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Urteil OLG Celle, Gschz.: 8 U 11/08 - Brinkmann & Partner

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http://app.olg-ol.niedersachsen.de/efundus/volltext.php4?id=4812&ident=Seite 1 von 2522.09.20<strong>08</strong>Gericht: <strong>OLG</strong> <strong>Celle</strong>, <strong>08</strong>. ZivilsenatTyp, AZ: <strong>Urteil</strong>, 8 U <strong>11</strong>/<strong>08</strong>Datum: 19.09.20<strong>08</strong>Sachgebiet: Bürgerliches RechtNormen: VVG a F § 22, VVG a F § 74 ff, BGB § 123, AVB TransportversicherungLeitsatz: 1.In einer Transportversicherung ist, auch wenn jegliche Verluste und/oder Schäden gleichvielaus welcher Ursache einschließlich der Veruntreuung und/oder Unterschlagung durch denVersicherungsnehmer versichert sind, eine Beschränkung des Versicherungsschutzes aufden Verlust von Bargeld unter Ausschluss von Buchgeld vorzunehmen, wenn sich dies ausden sonstigen Bestimmungen des Versicherungsvertrages, insbesondere zum Gegenstand,zur Dauer und zur Prämienkalkulation ergibt.2.Mangels stofflichen Zugriffs fehlt es mithin an einem Versicherungsfall des Verlustes vonBargeld, wenn das Werttransportunternehmen bei verschiedenen Kunden abgeholtes Bargeldin sog. CashCentern sammelt, bundesbankfertig macht und es dann mit Wissen des Kundenauf ein eigenes Konto des Werttransportunternehmens bei der Bundesbank einzahlt, wo esanschließend unzulässigerweise im Wege eines „Schneeballsystems“ zur Deckung vonVerbindlichkeiten aus früheren Geldtransporten gegenüber anderen Kunden benutzt wird.3.Der Versicherer ist berechtigt, einen Vertrag über eine Transportversicherung wegenarglistiger Täuschung anzufechten, wenn das Werttransportunternehmen anlässlich desNeuabschlusses eines Vertrages keine Angaben zu dem seit Jahren betriebenenSchneeballsystem und der entstandenen Liquiditätslücke macht. Diese Anfechtung wegenarglistiger Täuschung kann grundsätzlich auch den Kunden des Werttransportunternehmensentgegengehalten werden, selbst wenn diese die Rechtsstellung eines Versicherten nach §§74 ff. VVG a. F. haben. Auch aus einer Versicherungsbestätigung des Versicherersgegenüber dem Kunden des Werttransportunternehmens können in der Regel keineweitergehenden Ansprüche hergeleitet werden.Volltext:Oberlandesgericht <strong>Celle</strong>Im Namen des Volkes<strong>Urteil</strong>8 U <strong>11</strong>/<strong>08</strong>8 O 281/06 Landgericht HannoverVerkündet am19. September 20<strong>08</strong>......als Urkundsbeamtinder GeschäftsstelleIn dem RechtsstreitD. W. GmbH & Co. OHG, gesetzlich vertreten durch ... in F.,Klägerin und Berufungsklägerin,Prozessbevollmächtigte:Rechtsanwälte C. ...,gegen


http://app.olg-ol.niedersachsen.de/efundus/volltext.php4?id=4812&ident=Seite 2 von 2522.09.20<strong>08</strong>M. V. AG, vertreten durch den Vorstand ..., in M.,Beklagte und Berufungsbeklagte,Prozessbevollmächtigte:Rechtsanwälte B. ...,Beteiligte:W. H. A.. ..., GB L.,N. I. C. ... , GB L.,A. I. C. ... , GB L.,Nebenintervenientinnen,Prozessbevollmächtigte zu 1, 2, 3:Rechtsanwälte M. ...hat der 8. Zivilsenat des Oberlandesgerichts <strong>Celle</strong> auf die mündliche Verhandlung vom 12. September 20<strong>08</strong>durch den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht G., den Richter am Oberlandesgericht Dr. K. und denRichter am Landgericht Dr. G. für Recht erkannt:Die Berufung der Klägerin gegen das am 22. November 2007 verkündete <strong>Urteil</strong> der 8. Zivilkammer desLandgerichts Hannover wird zurückgewiesen.Die Klägerin trägt die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der Kosten der Nebenintervention.Das <strong>Urteil</strong> ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung von <strong>11</strong>0% des aus dem <strong>Urteil</strong> vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor Sicherheit in Höhevon <strong>11</strong>0 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.Die Revision wird nicht zugelassen.G r ü n d eI.Die Klägerin nimmt die Beklagte auf Ersatz des ihr entstandenen Schadens aus einem Versicherungsvertragder H.Gruppe mit der Beklagten im Zusammenhang mit von H. durchgeführten Geldtransporten in Anspruch.Die Klägerin schloss mit der H. Transport GmbH am 21. November 1994 einen Geldver undEntsorgungsvertrag (Anlage K 1). Gemäß § 1 Ziff. 2 des Vertrages haftet der Auftragnehmer demAuftraggeber für Verlust, Vernichtung oder Beschädigung der ihm zur Beförderung übergebenenGegenstände im Rahmen der bestehenden Versicherung. Nach § 5 Ziff. 1 tritt der Auftragnehmer allegegenwärtigen und künftigen, mit diesem Vertrag zusammenhängenden Versicherungsansprüche an denAuftraggeber ab.Ferner schloss die Klägerin mit der ebenfalls zur H.Gruppe zählenden N. ... GmbH am 21. November 1994einen weiteren Vertrag, der u. a. die Auszählung von Tageseinnahmen und die Einzahlung des gezähltenund bearbeiteten Geldes bei einem Geldinstitut nach Wahl der Klägerin vorsieht (Anlage K 2). In § 4 desVertrages heißt es u. a.:„Nach Beendigung des Zählvorgangs werden die Geldnoten gemäß den Richtlinien der DeutschenBundesbank aufbereitet. Das Gesamtvolumen des ausgezählten Geldes wird auf das Konto desAuftraggebers eingezahlt.“Die tatsächliche Abwicklung gestaltete sich derart, dass von H. die Tageseinnahmen der verschiedenenFilialen der Klägerin eingesammelt und in sog. CashCenter der H.Gruppe gebracht wurden, wo das Geld zurEinzahlung bei der Bundesbank vorbereitet wurde. Anschließend sollten Einzahlungen bei den jeweiligenFilialen der Bundesbank erfolgen.Die H. T. GmbH sowie die N. ... GmbH und weitere Unternehmen der H.Gruppe unterhielten bei derBeklagten zunächst eine sog. Transportversicherung zur PolicenNr. ..., die sich jeweils jährlich verlängerte(Anlage K 59).


http://app.olg-ol.niedersachsen.de/efundus/volltext.php4?id=4812&ident=Seite 3 von 2522.09.20<strong>08</strong>Mit Schreiben vom 26. November 2001 bestätigte der Versicherungsmakler, die M. GmbH, der Klägerin dieInkraftsetzung eines ValorenVersicherungsvertrages Nr. ... zum 1. Dezember 2001 (Bl. 766 f. d. A.). Indiesem Vertrag sind weitere Unternehmen der H.Gruppe als Versicherungsnehmer aufgeführt,u. a. die F. D. ... GmbH (Anlage K 4). Ausweislich der Zeichnungsliste ist die Beklagte an diesem Vertrag alsführender Versicherer mit 62,5 % beteiligt (Anlage K 5). In dem Vertrag heißt es zum „Gegenstand derVersicherung“ (Anl. K 4):„Hartgeld, Banknoten, Schecks, Wertpapiere, Briefmarken, sämtliche Edelmetalle ..., Schmuck,handelsübliches Beleggut, Datenträger bzw. Belege und sonstige Wertgegenstände sowie Behältnisse wieKassetten, Taschen usw. im Gewahrsam von H. sowie im Gewahrsam von von H. eingesetztenSubunternehmen, einerlei, ob die Sache Eigentum des Versicherungsnehmers oder Dritter ist, währendsämtlicher Transporte, Lagerungen, Bearbeitung und sonstiger vom Versicherungsnehmer vertraglichübernommenen Tätigkeiten.“Zum Umfang der Versicherung ist in Ziff. 2 bestimmt:„2.1 Versicherte Gefahren und Schäden.2.1.1 Gedeckt sind, soweit unter Ziff. 2.2 nichts anderes bestimmt ist:2.1.<strong>11</strong> Jegliche Verluste und/oder Schäden, gleichviel aus welcher Ursache, einschließlich Veruntreuungund/oder Unterschlagung durch die Versicherungsnehmerin. Mitversichert sind Schäden, verursacht durcheinen früheren Angestellten der Versicherungsnehmerin, der Güter abholt und übernimmt und sich hierbeials Angestellter der Versicherungsnehmerin ausgibt, soweit H. hierfür nach gesetzlichen oder vertraglichenBestimmungen zu haften hat....2.1.2 Die gesetzliche Haftung von H. gegenüber den Auftraggebern:2.1.3 Die von H. übernommene darüber hinausgehende vertragliche Haftung nach vorheriger ausdrücklicherGenehmigung durch den führenden Versicherer.“Zur Dauer der Versicherung bestimmt Ziff. 3:„3.1 Die Versicherung beginnt mit Übergabe der versicherten Güter an die Versicherungsnehmerin.3.2 Die Versicherung endet, wenn die versicherten Güter bei der vom Auftraggeber vorher bezeichnetenStelle einer autorisierten Person übergeben wurden.“Weitere Vorschriften enthält der Vertrag in Ziff. 4 zur Haftungshöchstsumme, Ziff. 5 zur Prämie, Ziff. 10 zurGefahränderung, Ziff. <strong>11</strong> für den Schadensfall, Ziff. 12 zur Verschollenheit, Ziff. 13 zu Obliegenheiten.Ferner bestimmt Ziff. 16.2, dass sämtliche Anzeigen, Erklärungen, Prämienzahlungen usw. dem Versicherergegenüber erfüllt sind, sobald sie der M. GmbH zugegangen sind. Die M. GmbH ist berechtigt, im Auftragder Versicherungsnehmerin einen Schadensfall dem Versicherer anzudienen.Am 17. Mai 2005 übersandte die M. GmbH der Klägerin eine Versicherungsbestätigung (Anlage K 3), dieeine Vertragsdauer ab dem 1. Dezember 2002 vorsieht. In dieser heißt es zu „Versicherte Interessen“:„Transporte und Lagerungen von Hartgeld und/oder Banknoten und/oder Wertpapieren und/oderhandelsüblichem Beleggut und/oder Datenträgern bzw. Belegen sowie Behältnissen wie Kassetten,Taschen usw. im Gewahrsam von H., einerlei, ob die Sache Eigentum des Versicherungsnehmers oderDritter ist, für die nach kaufmännischen Grundsätzen und/oder aufgrund eines besonderen AuftragesVersicherungsschutz von H. zu besorgen ist.“Bezüglich der Dauer der Versicherung ist bestimmt, dass diese endet, wenn die versicherten Güter bei dervom Versicherten vorher bezeichneten Stelle einer autorisierten Person übergeben wurden.Die H.Gruppe schloss ferner bei den Streitverkündeten zur Absicherung weiterer Schäden eine sog.Exzedentenversicherung ab (Bl. 629 - 639 d. A.).Bereits seit den 90er Jahren kam es innerhalb der H.Gruppe zu finanziellen Verlusten durchLiquiditätslücken, zu geringen Einnahmen sowie Privatentnahmen (vgl. Seiten <strong>11</strong> - 14 des Strafurteils desLandgerichts Hildesheim vom 23. Mai 2007, Anlage K 223). Die auftretenden finanziellen Verluste wurdendurch Verantwortliche der H.Gruppe mittels eines Schneeballsystems über Jahre verheimlicht, indem vonKunden eingesammelte Gelder zunächst nicht deren Konten gutgeschrieben wurden, sondern Fehlbeständebei anderen Kunden ausgeglichen wurden. 2000/2001 hatten die ungedeckten Fehlbeträge bereits einendreistelligen Millionenbetrag erreicht. Am 17. und 18. Februar 2006 holte H. in den Geschäften der KlägerinTageseinnahmen von - so die Behauptung der Klägerin - 3.130.765 EUR und 718.760 EUR ab (vgl.Anlagenkonvolute K 46 und 47). Diese Beträge wurden nicht auf Konten der Klägerin gutgeschrieben. Am17. Februar 2006 wurden bei der H.Gruppe Durchsuchungen vorgenommen und führende Mitarbeiter


