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6 // Stellen- und FunktionsbewertungCOMP & BENAusgabe 1 // Januar 2015stehen umfängliche Möglichkeiten des Benchmarkingszur Verfügung. Dabei können Unternehmen auch zwischenden etablierten Methoden wechseln, da deren Logikweitgehend kompatibel ist.Zusatznutzen der FunktionsbewertungDie Funktionsbewertung eröffnet aber die Möglichkeit,noch viel mehr zu leisten. In der Praxis messen die Verantwortlichenin den Unternehmen diesen Möglichkeitenleider noch zu wenig Bedeutung bei, obwohl diepositiven Effekte, die daraus resultieren können, einensignifikanten Beitrag zum Unternehmenserfolg darstellen.Im Rahmen von Bewertungsprojekten nehmen dieEntscheider in den Betrieben diese Effekte zumeist wohlwollend,manchmal auch überrascht zur Kenntnis undloben sie als wertvollen Zusatznutzen.1. Beitrag zur OrganisationsentwicklungIm Rahmen einer moderierten Funktionsbewertungwerden Führungskräfte methodisch dazu angeleitet,sich – häufig zum ersten Mal – systematisch mit ihrereigenen Organisation, den zur Erfüllung der Organisationszieleerforderlichen Beiträgen und der damit verbundenenStellenausstattung auseinanderzusetzen.Solche Prozesse erfordern häufig von Seiten der Unternehmensleitungeinen gewissen Zwang, damit sich alleFührungskräfte dafür öffnen.In vielen Fällen haben die Erkenntnisse, die in diesenGesprächen gewonnen wurden, Auswirkungen auf diekünftige Aufbau- und/oder Ablauforganisation des Unternehmens.Die aktive Beteiligung der Führungskräfteam Bewertungsprozess – insbesondere in der gemeinsamenInteraktion – ist eine Maßnahme der Organisations-und Managemententwicklung, die nicht hoch genugeingeschätzt werden kann.2. Klarheit zur tariflichen EingruppierungIn tarifgebundenen Unternehmen erhebt sich regelmäßigdie Frage, welche Funktionen noch dem Geltungsbereichdes Tarifvertrags und welche Funktionen bereitsdem außertariflichen Bereich zuzuordnen sind. UnterschiedlicheInteressen und Unsicherheit führen häufigzu nicht nachvollziehbaren Einzelfallentscheidungenund langfristig zu Ungleichbehandlungen und zu meistteuren Besitzständen. Mit Hilfe der Funktionsbewertungkann in Zweifelfragen – häufig im Rahmen einer Betriebsvereinbarungoder Regelungsabsprache – ein Instrumentzur Verfügung stehen, das eine Problemlösungrechtlich abgesichert, nachvollziehbar und marktorientiertliefern kann.3. Mitarbeiterentwicklung, Nachfolgeplanung undFachkarrierenJedes Funktionsbewertungsmodell erfasst anhand vonunterschiedlichen Kriterien wie zum Beispiel der Managementkompetenzdas Anforderungsniveau einerFunktion oder einer Stelle. Dieses wiederum leitet sichaus den Funktionszielen und den damit zwingend verbundenenKernaufgaben ab. Durch einen Vergleich deskriterienspezifischen und personenunabhängigen Sollprofilseiner Funktion mit dem beim konkreten Funktionsinhaberfestgestellten Istprofil lassen sich sowohlauf Zielgruppen als auch auf Individuen abgeleitete Entwicklung-und Schulungsmaßnahmen ableiten, die einesicherere und effektivere Anforderungserfüllung wahrscheinlichmachen. Gerade im Fall einer Nachfolgeplanungoder im Rahmen von Fachkarrieremodellen lieferthier die Funktionsbewertung wertvolle Informationenund konkrete Ansätze für eine erfolgreiche Realisierung.Es ließen sich noch weitere Beispiele aufzeigen.Wichtig ist zu erkennen, dass die Funktionsbewertungweit vielfältigere Einsatzmöglichkeiten bietet, als sie inder betrieblichen Praxis Beachtung finden. Daher solltenNutzer dieses exzellenten Instruments stets daraufachten, alle Optionen auszuschöpfen und Chancen nichtungenutzt zu lassen. Kaum ein anderes Instrument derPersonalarbeit kann einen so umfassenden Wertschöpfungsbeitragder Human-Resources-Organisation generieren.Stefan Röth,Partner bei Stefan Röth Vergütungsberatung,Oberhaching bei Münchensroeth@roeth-reward.comwww.roeth-reward.com


7 // Stellen- und FunktionsbewertungCOMP & BENAusgabe 1 // Januar 2015DIE PATINA DER KONZERNSTRUKTUREN ABTRAGENDer Carbon-Black-Produzent Orion Engineered Carbons hat nach dem Carve-out durch Evonik ein neues Bewertungs- und Vergütungsmodell entwickeltVon Dr. Guido BirknerNur vier Monate hatten die Verantwortlichen der Carbon-Black-Spartevon Evonik Zeit, um aus einem abgespaltenenKonzernteil ein Unternehmen zu formen, dasauf eigenen Beinen stehen sollte. Gerade im Human-Resources-Bereichwar im Zuge des Carve-out 2011 Aufbauarbeitangesagt. Durch die Trennung vom Essener Spezialchemieherstellerverfügte die neu zu gründende OrionEngineered Carbons (OEC) zunächst nicht über eigenezentrale Strukturen.„Zentrale Human-Resources-Funktionen warenplötzlich nicht mehr vorhanden und mussten neuaufgebaut werden“, erinnert sich Enzo Pezzolla, heuteWerksleiter in Kalscheuren bei Köln, an die Stürme derAnfangszeit. 2011 kehrte der Personaler aus Italien zurückund übernahm in dem neuen Unternehmen dieLeitung für Human Resources in Deutschland und inder EMEA-Region. Für ihn wie für seine Kollegen imManagement war es ein Sprung ins kalte Wasser mitdeutlich größerem Aufgabenfeld und deutlich größererVerantwortung.Funktionsbewertung und Vergütungsmodellstrukturiert entwickelnEin neues Vergütungssystem musste her, denn die Geschäftsleitungdes jungen Unternehmens legte großenWert darauf, sich klar von der eigenen Vergangenheitabzugrenzen. Schließlich war OEC seit Herbst 2011 einMittelständler und kein Großkonzern mehr. Weltweit beschäftigtdas Unternehmen rund 1.350 Mitarbeiter. Währendin Deutschland die meisten Beschäftigten nachdem Tarifvertrag der chemischen Industrie bezahlt werden,musste für die außertariflich bezahlten Fach- undFührungskräfte eine neue Vergütungsarchitektur entwickeltwerden.Zwar nahmen die Mitarbeiter ihre Vergütungsansprücheund ihre Einstufungen beim Betriebsübergangvon Evonik zu Orion mit, doch die grobkörnige Entgeltstruktureines Konzerns konnte den Anforderungen einesschlanken, mittelständischen Unternehmens nichtmehr gerecht werden. Ein Beispiel: Eine flache Hierarchieund eine schlanke Organisation bedeuteten fürviele Orion-Mitarbeiter zusätzliche, neue Aufgaben –und damit mehr Verantwortung, vor allem für außertariflicheFach- und Führungskräfte. Sich auf einzelneTeilaufgaben zu konzentrieren war in der neuen OEC-Welt nicht mehr möglich. Das Unternehmen brauchteeine passende Organisationsstruktur, und die musstesich in einem Stellenbewertungs- und Stellenplanungskonzeptwiederfinden.Bevor man Hand an eine tragende Struktur legt, muss man wissen,welche Streben die Architektur im Inneren zusammenhalten.„Wir haben in Deutschland das strata-Bewertungssystemangepasst eingeführt und in den USA die Hay-Systematik weiterentwickelt“, erläutert Enzo Pezzolladas Vorgehen. „Beide Systeme haben wir so austariert,dass wir innerhalb unserer Gruppe direkt von dem einenauf das andere System umstellen können.“ Konkret lässtsich jeder Vergütungsgruppe nach der Hay-Systematikeine entsprechende strata-Gruppe zuordnen. © ThomasShanahan/iStock/Thinkstock/Getty Images


8 // Stellen- und FunktionsbewertungCOMP & BENAusgabe 1 // Januar 2015In Deutschland unterscheidet sich das neue Vergütungssystemkomplett von der früheren Praxis. „Wir legtengroßen Wert darauf, dass Vergleiche zwischen früher undheute nicht möglich sind.“ Enzo Pezzolla verweist auf diegeänderte Skalierung mit weniger Gruppen und neuenBegriffen. Ausdrücklich lobt er das strukturierte Vorgehen.„Das gesamte zehnköpfige Managementteam von OECbis hinauf zum CEO haben an der Bewertung teilgenommen.“Im Gegensatz zur früheren Praxis, nach der man sichFunktionsgruppen statt einzelner Funktionen anschauteund aus diesen Ergebnissen Job-Families ableitete, bewerteteOrion jede einzelne AT-Stelle. Die Kommission kamüber einen Zeitraum von sechs Monaten immer wiederzusammen, bis die neuen Strukturen standen. Der MünchnerVergütungsberater Stefan Röth moderierte die Meetings.In diesen Runden musste jeder Manager die Stellenin seinem Bereich analysieren und bewerten. Dabei ginges um die Funktionen und nicht um die Personen, die aufden Stellen saßen. Schnell klärte sich, welche Anforderungenan jede einzelne Stelle zu knüpfen waren. Der Funktionsbewertunglagen drei Kriteriengruppen zugrunde:• Wissen und Können• Probleme lösen• Beeinflussen und VerantwortenBei ihrer Arbeit änderte oder strich die Kommission vielebestehende Stellenprofile. Auch überdachte und definiertesie alle Arbeitsprozesse und Schnittstellen neu.Am Ende erhielt OEC eine komplett renovierte Organisationsstrukturmit klaren Profilen, Zuständigkeiten undProzessen. Die transparente Struktur des BewertungsundVergütungssystems machte den Verantwortlichenschnell deutlich, welche Mitarbeiter überbezahlt undwelche unterbezahlt waren. „Das resultierte für den einenKollegen in einer schnelleren Gehaltsentwicklungnach oben, für den anderen in Abstufungen nach untenüber geringere Entgelterhöhungen, was bei den betroffenenMitarbeitern nicht immer auf Verständnis stieß“,beschreibt Pezzolla die Korrekturen am Entgeltsystem.Auf die Probe gestelltOEC ließ das neue Bewertungs- und Vergütungsmodellnoch einmal extern prüfen, indem sich das Unternehmenim Vergleich mit der Chemie-, Pharma- und Biotechnologiebranchebenchmarken ließ. Dafür führteOEC verschiedene Compensation Surveys durch. DasErgebnis bestätigte, dass OEC auf einem guten Weg ist.„Unsere Entgelte sind markt- und wettbewerbsgerecht“,resümiert Enzo Pezzolla.Als Global Player zählt OEC zusammen mit weiterenWettbewerbern zu den Marktführern für Carbon Black.Seit Juli 2014 ist Orion an der New York Stock Exchangegelistet. Aufgrund des globalisierten Wettbewerbs benötigtdas Unternehmen hochqualifiziertes Fachpersonal.Die Anforderungen an die Mitarbeiter sind anspruchsvollund immer an den steigenden Bedarfen der Kundenausgerichtet.Dafür erwarten Fachkräfte ein entsprechendes Entgelt.„Wenn wir gute Mitarbeiter gewinnen und haltenwollen, müssen wir ein faires und wettbewerbsfähigesVergütungssystem anbieten“, erklärt Enzo Pezzolla. Einzusätzlicher Baustein in der Entgeltarchitektur ist eineBonuszahlung als variable Vergütung. Das Bonusmodellsieht vor, dass Fach- und Führungskräfte je nach Grad derZielerreichung einen variablen Prozentsatz ihres Jahresgrundgehaltsbekommen. Der Bonus berücksichtigt sowohldas Erreichen der Unternehmensziele als auch dieErfüllung individueller Zielvereinbarungen. Beides ist imVerhältnis 60 Prozent zu 40 Prozent gewichtet. Werdendie vereinbarten Ziele nicht erfüllt, müssen die MitarbeiterAbschläge beim Bonus in Kauf nehmen.Die strukturierte Entwicklung des Bewertungs- undVergütungsmodells für Deutschland war innerhalb derOEC-Gruppe der Pilot. Die Einheiten in anderen EU-Staatensind deutlich kleiner. Deshalb fand jeweils nur eine Bewertungder regionalen Führungskräfte statt. Sie sind allein derselben Funktionsstufe eingruppiert, auch wenn sichdas Vergütungsniveau von Land zu Land unterscheidet.Einmal aufwendig entwickelt, soll das BewertungsundVergütungssystem auch in Zukunft stets aktuellbleiben. Deshalb prüfen es Enzo Pezzolla und seineKollegen jährlich auf der Basis von Marktvergleichen.Engagierte Mitarbeiter fühlen sich in der neuen Strukturwohl, eröffnet sie doch Karrierechancen und neueFreiheiten am Arbeitsplatz. „Einer Fachkraft, die sehr gutperformt und Talent zeigt, die sich aber auf ihrer derzeitigenStelle beim Entgelt nicht weiterentwickeln kann,eröffnen sich jetzt durch einen Wechsel auf eine andereFunktion schnell neue Chancen.“Dr. Guido Birkner,verantwortlicher Redakteur Human ResourcesFRANKFURT BUSINESS MEDIA – der F.A.Z.-Fachverlagguido.birkner@frankfurt-bm.comwww.compbenmagazin.de


