu entwickeln.- Die Weiterqualifizierung von Berater<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Beratern ist auch <strong>in</strong> Zukunft <strong>e<strong>in</strong></strong> Schwerpunktder Netzwerkarbeit, ebenso wie die Schulung anderer Multiplikator<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Multiplikatoren,wie z.B. Lehrer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Lehrer, Schulungspersonal der Polizei, Mitarbeiter<strong>in</strong>nen <strong>und</strong>Mitarbeiter von Jugendverbänden usw.- Ausbau der Vernetzung, wie ich eben schon mal erwähnte, ist es uns <strong>e<strong>in</strong></strong> großes Anliegen,weitere Institutionen <strong>in</strong> die Netzwerkarbeit <strong>e<strong>in</strong></strong>zubeziehen, (Polizei, Kommunale Verwaltung,Gleichstellungsstelle, Integrationsrat, Beh<strong>in</strong>dertenbeauftragte) zum<strong>in</strong>dest punktuell, da dasNetzwerk <strong>in</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong>em noch größeren Rahmen wenig effizient arbeiten kann.- Aufklärung / Fortbildung über rechtliche Möglichkeiten durch das entstehende <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sgesetz- Leuchtturmprojekte, wie z.B. <strong>e<strong>in</strong></strong> Fußballturnier oder <strong>e<strong>in</strong></strong> Konzert unter dem Motto „Für <strong>Vielfalt</strong>- gegen Diskrim<strong>in</strong>ierung“, den Truck der EU Kampagne „For <strong>Diversity</strong>. Aga<strong>in</strong>st Discrim<strong>in</strong>ation“für <strong>e<strong>in</strong></strong>e Tagesveranstaltung nach Siegen zu holen,28


- aber auch die E<strong>in</strong>b<strong>in</strong>dung des Netzwerkes an bestehende regionale Feste, wie z.B. derChristopher Street Day von Schwulen <strong>und</strong> Lesben, das Fre<strong>und</strong>schaftsfest von Migrant<strong>in</strong>nen<strong>und</strong> Migranten oder der Tag der Begegnung, der <strong>in</strong> Siegen von verschiedenen Institutionender Beh<strong>in</strong>dertenarbeit gestaltet wird, stehen auch für dieses Jahr wieder auf dem Programm.Diese Veranstaltungen s<strong>in</strong>d gute Anlässe, um durch die Beteiligung des NetzwerkesSolidarität <strong>und</strong> Bündniskraft zu demonstrieren <strong>und</strong> auf Zielgruppen übergreifende Problemedurch Diskrim<strong>in</strong>ierung aufmerksam zu machen. Sie erfordern relativ wenig Personalaufwand<strong>und</strong> es wird dadurch gut demonstriert, dass Diskrim<strong>in</strong>ierung auch <strong>in</strong> Siegen<strong>e<strong>in</strong></strong> öffentliches Thema ist.Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit29


<strong>Vielfalt</strong> <strong>in</strong> Unternehmen -Die Umsetzung von <strong>Diversity</strong> Management <strong>in</strong>DeutschlandKerst<strong>in</strong> RömhildtXenos-Projekt „diversity hamburg“Der Vortrag von Kerst<strong>in</strong> Römhildt wird anhand der von ihrgenutzten Präsentation dokumentiert. Frau Römhildt stellte <strong>in</strong>Ihrem Vortrag, die Konzepte von <strong>Diversity</strong> Management <strong>in</strong>den vier großen Unternehmen Ford, Lufthansa, DeutscheBank <strong>und</strong> WDR vor. Anhand <strong>e<strong>in</strong></strong>es 6-stufigen Rasters verglichsie die verschiedene Konzepte. Im Anschluss stellte sie dieUmsetzung von <strong>Diversity</strong> Management <strong>in</strong> zwei ausgewähltenKMU vor. Um ihre Betrachtungen besser nachvollziehen zukönnen, stellte sie ihrem Vortrag aber zunächst <strong>e<strong>in</strong></strong>e Def<strong>in</strong>itionvon <strong>Diversity</strong> voran:„<strong>Diversity</strong> ist für mich die positive Bewertung von menschlicher <strong>Vielfalt</strong> im Rahmen allgem<strong>e<strong>in</strong></strong>erMenschenwürde. Sie wird erreicht durch <strong>e<strong>in</strong></strong>en Perspektivwechsel, der den Blick auf die Potenziale<strong>und</strong> Kompetenzen <strong>e<strong>in</strong></strong>es Menschen lenkt. Management bedeutet <strong>e<strong>in</strong></strong>e Steuerung dieses Blickwechsels<strong>und</strong> der Nutzung der Potenziale durch verschiedenste gezielte Maßnahmen.“<strong>Vielfalt</strong> <strong>in</strong> Unternehmen – Die Umsetzung von <strong>Diversity</strong> Management <strong>in</strong> DeutschlandGroße Unternehmen haben ganz unterschiedliche Schwerpunkte der Umsetzung von <strong>Diversity</strong>Management (DiM), je nach persönlicher Geschichte <strong>und</strong> Interessenslage des Unternehmens<strong>und</strong> den dafür Beauftragten.Lufthansa:kommt aus Frauenförderung, betonen Gender-AspektDeutsche Bank:<strong>in</strong> Deutschland Schwerpunkt sex. Orientierung, FrauenförderungFord:seit 1996 globale Strategie aus USA, vielfältige Ansätze, Schwerpunktsexuelle Orientierung, Frauenförderung, Ethnomarket<strong>in</strong>gWDR:kulturelle <strong>Vielfalt</strong> als Integrationsauftrag30


Externe Gründe für die E<strong>in</strong>führung von <strong>Diversity</strong> Management bei Unternehmen<strong>in</strong> Deutschland (Lufthansa, Deutsche Bank, Ford)• Firmen agieren global, d.h. auf ganz diversen Märkten weltweit• Gesellschaft wird immer diversifizierter <strong>und</strong> vielfältiger (Lebensstile<strong>und</strong> Biographien, Werte- u. E<strong>in</strong>stellungswandel), daher verändertsich auch das aus der Gesellschaft rekrutierte Personal• demographischer Wandel f<strong>in</strong>det statt: Kultur- u. Nationalitäten-Mix, Generationen- <strong>und</strong> Geschlechter Veränderungen, <strong>Vielfalt</strong>der Befähigungen, sexuellen Orientierungen, Glaubensprägungen• Zielgruppen <strong>in</strong>nerhalb <strong>e<strong>in</strong></strong>er Gesellschaft s<strong>in</strong>d vielfältiger• Märkte <strong>in</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong>zelnen Ländern s<strong>in</strong>d daher auch vielfältiger, Produktpalettenerweitern sich• Gesetzgebung (<strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>srichtl<strong>in</strong>ie) empfiehlt Handelnauf BetriebsebeneInterne Gründe für die E<strong>in</strong>führung von <strong>Diversity</strong> Management bei Unternehmen <strong>in</strong>Deutschland (Lufthansa, Deutsche Bank, Ford)• Mitarbeiter<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Mitarbieter, die ihre Potenziale entfalten können, fühlensich wertgeschätzt <strong>und</strong> s<strong>in</strong>d motivierter• das Betriebsklima wird verbessert• aus Unterschieden entsteht Neues, Innovatives, diese Kreativität zu nutzen,ist wichtig für Unternehmen• Arbeitnehmer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Arbeitnehmer verhalten sich loyaler zu Unternehmen,wenn sie wertgeschätzt werden• Unternehmen werden zu Employers of Choice, für die sich potenzielle Arbeitnehmer<strong>in</strong>nen<strong>und</strong> Arbeitnehmer freiwillig entscheiden• auf die <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sgesetzgebung wird durch eigene Ver<strong>e<strong>in</strong></strong>barungenreagiertWDR hat „gesellschaftlichen Auftrag“, nämlich „M<strong>in</strong>derheiten“ zu Wort <strong>und</strong> zuGesicht kommen zu lassen, am besten durch Angehörige dieser Gruppen selbst.H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>: europäische Orientierung, Mittlerrolle bei Verständigung <strong>und</strong> Integration<strong>in</strong> Gesellschaft31