http://app.olg-ol.niedersachsen.de/efundus/volltext.php4?id=4812&ident=Seite 4 von 2522.09.20<strong>08</strong>verhaftet, woraufhin das Schneeballsystem zusammenbrach. Am 20. Februar 2006 wurde die Eröffnung desInsolvenzverfahrens beantragt und später Rechtsanwalt S. zum Insolvenzverwalter bestellt. Dieser erkanntedie Forderung der Klägerin zur Tabelle an (Anlage K 48). Das Insolvenzverfahren war zuvor am 28. April2006 eröffnet worden. Seitens der Bundesbank wurden insgesamt 140 Mio. Euro, die H. zuvor bei ihreingezahlt hatte, nicht weitergeleitet, sondern zunächst auf ein Asservatenkonto eingezahlt. Diese wurdenim Laufe des Verfahrens anteilmäßig an die verschiedenen Geschädigten ausgeschüttet.Am 24. Februar 2006 zeigte die Klägerin der M. GmbH den Schaden an, worauf sich außergerichtlicherSchriftverkehr entwickelte (Anlage K 15 - 21). Mit Schreiben vom 8. Januar 2007 erklärte die Beklagtesowohl gegenüber dem Insolvenzverwalter als auch gegenüber der Klägerin die Anfechtung desVersicherungsvertrages Nr. ... sowie der hierzu abgegebenen Versicherungsbestätigung (Anlagen B 9 und10). Der Insolvenzverwalter sowie die Klägerin wiesen diese Anfechtungen zunächst mit Schreiben vom10./<strong>11</strong>. Januar 2007 zurück (Anlagen K 88, 89). Mit Schreiben vom 29./30. Januar 2007 wiederholte dieBeklagte die Anfechtung (Bl. 770 f. d. A.. Anlage K 91). Die Klägerin wies diese Anfechtung erneut am 30.Januar 2007 zurück (Anlage K 92). Es erfolgten sodann weitere Anfechtungen durch Mitversicherer am12./13. Februar 2007 (Anlage K 93).Mit Schreiben vom 14. Februar 2007 erklärte der Insolvenzverwalter gegenüber der Klägerin seineZustimmung zur Geltendmachung der Forderung (Anlage K 1<strong>08</strong>). Durch <strong>Urteil</strong> des Landgerichts Hildesheimvom 23. Mai 2007 wurden der Geschäftsführer W. der H.Gruppe sowie drei weitere führende Mitarbeiter zuFreiheitsstrafen zwischen sechs Jahren und sechs Monaten und zehn Jahren verurteilt (Anlage K 223).Die Klägerin hat vorgetragen,ihre Aktivlegitimation ergebe sich bereits aus den vertraglichen Bestimmungen sowie der Abtretung und derErmächtigung durch den Insolvenzverwalter (Bl. 13, 181 f., 572 d. A.). Ferner hat sie behauptet, daseingesammelte Geld habe bei der Bundesbank direkt auf ein Konto ihrer Hausbank eingezahlt werdensollen. Demgegenüber sei nicht - wie tatsächlich geschehen - vereinbart worden, dass ihr Geld zunächstdurch H. mit den Geldern anderer Kunden vermischt und dann auf ein H.eigenes Konto bei der Bundesbankeingezahlt werde (Bl. 3 f., 148 - 155, 544 - 547 d. A.). Lediglich für einige CashCenter sei der Klägerin durchH. vorgespiegelt worden, es müsse zunächst eine Einzahlung auf ein H.Konto erfolgen. Jedenfalls für dieZeit im Februar 2006 unmittelbar vor der Insolvenz habe kein Einverständnis mehr mit dieserVerfahrensweise durch H. bestanden (Bl. 1<strong>08</strong>7 f. d. A.). Das von H. praktizierte Schneeballsystem sei derKlägerin tatsächlich nicht bekannt gewesen (Bl. 144, 164 f., 544 - 553, 1049 f. d. A.). Die erfolgtenEinzelüberweisungen habe die Klägerin auch lediglich ihrer Hausbank zugeordnet und sei weiterhin voneiner Direkteinzahlung im Wege des sog. NichtKontoVerfahrens ausgegangen (Bl. 154 f., 548 - 550, 1055 -1057 d. A.). Die Einzahlungen bei der Bundesbank hätten auch nicht auf ein eigenes Konto der Klägerin,sondern lediglich auf ihr dortiges Hausbankkonto erfolgen können (Bl. 162 f., 548 - 550 d. A.). Fürgelegentlich verspätete Zahlungen habe sie auch nur in geringem Umfang Zinsen erhalten (Bl. 159 - 161 d.A.). Anders als ihr seien der Beklagten die Unregelmäßigkeiten bei H. bekannt gewesen (Bl. 165 - 168, 554 -558 d. A.). Tatsächlich sei auch Bargeld durch die Nichteinzahlung auf die Konten verlorengegangen, weiles vorher unterschlagen oder für andere Zwecke verwendet worden sei, was H. von Anfang an vorgehabthabe (Bl. 169 - 174, 496 - 506, 512 - 514, 540 - 544, 802 - 809, 1038 - 1046 d. A.). Insgesamt sei derVerbleib von 90 Mio. Euro ungeklärt. Es handele sich um einen gedehnten Versicherungsfall, bei dem schondie Abholung des Geldes eine schadensgleiche Vermögensgefährdung darstelle, da keine ordnungsgemäßeWeiterleitung des Geldes gesichert gewesen sei (Bl. 496 - 506, 597 - 600, 803 - 805, 1<strong>08</strong>7 - 1<strong>08</strong>9 d. A.).Ferner sei es dann zu einer unzulässigen Vermengung des Bargeldes der Klägerin mit dem Bargeld andererKunden gekommen. Weiter habe H. bereits vor der Einzahlung des Bargeldes bei den CashCenternAnweisungen erteilt, wie hierüber verfügt werden solle. Schließlich sei dann die nicht vereinbarte Einzahlungauf das Sammelkonto von H. erfolgt, welches keine ordnungsgemäße Ablieferung darstelle, da H. weiterGewahrsam gehabt habe. Von dort sei das Bargeld dann an andere Kunden überwiesen oder für andereZwecke von H., z. B. für das Befüllen von Geldautomaten, verwendet worden (Bl. 214 f., 506 - 512, 595, 807f. d. A.).Die Parteien hätten auch keine reine Transportversicherung vereinbart, sondern eine mit dieser kombinierteHaftpflichtversicherung (Bl. 187 - 198, 479 f., 593 f. d. A.). Gemäß Ziff. 2.1.1 des Vertrages sei die Beklagtefür jegliche Verluste und Schäden, gleichviel aus welcher Ursache, eintrittspflichtig, wobei ebenfallsVeruntreuungen und Unterschlagungen von H. umfasst würden. Die Klägerin habe ihrer Beweislast für denEintritt des Versicherungsfalles genügt, während die Beklagte für einen Verlust erst nach Ende desVersicherungsschutzes verantwortlich sei (Bl. 198 - 205, 514 f. d. A.).Von dem Transportvertrag sei ferner nicht nur Bargeld, sondern auch Buchgeld erfasst, da von einerÜbergabe an eine autorisierte Person im Sinne des Vertrages erst in dem Zeitpunkt gesprochen werdenkönne, wo die Gelder dem Konto der Klägerin bzw. dem ihrer Hausbank gutgeschrieben worden seien (Bl.481 - 497, 595 - 597, 813 - 816, 1027 - 1038 d. A.). Hierzu sei es durch H. gerade nicht gekommen. Für dieEinbeziehung des Giralgeldes spreche weiter der Umstand, dass als Versicherungsnehmerin auch die F. D.


http://app.olg-ol.niedersachsen.de/efundus/volltext.php4?id=4812&ident=Seite 5 von 2522.09.20<strong>08</strong>... GmbH seit dem 1. Dezember 2004 geführt werde, die nur mit Giralgeld befasst gewesen sei (Bl. 487 -490, 816 f., 1036 f. d. A.). Auch der weitere Verbleib des Bargeldes habe nicht abschließend geklärt werdenkönnen (Bl. 514 - 518, Anlage K 72 f., Bl. 809 - 812 d. A.). Ferner stehe der Klägerin auch eineigenständiger Anspruch aus der Versicherungsbestätigung zu, die wie ein Versicherungsschein zubehandeln sei (Bl. 146, 184 - 187, 491 - 495, 591 ff. d. A.).Eine Anfechtung des Vertrages oder der Versicherungsbestätigung durch die Beklagte komme nicht inBetracht (Bl. 523 - 540, 572 - 590, 675 f., 825 - 871, 1046 - 1048, 1090 - <strong>11</strong>01 d. A.). Zunächst sei zum 1.Dezember 2002, nicht dagegen bereits zum 1. Dezember 2001, überhaupt kein neuer Vertrag geschlossenworden, sondern lediglich eine Umstellung des alten Vertrages wegen der EuroUmstellung erfolgt. Eineerneute Risikoprüfung habe es nicht gegeben. Demgegenüber habe die Beklagte seit 1990 Kenntnis vonimmer wiederkehrenden Unterschlagungen bei H. in einer Größenordnung von ca. 155 Mio. Euro bis 2006gehabt, wobei nie irgendeine Überprüfung bei H. erfolgt sei. Die Beklagte habe hier auch durch ihrenMitarbeiter S. zahlreiche Hinweise auf Unregelmäßigkeiten bei H. gehabt, die 1993 sogar zu einerKündigung geführt hätten (Bl. 826 - 856, 1000 - 1003, 1090 - 1099 d. A.). Bei der Umstellung des Vertrageshabe H. die Beklagte ferner nicht ungefragt über Straftaten aufklären müssen (Bl. 860 - 865 d. A.). Auch seidie Anfechtungserklärung unwirksam, weil bereits nur eine pauschale Bezeichnung erfolgt sei (Bl. 856 f. d.A.). Weiter fehle es an einer Vollmacht der Mitversicherer (Bl. 867 f. d. A.). Das Anfechtungsrecht sei fernernach Ziff. 13 des Transportvertrages ausgeschlossen, da der Kunde vor Pflichtverletzungen durch H. habegeschützt werden sollen (Bl. 868 f., 1047 f., 1091 f. d. A.). Die Beklagte habe ferner noch 2005 denVersicherungsschutz trotz Kenntnis der Probleme bei H. bestätigt. Schließlich könne dieVersicherungsbestätigung gegenüber der Klägerin, die ihr eigenständige Rechte einräume, ohnehin nichtnach § 123 BGB angefochten werden (Bl. 579, 869 d. A.). Selbst im Falle einer Anfechtung stünde derKlägerin jedenfalls Versicherungsschutz aus der früheren Police ... zu.Auf die Geltendmachung weiterer Einwendungen habe die Beklagte durch den Versicherungsvertragverzichtet, sodass auch §§ 130, 131 VVG nicht eingriffen (Bl. 216 - 221 d. A.). Eine verspäteteSchadensanzeige habe es ebenfalls nicht gegeben (Bl. 223 ff. d. A.). Eine Summenbegrenzung kommegleichfalls nicht in Betracht, da es sich um einzelne Schadensfälle handele und die Voraussetzungen des §156 VVG nicht vorlägen (Bl. 224 - 227, 234 - 238 d. A.). Der Anspruch sei ferner fällig, da es sich um einenDirektanspruch handele und der Insolvenzverwalter die Forderung anerkannt habe (Bl. 227 - 233 d. A.).Schließlich stehe der Klägerin auch ein eigenständiger Anspruch aus § 280 BGB wegen Verletzung derPrüfungspflichten seitens der Beklagten für H. zu, zumal ihr Mitarbeiter S. persönlich mit demGeschäftsführer W. von H. befreundet gewesen sei und von diesem umfangreiche Geschenke erhaltenhabe (Bl. 238 f., 559 - 562, 871 - 887 d. A.).Die Klägerin hat zunächst einen Betrag von 2.405.953,10 EUR entsprechend dem Versicherungsanteil derBeklagten geltend gemacht. Nachdem aus dem von der Bundesbank sichergestellten Geld mehrfachTeilzahlungen an die Klägerin erfolgt sind, hat sie zuletzt beantragt (Bl. 800 f., 1012 d. A.),die Beklagte zu verurteilen,an die Klägerin 2.043.239,55 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozent aus 2.405.953,10 EUR für denZeitraum vom 22.03.2006 bis einschließlich 22.04.2006,Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 2.405.953,10 EUR für den Zeitraumvom 23.04.2006 bis einschließlich14.07.2006,aus 2.376.415,60 EUR für den Zeitraum vom 15.07.2006 bis einschließlich 03.<strong>08</strong>.2006,aus 2.265,690,60 EUR für den Zeitraum vom 04.<strong>08</strong> 20<strong>08</strong> bis einschließlich 06.09.2006,aus 2.216.390,60 EUR für den Zeitraum vom 07.09.2006 bis einschließlich 18.09.2006,aus 2.199.349,97 EUR für den Zeitraum vom 19.09.2006 bis einschließlich 07.<strong>11</strong>.2006,aus 2.147.516,56 EUR für den Zeitraum vom <strong>08</strong>.<strong>11</strong>.2006 bis einschließlich 28.12.2006 sowieaus 2.043.239,55 EUR seit dem 29. Dezember 2006 und vorgerichtliche Kosten in Höhe von 22.<strong>11</strong>5 EURnebst Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,sowie festzustellen, dass der Rechtsstreit in Höhe von 362.713,60 EUR erledigt ist.Die Beklagte und die Streithelfer haben beantragt (Bl. 913, 445, 1012 d. A.),die Klage abzuweisen.Die Beklagte hat die Ansicht vertreten, der Klägerin fehle bereits die Aktivlegitimation (Bl. 72 f., 356 d. A.).Ferner sei der Verlust nicht vom Versicherungsvertrag erfasst, weil er nur den Transport der Gelder bis zurAblieferung bei der Bundesbank, nicht dagegen spätere Veruntreuungen im Rahmen des Buchgeldeserfasse. Es sei bereits nicht vereinbart worden, dass die Gelder der Klägerin getrennt von denen andererKunden aufzubewahren seien (Bl. 36, 51 f., 367 f., 730 d. A.). Ebenso sei nicht vereinbart worden, dassGeld direkt auf ein Kundenkonto der Hausbank der Klägerin habe eingezahlt werden sollen (Bl. 37, 52 f.,