9 // Stellen- und FunktionsbewertungCOMP & BENAusgabe 1 // Januar 2015SCHRITT FÜR SCHRITT ZUM NEUEN VERGÜTUNGSSYSTEMVon Birgit HorakElemente zur Ausgestaltung eines Vergütungssystems1Funktions-/StellenstrukturQuelle: Lurse AG.AnalytikSummarik2VergütungsstrukturGehaltstabellenGehaltsbänderDie Gestaltung von Vergütungssystemen spielt sich ineinem komplexen Spannungsfeld aus Unternehmensstrategie,betriebswirtschaftlichen Anforderungen undInteressen der Betriebsparteien ab. Welche Elementeund Merkmale kennzeichnen ein adäquat ausgestaltetesVergütungssystem?Vor der Implementierung eines Vergütungssystemsist es unverzichtbar, sich mit dessen Zielen auseinanderzusetzen.Diese sind einerseits bei der konkreten Ausarbeitunghandlungsleitend und stellen andererseits einKernelement im Kommunikationsprozess mit Mitarbeiternund Führungskräften dar. Ziele, die häufig ganzoben auf der Unternehmensagenda stehen und realisiertwerden sollen, sind:• Attraktivität und Bindung der Leistungsträger• Kostensteuerung/Kostenflexibilität• Verhaltensdifferenzierung• Leistungsdifferenzierung• Fairness und NachvollziehbarkeitDer Prozess zur konkreten Entwicklung eines Vergütungssystemsumfasst im Kern fünf Elemente, wobei fürjedes Element zahlreiche technische Ausgestaltungsvariantenbereitstehen.Das StellenbewertungssystemNach welchem Verfahren sollen Funktionswertigkeitenermittelt werden? Analytisch über einen Punktemechanismusoder in einem summarischen Verfahren? Welcheweiteren Instrumente sollen mit der Stellenbewertungverknüpft werden? Was sind die Konsequenzen für dieAusgestaltung des Systems? Die Erfahrung zeigt, dassAusgestaltungen, die in Unternehmen A sehr gut funktionieren,für Unternehmen B nicht passen. So neigen etwaingenieursgeprägte Organisationen zu analytischenStellenbewertungsverfahren, da die Grundgedanken derVerfahren kompatibel mit der Herangehensweise in derenfachlichen Belangen sind.Die VergütungsstrukturHier geht es darum, welche Regeln anzuwenden sind,um die Gehälter der Mitarbeiter zu ermitteln. In welcherAusprägung sollen der Markt und die interne Perspektiveberücksichtigt werden? Sind Gehaltsbänder geeignet?3Performance Managementund ProzesseWAS und WIEAufgabenerfüllungZielvereinbarungenKompetenzenEntwicklungsmaßnahmen4VergütungssteuerungRegelwerk undMechanismen5Variable VergütungShort Term IncentiveLong Term IncentiveFalls ja: Kann die Organisation mit dem Spielraum beider Gehaltsfestlegung umgehen, der durch ein Bändersystementsteht? Oder braucht es konkrete Aussagendarüber, was ein Mitarbeiter auf einer Stelle verdienensoll? Wie lassen sich Fairness und Nachvollziehbarkeitgewährleisten? Bei der Ausgestaltung des Systems istder Blick auf den Markt und den Wettbewerb hilfreich,für Vergütungsstrukturen sogar unverzichtbar.Nur wenn die eigenen Vergütungsniveaus marktorientiertfestgelegt werden, kann das Unternehmensicher sein, auch bei Fachkräftemangel und demographischerEntwicklung mit seinem Vergütungssystemattraktiv zu bezahlen. Gerade der Fachkräftemangel wirdüber kurz oder lang Druck auf die Einstellgehälter unddie Gehälter für Spezialistenfunktionen entstehen undsie nach oben entwickeln lassen.


10 // Stellen- und FunktionsbewertungCOMP & BENAusgabe 1 // Januar 2015Performancemanagement und ProzesseUnternehmen bewegen sich beim zielgerichteten Einsatzvon Personalinstrumenten und Prozessen in unterschiedlichenStadien, von Ad-hoc-Maßnahmen überEinzelelemente und Systeme bis hin zu integrierten Prozessen.Die Weiterentwicklung bestimmter Instrumenteoder die Etablierung neuer Instrumente muss sich mitden bestehenden Systemen und Erfahrungen verzahnen,um die Organisation weder zu überfordern nochzu unterfordern. Dabei sind die Leitfragen: Auf welcherBasis soll eine Leistungseinschätzung von Mitarbeiternerfolgen? Was soll sie beinhalten? Passen individuelleZielvereinbarungen, oder ist eine Bewertung der Aufgabenerfüllungsinnvoller? Mit welchem Zeithorizont solltendie Ziele vereinbart werden? Jahresbezogene Zielekönnen für Unternehmen im Mobilfunkumfeld, derenGeschäft im Monatsrhythmus taktet, ein zu langer Zeithorizontsein. Für den Hersteller industrieller Großanlagen,bei dem sich der Erfolg eines Projekts erst nachüber zehn Jahren herausstellt, ist der Jahreszeitraummöglicherweise zu kurz. Sollen Verhaltensaspekte oderKompetenzmodelle berücksichtigt werden? Welche Folgeprozessesollen durch das Performancemanagementgesteuert werden? Wie ist die Verknüpfung mit dem Talentmanagementund Potenzialprozessen?Die VergütungssteuerungDie Verknüpfung der Performance mit der individuellenLeistungsentwicklung kann unterschiedlich erfolgen.Bei der Mehrzahl der tariflichen Regelungen gibt es keinenZusammenhang zwischen Gehaltsanpassung undLeistung. Die Erhöhung erfolgt in einem unabhängigen,extern vorgegebenen Prozess und wird pauschal durchgeführt.Sofern tarifliche Vorgaben nicht existieren,können Unternehmen frei gestalten. Ein festgelegter,zumeist rechnerischer Mechanismus liegt zahlreichenGehaltsmatrizen zugrunde. Ein bestimmtes Leistungsergebniswird kombiniert mit der Position eines Mitarbeitersin einem Gehaltsband und führt nach einer mathematischenFormel zu einem Gehaltserhöhungssatz.Manche Unternehmen versehen diese Matrizen mit Entscheidungsspielräumenfür Führungskräfte, wodurchaus dem mathematischen Modell ein zu begründendesModell wird. Die erbrachte Leistung als Ergebnis einesPerformancemanagementsystems findet unmittelbarBerücksichtigung. In anderen Modellen wird die Gehaltsanpassungin freiem Ermessen durch die Führungskraftfestgelegt, ohne direkten Bezug auf die Ergebnisseeines Performancemanagementprozesses zu nehmen.In kombinierten Systemen wird ein Teil des Erhöhungsvolumensleistungsunabhängig weitergegeben, ein andererTeil leistungsabhängig. Die übergeordnete Fragestellungenlauten: Was soll die Höhe der individuellenGehaltserhöhung bestimmen? Sollen alle Mitarbeitereinen gleichen Prozentsatz erhalten, oder sollen Gehaltserhöhungendifferenziert nach Leistung verteilt werden?Wie soll der Zusammenhang zwischen Leistung und Gehaltbestimmt werden? Wie soll der konkrete Verteilmechanismusaussehen? Sind belastbare Instrumente füreine leistungsdifferenzierte Gehaltserhöhung etabliert?Variable VergütungVariable Vergütung versetzt die Unternehmen in die Lage,eine Kostenvariabilität abhängig von den Geschäftsergebnissenzu realisieren und Einkommensunterschiedeabhängig von individueller Performance abzubilden.Variable Short-Term-Vergütung ist heute in nahezu allenUnternehmen State of the Art. Über Mid-Term- undLong-Term-Boni und Deferrals werden insbesondere imTopmanagement Langfristigkeit und Nachhaltigkeitverankert. Fragestellungen sind: Welche Ziele soll dasSystem erfüllen? Von welchem impliziten Menschenbildgeht man bei der Gestaltung aus? Soll der Impuls gegebenwerden, alle säßen in einem Boot, oder soll primärindividuelle Leistung honoriert werden?Fazit: Universallösungen gibt es nicht„One size fits all“ gibt es in der Vergütungspolitik nicht.Jedes Unternehmen muss die Ausgestaltung für sichfestlegen und sich fragen: Was wollen wir erreichen? Wiesieht unser Geschäftsmodell aus? Welche Kultur wollenwir prägen? Wie ist der Reifegrad unserer Führungskräfte?Relevanter werden die Generation Y und Digital Natives.Sie haben andere Erwartungen und Anforderungenan die Arbeitsbedingungen und Vergütungssysteme wieetwa hohe Freiheitsgrade, vernetztes Arbeiten, lebensphasenorientierteGestaltung oder Flexibilität bei derZusammensetzung des Vergütungspakets. Birgit Horak,Vorstand Lurse AGbhorak@lurse.dewww.lurse.de


