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a) Benachteiligung b) Anweisung zur Benachteiligung

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Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz<br />

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Im Folgenden wird dargestellt, welche Verhaltensweisen im Arbeitsleben<br />

durch das AGG für unzulässig erklärt werden.<br />

a) <strong>Benachteiligung</strong><br />

Das Gesetz verbietet sowohl mittelbare wie auch unmittelbare <strong>Benachteiligung</strong>en.<br />

Diese liegen immer dann vor, wenn jemand wegen eines der Merkmale<br />

ungünstiger behandelt wird, als eine Person die das Merkmal nicht<br />

aufweist.<br />

Auch eine Belästigung ist gemäß § 3 Absatz 3 eine <strong>Benachteiligung</strong>, wenn<br />

sie bewirkt oder lediglich bezweckt30 , dass ein entwürdigendes und feindliches<br />

Klima geschaffen wird. Es ist also auch rechtswidrig, zwar formal das<br />

AGG einzuhalten, jedoch ein Klima im Betrieb zu dulden, das bestimmten<br />

Gruppen die Arbeit dort unmöglich macht. § 3 Absatz 4 stellt klar, dass<br />

auch die sexuelle Belästigung eine rechtswidrige <strong>Benachteiligung</strong> darstellt.<br />

Eine <strong>Benachteiligung</strong> kann nicht etwa dadurch gerechtfertigt werden,<br />

dass sie in einem Vertrag, Tarifvertrag oder einer Betriebsvereinbarung vorgesehen<br />

ist. Nach § 7 Absatz 2 sind sämtliche Bestimmungen in Vereinbarungen<br />

unwirksam, die gegen das <strong>Benachteiligung</strong>sverbot verstoßen.<br />

Beispiel: Ein Tarifvertrag regelt, alle Arbeitgeber müssten bei Bewerbungen deutschen<br />

Bewerbern den Vorzug geben. Ein Arbeitgeber hält sich hieran und verteidigt<br />

sein diskriminierendes Verhalten damit, dies stehe doch so im Tarifvertrag.<br />

Dies hilft ihm nicht – die Bestimmung im Tarifvertrag verstößt gegen das <strong>Benachteiligung</strong>sverbot<br />

und ist deshalb unwirksam.<br />

Ist die <strong>Benachteiligung</strong> in Tarifvertrag oder Betriebsvereinbarung nicht offensichtlich<br />

oder leicht zu erkennen, muss der Arbeitgeber jedoch weniger<br />

Sanktionen fürchten, wenn er sich hieran hält. Nach § 15 Absatz 3 verpflichtet<br />

die <strong>Benachteiligung</strong> durch Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen<br />

nur dann <strong>zur</strong> Entschädigung, wenn der Arbeitgeber vorsätzlich<br />

oder grob fahrlässig handelt. Der Anspruch auf Schadensersatz allerdings<br />

bleibt hiervon unberührt.<br />

b) <strong>Anweisung</strong> <strong>zur</strong> <strong>Benachteiligung</strong><br />

Rechtswidrige <strong>Benachteiligung</strong> ist gemäß § 3 Absatz 5 auch die <strong>Anweisung</strong><br />

<strong>zur</strong> <strong>Benachteiligung</strong>. Es ist also auch verboten, jemand anderen <strong>zur</strong> <strong>Benachteiligung</strong><br />

quasi anzustiften.<br />

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30 Dies ist eine der wenigen Vorschriften des AGG, bei denen das Motiv eine Rolle<br />

spielt.<br />

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Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz<br />

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Beispiel: Ein Arbeitgeber sucht Beschäftigte über eine Arbeitsvermittlung. Er<br />

schreibt der Vermittlungsagentur, er suche drei »deutsche Elektriker«. Entsprechend<br />

der Anforderung informiert die Agentur nur deutsche Interessenten über die<br />

Arbeitsgelegenheit. Hier verhält sich die Agentur rechtswidrig, weil sie wegen der<br />

ethnischen Herkunft benachteiligt. Rechtswidrig verhält sich jedoch auch der Arbeitgeber.<br />

Er hat die Agentur angewiesen, nur deutsche Bewerber zu vermitteln<br />

und diskriminiert ebenfalls wegen der ethnischen Herkunft.<br />

c) Diskriminierende Bewerbersuche<br />

Nach § 11 darf ein Arbeitsplatz nicht unter Verstoß gegen das <strong>Benachteiligung</strong>sverbot<br />

ausgeschrieben werden. Von Beginn des Bewerbungsverfahrens<br />

an soll Chancengleichheit herrschen, niemand soll schon durch die Stellenanzeige<br />