ZieleFür die wirtschaftlich orientierten Unternehmen ist die Gew<strong>in</strong>nsteigerung dasoberste Ziel, dieses wird über verschiedene Unterziele erreicht:• Zielgruppen erweiternz.B. „Ethnomarket<strong>in</strong>g“: türk. Markt für Ford, <strong>in</strong>ternat. Markt für Lufthansa,Schwule <strong>und</strong> Lesben bei Deutscher Bank• Mitarbeiterpotenziale „entfesseln“, jed. MitarbeiterIn bestmöglichst imS<strong>in</strong>ne des Unternehmens Möglichkeiten der Entfaltung geben (Ford), Talentealler nutzen ist produktivitätssteigernd (Lufthansa), Erhöhung der Leistungdurch Nutzung v. <strong>Vielfalt</strong> (DB)• Kreativität steigern durch gemischte Teams: Wettbewerb wird immer härter,nur wer flexibel <strong>und</strong> <strong>in</strong>novativ bleibt, kann sich behaupten, Unterschiedes<strong>in</strong>d bereichernd fürs Unternehmen• Außenwirkung verstärken, so dass potenz. K<strong>und</strong>Innen sich bewusst für UnternehmenentscheidenWDR möchte die Selbstverständlichkeit von kultureller <strong>Vielfalt</strong> etablieren <strong>und</strong> damitE<strong>in</strong>gang <strong>in</strong> massenattraktive Programme f<strong>in</strong>denEs gibt verschiedene Ebenen der Umsetzung von <strong>Diversity</strong> Management<strong>in</strong> den Unternehmen:1. Verantwortlichkeit muss benannt s<strong>e<strong>in</strong></strong>2. Verb<strong>in</strong>dlichkeit muss formuliert s<strong>e<strong>in</strong></strong>3. Bewusstmachung muss geplant s<strong>e<strong>in</strong></strong>4. Ressourcen müssen bekannt <strong>und</strong> gesteuert s<strong>e<strong>in</strong></strong>5. Maßnahmen/Kompetenzen müssen ergriffen werden6. Controll<strong>in</strong>g/Evaluation muss vorgesehen s<strong>e<strong>in</strong></strong>1. VerantwortlichkeitVoraussetzung für die Umsetzung von DiM ist immer, dass es <strong>e<strong>in</strong></strong>e Verantwortlichkeit gibt,<strong>in</strong> großen Unternehmen ist das meistens <strong>e<strong>in</strong></strong>e DiM-Abteilung.Lufthansa: Abteilung „Change Management <strong>und</strong> <strong>Diversity</strong>“, 7 MA, Sitz <strong>in</strong> FfM, agierenaber weltweitDeutsche Bank: seit 1999 weltweit beratendes DiM-Team verteilt auf <strong>e<strong>in</strong></strong>zelne Standorte(USA, GB, BRD), dass die Aufgabe hat, alle Geschäftsbereichte bei Konzeption <strong>und</strong> Umsetzungzu beraten u. unterstützenFord-Deutschland: DiM-Abteilung (2 Pers.) angesiedelt auf Personalmanagementebene,auch hier beratende Funktion auf verschiedenen EbenenWDR: Integrationsbeauftragter, angesiedelt auf gleicher Ebene wie Intendant, beobachtende,beratende <strong>und</strong> <strong>in</strong>itiierende Funktion32


2. Verb<strong>in</strong>dlichkeitE<strong>in</strong> Bekenntnis zu <strong>Diversity</strong> Management muss formuliert s<strong>e<strong>in</strong></strong>, im Leitbild, <strong>in</strong> Zielver<strong>e<strong>in</strong></strong>barungen.E<strong>in</strong> „Code of Conduct“ oder <strong>e<strong>in</strong></strong>e Betriebsver<strong>e<strong>in</strong></strong>barung regeln den fairen Umgang unter<strong>e<strong>in</strong></strong>anderim Betrieb.Lufthansa: <strong>Diversity</strong> ist als Leitbild <strong>in</strong> allen Geschäftsbereichen verankert - Verschiedenheit wirdwertgeschätzt <strong>und</strong> Chancengleichheit postuliert, aber k<strong>e<strong>in</strong></strong>e Betriebsver<strong>e<strong>in</strong></strong>barungDeutsche Bank: Bekenntnis zu <strong>Diversity</strong> <strong>in</strong> Führungsleitl<strong>in</strong>ien; konzernweiter „Code of Conduct“,Betriebsver<strong>e<strong>in</strong></strong>barung zu Fairness <strong>in</strong> BRDFord: <strong>Diversity</strong> als Eckpfeiler der Unternehmenskultur mit Bekenntnis zu Wertschätzung der Unterschiede,<strong>Vielfalt</strong> als Stärke (Broschüre), Betriebsver<strong>e<strong>in</strong></strong>barung zu partnerschaftlichem Verhaltenam Arbeitsplatz, betriebl. BeratungsstelleWDR: Wille zu Integration <strong>und</strong> Beachtung kultureller <strong>Vielfalt</strong> als Bekenntnis (Broschüre)3. BewusstmachungMaßnahmen zur Sensibilisierung für <strong>Vielfalt</strong> als positiven Wert <strong>in</strong>nerhalb des Unternehmensmüssen geplant s<strong>e<strong>in</strong></strong>.Lufthansa: <strong>Diversity</strong> ist <strong>e<strong>in</strong></strong> Top Down Prozess, es wird von oben vorgelebt durch <strong>Vielfalt</strong><strong>in</strong> Führung; Kommunikation <strong>in</strong> Intranet u. MA-Zeitung ist wichtig; freiwillige <strong>in</strong>terkult.Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs, lehnen Verpflichtung zu Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs außer f. Flugbegleiter <strong>und</strong> Führungskräfte abDeutsche Bank: Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g f. Führungskräfte; spez. Veranstaltungen für Mitarbeiter<strong>in</strong>nen<strong>und</strong> K<strong>und</strong><strong>in</strong>nen f<strong>in</strong>den statt; MA-Zeitschrift, wo z.B. Ra<strong>in</strong>bow Group berichtet; spez.Stände auf VeranstaltungenFord: <strong>Diversity</strong>-Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs; <strong>Diversity</strong>-Woche; Ramadan Beachtung <strong>in</strong> Kant<strong>in</strong>e; Ressource-Gruppen zu bestimmten Schwerpunkten, die beobachtende u. beratende Funktion haben;Sensibilisierung auf verschiedenen Ebenen der beratende DiM-AbteilungWDR: Journalistische Ausbildung: Junge Akademie f. Journalist. <strong>Vielfalt</strong>, Civis-Preis, spez.Programme wie Funkhaus Europa od. Cosmo-TV4. Ressourcen/PersonalentwicklungUm personelle <strong>Vielfalt</strong> im Unternehmen zu erreichen <strong>und</strong> zu nutzen, müssen das Recruitmentgezielt s<strong>e<strong>in</strong></strong> <strong>und</strong> den vorhandenen Potenzialen Entfaltungsmöglichkeiten gegeben werden.Lufthansa: Mentor<strong>in</strong>gprogramm für Frauen <strong>und</strong> Beh<strong>in</strong>derte, um Zugang zu Führungspositionzu erleichternDeutsche Bank: Programm „I have a dream“: Praktika für traditionell unterrepräsentierte ethnischeM<strong>in</strong>derheiten, hier MigrantInnen <strong>und</strong> AussiedlerInnen; Initiativen, um junge Frauen zugew<strong>in</strong>nen für IT-Tätigkeit od. Investment Bank<strong>in</strong>g; Mentor<strong>in</strong>g für weibliche „high potentials“Ford: Personalwerbung, Personalauswahl unter <strong>Diversity</strong>-Gesichtspunkten; Zitat: “Es wird überprüft,s<strong>in</strong>d das alles 28-jährige weiße deutsche Männer im Anzug, die das Gespräch führen?“;gezielte Werbung für junge Frauen durch Kooperationen m. Unis u. Schulen (FiT-Projekt, WEP,Stipendium); Mentor<strong>in</strong>g für Stipendiat<strong>in</strong>nen; Praktikum für Beh<strong>in</strong>derteWDR: Integrationsbeauftragter kümmert sich darum, mehr Programmmacher<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Programmmachermit Migrationsh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> <strong>in</strong> massenattraktive Programme zu <strong>in</strong>tegrieren; Informationskampagnen<strong>in</strong> Schulen33


5. MaßnahmenMaßnahmen zur Umsetzung von <strong>Diversity</strong> müssen auf verschiedenen Ebenen ergriffen werden, um denErfolg von <strong>Diversity</strong> Management zu sichern.Lufthansa:• <strong>in</strong>terkulturellen Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs für Flugbegleitung u. Führungspersonal verpflichtend, sonst freiwillig;• Arbeitserfahrung im Ausland für MA möglich;• Ausländerbeauftragte im Unternehmen;• flexible Arbeitszeitmodelle (Work-Life Balance); K<strong>in</strong>derbetreuung im Unternehmen; Lebenspartnerschaftenanerkannt (Freistellung)Deutsche Bank:• <strong>Diversity</strong>-Council berät auf allen Geschäftsebenen;• <strong>Diversity</strong>-Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs für Führungskräfte;• Mitarbeiter<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Mitarbeiter-Netzwerke (Ra<strong>in</strong>bow, Frauen) geben unterschiedl. PerspektivenRaum, wichtig für Produkt- u. Zielgruppenmarket<strong>in</strong>g;• sog. Kompetenzteam als Ansprechpartner bei Diskrim<strong>in</strong>ierung u.a.Ford:• Zielver<strong>e<strong>in</strong></strong>barungen auf verschiedenen Ebenen werden durch DiM-Abteilung mitgestaltet;• Mitarbeiternetzwerke, die <strong>in</strong>itiieren <strong>und</strong> beraten, z.b. Türk. Ressource Gruppe, die an PlanungEthnomarket<strong>in</strong>gaktionen beteiligt werden (Werbung b. türk. Händlern auf Großmarkt m. türk.Ford-Transit Plakat), GLOBE, verschiedene Frauengruppen, Elternnetzwerk;• betriebliche Beratungsstelle bei Konflikten u.a.• Austauschprogramme für Qualifizierung der MA;• 2 Tage Freistellung für soziale Aktivitäten der MA;• Betriebsk<strong>in</strong>dergarten für Ausnahmesituationen;• Teilzeit- u. Telearbeit möglich (Work-Life Balance)WDR:• Beratung v. ProgrammgestalterInnen <strong>und</strong> Personalverantwortlichen <strong>in</strong> Regelprogrammen• Funkhaus Europa mit multikulturellem Team sendet <strong>in</strong> 14 Sprachen• besondere Sendeformate, wie Cosmo-TV, die vielfältige Lebenswirklichkeiten darstellen• Medienpreis CIVIS Auszeichnung für Beiträge über Integration <strong>und</strong> kulturelle <strong>Vielfalt</strong> <strong>in</strong> Europa34


