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Exkurs: Der Corporate Governance Kodex

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<strong>Exkurs</strong>:<br />

<strong>Der</strong> <strong>Corporate</strong> <strong>Governance</strong> <strong>Kodex</strong><br />

Missmanagement, Unternehmensinsolvenzen, Kompetenzüberschreitungen<br />

und auch eine Reihe von Betrugsfällen haben in jüngster Zeit zu heftiger<br />

Kritik an den Vorständen, Aufsichtsräten und Abschlussprüfern geführt.<br />

Es wurde ihnen vorgeworfen, nicht rechtzeitig auf bedrohliche<br />

Situationen und die dadurch verursachte Bestandsgefährdung von Unternehmen<br />

hingewiesen und/oder entgegengesteuert zu haben. Kurz: Die<br />

Unternehmenskontrolle habe versagt – mit der Konsequenz, dass nicht<br />

nur die Unternehmen selbst in die Krise geraten sind und Anteilseigner<br />

Geld verloren haben, sondern vor allem zahlreiche Arbeitsplätze vernichtet<br />

worden sind und viele Menschen ihre Existenzgrundlage verloren haben.<br />

Sowohl im Vorstand als auch im Aufsichtsrat wurde in Krisenfällen argumentiert,<br />

man habe nichts von der drohenden Gefahr gewusst, ja nicht<br />

einmal geahnt, da keine Informationen zu den Risiken vorlagen. Um die<br />

Ausrede des Nichtwissens endgültig aus der Welt zu schaffen, sind auf<br />

Ebene der Unternehmensleitung u. a. Vorschriften zur Risikofrüherkennung<br />

formuliert worden. Weiterhin soll die Überwachungsqualität der Aufsichtsräte<br />

verbessert und dauerhaft gesichert werden. Diesem Ziel dient der<br />

deutsche <strong>Corporate</strong> <strong>Governance</strong> <strong>Kodex</strong>.<br />

In zwei Schritten wurden die gesetzlichen Rahmenbedingungen geschaffen,<br />

um diese Überwachungsfunktionen zu stärken. So trat am 1. 5. 1998<br />

das KonTraG (Gesetz zur Kontrolle und Transparenz im Unternehmensbereich)<br />

in Kraft. Dadurch sind zahlreiche Vorschriften vor allem des Aktiengesetzes<br />

und des Handelsgesetzbuches mit dem Ziel verändert worden,<br />

Unternehmenskontrolle und Kontrollgremien zu stärken. Dazu zählen vornehmlich<br />

der Aufsichtsrat und der Wirtschaftsprüfer. Im Jahr 2002 kam das<br />

TransPuG (Transparenz- und Publizitätsgesetz) dazu. Dieses Gesetz versteht<br />

sich ausdrücklich als Beitrag zur Reform des Aktien- und Bilanzrechts.<br />

So wurden die Rechte des Aufsichtsrats ein weiteres Mal gestärkt<br />

und insbesondere vorgeschrieben, dass bestimmte Geschäfte der Zustimmung<br />

des Aufsichtrats zu unterwerfen sind. Das war bisher nur eine Kann-<br />

Vorschrift. Die Ausgestaltung bleibt dem Aufsichtsrat überlassen.<br />

Von besonderer Bedeutung ist in diesem Zusammenhang der Deutsche<br />

<strong>Corporate</strong> <strong>Governance</strong> <strong>Kodex</strong> (DCGK). 7 Er ist das Ergebnis einer von der<br />

Bundesregierung berufenen Kommission, in der neben Unternehmensvertretern,<br />

Wissenschaftlern, Vertretern von einschlägigen Berufsständen<br />

auch Gewerkschaftsvertreter mitarbeiteten. Dieser <strong>Kodex</strong> ist kein Gesetz,<br />

sondern hat Empfehlungscharakter. Dadurch jedoch, dass er Eingang ins<br />

7 Die jeweils aktuelle Version gibt es unter http://www.corporate-governance-code.de.<br />

Abgedruckt ist der <strong>Kodex</strong> z. B. bei Köstler/Kittner/Zachert/Müller, Aufsichtsratspraxis,<br />