11 // Stellen- und FunktionsbewertungCOMP & BENAusgabe 1 // Januar 2015WIE KOMME ICH ZU MEINEN PUNKTEN?Interview mit Dr. Thomas HaussmannHerr Dr. Haussmann, der Markt für Vergütungsberatunghält eine ganze Reihe von Systemen für die Stellenbewertungparat. Neben einer Handvoll etablierter Großanbietertummeln sich zahlreiche kleinere Dienstleister.Viele von diesen haben ihre Stellenbewertungssystemeauf Basis von Derivaten großer etablierter Modelle wieder Hay Guide Charts entwickelt. Können Sie erläutern,wie ich zu meinem Punktwert oder zu meiner Funktionsgruppekomme?Thomas Haussmann: Die großen Systeme weisentatsächlich Ähnlichkeiten und Parallelen auf, aber auchdie Unterschiede sind nicht zu übersehen. Ich veranschaulichedas anhand der Hay Guide Charts. Diese Systematikhat der Unternehmensgründer Edward N. Hayin der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts entwickelt unddamit die gesamte Stellenbewertung professionalisiert.Hay ging von der Frage aus: Wofür genau wird ein Mitarbeiterbezahlt? Die Antwort auf diese Frage besteht ineiner Reihe von Faktoren, die zusammen die Wertigkeiteiner Stelle ausmachen. Diese Faktoren sind in unterschiedlichenBewertungssystemen bis heute sehr vergleichbar.Unter den ähnlichen Oberflächen verbergensich aber teilweise sehr unterschiedliche konkrete Bewertungssysteme.Klare Strukturen und belastbare Kriterien geben Planungssicherheit.© Giovanni Carlone/iStock/Thinkstock/Getty ImagesVergleichbar bedeutet, dass es sich jeweils um diegleichen Faktoren handelt?Thomas Haussmann: Die meisten Systeme arbeitenmit vier bis acht Faktoren. Die Hay Group fasst die Faktorenin drei Blöcken zusammen, nämlich Wissen, Denkleistungund Verantwortung. Im Wissensblock schauenwir uns die fachliche Kompetenz, die Managementkompetenzund die Ausbildungskompetenz an, die eine Positionerfordert. Der zweite Block Denkleistung befasstsich mit Kriterien wie der Komplexität der Aufgaben,ihrer Lösbarkeit und dem Grad der Vorgaben, die erforderlichsind, um die Aufgaben zu lösen. Schließlich derdritte Block, die Verantwortung. Dabei geht es darumfestzustellen, welche Handlungsfreiheit eine Stelle umfasstund welche Bedeutung sie für das Unternehmenoder für einen Teil des Unternehmens hat. Das Systemmit diesen wertigkeitsprägenden Kriterien lässt sich universellanwenden, also für alle Arten von Stellen, von derungelernten Hilfskraft bis zum CEO, in allen Branchenund Ländern..Wie komme ich von der Analyse der wertigkeitsprägendenKriterien zu einem Resultat?Thomas Haussmann: Hier gehen die einzelnen Bewertungssystemeunterschiedlich vor. Häufig ist derWeg zum Ergebnis entweder sehr einfach, indem


12 // Stellen- und FunktionsbewertungCOMP & BENAusgabe 1 // Januar 2015beispielsweise für jedes Kriterium Punkte vergeben werdenund am Ende die Summe aller Punkte ermittelt wird,oder der Weg ist intransparent, indem das System nachbestimmten Algorithmen einen Punktwert oder eineWertigkeitsstufe ermittelt. Die Hay Group geht bei derBewertung ein wenig anders vor. Zwar arbeiten auch wirmit einem Punktesystem, haben aber zusätzlich nocheinen internen Konsistenzcheck im System eingebaut.Darüber hinaus liefert das Bewertungsergebnis Zusatzinformationen,beispielsweise über den Charakter vonStellen, die sich für die Personalplanung, aber auch fürdie Organisationsanalyse und -optimierung einsetzenlassen. Außerdem ist unser Punktesystem nicht linear,sondern steigt exponentiell.Wie sieht das konkret aus?Thomas Haussmann: Vergleichen wir exemplarischzwei Stellen. Die erste Stelle bekommt nach der Bewertungauf der Skala 200 Punkte. Die zweite Stelle erweistsich als etwas höherwertig. Ihr Punktwert errechnet sichalso aus den 200 Punkten der ersten Stelle plus 15 Prozent,was 230 Punkte ergibt. Die dritte Stelle, die wiederetwas höherwertig als die zweite Stelle ist, bekommtentsprechend 230 Prozent plus 15 Prozent, folglich 264Punkte. So geht das weiter.Welche Vorteile bietet ein exponentieller Verlauf?Thomas Haussmann: Er bildet die Realität richtigerab: Die Abstände zwischen zwei benachbarten Stellenim unteren Teil der Hierarchie sind geringer als im Topmanagement.Das spiegelt sich beispielsweise auch inder Vergütung: Eine Beförderung auf die nächste Hierarchiestufeführt auf den unteren Ebenen zu einer vielgeringeren Gehaltserhöhung als auf den oberen Hierarchieebenen.Genau diesen Verlauf bilden wir mit demexponentiellen Verlauf der Punkteskala ab.Lassen sich Bewertungssysteme und ihre Resultate noch fürandere Funktionen im Personalmanagement verwenden?Thomas Haussmann: Gute Systeme, die die Realitätsauber und transparent abbilden, eignen sich fürdie vollständige Analyse von ganzen Organisationen.Beispielsweise können Unternehmen anhand von Wertevergleichenzwischen Mitarbeiter- und Vorgesetztenfunktionenprüfen, ob ihre Organisation effizient aufgebautist. Eine andere Anwendung sind Abgleiche vonStellenwertigkeitsprofilen mit Mitarbeiterprofilen. Hierkönnen Unternehmen aufdecken, ob es bei ihnen Überdeckungenoder Unterdeckungen gibt und ob ein Bedarfbesteht, die Personalsituation oder die Stellenbesetzungentsprechend anzupassen.Gerade in internationalen Konzernen, die über M & A raschwachsen, kommen unterschiedliche Systeme zum Einsatz.Thomas Haussmann: Natürlich können sich solcheUnternehmensgruppen mit einem Bridging in Form vonKorrelationen zwischen zwei oder mehr Bewertungsmodellenbehelfen, doch das stellt in meinen Augennur eine Notlösung dar. Gerade für die Bewertung vonFührungskräften in einem international aufgestelltenUnternehmen ist es dringend anzuraten, diese Funktioneneinheitlich nach einem System zu bewerten, umdie internationale Vergleichbarkeit und Einsetzbarkeit sicherzustellen,aber auch um beispielsweise einheitlicheVergütungsrichtlinien zu etablieren. Auf Vorstandsebenebeobachten wir eine immer stärkere Konvergenz derVergütungen. Anders sieht es bei den unteren Rängender Führungskräfte und der breiten Mitarbeiterschaftaus. Hier können lokale Bewertungslösungen akzeptabelsein, auch weil die Vergütung auf diesen Ebenen nachwie vor in hohem Maße eine landesspezifische Angelegenheitist.Welche Rolle spielt Stellenbewertung beim Vergütungsvergleichzwischen Tarifmitarbeitern und AT-Mitarbeitern?Thomas Haussmann: Grundsätzlich bauen auch Tarifverträgeauf Stellenbewertungssystemen auf, wobeisich viele Tarifverträge eng an Kriterien der Qualifikationorientieren, während die Faktoren Komplexität undVerantwortung eher unterbelichtet sind. In der Unternehmenspraxistauchen immer wieder Zweifelsfälle auf,ob eine Stelle oder Funktion nach Tarifvertrag zu bewertenist oder nicht. Hier besteht in vielen Unternehmenund Branchen eine Grauzone. Das wirft Probleme wegendes Tarifabstandsgebots auf, denn vielerorts gilt, dass dieniedrigste AT-Funktion deutlich mehr verdienen soll alsdie höchste Tariffunktion auf der höchsten Entgeltstufe.Die Unternehmen geraten gerade dann in Schwierigkeiten,wenn sie beispielsweise junge Hochschulabsolventenauf AT-Funktionen einstellen wollen. Dr. Thomas Haussmann,Senior Vice President,Hay Group GmbHthomas.haussmann@haygroup.comwww.haygroup.de


13 // Stellen- und FunktionsbewertungCOMP & BENAusgabe 1 // Januar 2015NACHFOLGE BEI HIDDEN CHAMPIONS MEISTERNStellenbewertung bietet inhabergeführten Unternehmen Lösungen bei der NachfolgeVon Dr. Hans-Georg BlangFamilienunternehmenhabenoft aus kleinstenAnfängeneinen rasantenAufstieg gemeistert.Viele inhabergeführte Familienunternehmen haben sichaus kleinen Strukturen heraus im Markt positioniertund international organisiert. Auf diesem Weg könnenaber auch Einschnitte anstehen, beispielsweise eineNachfolge an der Unternehmensspitze. Dann müssendie bestehenden Führungsstrukturen der gewachsenenOrganisation und komplexe Steuerungsanforderungeneinander angepasst werden.Auch sind personen- und einzelfallbezogene Personalentscheidungenzu systematisieren und zu objektivieren.Personalprozesse, die bislang wenig professionalisiertwurden, sind zur Sicherung der Attraktivität derArbeitgeber und der bedarfsgerechten Verfügbarkeitqualifizierter Führungskräfte und Spezialisten zu entwickelnund international auszurollen. Das internationaleWachstum hat mitunter quasi Fürstentümer in einzelnenLändern hervorgebracht. Deshalb sind die lokalenGeschäftsführer entsprechend ihrer Bedeutung undRolle in die neue Konzernstruktur zu integrieren. GleicheFunktionen in verschiedenen Ländern sollten auchin heterogenen Gesellschaftsstrukturen vergleichbargemacht werden. Oft passen die Titelstrukturen im Konzerngefügewenig zusammen.Zur Vorbereitung der Nachfolge für die nächste Eignergenerationoder ein familienexternes Managementsind in Familienunternehmen zunächst klare Führungsstrukturenund Funktionsstufen Voraussetzungen, umdas Unternehmen erfolgreich zu steuern. Um als Arbeitgeberweiterhin attraktiv zu bleiben, bedarf es lukrativer,marktgerechter Vergütungspakete und Regelungen, dieden einzelnen Stellen angemessen sind. So gelingt es,Führungsnachwuchs zu entwickeln, Fachkräften Karriereperspektivenaufzuzeigen und wettbewerbsfähig zubleiben. Gerade inhabergeführte Unternehmen benötigennach einem rasanten Wachstum einen klaren Rahmenfür die Geschäftsmodelle und Prozesse von morgen.Systematische StellenbewertungMit der Stellenbewertung können objektive, nachvollziehbareMaßstäbe etabliert werden, um die Wertigkeiteiner Funktion zu bestimmen. Das bedeutet die Abkehrvon Förderprinzipien in Abhängigkeit von guten Beziehungenzu den Inhabern oder von einem individuellen,anlassbezogenen Vorgehen. Aufgrund der Stellenbewertunglassen sich vergleichbare, durchgängige Führungskreiseim In- wie im Ausland definieren. Damit wird dasUnternehmen leichter steuerbar, der internationale Personalaustauschgelingt besser, und interne Karrierenwerden befördert.Gerade für die Gewinnung, Bindung und Motivationdes mittleren Managements ist es wichtig, diese Gruppefunktionsgerecht zu strukturieren und angemessen sowieleistungsgerecht zu vergüten. Dazu zählt, die variableVergütung nach systematischen, leistungsbezogenenRegelungen je Funktionsstufe zu bemessen. Gerade inhabergeführteUnternehmen vergeben variable Bezügenoch intransparent. Dabei sollten auch Nebenleistungenwie Dienstwagen und betriebliche Altersversorgungklaren, nachvollziehbaren Funktionsabstufungen folgenund marktgerecht ausgestaltet sein.Nutzen der StellenbewertungUm mit der Stellenbewertung Maßstäbe für die Bestimmungder Wertigkeit von Funktionen zu etablieren,kommt es in Familienunternehmen auf transparenteund nachvollziehbare Bewertungsverfahren © Medioimages/Photodisc/Thinkstock/Getty Images


