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Opfer der NS-Psychiatrie aus Osnabrück - Dr. Raimond Reiter

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<strong>Raimond</strong> <strong>Reiter</strong>sind, wie im Falle <strong>der</strong> „Kin<strong>der</strong>fachabteilung“ Lüneburg. Dort konnte sich eine Beschuldigtemit Sicherheit nur an zwei von Hun<strong>der</strong>ten von <strong>Opfer</strong>n namentlich erinnern: DieKin<strong>der</strong> Bernd Filusch und Edeltraud Wölki.In <strong>der</strong> beschriebenen komplexen Gemengelage haben Wissenschaftler verschiedene Anstrengungenunternommen und Methoden vorgeschlagen, dennoch zu sicheren Tötungsnachweisenzu kommen. Dabei ist zu beachten, dass in <strong>der</strong> Regel eine umfassende Kenntnis<strong>der</strong> jeweiligen einzelnen Anstalt notwendig ist und im Zweifel quellenkritischeAspekte zu bedenken sind. So werden zum Beispiel als Indiz für Tötungen bestimmte,womöglich wie<strong>der</strong>kehrende Eintragungen in Patientenblättern herangezogen, wie etwa„tiefstehend“, „unheilbar“, „störend“, „arbeitsunfähig“ usw. Deren Aussagequalität hängtaber von dem eintragenden Personal ab – hat es gewechselt, hat es Einträge in vergleichbarenFällen ähnlich praktiziert, hat es Zeit für entsprechende Untersuchungen am Patientenund Einträge dazu gehabt, hat es sich aufgrund <strong>der</strong> verordneten Geheimhaltung beiden Tötungen evtl. verdeckt geäußert? Patientenakten sind zudem anstaltszentrierteDokumentensammlungen mit einem bestimmten Sprachgebrauch.Letztlich kann es für die Forschung oft genügen festzustellen, dass es hinreichendDokumente und Indizien gibt, um eine bestimmte Anstalt als Tötungsstätte <strong>aus</strong>zuweisenund um etwas über das Ausmaß <strong>der</strong> <strong>NS</strong>-Verbrechen <strong>aus</strong>zusagen. Die Gedenkkulturnicht zuletzt im Zusammenhang mit den „Stolpersteinen“ erwartet nicht selten deutlichmehr. Hier soll möglichst für Einzelne eine hinreichend tragfähige Aussage gemachtwerden: <strong>Opfer</strong> ja o<strong>der</strong> nein? Wie war die Biografie des <strong>Opfer</strong>s? Ist <strong>der</strong> <strong>Opfer</strong>status, d.h.die Tötung nicht eindeutig durch ein historisches Dokument o<strong>der</strong> eine Täter<strong>aus</strong>sage zubelegen, bleibt noch, das verfügbare Material vergleichend, quellenkritisch und verdichteteiner Bewertung zu unterwerfen.Die sich dar<strong>aus</strong> ergebende Aussage über ein <strong>Opfer</strong> kann dann lauten: Es handelt sichmit an Sicherheit grenzen<strong>der</strong> Wahrscheinlichkeit um ein <strong>Opfer</strong> des Nationalsozialismus.Wie kann ein <strong>der</strong>artiger Nachweis <strong>aus</strong>sehen? Dies soll am Beispiel <strong>der</strong>„Kin<strong>der</strong>fachabteilung“ Lüneburg gezeigt werden. Die Überlegungen betreffen auch die13 Kin<strong>der</strong> <strong>aus</strong> Osnabrück.Abb. 4: Ausstellung überGedenkorte für <strong>Opfer</strong> <strong>der</strong><strong>NS</strong>-<strong>Psychiatrie</strong> in Nie<strong>der</strong>sachsenim September 2008in <strong>der</strong> Gedenkstätte Gestapokellerim Schloss Osnabrück.Mit Autor, zugleich Autor<strong>der</strong> gezeigten Ausstellung.(Quelle: <strong>Raimond</strong> <strong>Reiter</strong>2008)164

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