http://app.olg-ol.niedersachsen.de/efundus/volltext.php4?id=4812&ident=Seite 6 von 2522.09.20<strong>08</strong>332, 729 - 731 d. A.). Nach den vertraglichen Bestimmungen habe ein Schutz nur für die Dauer desTransportes, also während des Gewahrsams von H. an dem versicherten Bargeld bestanden (Bl. 40 - 42,363 f., 370, 684 f., 753 f. d. A.). Allein an diesem spezifischen Transportrisiko habe sich auch die Prämieausgerichtet. Der Versicherungsschutz habe dagegen mit der Abgabe des Bargeldes geendet (Bl. 75 - 78,363 f. d. A.). Eine Versicherung von Buchgeld sei zu keinem Zeitpunkt vereinbart worden (Bl. 78 f., 364 -376, 684 - 690, 917 f., 926 - 934 d. A.). Hierbei sei zu berücksichtigen, dass H. die eingesammelten Gelderzunächst zentral auf zwei seiner Konten eingezahlt und diese dann erst mit Verspätung von z. T. mehrerenTagen an die Kunden ausgekehrt habe. Dieses sog. Pool bzw. Sammelüberweisungsverfahren sei auch derKlägerin bekannt gewesen (Bl. 48, 54 - 59, 328 - 342, 428 - 430, 731 f., 1078 d. A.). Die Klägerin habe fürdie verspätete Zahlung jeweils Zinsen erhalten. Die Nichtpraktizierung des NichtKontoVerfahrens habe sieferner daran erkennen können, dass es täglich nur eine Überweisung gegeben habe, wobei zum Teil nurAbschlagszahlungen erfolgt seien. Die Klägerin habe diese Praxis zu keinem Zeitpunkt gerügt. Das bei derKlägerin eingesammelte Bargeld sei tatsächlich in vollem Umfang bei der Bundesbank eingezahlt worden,während es irgendwelche Verluste auf dem Transport gerade nicht gegeben habe (Bl. 65 - 69, 324 - 327,376, 431 - 434, 736 - 740, 915 f., 923 - 925, 966, 1075 f. d. A.). Diese Nichtpraktizierung desDirekteinzahlungsverfahrens, sondern das Einverständnis der Klägerin mit der zunächst erfolgtenEinzahlung des Geldes auf ein Konto der Firma H., werde auch durch die Aussage des Mitarbeiters F. derKlägerin belegt (Bl. 428 - 430 d. A.). Die Erwähnung der Firma F. GmbH im Versicherungsschein seidemgegenüber unerheblich, da hierdurch der Versicherungsschutz nicht habe ausgeweitet werden sollen(Bl. 684, 687, 749 - 753, 917, 929 - 931 d. A.). Außerdem sei auch diese für die Bearbeitung Bargeldzuständig gewesen. „Autorisierte Person“ im Sinne von Ziff. 3 der Versicherungsbedingungen sei nachalledem der Schleusenmitarbeiter der Bundesbank, nicht dagegen das Geschäftskonto der Klägeringewesen (Bl. 688 f., 746 - 748, 917 d. A.). Ferner liege auch kein Fall der Verschollenheit (Bl. 82 f., 371 f. d.A.) oder ein Anerkenntnis der Beklagten vor (Bl. 349 - 353 d. A.). Auch eine schadensgleicheVermögensgefährdung durch die bloße Entgegennahme des Geldes seitens H. habe nicht vorgelegen (Bl.367 - 370, 740 f., 915 f. d. A.).H. habe mit der Beklagten auch nur eine reine Transportversicherung geschlossen, in der lediglich noch diegesetzliche Haftung von H. einbezogen worden sei, während es eine ausdrückliche Genehmigung derBeklagten auch für eine Haftung von H. aus Vertrag nicht gebe (Bl. 39 f., 360 - 362, 365 d. A.).Eine Leistungsfreiheit der Beklagten ergebe sich ferner daraus, dass die Klägerin wegen Kenntnis desÜberweisungsverfahrens den Versicherungsfall schuldhaft gem. §§ 130, 131 VVG herbeigeführt habe (Bl.83 - 85, 372 - 374 d. A.). Ferner liege eine Gefahrerhöhung wegen Nichteinhaltung der Verpflichtung zurDirekteinzahlung vor (Bl. 86 - 88 d. A.). Eine weitere Leistungsfreiheit resultiere aus verspäteterSchadensanzeige und Verletzung der Schadensminderungsobliegenheit (Bl. 88 - 91 d. A.). Jedenfalls habedie Beklagte den Vertrag und die Versicherungsbestätigung aber wirksam wegen arglistiger Täuschungangefochten (Bl. 321 - 323, 357, 691 - 695, 700 - 725, 919 f., 935 - 950, 960 - 966, 1062 - 1064 d. A.). DieBeklagte habe mit H. einen neuen Vertrag zum 1. Dezember 2001 wegen der anstehenden EuroUmstellunggeschlossen, während es sich nicht nur um die Umstellung eines alten Vertrages gehandelt habe. IhrAnfechtungsrecht ergebe sich daraus, dass H. bereits vor dem 1. Dezember 2001 umfangreich dasSchneeballsystem betrieben habe. Die Beklagte habe bei Abschluss dieses Zusatzvertrages demgegenüberkeine Kenntnis hiervon gehabt. Es habe jeweils nur vereinzelte Schadensmeldungen gegeben. DieAnfechtung sei auch nicht ausgeschlossen, da ein derartiger umfassender Verzicht sich aus demVersicherungsvertrag nicht ergebe. Die Anfechtungserklärung sei ferner wirksam, da es nur um den Anteilder Beklagten gehe. Im Übrigen hätten die Mitversicherer ihre Erklärung nachgeholt. Eine Bestätigung desanfechtbaren Rechtsgeschäftes durch die Beklagte liege ebenfalls nicht vor. Irgendeine Kenntnis desVersicherungsmaklers M. GmbH müsse die Beklagte sich nicht zurechnen lassen, da diese alleine für dieKlägerin tätig geworden sei. Infolge der wirksamen Anfechtung des Vertrages bestehe auch die alte Policenicht fort.Auch ein Schadensersatzanspruch der Klägerin aus § 280 BGB komme nicht in Betracht (Bl. 342 - 348, 381- 383, 952 - 958, 967 - 969 d. A.). Die Beklagte habe keine Kenntnis von den Vorgängen bei H. gehabt.Außerdem obliege ihr gegenüber der Klägerin keine eigenständige Prüfpflicht. Schließlich hat die Beklagtedie Höhe des geltend gemachten Schadens in Abrede gestellt (Bl. 70 f., 92 f., 354 f., 742 d. A.) und geltendgemacht, der Anspruch sei der Höhe nach begrenzt, da es sich um ein einheitliches Schadensereignis miteiner maximalen Deckungssumme von 5 Mio. Euro handele (Bl. 99 - 104, 374 - 381, 760 f. d. A.). Wegender Vielzahl der angemeldeten Ansprüche müsse ferner § 156 Abs. 3 VVG mit der Folge einer quotalenVerteilung angewendet werden, sodass auf die Klägerin nur ein Anspruch von 34.500 EUR entfalle.Mit <strong>Urteil</strong> vom 22. November 2007 hat das Landgericht die Klage abgewiesen (Bl. <strong>11</strong>05 - <strong>11</strong>17 d. A.). DieKlägerin sei zwar aktivlegitimiert. Es fehle jedoch an einem Versicherungsfall, weil nur das Bargeldversichert sei und es bei dem Transport keinen Bargeldverlust gegeben habe. Dem Versicherungsvertraglasse sich nicht entnehmen, dass auch Giralgeld vom Versicherungsschutz erfasst sein solle. Nach demWortlaut der Vereinbarung handele es sich vielmehr um eine reine Transportversicherung, die diespezifischen Risiken des Transportes abdecken solle. Diese Risiken entfielen jedoch mit Einzahlung des


http://app.olg-ol.niedersachsen.de/efundus/volltext.php4?id=4812&ident=Seite 7 von 2522.09.20<strong>08</strong>Geldes bei der Bundesbankfiliale. Aus einer Bezugnahme auf den Transportvertrag der Klägerin mit H. seikein weitergehender Versicherungsschutz zu entnehmen. Der zeitliche Versicherungsschutz sei eindeutigdurch Ziff. 3 des Vertrages begrenzt. Auch die Einbeziehung der F. GmbH in den Kreis der mitversichertenUnternehmen spreche nicht dafür, dass Giralgeld in den Versicherungsschutz habe einbezogen werdensollen. Maßgeblich seien alleine die Bestimmungen des Versicherungsvertrages. Es gebe ferner keineAnhaltspunkte dafür, dass der Versicherungsvertrag habe erweitert werden und auch das Buchgeld beimPoolVerfahren habe umfassen sollen. Die Klägerin habe ferner nicht dargelegt, dass die Verluste desGeldes bereits vor Einzahlung bei der jeweiligen Filiale der Bundesbank entstanden seien. Verluste undSchäden seien erst durch die anderweitige Verwendung des Geldes auf dem Konto von H. entstanden.„Autorisierte Person“ im Sinne von Ziff. 3.2 der Versicherungspolice sei der für den Empfang des Geldeszuständige Mitarbeiter der Bundesbank gewesen. Das Pooling der Gelder auf einem Kundenkonto derH.Gruppe sei auch mit Billigung der Klägerin erfolgt. Dies ergebe sich bereits daraus, dass die KlägerinSammelüberweisungen erhalten habe. Auch habe der Zeuge F. in seiner Vernehmung eingeräumt, dass dieGelder zunächst auf ein Bundesbankkonto der H.Gruppe eingezahlt und sodann auf das Konto der Klägerinüberwiesen werden sollten. Hiermit habe die Klägerin sich einverstanden erklärt. Die widerrechtlicheAneignung des Geldes habe auch noch nicht mit der Einzahlung, sondern erst mit der Überweisung zuanderen Zwecken stattgefunden. Ein Verlust von Bargeld am 17. und 18. Februar 2006 habe die Klägerindagegen nicht hinreichend dargelegt. Sie sei auch beweispflichtig für den Verlust der Gelder auf derversicherten Transportstrecke bis zur Übergabe an die Bundesbankfiliale, woran es jedoch fehle. Nach denvorliegenden Unterlagen seien vielmehr die Gelder der Klägerin weitgehend bei den verschiedenenCashCentern gesammelt und bei der Bundesbank eingezahlt worden. Der Klägerin stehe schließlich auchkein Schadensersatzanspruch aus § 280 BGB zu, da es eine drittschützende Nebenpflicht zur Kontrolle derVersicherungsnehmerin aus dem Versicherungsvertrag nicht gebe. Ferner sei eine Kenntnis der Beklagtenvon der erheblichen Liquiditätslücke und dem entwickelten Schneeballsystem oder gar ein kollusivesZusammenwirken mit der H.Gruppe nicht erkennbar.Hiergegen richtet sich die Berufung der Klägerin.Sie rügt zunächst fehlerhafte Tatsachenfeststellungen des Landgerichts. So sei der Vertrag zur Police ...gerade keine reine Transportversicherung, sondern enthalte auch haftpflichtversicherungsrechtlicheElemente (Bl. 1<strong>08</strong>9 1094, 1244 - 1246 d. A.). „Autorisierte Person“ im Sinne von Ziff. 3 des Vertrages seiferner die Hausbank der Klägerin bzw. deren eigenes Kundenkonto, woraus auch der Versicherungsschutzfür Buchgeld folge. Die Einbeziehung von Giralgeld in den Vertrag werde ferner durch die Aufnahme der F.GmbH in den Versicherungsschutz bestätigt. Auch habe die M. GmbH selbst im Namen der Beklagten derC....bank ebenfalls zur Police ... mit Schreiben vom 12. Juli 2004 (Anl. BK 22, Bl. 1302 d.A.) bestätigt, dassauch Verluste aus der Veruntreuung von Werten auf Treuhandkonten versichert seien, woraus sichebenfalls ergebe, dass auch Giralgeld habe versichert werden sollen (Bl. 1258 - 1260 d. A.).Zu einer Billigung des PoolVerfahrens durch die Klägerin sei es demgegenüber nicht gekommen (Bl. 1094 -1098, <strong>11</strong>20 f., 1247f. d. A.). Die Vornahme einer Überweisung pro Tag spreche nicht dafür, dass das Geldzuvor bei H. gepoolt worden sei. Das erklärte Einverständnis sei auch erschlichen worden und habe sich nurauf einzelne Standorte von H. bezogen, wozu der Zeuge F. vernommen werden müsse. Bargeldverlusteseien bereits vor Einzahlung bei der Bundesbank eingetreten durch einen Eingehungsbetrug bei Abholendes Geldes, Vermischen des Geldes mit dem anderer Kunden, Ausstellen abredewidrigerÜberweisungsaufträge vor Einzahlung des Geldes und Einzahlung des Geldes auf ein Eigenkonto von H.(Bl. 1098 - <strong>11</strong>02 d. A.). Die Vermengung von Geldern verschiedener Kunden sei H. von der Beklagten überdie M. GmbH auch ausdrücklich untersagt worden (Bl. 1254f. d. A., Anl. BK 16). Ferner habe H. ausweislichvon Mitteilungen der Bundesbank keine Befugnis zu einem Pooling von Kundengeldern auf einem Kontogehabt (Bl. 1256 - 1258, Anl. BK 18 - 20). Jedenfalls sei eine erteilte Einwilligung der Klägerin zu dempraktizierten Verfahren wegen der Insolvenzreife von H. erloschen. Demgegenüber habe die Beklagte ihrePrüfungspflichten grob fahrlässig verletzt, da es in der Vergangenheit viele Schadensfälle gegeben habeund H. umfangreiche Geschenke dem Mitarbeiter S. der Beklagten zur Verfügung gestellt habe (Bl. <strong>11</strong>03 -<strong>11</strong><strong>08</strong>, <strong>11</strong>26 - <strong>11</strong>28, 1249 - 1251 d. A.). Aus diesen fehlerhaften Tatsachenfeststellungen resultierten auchentsprechende Rechtsfehler des Landgerichtes. So habe dieses Umfang und Dauer desVersicherungsschutzes nicht zutreffend voneinander abgegrenzt (Bl. <strong>11</strong>09 - <strong>11</strong>13 d. A.). DerVersicherungsschutz ende erst mit dem Eingang des Geldes auf dem Konto der Klägerin oder ihrerHausbank, sodass auch Buchgeld versichert sei. Ferner habe das Landgericht die Darlegungs undBeweislast verkannt, da die Beklagte beweisen müsse, dass der Verlust des Geldes außerhalb desversicherten Zeitraumes erfolgt sei (Bl. <strong>11</strong>13 - <strong>11</strong>15, 1248 f. d. A.). Weiter ergebe sich aus einemeingeholten Sachverständigengutachten, dass bereits hinsichtlich des Bargeldes verschiedeneStraftatbestände durch H. und damit der Eintritt eines Versicherungsfalles vorlägen (Bl. <strong>11</strong>16 - <strong>11</strong>20, <strong>11</strong>24,1246f. d. A.). Der Betrug beim Abholen des Geldes, das Vermischen mit dem Geld anderer Kunden, dasAbgeben von Überweisungsaufträgen vor Einzahlung des Geldes bei der Bundesbank sowie die dannerfolgte Einzahlung auf ein H.eigenes Konto stellten Straftatbestände gemäß §§ 246, 263, 266 StGB dar.Ferner ergebe sich ein eigener Anspruch der Klägerin aus der Versicherungsbestätigung gemäß §§ 280,328 BGB (Bl. 1<strong>08</strong>8f., <strong>11</strong>21 - <strong>11</strong>24, 1243, 1249 d. A.). Durch diese Versicherungsbestätigung sei eineigenständiger Anspruch der Klägerin begründet worden, sodass die Beklagte die Pflicht gehabt habe, sie