S. 699 ff.<br />

36


TransPuG und in das AktG gefunden hat, hat er zumindest für börsennotierte<br />

Gesellschaften gesetzesähnlichen Charakter. Denn nach § 161 AktG<br />

müssen Vorstand und Aufsichtsrat einer solchen Gesellschaft erklären, ob<br />

sie den <strong>Kodex</strong> angewandt haben und, falls nicht, warum (»comply or explain«).<br />

Wird dieser Erklärungspflicht nicht nachgekommen, führt dies zur<br />

Einschränkung des Bestätigungsvermerks des Abschlussprüfers und möglichen<br />

Haftungsfolgen für Vorstand und Aufsichtsrat. 8 Dieser Erklärungspflicht<br />

wird im Allgemeinen nachgekommen. 9<br />

Die Unternehmen haben aber die Möglichkeit, den <strong>Kodex</strong> komplett abzulehnen<br />

(was etwa 3% der Unternehmen auch tun) bzw. ihn auch komplett<br />

anzuwenden (ca. 13%). <strong>Der</strong> überwiegende Teil der Unternehmen wendet<br />

einzelne <strong>Kodex</strong>empfehlungen nicht an (83%). 10<br />

<strong>Der</strong> Deutsche <strong>Corporate</strong> <strong>Governance</strong> <strong>Kodex</strong> ist Bestandteil der allgemeinen<br />

Diskussion um <strong>Corporate</strong> <strong>Governance</strong>. <strong>Corporate</strong> <strong>Governance</strong> muss<br />

dabei als gute und verantwortungsvolle Unternehmensführung verstanden<br />

werden. Diese Diskussion gibt es natürlich nicht nur in Deutschland, sondern<br />

weltweit und hat ihren Ursprung in den USA. Ziel solcher Empfehlungen<br />

ist vor allem der Schutz der Anleger; im Vordergrund steht der Aktionär.<br />

Dennoch ist der <strong>Kodex</strong> auch für die Seite der Belegschaften<br />

interessant und es müssen sich auch die Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat<br />

damit auseinander setzen. Die Kapitel, die sich mit den Aufgaben<br />

und Pflichten des Aufsichtsrats auseinander setzen, stehen daher im Folgenden<br />

im Mittelpunkt der Erläuterungen.<br />

Durch die Empfehlungen des <strong>Corporate</strong> <strong>Governance</strong> <strong>Kodex</strong>es sollen vor<br />

allem auch die Informationsgrundlagen des Aufsichtsrats verbessert<br />

werden. In einigen Punkten bleibt der <strong>Kodex</strong> jedoch weit hinter dem Wünschenswerten<br />

zurück. Zur Unterrichtung des Aufsichtsrats heißt es: »Entscheidungsnotwendige<br />

Unterlagen, insbesondere der Jahresabschluss,<br />

der Konzernabschluss und der Prüfungsbericht, werden den Mitgliedern<br />

des Aufsichtsrats möglichst rechtzeitig vor der Sitzung zugeleitet.« 11 An<br />

dieser Stelle wäreeswünschenswert, wenn der <strong>Kodex</strong> den zeitlichen Mindestvorlauf<br />

zumindest für die Vorbereitung der Bilanzsitzung (in Tagen)<br />

festlegen würde. Damit hätten die Aufsichtsratsmitglieder selbst eine Orientierung,<br />

in welchem Zeitraum die gesamten Unterlagen z. B. zum Jahresund<br />

ggf. zum Konzernabschluss zu »verarbeiten« sind. Eine Anzeigepflicht<br />

der verspäteten Information der Aufsichtsratsmitglieder würde mit hoher<br />

Wahrscheinlichkeit jene erzieherische Wirkung erzielen, die im Zusammenhang<br />

mit anderen Empfehlungen erwartet wird. Hier hat die Kommission<br />

eine große Chance verpasst, den Missstand in einigen Unternehmen und<br />

Konzernen – die Unterlagen für den Aufsichtsrat zur Bilanzsitzung nicht<br />

einmal eine Woche vor der Sitzung auszuhändigen – zu beenden.<br />

Ein anderes wichtiges Feld im Rahmen der <strong>Corporate</strong> <strong>Governance</strong> ist die<br />

