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In der Nacht vom 9. zum 10. November 1938 brannten<br />

jüdische Synagogen in ganz Deutschland.<br />

Schaufenster jüdischer Geschäfte wurden zertrümmert,<br />

die Wohnungen jüdischer Bürger demoliert<br />

und die Bewohner misshandelt. 91 Tote, 267 zerstörte<br />

Gottes- und Gemeindehäuser und 7.500 verwüstete<br />

Geschäfte - das war die "offizielle" Bilanz<br />

des Terrors. Tatsächlich starben während und<br />

unmittelbar in Folge der Ausschreitungen weit<br />

mehr als 1.300 Menschen, mit mindestens 1.400<br />

wurden über die Hälfte aller Synagogen oder<br />

Gebetshäuser in Deutschland und Österreich stark<br />

beschädigt oder ganz zerstört. (1)<br />

Was geschah aber am 9. November<br />

in Greifswald? Wie erging es den<br />

Juden in unserer Hansestadt?<br />

Juden gab es seit dem Mittelalter nachweislich in<br />

Greifswald. Erst im 19. Jahrhundert gründete sich<br />

eine kleine Synagogengemeinde. Im September<br />

1935 leitete der Nürnberger NSDAP-Parteitag eine<br />

neue Phase der Judenverfolgung ein. (2) So wurde<br />

in der Folge dieser Gesetze unter anderem an der<br />

Greifswalder Universität "nichtarischen" Professoren<br />

die Prüfungsberechtigung entzogen, was z. B.<br />

den Mediziner Wilhelm Steinhausen oder den<br />

Historiker Fritz Curschmann traf. Den Prodekan der<br />

Rechts- und staatswissenschaftlichen Fakultät, Professor<br />

Hermann Jahrreiss, enthob man seines Amtes.<br />

Nachweislich meldeten bis 1938 viele jüdische<br />

Greifswalder Geschäftsleute ihr Gewerbe ab, weil sie<br />

Greifswald verließen oder ihnen wegen der antisemitischen<br />

Schikanen die Geschäftsbasis entzogen<br />

war. Unter ihnen waren Julius Futter, Georg<br />

Feldmann oder auch Josef Brandwein.(3) Im<br />

Hinterhaus seines Geschäfts, im Seitenflügel des<br />

Hauses Steinbecker Straße 27, befand sich der letzte<br />

Greifswalder Betraum der immer kleiner werdenden<br />

Greifswalder Synagogengemeinde.<br />

Der 9. November - ein unvergessener<br />

schwarzer Tag des Antisemitismus<br />

Auch in Greifswald kam es am Abend des 9.<br />

November 1938 zu Randalen. In der Greifswalder<br />

Zeitung hieß es am folgenden Tag nur: "Vor allen<br />

jüdischen Geschäften und Wohnungen der Juden<br />

fanden spontane Kundgebungen und Demonstrationen<br />

statt,…wenn es trotz alledem zu ernsthaften<br />

Ausschreitungen gegen die Juden nirgends gekommen<br />

ist, so ist dies nur der unerhörten Disziplin<br />

unserer Volksgenossen zu danken" (4) Weniger verklärt<br />

hielt der Greifswalder Otto Wobbe die<br />

Geschehnisse in seinem Tagebuch fest: "In der<br />

Nacht vom 9. auf den 10. werden die Läden der jüdischen<br />

Firmen Joel und Biermann demoliert." (5)<br />

Auch Zeitzeuge Hans Futter erinnert sich an die<br />

Reichspogromnacht in Greifswald anders. 1922 in<br />

Greifswald geboren ging er seit Sommer 1937 in<br />

Berlin in eine Schule, auf der vor allem jüdische<br />

Kinder unterrichtet wurden. An einer Greifswalder<br />

Schule durfte er nicht verbleiben, er wurde isoliert.<br />

"Während der Kristallnacht wurde mein Vater<br />

gewarnt, dass die jüdischen Männer verhaftet werden<br />

sollten. Zusammen mit Georg Feldmann verließ<br />

er für einige Tage Greifswald. Nach ihrer<br />

Rückkehr wurden sie aber dann doch verhaftet und<br />

für etwa drei Monate ins Konzentrationslager<br />

Sachsenhausen bei Berlin gebracht. Wer Papiere<br />

nachweisen konnte, dass er bald Deutschland verlassen<br />

würde, wurde entlassen. Da meine Mutter<br />

inzwischen falsche Einreisepapiere des kubanischen<br />

Konsulats besorgt hatte, wurde auch Vater entlassen.<br />

Meine Eltern gaben noch Wohnung und<br />

Geschäft auf und zogen nach Berlin." (6)<br />

Ein Jahr später emigrierte Hans Futter mit seinem<br />

Bruder nach England. Während der ersten<br />

Kriegsjahre mussten seine Eltern in der<br />

Rüstungsproduktion bei Siemens arbeiten. 1942<br />

brachte man sie nach Auschwitz, wo sie ein Jahr<br />

später ermordet wurden.<br />

Text: BeKa, Quellen:<br />

(1)www.dhm.de/lemo/html/nazi/antisemitismus/<br />

kristallnacht/index.html (2) Wolfgang<br />

Wilhelmus:"Geschichte der Juden in Greifswald<br />

und Umgebung : von den Anfängen bis zum<br />

Holocaust", Kückenshagen: Scheunen-Verl., 1999,<br />

S.9 / (3) s. o. S. 81 / (4) s. o. S. 86, Greifswalder<br />

Zeitung, 10.11.1938 / (5) s. o. S.86 / (6) s. o. S. 86<br />

Fotos aus Wolfgang Wilhelmus: "Geschichte der<br />

Juden in Greifswald und Umgebung : von den<br />

Anfängen bis zum Holocaust", Kückenshagen:<br />

Scheunen-Verl., 1999<br />

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Informationszentrum geschlossen und hat ab Montag,<br />

den 03.01.2011 wieder von 9.00 bis 17.30 Uhr geöffnet.<br />

Informationszentrum am Haupteingang der EWN<br />

Geschäft von Josef Brandwein in der Steinbecker Straße nach 1945<br />

Im Hinterhaus befand sich der letzte Greifswalder Betraum<br />

Die Reichspogromnacht 1938 in Greifswald<br />

17509 Lubmin · Tel.: 038354-480 29 · Fax: 038354-480 34 · E-Mail: info@ewn-gmbh.de · www.ewn-gmbh.de<br />

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