Dr. Roman Janssen - Schwaben-Kultur
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Schauplatz<br />
Bartenstein<br />
Dornröschenschlaf. Jahrhunderte lang. Auf diesen Gedanken<br />
könnte verfallen, wer das kleine Städtchen in Hohenlohe<br />
zum ersten Mal besucht. Ein Ensemble, fast wie aus dem<br />
Märchenbuch. Dornröschen eben.<br />
Kaum zu glauben, dass es vor gut 200 Jahren hier gänzlich<br />
anders zugegangen sein soll, in Schloss Bartenstein, der damals<br />
nämlich in höchstem Maße prunkvollen Residenz der<br />
Fürsten von Hohenlohe-Bartenstein.<br />
Noch immer säumen die ehemaligen Häuser der Hofbeamten<br />
und Dienstboten die Strasse, die kerzengerade auf das<br />
Schloss zu führt. Tatsächlich: Bei Bartenstein handelt es sich<br />
um das Idealbild einer klitzekleinen Stadt von geradezu<br />
beispielhaft spätabsolutistischer Prägung, die heutzutage<br />
als Teilort der Stadt Schrozberg ihren nostalgischen Traum<br />
von längst dahin gegangener Blüte träumt.<br />
Immerhin durfte sich Bartenstein in seinen Glanzzeiten mit<br />
Fug und Recht als einen der kulturellen Mittelpunkte nicht<br />
nur von Hohenlohe, sondern von ganz Süddeutschland<br />
rühmen lassen. Im Winter des Jahres 1796 fand hier eine der<br />
ersten Aufführungen von Mozarts „Zauberflöte“ statt, eine<br />
Oper, die erst fünf Jahre zuvor in Wien ihre Premiere erlebt<br />
hatte. Für dieses vielbestaunte kulturelle „Highlight“ hatte<br />
der kunstsinnige Erbprinz Ludwig Aloys von Hohenlohe im<br />
Garten des Schlosses sogar eigens ein Theater erbauen<br />
lassen. Aber das war noch längst nicht alles: Der Erbprinz<br />
höchstpersönlich hat als „Tamino“ mitgesungen, sein Bruder<br />
Prinz Karl Joseph war der „Sarastro“ und ihr Hofrat Godin<br />
spielte den „Papageno“. Für die weiteren Rollen hat man<br />
Diener und Einwohner vom Residenzstädtchen Bartenstein<br />
verpflichtet. Musikalisch begleitet wurden sie von der<br />
fürstlichen Hofkapelle.<br />
Schon zur Zeit dieser Aufführung hatte sich Ludwig Aloys<br />
aber noch auf einem ganz und gar anderen Gebiet einen<br />
Namen gemacht - und zwar als Oberbefehlshaber des<br />
Bartensteinischen Jägerregiments, mit dem er auf der Seite<br />
der Bourbonen gegen das französische Revolutionsheer zu<br />
21<br />
Das Schloss mit der<br />
Schlosskirche prägt das<br />
Bild des einstigen Residenzstädtchens<br />
Bartenstein, das<br />
heute ein Stadtteil von<br />
Schrozberg ist.<br />
Felde zog. Nach der Niederlage<br />
der Königstreuen wechselte er<br />
erst in holländische, dann in<br />
österreichische Dienste, wo er<br />
weiterhin wacker gegen das<br />
revolutionäre Frankreich kämpfte.<br />
Kein Wunder, dass Napoleon<br />
bei seiner Bereinigung der<br />
deutschen Landkarte deshalb<br />
auch vor Bartenstein nicht halt<br />
machte und die Residenz, in<br />
der zwischenzeitlich hunderte<br />
von französischen Exilanten<br />
Unterschlupf gefunden hatten,<br />
dem neu entstehenden Königreich Württemberg einverleiben<br />
ließ - zumal der Fürst zuvor zweimal das Angebot des<br />
Korsen ausgeschlagen hatte, auf seine Seite überzuwechseln,<br />
was dieser ihm mit der Aufrechterhaltung der weiteren<br />
Souveränität von Bartenstein schmackhaft machen wollte.<br />
Nach Napoleons Niederlage trat Ludwig Aloys auf Bitten des<br />
französischen Königs als Generalleutnant in dessen Dienste<br />
und erhielt von diesem die Erlaubnis, sein eigenes Regiment,<br />
die „Legion Hohenlohe“ aufzustellen. Diese Truppe stellte<br />
er aus den Resten der ehemaligen napoleonischen Fremdregimenter<br />
zusammen und ging dabei mit solchem Geschick<br />
zu Werke, dass er sogar zum französischen Ehrenbürger und<br />
zum Marschall von Frankreich ernannt worden ist. Nach dem<br />
Tod des Fürsten im Jahr 1829 ist aus der „Legion Hohenlohe“<br />
dann später übrigens tatsächlich die französische Fremdenlegion<br />
hervor gegangen.<br />
Die große Zeit von Bartenstein war nun jedoch endgültig<br />
vorbei: am abblätternden Putz der Schlossfassade konnte<br />
man dies bis vor wenigen Jahren überdeutlich ablesen.<br />
Um so erfreulicher, dass in Schloss Bartenstein seit einigen<br />
Jahren wieder Kunst und <strong>Kultur</strong> zuhause sind, ja, dass es<br />
sogar gelungen ist, hier an dieser wahrhaft historischen Stätte<br />
die „Zauberflöte“ neu aufzuführen und den zahlreichen Zuschauern<br />
somit auch eine Ahnung vom Glanz einer längst<br />
vergangenen Epoche zu vermitteln.<br />
Foto: Thomas Pfündel<br />
Im Mai besuchen wir eines der burgenreichsten Täler unseres Landes.<br />
Es ist zu finden auf der Schwäbischen Alb und wird von einem Flüsschen<br />
gebildet, das im Kreis Reutlingen entspringt und nach 44 Kilometern<br />
(dann im Alb-Donau-Kreis) in der Donau mündet. Auf seinem Weg<br />
befindet sich auch ein Wanderheim des Schwäbischen Albvereins, das in<br />
einer ehemaligen Burganlage untergebracht worden ist. Wenn Sie wissen,<br />
welches Tal wir meinen, dann schreiben Sie Ihre Lösung bitte auf einer<br />
Postkarte an die Blätter des Schwäbischen Albvereins, Waldburgstrasse<br />
48, 70563 Stuttgart. Einsendeschluss ist der 20. März 2005.<br />
Zu gewinnen gibt es dieses Mal Gunter Haugs neuestes Buch „Niemands<br />
Mutter - <strong>Roman</strong> eines Lebens“.<br />
Die Rätselfrage aus dem letzten Heft hat Hedwig Henzler aus Nürtingen<br />
gewonnen.