6. Controll<strong>in</strong>g/EvaluationE<strong>in</strong>e Überprüfung des Erfolges der <strong>Diversity</strong>-Maßnahmen muss vorgesehen s<strong>e<strong>in</strong></strong>,denn <strong>Diversity</strong> Management ist <strong>e<strong>in</strong></strong> langfristiger Prozess.E<strong>in</strong>e Erfolgsmessung <strong>in</strong> Zahlen ist schwierig, gemessen werden kann die MitarbeiterInnen-u. K<strong>und</strong>Innenzufriedenheit, Krankenstände, Fluktuation, <strong>Vielfalt</strong> der BewerberInnen.Lufthansa: Möglichkeiten der anonyme K<strong>und</strong>Innen <strong>und</strong> MA-Befragung alle 2 Jahre,Statistiken, Produktivitätsmessungen s<strong>in</strong>d da, wurden für DiM bis 2003 noch nichtangewandt; Statistik über Gruppenzugehörigkeit <strong>in</strong> Belegschaft wird erhobenFord: MA-Befragungen f<strong>in</strong>den regelmäßig statt, trotz Unternehmenskrise wurdeDiM für wichtig erachtet; <strong>in</strong>terne Statistiken, welche Gruppen wie repräsentiert s<strong>in</strong>d<strong>und</strong> wie gefördert werden können; Fehlzeiten <strong>und</strong> Krankenstände wurden verr<strong>in</strong>gert;<strong>in</strong>terkult. Konflikte wurden wenigerKl<strong>e<strong>in</strong></strong>e <strong>und</strong> mittlere Unternehmen <strong>und</strong> <strong>Diversity</strong>• <strong>Diversity</strong> Management ist bei kl<strong>e<strong>in</strong></strong>en <strong>und</strong> mittleren Unternehmen (KMU)weitgehend unbekannt• KMU haben oft auch nicht die Ressourcen, um <strong>e<strong>in</strong></strong> ganzes <strong>Diversity</strong> Managementmit all den oben genannten Ebenen <strong>e<strong>in</strong></strong>zurichten• Es gibt aber Betriebe, die <strong>e<strong>in</strong></strong>zelne Aspekte von <strong>Diversity</strong> umsetzen, im Personalbereich<strong>und</strong> dort v.a. <strong>in</strong> der Ausbildung• Zwei Betriebe <strong>in</strong> Hamburg, die verstärkt Jugendliche mit Migrationsh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong><strong>in</strong> Ausbildung br<strong>in</strong>gen:−−HAKA Autolackierung <strong>und</strong> Werkstatt mit 20 Angestellten, 5 Azubis,davon 3 mit Migrationsh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>Drogeriemarkt Iwan Budnikowsky mit 100 Filialen <strong>in</strong> Norddeutschland,von 114 Azubis haben 1/4 Migrationsh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>• Initiative geht oft auf die persönliche Motivation <strong>und</strong> Geschichte der Personalverantwortlichenzurück• Stärken von KMU für DiM s<strong>in</strong>d der persönliche Kontakt, die direkterenKommunikationswege, die bessere Kenntnis der MA35


Forum:<strong>Vielfalt</strong> fördern! Und wie!?Doritha Arens-BläserDeutsche Telekom, Fachbereich Chancengleichheit <strong>und</strong> <strong>Diversity</strong>Ruth ForsterB<strong>und</strong>esverband der Arbeiterwohlfahrt, Referent<strong>in</strong> im Fachbereich MigrationReg<strong>in</strong>a HöbelInstitut für Wohnungswesen, Immobilienwirtschaft, Stadt- <strong>und</strong> Regionalentwicklung (InWIS)Dr. Hildegard Kaluzastellv. Abteilungsleiter<strong>in</strong> „Familie <strong>und</strong> Senioren“ im M<strong>in</strong>isterium für Ges<strong>und</strong>heit, Soziales, Frauen<strong>und</strong> Familie des Landes Nordrh<strong>e<strong>in</strong></strong>-WestfalenDr. Helmuth SchweitzerRAA/Büro für <strong>in</strong>terkulturelle Arbeit der Stadt EssenAlexander ThammProjektmanager bei der Bertelsmann-StiftungModeration:Nils Pagelszoom – Gesellschaft für prospektive Entwicklungen e.V., Gött<strong>in</strong>gen<strong>Vielfalt</strong> fördern! Und wie!?Dies war Fragestellung <strong>und</strong> Botschaft der abschließenden Podiumsdiskussion zugleich. Zu der Frage,wie <strong>Vielfalt</strong> <strong>in</strong> Unternehmen, Verbänden <strong>und</strong> öffentlicher Verwaltung gefördert werden kann,welches Potenzial <strong>Diversity</strong>-Konzepte <strong>und</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong>e (Zielgruppen übergreifende) <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sarbeitfür <strong>e<strong>in</strong></strong>e solche Förderung haben, waren sechs Gäste geladen, die diese unterschiedlichenBereiche repräsentierten. In verschiedenen Themenkomplexen wurden während des Tages schonangesprochene Themen <strong>in</strong> der Diskussion vertieft. Zunächst wurden noch <strong>e<strong>in</strong></strong>mal die unterschiedlichenHerangehensweisen der unterschiedlichen Akteur<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Akteuren an die Förderung von<strong>Vielfalt</strong> beleuchtet, um daran anschließend die Frage nach dem Verhältnis zwischen <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sarbeit<strong>und</strong> <strong>Diversity</strong>-Konzepten zu vertiefen. Quasi als Schlussbotschaft der Tagung wurdenEmpfehlungen an Organisationen ausgesprochen, die sich (noch) nicht oder nur ansatzweise mitder Förderung von <strong>Vielfalt</strong> beschäftigen.Doritha Arens-Bläser, seit 2003 Projektleiter<strong>in</strong> „<strong>Diversity</strong>“ im Fachbereich <strong>Diversity</strong> <strong>in</strong> der Konzernzentraleder Deutschen Telekom, berichtete dabei von den Erfahrungen, die <strong>in</strong> ihrem Unternehmengemacht wurden <strong>und</strong> werden. Die Deutsche Telekom konnte schon auf <strong>e<strong>in</strong></strong>ige Erfahrungen <strong>in</strong> der„klassischen Frauen- <strong>und</strong> Chancengleichheitsarbeit“ zurückblicken, die auch mit Themen wie„Work-Life-Balance“ verknüpft wurden, bevor man sich entschlossen hat, <strong>e<strong>in</strong></strong> umfassenderes <strong>Diversity</strong>-Konzeptzu entwickeln. Hiermit soll auf die vielfältigen Herausforderungen <strong>e<strong>in</strong></strong>es vielfältigenUnternehmens reagiert werden. Das Unternehmen verspricht sich hiervon <strong>e<strong>in</strong></strong>e Steigerung der Produktivität,<strong>e<strong>in</strong></strong>e Steigerung des Wettbewerbs <strong>und</strong> des Gew<strong>in</strong>ns. Dies soll geschehen, „<strong>in</strong>dem wir<strong>e<strong>in</strong></strong>e möglichst hohe mitarbeiterorientierte Personalpolitik leben <strong>und</strong> die Motivation entsprechendsteigern“.36