http://app.olg-ol.niedersachsen.de/efundus/volltext.php4?id=4812&ident=Seite 8 von 2522.09.20<strong>08</strong>über die kriminellen Machenschaften von H. aufzuklären.Eine Anfechtung des Versicherungsvertrages durch die Beklagte komme ebenfalls nicht in Betracht (Bl.1251 - 1254, 1260 - 1271 d.A.). So fehle es bereits an einer Täuschung der Beklagten, weil diese von denLiquiditätsschwierigkeiten von H. gewusst habe, was sich etwa aus den Prämienrückständen von H. in denJahren 1998 - 2003 ergebe. Eine Täuschung durch Unterlasen einer Aufklärung durch H. komme ohnehinnicht in Betracht. Das Anfechtungsrecht sei ferner wegen einer unwirksamen Anfechtungserklärung sowieauf Grund der Wertungen von § 123 II 1 BGB, Ziff. 13.1 und 13.4 des Vertrages ausgeschlossen. Im übrigenhabe es zum 01.12.2001 bereits überhaupt keinen Neuabschluss einer Versicherung gegeben, da dieBeklagte immer nur eine einheitliche Vertragsnummer verwendet habe und nur eine interne Umstellungdurch die M. GmbH erfolgt sei, weshalb weitere Prämien auch nur als Folgeprämien bezeichnet wordenseien. Weitere Vertragsergänzungen habe es dann erst zum 01.12.2002 gegeben. Jedenfalls führe eineNichtigkeit des Neuvertrages zur Policen - Nr. ... aber auch zu einer Unwirksamkeit desAufhebungsvertrages zur Policen - Nr. ... und damit zum Wiederaufleben der Police Nr. ... .Nachdem die Klägerin zunächst die Zahlung von 2.035.578,34 EUR nebst Zinsen verlangt hat (Bl. 1<strong>08</strong>1 f. d.A.), hat sich ihr Schaden durch weitere Zahlungen des Insolvenzverwalters vermindert (Bl. 1209 - 1212 d.A.). Die Klägerin beantragt nunmehr (Bl. 12<strong>08</strong>, 1319 f. d. A.),das <strong>Urteil</strong> des Landgerichts Hannover vom 22. November 2007 abzuändern und die Beklagte zu verurteilen,an die Klägerin einen Betrag in Höhe von 1.665.874,81 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunktenaus einem Betrag von 2.405.953,10 EUR für den Zeitraum vom 22.03.2006 bis einschließlich 22.04.2006,Zinsen in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus einem Betrag von 2.405.953,10 EURfür den Zeitraum vom 23.04.2006 bis einschließlich 14.07.2006,aus einem Betrag von 2.376,415,60 EUR für den Zeitraum vom 15.07.2006 bis einschließlich 03.<strong>08</strong>.2006,aus einem Betrag von 2.265,690,60 EUR für den Zeitraum vom 04.<strong>08</strong>.2006 bis einschließlich 06.09.2006,aus einem Betrag von 2.216,390,60 EUR für den Zeitraum vom 07.09.2006 bis einschließlich 18.09.2006,aus einem Betrag von 2.199.349,97 EUR für den Zeitraum vom 19.09.2006 bis einschließlich 07.<strong>11</strong>.2006,aus einem Betrag von 2.147.516,56 EUR für den Zeitraum vom <strong>08</strong>.<strong>11</strong>.2006 bis einschließlich 28.12.2006,aus einem Betrag von 2.043.239,55 EUR für den Zeitraum vom 29.12.2006 bis einschließlich 25.01.2007sowieaus einem Betrag von 2.035.578,34 EUR für den Zeitraum vom 26.01.2007 bis einschließlich 05.05.20<strong>08</strong>,aus einem Betrag von 1.901,104,10 EUR für den Zeitraum vom 06.05.20<strong>08</strong> bis einschließlich <strong>08</strong>.05.20<strong>08</strong>,aus einem Betrag von 1.831.600,89 EUR für den Zeitraum vom 09.05.20<strong>08</strong> bis einschließlich 12.05.20<strong>08</strong>,aus einem Betrag von 1.8<strong>11</strong>.217,39 EUR für den Zeitraum vom 13.05.20<strong>08</strong> bis einschließlich 19.05.20<strong>08</strong>,aus einem Betrag von 1.726.188,26 EUR für den Zeitraum vom 20.05.20<strong>08</strong> bis einschließlich 23.05.20<strong>08</strong>,aus einem Betrag von 1.701.120,37 EUR für den Zeitraum vom 24.05.20<strong>08</strong> bis einschließlich 24.06.20<strong>08</strong>,aus einem Betrag in Höhe von 1.665.874,81 EUR seit dem 25.06.20<strong>08</strong>sowie vorgerichtliche Kosten in Höhe von 22.<strong>11</strong>5 EUR nebst Zinsen hierauf in Höhe von acht Prozent überdem Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen,und festzustellen, dass sich der Rechtsstreit im übrigen erledigt hat.Die Beklagte beantragt (Bl. <strong>11</strong>55, 1319 d. A.),die Berufung zurückzuweisen.Sie macht geltend, die Versicherungsbestätigung sei nur als reine Information ohne weitergehenden Inhaltanzusehen (Bl. <strong>11</strong>58 f., <strong>11</strong>77 d. A.). Im übrigen sei sie inhaltlich richtig. Die H.Gruppe habe mit derBeklagten ferner nur einen reinen Transportversicherungsvertrag, dagegen keine Geld oderGeldwertversicherung geschlossen (Bl. <strong>11</strong>61 - <strong>11</strong>67 d. A.). Der Gegenstand der Versicherung habe sich, wiesich u. a. aus Ziffern 3, 4, 5 und 12 des Vertrages ergebe, nicht auf Giralgeld bezogen. Auch die Aufnahmeder F. GmbH habe nicht zu einer Abänderung des Versicherungsschutzes geführt. Zu einem Verlust vonBargeld sei es zu keinem Zeitpunkt gekommen (Bl. <strong>11</strong>67 - <strong>11</strong>75 d. A.). Es fehle an einem „stofflichen“ Zugriffauf der Transportstrecke. Diese Transportstrecke sei durch Übergabe des Geldes an den entsprechendenBundesbankmitarbeiter beendet worden. Auf das danach vorgenommene Pooling komme es schon gar nichtan, weil Giralgeld nicht versichert sei. Jedenfalls sei die Klägerin aber nach der Aussage des Zeugen F. mitdiesem Verfahren einverstanden gewesen. Das Geld sei auf dem Konto von H. bei der Bundesbankeingezahlt und erst danach für andere Zwecke verwendet worden. Schließlich bestehe auch kein Anspruchaus § 280 BGB (Bl. <strong>11</strong>76 - <strong>11</strong>92 d. A.). Es gebe keine Überwachungspflicht des Versicherungsnehmersdurch den Versicherer zugunsten der versicherten Person. Die Beklagte habe keine Kenntnis von denVorgängen bei H. gehabt, die sicheren einen Schluss auf das praktizierte Schneeballsystem zugelassenhätten. Demgegenüber habe die Klägerin das Schneeballsystem wegen der ihr gegenüber erfolgten Art undWeise der Überweisungen erkennen müssen.


http://app.olg-ol.niedersachsen.de/efundus/volltext.php4?id=4812&ident=Seite 9 von 2522.09.20<strong>08</strong>Im übrigen wird auf den wechselseitigen Parteivortrag nebst Anlagen verwiesen.II.Die Berufung ist unbegründet. Das angefochtene <strong>Urteil</strong> beruht weder auf einem Rechtsfehler (§§ 513 Abs. 1,1. Alt., 546, § 561 analog ZPO) noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrundezulegenden Tatsachen eineandere Entscheidung (Bl. 513 Abs. 1, 2. Alt. ZPO). Der Klägerin steht gegen die Beklagte kein Anspruch aufZahlung von 1.665.874,81 EUR nebst Zinsen gem. §§ 1 Abs. 1 S. 1, 49, 75, 129 VVG i. V. m. Ziff. 2.1.<strong>11</strong> derValorenversicherung zur Police Nr. ... zu.1. Die Klägerin ist aktivlegitimiert. Es handelte sich um eine Versicherung für fremde Rechnung gemäß § 74Abs. 1 VVG. Dies ergibt sich daraus, dass gemäß Ziff. <strong>11</strong>.3.1 der Police ... Schadenszahlungen mitbefreiender Wirkung nur direkt an die Auftraggeber der Versicherungsnehmerin für die vom Schadenbetroffenen Transporte erfolgen können. Gemäß § 75 Abs. 2 VVG kann der Versicherte ohne Zustimmungdes Versicherungsnehmers über seine Rechte nur verfügen und diese Rechte nur gerichtlich geltendmachen, wenn er im Besitz eines Versicherungsscheins ist. Hierbei kann die Frage, ob eine derartigeZustimmung bereits in § 5 des Transportvertrages zwischen der H. T. GmbH und der Klägerin liegt, wonachH. alle gegenwärtigen und künftigen, mit diesem Vertrag zusammenhängenden Versicherungsansprüche andie Klägerin abtritt, offen bleiben. Jedenfalls hat der Insolvenzverwalter durch sein Schreiben vom 14.Februar 2007 die erforderliche Zustimmung nach § 75 Abs. 2 VVG erteilt (Anlage K 1<strong>08</strong>).2. Ein Anspruch aus der Valorenversicherung zur Policen - Nr. ... ist nicht gegeben, weil nach demVersicherungsvertrag nur das von H. transportierte Bargeld versichert ist (zu a), ein derartiger Bargeldverlustjedoch nicht vorliegt (zu b). Außerdem wurde der Versicherungsvertrag wirksam angefochten und auch dervorherige Vertrag zur PolicenNr. ... nicht wiederhergestellt (zu c).a) Zutreffend ist das Landgericht zunächst davon ausgegangen, dass die Police ... lediglich Verluste vonBargeld abdeckt und deshalb der Versicherungsschutz mit der Ablieferung des Geldes bei der zuständigenFiliale der Bundesbank bzw. der Einzahlung des Geldes auf das Konto von H. endete. Eine Versicherungvon Buch bzw. Giralgeld ist demgegenüber nicht vereinbart worden. Die Klägerin konnte hier nach Wortlaut,Systematik und erkennbarem Sinnzusammenhang der Police ... nicht davon ausgehen, dass von dieserauch Buchgeld umfasst wird.Versicherungsbedingungen sind so auszulegen, wie sie ein durchschnittlicher Versicherungsnehmer beiverständiger Würdigung, aufmerksamer Durchsicht und Berücksichtigung des erkennbarenSinnzusammenhanges verstehen muss (BGH VersR 1993, 957). Hierbei kommt es auf dieVerständnismöglichkeiten eines Versicherungsnehmers ohne versicherungsrechtliche Spezialkenntnisse an.aa) Zunächst ergibt sich bereits aus dem auf Seite 2 der Police genannten „Gegenstand der Versicherung“eindeutig, dass lediglich Sachen, nicht dagegen Forderungen versichert werden sollen. Dort werden alsGegenstand der Versicherung Hartgeld, Banknoten, Schecks, Wertpapiere, Briefmarken, sämtlicheEdelmetalle, Schmuck, handelsübliches Beleggut, Datenträger bzw. belege und sonstige Wertgegenständesowie Behältnisse wie Kassetten und Taschen erwähnt. Diese müssen sich im Gewahrsam von H. befinden.Das kommt mithin nur für Bargeld während des eigentlichen Transportes in Betracht, nicht dagegen fürbereits auf ein Konto eingezahltes Buchgeld. Dieses stellt lediglich eine Forderung gegen das jeweiligeGeldinstitut dar, welche sich auch nicht „in Gewahrsam“ von H. befinden kann.Bei dieser Art der Valorenversicherung handelt es sich mithin um eine Sachversicherung von Gütern, nichtdagegen um eine Geld oder Geldwertversicherung (vgl. BGH VersR 20<strong>08</strong>, 395). Soweit es in derBestimmung zum Gegenstand der Versicherung weiter heißt, dass Versicherungsschutz während sämtlicherTransporte, Lagerungen, Bearbeitung und sonstiger vom Versicherungsnehmer vertraglich übernommenerTätigkeiten besteht, geht es hierbei lediglich um die Art und Weise der von H. übernommenen Tätigkeiten. Injedem Fall muss es sich aber wegen der Beschreibung des Gegenstandes der Versicherung um einen„stofflichen Zugriff“ auf die versicherte Sache handeln. Ein derartiger „stofflicher Zugriff“ kommt beivertragswidriger Verfügung über sich auf Konten befindliches Buchgeld dagegen von vornherein nicht inBetracht (vgl. BGH, a. a. O.).Diese Beschränkung auf Bargeld kommt auch noch einmal deutlich in der Versicherungsbestätigung vom17. Mai 2005 zum Ausdruck, wo es zu „Versicherte Interessen“ heißt, erfasst würden Transporte undLagerungen von Hartgeld und/oder Banknoten und/oder Wertpapieren und/oder handelsüblichem Beleggutund/oder Datenträgern bzw. belegen sowie Behältnissen wie Kassetten, Taschen usw. im Gewahrsam vonH.. Gerade diese Beschränkung auf Transporte und Lagerungen zeigt, dass hiermit lediglich dieTransportstrecke von der Abholung des Geldes beim Kunden bis zur Einzahlung bei der zuständigenBundesbankfiliale gedeckt ist. Abredewidrige Verfügungen über ein Konto stellen demgegenüber wedereinen Transport noch eine Lagerung dar.