Behandlung von Interessenkonflikten. Hiernach dürfen Vorstandsmitglieder<br />

oder Mitarbeiter sich oder anderen Personen keine Zuwendungen oder<br />

8 Vgl. z. B. Lutter/Krieger, Rechte und Pflichten des Aufsichtsrat, S. 313.<br />

9 So die ersten empirischen Untersuchungen zur Einhaltung des DCGK von v. Werder/Talaulicar/Kolat,<br />

<strong>Kodex</strong> Report 2003: Die Akzeptanz der Empfehlungen des<br />

Deutschen <strong>Corporate</strong> <strong>Governance</strong> <strong>Kodex</strong>, DB 2003, S. 1857 ff.<br />

10 Die Zahlen stammen aus v. Werder u. a., a. a. O., S. 1859.<br />

11 DCGK, TZ 3.4.<br />

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ungerechtfertigten Vorteile gewähren. »Kein Mitglied des Vorstands darf<br />

bei seinen Entscheidungen persönliche Interessen verfolgen und Geschäftschancen,<br />

die dem Unternehmen zustehen, für sich nutzen.« 12 Auftauchende<br />

Interessenkonflikte sind unverzüglich offen zu legen, wesentliche<br />

Geschäfte und Nebentätigkeiten bedürfen der Zustimmung des<br />

Aufsichtsrats. Diese Regelungen sind uneingeschränkt zu begrüßen, auch<br />

wenn sie als Selbstverständlichkeiten zu werten sind.<br />

Auch die Mitglieder des Aufsichtsrats werden auf das Unternehmensinteresse<br />

verpflichtet. Die Entscheidungen dürfen nicht durch persönliche<br />

Interessen beeinflusst sein und die Unternehmen dürfen nicht in den ihnen<br />

zustehenden Geschäftschancen beschnitten werden. »Jedes Aufsichtsratsmitglied<br />

solle Interessenkonflikte, insbesondere solche, die auf Grund<br />

einer Beratung oder Organfunktion bei Kunden, Lieferanten, Kreditgebern<br />

oder sonstigen Geschäftspartnern entstehen können, dem Aufsichtsrat gegenüber<br />

offen legen.« 13 <strong>Der</strong> Hintergrund dieser Empfehlung ist die Überlegung,<br />

dass ein Aufsichtsratsmitglied nicht zwei Herren dienen soll. Bei<br />

der Aushandlung von Fremdkapitalkonditionen können die Interessen des<br />

Fremdkapital suchenden Unternehmens nicht mit denen der (potenziellen)<br />

Kreditgeber identisch sein.<br />

Die Diskussion über die grundsätzliche Verpflichtung auf das Unternehmenswohl<br />

hat inzwischen auch die hauptamtlichen Gewerkschaftsvertreter<br />

in Aufsichtsräten erfasst. So wird die Verantwortlichkeit für Streikmaßnahmen,<br />

die in Drittwirkung einem Unternehmen Belastungen aufbürden,<br />

als unauflösbarer Interessenkonflikt interpretiert. Diese Auffassung ist aus<br />

Sicht der Arbeitnehmer völlig inakzeptabel und würde nicht nur einen Eingriff<br />

in die Tarifautonomie darstellen, sondern auch die Mitbestimmung<br />

unterhöhlen. Diese Position hat bisher noch keine allgemeine Unterstützung.<br />