Das <strong>Diversity</strong> Management wird als <strong>e<strong>in</strong></strong>eAufgabe für alle wahrgenommen, wobei denFührungskräften aber <strong>e<strong>in</strong></strong>e Schlüsselrollezuerkannt wird. An die Führungskräfte wird<strong>e<strong>in</strong></strong>e besondere Erwartung bei der Umsetzungvon <strong>Diversity</strong> Management gerichtet.Deshalb wurden die Top – 100 Führungskräftebesonders <strong>in</strong>struiert. Der gesamte Vorstanddes Unternehmens hat sich <strong>e<strong>in</strong></strong>er Podiumsdiskussionanlässlich <strong>e<strong>in</strong></strong>er „Kick-Off-Veranstaltung“ zum Thema gestellt. FrauArens-Bläser wies darauf h<strong>in</strong>, dass es ohnedas entsprechende Bewussts<strong>e<strong>in</strong></strong> der Führungskräfte<strong>und</strong> ohne deren Überzeugungkaum möglich s<strong>e<strong>in</strong></strong> dürfte, <strong>Diversity</strong> Managementerfolgreich umzusetzen.Wie unterscheidet sich nun aber die Umsetzung <strong>e<strong>in</strong></strong>es <strong>Diversity</strong>-Konzeptes <strong>in</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong>em Großunternehmenvon der Umsetzung <strong>in</strong>nerhalb <strong>e<strong>in</strong></strong>es Wohlfahrtsverbandes. Hierzu nahm Ruth Forster, Referent<strong>in</strong>im Fachbereich Migration beim B<strong>und</strong>esverband der Arbeiterwohlfahrt, Stellung, die <strong>in</strong>nerhalbdes B<strong>und</strong>esverbandes zusätzlich für die Querschnittsaufgabe „<strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>/<strong>Diversity</strong>“ zuständigist.Der offenk<strong>und</strong>igste Unterschied, so Frau Forster, sei, dass <strong>e<strong>in</strong></strong> Wohlfahrtsverband <strong>e<strong>in</strong></strong>fach wenigerGeld habe. Dies führt dazu, dass es k<strong>e<strong>in</strong></strong> eigenes Gremium gibt, dass sich all<strong>e<strong>in</strong></strong> um die Umsetzungvon <strong>Diversity</strong> Management kümmert, noch nicht <strong>e<strong>in</strong></strong>mal <strong>e<strong>in</strong></strong>e <strong>e<strong>in</strong></strong>zelne Person, die dies zu ihrerall<strong>e<strong>in</strong></strong>igen Aufgabe zählen kann. So ist sie mit für diesen Prozess zuständig. Diese Gegebenheitenführen dazu, dass Prozesse <strong>in</strong> der Umsetzung langsamer vonstatten gehen würden. Der B<strong>und</strong>esverbandder Arbeiterwohlfahrt ist mit dem Konzept von <strong>Diversity</strong> Management durch <strong>e<strong>in</strong></strong> europäischesProjekt des Netzwerkes SOLIDAR <strong>in</strong>tensiv <strong>in</strong> Kontakt gekommen, <strong>in</strong> dem es u.a. darum g<strong>in</strong>g, <strong>e<strong>in</strong></strong>enLeitfaden für <strong>e<strong>in</strong></strong>e bewährte Praxis zum diskrim<strong>in</strong>ierungsfreien Zugang zu sozialen Diensten vonNichtregierungsorganisationen (NRO) zu entwickeln. An dieser Stelle wird aber schon <strong>e<strong>in</strong></strong> weitererUnterschied <strong>in</strong> der Motivation zur Umsetzung von <strong>Diversity</strong> Management deutlich. Während <strong>e<strong>in</strong></strong>Unternehmen selbstverständlich die Perspektive des zu erhöhenden Gew<strong>in</strong>ns, der Effizienzsteigerungim Blick hat, steht bei <strong>e<strong>in</strong></strong>em Verband wie die Arbeiterwohlfahrt zunächst Kategorien wie„Menschenwürde, Chancengleichheit, aber auch Vertrauensbildung“ im Vordergr<strong>und</strong>. „Wir brauchenja eigentlich k<strong>e<strong>in</strong></strong>e K<strong>und</strong>en die potentielle diskrim<strong>in</strong>ierten Gruppen angehören, weil wir habenfast k<strong>e<strong>in</strong></strong>e anderen K<strong>und</strong>en, (...). Aber wir haben unsere Dienste immer sehr genau zugeschnittenauf <strong>e<strong>in</strong></strong>e bestimmte Art von Diskrim<strong>in</strong>ierungen. (...) unsere Suchtberatungsstellen werden von Menschenmit Migrationsh<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong>, trotz <strong>e<strong>in</strong></strong>deutigen Bedarfs, so gut wie nicht aufgesucht, <strong>und</strong> dah<strong>in</strong>zielte das Projekt, das zu verbessern, da die Barrieren abzubauen.“ Während dieses Projekt allerd<strong>in</strong>gsweniger die eigene Institution <strong>und</strong> deren <strong>Vielfalt</strong> <strong>in</strong> den Blick genommen hat, sondern eherEmpfehlungen für andere entwickeln wollte, stellte sich allerd<strong>in</strong>gs heraus, dass der B<strong>und</strong>esverbandselbst auch <strong>e<strong>in</strong></strong>e Menge davon profitieren konnte. „Das wurde dann eben deutlich <strong>und</strong> daraufh<strong>in</strong>haben sich dann auch alle Verbände, die an diesem EU-Projekt beteiligt waren, verpflichtet, nachAbschluss des Projektes, auch ohne f<strong>in</strong>anzielle Zuschüsse der EU, diesen Leitfaden auf die eigeneOrganisation umzusetzen.“ Daraufh<strong>in</strong> wurde <strong>e<strong>in</strong></strong>e „<strong>Diversity</strong>-AG“ unter Vorsitz des B<strong>und</strong>esgeschäftsführers<strong>und</strong> unter E<strong>in</strong>beziehung aller Fachbereiche, des Betriebsrates <strong>und</strong> des Qualitätsmanagements<strong>e<strong>in</strong></strong>gerichtet, die sich zunächst die Aufgabe gemacht hat, <strong>e<strong>in</strong></strong>e Bestandsaufnahme anhandder 17 Empfehlungen des erwähnten Leitfadens durchzuführen, um daran anschließend <strong>e<strong>in</strong></strong>enHandlungsplan für die Felder zu entwickeln, <strong>in</strong> denen die tägliche Praxis den entwickelten37


Empfehlungen nicht entspricht. Inhaltlich, so Ruth Forster, „unterscheidet es sich dann vielleicht garnicht so von den anderen (den Unternehmen; Anm. der Redaktion) nur das es langsamer geht.“Nach den Ausführungen zur Umsetzung von <strong>Diversity</strong> Management bei der Deutschen Telekom<strong>und</strong> beim B<strong>und</strong>esverband der Arbeiterwohlfahrt wurde sich nun dem Blickw<strong>in</strong>kel der kommunalenVerwaltung zugewandt. Dr. Helmuth Schweitzer, Leiter der RAA/Büro für <strong>in</strong>terkulturelle Arbeit derStadt Essen, seit 1975 pädagogisch <strong>und</strong> wissenschaftlich <strong>in</strong> verschiedenen Praxisforschungs- <strong>und</strong>wissenschaftlichen Begleitprojekten zum <strong>in</strong>terkulturellen Lernen, <strong>in</strong> der sozialen Arbeit öffentlicher<strong>und</strong> freier Träger, <strong>in</strong> den Medien, im Bildungswesen (Elementarerziehung, Schule, Hochschule <strong>und</strong>Weiterbildung) <strong>und</strong> <strong>in</strong> der Kommunalverwaltung tätig <strong>und</strong> seit 1999 verantwortlich für den Umsetzungsprozessdes "Konzepts für die <strong>in</strong>terkulturelle Arbeit <strong>in</strong> der Stadt Essen" im Rahmen des städtischenKonzernziels "Ausbau der <strong>in</strong>terkulturellen Orientierung", verdeutlichte zunächst <strong>e<strong>in</strong></strong>mal, dasser <strong>und</strong> s<strong>e<strong>in</strong></strong> Team zu der Zeit, als sie mit dem Aufbau des Konzepts für <strong>in</strong>terkulturelle Arbeit begonnenhaben, wahrsch<strong>e<strong>in</strong></strong>lich k<strong>e<strong>in</strong></strong>e Chance gehabt hätten, wenn sie versucht hätten, die Term<strong>in</strong>ologiedes <strong>Diversity</strong> Managements <strong>e<strong>in</strong></strong>zuführen, „denn wenn wir mit dem, was wir machen, vor 10Jahren mit dem Begriff <strong>Diversity</strong> Management angekommen wären, dann hätten die <strong>in</strong> der Verwaltunguns für bekloppt erklärt. Ich habe mal aus <strong>e<strong>in</strong></strong>er anderen Kommune gehört, aus <strong>e<strong>in</strong></strong>er hörenPosition im Verwaltungsvorstand, der sagte mir, was haben wir mit <strong>Diversity</strong> zu tun, wir habenk<strong>e<strong>in</strong></strong>e Auslandsfilialen.“Neben der Tatsache, dass <strong>e<strong>in</strong></strong>e Stadt wie Essen immense Schulden hat, die <strong>e<strong>in</strong></strong>e Umsetzung vonneuen Konzepten, die auch <strong>in</strong> das Personalmanagement <strong>e<strong>in</strong></strong>greifen, erheblich erschwert, führte eraber auch aus, dass das Konzept von <strong>Diversity</strong> Management nur sehr schwer <strong>in</strong> E<strong>in</strong>klang zu br<strong>in</strong>gensei. Die Kultur des Verwaltungshandelns sei <strong>e<strong>in</strong></strong>fach anders geprägt. Provokant formulierte er:(bürokratisch verkürzt) „Verwaltung ist das Gegenteil von <strong>Vielfalt</strong>, es ist E<strong>in</strong>falt.“ Innerhalb <strong>e<strong>in</strong></strong>esklassischen bürokratischen Verständnisses, das hierarchisch von oben nach unten organisiert ist,bleibt wenig Platz für die Förderung von <strong>Vielfalt</strong> <strong>in</strong>nerhalb der Organisation.Zur Erreichung von Zielen allerd<strong>in</strong>gs verb<strong>in</strong>den sich die organisatorischen Pr<strong>in</strong>zipien darüber h<strong>in</strong>ausnoch mit <strong>e<strong>in</strong></strong>em politischen Denken, das <strong>Vielfalt</strong> im positiven S<strong>in</strong>ne eher nur mit kulturellenBereicherungen verb<strong>in</strong>det, aber immer noch nicht mit <strong>e<strong>in</strong></strong>em Verständnis von <strong>Vielfalt</strong>, wie es das<strong>Diversity</strong> Management voraussetzt. „Wir haben uns ja 40 Jahre um die Frage herumgedrückt <strong>und</strong>wir haben uns ja gerade nicht produktiv mit <strong>Vielfalt</strong> <strong>in</strong> unserer Bevölkerung aus<strong>e<strong>in</strong></strong>andergesetzt,sondern haben immer gesagt: „wenn Fremde zu uns kommen, (...), dann geht es um Anpassung‚der Fremden‘ an ‚unsere‘ Vorstellungen, also Unterordnung oder Ausgrenzung.“ Da diese Denkweis<strong>e<strong>in</strong></strong> der öffentlichen Diskussion nach wie vor überall präsent sei, egal ob <strong>in</strong> den Sichtweisenvon Politiker<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Politikern oder denen der Bevölkerung, sei es nur logisch, dass diese auchdas Verwaltungshandeln bestimmt, so dass es <strong>e<strong>in</strong></strong>e große Herausforderung darstellt, <strong>e<strong>in</strong></strong> solchesKonzept der Förderung von <strong>Vielfalt</strong> <strong>in</strong> den öffentlichen Verwaltungen <strong>e<strong>in</strong></strong>zuführen.Am ehesten ließe sich das über <strong>e<strong>in</strong></strong>en Zugang <strong>in</strong>nerhalb des Modells der neuen Verwaltungssteuerungbewerkstelligen. „<strong>Diversity</strong> würde ich jetzt mal übersetzen, bei uns hieße das eigentlich (...)im Zuge der neuen Verwaltungssteuerung, das kreative Potential der Verschiedenheit der Mitarbeiter<strong>in</strong>nen<strong>und</strong> Mitarbeitern von unten auch nach oben zu heben. Die Bedürfnisse der K<strong>und</strong>en, derneu zusammengesetzten K<strong>und</strong>schaft anders zu befriedigen, d.h. im Gr<strong>und</strong>e K<strong>und</strong>enfre<strong>und</strong>lichkeitzu praktizieren <strong>in</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong>er Verwaltung. Die Verwaltung umzuorganisieren auf die neuen Herausforderungen<strong>in</strong> der Zusammensetzung der Bevölkerung. Wir haben <strong>in</strong> Essen zunehmend sehr viele alteMenschen . Wir müssen auch davon ausgehen, dass die Bevölkerung im Ruhrgebiet immer bunterwird. Sie wird ärmer <strong>und</strong> reicher, die Spaltung wird also auch zunehmen <strong>und</strong> die Bevölkerung wirdälter, bunter, vielfältiger im weitesten S<strong>in</strong>ne. Wenn man damit anfängt <strong>und</strong> dann alle <strong>e<strong>in</strong></strong>lädt, diesich <strong>in</strong> diese Richtung orientieren, dann kann man <strong>e<strong>in</strong></strong> Konzept entwickeln <strong>und</strong> kommt dann auchzu Leitl<strong>in</strong>ien, die <strong>in</strong> etwa dem entsprechen, was man vielleicht als <strong>Diversity</strong> bezeichnen würde.“Diese <strong>in</strong>haltlichen Pr<strong>in</strong>zipien seien aber bei weitem wichtiger als das Etikett „<strong>Diversity</strong> Management“,mit dem man eher auf Unverständnis stoßen wird.38


