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36. Stadtfest Oldenburg

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8 KINO DIABOLO WOCHENZEITUNG | Ausgabe 33/11<br />

Owen Wilson, Corey Stoll und Kathy Bates in Midnight in Paris, © Concorde Gutmensch Captain America (Chris Evans) kämpft gegen das Verbrechen, © Paramount Pictures<br />

Politiker-Doku<br />

Joschka und Herr Fischer<br />

TEXT | MARTIN SCHWICKERT<br />

Während Gerhard Schröder in der Wahlnacht<br />

vom 27.September 1998 sein<br />

strahlendes Persillächeln in die Fernsehkameras<br />

wirft, steht der zukünftige<br />

Außenminister blass und ernst daneben.<br />

„Mir war in der Wahlnacht überhaupt nicht<br />

lustig zumute“ sagt Joschka Fischer<br />

zwölf Jahre später.<br />

Er steht in einer großen Fabrikhalle. Auf<br />

gläsernen Projektionsflächen laufen in der<br />

Endlosschleife zusammen montierte Archivaufnahmen,<br />

in denen sechzig Jahre<br />

bundesrepublikanischer Geschichte und<br />

die Lebensstationen des linken Politspontis<br />

vorbeiflimmern. Der Filmemacher Pepe<br />

Danquart („Höllentour“) hat Fischer<br />

in die Bilder seiner Geschichte gestellt und<br />

lässt ihn die eigene Biografie kommentieren.<br />

Eine ungeheure historische und<br />

politische Bandbreite deckt das Leben des<br />

1948 im schwäbischen Gerabronn geborenen<br />

Sohnes deutschungarischer Eltern<br />

ab. Von der Erschütterung über die nationalsozialistischen<br />

Verbrechen als Jugendlicher,<br />

über den Häuserkampf im<br />

Frankfurt der siebziger Jahre, bis zur Parteigründung<br />

der Grünen und dem langen<br />

Weg durch den Parlamentarismus.<br />

Der Widerwillen des Spontis gegen die<br />

politische Bürokratie ist auch in seinen<br />

heutigen Erzählungen noch zum Greifen<br />

nah, ebenso wie die Empörung über den<br />

Farbbeutelwurf auf dem Bielefelder Parteitag,<br />

wo er 1999 als Außenminister seine<br />

Entscheidung für den Einsatz der<br />

Bundeswehr im Kosovo verteidigt. Danquart<br />

reichert sein Politiker-Porträt mit<br />

Sidestorys an, in denen Zeitzeugen wie<br />

Hans Koschnick oder der „Haschrebell“<br />

Knofo Köcher die Biografie zu einem<br />

Rundgang durch die Geschichte der Linken<br />

in der BRD weiten. Das ist eine spannende<br />

Zeitreise, die „Joschka und Herr<br />

Fischer“ hier an einer kontroversen Po-<br />

litikerpersönlichkeit entlang erzählt. Dabei<br />

operiert Danquart nicht aus der Position<br />

der kritischen Distanz. Anstelle von<br />

angestrengtem Bemühen um Ausgewogenheit<br />

vermittelt der Film das leidenschaftliche<br />

Interesse an gesellschaftlicher<br />

Veränderung, das nicht nur Fischer, sondern<br />

eine ganze Generation in einem vielfältigen<br />

Bewegungsspektrum prägte und<br />

im Machterhaltungspopulismus der<br />

gegenwärtigen Politikerelite kaum noch<br />

zu finden ist.<br />

Joschka und Herr Fischer<br />

D 2011 R: Pepe Danquart K: Christopher<br />

Häring, Kolja Brandt<br />

Wertung: ✱ ✱ ✱ ✱ ✱ ✱<br />

Casablanca: ab 18.8.<br />

Parishommage<br />

Midnight in Paris<br />

TEXT | HORST E. WEGENER<br />

Gil (Owen Wilson) ist ein erfolgreicher Hollywoodautor,<br />

der sich zum Schriftstellern<br />

berufen fühlt. Auf einem Trip nach Paris<br />

mit seiner Verlobten Inez (Rachel McAdams)<br />

und deren ultrakonservativen Eltern<br />

schwärmt der Romantiker unentwegt<br />

vom kulturell paradiesischen Flair der Seinemetropole<br />

in den 1920er Jahren, rezitiert<br />

er Ernest Hemingway und Co.<br />

Als dann unverhofft Inez früherer Verehrer<br />

Paul auftaucht, ein besserwisserischer<br />

Akademiker mit Lehrauftrag an der Sorbonne,<br />

geht sich das Brautpaar in spe zusehends<br />

mehr auf die Nerven. Während<br />

Inez viel Zeit mit ihrem pseudo-intellektuellen<br />

Ex verbringt, stromert Gil durch<br />

die nächtliche Stadt. Der Träumer kann<br />

sein Glück kaum fassen, als Schlag Mitternacht<br />

eine Oldtimer-Limousine auftaucht,<br />

um ihn zu einer Zeitreise in die<br />

von Gil idealisierten 20er Jahre zu entführen.<br />

Je ausgiebiger der Möchtegern-<br />