davon abgehalten werden, sich zu bewerben.<br />

Für die geschlechtsneutrale Ausschreibung war dies bisher schon in<br />

§ 611 b BGB geregelt, nun gilt es für alle Merkmale. Erfasst sind sowohl<br />

öffentliche wie auch betriebsinterne Ausschreibungen.<br />

Eine unzulässige Form der Stellenausschreibung liegt vor, wenn ohne<br />

zwingenden Grund etwa nur Männer, nur Deutsche, nur »junge« oder nur<br />

Personen mit einem bestimmten Grad an Sprachkenntnissen gesucht werden.<br />

Wird gegen die Vorschrift verstoßen, haben geschädigte Bewerber einen<br />

Schadensersatz- oder Entschädigungsanspruch. Der Betriebsrat kann gemäß<br />

§ 99 BetrVG die Zustimmung <strong>zur</strong> Einstellung verweigern, wenn der Arbeitgeber<br />

die Stelle rechtswidrig ausgeschrieben hat.<br />

d) Unterlassen notwendiger Schutzmaßnahmen<br />

Nach § 12 Absatz 1 muss der Arbeitgeber die erforderlichen Maßnahmen<br />

treffen, um Beschäftigte vor einer <strong>Benachteiligung</strong> zu schützen. Das Gesetz<br />

stellt klar, dass hierzu auch vorbeugende Maßnahmen gehören.<br />

Nach § 12 Absatz 2 soll der Arbeitgeber »in geeigneter Art und Weise«<br />

auf die Unzulässigkeit von <strong>Benachteiligung</strong>en hinweisen. Schulungen abzuhalten<br />

ist nicht zwingend vorgeschrieben. Arbeitgebern gibt das Gesetz<br />

allerdings einen erheblichen Anreiz, Schulungen in der Verhinderung von<br />

<strong>Benachteiligung</strong>en abzuhalten. Werden solche Schulungen »in geeigneter<br />

Weise« durchgeführt, gilt dieses als Erfüllung der Verpflichtung, die erforderlichen<br />

Maßnahmen zum Schutz vor <strong>Benachteiligung</strong> zu treffen.<br />

Was der Gesetzgeber für eine geeignete Form der Schulung hält, geht aus<br />

dem AGG nicht hervor. Der Gesetzesbegründung zufolge ist nach »objektiven<br />

Gesichtspunkten« zu klären, was jeweils erforderlich ist. Auch dies hilft<br />

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nicht viel weiter. Die Rechtsprechung wird in den nächsten Jahren klären<br />

müssen, wie diese Bestimmung auszulegen ist.<br />

Nach § 12 Absatz 3 muss der Arbeitgeber die erforderlichen Maßnahmen<br />

treffen, wenn Beschäftigte gegen das <strong>Benachteiligung</strong>sverbot verstoßen.<br />

Werden etwa Beschäftigte durch rassistische Sprüche anderer Beschäftigter<br />

belästigt, kann der Arbeitgeber sich nicht <strong>zur</strong>ücklehnen und meinen, dies<br />

ginge ihn nichts an. § 7 Absatz 3 stellt klar, dass die Verletzung des <strong>Benachteiligung</strong>sverbots<br />

durch Beschäftigte eine Verletzung vertraglicher Pflichten<br />

darstellt. § 12 Absatz 3 verpflichtet den Arbeitgeber, mit den erforderlichen<br />

Maßnahmen hierauf zu reagieren, um die <strong>Benachteiligung</strong> zu unterbinden.<br />

Als Beispiele nennt das Gesetz Abmahnung, Kündigung, Umsetzung und<br />

Versetzung. Selbstverständlich sind alle diese Maßnahmen gegen denjenigen<br />

zu richten, der die <strong>Benachteiligung</strong> begeht.<br />

Der Arbeitgeber muss die Beschäftigten nicht nur vor <strong>Benachteiligung</strong>en<br />

durch Angehörige seines Betriebs schützen. Nach § 12 Absatz 4 ist er auch<br />

dazu verpflichtet, die im Einzelfall notwendigen Maßnahmen zu treffen,<br />

wenn Beschäftigte bei der Ausübung ihrer Tätigkeit durch Dritte benachteiligt<br />

werden. Das Gesetz schreibt hier vor, die geeigneten, erforderlichen<br />

und angemessenen Maßnahmen zu treffen. Eine Einschränkung auf »zumutbare«<br />

Maßnahmen nimmt das Gesetz nicht vor, die <strong>Benachteiligung</strong><br />

muss also auf jeden Fall unterbunden werden. Der Arbeitgeber darf vor<br />

allem nicht Kundenbeziehungen über die Rechte seiner Beschäftigten stellen.<br />

Beispiel: Ein Kaufhausbetreiber stellt für seine Filiale in einer Kleinstadt einen<br />

farbigen Verkäufer ein. Vom ersten Tag an wird dieser durch zahlreiche Kunden<br />

wegen seiner Hautfarbe beleidigt. Der Arbeitgeber muss hiergegen die erforderlichen<br />

