Einzel vordruck faelle 1..3
Einzel vordruck faelle 1..3
Einzel vordruck faelle 1..3
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
A 77<br />
ESt<br />
Geldwerter Vorteil bei Fahrten zwischen<br />
Wohnung und Arbeitsståtte mit dem<br />
Firmenwagen<br />
EStG §§ 8, 9<br />
O Sachverhalt<br />
A ist Außendienstmitarbeiter der X-GmbH. Aus dieser Tätigkeit bezieht<br />
er Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG). Der Arbeitgeber<br />
hat A einen Firmenwagen für Kundenbesuche zur Verfügung gestellt. Im<br />
Anstellungsvertrag ist geregelt, dass A den Firmenwagen kostenlos auch<br />
für Privatfahrten und Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte<br />
nutzen darf. A fuhr im Jahr 2009 an 50 Arbeitstagen im Jahr zum<br />
50 km entfernten Betriebssitz des Arbeitgebers.<br />
Der Listenpreis des PKW beträgt 60.000 Euro. Die X-GmbH hat die<br />
Fahrten zwischen Wohnung und Betriebssitz nach § 8 Abs. 2 Satz 3<br />
EStG mit folgendem Betrag lohnversteuert:<br />
0,03 % von 60.000 € T 50 km T 12 Monate 10.800 €<br />
A hat gegen den Einkommensteuerbescheid 2009 Einspruch eingelegt.<br />
Er begehrt, dass das Finanzamt für den Zuschlag nach § 8 Abs. 2 Satz 3<br />
EStG eine <strong>Einzel</strong>bewertung mit 0,002 % des Listenpreises je Entfernungskilometer<br />
vornimmt und dabei von 50 Fahrten ausgeht:<br />
0,002 % von 60.000 € T 50 km T 50 Fahrten 3.000 €<br />
O Frage<br />
1. Handelt es sich bei den jährlichen 50 Fahrten zum Betriebssitz der<br />
GmbH um Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger Arbeitsstätte<br />
i. S. des § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 Satz 1 EStG?<br />
2. Ist der geldwerte Vorteil für die 50 Fahrten zwischen Wohnung und<br />
Arbeitsstätte nach der 0,03 %-Methode oder der 0,002 %-Methode<br />
zu ermitteln?<br />
O Antwort<br />
1. Ja, es handelt sich um Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger<br />
Arbeitsstätte.<br />
2. Der geldwerte Vorteil für die 50 Fahrten zwischen Wohnung und<br />
Arbeitsstätte ist nach der 0,002 %-Methode zu ermitteln (strittig).<br />
O Begründung<br />
Zu 1: Nutzt ein Arbeitnehmer einen Firmenwagen kostenlos für private<br />
Fahrten sowie Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, muss er<br />
einen geldwerten Vorteil als Arbeitslohn nach § 19 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1<br />
EStG versteuern. Das ist der sog. Nutzungswert, für dessen Ermittlung es<br />
Steuer-Seminar 8/2010 (August)
zwei Methoden gibt, entweder die 1 %-Methode oder die Fahrtenbuchmethode.<br />
Welche Methode der Arbeitgeber in der monatlichen Lohnabrechnung<br />
anwendet, muss er in Abstimmung mit dem Arbeitnehmer für<br />
jedes Kalenderjahr festlegen. 1 Die Listenpreisregelung ist zwingend<br />
anzuwenden, wenn kein ordnungsgemäßes Fahrtenbuch geführt wird.<br />
Eine regelmäßige Arbeitsstätte ist nach der Rechtsprechung des BFH 2<br />
jede ortsfeste dauerhafte betriebliche Einrichtung des Arbeitgebers, der<br />
der Arbeitnehmer zugeordnet ist und die er nicht nur gelegentlich,<br />
sondern mit einer gewissen Nachhaltigkeit, d. h. fortdauernd und<br />
immer wieder aufsucht. Für die Beurteilung als regelmäßige Arbeitsstätte<br />
ist nicht die Intensität und die Dauer der dort ausgeübten beruflichen<br />
Tätigkeit entscheidend, sondern ob der Betriebssitz durch das<br />
wiederholte Anfahren des Arbeitnehmers eine hinreichend zentrale<br />
Bedeutung gegenüber den weiteren Tätigkeitsorten erlangt.<br />
Eine regelmäßige Arbeitsstätte liegt nicht nur dann vor, wenn der Arbeitnehmer<br />
den Betriebssitz des Arbeitgebers täglich aufsucht, um dort<br />
Aufträge entgegenzunehmen, abzurechnen und Bericht zu erstatten.<br />
Sie ist auch in den Fällen anzunehmen, in denen der Arbeitnehmer die<br />
Fahrten zum Betriebssitz des Arbeitgebers regelmäßig an einem Tag in<br />
der Woche durchführt. 3<br />