Schriftsteller mit Kunstgenies wie F.<br />

Scott Fitzgerald, Cole Porter, Bunuel, Dali<br />

und May Ray die Nächte zum Tag<br />

macht, desto schwerer fällt´s ihm, in die<br />

Gegenwart zurückzukehren. In Gertrude<br />

Stein (Kathy Bates) findet er eine kritische<br />

Lektorin für seinen Romanerstling,<br />

in der begehrenswerten Künstler-Muse<br />

Adriana (Marion Cotillard) jemanden, die<br />

ihn besser versteht, als die Pragmatikerin<br />

Inez… Owen Wilson ist perfekt als schauspielerischer<br />

Stellvertreter des regieführenden<br />

Kulturflaneurs Woody Allen. Umrahmt<br />

von einer Allstar-Besetzung – mit<br />

Prominenz (bis hin zur Sarkosy-Gemahlin<br />

Carla Bruni) selbst in den Nebenrollen<br />

- lässt Autorenfilmer Allen sein Ensemble<br />

gewohnt wortwitzig agieren. Dazu<br />

inszeniert der New Yorker postkartenschöne<br />

Parisbilder, reist er immer weiter<br />

in die Vergangenheit der Seinemetropole<br />

zurück. Unterm Strich punktet Allens<br />

42. Kinoproduktion als Liebeserklärung<br />

ans Bonvivant-Leben in der Weltmetropole<br />

der Liebe und der Kultur; unbedingt<br />

sehenswert!<br />

Midnight in Paris<br />

USA ´11; R: Woody Allen mit Owen Wilson,<br />

Rachel McAdams, Kathy Bates,<br />

Adrien Brody, Marion Cotillard.<br />

Wertung: ✱ ✱ ✱ ✱ ✱ ✱<br />

Casablanca: ab 18.8.<br />

Comic-Held-Action<br />

Captain America<br />

TEXT | MARTIN SCHWICKERT<br />

Steve Rogers (Chris Evans) ist ein Hänfling<br />

mit dem Herz eines Löwen. Aber was<br />

nützt so ein Raubtierherz, wenn der Mann,<br />

unter dessen Brust es schlägt, zwar den<br />

Mut, aber nicht die Kraft hat, seinen Gegnern<br />

etwas entgegen zu setzen. Und so<br />

landet der schmächtige Steve, der keinem<br />

Streit aus dem Wege geht, nach jeder<br />

Schlägerei mit blutender Nase im Rinnstein.<br />

Joe Johnstons Comic-Verfilmung “Captain<br />

America” beginnt mit Szenen, die<br />

Kindern und Jugendlichen auf dem<br />

Schulhof bestens vertraut sind. Solche<br />

Identifikationshilfen für das junge Zielpublikum<br />

hat das altmodische Comic-<br />

Heldengemälde dringend notwendig.<br />

Die Handlung ist im Jahre 1941 angesiedelt,<br />

wo der junge Patriot Steve vergeblich<br />

versucht sich bei der US-Armee einzuschreiben,<br />

um gegen die Nazis ins Feld<br />

zu ziehen. Irgendwann fällt der hartnäckige<br />

Militäranwärter jedoch dem Wissenschaftler<br />

Abraham Erskine (Stanley Tucci)<br />

auf, der im Regierungsauftrag ein Serum<br />

entwickelt hat, das den schmächtigen<br />

Jüngling zu einem muskulösen<br />

Superhelden aufpumpt. Derweil rüstet im<br />

Schatten Hitlers der Nazioberst Johann<br />

Schmidt (Hugo Weaving) seine eigene<br />

Geheimarmee mit übernatürlichen Kräften<br />

auf. Der 1941 zum ersten Mal verlegte<br />

Marvel-Comic „Captain America“<br />

wurde im Zweiten Weltkrieg für Propaganda-Zwecke<br />

kräftig in Gebrauch genommen.<br />

Die patriotischen Schmauchspuren<br />

sind auch in Johnstons Kinoadaption<br />

noch deutlich zu erkennen, auch<br />

wenn der Held, der ein hautenges Kostüm<br />

in den Farben der US-Flagge trägt, nicht<br />

ohne Ironie ins Bild gesetzt wird. Anders<br />

als die mit ihrer Existenz hadernden Comicfiguren<br />

aus den sechziger Jahren wie<br />

Spider-Man oder X-Men ist dieser Captain<br />

America ein vollkommen ungebrochener<br />

Gutmensch - ein aufrechter, aber<br />

auch sehr langweiliger Kämpfer für die<br />

Weltenrettung. Seine Reanimation verdankt<br />

„Captain America“ wohl vornehmlich<br />

den rigiden Vermarktungsstrategien<br />

des Marvel-Verlages, der seinen angestaubten<br />

Superhelden noch vorstellen<br />

musste, bevor im Mai nächsten Jahres mit<br />

„The Avengers“ eine Vierer-Bande aus<br />

Thor, Hulk, Iron Man und Captain America<br />

zum Sturm auf die Kinokassen losgelassen<br />

wird.<br />

Captain America<br />

USA´11: R: Joe Johnston mit Chris Evans,<br />

Samuel L. Jackson, Hugo Weaving, Sebastian<br />

Stan, Hayley Atwell.<br />

Wertung: ✱ ✱ ✱ ✱ ✱ ✱<br />

CinemaxX: ab 18.8.

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