Allerd<strong>in</strong>gs wird <strong>e<strong>in</strong></strong> Konzept, das die <strong>Vielfalt</strong> der Bevölkerung auch <strong>in</strong>nerhalb der Mitarbeiter<strong>in</strong>nen<strong>und</strong> Mitarbeitern <strong>e<strong>in</strong></strong>er Verwaltung repräsentiert sehen möchte, bei <strong>e<strong>in</strong></strong>er Kommune, die <strong>in</strong> der PraxisPersonalabbau betreiben muss, im Pr<strong>in</strong>zip nur über den Ausbildungsbereich bewerkstelligenmüssen, der auf <strong>e<strong>in</strong></strong>e Öffnung für alle Bevölkerungsgruppen orientiert werden muss.Wie es um die Förderung von <strong>Vielfalt</strong> <strong>in</strong> anderen Kommunen als der Stadt Essen gestellt ist, konnteAlexander Thamm, Projektmanager bei der Bertelsmann Stiftung <strong>und</strong> dort zuständig für das ThemaIntegration von Zuwanderern, berichten. S<strong>e<strong>in</strong></strong>e Hauptaufgabe ist der Wettbewerb "ErfolgreicheIntegration ist k<strong>e<strong>in</strong></strong> Zufall. Strategien kommunaler Integrationspolitik", der zusammen mit dem B<strong>und</strong>esm<strong>in</strong>isteriumdes Innern durchgeführt wird <strong>und</strong> <strong>in</strong> dem kurz vor der Fachtagung die Preisträgerbekannt gegeben wurden.E<strong>in</strong> Fazit, das die Jury dieses Wettbewerbes ziehen konnte, war, dass „leere Kassen k<strong>e<strong>in</strong></strong>e Entschuldigungfür leere Köpfe s<strong>in</strong>d“. Auch <strong>in</strong> der f<strong>in</strong>anziell äußerst angespannten Situation der Kommunenschaffen es <strong>e<strong>in</strong></strong>ige, <strong>e<strong>in</strong></strong> umfassendes Konzept <strong>e<strong>in</strong></strong>er <strong>in</strong>terkulturellen Öffnung durchzusetzen, währendandere eher nur E<strong>in</strong>zelansätze verfolgen. Der genannte Wettbewerb fokussierte <strong>e<strong>in</strong></strong>deutig auf dieIntegration von Zuwander<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Zuwanderern <strong>und</strong> hatte daher k<strong>e<strong>in</strong></strong>en so breiten Fokus, wieder Ansatz des <strong>Diversity</strong> Managements. Er fragte <strong>in</strong> Kommunen nach deren Aktivtiäten im Bereichder Schulung von Mitarbeiter<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Mitarbeitern, im Bereich Abbau von Zugangsbarrieren <strong>und</strong><strong>in</strong>wieweit sich die <strong>Vielfalt</strong> der Bevölkerung auch <strong>in</strong> den Mitarbeiter<strong>in</strong>nen- <strong>und</strong> Mitarbeiterstrukturenwiderspiegeln. Zusätzlich war <strong>e<strong>in</strong></strong> wichtiges Kriterium, ob <strong>e<strong>in</strong></strong>e <strong>in</strong>terkulturelle Öffnung als Querschnittsaufgabemit Evaluation <strong>und</strong> Controll<strong>in</strong>g verstanden wird.Herr Thamm äußerte die E<strong>in</strong>schätzung, dass es gerade <strong>in</strong> den Bereichen Schulungen <strong>und</strong> Abbauvon Zugangsbarrieren <strong>e<strong>in</strong></strong>e ganze Menge an Aktivitäten gäbe, der kristallisationspunkt aber dieAnstellung von Personal aus zugewanderten Gruppen sei. „(...) man (kann) sagen, dass für Schulungen,wir hatten 107 Bewerbungen aller Größenklassen, also von <strong>e<strong>in</strong></strong>er Kommune mit 4500E<strong>in</strong>wohnern bis zu Großstädten wie München, Frankfurt, Stuttgart, Essen, im Schulungsbereich (...)sehr viel statt(f<strong>in</strong>det). Natürlich <strong>in</strong> den großen Kommunen wesentlich mehr als <strong>in</strong> den kl<strong>e<strong>in</strong></strong>enKommunen (...). Auch beim Abbau von Zugangsschranken, das geht dann von Servicegarantien <strong>in</strong>der Ausländerbehörde bis zu den mehrsprachigen Broschüren, die ausgelegt werden, (...)“ fändensich viele Aktivitäten. Was aber die Anstellung von Migrant<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Migranten <strong>in</strong> der Verwaltungangeht, stimmte Herr Thamm den Ausführungen von Dr. Helmuth Schweitzer zu, dass es angesichtsvon massivem Personalabbau am ehesten über den Ausbildungsbereich <strong>e<strong>in</strong></strong>e Möglichkeit gäbe,den Anteil von Migrant<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Migranten <strong>in</strong> der Verwaltung zu erhöhen. Während <strong>e<strong>in</strong></strong>ige Kommunendie derzeitige Praxis aber kaum verändern, um diesen Zugangsweg für sich zu nutzen, hättenes andere Kommunen, wie z.B. Bremen geschafft, den Anteil von Migrant<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Migrantenmassiv zu erhöhen.<strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>srichtl<strong>in</strong>ien oder gezielte <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>smaßnahmen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den Kommunennoch nicht sehr verbreitet. E<strong>in</strong>ige wenige Kommunen haben solche Leitl<strong>in</strong>ien, andere habenAnsätze <strong>in</strong> ihren Leitbildern aufgenommen. Nichts desto trotz, so Herr Thamm, „ist es aber auchso, dass man auf der anderen Seite sagen muss, die Kommunen s<strong>in</strong>d da doch oft schon weiter alsdie B<strong>und</strong>espolitik, wenn natürlich das auf B<strong>und</strong>esebene noch nicht verabschiedet ist, warum sollte<strong>e<strong>in</strong></strong>e Kl<strong>e<strong>in</strong></strong>stadt das dann schon <strong>e<strong>in</strong></strong>geführt haben.“Nach den <strong>in</strong>stitutionellen Ansätzen zur Förderung von <strong>Vielfalt</strong> <strong>in</strong> Kommunen, die <strong>in</strong> Deutschland imGegensatz zu dem am Morgen vorgestellten Konzept der Stadt Uppsala <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie als <strong>in</strong>terkulturelleAnsätze praktiziert werden, wurde von Reg<strong>in</strong>a Höbel nun noch <strong>e<strong>in</strong></strong>mal das Potenzial vonNetzwerken wie dem Siegener Netzwerk ZAK zur Zielgruppen übergreifenden <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sarbeit<strong>in</strong> die Diskussion <strong>e<strong>in</strong></strong>gebracht. Frau Höbel ist seit 1993 Projektleiter<strong>in</strong> am Institut für Wohnungswesen,Immobilienwirtschaft, Stadt- <strong>und</strong> Regionalentwicklung (InWIS) an der Ruhr-UniversitätBochum mit den Arbeitsschwerpunkten „Evaluationen <strong>in</strong> der Wohnungs-, Struktur- <strong>und</strong> Sozialpolitik,Beratung von sozialen Projekten, wohnungswirtschaftliche Fragestellungen <strong>und</strong> Wohnraumversorgung“.Derzeit ist sie u.a. <strong>in</strong> der Begleitforschung zum horizontalen Ansatz <strong>in</strong> der Antidiskrimi-39