http://app.olg-ol.niedersachsen.de/efundus/volltext.php4?id=4812&ident=Seite 10 von 2522.09.20<strong>08</strong>bb) Hierfür spricht auch die Regelung über die Dauer der Versicherung in Ziffer 3 der Police. Hiernachbeginnt sie mit der Übergabe der versicherten Güter an die Versicherungsnehmerin und endet, wenn dieversicherten Güter bei der vom Auftraggeber vorher bezeichneten Stelle einer autorisierten Personübergeben wurden. Sowohl die Begriffe „Übergabe“ als auch „Versicherte Güter“ passen von vornherein nurauf Sachen, nicht dagegen auf Forderungen, sodass Buchgeld hiervon nicht erfasst werden kann. LediglichBargeld kann an einer vom Auftraggeber bezeichneten Stelle einer autorisierten Person übergeben werden,nicht dagegen Forderungen. Hätten die Parteien demgegenüber eine Geldversicherung oderGeldwertversicherung vereinbaren wollen, so hätte nichts nähergelegen, als dies ausdrücklich vertraglichbeim Gegenstand und Umfang der Versicherung zu regeln. Hier hätte ausdrücklich bestimmt werdenkönnen, dass auch Buchgeld, welches in Forderungen von H. gegenüber Kreditinstituten verkörpert ist, vomVersicherungsschutz erfasst ist, jedenfalls so lange, bis dieses auf ein Eigenkonto der Klägerin oder einKonto der Hausbank der Klägerin überwiesen wird, Zugriffsmöglichkeiten von H. also nicht mehr gegebensind. Eine derartige Erweiterung des Versicherungsschutzes haben die Parteien nach dem Wortlaut derVersicherungspolice aber nicht vorgenommen.cc) In Ziffer 4 der Police werden ferner verschiedene Haftungshöchstsummen festgelegt, bei denen keineder Regelungen dafür spricht, dass hier auch Buchgeld mitversichert sein könnte. Vielmehr werdenzunächst verschiedene Haftungshöchstsummen für Transporte in gepanzerten und ungepanzertenFahrzeugen genannt. Ferner beschreibt Ziffer 4.1.7 das sog. Bürgersteigrisiko. Dieses beginnt in demAugenblick, in dem die versicherten Gegenstände aus dem geschützten Bereich des Fahrzeugesherausgenommen worden sind, um über die freie, ungeschützte Straße und/oder den Hof in das Gebäudegebracht zu werden. Dieses Bürgersteigrisiko endet in dem Augenblick, in welchem die Tür desbetreffenden Gebäudes hinter dem mit der Beförderung beauftragten Besatzungsmitglied geschlossen wird.Diese Regelung spricht mithin ebenfalls dafür, dass die Versicherung zu dem Zeitpunkt endet, in dem dasBargeld dem zuständigen Mitarbeiter der Bundesbank zur Einzahlung auf das Konto übergeben wird.Weitere Regelungen finden sich dann für das Risiko des Einbruchs sowie der Lagerung und/oderBearbeitung bei Gewahrsam der Versicherungsnehmerin. Auch dies kommt lediglich für Bar, nicht dagegenfür Buchgeld in Betracht.dd) Weiter enthält Ziffer 5 der Police Regelungen zur Prämie (Anlage B 2), die ebenfalls ausschließlich fürdie Fälle der Versicherung von Bargeld infrage kommen können. So werden unterschiedliche Prämienvorgesehen für Papiergeldtransporte, Papiergeldlagerung und bearbeitung, Hartgeldlagerung, Bearbeitungund Transport sowie Belegguttransporte und Kurierdienste. An keiner Stelle ist demgegenüber vongesondert ausgewiesenen Prämien für den Fall die Rede, dass eingesammelte Gelder bereits auf Konteneingezahlt und dann an die jeweiligen Auftragnehmer weitergeleitet wurden. Eine derart gesonderte Prämiefür die Bearbeitung von Buchgeld wäre aber zu erwarten gewesen, wenn dieses auch hätte versichertwerden sollen.ee) Weiter enthält Ziffer 12 der Police Regelungen über die Verschollenheit, die ebenfalls nur auf BargeldAnwendung finden können. Hiernach leistet der Versicherer Ersatz wie im Falle eines Totalverlustes, wennGüter verschollen sind oder die Güter durch Entziehung oder sonstige Eingriffe von hoher Hand angehaltenoder zurückgehalten werden. Die Güter sind verschollen, wenn zum Zeitpunkt ihrer geplanten Ankunft 30Tage verstrichen sind und keine Nachricht über ihren Verbleib bei der Versicherungsnehmerin eingegangenist. Eine derartige Verschollenheit mit einer fehlenden Nachricht über den Verbleib von „Gütern“ kannindessen nur bei Sachen, nicht dagegen bei Forderungen wie Buchgeld in Betracht kommen.ff) Für die Versicherung von Buchgeld spricht auch nicht die Regelung in Ziffer 2 der Police über denUmfang der Versicherung. Hier ist zwar bestimmt, dass versichert sind jegliche Verluste und/oder Schädengleichviel aus welcher Ursache einschließlich Veruntreuung und/oder Unterschlagung durch dieVersicherungsnehmerin. Ferner wird ausdrücklich die gesetzliche Haftung von H. gegenüber denAuftraggebern mitversichert. Diese Regelung bezieht sich indessen nur auf den Umfang der Versicherungund regelt eine „Allgefahrendeckung“, die eine Deckung für jede Art des Eintritts des Versicherungsfallesvorsieht. Hierbei wird ausdrücklich über eine reine Transportversicherung hinaus auch ein Haftpflichtrisikoabgedeckt, soweit der Verlust des Geldes auf Veruntreuungen oder Unterschlagungen durch dieVersicherungsnehmerin beruht.Diese Vorschrift regelt dagegen nicht den Gegenstand und die Dauer der Versicherung, für die die Policegesonderte Bestimmungen enthält. Insoweit ergibt sich aus den Vereinbarungen indessen, dass gerade nurBargeld versichert sein soll. Lediglich dieses ist dann gegen jede Art der eingetretenen Gefahr versichert.Demgegenüber kann die Allgefahrendeckung nicht dahin ausgelegt werden, dass sie insgesamt eineGeldversicherung oder Geldwertversicherung darstellt, die die Klägerin gegen jedes auch von H. verwirkteHaftpflichtrisiko absichern soll. Vielmehr handelt es sich vorliegend, wie sich auch aus der Bezeichnung derPolice ergibt, um eine Valorenversicherung. Gegenstand einer solchen Versicherung sind ausschließlich die


http://app.olg-ol.niedersachsen.de/efundus/volltext.php4?id=4812&ident=Seite <strong>11</strong> von 2522.09.20<strong>08</strong>einzelnen Valoren, d. h. die Sachen während des Transportes durch das befördernde Unternehmen (BGHVersR 20<strong>08</strong>, 395. 2003, <strong>11</strong>71). Kennzeichen der danach versicherten Transportgefahr ist, dass die Sachewährend ihrer Beförderung fremder und wechselnder Obhut überlassen werden muss und dadurch einererhöhten Gefahr des Sachzugriffs ausgesetzt wird. Eine derartige Gefahr besteht bei Buchgeld nicht bzw.nur in geringerem Maße. Soll dieses mitversichert werden, bedürfte es einer speziellen Regelung, die sichaus dem Versicherungsschein nicht ergibt.gg) Diese Einbeziehung auch von Buchgeld in den Versicherungsschutz ergibt sich ferner nicht daraus,dass während des laufenden Vertragsverhältnisses noch die F. D. ... GmbH in den Kreis derVersicherungsnehmer einbezogen wurde. Hierbei spielt es zunächst keine Rolle, ob diese Gesellschaft imWesentlichen im Bereich der Bearbeitung von Buchgeld oder gerade auch bei dem Transport von Bargeldtätig werden sollte. Ebenfalls kann offen bleiben, inwieweit der Beklagten genaue Einzelheiten der Tätigkeitdieser Gesellschaft aus der H.Gruppe bekannt waren oder nicht. Es bestehen jedenfalls keinehinreichenden Anhaltspunkte dafür, dass alleine durch die nachträgliche Erstreckung desVersicherungsschutzes auch auf diese Gesellschaft inhaltlich für diese sowie für sämtliche anderenGesellschaften der H.Gruppe der Versicherungsschutz auf Buchgeld erweitert werden sollte. Dies hätteangesichts der übrigen vertraglichen Regelungen, die eindeutig nur für eine Versicherung von Bargeldsprechen, einer ausdrücklichen Regelung bedurft. Für den Umfang des Versicherungsschutzes sindinsoweit alleine die vertraglichen Regelungen über Gegenstand, Dauer und Umfang der Versicherungmaßgeblich, nicht dagegen die Frage, welche Gesellschaften vom Versicherungsschutz erfasst sind. Solltedie Beklagte hier die F. GmbH in den Kreis der Versicherungsnehmer aufgenommen haben, obwohl fürdiese nach deren Tätigkeitsfeld bedingungsgemäß gar kein Versicherungsschutz in Betracht kommenkonnte, würde dies allenfalls einen Schadensersatzanspruch dieser Gesellschaft gegen die Beklagte wegenFalschberatung begründen, nicht dagegen den Inhalt des Versicherungsschutzes auch zugunsten deranderen Versicherungsnehmer der H.Gruppe erweitern.hh) Ebenfalls nicht für eine von vornherein vereinbarte Einbeziehung des Giralgeldes in denVersicherungsschutz spricht der Umstand, dass die H.Gruppe im November 2005 bei Abschluss derExzedentenversicherung mit den Streitverkündeten versucht hat, auch derartiges Buchgeld mit in denVersicherungsschutz einzubeziehen (vgl. Bl. 366 d.A., Anlage B 16: a):„Coverage for nonphysical exposure per Electronic Funds Transfer and the like to be included, subject tosatisfactory exposure and security arrangements provided to underwriters hereon.“Dieser Schutz auch des unbaren Zahlungsverkehres wurde von den Streitverkündeten ausdrücklichabgelehnt (vgl. Ablage B 16 a). Hieraus kann indessen nicht geschlossen werden, dass H. bereits vonvornherein davon ausging, dass in dem Vertrag mit der Beklagten ebenfalls Buchgeld versichert ist.Vielmehr kann der Versuch der Haftungserweiterung in der Exzedentenversicherung auch so verstandenwerden, dass H. hier eine Versicherung für Buchgeld vornehmen wollte, die bisher bei der Beklagten nichtabgedeckt war.ii) Auch der Inhalt der von der Klägerin mit der H.Gruppe geschlossenen Transport undGeldbearbeitungsverträge spricht nicht zwingend dafür, dass hier Buchgeld mitversichert werden sollte.Zunächst ist bereits zweifelhaft, ob und inwieweit die Beklagte sich überhaupt den Inhalt derTransportverträge im Rahmen der Auslegung des Versicherungsvertrages entgegenhalten lassen muss.Zwar wird im Versicherungsvertrag beim Gegenstand der Versicherung erwähnt, versichert seien Hartgeldetc. „in Gewahrsam von H. sowie von eingesetzten Subunternehmern, einerlei, ob die Sache Eigentum desVersicherungsnehmers oder Dritter ist, während sämtlicher Transporte, Lagerungen, Bearbeitung undsonstiger vom Versicherungsnehmer vertraglich übernommener Tätigkeiten.“Ferner wird in Ziff. 2.1.3 des Vertrages die von H. übernommene vertragliche Haftung erwähnt. Insoweitbestimmt allerdings bereits Ziff. 2.1.3, dass Versicherungsschutz für eine über die gesetzliche Haftung vonH. gegenüber den Auftraggebern hinausgehende vertragliche Haftung nur nach vorheriger ausdrücklicherGenehmigung durch den führenden Versicherer in Betracht kommt, die hier nicht erteilt wurde. Ferner wirdjedenfalls nicht ausdrücklich auf die von H. mit der Klägerin abgeschlossenen Verträge Bezug genommen,insbesondere werden diese nicht unter Ziffer 1 bei den Grundlagen der Versicherung genannt.Unabhängig von der Frage, ob die Beklagte sich überhaupt den Inhalt der Transportverträge zwischen derKlägerin und H. entgegenhalten lassen muss und diese kannte, ergibt sich jedenfalls auch aus deren Inhaltnicht eindeutig, dass hier auch Buchgeld versichert sein sollte. So ist in § 1 Ziff. 2 des Vertrages zwischender Klägerin und der H. Transport GmbH lediglich davon die Rede, dass der Auftragnehmer demAuftraggeber für Verlust, Vernichtung oder Beschädigung der ihm zur Beförderung übergebenenGegenstände im Rahmen der bestehenden Versicherung haftet. Nach § 2 des Vertrages ist derAuftragnehmer ferner verpflichtet, die Gegenstände auf schnellstem Weg abzuliefern. Bloßes Buchgeldkann indessen nicht als ein derartiger Gegenstand angesehen werden, der zu befördern ist, und derverloren, vernichtet oder beschädigt werden könnte.