Es muss jedoch an dieser Stelle kritisch auf das hohe Risiko, das in<br />

der Weiterentwicklung von Kommissionsempfehlungen liegt, hingewiesen<br />

werden. Zwar sind in dieser Kommission auch Interessenvertreter der Gewerkschaften<br />

vertreten, sie bilden jedoch eine kleine Minderheit gegenüber<br />

den Mitgliedern, die der Kapitalseite zuzuordnen sind.<br />

Ein wichtiges Kapitel des <strong>Kodex</strong>es ist die Bildung von Ausschüssen. Diese<br />

Ausschüsse gelten als grundlegendes Instrument zur Verbesserung der<br />

Aufsichtsratstätigkeit. »<strong>Der</strong> Aufsichtsrat soll abhängig von den spezifischen<br />

Gegebenheiten des Unternehmens und der Anzahl seiner Mitglieder fachlich<br />

qualifizierte Ausschüsse bilden. Diese dienen der Steigerung der<br />

Effizienz der Aufsichtsratsarbeit und der Behandlung komplexer Sachverhalte.«<br />

14 Ob eine weitgehende Steuerung und Auslagerung der Aufsichtsratsarbeit<br />

in Ausschüsse notwendig bzw. sinnvoll ist, mag von den Gegebenheiten<br />

des Unternehmens abhängig sein. Bei immerhin einem Drittel der<br />

börsennotierten Unternehmen wird auf Ausschüsse komplett verzichtet. 15<br />

Generell muss jedoch gesagt werden, dass durch die Bildung von Ausschüssen<br />

die Verantwortung des Aufsichtsrats im Ganzen nicht aufgehoben<br />

wird. Insbesondere sollte darauf geachtet werden, dass dadurch die<br />

Rechte der Arbeitnehmervertreter im Aufsichtsrat auch nicht materiell be-<br />

12 DCGK, TZ 4.3.3.<br />

13 DCGK, TZ 5.5.2.<br />

14 DCGK, TZ 5.3.1.<br />

15 Siehe v. Werder u. a., DB 2003, S. 1861.<br />

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schnitten werden, wie dies manchmal bei der Bildung von Präsidien der<br />

Fall ist.<br />

Ein Ausschuss – der Prüfungsausschuss – wird jedoch empfohlen und<br />

dieser Empfehlung wird von den Unternehmen zur Hälfte entsprochen. Hier<br />

ist eine deutliche Änderung der Haltung zu erkennen, da bis zur Veröffentlichung<br />

des <strong>Kodex</strong>es der Prüfungsausschuss nur in einem Teil der Unternehmen<br />

etabliert war. »<strong>Der</strong> Aufsichtsrat soll einen Prüfungsausschuss<br />

(Audit Committee) einrichten, der sich insbesondere mit Fragen der Rechnungslegung<br />

und des Risikomanagements, der erforderlichen Unabhängigkeit<br />

des Abschlussprüfers, der Erteilung des Prüfungsauftrags an den<br />

Abschlussprüfer, der Bestimmung von Prüfungsschwerpunkten und der<br />

Honorarvereinbarung befasst. <strong>Der</strong> Vorsitzende des Prüfungsausschusses<br />

soll kein ehemaliges Vorstandsmitglied der Gesellschaft sein.« 16 In mitbestimmten<br />