nierungsarbeit am Beispiel des Siegener Netzwerkes „Zielgruppenübergreifende <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sarbeit<strong>in</strong> der Kommune - ZAK“ tätig.Dem horizontalen Ansatz wird auf der Ebene der EU <strong>und</strong> auch <strong>in</strong> NRW <strong>e<strong>in</strong></strong>e besondere Bedeutungbeigemessen. Auf der EU-Ebene vertritt man die Auffassung, dass Diskrim<strong>in</strong>ierung aufgr<strong>und</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong>erVielzahl unterschiedlicher Gründe bekämpft werden sollte. Dah<strong>in</strong>ter steckt die Erkenntnis, dass esgem<strong>e<strong>in</strong></strong>same Ursachen von Diskrim<strong>in</strong>ierung gibt, die es anzugehen gilt. Gem<strong>e<strong>in</strong></strong>t ist damit die sogenannteDom<strong>in</strong>anzkultur <strong>in</strong> unserer Gesellschaft, die Eigenschaften von Menschen gegen<strong>e<strong>in</strong></strong>anderhierarchisiert <strong>und</strong> als besser oder schlechter bewertet. Es gibt zudem auch gem<strong>e<strong>in</strong></strong>same Folgen vonDiskrim<strong>in</strong>ierung, wie soziale Ausgrenzung, bzw. der erschwerte Zugang zu gesellschaftlichen Ressourcen.Es reicht daher nicht aus, Diskrim<strong>in</strong>ierung mit gesetzlichen Mitteln zu bekämpfen. Sondernes geht auch darum, die <strong>Vielfalt</strong> <strong>in</strong> der Gesellschaft zu erkennen, sie zu respektieren <strong>und</strong> zu schätzen<strong>und</strong> Menschen mit unterschiedlichen soziokulturellen <strong>und</strong> körperlichen Merkmalen als gleichberechtigtzu betrachten. Für diesen Prozess bietet, nach Ansicht von Frau Höbel, der horizontaleAnsatz <strong>e<strong>in</strong></strong>e besondere Chance, weil er den Umgang mit Normen <strong>und</strong> Normalität <strong>in</strong> unserer Gesellschaftsehr offenk<strong>und</strong>ig macht. E<strong>in</strong> Netzwerk wie <strong>in</strong> Siegen, bestehend aus Vertreter<strong>in</strong>nen <strong>und</strong>Vertretern verschiedener diskrim<strong>in</strong>ierter Gruppen, bietet die Möglichkeit, die Mechanismen vonDiskrim<strong>in</strong>ierung sehr viel schneller deutlich zu machen. „Im fachlichen Austausch stellen sich unweigerlichdie Fragen: Was s<strong>in</strong>d die gem<strong>e<strong>in</strong></strong>samen Erfahrungen <strong>in</strong> der Beratung von Diskrim<strong>in</strong>ierungsopfern<strong>und</strong> was ist der gem<strong>e<strong>in</strong></strong>same H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> von Diskrim<strong>in</strong>ierung? Es ist die Abweichungvon <strong>e<strong>in</strong></strong>er <strong>in</strong>sgeheim def<strong>in</strong>ierten Normalität. (...) Wenn man dann <strong>in</strong> so <strong>e<strong>in</strong></strong>em Netzwerk gem<strong>e<strong>in</strong></strong>samfeststellt, dass mehr als die Hälfte der E<strong>in</strong>wohner zu den von Diskrim<strong>in</strong>ierung bedrohten Gruppengehört, dann stellt man auch diese Norm oder Normalität als Maßstab für die Bewertung von Unterschiedenzwischen den Menschen <strong>in</strong> Frage. D.h., der horizontale Ansatz befördert die Aus<strong>e<strong>in</strong></strong>andersetzungum den Umgang mit Normalität. Und er zielt darauf ab, die <strong>Vielfalt</strong> <strong>in</strong> unserer Gesellschaftaufzuzeigen <strong>und</strong> den gesellschaftlichen Diskurs zur Förderung von Akzeptanz zu führen.“Darüber h<strong>in</strong>aus gäbe es, so Frau Höbel, zwei weitere Vorteile des horizontalen Ansatzes. Zum <strong>e<strong>in</strong></strong>enerzeugt die Zusammenarbeit <strong>in</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong>em Netzwerk <strong>e<strong>in</strong></strong>e großes Bündnis <strong>und</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong>e Gestaltungsmacht,die <strong>e<strong>in</strong></strong>e <strong>e<strong>in</strong></strong>zelne Institution nicht erreichen kann. Zum anderen bündelt der Ansatz notwendigeRessourcen, die für <strong>e<strong>in</strong></strong>e präventive Arbeit notwendig s<strong>in</strong>d, also z.B. für die schulpädagogischeArbeit, Sensibilisierungstra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs <strong>und</strong> Multiplikatorenschulungen. Dazu gehört auch die Öffentlichkeitsarbeit,um die Bevölkerung für das Thema der Diskrim<strong>in</strong>ierung zu sensibilisieren <strong>und</strong> das Bewussts<strong>e<strong>in</strong></strong>für die <strong>Vielfalt</strong> <strong>in</strong> unserer Gesellschaft zu fördern. „Und da kann eben <strong>e<strong>in</strong></strong> Informationsstand<strong>in</strong> der Fußgängerzone, der gerade mal von <strong>e<strong>in</strong></strong>er kl<strong>e<strong>in</strong></strong>eren Initiative personell gestemmt werdenkann, wesentlich weniger Wirkung erreichen als z.B. <strong>e<strong>in</strong></strong>e Kampagne mit Leuchtturmprojekten<strong>e<strong>in</strong></strong>es horizontalen Netzwerkes.“Die Potenziale dieses kommunalen Netzwerkes, aber auch des landesweiten Netzwerkes LISA, dasseit diesem Jahr vom M<strong>in</strong>isterium für Ges<strong>und</strong>heit, Soziales, Frauen <strong>und</strong> Familie <strong>in</strong> Nordrh<strong>e<strong>in</strong></strong>-Westfalen gefördert wird, wurde auch von Dr. Hildegard Kaluza, stellvertretende Abteilungsleiter<strong>in</strong>„Familie <strong>und</strong> Senioren“ im M<strong>in</strong>isterium, hervorgehoben. „Wir fördern das Projekt <strong>in</strong> Siegen <strong>und</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong>sehr ambitioniertes Projekt, <strong>in</strong> das ich sehr große Hoffnungen setzte, das Netzwerk auf Landesebene,weil es eben genau darum gehen muss, die verschiedenen Akteure <strong>in</strong> dem Feld zusammenzu br<strong>in</strong>gen <strong>und</strong> daraus so etwas wie <strong>e<strong>in</strong></strong>en Netzwerkgedanken zu entwickeln, damit man dann auchwirklich <strong>in</strong> die Organisation diesen horizontalen Ansatz h<strong>in</strong><strong>e<strong>in</strong></strong>trägt <strong>und</strong> auch wirksam werdenlässt.“Das M<strong>in</strong>isterium verfügt über <strong>e<strong>in</strong></strong>e langjährige Erfahrung mit <strong>e<strong>in</strong></strong>er zielgruppenspezifischen Arbeit,die von Frau Dr. Kaluza ausdrücklich als wichtig betont wurde. Insgesamt sieht sie die Landespolitik<strong>in</strong> diesem Bereich als <strong>e<strong>in</strong></strong>e Art Dreiklang. „Das <strong>e<strong>in</strong></strong>e s<strong>in</strong>d gesetzliche Regelungen, ich er<strong>in</strong>nere malan die jüngste gesetzliche Regelung, das ist das Lebenspartnerschaftsanpassungsgesetz für Schwule<strong>und</strong> Lesben, aber auch das Frauengleichstellungsgesetz also sehr, sehr viele gesetzliche Regelungen.Der zweite Block s<strong>in</strong>d Hilfe <strong>und</strong> Unterstützungssysteme, Beratung <strong>und</strong> ähnliches für dieseGruppen <strong>und</strong> das dritte ist <strong>e<strong>in</strong></strong> Bewussts<strong>e<strong>in</strong></strong>swandel, den ich auch sehr wichtig f<strong>in</strong>de <strong>und</strong> auch her-40