14 // Stellen- und FunktionsbewertungCOMP & BENAusgabe 1 // Januar 2015an, die pragmatisch umzusetzen sind und einen hohenBusinessbezug haben. Mit den Kriterien Beteiligung imStrategieprozess, Rolle einer Funktion in den Geschäftsprozessen,finanzielle Steuerungsverantwortung, Führungsaufgabeund kommunikative Rolle einer Funktionwird der Gesamtbeitrag einer Stelle zum Geschäftserfolgbetrachtet.Auf der Basis dieser Stellenwertigkeiten lassen sichStellen gleicher Bedeutung Funktionsstufen zuordnenund durchgängige Führungskreise festlegen. DerNutzen liegt in der Vergleichbarkeit von Managementebenenunterschiedlicher Bereiche und Organisationseinheiten.Eine spannende Frage ist die Wertigkeit vonLandesgeschäftsführern im Vergleich miteinander undim Vergleich zu Führungsfunktionen in der Muttergesellschaft.Auch die Titelvergabe lässt sich weltweit andie Funktionsstufen binden, wobei eine Differenzierungnach Jobfamilies denkbar ist. Mit der Strukturierung derFührungskreise, die strikt an die Bedeutung der Funktionenfür das Geschäft gebunden ist, wird eine Plattformfür die effektivere Führung und Steuerung geschaffen.Mittleres ManagementDie Strukturierung des mittleren Managements und deraußertariflicher Funktionen wie hochwertiger Spezialistenüberwindet gewachsene Strukturen. In der Vergangenheitwurden oft Träger von Fachfunktionen zu Führungskräftenernannt, um ihnen eine Perspektive undVergütung zu bieten, die mangels eines Fachlaufbahnkonzeptsnicht anders herzuleiten war. Die Strukturierungder außertariflichen Funktionen nach Stellenwertigkeitin mehrere Funktionsstufen ermöglichen korrekteMarktvergleiche, um wettbewerbsfähige Vergütungspaketefestzulegen.Das mittlere Management und die entsprechendenaußertariflichen Fachfunktionen sind für die Zukunftdes Unternehmens besonders wichtig, da sie quasi denTransmissionsriemen zwischen Strategie und Geschäftsergebnisdarstellen. Mit der Berücksichtigung der Rolle inden Geschäftsprozessen als Bewertungskriterium wirddem Beitrag dieser Gruppe besondere Rechnung getragen.An die Funktionsstufen werden marktfähige Vergütungsbändermit fixen und variablen Anteilen sowie dieRegelung der Nebenleistungen geknüpft. Damit werdendie Pakete durchgängig für eine Wertigkeitsebene vergleichbarund folgen international gleichen Prinzipien.Im Ausland gelten häufige lokal unterschiedliche Vergütungsniveausund landesübliche Nebenleistungen.In vielen gesellschaftergeführten Unternehmen stelltdie Systematisierung der variablen Vergütung eine Herausforderungdar, wusste der Inhaber doch bislang meistensaus persönlicher Kenntnis, wen er für besondere Leistungenzu belohnen hatte. Ein modernes, der Rolle undWertigkeit entsprechendes Performancemanagement istein unverzichtbares Steuerungs- und Anreizinstrument.Ein nach Hierarchieebenen abgestufter variabler Anteilund ein entsprechendes Verhältnis von Unternehmenserfolgzu persönlichen Geschäftszielen als Bemessungsgrundlagender variablen Vergütung gelten als gute Praxis.HR-Management professionalisierenStellenbewertung mit der Festlegung von Führungskreisenbzw. Funktionsstufen kann auch als Basis für dasgesamte HR-Management dienen. Ein weiterer Nutzender Stellenbewertung liegt in der Prüfung der Führungsorganisationund der Strukturen in Familienkonzernen.Die Bewertung und die dafür nötige Jobanalyse hinterfragendie Rollenbilder und die Verankerung der Stellenin der Organisation, ihre Querbeziehungen und ihr Verantwortungsumfang.Auch klärt sich die Frage, ob derFunktionsinhaber und seine Leistung den Anforderungengerecht werden.Erfolgsfaktoren bei der Durchführung und Einführungder Stellenbewertung in Familienunternehmensind ein klarer Prozess, die Einbindung derGesellschafter(-Geschäftsführer)-Ebene und der erstenManagementebene, ein pragmatisches Vorgehen, verständlicheRegeln und ein klarer Nutzen. Familieneigentümermöchten Transparenz über das Vorgehen haben.Hier helfen die Vermittlung des Bewertungsverfahrensund der Vorgehensweise und ein gut erklärbares, nachvollziehbaresBewertungsmodell. In die Analyse der Jobsist neben der HR-Funktion auch die obere Führungskräfteebene,die Geschäftsbereichsleiter, einzubinden. Oftexistieren keine belastbaren Stellenbeschreibungen, sodass ein intensiver Informationsaustausch der Verantwortlichenerforderlich ist. Ein bewährtes Vorgehen istdie vertikale Abstimmung mit den jeweils zuständigenBereichsleitern, bevor eine horizontale Abstimmung mitEignern und allen Bereichsleitern ansteht. Dr. Hans-Georg Blang,Mitglied der Geschäftsleitung/Director und Partner,Kienbaum Management Consultants GmbHhansgeorg.blang@kienbaum.dewww.kienbaum-compensation.com


15 // Stellen- und FunktionsbewertungCOMP & BENAusgabe 1 // Januar 2015QUO VADIS, FUNKTIONSBEWERTUNG?Unternehmen sollten ihre Bewertungssysteme individuell gestalten und breiter einsetzenVon Andreas Hofmann, Frank Hoyck, Annette Rudolph und Prof. Dr. Marion Hoeren© nicholashan/iStock/Thinkstock/Getty ImagesUnsere Arbeitswelt verändert sich radikal. Die Komplexitätund Schnelligkeit von Prozessen sowie die Dynamikvon Veränderungen haben in einem Umfang zugenommen,der Unternehmen und Führungskräfte vor massiveHerausforderungen in Selbstmanagement und Führungihrer Mitarbeiter stellt. Diese müssen für die permanenteVeränderung ihrer Tätigkeiten begeistert und qualifiziert,Teams müssen auf gemeinsame Ziele hin ausgerichtetwerden.Wollen HR-Bereiche unter diesen Rahmenbedingungeneinen Mehrwert bieten und eine partnerschaftlichgestalterische Rolle übernehmen, müssen sie Führungskräftedurch effiziente, ineinandergreifende und flexibleTools unterstützen. Sie müssen zudem innovative Impulsesetzen, damit das Management strategische Herausforderungenmeistern kann.Klassische Funktionsbewertungen wurden und werdenin Unternehmen eingeführt, um die unterschiedlichenBeiträge und Wertigkeiten von Funktionen zuidentifizieren und deren Strukturierung nachvollziehbarund konsistent vorzunehmen. Der Fokus liegt hier oftauf Vergütungsthemen. So werden Wertigkeiten auchals Ausgangspunkte für externe Vergütungsvergleicheherangezogen.Verzahnende Funktionsbewertung statt isolierterSystemeAber Prozesse und Ergebnisse der Funktionsbewertungenzählen vielfach zum geheimnisvollen Experten-Knowhow des HR-Bereichs und sind nur in geringemMaße oder gar nicht Bestandteile eines für das Businessausgestalteten Managementsystems. Oft liefern die Ergebnisseaufgrund ihres Zuschnitts keine Antworten aufpraktische Fragen, oder sie finden sich in zu fein gegliedertenFunktionsstufen oder Grades mit entsprechendenStrukturen wieder. Das Management fühlt sich durchfeinmaschige Vergütungsregelungen gegängelt odernimmt Bewertungsprozesse zuweilen sogar als Selbstzweckdes HR-Bereichs wahr. Ein häufig beobachtbaresPhänomen von Grades ist, dass sowohl Führungskräfteals auch Mitarbeiter Entwicklungsfragen mit einem reduziertenFokus auf das Erreichen eines höheren Gradesund nicht auf inhaltliche Weiterentwicklung betrachten.Ein geordnetes Gefüge an Funktionen ist sicher nachwie vor erforderlich, um klare Strukturen zu etablierenund abhängige Managementprozesse steuern zu können.Doch isolierte, starre Systeme und komplizierte Prozessesind kontraproduktiv für sich schnell veränderndeGeschäftsmodelle. Nur ein zeitgemäßes Verfahren derStrukturen so anlegen, dassdie Richtungen zum Bedarfdes eigenen Unternehmenspassen.Funktionsbewertung, das sowohl Art und Weise derStrukturierung von Funktionen als auch Ergebnisse konsequentmit anderen personalrelevanten Managementinstrumentenverzahnt, kann für Führungskräfte einenerkennbaren Mehrwert stiften.Dass diese Verzahnung in der Praxis bisher seltenwar, liegt unter anderem an der organisatorischen Aufstellungvieler HR-Bereiche. Prozesse sind zumeist innerhalbeiner der HR-Funktionen wie etwa Recruiting,Training & Development oder Compensation & Benefitsaufeinander abgestimmt. Es fehlen jedoch oft einesinnvolle inhaltliche Verzahnung und eine zeitliche Abstimmungder Prozesse über unterschiedliche Personalfunktionenund organisatorischen Grenzen hinweg.


16 // Stellen- und FunktionsbewertungCOMP & BENAusgabe 1 // Januar 2015Unabgestimmt angestoßen treffen die Prozesse beim innerbetrieblichenKunden des HR-Bereichs auf mangelndeAkzeptanz oder gar Unverständnis und Ablehnung.Angesichts vieler isolierter Prozesse, die oft nicht demStandard der Automatisierung des Geschäfts entsprechen,überrascht es nicht, dass HR-Leistungen gelegentlichnicht als mehrwertschaffend und zukunftsweisendwahrgenommen werden.Wie lässt sich dieser Situation begegnen?Wenn Unternehmen vor der Frage der Einführung oderAnpassung einer Funktionsbewertung stehen – beispielsweiseim Rahmen von M&A-Aktivitäten –, solltedie Frage nach den damit verfolgten Zielen ausführlichbetrachtet werden:• Sollen die Ergebnisse in erster Linie einen externenWertigkeitsvergleich ermöglichen und als Basis fürdie Strukturierung von Gehaltsbändern, Bonuspotenzialen,Benefits oder weiteren Vergütungsregelungendienen?• Sollen Funktionsbewertungen darüber hinaus aucheine Grundlage für die Verknüpfung mit Prozessen desTalent- und Karrieremanagements, der Nachfolgeplanungund des Performancemanagements bieten?• Welche Erfolge sollen sich nach der Implementierungeines Funktionsgefüges mit Wertigkeitsstufenund angedockten Regelungen einstellen? Wie lassensich diese messen?Bei der Auswahl der Methodik zur Ermittlung von Funktionswertigkeitensollte unbedingt der Veränderungsgeschwindigkeitdes Unternehmens Rechnung getragenwerden. Überall da, wo Unternehmen ständigem Wandelunterliegen oder große strukturelle Veränderungenanstehen, die sich in jederzeit wandelnden Inhalten vonFunktionen und Stellen bemerkbar machen, ist der Ansatzeiner klassischen Funktionsbewertung kritisch zubetrachten. So ist eine Skalierbarkeit bei großen Übernahmenoder Zusammenschlüssen erforderlich. Immereffizienter werdende Organisationen bewirken zudemAbwertungen einzelner Funktionen. Downgrading Policies,die den Status quo unnötig lange bewahren, entpuppensich als Kostentreiber und behindern die Flexibilität.Der durch organisatorische oder inhaltlicheVeränderungen resultierende Aufwand für Neubewertungenvon Funktionen in einer feinmaschigen Strukturund die sich daraus ergebenden kommunikativen Herausforderungenin Richtung Mitarbeiter binden unnötigeRessourcen und finden zudem kaum Akzeptanz beiFührungskräften und Mitarbeitern.Eine durch eine zeitgemäße Funktionsbewertung geschaffeneStruktur kann als ideale Blaupause für einheitlicheOrganisationsformen in denjenigen Einheiten desUnternehmens dienen, die, aus Effizienzgründen einemGeschäftsmodell folgend, auch einheitlich aufgestelltsein sollen. Dies gilt insbesondere für international operierendeUnternehmen.Broad Banding statt engmaschiger GehaltsbänderSoll darüber hinaus eine Verknüpfung mit anderen personalrelevantenManagementprozessen angestrebt werden,empfiehlt sich der Einsatz eines pragmatischen - undzumindest nicht rein analytischen - Verfahrens mit einerüberschaubaren Anzahl von Bewertungskriterien, die individuellauf das Unternehmen zugeschnitten sind. Stellen,die im Hinblick auf Karriere- und Talentmanagementvergleichbare Bedarfe aufweisen, können zusammengeführtwerden. In größeren Organisationen lassen sich Jobfamilienbilden. In einer modernen Funktionsarchitektursind Funktionen einem Gefüge aus Management-, Experten-und Supportrollen zugeordnet. Somit lassen sich ineinzelnen Funktionsbereichen oder Jobfamilien Karrierewegeund horizontale Entwicklungen innerhalb von Rollenverdeutlichen, anstatt herkömmliche Beförderungenmit einem ausschließlich vertikalen Aufstieg zu begünstigen.Weiterhin muss ein angemessener Differenzierungsgradan Wertigkeiten dem Management genügendFreiraum für individuelle Entscheidungen bieten. BroadBanding mit klarer Governance statt engmaschiger Gehaltsbändergeben dem Management einen ausreichendenSpielraum für marktgerechte und regelkonformeEinzelfallentscheidungen.In einem so aufgesetzten System der Funktionsbewertungergeben sich für die verschiedenen Jobfamilienklare Differenzierungen hinsichtlich definierter Anforderungskriterien.Diese können und sollten in andere HR-Prozesse integriert werden, etwa in das Recruiting durcheine Verknüpfung der Anforderungskriterien mit denjobspezifischen Kompetenzen bei der Auswahl externerund interner Mitarbeiter sowie mit den in diesem Zusammenhanggenutzten Auswahlverfahren. Gleiches gilt fürdie Bereiche Training und Development sowie Talentmanagement.Das Trainingsportfolio sowie Programme undMaßnahmen im Talentmanagement lassen sich anhandabgestimmter Anforderungs- und Kompetenzberei-


