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Reisebericht<br />
Mongolei<br />
<strong>Unser</strong>e Reise ins Land des Dschingis Khan<br />
„Wieso reist ihr in die Mongolei?“<br />
Viele Freunde und Bekannte fanden unser Reiseziel etwas ungewöhnlich.<br />
Für die meisten ist die Mongolei ein weißer Fleck auf der touristischen<br />
Landkarte. <strong>Unser</strong> ehemaliges Au-Pair-Mädchen hatte uns eingeladen, um<br />
uns ihre Heimat zu zeigen. Fasziniert von ihren Erzählungen und voller<br />
Neugierde, diese für uns so fremde Welt kennenzulernen, entschlossen wir<br />
uns, diese einmalige gelegenheit zu nutzen.<br />
<strong>Unser</strong>e Reise begann in Ulaanbaatar (Ulan-Bator), der Hauptstadt. Mit 1,2<br />
Mio. Einwohnern lebt über ein Drittel der gesamtbevölkerung in dieser<br />
Stadt. Von Ulan Bator fuhren wir mit einem einheimischen Fahrer und unserem<br />
Au-Pair auf das Land, um die Familie kennenzulernen. Kaum hatten<br />
wir die Hauptstadt verlassen, erstreckte sich vor uns endloses grasland mit<br />
weiten, weichen Tälern soweit das Auge reichte. <strong>Unser</strong>e erste Teilstrecke<br />
Richtung Norden war noch asphaltiert, jedoch war diese durch die extrem<br />
niedrigen Temperaturen im Winter (bis zu 40 grad minus) stark beschädigt.<br />
Auf unserer Weiterfahrt mussten wir dann Hunderte von Kilometern auf<br />
staubigen und sandigen Pisten zurücklegen. Wir fuhren stundenlang durch<br />
die Steppe. Keine Zäune begrenzten die weidenden Viehherden. Vereinzelt<br />
sahen wir weiße Rundzelte, die mongolischen Jurten.<br />
In solch einer Jurte sollten wir die kommenden Tage und Nächte verbringen.<br />
Die Eltern von unserem Au-Pair waren Nomaden und lebten in einer Jurte.<br />
Eine Jurte wird immer so aufgebaut, dass die Tür nach Süden zeigt. gegenüber<br />
dem Eingang steht eine mit Decken gepolsterte Holztruhe als Sitzgelegenheit.<br />
Neben der Truhe stehen auf beiden Seiten kleine Kommoden mit<br />
8 | Stadtgeflüster<br />
einer Sammlung von Fotos und einem Hausaltar (wie die meisten Mongolen<br />
ist auch diese Familie buddhistisch). An den beiden Seiten der Jurte stehen<br />
ebenfalls Sitztruhen, welche nachts als Betten dienen. Die Kinder schlafen<br />
auf Teppichen auf dem Boden oder bei den Eltern im Bett. Die Nächte auf<br />
dem Land sind auch im Sommer sehr kalt und auf diesen Holztruhen auch<br />
sehr hart. In der Mitte der Jurte steht der Ofen, der zur Zubereitung von<br />
Essen und auch als Wärmequelle dient. Daneben steht ein Tisch mit kleinen<br />
Hockern.<br />
Zur Begrüßung wurde uns in einer Holzschale der traditionelle Milchtee mit<br />
einem blauen gebetsband gereicht. Dann wurde in großen Mengen Buuz<br />
zubereitet, das sind mit Hackfleisch gefüllte Teigtaschen. Sehr lecker!<br />
In den darauf folgenden Tagen durften wir teilhaben am Leben der Nomadenfamilie:<br />
Am Morgen wurde von der Mutter der Ofen angefeuert und<br />
in einem Kessel Wasser erwärmt, um Tee zu kochen und um sich draußen<br />
im Freien zu waschen. Die Privatsphäre, die wir zu Hause beim Aufsuchen<br />
eines Badezimmers schätzen, suchten wir dort vergebens. Nachdem sich<br />
unsere Pflege zwei Tage lang nur auf „Katzenwäsche“ und Zähneputzen<br />
beschränkte und wir am dritten Tag auch langsam das Verlangen hatten,<br />
uns zu duschen, verloren wir auch unsere Hemmung und nutzten die freie<br />
Steppe als Dusche. Mit Hilfe eines Eimers Wasser war es durch den kalten<br />
Morgenwind zwar frisch, aber man fühlte sich toll.<br />
Ein größeres Problem stellte sich uns bei der Suche nach der Toilette. Man<br />
brauchte nur ein paar Meter die Jurte verlassen, hockte sich hin und verrichtete<br />
sein geschäft. Da wir uns ja in einem endlosen grasland befanden,<br />
konnten wir auch keinen Strauch oder Busch finden, hinter dem man sich<br />
vielleicht hätte verstecken können, um seine gewünschte Privatsphäre zu<br />
bekommen.<br />
Das Wasser, welches zum Waschen und zum Kochen benutzt wurde, holten<br />
wir mit der ganzen Familie aus einer Quelle. Das Wasser wurde abgeschöpft<br />
und mit Eimern zur Ladefläche des geländefahrzeuges getragen.<br />
Zurück bei der Jurte der Familie wurden die Ziegen und Schafe gemolken.<br />
Wie die meisten mongolischen Nomaden lebt auch diese Familie von der<br />
Viehzucht und ist zum größten Teil Selbstversorger. Aufgrund des kurzen<br />
Sommers wächst im ganzen Land kein Obst, und auch für gemüse- und<br />
Kartoffelanbau eignet sich das Klima kaum. Dementsprechend ist die Ernährung<br />
sehr einseitig und beschränkt sich auf Fleisch und Milchprodukte.<br />
In dieser für uns scheinbaren Einöde gibt es auch Technik. An fast jeder