ausstellen möchte.“ Darüber h<strong>in</strong>aus ist dasM<strong>in</strong>isterium <strong>in</strong>zwischen, wie schon gesagt,auch zur Förderung der Zielgruppen übergreifenden<strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sarbeit übergegangen,z.T. durch Anstöße auf der EU-Ebene, aber auch durch eigene Erkenntnisse,z.B. wie wichtig <strong>e<strong>in</strong></strong>e Unterstützung beiMehrfachdiskrim<strong>in</strong>ierung ist, aber auch aufgr<strong>und</strong>der schon vorher angesprochenengleichen Diskrim<strong>in</strong>ierungsmechanismen.Gerade <strong>in</strong> dem Feld der Zielgruppen übergreifenden<strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sarbeit erhofftsich Dr. Kaluza <strong>e<strong>in</strong></strong>e Chance, die Bevölkerungfür das Anliegen von <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sarbeit,aber auch für das kommende<strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sgesetz zu sensibilisieren.Diese Aufklärungsarbeit soll auch weiterh<strong>in</strong> vom M<strong>in</strong>isterium unterstützt werden, auch wenn esnicht möglich s<strong>e<strong>in</strong></strong> wird, <strong>e<strong>in</strong></strong>e neue Beratungsstruktur im Zuge dieses Gesetzes zu f<strong>in</strong>anzieren. Alspositiver Ansatz der Gestaltung von <strong>Vielfalt</strong> ersch<strong>e<strong>in</strong></strong>t ihr das Konzept des <strong>Diversity</strong> Managementssehr gut geeignet. Das eigene Haus <strong>und</strong> die nachgeordneten Landesbehörden so zu modernisieren,dass diese mit <strong>e<strong>in</strong></strong>em veränderten Verständnis von <strong>Vielfalt</strong> <strong>und</strong> deren Chancen <strong>und</strong> Nutzenagieren, wird nach M<strong>e<strong>in</strong></strong>ung von Frau Dr. Kaluza aber noch <strong>e<strong>in</strong></strong> schwerer <strong>Weg</strong>. „Dann geht essicher auch darum, unsere eigene Organisation zu modernisieren, nicht nur das M<strong>in</strong>isterium, dienachgeordneten Dienststellen, die gesamte Landesverwaltung, aber auch <strong>in</strong> allen Politikkonzeptendiese Gedanken zu verankern. Wir kennen das ja vom Gender Ma<strong>in</strong>stream<strong>in</strong>g, dort war es schonschwierig, den Ansatz immer zu erklären. Ich glaube, dass der <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sansatz etwasleichter zu erklären ist <strong>und</strong> von daher b<strong>in</strong> ich eigentlich hoffnungsvoll, dass man das h<strong>in</strong>kriegt, aberes ist natürlich <strong>e<strong>in</strong></strong>e große Aufgabe, die man dort stemmen muss, damit man im Gr<strong>und</strong>e bei allenPolitikvorhaben, die wir umsetzen müssen, diesen Aspekt mit im Auge hat.“Messbarkeit des ErfolgesE<strong>in</strong>e Frage, die sich explizit auf die Umsetzung von <strong>Diversity</strong>-Konzepten bezog, die sich gleichermaßenaber auch im Bezug auf andere Konzepte zur Förderung von <strong>Vielfalt</strong> bezieht, war die Fragenach der Messbarkeit des Erfolges dieser Ansätze. Frau Arens-Bläser führte hierzu aus, dass dieDeutsche Telekom sich selbstverständlich um <strong>e<strong>in</strong></strong> Controll<strong>in</strong>g der entworfenen Maßnahmen bemühe,auch wenn dies außerordentlich schwierig ist. U.a. soll dies über Mitarbeiter<strong>in</strong>nen- <strong>und</strong> Mitarbeiterbefragungenerfolgen. Neben der Schwierigkeit überhaupt Kategorien zu f<strong>in</strong>den, die denErfolg von z.B. Mitarbeiter<strong>in</strong>nen- <strong>und</strong> Mitarbeiterzufriedenheit wider geben, stellt sich dabei aberauch die Frage des Datenschutzes. Denn wenn die Förderung bestimmter Gruppen an Merkmalen,wie z.B. Alter, aber vor allem auch sexueller Orientierung festgemacht wird, führt dies zu <strong>e<strong>in</strong></strong>er statistischenErfassung von personengeb<strong>und</strong>enen Daten, die zum<strong>in</strong>dest schwierig, oft aber noch nicht<strong>e<strong>in</strong></strong>mal zulässig ist. Ähnliche Erfahrungen mit Mitarbeiter<strong>in</strong>nen- <strong>und</strong> Mitarbeiterbefragungen wurdenauch bei der Arbeiterwohlfahrt <strong>und</strong> bei der Stadt Essen gemacht. Bei der Arbeiterwohlfahrt istman zu der Lösung gekommen, die Frage nach <strong>e<strong>in</strong></strong>er erfolgreichen Umsetzung der <strong>Diversity</strong>-Ansätzeim Qualitätsmanagement anzusiedeln. Bei der Deutschen Telekom hat man sich darauf ge<strong>e<strong>in</strong></strong>igt,zwei zentrale Fragen zu platzieren, die analysiert werden sollen. Welche dies genau s<strong>in</strong>d,konnte noch nicht konkret genannt werden, da diese noch im Abstimmungsprozess s<strong>in</strong>d.Das Verhältnis von <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sarbeit <strong>und</strong> <strong>Diversity</strong>-KonzeptenE<strong>in</strong>e zentrale Frage der Fachtagung war es, das Verhältnis von <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sarbeit <strong>und</strong> <strong>Diversity</strong>-Konzeptenzu bestimmen. Die Teilnehmer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Teilnehmern der Podiumsdiskussion41


waren sich schnell <strong>e<strong>in</strong></strong>ig, dass beides Konzepte s<strong>in</strong>d, die sich ergänzen <strong>und</strong> k<strong>e<strong>in</strong></strong>esfalls gegen<strong>e<strong>in</strong></strong>anderstehen. Ruth Forster stellte hierzu fest: „Was ich an diesem <strong>Diversity</strong> Konzept sehr charmantf<strong>in</strong>de, ist eigentlich der Perspektivenwechsel (...); Die <strong>e<strong>in</strong></strong>e Sicht wurde auch schon <strong>e<strong>in</strong></strong>mal dargestellt,nämlich den Perspektivenwechsel weg von den verm<strong>e<strong>in</strong></strong>tlichen Unzulänglichkeiten <strong>und</strong> Defizitender von Diskrim<strong>in</strong>ierung betroffenen Personen h<strong>in</strong> zu den Potentialen, die die <strong>e<strong>in</strong></strong>zelnen Menschen<strong>und</strong> Gruppen auch im S<strong>in</strong>ne <strong>e<strong>in</strong></strong>es Nutzens haben, den man daraus ziehen kann.“ DieseM<strong>e<strong>in</strong></strong>ung wurde verschiedentlich geteilt, dass <strong>Diversity</strong> Management <strong>e<strong>in</strong></strong>en potenzialorientierten Ansatzdarstelle, der zum <strong>e<strong>in</strong></strong>en wesentlich <strong>e<strong>in</strong></strong>facher vermittelbar ist, der zum anderen aber auch <strong>in</strong>der Lage ist, <strong>e<strong>in</strong></strong>e ethische <strong>und</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong>e ökonomische Perspektive mit<strong>e<strong>in</strong></strong>ander zu ver<strong>e<strong>in</strong></strong>baren. Allerd<strong>in</strong>gssei der <strong>Diversity</strong>-Ansatz <strong>e<strong>in</strong></strong> präventiver, der es nicht schafft Diskrim<strong>in</strong>ierung komplett zu verh<strong>in</strong>dern.Deshalb ist <strong>e<strong>in</strong></strong> Ansatz, der Schutz vor Diskrim<strong>in</strong>ierung bietet, unverzichtbar. Dieser bleibtzwar zunächst bei dem Unterstützung im Fall von Problemen stehen, aber diese Unterstützung istnotwendig. Ruth Forster sagte hierzu, „(...) ich denke, dass es nicht möglich ist, die Welt diskrim<strong>in</strong>ierungsfreizu gestalten, das halte ich für <strong>e<strong>in</strong></strong>e Utopie, <strong>und</strong> deswegen denke ich, s<strong>in</strong>d <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sgesetzgebungoder Betriebsver<strong>e<strong>in</strong></strong>barungen o.ä. flankierend wichtig.“ Dieser Schutzaspektmacht deutlich, dass neben der ökonomischen Perspektive, neben der Frage nach den Potenzialenvon Menschen, die Perspektive der europäischen oder <strong>in</strong>ternationalen Menschenrechtspolitik nichtvernachlässigt werden, so der E<strong>in</strong>wurf <strong>e<strong>in</strong></strong>er Teilnehmer<strong>in</strong>. Hierbei geht es dann um gesellschaftlicheSichtweisen auf das Thema, die sowohl im Zusammenhang mit <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sarbeit, alsauch mit <strong>Diversity</strong> Management die zentrale Kategorie darstellt. Dr. Hildegard Kaluza stellte fest:„Es ist <strong>in</strong> der Tat <strong>e<strong>in</strong></strong> kultureller Wandel, der notwendig ist, (...), ich glaube, wir brauchen ihn anallen Orten, ob nun <strong>in</strong> Unternehmen, Verwaltung oder im privaten Kontext.“ E<strong>in</strong>e Menschenrechtsperspektivesei dabei unbed<strong>in</strong>gt <strong>e<strong>in</strong></strong>zufordern. Alexander Thamm machte deutlich, dass die Kommunen,die ihre Arbeit mit der Menschenrechtsperspektive verb<strong>und</strong>en haben, sehr ansprechendeAktivitäten unter E<strong>in</strong>beziehung von Zuwander<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Zuwanderern entwickelt hätten.Als Resümee kann gesagt werden, dass die Teilnehmer<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Teilnehmern der Podiumsdiskussion<strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sarbeit <strong>und</strong> <strong>Diversity</strong> Management als zwei Blickw<strong>in</strong>kel verstanden haben,die <strong>in</strong> der Lage s<strong>in</strong>d gem<strong>e<strong>in</strong></strong>sam, die Perspektiven der Nutzung von Potenzialen <strong>und</strong> des Menschenrechtszu verb<strong>in</strong>den <strong>und</strong> damit zusammen <strong>e<strong>in</strong></strong>e gutes F<strong>und</strong>ament für die Förderung von <strong>Vielfalt</strong>darstellen.EmpfehlungenWelche Empfehlungen die Expert<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Experten auf dem Podium den Akteur<strong>in</strong>nen <strong>und</strong> Akteurenvor Ort zur Umsetzung der besprochenen Konzepte geben würden, war Gegenstand der abschließendenR<strong>und</strong>e des Podiums.Ruth Forster wies dabei darauf h<strong>in</strong>, dass „wer sich dazu entschlossen hat, so etwas zu machen, (....)es nicht dem Zufall überlassen (sollte), sondern <strong>e<strong>in</strong></strong>e gewisse Verb<strong>in</strong>dlichkeit durch <strong>e<strong>in</strong></strong> Konzeptschaffen. Dieses Konzept sollte aber nicht überfrachtet werden. Die Blockaden, die sowieso bestehen,werden damit umso schwerer überw<strong>und</strong>en. Wir haben uns z.B. nur vier ganz klare <strong>und</strong> realistischeZiele gestellt, damit es überhaupt greifbar wird. Außerdem braucht es Geduld, denn es dauertJahre, bis sich etwas <strong>in</strong> den Köpfen der Menschen verankert.“Um diese langfristige Arbeit erfolgreich gestalten zu können, kommt es nach M<strong>e<strong>in</strong></strong>ung von Dr. HildegardKaluza darauf an, <strong>e<strong>in</strong></strong>e <strong>Diversity</strong>-Politik weiter zu unterstützen <strong>und</strong> dabei auf Netzwerkbildungenzu setzen. „Wir werden vom Land aus derartige Projekte weiter unterstützen. Aber eskommt auf Netzwerkbildung an, deshalb halte ich das Siegener Projekt für sehr gut. Ich erhoffe mirvon den Ergebnissen auch Empfehlungen für andere Regionen <strong>und</strong> m<strong>e<strong>in</strong></strong>e, dass wir auf dem <strong>Weg</strong>weitermachen sollten.“Reg<strong>in</strong>a Höbel wies <strong>in</strong> diesem Zusammenhang darauf h<strong>in</strong>, dass die Erfahrungen aus dem SiegenerNetzwerk ZAK noch <strong>in</strong> diesem Jahr <strong>in</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong>em Handbuch aufbereitet <strong>und</strong> veröffentlicht werden.42