Unternehmen ist die Besetzung des Prüfungsausschusses nach<br />

unseren Informationen durchgehend paritätisch vorgenommen worden.<br />

Kritisch angemerkt werden muss jedoch, dass es hier Versuche gibt, die<br />

paritätische Struktur der mitbestimmten Aufsichtsräte auszuhöhlen, indem<br />

eine nach Fachkenntnissen qualifizierte Besetzung des Prüfungsausschusses<br />

verlangt wird. Einem solchen Ansinnen muss gegebenenfalls entgegengesteuert<br />

werden.<br />

Eine ähnliche Problematik ergibt sich mit dem Anforderungsprofil des<br />

DCGK für Aufsichtsratsmitglieder. »Bei Vorschlägen zur Wahl von Aufsichtsratsmitgliedern<br />

soll darauf geachtet werden, dass dem Aufsichtsrat<br />

jederzeit Mitglieder angehören, die über die zur ordnungsgemäßen Wahrnehmung<br />

der Aufgaben erforderlichen Kenntnisse, Fähigkeiten und fachlichen<br />

Erfahrungen verfügen und hinreichend unabhängig sind.« 17 Diese<br />

Formulierungen lassen einen weiten Interpretationsspielraum. So kann es<br />

passieren, dass die Arbeitnehmervertreter wahlweise die hinreichende Unabhängigkeit<br />

oder die angeblich fehlenden fachlichen Kenntnisse vorgehalten<br />

bekommen. Insofern ist auch dies ein sensibler Punkt, der möglicherweise<br />

eine Ausstrahlung auf die Mitbestimmungspraxis bekommt.<br />

<strong>Der</strong> Deutsche <strong>Corporate</strong> <strong>Governance</strong> <strong>Kodex</strong> stellt durchaus einen Fortschritt<br />

im Hinblick auf die Informations- und Arbeitsmöglichkeiten des Aufsichtsrats<br />

dar. Dies gilt gerade auch für die Arbeitnehmerseite. Denn die<br />

Arbeitnehmervertreter von sensiblen Informationen und Diskussionen fern<br />

zu halten, wie das ja immer wieder in der Unternehmenspraxis festzustellen<br />

ist, wird durch die geschilderten Neuregelungen erheblich erschwert. Allerdings<br />

gibt es auf der anderen Seite auch Versuche, etwa durch eine entsprechende<br />

Besetzung der Ausschüsse und vor allem auch über eine generelle<br />

Ausrichtung auf eine auf die Interessen der Anteilseigner verkürzte<br />

Unternehmenspolitik, die Mitbestimmung zu unterlaufen oder auszuhöhlen.<br />

Aus unserer Sicht ist es daher nötig, dass die für den <strong>Kodex</strong> verantwortliche<br />

Kommission in ihren Kompetenzen eingeschränkt und dabei insbesondere<br />

auch auf die Achtung der Mitbestimmung verpflichtet wird.<br />

Weiterhin sind verschiedene Problemfelder ohne Resonanz im Deutschen<br />

<strong>Corporate</strong> <strong>Governance</strong> <strong>Kodex</strong> geblieben. Hier ist zum einen die Hinzuziehung<br />

von externen Sachverständigen für den Aufsichtsrat bzw. für eine<br />

16 DCGK, TZ 5.3.2.<br />

17 DCGK, TZ 5.4.1.<br />

39


Seite des Aufsichtsrats zu nennen. Während es inzwischen allgemein in der<br />

Geschäftsführung von Unternehmen Übung geworden ist, in schwierigen<br />

Situationen Unternehmensberater heranzuziehen, gilt dies für den Aufsichtsrat<br />

nicht. Dabei wäre dies besonders in wirtschaftlichen Krisensituationen<br />

oder bei schwerwiegenden strategischen Entscheidungen sinnvoll<br />

und hilfreich.<br />

Ebenfalls ein leidiges Kapitel ist die Frage der Fortbildung der Aufsichtsratsmitglieder.<br />