Zu 2: Nutzt der Arbeitnehmer einen Dienst- oder Firmenwagen kostenlos<br />
auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, muss er zusätzlich<br />
für jeden Kilometer der einfachen Entfernung zwischen Wohnung<br />
und Arbeitsstätte monatlich 0,03 % des Listenpreises als Nutzungswert<br />
versteuern (§ 8 Abs. 2 Satz 3 EStG). Im Gegenzug kann er die tatsächlichen<br />
Fahrten in seiner Steuererklärung in Höhe der Entfernungspauschale<br />
als Werbungskosten bei seinen Einkünften aus nichtselbständiger<br />
Arbeit geltend machen (§ 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 EStG).<br />
Der 0,03 %-Regelung nach § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG liegt die typisierende<br />
Annahme zugrunde, dass der Firmenwagen monatlich an 15 Tagen für<br />
Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte genutzt wird. Der BFH 4<br />
hat sich mit der Frage befasst, wie der geldwerte Vorteil bei der<br />
Zuschlagsregelung zu bewerten ist, wenn ein Arbeitnehmer – wie hier<br />
A – die regelmäßige Arbeitsstätte mit dem Firmenwagen nur einmal<br />
wöchentlich aufsucht. Er stellt sich auf den Standpunkt, dass in einem<br />
solchen Fall die Bewertung nicht mit 0,03 % erfolgen kann. Denn die<br />
pauschale monatliche Zuschlagsregelung des § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG<br />
beruht – wie erwähnt – auf der typisierenden Annahme, dass der Firmenwagen<br />
monatlich an 15 Tagen für Fahrten zwischen Wohnung und<br />
Arbeitsstätte genutzt wird.<br />
1 R 8.1 Abs. 9 Nr. 3 Satz 1 LStR.<br />
2 BFH vom 11.05.2005 VI R 25/04 (BStBl 2005 II S. 791).<br />
3 So auch R 9.4 Abs. 3 Satz 4 LStR.<br />
4 BFH vom 04.04.2008 VI R 85/04 (BStBl 2008 II S. 887).<br />
Steuer-Seminar 8/2010 (August)
Nach Meinung des BFH ist bei gelegentlicher Nutzung des PKW anstelle<br />
des in § 8 Abs. 2 Satz 3 EStG vorgesehenen monatlichen Zuschlags eine<br />
<strong>Einzel</strong>bewertung der Fahrten mit 0,002 % (0,03 % : 15) des PKW-Listenpreises<br />
je Entfernungskilometer vorzunehmen. Dies entspricht auch der<br />
Regelung des § 8 Abs. 2 Satz 5 EStG zur Bewertung der Nutzung des<br />
Dienstwagens zu wöchentlichen Familienheimfahrten im Rahmen einer<br />
doppelten Haushaltsführung.<br />
Die Finanzverwaltung 5 hat dieses Urteil mit einem Nichtanwendungserlass<br />
belegt. Sie will für die Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte<br />
immer 0,03 % des Listenpreises ansetzen, unabhängig davon, an wie<br />
vielen Tagen der Arbeitnehmer tatsächlich zur Arbeit fährt. Entscheidend<br />
sei allein, dass der Arbeitnehmer die objektive Möglichkeit habe,<br />
den PKW auch für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte zu<br />
nutzen. Selbst wenn der Arbeitnehmer nur einmal pro Woche an seine<br />
regelmäßige Arbeitsstätte fährt, versteuert die Finanzverwaltung jeden<br />
Monat 0,03 % des Listenpreises pro Entfernungskilometer.<br />
Ob diese Rechtsauffassung Bestand haben wird, ist sehr unwahrscheinlich.<br />
Beim BFH 6 sind mehrere Revisionen anhängig, bei denen es um die<br />
Frage geht, ob der Zuschlagsregelung die 0,03 %-Methode oder die<br />
0,002 %-Methode zugrunde zu legen ist, wenn an erheblich weniger<br />
als 15 Tagen im Monat Fahrten zwischen Wohnung und regelmäßiger<br />
Arbeitsstätte durchgeführt werden. In allen Urteilsfällen hat sich die<br />
Vorinstanz bereits der Auffassung des BFH angeschlossen und für eine<br />
<strong>Einzel</strong>bewertung nach der 0,002 %-Methode ausgesprochen. Vergleichbare<br />
Streitfälle sollten offengehalten werden, bis der BFH die Frage<br />
endgültig geklärt hat. Einsprüche ruhen kraft Gesetzes (§ 363 Abs. 2<br />
Satz 2 AO).<br />
Verfasser: Hans Walter Schoor, Steuerberater, Kemmenau<br />
5 BMF vom 23.10.2008 (BStBl 2008 I S. 961).<br />
6 Az. des BFH: VI R 54/09, VI R 55/09 und VI R 57/09.<br />
Steuer-Seminar 8/2010 (August)