17 // Stellen- und FunktionsbewertungCOMP & BENAusgabe 1 // Januar 2015che zielgruppenspezifisch gestalten. Die Zuordnung vonStellen zu Funktionsstufen liefert wichtige Erkenntnisseüber Schlüsselfunktionen im Unternehmen und bildetzusammen mit den Daten zu den aktuellen Stelleninhaberneinen idealen Aufsatzpunkt für eine systematischeNachfolgeplanung (siehe Abbildung).Integrierte Vergütungsarchitektur verknüpft mit denwesentlichen Führungs- und HR-AnwendungenUnternehmensstrategie und UnternehmenswerteNachfolgeplanungPersonalplanungQuelle: Hoyck Management Consultants GmbH.IntegrierteVergütungsarchitekturTraining &DevelopmentRecruiting &OnboardingKompetenz- undTalentmanagementZiele definierenNicht nur bei der Neueinführung von Funktionsbewertungen,sondern auch bei bestehenden Systemen lohnt essich, die damit verfolgten Ziele zu schärfen und Methodikund Applikationen im Hinblick auf eine sinnvolle Integrationaller HR-Prozesse und der Nutzung in einem integriertenManagementsystem zu prüfen. In der Praxis bewährtes sich, bei der Überprüfung oder Neueinführung einesBewertungssystems zu Beginn klare und weitreichendeZiele aus der Sicht des Managements zu definieren:• Wofür werden die Ergebnisse einer Funktionsbewertungbenötigt?• Welche Compensation-Elemente und Benefits werdendamit verknüpft?• Welche anderen personalrelevanten Managementanwendungensollen gesteuert und damit an die Ergebnisseeiner Funktionsbewertung geknüpft werden?• Wie lässt sich sicherstellen, dass das Managementdie Anwendungen als aus einem Guss erlebt?• Wie transparent werden Prozesse und ErgebnisseFührungskräften und Mitarbeitern kommuniziert?• Welcher Bewertungsansatz und welche Governancepassen optimal zu den kurz-und langfristigen Geschäftsanforderungenwie Geschäftsstrategie, Veränderungsgeschwindigkeitoder Aufbau neuer Geschäftsfelder?• Welches praktikable Vorgehen fördert ein möglichsthohes Buy-in des Managements und gewährleistetden Übergang ins Führungsinstrumentarium unddie selbstverständliche Anwendung durch das Management?Die Beantwortung dieser Fragen ist wichtiger als dieEntscheidung für eine der verschiedenen Bewertungsmethoden.Welches System am besten zu einem Unternehmenpasst, hängt von der strategischen Ausrichtungund dem gewünschten Grad der Integration der Prozesseab. Wir erwarten in Zukunft überwiegend unternehmensspezifischeAnsätze zur Funktionsbewertung, dieeine optimale Ausrichtung auf die Unternehmensstrategieermöglichen, und Funktionsarchitekturen mit integriertenManagement-/HR-Systemen und Prozessen, dieschnell auf Veränderungen reagieren können. Andreas Hofmann,Geschäftsführender Gesellschafter,Hoyck Management Consultants GmbHa.hofmann@hoyck.comwww.hoyck.comFrank Hoyck,Geschäftsführender Gesellschafter,Hoyck Management Consultants GmbHf.hoyck@hoyck.comAnnette Rudolph,Manager,Hoyck Management Consultants GmbHa.rudolph@hoyck.comProf. Dr. Marion Hoeren,Professorin für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre,insbesondere Personal, Technische HochschuleMittelhessen, Gießenmarion.hoeren@w.thm.dewww.w.thm.de


18 // Stellen- und FunktionsbewertungCOMP & BENAusgabe 1 // Januar 2015STELLENARCHITEKTUREN UND KOMPETENZMODELLE –EIN STABILES FUNDAMENT FÜR DIE VERGÜTUNGVergütung, Leistungsdifferenzierung, Karrieremanagement und Führung helfen, einen ausgereiften Employment-Deal zu etablierenVon Martin EmmerichHR-Instrumente und -Programme benötigen eine solideBasis, wenn es gelingen soll, einen erfolgreichenEmployment-Deal zu etablieren. Zwei wesentliche Elementeeines tragfähigen Fundaments sind Stellenarchitekturenund Kompetenzmodelle. Sie spielen vor allemfür die Vergütung und die Leistungsdifferenzierung einezentrale Rolle.Stellenarchitekturen bestehen in der Regel aus einheitlichenJoblevels, Funktionen, Jobfamilien und unterschiedlichenStellenkategorisierungen, beispielsweiseManagement-, Fach- oder Projektkarriere. Während Funktionenund Jobfamilien dabei helfen, Stellen mit ähnlichenAufgaben und Anforderungen im Rahmen einer horizontalenArchitektur zu gruppieren, schaffen JoblevelsTransparenz und eine gemeinsame Sprache im Hinblickauf die relative Wertigkeit von Verantwortlichkeiten. Siebilden die vertikale Architektur. Unterschiedliche Stellenkategorisierungendefinieren die Art der Laufbahn, dieein Mitarbeiter einschlägt, also Management-, Fach- oderProjektkarriere. Stellenarchitekturen helfen dabei, allePositionen in einem Unternehmen in einem objektiven,transparenten und nachvollziehbaren Gesamtgerüst zuverorten. Dieses Gesamtgerüst unterstützt wiederum dabei,HR-Programme zu strukturieren, zu vereinheitlichenund miteinander zu verknüpfen sowie erfolgreicher an dieBelegschaft zu kommunizieren.Die Ergebnisse der Global Talent Management &Rewards Study 2014 zeigen, dass 38 Prozent der deutschenUnternehmen bereits heute eine umfassende Stellenarchitekturimplementiert haben. Die häufigsten Anbindungensind dabei Vergütung (70 Prozent) und Performancemanagement(55 Prozent, siehe Abbildung auf derfolgenden Seite). Deutlich seltener sind auf das Talentmanagementbezogene Themen mit der Stellenarchitekturverknüpft. Im Vergleich mit den Best-Practice-Unternehmenweltweit zeigt sich, dass mehr als die Hälfte dieserUnternehmen über eine Stellenarchitektur als Basis fürihre HR-Programme verfügen. Mehr als neun von zehndieser Unternehmen knüpfen die Vergütung an die Stellenarchitektur,fast die gleiche Anzahl der Unternehmenauch das Performancemanagement.Auch wenn bislang nur eine Minderheit der Unternehmenin Deutschland eine solche Stellenarchitekturimplementiert hat, ist erkennbar, dass die große Mehrzahlder Unternehmen bereits wesentliche Bestandteile eingeführthat und sich damit auf einem guten Weg befindet.Auf einer soliden Basis lässt sich eine schlanke Architektur hochziehen.So nutzen hierzulande viele Unternehmen einzelne Elementeeiner Stellenarchitektur wie etwa einheitliche Joblevels,um etwa ihre Gehaltsbänder zu entwickeln und dieHöhe der variablen Vergütung festzulegen. © SafakOguz/iStock/Thinkstock/Getty Images