Maßnahmen treffen. Hierzu kann es auch gehören, den Kunden Hausverbote<br />

auszusprechen, auch wenn dies den Umsatz schmälert. Eine Versetzung des Mitarbeiters<br />

in einen zivilisierteren Ort kommt – jedenfalls gegen seinen Willen –<br />

nicht in Betracht. Das wäre keine »angemessene« Maßnahme zum Schutz des<br />

Beschäftigten.<br />

e) Maßregelungsverbot<br />

Nach § 16 Absatz 1 darf kein Beschäftigter benachteiligt werden, weil er<br />

entweder Rechte nach dem AGG in Anspruch nimmt oder sich weigert, eine<br />

gegen das AGG verstoßende Weisung auszuführen. Weiterhin darf niemand<br />

benachteiligt werden, weil er einen Beschäftigten bei der Inanspruchnahme<br />

dieser Rechte unterstützt oder als Zeuge aussagt. Nach § 16 Absatz 2 darf<br />

keine Entscheidung darauf gestützt werden, dass jemand eine benachteiligende<br />

Verhaltensweise <strong>zur</strong>ückweist.<br />

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Zur Auslegung dieser Vorschrift kann maßgeblich Artikel 11 (Viktimisierung)<br />

der Rahmenrichtlinie herangezogen werden, der lautet:<br />

Die Mitgliedsstaaten treffen (…) die erforderlichen Maßnahmen, um die Arbeitnehmer<br />

vor Entlassung oder anderen <strong>Benachteiligung</strong>en durch den Arbeitgeber zu<br />

schützen, die als Reaktion auf eine Beschwerde innerhalb des betreffenden Unternehmens<br />

oder auf die Einleitung eines Verfahrens <strong>zur</strong> Durchsetzung des Gleichbehandlungsgrundsatzes<br />

erfolgen.<br />

Kündigungen sind demnach ausdrücklich eine der Maßnahmen, die als Reaktion<br />

auf die Inanspruchnahme von Rechten unzulässig sind. Dies lässt<br />

sich auch aus § 612 a BGB herleiten. Soweit § 2 Absatz 4 AGG Kündigungen<br />

vom Anwendungsbereich ausnimmt, ist die Vorschrift europarechtswidrig<br />

und darf nicht angewandt werden.<br />

Beispiel 1: Der Chef der X-AG erteilt der Leiterin der Personalabteilung die <strong>Anweisung</strong>,<br />

ab sofort ausschließlich deutsche Bewerber einzustellen. Sie solle darauf<br />

achten, die Stellenanzeigen dem Gesetz entsprechend neutral zu formulieren, jedoch<br />

im Ergebnis nur Deutsche auszuwählen. Die Leiterin weigert sich, dem Folge<br />

zu leisten und beruft sich darauf, die <strong>Anweisung</strong> würde gegen das AGG verstoßen.<br />

Hieraufhin erhält sie eine Abmahnung. Dies ist unzulässig.<br />

Beispiel 2: Herr Yilmaz ist Auslieferungsfahrer. Bei einem Kunden wird er regelmäßig<br />

wegen seiner Herkunft beleidigt und belästigt. Herr Yilmaz hat seinen Chef<br />

mehrfach darauf hingewiesen, er möge bitte auf den Kunden einwirken, damit so<br />

etwas unterbleibe Der Chef meint jedoch, er wolle seine Kunden »nicht erziehen«<br />

und man könne die wichtige Vertragsbeziehung nicht durch Kritik gefährden.<br />

Herr Yilmaz weigert sich daraufhin, diesen Kunden noch weiter zu beliefern.<br />

Hierauf darf nicht mit arbeitsrechtlichen Maßnahmen reagiert werden. Herr Yilmaz<br />

hat gemäß § 14 das Recht, seine Tätigkeit einzustellen, da der Arbeitgeber<br />

keine Maßnahmen gegen die Belästigung ergriffen hat.<br />

Problematisch wird es, wenn ein Beschäftigter fälschlich annimmt, er würde<br />

Rechte nach dem AGG ausüben, diese Rechte jedoch tatsächlich gar nicht<br />

vorliegen. Hier wird man darauf abstellen müssen, ob der Beschäftigte sich<br />

mit guten Gründen im Recht fühlen durfte oder leichtfertig das Recht nur<br />

angenommen hat.<br />

Beispiel 1: Herr X wird von den Kollegen im Hamburger Betrieb gehänselt, weil<br />

er Fan von Bayern München ist. Er verweigert die Arbeit mit dem Argument,<br />

dies sei eine Belästigung aufgrund seiner Weltanschauung, gegen die der Chef<br />

etwas unternehmen müsste. Bis das geschehe, nehme er sein Leistungsverweigerungsrecht<br />

aus § 14 wahr. Er wird wegen beharrlicher Leistungsverweigerung<br />

gekündigt. Das ist zulässig – eine Vorliebe für einen bestimmten Verein ist keine<br />

Weltanschauung, so dass die Hänseleien auch keine Belästigung im Sinne des AGG<br />

darstellen.<br />

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