http://app.olg-ol.niedersachsen.de/efundus/volltext.php4?id=4812&ident=Seite 12 von 2522.09.20<strong>08</strong>Im weiteren Vertrag zwischen der Klägerin und der N. ... GmbH ist in Ziffer 1 hinsichtlich desDienstleistungsumfangs vorgesehen, dass der Auftragnehmer die Tageseinnahmen auszuzählen hat(Banknoten) und die Einzahlung des gezählten und bearbeiteten Geldes bei einem Geldinstitut nach Wahldes Auftraggebers erfolgen soll. Auch diese Regelung kann sich nur auf Bargeld beziehen. Dem steht auchnicht Ziffer 4 des Vertrages entgegen, wonach nach Beendigung des Zählvorganges die Geldnoten gemäßden Richtlinien der Deutschen Bundesbank aufbereitet und das Gesamtvolumen des ausgezählten Geldesauf das Konto des Auftraggebers eingezahlt wird. Insoweit ist zunächst unstreitig, dass nach Auszählungdes Geldes, welches bundesbankfertig zu machen war, die Einzahlung bei den verschiedenenNiederlassungen der Deutschen Bundesbank zu erfolgen hatte. Dort konnte die Klägerin selbst aber keineigenes Konto unterhalten. Allenfalls kam hier eine Einzahlung des Geldes auf ein Konto ihrer Hausbank inBetracht. Tatsächlich haben die Parteien die Einzahlungsweise aber übereinstimmend in der Weisevorgenommen, dass zunächst die Einzahlung des Geldes auf ein eigenes Konto von H. erfolgte, und danacherst die Weiterleitung an die Beklagte vorgenommen wurde (dazu unten zu 2. b) cc)). Jedenfalls bestehenaber unabhängig hiervon keine Anhaltspunkte dafür, dass die von der Klägerin mit der H.Gruppegeschlossenen Transportverträge sich von vornherein auch auf die Bearbeitung von Buchgeld bezögen, undauf dieser Grundlage entsprechend auch der Versicherungsvertrag zwischen der Beklagten und H.auszulegen wäre.jj) Ohne Erfolg beruft die Klägerin sich demgegenüber erstmals im Berufungsverfahren mit Schriftsatz vom3. September 20<strong>08</strong> auf ein Schreiben der M. GmbH vom 12. Juli 2004 an die C....bank zurVersicherungsbestätigung zur Police ... (Anl. BK 22, Bl. 1302 d.A.). In diesem Schreiben heißt es u. a.:„auf Veranlassung von H. bestätigen wir Ihnen im Namen der M. in Ergänzung bzw. als Klarstellung zur o. a.Versicherungsbestätigung,...3. dass Verluste aus Veruntreuung von Werten auf Treuhandkonten und diemissbräuchliche Verwendung von ...Schecks mitversichert sind.“Zunächst ist das Schreiben nicht an die Klägerin, sondern an die C.bank gerichtet, so dass aus diesemunmittelbar ohnehin nicht folgt, dass auch im Verhältnis zur Klägerin eine Versicherung der Veruntreuungvon Werten auf Treuhandkonten erfolgen soll. Welchen Hintergrund dieses an die C.bank gerichteteSchreiben hat, auf wessen Veranlassung es verfasst wurde und welche Verhandlungen bzw.Vereinbarungen diesem vorausgingen, ist nicht ersichtlich. Jedenfalls lässt sich ihm nicht entnehmen, dassdie M. GmbH hier eine verbindliche Auslegung der Police Nr. ... nicht nur gegenüber der C.bank, sonderngegenüber allen Versicherten aus diesem Vertrag vornehmen wollte. Dagegen spricht bereits, dass imEingang des Schreibens nicht nur von einer Klarstellung, sondern auch von einer Ergänzung derVersicherungsbestätigung gesprochen wird. Dies kann dahin verstanden werden, dass einzelne Punktedieses Schreibens eine reine Klarstellung darstellen, was etwa für Ziff. 4 gilt mit dem Hinweis, dassObliegenheitsverletzungen durch H. im Außenverhältnis zum Auftraggeber nicht zuDeckungseinschränkungen führen (vgl. Ziff. 13.4 der Police ...), oder für Ziff. 5 mit der subsidiären Deckungfür Subunternehmer (vgl. Ziff. 2.2.5 der Police ...). Andere Punkte wie etwa Ziff. 3 mit der Versicherung auchfür Treuhandgeld deuten demgegenüber auf der Grundlage der obigen Erwägungen auf eine Ergänzung desbestehenden Versicherungsschutzes hin, was auf einem entsprechenden Wunsch des Versicherten (hierder C.bank) beruhen kann. Im Verhältnis zur Klägerin lässt sich hieraus dagegen nichts herleiten. Dagegenspricht insbesondere auch der Umstand, dass in der Versicherungsbestätigung der M. GmbH vom 17. Mai2005 zugunsten der Klägerin, die zeitlich nach dem Schreiben vom 17. Juli 2004 an die C.bank datiert, voneiner derartigen Versicherung auch von Werten auf Treuhandkonten an keiner Stelle die Rede ist. Hinzukommt, dass das Schreiben vom 12. Juli 2004 sich unmittelbar nur auf Treuhandkonten bezieht. Ihm kanndagegen nicht entnommen werden, dass es sich darüber hinaus auf eine Versicherung jeder Form vonBuchgeld bezieht. Vorliegend handelte es sich bei dem Konto von H. bei der Bundesbank, auf das dieeingesammelter Gelder eingezahlt wurden, nämlich ohnehin bereits nicht um ein Treuhandkonto imeigentlichen Sinn.Die Klägerin hat auch nicht vorgetragen, dass zwischen H. und der Beklagten von Anfang an Einigkeitdarüber bestanden hätte, dass Buchgeld mitversichert ist, es sich also trotz der abweichenden Regelungenin der Police um den Fall einer bloßen Falschbezeichnung handelt („falsa demonstratio non nocet“), H. unddie Beklagte mithin den Vertrag dahin verstanden hatten, dass auch Buchgeld versichert ist. Auch für einenachträgliche einvernehmliche Vertragsabänderung in dieser Hinsicht fehlt es an Vortrag der Klägerin oderin diese Richtung gehenden Anhaltspunkten.Dagegen spricht insbesondere auch der Sinn und Zweck einer derartigen Versicherung. Es handelt sich umeine ValorenTransportversicherung als Sachversicherung von Gütern, die mithin grundsätzlich dieVerwirklichung eines spezifischen Transportrisikos voraussetzt und lediglich für den Bereich derTransportstrecke auch auf gesetzliche Haftpflichtansprüche gegenüber H. als Transportunternehmen


http://app.olg-ol.niedersachsen.de/efundus/volltext.php4?id=4812&ident=Seite 13 von 2522.09.20<strong>08</strong>erweitert wird. Gerade für den Bereich dieser Transportstrecke von der Abholung des Geldes in den Filialender Klägerin bis zur Ablieferung bei den jeweiligen Filialen der Bundesbank besteht in erhöhtem Maße dieGefahr eines stofflichen Zugriffs auf die versicherte Sache. Demgegenüber bestehen derartige besondereRisiken nach Einzahlung der gesammelten Gelder bei der Bundesbankfiliale grundsätzlich nicht, da hier inder Regel der weitere Verbleib des Geldes durch Einzahlungs und Überweisungsbelege sowieKontoauszüge nachprüfbar ist und nur ein beschränkter Personenkreis Zugriff auf die betreffenden Kontenhat. Hätte die Klägerin demgegenüber umfassend den Schutzes einer Geldversicherung oderGeldwertversicherung gewünscht, so hätte es hierzu einer entsprechenden vertraglichen Vereinbarungbedurft, an der es indessen fehlt. Aus diesen Gründen kann auch nicht der entgegenstehendenEntscheidung des LG Hamburg vom 20. September 2007 (409 O 53/06) in einem ähnlich gelagertenSachverhalt gefolgt werden, wo das Landgericht angenommen hatte, der Versicherungsvertrag deckesämtliche Risiken bis zur Einzahlung der der Firma H. übergebenen Geldbeträge auf ein Konto desAuftraggebers.b) Auf dieser Grundlage kommt der Eintritt eines bedingungsgemäßen Versicherungsfalles nicht in Betracht.Darlegungs und beweispflichtig hierfür ist die Klägerin (zu aa). Hier hat sie nicht den Beweis erbracht, dassdas Geld bereits auf der Transportstrecke bis zur Einzahlung bei der Bundesbank verlorengegangen ist (zubb). Auch die Einzahlung des Geldes auf ein Eigenkonto von H. bei der Bundesbank stellt wegen desEinverständnisses der Klägerin hiermit keinen Versicherungsfall dar (zu cc).aa) Bei dem zwischen H. und der Beklagten vereinbarten Versicherungsvertrag, bei welchem es sich primärum eine Transportversicherung handelt, die lediglich einzelne Elemente einer zusätzlichenHaftpflichtversicherung aufweist, muss die Klägerin darlegen und beweisen, dass der geltend gemachteSchaden in den vertraglich abgesteckten Schutzbereich der Versicherung fällt (vgl. BGH VersR 20<strong>08</strong>, 395).Es muss sich mithin um einen körperlichen Zugriff auf eine gegenständliche und zudem für einen Transportvorgesehene Sache handeln. Hieran ändert auch der Umstand nichts, dass die Parteien eine sog.Allgefahrenversicherung vereinbart haben, die gem. Ziff. 2.1.1 des Vertrages jegliche Verluste und/oderSchäden, gleichviel aus welcher Ursache, ersetzt. Diese Regelung betrifft lediglich den Umfang derVersicherung und nicht die Art und Weise des Zugriffs auf die versicherte Sache. Auch lässt sie denGegenstand der Versicherung und insbesondere den zeitlichen Rahmen unberührt. Insoweit muss allein dieKlägerin darlegen und beweisen, dass versichertes Bargeld bis zur Ablieferung an die autorisierte Persongem. Ziff. 3.2 des Vertrages abhanden gekommen ist. Es bedarf mithin des Nachweises der Übergabe desGutes an das Transportunternehmen sowie des Verlustes des Transportgutes während des versichertenTransportes, wohingegen dem Versicherer der Nachweis obliegt, dass das Schadensereignis auf derVerwirklichung einer nicht versicherten Gefahr beruht (<strong>OLG</strong> Frankfurt VersR 2002, 354). Diesen Nachweiseines bedingungsgemäßen Versicherungsfalles innerhalb der zeitlichen Grenzen der Versicherung auf derGrundlage einer reinen Versicherung von Bargeld hat die Klägerin nicht führen können.bb) Zunächst hat die Klägerin bereits nicht hinreichend dargelegt, dass es zu dem Verlust des Bargeldesbereits auf der Transportstrecke zwischen Abholung bei ihren Filialen und der Ablieferung bei denZweigstellen der Bundesbank gekommen wäre. Es gibt keine konkreten Anhaltspunkte dafür, dass geradeam 17. und 18. Februar 2006 von der Klägerin eingesammelte Gelder durch H. nicht bei der Bundesbankabgeliefert und auf ein Konto, sei es auch das von H., eingezahlt worden wären, sondern für andere Zweckeverwendet wurden. Insbesondere hat die Klägerin nicht konkret und unter Beweisantritt vorgetragen, wann,in welchem CashCenter von H. und in welcher Art und Weise ein bei ihr eingesammelter Bargeldbetrag nichtin einer der Filialen der Bundesbank abgeliefert, sondern zweckwidrig anderweitig verwendet wurde. Soweitdie Klägerin allgemein auf die chaotischen Zustände in den CashCentern von H. verweist, wo Gelder derverschiedenen Kunden untrennbar miteinander vermischt worden sein sollen, unsachgemäße Lagerungendes Geldes in Kühlschränken und Mülleimern erfolgten, durch Mitarbeiter von H. Bargelder abgeholt wurdenoder Bargeld für die Bestückung von Geldautomaten verwendet wurde, ist nicht ersichtlich, dass es einederartige Vorgehensweise gerade auch am 17. und 18. Februar 2006 zulasten der Klägerin gegeben hätte.Insoweit kann aus allgemeinen Unregelmäßigkeiten oder auch aufgrund von H. bereits während derTransportphase begangener Straftaten nicht darauf geschlossen werden, dass es auch hier zu einemstofflichen Zugriff auf das Geld als Sache gekommen wäre. Ebenso kommt es nicht darauf an, ob H. eineVermischung von Geld in den CashCentern vertraglich untersagt war.Maßgebend sind vielmehr im Gegenteil die Ergebnisse aus den Ermittlungen der vom Insolvenzverwaltereingeschalteten Wirtschaftsprüfer E. ... . Aus deren Ermittlungen ergibt sich, dass in den CashCentern, indenen am 17. und 18. Februar 2006 auch die Gelder der Klägerin eingegangen sind, diese auch fastvollständig bei den einzelnen Filialen der Deutschen Bundesbank eingezahlt wurden. Ausweislich derAufstellung Anlage K 73 liegt die sog. Einzahlungsquote an den beiden Tagen ganz überwiegend bei über99 %. Größere Abweichungen werden lediglich für G. am 18. Februar 2006 mit ca. 88 % Einzahlungsquoteund insbesondere für I. am 17. Februar 2006 mit ca. 20 % Einzahlungsquote angegeben. Auch hier istjedoch nicht ersichtlich, dass gerade Gelder der Klägerin in dem Fehlbetrag enthalten sind und nicht bei derBundesbank eingezahlt wurden. Insbesondere in I. (bzw. M.), wo von 4.127.740,55 EUR nur 1.143.020 EUR