21 // MitarbeiteraktienCOMP & BENAusgabe 1 // Januar 2015wickelt man ein Gefühl für den Aktienmarkt.“ Eine stärkereVerbundenheit der Mitarbeiter mit dem Arbeitgeberund mit dessen Aktionären – das will die Lufthansaüber ihre Aktienprogramme erreichen.Deshalb wurde LH-Chance auch nicht als Mitnahmeprogrammkonzipiert, sondern verlangt den teilnehmendenTarifmitarbeitern über das jährliche Investment unddie Haltefrist Opfer ab. Zudem ist nicht garantiert, dassder Konzern in jedem Jahr eine Aktientranche anbietet.Der Tarifvertrag sieht eine bestimmte Barzahlung an dieTarifmitarbeiter vor, sobald der Konzern im Vorjahr einedefinierte Ergebnisschwelle überschritten hat. Bei der Variantemit puren Belegschaftsaktien können die TeilnehmerAnteile zum Marktwert von 122 Prozent des Cashbetragsauswählen, bei LH-Chance über das Darlehen sogarAktien zum Marktwert von 145 Prozent. Seit 1996 kam esnur in drei Jahren nicht zu einer Ausgabe der Aktientranchenaufgrund schwacher Geschäftsergebnisse.Führungskräfteprogramm folgte mit Verzug1997, ein Jahr nach dem Start des Mitarbeiterbeteiligungsprogramms,legte die Lufthansa mit LH-Performanceein Vergleichsprogramm für Führungskräfte undaußertariflich entgoltene Mitarbeiter auf. Der Anstoß fürLH-Performance kam eher aus dem Kapitalmarkt undvon interessierten Investoren als aus dem Unternehmenselbst. Die Lufthansa wurde gerade vollständig privatisiert,und der damalige Vorstand wollte das Denken derMitarbeiter durch die Einbindung in Aktienprogrammeändern. „Es war eine bewusste Entscheidung, dass sichbei uns Corporate Finance um die Gestaltung der Aktienprogrammekümmert“, betont Markus Ott.Das LH-Performance-Programm basiert auf zweiSäulen. Im Rahmen der ersten Säule können Führungskräfteund AT-Mitarbeiter nach freier Wahl eine festgelegteTranche Aktien mit einem 50-prozentigen Rabatterwerben, die sie vier Jahre lang halten müssen. Nur fürdie Mitglieder des Vorstands besteht Teilnahmepflicht.Die Anzahl der rabattierten Aktien ist begrenzt und nachLeitungsebenen gestaffelt.Nach Ablauf der vierjährigen Haltefrist eröffnensich den Führungskräften zwei Auszahlungsoptionen,die Performanceoption und die Outperformanceoption.Bei der Performanceoption kommt es nach vier Jahrenzu einer Auszahlung, wenn sich der Kurs der Lufthansa-Aktie positiv entwickelt hat und wenn diese Entwicklungeine festgelegte Hürde genommen hat. So muss der Aktienkursüber die vier Jahre hinweg mindestens um 33Prozent zulegen, damit es zu einer Auszahlung kommt.Dabei werden nach dem Prinzip des Total ShareholderReturn während der Laufzeit gezahlte Dividenden auchberücksichtigt. Beträgt der Aktienkurs beispielsweisezum Zeitpunkt der Ausgabe der Aktientranche 10 Euro,muss er am Ende der Haltefrist bei 13,30 Euro oder höherstehen, damit die Option aktiv wird. Nach oben hin istdie Barauszahlung auf das 1,5fache der Hürde gecapt.Sportlicher Wettbewerb über die OutperformanceoptionDie Outperformanceoption sieht eine Auszahlung nachdem Prinzip des Total Shareholder Return erst dann vor,wenn sich die Lufthansa-Aktie besser entwickelt als einVergleichsbasket mit mehreren europäischen Wettbewerbern.Die Aktienkurse der Wettbewerber fließen mitunterschiedlichen Anteilen in den Vergleich ein. „Mitdieser Option wollen wir den sportlichen Ehrgeiz unsererFührungskräfte im internationalen Wettbewerbwecken“, erläutert Markus Ott die Motivation. „Die Teilnehmerkönnen anhand monatlicher Auswertungenregelmäßig sehen, wie unsere Aktie gerade im Wettbewerbmit den Konkurrenten dasteht.“Aus Sicht der Lufthansa bietet die Outperformanceoptionweitere Vorteile. So ist das Risiko für sie gering,Windfall-Profits zahlen zu müssen, denn alle Fluggesellschaftensind jeweils in ähnlichem Maße betroffen, wennsich die Rahmenbedingungen im Markt etwa durch äußereEingriffe verändern. Zudem kann es auch in dem Fall,dass der Kurs der Lufthansa-Aktie in einer Baisse sinkt, zueiner Auszahlung kommen, wenn nämlich die Kurse derWettbewerber gleichzeitig noch stärker sinken. So bleibtauch in schwierigen Börsenzeiten die Motivation der Mitarbeitererhalten, für Lufthansa das Beste zu erzielen –und natürlich für das eigene Aktiendepot.Angesichts einer Partizipationsquote von aktuell 73Prozent sind die Entscheider der Lufthansa mit LH-Performancezufrieden. Auch die Aktionäre hatten bislangnichts an den Aktienprogrammen auszusetzen, müssensie doch das Genehmigte Kapital B genehmigen, ausdem heraus die Lufthansa die Aktien für die Programmebegibt. Dr. Guido Birkner,verantwortlicher Redakteur Human ResourcesFRANKFURT BUSINESS MEDIA – der F.A.Z.-Fachverlagguido.birkner@frankfurt-bm.comwww.compbenmagazin.de


22 // MitarbeiteraktienCOMP & BENAusgabe 1 // Januar 2015AKTIENPROGRAMM FÜR MEHR IDENTITÄTMIT DER DACHMARKEInterview mit Dr. Thomas Toepfer, Finanzvorstand und Arbeitsdirektor KION GroupHerr Dr. Toepfer, die KION Group, weltweit Nummer 2unter den Herstellern von Flurförderzeugen wie Gabelstaplern,hat im Oktober 2014 für die Mitarbeiter inDeutschland erstmals ein Aktienprogramm ausgerollt.Wie sieht das Programm konkret aus?Thomas Toepfer: Vom 2. Oktober 2014 an hatten zunächstdie Beschäftigten der teilnehmenden deutschenKION-Gesellschaften vier Wochen lang die Gelegenheit,im Rahmen des Share-Matching-Programms „KEEP“KION-Anteile zu besonderen Konditionen zu erwerben.Die teilnahmeberechtigten Beschäftigten erhalten nachden Regeln des Programms für jedes Paket, das aus dreiAktien besteht, nach einer dreijährigen Haltefrist eineweitere Matchingaktie kostenlos dazu. Wer zum erstenMal an dem Programm teilnimmt, dem finanziert dieKION Group bis zu einer bestimmten Obergrenze das jeweilsdritte Papier eines Aktienpakets. So wollten wir dieAktion noch attraktiver gestalten.Wie sah die Resonanz der Mitarbeiter auf diesesAngebot aus?Thomas Toepfer: Ich werte es als einen sehr erfolgreichenStart des Aktienprogramms, dass innerhalb dervierwöchigen Frist rund 24 Prozent der circa 7.550 teilnahmeberechtigtenBeschäftigten Aktienpakete erworbenhaben. Über die Hälfte der etwa 1.800 Teilnehmererwarb sogar die Höchstzahl von 20 Paketen. Die guteAkzeptanz unseres Programms bestätigt uns im Plan,in Deutschland 2014 zu starten und 2015 den Rollout inanderen Ländern fortzusetzen. Dann stehen Frankreich,Großbritannien, Italien und China auf dem Plan.Welche Ziele verfolgt die KION Group mit dem Aktienprogramm?Thomas Toepfer: Wir haben uns mehrere Ziele gesetzt.Ganz wichtig ist uns, dass sich die Beschäftigtenals Aktionäre und damit als Mitunternehmer sehen.KION ist eine weltweit agierende Gruppe mit den sechsMarken Linde, STILL, Fenwick, OM STILL, Baoli und Voltas.Vor diesem Hintergrund ist es ein Ziel, die Identifikationder Mitarbeiter mit der Dachmarke KION und ihr Engagementzu steigern. Deshalb wollen wir in Zukunft auchbei unseren internationalen Beschäftigten in den globalenGesellschaften möglichst hohe Beteiligungsratenerreichen, um sie noch mehr auf unsere Unternehmensstrategiefür die kommenden Jahre bis 2020 auszurich-Gabelstapler für Fernost. Auch chinesische Kollegen haben bald die Chance,KION-Mitarbeiteraktien zu zeichnen.ten. Zugleich will KION als Arbeitgeber die Beschäftigtenfür die geleistete Arbeit und Treue zusätzlich belohnen.Das Aktienprogramm stellt also auch eine Anerkennungfür den Einsatz der Mitarbeiter dar und soll sie noch engeran das Unternehmen binden.Quelle: KION Group.


23 // MitarbeiteraktienCOMP & BENAusgabe 1 // Januar 2015Wie ist KION zu dem Entschluss gekommen, gerade einAktienprogramm für Mitarbeiter aufzulegen, obwohl sichdie Aktie in Deutschland schwertut?Thomas Toepfer: In Deutschland ist die Aktienkulturauf Seiten der Privatanleger im internationalen Vergleichtatsächlich nicht besonders stark ausgeprägt, anders alsbei institutionellen Investoren. Deshalb sehen wir imKEEP-Programm auch ein Instrument, um unsere Mitarbeitermehr auf die Kapitalmarktposition unseres Unternehmenshinzuweisen. Bei uns hat sich in den zurückliegendenJahren einiges getan. Seit Juni 2013 ist die Aktieder KION GROUP AG an der Frankfurter Börse notiert, undseit September 2014 gehört KION dem MDAX an. Der Aktienkursist ein ideales Mittel, um transparent zu machen,wie der Kapitalmarkt und andere Unternehmen KION sehenund bewerten und wie sich die Dividende entwickelt.Die hohe Teilnahmequote der Belegschaft bestätigt unsin unserem Bemühen, den Blick der Mitarbeiter für denKapitalmarkt zu schärfen.Besitzt das Share-Matching-Programm in Ihren Augeneher einen Entgeltcharakter, oder sehen Sie es eher alsAdd-on für die Mitarbeiter an?Thomas Toepfer: Das Aktienprogramm stellt nachunserem Verständnis keine Vergütungskomponente undauch keinen Benefit wie eine Betriebsrente dar. Für dieAltersvorsorge unserer Mitarbeiter existieren andereSysteme, die sich besser eignen. Für uns handelt es sichbeim KEEP-Programm zuvorderst um ein breiter einsetzbaresMotivations- und Bindungsinstrument, über daswir den Mitarbeiter direkt am Erfolg des Unternehmensin Form der Aktienkursentwicklung partizipieren lassen.Wie ernst es uns damit ist, zeigt die anstehende Internationalisierungdes Aktienprogramms. Zudem wird essich nicht um eine einmalige Aktion handeln, sondernwir wollen unseren Mitarbeitern in Zukunft regelmäßigeinmal im Jahr einen vergünstigten Aktienkauf anbieten.Auch spielt die beschriebene Fokussierung auf dieAktienkursentwicklung in der variablen Vergütung vonVorständen und Führungskräften eine immer größereRolle. KION will deshalb eine strukturelle Parallelität zwischender variablen Vergütung von Führungskräften unddem KEEP-Programm herstellen.Wie ist KION bei der Entwicklung des Aktienprogrammsvorgegangen? Gab es Vorbilder, an denen Sie sichorientiert haben?Thomas Toepfer: Unsere Ziele haben wir zunächstselbst definiert, ohne uns an anderen Unternehmen zuorientieren. Aber natürlich haben wir uns für die Entwicklungdes Modells Best Practices im In- und Auslandangeschaut. Aus dem, was wir dabei gesehen haben,haben wir das herausgezogen und übernommen, wasam besten zu uns passte und was sich am besten eignete,um möglichst viele Mitarbeiter mit dem Programmzu erreichen. Als die Ziele feststanden, haben wir einShare-Matching-Programm entwickelt, das sich globalausrollen lässt. Seine Grundstruktur und die einzelnenElemente waren von Anfang an auf den internationalenEinsatz ausgerichtet. Es musste praktisch sein und denrechtlichen wie auch steuerlichen Anforderungen in deneinzelnen Ländern gerecht werden. Die Adaptionen werdendadurch eher marginal sein. Über die vier Staaten in2015 hinaus planen wir in den kommenden Jahren einenRollout in weiteren Ländern. Welche das sein werden,müssen wir sehen. In einzelnen Staaten sind die administrativenHürden so hoch, dass wir an Grenzen stoßen.Welche weiteren Entwicklungsschritte waren für denErfolg des Aktienprogramms in Deutschland entscheidend?Thomas Toepfer: Der dritte zentrale Schritt nach derZieldefinition und der Modellentwicklung ist eine klareKommunikation. Aktienprogramme sind in Deutschlandnoch erklärungsbedürftig, deshalb steht und fälltderen Erfolg mit einer gut organisierten und umsichtigenKommunikationskampagne. Die ging über mehrerePhasen und umfasste die unternehmensinternenMedien ebenso wie Sonderaktionen. Dazu zählten inDeutschland Veranstaltungen an allen Hauptstandorten,Informationstage der begleitenden Großbank sowieVideointerviews der beteiligten Vorstände im Intranetdes Unternehmens. Auch die Mitbestimmungsorganeunterstützten das Programm und die Kampagne dafür.So gelang es uns, das KEEP-Programm in der deutschenBelegschaft bekanntzumachen und die Akzeptanz dafüraufzubauen.Dr. Thomas Toepfer,Finanzvorstand und Arbeitsdirektor KION Groupfrank.brandmaier@kiongroup.comwww.kiongroup.com


