Ludwig Mies van der Rohe, Brünn \(Tschechei\), Villa ... - home
Ludwig Mies van der Rohe, Brünn \(Tschechei\), Villa ... - home
Ludwig Mies van der Rohe, Brünn \(Tschechei\), Villa ... - home
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Auf alle diese For<strong>der</strong>ungen ging <strong>Mies</strong>, wie gesagt, ohne weiteres ein. Als hingegen mein Mann bei einer späte-<br />
ren Unterredung sich dagegen wandte, daß alle Türen vom Boden bis zur Decke reichen sollten, weil sogenannte<br />
Fachleute ihm eingeredet hatten, diese Türen würden sich werfen, entgegnete <strong>Mies</strong>: „Dann baue ich nicht“.Hier<br />
war ein wesentliches Prinzip des Baues in Frage gestellt, und da ließ er nicht mit sich sprechen.«<br />
Das auf einer Anhöhe im Norden <strong>der</strong> Stadt gelegene Grundstück bietet einen freien Blick auf <strong>Brünn</strong>. 10 Als prob-<br />
lematisch erwies sich die topographische Situation des Geländes, das nach Süden zu steil abfällt. Ein breit gela-<br />
gerter Komplex, wie ihn die frühen Landhausentwürfe zeigen, schied somit von vornherein aus. Statt dessen<br />
entstand hier eine kompaktere, zweigeschossige Anlage, die mit ihrer Rückfront stellenweise in den Hang ein-<br />
schneidet o<strong>der</strong> sich doch zumindest eng, an ihn anlehnt. Das untere Hauptgeschoß, das nicht über Straßenniveau<br />
hinausragt, bleibt dadurch dem Auge vorerst verborgen, da <strong>der</strong> sich von Norden nähernde Besucher zunächst nur<br />
die oberen Aufbauten wahrnimmt.<br />
Man gelangt somit zu ebener Erde sogleich auf die Dachterrasse, die sich gegen die Straße hin zu einem Vor-<br />
platz erweitert. Rechts ist die Garage bis zum Gehweg vorgezogen. Sie wurde mit <strong>der</strong> angrenzenden Chauf-<br />
feurswohnung zu einem rechteckigen Baublock zusammengefaßt, <strong>der</strong> bis auf eine unauffällige Seitentür keine<br />
Verbindung zur Terrasse besitzt. Die Wohnung des Chauffeurs ist von <strong>der</strong> Straße aus über eine an ihrer West-<br />
wand verlaufende balkonartig auskragende offene Galerie zu erreichen, zu <strong>der</strong> auch die Fenster hinausliegen.<br />
Der quer zum Gesamtkomplex gerichtete Trakt wirkt vollkommen in sich abgeschlossen und hebt sich im<br />
Grundriß scharf gegen den übrigen, komplexer gestalteten Teil des Obergeschosses ab. Zwischen beiden er-<br />
streckt sich zum vor<strong>der</strong>en Rand <strong>der</strong> Plattform ein etwa fünf bis sechs Meter breiter, gedeckter Durchgang.<br />
Der im Vergleich zum Garagentrakt ungefähr doppelt so große Südostflügel des Obergeschosses ist ausschließ-<br />
lich den Privaträumen <strong>der</strong> Tugendhats vorbehalten. Schlafzimmer und Bä<strong>der</strong> fügen sich jeweils zu einfachen<br />
rechteckigen Blöcken zusammen, die diesmal allerdings mit ihrer Breitseite zur Straße liegen. Die Raumgruppe<br />
an <strong>der</strong> Straße umfaßt ein Gäste- o<strong>der</strong> Mädchenzimmer mit Bad und Trockenkammer sowie einen von <strong>der</strong> Ein-<br />
gangshalle abgeson<strong>der</strong>ten Korridor, <strong>der</strong> zugleich die angrenzenden Kin<strong>der</strong>zimmer erschließt. Diese wie<strong>der</strong>um<br />
sind zu einem länglichen Riegel aneinan<strong>der</strong>gereiht.<br />
Es folgt <strong>der</strong> Elterntrakt. Er, ebenfalls mit Diele und Bad, ist zwischen zwei in die Wände eingelassene Stützen-<br />
reihen gespannt. Hier findet man keinerlei tektonischen Bezug auf das Untergeschoß, über dem <strong>der</strong> Körper frei<br />
zu schweben scheint. Ein kleiner Flur, durch den man vom Vestibül aus direkt auf die vor<strong>der</strong>e Dachterrasse<br />
gelangt, setzt die Schlafzimmer gegen die vor<strong>der</strong>e Raumgruppe ab und betont auch hier die Eigenständigkeit <strong>der</strong><br />
Trakte, die jedoch über den Flur miteinan<strong>der</strong> verbunden bleiben. Dieser ist seitlich durch Türen abgeteilt, wobei<br />
die äußere verglast, die innere in die Holzvertäfelung <strong>der</strong> Eingangshalle einbezogen ist, so daß man beim Durch-<br />
queren des Ganges von dort aus nicht gesehen werden kann. 11<br />
10 Wolf Tegethoff, S. 91<br />
11 Wolf Tegethoff, S. 92<br />
-4-