Auch wenn unterstellt wird, dass die notwendigen fachlichen<br />

Kenntnisse (ursprünglich bei Eintritt in das Gremium) in früheren<br />

Jahren vorhanden waren, muss festgestellt werden, dass die Grundlagen<br />

für die Aufsichtsratstätigkeit sich in den letzten Jahren beträchtlich verändert<br />

haben. Im Gegensatz hierzu wird den Abschlussprüfern der Nachweis<br />

einer aktiven Fortbildung für jedes Kalenderjahr abverlangt. Wieso den<br />

ausgewiesenen Fachleuten eine permanente Fortbildung auferlegt wird, 18<br />

andererseits bei den heterogen zusammengesetzten Aufsichtsräten noch<br />

nicht einmal ein Angebot zur Fortbildung von Unternehmensseite vom <strong>Kodex</strong><br />

anempfohlen wird, bleibt ungeklärt. Angesichts der Dramatik der Umwälzung<br />

von Grundlagen der strategischen Unternehmensführung und der<br />

Rechnungslegungsstandards, die sich auch in der absehbaren Zukunft<br />

fortsetzen wird, ist das Bild des aus sich heraus kompetenten Aufsichtsrats<br />

eine Schimäre. Dies gilt sowohl für die Arbeitnehmer- wie die Arbeitgeberbank.<br />

Bei Umstellung von Rechnungslegungsstandards, der Einführung<br />

neuer Managementkonzepte usw. sollte eine geeignete Form der Schulung<br />

für die Aufsichtsratsmitglieder im Vorfeld der eigentlichen Beratungen stattfinden.<br />

Ebenso erscheint ein Schulungsangebot für neu eintretende Aufsichtsratsmitglieder<br />

sachgerecht. Ähnlich wie bei den externen Beratern<br />

wird auch in der Fortbildung mit einem wirklichkeitsfremden Idealbild des<br />

Aufsichtsratsmitglieds in einer sich kaum ändernden Unternehmensumgebung<br />

operiert. Dieses Bild blockiert die Intensivierung der Aufsichtsratstätigkeit.<br />

Mehr Engagement der Aufsichtsratsmitglieder ist nicht nur über<br />

Erfolgsprämien zu erreichen. Auch strukturierte Angebote zur gezielten<br />

Fortbildung in Grundlagen, die für das Unternehmen bzw. die Unternehmensführung<br />

in Zukunft an Bedeutung gewinnen, ist ein wichtiges Element<br />

zur Effektivierung von Überwachungstätigkeit.<br />

<strong>Der</strong> <strong>Kodex</strong> nennt drei zentrale Punkte, die für die Aufsichtsratsarbeit herauszustellen<br />

sind: »Aufgabe des Aufsichtsrats ist es, den Vorstand bei der<br />

Leitung des Unternehmens regelmäßig zu beraten und zu überwachen. Er<br />

ist in Entscheidungen von grundlegender Bedeutung für das Unternehmen<br />

einzubinden.« 19 Darüber hinaus ist er für Bestellung und Entlassung der<br />

Vorstandsmitglieder zuständig. Die strategische Ausrichtung des Unternehmens<br />

ist dem <strong>Kodex</strong> zufolge mit dem Aufsichtsrat abzustimmen. Damit<br />

unterstreicht der <strong>Kodex</strong> die Bedeutung des Aufsichtsrats für die Unternehmensentwicklung.<br />

In erster Linie zwar auf den Schutz der Anteilseigner und<br />

der potenziellen Anleger gerichtet, verbessert er durchaus auch die Chancen<br />

für die Arbeitnehmer zur Beeinflussung und Kontrolle der Unter-<br />

18 Vgl. § 43 Abs. 2 Satz 4 WPO. Die überwiegende Zahl der Abschlussprüfer ist im<br />

Institut der Wirtschaftsprüfer organisiert und hat sich freiwillig laut Satzung auf die<br />

Teilnahme an Fortbildungsmaßnahmen von mindestens 40 Stunden pro Jahr verpflichtet.<br />

19 DCGK, TZ 5.1.1.<br />

40


nehmenspolitik. Dies setzt freilich voraus, dass die Arbeitnehmer ihre Interessen<br />

auch in die Unternehmenspolitik einbringen und die – sicher beschränkten<br />

– Mitbestimmungsmöglichkeiten im Aufsichtsrat auch wahrnehmen.<br />

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