24 // BenefitsCOMP & BENAusgabe 1 // Januar 2015TUE GUTES, BILDE WEITER UND PROFITIERE DAVONWas Arbeitgeber beim Benefit Weiterbildung steuerlich und arbeitsrechtlich beachten solltenVon Dr. Bob Neubert und Jens OttoVon WeiterbildungsmaßnahmenprofitierenArbeitnehmer undArbeitgeber gleichermaßen.© Goodluz/iStock/Thinkstock/Getty ImagesArbeitnehmer auszubilden ist für jede Branche notwendig.Ebenso wichtig ist, das Erlernte in Weiterbildungenzu vertiefen und auszubauen. Allerdings sind hochwertigeFortbildungsmaßnahmen oft teuer. Viele Arbeitgeberunterstützen ihre Beschäftigten deshalb, und auch derStaat hat die Zeichen der Zeit erkannt und verzichtet beitatsächlichen Weiterbildungsmaßnahmen in der Regelauf die Besteuerung eines geldwerten Vorteils.Nach der Studie „Fachkräfte sichern“, die das Bundesministeriumfür Wirtschaft und Technologie veröffentlichthat, haben Unternehmen 2011 je Beschäftigten(ohne Auszubildende) durchschnittlich 1.035 Euro fürdie Weiterbildung ausgegeben. Unabhängig von denBeweggründen der Unternehmen, in die Weiterbildungihrer Beschäftigten zu investieren, stellt sich für die Belegschaftdie Frage nach individueller Förderung. Insbesonderesollten Weiterbildungsmaßnahmen möglichstkostenneutral bei den Mitarbeitern ankommen. Dasheißt, Mitarbeiter sollen weder finanziell noch steuerlichbelastet werden. Hier hat der Staat tatsächlich Regelungengetroffen, um Weiterbildung zugunsten von Arbeitnehmernsteuerlich zu entlasten.Voraussetzung für einen Verzicht auf die Besteuerungdes geldwerten Vorteils ist, dass die Weiterbildungsmaßnahmeim überwiegend eigenbetrieblichen Interessedes Arbeitgebers durchgeführt wird. Vereinfacht ausgedrückt,bedeutet das: Der Arbeitgeber verspricht sich vonder Fortbildungsmaßnahme einen Vorteil für das eigeneUnternehmen. Konkret geht es um eine Erhöhung derEinsatzfähigkeit. Keine Voraussetzung für die Annahmeeines ganz überwiegenden betrieblichen Interesses desArbeitgebers ist, dass der Arbeitgeber die Teilnahme ander Bildungsmaßnahme zumindest teilweise auf dieArbeitszeit anrechnet. Allerdings sieht die Finanzverwaltungbei einer – auch teilweisen – Anrechnung als Arbeitszeitgrundsätzlich das Kriterium des überwiegendenbetrieblichen Interesses als erfüllt an. Dies gilt jedoch nur,soweit keine konkreten Anhaltspunkte für einen Belohnungscharakterder Bildungsmaßnahme sprechen.Steuerlich unproblematisch sind grundsätzlich Fortbildungsmaßnahmenwie zum Beispiel die Teilnahmean Fachseminaren und Meisterkursen. Aber auch berufsbegleitendeStudiengänge und Masterstudiengängekönnen und werden vermehrt durch Arbeitgeber gefördert.Ein berufsbegleitendes Erststudium fällt unterden Begriff Weiterbildung, wenn zuvor eine Ausbildungabgeschlossen wurde. An dieser Stelle sei darauf hingewiesen,dass der Gesetzgeber den Begriff der Ausbildungüber das Jahressteuergesetz (Zollkodex-Gesetz) fürSteuerzwecke ab dem Jahr 2015 normiert hat. Demnachwürde eine Erstausbildung nur dann vorliegen, wenn sienach öffentlichen Vorschriften oder internen Vorschrifteneines Bildungsträgers über eine Dauer von mindestenszwölf Monaten durchgeführt und grundsätzlichmit einer Abschlussprüfung beendet wird.Liegt eine Ausbildung im oben genannten Sinne vor,muss zwischen Erstausbildung und Studium eine gewissefachliche Nähe vorhanden sein. Dies ist gewährt,


25 // BenefitsCOMP & BENAusgabe 1 // Januar 2015wenn beispielsweise eine Bankkauffrau oder ein Bankkaufmannneben der beruflichen Tätigkeit Betriebswirtschaftslehrestudiert. Ist diese Nähe nicht gegeben, ist inder Regel davon auszugehen, dass die Weiterbildungsmaßnahmenicht im überwiegend eigenbetrieblichenInteresse des Arbeitgebers durchgeführt wird. Insofernliegt bei Übernahme der Kosten durch den Arbeitgebersteuerpflichtiger Arbeitslohn vor.Liegen die steuerlichen Voraussetzungen einer Weiterbildungsmaßnahmevor, stellt sich die Frage, welcheKosten vom Arbeitgeber steuerfrei ersetzt werden können.Im Prinzip sind alle Kosten im Zusammenhang mitder Weiterbildungsmaßnahme beziehungsweise demberufsbegleitenden Studium, wie zum Beispiel Studiengebühren,Unterrichtsmaterial, Fachbücher, Reise- undÜbernachtungskosten, erstattungsfähig. Grundsätzlichist eine Erstattung der tatsächlichen Kosten möglich.Hierzu sind dem Arbeitgeber die entsprechenden Originalrechnungenvorzulegen. Sofern auch Reise- bzw. Verpflegungsgelderausbezahlt werden, sind diese nur imgesetzlichen Rahmen steuerfrei.Die ArbeitnehmerseiteÜbernimmt der Arbeitgeber die Fortbildungskosten vollständig,kann der Arbeitnehmer keine Werbungskostenim Rahmen seiner Einkommensteuererklärung geltendmachen. Sofern der Arbeitgeber die Kosten nicht odernur teilweise übernimmt, verbleibt dem Arbeitnehmerzumindest der Abzug als Werbungskosten, soweit er dieAufwendungen selbst getragen hat.Ist der Arbeitnehmer selbst Schuldner der Kostenbzw. Studiengebühren, sollte unbedingt darauf geachtetwerden, dass die Übernahme der Kosten durch denArbeitgeber bereits vor Beginn der Bildungsmaßnahmeschriftlich vereinbart wurde. Liegt eine solche Vereinbarungnicht vor oder erteilt der Arbeitgeber seineGenehmigung erst nach Abschluss der Fortbildungsmaßnahme,ist eine steuerfreie Erstattung der Fortbildungskostennicht mehr möglich. Erfolgt die Übernahmevon Studienkosten durch den Arbeitgeber imDarlehenswege, bei der marktübliche Vereinbarungenüber Verzinsung, Kündigung und Rückzahlung getroffenwerden, führt weder die Hingabe noch die Rückzahlungder Mittel zu lohnsteuerlichen Folgen.Arbeitsrechtliche AspekteNeben den steuerlichen Gesichtspunkten darf ein Unternehmendie arbeitsrechtliche Seite nicht vergessen. Beikosten- und zeitintensiven Fortbildungsmaßnahmen istes mittlerweile Usus, dass sich der Arbeitgeber ein Rückforderungsrechtfür einen gewissen Zeitraum einräumenlässt. Dieses Rückforderungsrecht wird beispielsweise imFall der Beendigung des Arbeitsverhältnisses wirksam.Existiert keine solche Vereinbarung, besteht für den Arbeitnehmerauch keine Rückzahlungsverpflichtung.Der Arbeitgeber muss bei der Ausgestaltung derRückzahlungsklausel allerdings gewisse Spielregeln einhalten.Eine Rückzahlungsklausel kommt nur dann in Betracht,wenn der Arbeitnehmer durch die Fortbildungsmaßnahmeeinen echten Vorteil erlangt hat. EchteVorteile sind beispielsweise eine höhere Vergütung oderbessere Möglichkeiten auf dem Arbeitsmarkt. Des Weiterenmuss der Zeitraum der Rückforderung begrenztwerden. Von der Rechtsprechung entwickelte Grundsätzebieten hierbei eine Orientierung. Dauert die Fortbildungsmaßnahmezum Beispiel zwei bis vier Jahre, kannder Arbeitgeber zulässigerweise eine Bindungsdauervon bis zu fünf Jahren vereinbaren. Der Rückzahlungsbetragmuss sich allerdings zeitanteilig entsprechend derBindungsdauer reduzieren. Werden diese Grundsätzenicht beachtet, ist die Rückzahlungsklausel in der Regelinsgesamt unwirksam. Tritt hingegen der Rückzahlungsfallein, kann der betroffene Arbeitnehmer zumindestWerbungskosten in entsprechender Höhe in seiner Einkommensteuererklärunggeltend machen.Als Ergebnis lässt sich also festhalten, dass die steuerlichenHürden für eine arbeitgebergeförderte Fortbildungsmaßnahmeüberschaubar sind. Der Arbeitnehmerwie auch der Arbeitgeber müssen sich vor Beginn derMaßnahme darüber einig werden, wer die Kosten für dieFortbildung trägt, und eventuelle Rückzahlungsansprüchefestlegen. Die getroffenen Vereinbarungen solltensich unbedingt in einer schriftlichen Vereinbarung wiederfinden.Dr. Bob Neubert,Wirtschaftsprüfer, Steuerberater sowieGesellschafter, BANSBACH GMBH, WirtschaftsprüfungsgesellschaftSteuerberatungsgesellschaftbob.neubert@bansbach-gmbh.dewww.bansbach-gmbh.deJens Otto,Steuerberater und Prokurist, BANSBACH GMBH,Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Steuerberatungsgesellschaftjens.otto@bansbach-gmbh.dewww.bansbach-gmbh.de


26 // BenefitsCOMP & BENAusgabe 1 // Januar 2015DIE CAFETERIA FÜLLT SICH LANGSAMDie deutschen Unternehmen erweitern ihre BenefitangeboteVon Rolf MisterekDeutschland bietet positive rechtliche Rahmenbedingungenfür flexible Zusatzleistungen und betrieblicheBenefitmodelle mit Wahlmöglichkeiten für die Arbeitnehmer.Hier sind insbesondere die Steuervorteile unddie Freistellung von Sozialabgaben für Mitarbeiter zunennen, die einen Teil ihrer Barvergütung in betrieblicheZusatzleistungen umwandeln können. Dazu zählt beispielsweisedie Entgeltumwandlung zugunsten betrieblicherAltersversorgung.Auch viele andere Leistungen wie etwa Frühruhestands-und Lebensarbeitszeitmodelle, Firmenwagen,die Pendlerpauschale, Verpflegungsgutscheine und dasKinderbetreuungsgeld bringen Steuervorteile mit sich.Darüber hinaus können Arbeitgeber aus eigener Initiativeattraktive Leistungen wie deutliche Ermäßigungenund vereinfachte Zeichnungsbedingungen, zum Beispielbei Krankenzusatzversicherungen, anbieten.Gerade die zuletzt genannten Leistungen sind inDeutschland weit verbreitet. Rund 70 Prozent der Unternehmenbieten freiwillige Leistungen undServices, die Arbeitnehmer eigenfinanziert zu vergünstigtenBedingungen erwerben können. Überwiegendhandelt es sich dabei um einzelne Maßnahmen undAngebote. Hingegen bieten nur 14 Prozent der Arbeitgebersolche freiwilligen Leistungen als Bestandteile einesGesamtkonzepts mit Auswahlmöglichkeiten an. Dochauf diesem Feld kommt einiges in Bewegung, denn imVergleich zur Befragung von 2011 ist dieser Wert um 4Prozentpunkte angestiegen. Auch verdeutlicht der Vergleichmit anderen europäischen Ländern, dass sich dieWahlangebote in Deutschland zwar noch immer in einerAnlaufphase befinden, deutsche Unternehmen dasThema aber inzwischen stärker wahrnehmen.Zu diesen Ergebnissen kommt die Studie „EMEA Surveyon Employee Choice in Benefits 2014“ von Mercer. Siewurde 2013 auf der Basis einer schriftlichen Befragungvon 613 teilnehmenden Arbeitgebernin 17 Ländern in Europa und dem Mittleren Ostendurchgeführt. Aus Deutschland nahmen 65 Unternehmenteil.Administrativer Aufwand bremstZugleich bemängeln die Arbeitgeber einige Hürden. Diekomplexe Administration wird als größtes Hindernis beider Umsetzung von Wahlprogrammen gesehen (86 Prozent),gefolgt von den Ressourcen, die ein solcher Umsetzungsprozessbindet (75 Prozent), und den Kosten (75 Prozent).Die erforderliche Technologie hingegen wird nurvon 37 Prozent als besondere Herausforderung gesehen.Mit mehr als 50 Prozent war der Anteil der Unternehmender fertigenden Industrie unter den Studienteilnehmerneiner der höchsten innerhalb Europas. DerFinanzsektor hingegen, der im Allgemeinen für fortschrittlicheHigh-Level-Vergütungs- und Benefitpaketebekannt ist, ist mit 6 Prozent unterrepräsentiert.Ein Grund dafür ist sicher in der Wirtschaftskrisezu suchen.Die überwiegende Mehrzahl der Teilnehmerbetrachtet Benefitwahlpro- Die Spuren in derCafeteria zeugen vonreger Nachfrage.© Picsfive/iStock/Thinkstock/Getty Images


