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E-Mail: Pastoralbuero@sebelidus.de - Katholischer ...

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8 Freu<strong>de</strong> im Gefängnis<br />

ten hat "draußen" gesicherte Beziehungen.<br />

Ohne stützen<strong>de</strong> Beziehungen<br />

leben zu müssen, ist sicher ein Grund für<br />

Straffälligkeit. Also ist ein weiterer<br />

Grund zur Freu<strong>de</strong> im Gefängnis je<strong>de</strong>r<br />

Besuch und je<strong>de</strong>r Brief. Ich kenne viele<br />

Inhaftierte, die sich sozusagen von<br />

Besuch zu Besuch und von Brief zu Brief<br />

"hangeln". Ich kann gut verstehen,<br />

wenn manche Abteilungsbediensteten<br />

die Fragen: Habe ich Besuch? Wann<br />

habe ich Besuch? Ist Post für mich da?,<br />

nicht mehr hören können. Sie wer<strong>de</strong>n<br />

tausen<strong>de</strong> Male gestellt. Und ist dann <strong>de</strong>r<br />

Besuch da, begleitet die Freu<strong>de</strong> darüber<br />

manch bange Frage: Welche Nachrichten<br />

wer<strong>de</strong>n mitgebracht? Wer kommt,<br />

wer kommt nicht? Macht sie Schluss?<br />

Wollen meine Kin<strong>de</strong>r mich noch sehen?<br />

Kann ich meine Tränen zurückhalten?<br />

Große Freu<strong>de</strong> habe ich erlebt, wenn<br />

einer Vater gewor<strong>de</strong>n ist, wenn die<br />

Geburt eines Kin<strong>de</strong>s ohne große<br />

Komplikationen abgelaufen ist, wenn<br />

Mutter und Kind wohlauf sind. Und<br />

sofort mischt sich in diese Freu<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />

Schmerz über die eigene Inhaftierung,<br />

die Wut auf sich selbst und das eigene<br />

Verhalten, eine Selbstverurteilung, die<br />

unendlich schärfer ist als je<strong>de</strong>s Gerichtsurteil.<br />

Tatsächlich gibt es viele Inhaftierte,<br />

die das Wenige, was sie haben,<br />

teilen. Es gibt viele, welche "die armen<br />

Hun<strong>de</strong>" im Blick halten, diejenigen, die<br />

von allen verlacht wer<strong>de</strong>n, die für<br />

"bekloppt" erklärt wer<strong>de</strong>n und die es<br />

aushalten, wegen ihrer Solidarität mit<br />

<strong>de</strong>n im Knast am Ran<strong>de</strong> leben<strong>de</strong>n<br />

Menschen selbst für verrückt gehalten<br />

zu wer<strong>de</strong>n. Sie schenken mehr Freu<strong>de</strong>,<br />

als von außen ermessen wer<strong>de</strong>n kann.<br />

Ebensolches gilt auch für eine ganze<br />

Anzahl von Bediensteten. Da gibt es<br />

diejenigen, die sich auch zum tausendsten<br />

Mal Zeit nehmen, einem "Durchgeknallten"<br />

zuzuhören, obwohl es scheinbar<br />

gar nichts bringt. Auch sie sind die<br />

Geschenke Gottes im Knast.<br />

Normalerweise wird das Knastessen in<br />

<strong>de</strong>r Zelle eingenommen. Wenn es aber<br />

eine Gelegenheit gibt, dann kochen<br />

Inhaftierte gerne zusammen und essen<br />

gemeinsam. Mein Eindruck ist, dass bei<br />

diesen manchmal zufälligen, manchmal<br />

geplanten Aktionen unbewusst etwas<br />

(wenn auch nur für kurze Zeit) entsteht,<br />

wonach sich viele sehnen, nämlich<br />

Gemeinschaft. Das tut gut und vermittelt<br />

eine Ahnung von Lebensfreu<strong>de</strong>, die<br />

alle Menschen nötig (nötig im Sinne von<br />

"Not-wendig") haben.<br />

Manchmal gelingt es, vielleicht bei<br />

einem Gottesdienst, vielleicht bei<br />

einem <strong>de</strong>r seltenen Feste, vielleicht bei<br />

einer Veranstaltung mit Gästen von<br />

"draußen", vielleicht bei einem Gespräch,<br />

daß einer vergisst, im Knast zu<br />

sein. Dann gibt es viel innere Freu<strong>de</strong>,<br />

aber......."die Bauchlandung" angesichts<br />

<strong>de</strong>r nach wie vor vorhan<strong>de</strong>nen Gitter<br />

kann umso härter sein. Wie oft habe ich<br />

erlebt, daß eine Weihnachtsfeier mit<br />

Gästen von "draußen" fast noch schöner<br />

war als "draußen", und als dann Schluss<br />

war, brach die Stimmung zusammen.<br />

"Jetzt gehen die da in ihren Familien

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