Weiterh<strong>in</strong> empfahl sie, „die eigene <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sarbeitweiter zielgruppenspezifischvoranzutreiben, aber auch zuschauen, wo Ansatzpunkte für <strong>e<strong>in</strong></strong>e zielgruppenübergreifende<strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sarbeitvorhanden s<strong>in</strong>d. Diese beidenAnsätze ergänzen sich, sie konkurrierennicht mit<strong>e<strong>in</strong></strong>ander.“Doritha Arens-Bläser g<strong>in</strong>g darauf <strong>e<strong>in</strong></strong>, dassnicht nur für Unternehmen die Produktivitätim Vordergr<strong>und</strong> stehen sollte. „M<strong>e<strong>in</strong></strong>eEmpfehlung ist es, <strong>e<strong>in</strong></strong> <strong>Diversity</strong> Managementzu implementieren, weil es <strong>Vielfalt</strong> <strong>in</strong>allen s<strong>e<strong>in</strong></strong>en Facetten über die gesetzlichenAnforderungen h<strong>in</strong>aus behandelt. Der für gew<strong>in</strong>norientierte Unternehmen so wichtige Aspekt derProduktivität hat m<strong>e<strong>in</strong></strong>er M<strong>e<strong>in</strong></strong>ung nach auch für Non-Profit-Organisationen gerade im Rahmen desWandels zu <strong>e<strong>in</strong></strong>em modernen, effizienten Staat <strong>e<strong>in</strong></strong>e große Bedeutung.“Dagegen g<strong>in</strong>g Dr. Helmuth Schweitzer noch <strong>e<strong>in</strong></strong>mal auf die Verb<strong>in</strong>dung zwischen der ökonomischen<strong>und</strong> der Menschenrechtsperspektive <strong>e<strong>in</strong></strong>, die er für zentral hält „Man sollte z.B. betonen, dassauch Demokratie sehr profitabel ist, zum<strong>in</strong>dest profitabler als Nicht-Demokratie. Das ist <strong>e<strong>in</strong></strong>e Argumentation,mit der man mehr erreicht als immer <strong>in</strong> der „Schmuddelecke“ der Armen <strong>und</strong> Benachteiligtenbzw. der Gutmenschen zu arbeiten. Das wird auf Dauer nicht reichen. Die Mehrheitsgesellschaftist zum<strong>in</strong>dest derzeit nicht auf der Ebene von Multikulturalismus <strong>und</strong> Menschenrechtenfür M<strong>in</strong>derheiten. Wir brauchen <strong>e<strong>in</strong></strong>en langen Atem. Mit Bezug auf die Migrationdiskussion <strong>und</strong> dieVeränderung der Bevölkerungszusammensetzung gehe ich davon aus, dass durch die Zuwanderung<strong>und</strong> die gleichen Rechte, die Migranten durch stärkere E<strong>in</strong>wanderung erfahren, <strong>in</strong> Deutschlanddie <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sarbeit erst richtig losgeht. Erst wenn sich die Migranten durch ihrerechtlichen Ansprüche auch selbst als gleichberechtigt ansehen, wird bei ihnen die Erfahrung vonDiskrim<strong>in</strong>ierung deutlich.“ Weiterh<strong>in</strong> wies er darauf h<strong>in</strong>, dass es zwar wichtig sei, auf der ManagementebenePersonen zu haben, die Konzepte zur Förderung von <strong>Vielfalt</strong> unterstützen, der schwierigereProzess aber sei, die Verb<strong>in</strong>dung zu den mittleren <strong>und</strong> unteren Ebenen <strong>e<strong>in</strong></strong>er Organisationh<strong>in</strong>zubekommen. „Nach unseren Erfahrungen reicht es nicht, Leitl<strong>in</strong>ien zu produzieren, schöneKonferenzen zu machen oder Papiere zu schreiben, von denen wir <strong>in</strong> Essen immer sagen, sie seienvon folgenloser Richtigkeit. Man kann alles w<strong>und</strong>erbar aufschreiben, aber wenn man dann h<strong>in</strong>terherdurchguckt <strong>und</strong> versucht das umzusetzen <strong>und</strong> mit Controll<strong>in</strong>g zu evaluieren, da s<strong>in</strong>d wir dann<strong>in</strong> der Tat <strong>in</strong> der harten Ebene.“Last but not least wies Alexander Thamm noch <strong>e<strong>in</strong></strong>mal darauf h<strong>in</strong>, <strong>e<strong>in</strong></strong>e Diskussion zu eröffnen, dietatsächlich alle mit <strong>e<strong>in</strong></strong>bezieht. „Man sollte aufhören, zu unterscheiden <strong>in</strong> die, um die man sichkümmern muss, <strong>und</strong> die Mehrheitsgesellschaft, gerade <strong>in</strong> Bezug auf Integrationsfragen.“ Auchwenn die Ausgangsbed<strong>in</strong>gungen sehr unterschiedlich seien, sei <strong>e<strong>in</strong></strong> Fazit, das er aus der Fachtagungmitnehmen würde, dass die Herausforderungen, die <strong>e<strong>in</strong></strong>e wirkliche Förderung von <strong>Vielfalt</strong> mitsich br<strong>in</strong>gt, sehr ähnlich s<strong>in</strong>d, ganz unabhängig davon „ob es <strong>e<strong>in</strong></strong> Wirtschaftsunternehmen, <strong>e<strong>in</strong></strong>eWohlfahrtsorganisation oder <strong>e<strong>in</strong></strong>e Kommune ist.“Im Rahmen der Podiumsdiskussion wurde sehr deutlich, dass <strong>Diversity</strong> Management <strong>und</strong> <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sarbeitsich ergänzende Ansätze s<strong>in</strong>d, die die Förderung von <strong>Vielfalt</strong> <strong>in</strong> Organisationen<strong>und</strong> <strong>in</strong> der Gesellschaft deutlich voranbr<strong>in</strong>gen kann. <strong>Diversity</strong> Management bietet <strong>e<strong>in</strong></strong>e Perspektive,die das Potenzial <strong>e<strong>in</strong></strong>er vielfältigen Belegschaft, aber auch <strong>e<strong>in</strong></strong>er vielfältigen Gesellschaft besondershervorhebt <strong>und</strong> den Nutzen <strong>e<strong>in</strong></strong>er gezielten Förderung dieser Potenziale betont. Die <strong>Antidiskrim<strong>in</strong>ierung</strong>sarbeitist dabei allerd<strong>in</strong>gs nicht verzichtbar, um den Schutz vor Diskrim<strong>in</strong>ierung zu sichern<strong>und</strong> um <strong>e<strong>in</strong></strong>e ethische <strong>und</strong> <strong>e<strong>in</strong></strong>e ökonomische Perspektive vor dem H<strong>in</strong>tergr<strong>und</strong> der E<strong>in</strong>haltung vonMenschenrechten zu gewährleisten.43


ImpressumHerausgeberVer<strong>e<strong>in</strong></strong> für soziale Arbeit <strong>und</strong> Kultur Südwestfalen e.V.Sandstraße 1257072 Siegenwww.vaks.<strong>in</strong>fo<strong>in</strong>fo@vaks.<strong>in</strong>foDie Tagung wurde gem<strong>e<strong>in</strong></strong>sam mit dem M<strong>in</strong>isteriumfür Ges<strong>und</strong>heit, Soziales, Frauen <strong>und</strong> Familie desLandes Nordrh<strong>e<strong>in</strong></strong>-Westfalen durchgeführt.Inhaltliche Bearbeitung & Gestaltungzoom – Gesellschaft für prospektiveEntwicklungen e.V., Gött<strong>in</strong>genZusammenfassung der PodiumsdiskussionNils Pagels, zoom – Gesellschaft für prospektiveEntwicklungen e.V., Gött<strong>in</strong>genDruckKlartext GmbH,37073 Gött<strong>in</strong>genNachdruck, auch nur auszugsweise, nur mitGenehmigung des HerausgebersSiegen, 200544

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!