http://app.olg-ol.niedersachsen.de/efundus/volltext.php4?id=4812&ident=Seite 14 von 2522.09.20<strong>08</strong>bei der Bundesbank eingezahlt wurden, stammt lediglich ein Betrag von 56.735 EUR aus dem Bestand derKlägerin (vgl. Anlage K 75). Entsprechend lässt sich, was auch die Klägerin selbst einräumt (vgl. Bl. 519 d.A.), gerade nicht feststellen, dass die überwiegend nur geringen Differenzbeträge von unter einem Prozentgerade ihr Bargeld im Bereich dieses CashCenters betroffen hätten.Es liegt auch kein Fall der Verschollenheit nach Ziffer 12 der Police vor. Verschollenheit ist nur danngegeben, wenn zum Zeitpunkt der geplanten Ankunft der Güter 30 Tage verstrichen sind und keineNachricht über ihren Verbleib bei der Versicherungsnehmerin eingegangen ist. Hiermit sind indessenlediglich die Fälle gemeint, in denen durch den Versicherungsnehmer als Transporteur Güter abgesandtwurden, aus tatsächlich nicht mehr für ihn aufklärbaren Gründen aber nicht am Bestimmungsortangelangten. Hier ist demgegenüber kein Bargeld „verschollen“. Vielmehr hatte H. alsVersicherungsnehmerin selbst immer Kenntnis über den Verbleib des transportierten Geldes und hat dieseslediglich im Ergebnis bestimmungswidrig nicht an die Klägerin als Auftraggeberin weitergeleitet.Die Klägerin kann auch nicht mit ihrer vorgebrachten „4StufenTheorie“ gehört werden, wonach es einenVersicherungsfall bereits vor der abredewidrigen Verwendung des sich auf dem Konto von H. bei derBundesbank befindlichen Geldes gegeben hätte. Insoweit hat die Klägerin sich darauf berufen, bereits in derEntgegennahme der Gelder durch Transportmitarbeiter von H. habe ein Eingehungsbetrug gelegen. Weiterhabe es Untreue und Unterschlagung bei der Vermischung der Gelder in den CashCentern gegeben. Fernerseien entsprechende Straftaten bei der Erteilung von Überweisungsaufträgen vor Einzahlung bei derBundesbank begangen worden. Spätestens läge eine Unterschlagung bzw. Untreue aber in der Einzahlungder Gelder auf das H.eigene Bundesbankkonto. Insoweit wird indessen verkannt, dass die bloße Absichtvon H., das bei der Klägerin eingesammelte Geld im Ergebnis nicht ordnungsgemäß an diese weiterzuleiten,sondern vom H.eigenen Konto bei der Bundesbank für andere Zwecke zu verwenden, noch keinen Eintritteines Versicherungsfalles darstellt. Ohne Erfolg versucht die Klägerin hier im Ergebnis, mit einer Art„schadensgleicher Vermögensgefährdung“ zu argumentieren. Hierbei wird indessen übersehen, dassversichert nur das Bargeld während des Transportes gegen Verluste und/oder Schäden ist. Bargeld istindessen - wie oben dargelegt - zu keinem Zeitpunkt verlorengegangen, sondern jedenfalls ganzüberwiegend bei der Bundesbank eingezahlt worden. Voraussetzung für einen Versicherungsfall ist abergerade die Verwirklichung einer Gefahr, die sich auf einen stofflichen Zugriff auf die versicherte Sachebezieht (BGH VersR 20<strong>08</strong>, 395).An einem derartigen stofflichen Zugriff fehlt es indessen auch dann, wenn H. von Anfang an nicht dieAbsicht gehabt haben sollte, seine Verpflichtungen aus dem Versicherungsvertrag zu erfüllen. Diesemangelnde Erfüllungsbereitschaft hat sich vielmehr erst in dem Augenblick manifestiert, in dem H. das aufseinem Konto bei der Bundesbank eingezahlte Geld nicht vertragsgerecht an die Klägerin weitergeleitet hat.Insoweit kommt es auch nicht entscheidend darauf an, ob die Mitarbeiter von H. sich vor dem Zeitpunkt derabredewidrigen Verfügung über das Buchgeld bereits eines Betruges, einer Untreue oder einerUnterschlagung schuldig gemacht haben. Entscheidend ist, dass Versicherungsschutz nur für Verluste undSchäden infolge von Eigentumsdelikten besteht, die sich unmittelbar im körperlichen Zugriff auf dieversicherte Sache zeigen, was im Wesentlichen bei Diebstahl, einfacher und veruntreuenderUnterschlagung in Betracht kommt. Allgemeine vermögensrechtliche Straftaten wie Betrug und Untreuewerden dagegen nicht vom Versicherungsschutz erfasst, weil es an einem stofflichen Zugriff auf dieversicherte Sache fehlt und der Vertrag gerade nicht als Geldversicherung oder Geldwertversicherungausgestaltet ist. Diese vertraglichen Vorgaben können nicht „durch die Hintertür“ der Konstruktion vonStraftatbeständen umgangen werden, indem der tatsächliche Zeitpunkt des Schadenseintrittes, der erst inder abredewidrigen Verfügung über das Buchgeld liegt, künstlich nach vorn in den Bereich derTransportstrecke verlagert wird, um so einen gedeckten Versicherungsfall zu konstruieren. Anderenfallshätte ein weitergehender Versicherungsschutz in Form einer Geldversicherung oder Geldwertversicherungvereinbart werden müssen, der unabhängig vom konkreten Schicksal der einzelnen Sache ist. Daran fehltes hier indessen.Aus diesem Grund kommt mangels stofflichen Zugriffs auch kein Versicherungsfall nach Ziff. 2.1.2 derPolice wegen Einbeziehens der gesetzlichen Haftpflicht von H. in Betracht.cc) Kein Verlust oder Schaden im Sinne von Ziff. 2.1.1 der Police Nr. ... liegt auch darin, dass die H.Gruppedas eingesammelte Geld nicht auf ein Konto der Klägerin oder zumindest ein Konto der Hausbank derKlägerin eingezahlt hat, sondern diese Einzahlung zunächst auf zwei Konten von H. bei der DeutschenBundesbank erfolgte.(1) Zwar bestimmt Ziffer 4 des Vertrages zwischen der Klägerin und der N. ... GmbH, dass nach Beendigungdes Zählvorgangs die Geldnoten gemäß den Richtlinien der Deutschen Bundesbank aufbereitet und dasGesamtvolumen des ausgezählten Geldes auf das Konto des Auftraggebers eingezahlt wird. Hierbei kamallerdings, da in jedem Fall das Geld bei einer der Zweigstellen der Deutschen Bundesbank eingezahlt


http://app.olg-ol.niedersachsen.de/efundus/volltext.php4?id=4812&ident=Seite 15 von 2522.09.20<strong>08</strong>werden sollte, eine unmittelbare Einzahlung auf ein Konto der Klägerin nicht in Betracht, da Privatpersonenund Privatunternehmen grundsätzlich keine eigenen Konten bei der Deutschen Bundesbank unterhaltenkönnen. Möglich wäre deshalb allenfalls die Einzahlung auf ein Kundenkonto der Hausbank der Klägerin beider Deutschen Bundesbank gewesen.Insoweit ist fraglich, ob beim reinen Abstellen auf diesen Vertrag der Versicherungsschutz erst mit derGutschrift des Geldes auf dem Konto der Hausbank der Klägerin bei der Bundesbank enden sollte, weil essich hierbei um die Übergabe der „versicherten Güter bei der vom Auftraggeber vorher bezeichneten Stelleeiner autorisierten Person“ im Sinne von Ziff. 3.2 der Police handelt. Bereits eine derartige Auslegung istindessen zweifelhaft, weil sich der Versicherungsschutz auch dann entgegen den obigen Ausführungen aufBuchgeld erstreckt würde. Der Status als Bargeld endete nämlich mit der Übergabe des Geldes durch dieH.Mitarbeiter an die zuständigen Mitarbeiter der Bundesbank. Weitere Manipulationen im Zeitpunktzwischen der Einzahlung des Geldes bei der Bundesbank und einer zu erfolgenden Gutschrift auf demKonto der Hausbank der Klägerin würden bereits nur Buchgeld betreffen. Eine unmittelbare Einzahlung desBargeldes bei der Hausbank der Klägerin sollte gerade nicht erfolgen, sondern zunächst immer die Abgabebei den Filialen der Deutschen Bundesbank.(2) Selbst wenn man Ziffer 3.2 des Vertrages indessen derart erweiternd auslegen würde, so wäre dieHausbank der Klägerin gleichwohl nicht als die „autorisierte Person“ im Sinne dieser Vorschrift anzusehen.H. und die Klägerin haben nämlich durchgängig ein anderes Abwicklungsverfahren praktiziert. Tatsächlichwurde das Geld nicht auf ein Konto der Hausbank der Klägerin bei der Bundesbank eingezahlt, sondern aufeigene Konten von H. bei der Bundesbank. Dort wurde es zusammen mit den Geldern anderer Kunden„gepoolt“ und sodann mit entsprechender Verzögerung an diese weiter überwiesen oder für andere Zweckeverwendet. Mit der Einzahlung ihrer eingesammelten Gelder auf ein H.eigenes Konto bei der Bundesbankwar die Klägerin aber ausdrücklich einverstanden. So hat der Zeuge F., der bei der Klägerin im BereichFinanzen tätig ist, in seiner polizeilichen Vernehmung bekundet, der mit H. geschlossene Vertrag habevorgesehen, dass das Geld, welches in den Filialen abgeholt wurde, über Nacht gezählt und am folgendenBankwerktag auf das Konto der Klägerin bei der Deutschen Bank eingezahlt wird (Bl. 438 - 440 d. A.).Zunächst sei angedacht gewesen, dass direkt bei der Deutschen Bundesbank zugunsten des Kontos derKlägerin bei der ... Bank eingezahlt werde. Nach Auskunft eines Verantwortlichen von H. habe dieseVorgehensweise aber nicht erfolgen können, weil die Bundesbank nur bundesbankfertige Gelder annehme.Stattdessen sollte das Geld deshalb durch die einzelnen H.Filialen auf das Bundesbankkonto der H.Gruppeeingezahlt werden. Anschließend sollten die Gelder durch die Zentrale von H. in V. auf das Konto derKlägerin überwiesen werden. Mit dieser Verfahrensweise habe die Klägerin sich auch einverstanden erklärt.Entsprechendes sei mündlich vereinbart worden.Entsprechend ist die Abwicklung dann auch durchgängig erfolgt, so dass es einer erneuten persönlichenVernehmung des Zeugen F. nicht bedarf, weil unstreitig die Klägerin zu keinem Zeitpunkt sich gegen diedann praktizierte Vorgehensweise gewandt hat. Soweit die Klägerin geltend macht, dieses Einverständnissei erschlichen worden und habe sich nur auf einzelne Standorte bezogen, lässt sich eine derartigeBeschränkung der Aussage des Zeugen F. nicht entnehmen. Er hat vielmehr bekundet, dass dieseVerfahrensweise generell so gehandhabt wurde und eine zentrale Überweisung durch H. an die Klägerinerfolgte. Dem entsprechen auch die vorgelegten Kontounterlagen. So weisen Kontoauszüge der Klägerinvom 1. Februar 2006 und 6. Februar 2006 aus, dass dort jeweils ihrem Konto bei der ... Bank in F. Beträgeim Wege einer Sammelüberweisung gutgeschrieben wurden (Anlagen B 5, B 7). Ausdrücklich wird beidiesen Überweisungen auf vorgenommene Abrechnungen von H. verwiesen. Die Klägerin konnte dahernicht davon ausgehen, dass hier im Wege des sog. NichtKontoVerfahrens von H. bei den einzelnenBundesbankFilialen eingezahlte Gelder unmittelbar dem Konto ihrer Hausbank gutgeschrieben wurden. Dieshätte grundsätzlich vorausgesetzt, dass die Gelder zumindest getrennt nach den einzelnen Einzahlungenbei den verschiedenen Bundesbankfilialen aufgeführt werden. Anhaltspunkte dafür, dass die Klägerin mitihrer Hausbank vereinbart hätte, dass diese zunächst sämtliche von H. bei der Hausbank eingezahltenGelder sammelt und dann nur noch mit einem einzelnen Betrag dem Konto der Klägerin zur Verfügung stellt,bestehen nicht. Hiergegen spricht auch der Inhalt der Kontoauszüge, wo gerade von Abrechnungen von H.die Rede ist.Ferner ergibt sich aus der Aussage des Zeugen F. das Einverständnis und die Kenntnis von der durch H.praktizierten Vorgehensweise, das Geld zunächst auf ein Konto von H. einzuzahlen und dies erst dann andie Klägerin weiter zu überweisen. Da H. der Klägerin das Geld wegen des praktizierten„Schneeballsystems“ teilweise gar nicht taggenau oder am nächsten Bankwerktag zur Verfügung stellenkonnte, ist es hier auch mehrfach zu Abschlagszahlungen mit runden Summen gekommen, wie etwa derBankauszug Anlage B 7 ausweist. Hiernach hat die Klägerin etwa am 6. Februar 2006 einmal 1 Mio. Euround einmal 2 Mio. Euro erhalten, wobei sich dies jeweils auf Abrechnungen durch H. vom 4. Februar 2006und 3. Februar 2006 bezog. Auch hieraus konnte die Klägerin unzweifelhaft entnehmen, dass ihr diesesGeld von H. überwiesen wurde und es nicht zu unmittelbaren Einzahlungen im NichtKontoVerfahren auf dasKonto ihrer Hausbank kam. Diese oder auch die Bundesbank hätten keine Veranlassung gehabt, der