27 // BenefitsCOMP & BENAusgabe 1 // Januar 2015Haben die Arbeitgeber die Ziele ihrer Benefitwahlprogrammeerreicht?(in % der befragten Arbeitgeber in Deutschland, die ein Auswahlprogrammanbieten)172162janeinkeine Messung der Zielerreichung möglichQuelle: Mercer EMEA Survey on Employee Choice in Benefits 2014.Reaktionen der Beschäftigten auf das Benefitauswahlprogrammihrer Arbeitgeber(in % der befragten Arbeitgeber in Deutschland, die ein Auswahlprogrammanbieten)24positive Reaktionengemischte Reaktionennegative Reaktionen72Quelle: Mercer EMEA Survey on Employee Choice in Benefits 2014.3gramme als Instrumente, um neue Talente zu gewinnen(58 Prozent) und um Mitarbeiter zu halten (79 Prozent).Besonders die Unternehmen der verarbeitenden Industriesehen sich einem harten Wettbewerb bei der Gewinnungund Bindung von Fachkräften ausgesetzt. WeitereMotive für die Einführung von Wahlprogrammen sinddie Wettbewerbsfähigkeit am Markt (48 Prozent) unddie Vorteile, die sich durch die Befreiung von Steuer- undSozialversicherungsabgaben ergeben (41 Prozent).Gesundheitsprogramme gewinnen an BeliebtheitUnter den angebotenen Leistungen gewinnen Gesundheitstrainings-und Lifecycle-Managementprogrammezunehmend an Beliebtheit. Ihr Prozentanteil von 50 Prozentist im Vergleich mit anderen Ländern überdurchschnittlichhoch. Viele Organisationen bieten Kinderbetreuungszuschüsseals Kernleistungen, als freiwilligeLeistungen oder als flexible Zusatzleistungen an.Die am weitesten verbreiteten Zusatzleistungen,die deutsche Unternehmen offerieren, liegen in denBereichen betriebliche Altersversorgung, Unfall- undLebensversicherung, Firmenwagen sowie Health Careund Krankenversicherung. Letztere sind oft zusätzlicheprivate oder betriebliche Zusatzversicherungen, da vieleUnternehmen einen Bedarf sehen, die Leistungen derSozialversicherung für ihre Mitarbeiter aufzustocken.Andere Leistungen, die noch nicht weit verbreitetsind, aber zukünftig als Bestandteil von Wahlprogrammenan Bedeutung gewinnen werden, sind Lebensarbeitszeitkonten.Diese ermöglichen es Arbeitnehmern,Teile ihres Einkommens sowie den Geldwert von Überstundenund/oder Resturlaubstagen brutto als Wertguthabenanzusparen, um dieses dann später für einebezahlte Freistellung von der Arbeitsleistung zu nutzen.Unternehmen suchen vor allem nach Zusatzleistungen,die in mehrfacher Hinsicht von Nutzen sind. Sie sollendazu beitragen, die Herausforderungen des demographischenWandels zu meistern und das Arbeitslebender Mitarbeiter flexibel zu gestalten.Entwicklung der Wahlprogramme ist überwiegendLändersacheDie meisten der momentan laufenden Programme (70Prozent) wurden auf lokaler Ebene für die einzelnenLänder entwickelt. Unter den multinationalen Unternehmenerwägen gerade einmal 11 Prozent tatsächlich,eine globale Strategie im Hinblick auf Wahlprogrammeeinzuführen. Mehr als 60 Prozent der Studienteilnehmerstimmen der Aussage zu, dass ihre Programme undfreiwilligen Zusatzleistungen die Erwartungen stark bissehr stark erfüllt haben. 65 bis 72 Prozent bezeichnendie Reaktionen ihrer Mitarbeiter als positiv bis sehr positiv.Dennoch lassen sich viele Organisationen immernoch durch Herausforderungen wie die komplexe Administration,Ressourcenbindung und mögliche Kostenabschrecken.Rolf Misterek,Principal,Mercer Deutschland GmbHrolf.misterek@mercer.comwww.mercer.de


30 // Comp&Ben // Ausgabe 1 // Januar 2015 ANZEIGEHay GroupActivateUnterstützen Sie Ihre Mitarbeiter dabei, IhreUnternehmensstrategie umzusetzenActivate ist eine Reihe von innovativenBusiness-Apps, die Ihre Manager mitfundiertem HR-Know-how ausstattet, um• bessere Führungskräfte zu sein.• ihre Teams darin zu unterstützen, derenZiele noch besser zu erreichen.• beste Entscheidungen auf Basis vonbranchenführenden Vergütungsdatenzu treffen.Einfach und intuitiv zu bedienen,bietet Activate Ihren MitarbeiternZugang zu bewährtem HR-Expertenwissen der Hay Group.HR-Know-how in den HändenIhrer Manager – wann immer undwo immer sie arbeiten.www.haygroup.de


32 // PartnerCOMP & BENAusgabe 1 // Januar 2015Strategische Partner:Dr. Bob Neubert,Wirtschaftsprüfer, Steuerberater,GesellschafterBANSBACH GmbHGänsheidestraße 67–7470184 Stuttgartbob.neubert@bansbach-gmbh.degisbert.schadek@er-ag.deGisbert Schadek,VorstandEntgelt und Rente AGSolinger Straße 2240764 Langenfeldgordon.roesch@de.ey.comGordon Rösch,Partner Human Capital –Talent & RewardErnst & Young GmbHMittlerer Pfad 1570499 StuttgartChristof Quiring,Leiter Investment- undPensionslösungenFidelity WorldwideInvestmentKastanienhöhe 161476 Kronberg im Taunuschristof.quiring@fil.comChristine Hopfinger,ConsultantGenerali VersicherungenKompetenzCenter bAVOeder Weg 15160318 Frankfurt am Mainchristine.hopfinger@generali.comthorsten.till@haygroup.comThorsten Till,Senior Vice President, Mitgliedder GeschäftsführungHay Group GmbHFranklinstraße 46a60486 Frankfurt am Mainthomas.mueller@hkp.comThomas Müller,Leiter Marketing & CommunicationsInternationalhkp/// groupGrüneburgweg 16–1860322 Frankfurt am MainAndreas Hofmann,geschäftsführenderGesellschafterHoyck ManagementConsultants GmbHGüterplatz 660327 Frankfurt am Maininfo@hoyck.comjulia.zmitko@kienbaum.deDr. Julia Zmítko,Leiterin Data-ManagementKienbaum ManagementConsultants GmbHBeethovenstraße 12–1660325 Frankfurt am Mainbhorak@lurse.deBirgit Horak,VorstandLurse HR Consultants AGWinkhauser Straße 1533154 Salzkottenkonrad.deiters@mercer.comKonrad F. Deiters,Leiter des GeschäftsbereichsTalentMercer Deutschland GmbHMüllerstraße 380469 MünchenBarbara SetaPartner Reward Consulting,Human Resource ServicesPwC WP AGFriedrich-Ebert-Anlage 35-3760327 Frankfurt am MainBarbara.seta@de.pwc.comGeorge Wyrwoll,Unternehmenskommunikationund RegierungsbeziehungenSodexo Pass GmbHRüsselsheimer Straße 2260326 Frankfurt am MainStefan Röth,Partner/Senior-ConsultantStefan RöthVergütungsberatungBruckmeierweg 482041 OberhachingReiner JungRegional Marketing Director,EMEATowers Watson GmbHEschersheimer Landstraße 5060322 Frankfurt am Maingeorge.wyrwoll@sodexo.comsroeth@roeth-reward.comreiner.jung@towerswatson.comKooperationspartner:Jörg Ziegler,Sprecher GEO D.A.CH.,Senior Manager, Head ofEquity based CompensationInternational Executive Services,KPMG AG, Ganghoferstraße29, 80339 Münchenjoergziegler@kpmg.comPascal Bazzazi,Leiter bAVHerausgeber undChefredakteurPrenzlauer Allee 216,10405 Berlinpbazzazi@lbav.de


33 // PartnerCOMP & BENAusgabe 1 // Januar 2015Strategische Partner:ImpressumKooperationspartner:Herausgeber und Redaktion:Verantwortlicher Redakteur:Dr. Guido BirknerTelefon: 069 7591-3251, Fax: 069 7591-803251E-Mail: guido.birkner@frankfurt-bm.comInternet: www.compbenmagazin.deVerlag:FRANKFURT BUSINESS MEDIA GmbH – Der F.A.Z.-Fachverlag,Frankenallee 68–72, 60327 Frankfurt am Main,Geschäftsführung: Dr. André Hülsbömer, Jürgen KiehlHRB Nr. 53454, Amtsgericht Frankfurt am MainTelefon: 0 60 31 73 86-0 / Fax: 0 60 31 73 86-20Marketing und Anzeigen:Dorothee Groove, Objektleitung Comp & BenTelefon: 069 75 91-32 17E-Mail: dorothee.groove@frankfurt-bm.comJahresabonnement:Bezug kostenlos, Erscheinungsweise: viermal pro Jahr(Januar, April, Juli, Oktober)Layout:Sandra ReichStrategische Partner:BANSBACH GmbH; Entgelt und Rente AG; Ernst & Young GmbHWirtschaftsprüfungsgesellschaft; Fidelity Worldwide Investment;Generali Versicherungen; Hay Group GmbH; hkp/// Group;Hoyck Management Consultants GmbH; Kienbaum ManagementConsultants GmbH; KPMG AG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft;Lurse HR Consultants AG; Mercer Deutschland GmbH; PricewaterhouseCoopersAG Wirtschaftsprüfungsgesellschaft; Sodexo PassGmbH; Stefan Röth Vergütungsberatung; Towers Watson GmbHKooperationspartner:GEO D.A.CH.; Leiter bAVHaftungsausschluss:Alle Angaben wurden sorgfältig recherchiert und zusammengestellt.Für die Richtigkeit und Vollständigkeit des Inhalts des Comp &Ben-Magazins übernehmen Verlag und Redaktion keine Gewähr.

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