http://app.olg-ol.niedersachsen.de/efundus/volltext.php4?id=4812&ident=Seite 16 von 2522.09.20<strong>08</strong>Klägerin runde Abschlagszahlungen zur Verfügung zu stellen.Die Kenntnis der Klägerin von dem bei H. praktizierten System ergibt sich ferner daraus, dass sie - wennauch nur in geringem Umfang - durch H. bei verspäteten Zahlungen Zinsen erhielt. So hat die Klägerinselbst eingeräumt, in dem Zeitraum 2000 bis 2005 für verspätete Einzahlungen Zinszahlungen von 19.600EUR erhalten zu haben (Bl. 145, 552 f. d. A.). Zu derartigen Zinszahlungen bestand aber nur dannVeranlassung, wenn H. das Geld zunächst auf ein eigenes Konto und dann erst mit einer gewissenVerspätung auf ein Konto der Klägerin bzw. ihrer Hausbank überwies. Bei einer Vorgehensweise im Wegedes NichtKontoVerfahrens mit einer Direkteinzahlung des Bargeldes auf ein Konto der Hausbank derKlägerin hätte es derartige Verspätungen nicht geben können, sodass hier auch keine Zinszahlungenangefallen wären.Gegen die unterlassene Praktizierung des NichtKontoVerfahrens, sondern für die Einzahlung auf einH.eigenes Konto mit einer einmaligen Überweisung pro Abrechnungstag an die Klägerin spricht ferner, dassH. der Klägerin Bundesbankgebühren nicht für einzelne Einzahlungen in Rechnung stellte, sondern nur inHöhe von 3,75 EUR pro Tag (vgl. Anlagen K 37). Wären hier jeweils einzelne Einzahlungen auf das Kontoder Klägerin erfolgt, so wären entsprechend höhere Gebühren pro Einzahlung angefallen. Die Klägerin hatauch nicht mit Substanz dargelegt, wann und in welchem Umfang überhaupt jemals dasNichtKontoVerfahren statt des Umweges der Einzahlung zunächst auf ein H.Konto praktiziert worden wäre.Der Aussage des Zeugen F. ist vielmehr zu entnehmen, dass hier generell eine Einzahlung auf das H.Kontound dann eine einmalige Überweisung durch die Zentrale von H. in V. auf ein Konto der Klägerin erfolgensollte.Die Klägerin kann sich auch nicht darauf berufen, sie sei lediglich durch Täuschung von H. mit derpraktizierten Vorgehensweise einverstanden gewesen. Maßgebend ist, dass sie tatsächlich ihrEinverständnis hierzu erteilt und dieses zu keinem Zeitpunkt widerrufen hat. Es ist auch keineswegs sogewesen, dass H. von vornherein die Absicht hatte, mit der Einrichtung des eigenen Kontos bei derBundesbank die für die Klägerin eingesammelten Gelder bei dieser nicht abzuliefern. Tatsächlichfunktionierte das von H. praktizierte Schneeballsystem zunächst weitgehend reibungslos und ohne Nachteilefür die Klägerin. So hat der Zeuge F. bekundet, noch bis Ende Januar 2006 habe es keine größerenAuffälligkeiten wie verspätete Einzahlungen gegeben (Bl. 440 d. A.). Auch macht die Klägerin selbst nichtgeltend, dass ihr bereits zu einem früheren Zeitraum weitere Schäden als diejenigen entstanden wären, diesich aus der Nichtablieferung des Geldes am 17. und 18. Februar 2006 ergaben, obwohl nach dem eigenenVortrag der Klägerin H. in den Jahren 2000 bis 2005 Gelder in einem Volumen von 5,8 Mrd. Euro bei derKlägerin abholte. Gerade aus dieser zunächst weitgehend reibungslosen Zusammenarbeit und demEinverständnis der Klägerin mit dem praktizierten Verfahren folgt, dass sie sich nunmehr im Nachhineinnicht darauf berufen kann, ihr Einverständnis habe jedenfalls für die konkreten Geldabholungen am 17. und18. Februar 2006 wegen der bevorstehenden Insolvenz und des Zusammenbruchs des Schneeballsystemsvon H. nicht mehr gegolten. Hieraus folgt, dass in jedem Fall der Versicherungsschutz im Sinne von Ziffer3.2 des Vertrages spätestens mit der Einzahlung des Geldes auf den H.eigenen Konten bei der Bundesbankendete. Die eigentliche zweckwidrige Verwendung des Geldes erfolgte dann erst durch die unterlasseneWeiterüberweisung des Geldes an die Klägerin und dessen Verwendung zu anderen Zwecken. Hierbeispielt es auch keine Rolle, ob H. bereits vorher entsprechende Überweisungsaufträge ausgefüllt hatte. Diesekonnten ihre Wirksamkeit erst entfalten, sobald das Geld dem PoolKonto gutgeschrieben war.c) Da sich mithin ergibt, dass zur Police Nr. ... lediglich eine Versicherung von Bargeld erfolgte und einentsprechender Versicherungsfall nicht eingetreten ist, erweist sich das <strong>Urteil</strong> des Landgerichts bereits ausdiesem Grund als zutreffend. Die Beklagte hat den Vertrag aber auch wirksam wegen arglistiger Täuschunggem. § 123 BGB, § 22 VVG angefochten hat, sodass sich das angefochtene <strong>Urteil</strong> ferner auch aus einemanderen Grund als richtig erweist (§ 561 ZPO analog).aa) Die Parteien haben den Vertrag zur Police Nr. ... zum 1. Dezember 2001 in Kraft gesetzt, wie sich ausdem Schreiben der M. GmbH vom 26 November 2001 (Bl. 766 f. d. A.) ergibt. Soweit in einem weiterenSchreiben der M. GmbH vom 16. Juli 2003 (Anlage K 77) auf eine Neuordnung des Versicherungskonzepteserst zum 1. Dezember 2002 Bezug genommen wird, handelt es sich hier lediglich um eine weitere Änderungder Police.Aber auch unabhängig davon, ob die Police ... zum 1. Dezember 2001 oder zum 1. Dezember 2002 in Krafttrat, bestand für die Beklagte jedenfalls ein Anfechtungsgrund, da H. ihr gefahrerhebliche Umständeverschwiegen hatte. Gefahrerheblich sind die Umstände, bei deren Kenntnis der Versicherer den Vertraggar nicht oder jedenfalls nicht mit dem später vereinbarten Inhalt abgeschlossen hätte. Dazu zählen alleobjektiven und subjektiven Umstände, die für die Risikobeurteilung von Bedeutung sein können (vgl. BGHVersR 1994, 7<strong>11</strong>). Hier steht nach den vorliegenden Unterlagen fest, dass die H.Gruppe 2001 bis 2002 inerheblichem Umfang das oben geschilderte Schneeballsystem praktizierte, gravierende Fehlbeträgeentstanden waren und sie sich praktisch im Zustand der Insolvenzreife befand. So ergibt sich aus dem


http://app.olg-ol.niedersachsen.de/efundus/volltext.php4?id=4812&ident=Seite 17 von 2522.09.20<strong>08</strong>Strafurteil des Landgerichts Hildesheim vom 16. August 2007, dass H. bereits seit Mitte der 90er Jahrepermanent das Schneeballsystem betrieb, indem ausstehende Verbindlichkeiten durch neu eingenommeneGelder ausgeglichen wurden (S. <strong>11</strong> des <strong>Urteil</strong>s). Gleichwohl konnten hierdurch die erheblichen Fehlbeträgenicht ausgeglichen werden, was dazu führte, dass in der H.Unternehmensgruppe 2000 und 2001 dieungedeckten Fehlbeträge bereits einen dreistelligen Millionenbetrag in DM erreicht hatten (S. 14 desStrafurteils).Ferner ist in dem Strafurteil festgehalten, dass in den Jahren 2001 und 2002 umfangreiche Überweisungenvon eingenommenen Kundengeldern für andere Zwecke erfolgten (vgl. Bl. 23 - 25 des Strafurteils). Hierbeihandelt es sich jeweils um Beträge in Höhe von mehreren Millionen Euro. Ausweislich des Berichtes desInsolvenzverwalters S. vom <strong>11</strong>. Juli 2006 bestand im Jahr 2002 für die H.Gruppe außerdem bereits ein nichtdurch Eigenkapital gedeckter Fehlbetrag von <strong>11</strong>.259.921,67 EUR (Anlage K 35, Seite 6). DerGeschäftsführer W. der H.Gruppe hat in dem Strafverfahren auch ausdrücklich eingeräumt, ihm seien dieschlechte finanzielle Lage seines Unternehmens und seine Verpflichtung, Konkurs bzw. Insolvenzantrag zustellen, schon seit Anfang der 90er Jahre bekannt und bewusst gewesen (Seite 25 des Strafurteils).Bei der besonders sensiblen Versicherung von Werttransporten liegt es aber auf der Hand, dass massivewirtschaftliche Schwierigkeiten des Transportunternehmens sowie bereits in der Vergangenheit erfolgtezweckwidrige Verwendungen von Geldern in der Form eines Schneeballsystems mit der Folge sichzunehmend aufhäufender Deckungslücken einen für die Übernahme der Gefahr seitens des Versichererswesentlichen Umstand darstellen (vgl. auch <strong>OLG</strong> Düsseldorf, VersR 2006, 785, zur Vorlage gefälschterBilanzen).Offenbleiben kann an dieser Stelle, ob es sich bei der Police ... gegenüber der VorgängerPolice ... um denAbschluss eines neuen Vertrages oder lediglich um den eines Änderungsvertrages handelte. Die §§ 16 ff.VVG sind auch bei einem Änderungsvertrag anwendbar, wenn die bisherige Leistungspflicht desVersicherers inhaltlich oder zeitlich erweitert wird (BGH VersR 1994, 39). Das ist vorliegend der Fall, da inden Vertrag weitere Gesellschaften der H.Gruppe aufgenommen, der Geltungsbereich über dieBundesrepublik Deutschland hinaus erstreckt, in Ziffer 2.12 auch die gesetzliche Haftung von H. gegenüberden Auftragnehmern übernommen, der Anteil der Beklagten als Mitversicherer von 30 % auf 40 % und dieDeckungssumme für die Lagerung auf 30 Mill. EUR erhöht wurde. Insoweit handelt es sich mithin nichtlediglich um rein interne Umstellungen im Bereich des Maklers, sondern jedenfalls um eine mit einerentsprechenden Willenserklärung der Beklagten verbundene Abänderung bzw. Neuordnung des bisherigenVertrages.bb) Die H.Gruppe war auch verpflichtet, dieses praktizierte Schneeballsystem sowie ihre tatsächlich schonbestehende Überschuldung der Beklagten bei Vertragsschluss anzuzeigen. Hierbei spielt es auch keineRolle, ob die Beklagte hiernach ausdrücklich gefragt hat und gar einen schriftlichen Fragenkatalog vorgelegthat. Abgesehen davon, dass beim Abschluss von Versicherungen dieser Art und Größe die Verwendungstandardisierter Fragebögen ohnehin unüblich ist, sondern es sich um individuell konzipierte Verträge nachentsprechenden Vertragsverhandlungen handelt, ist die Verneinung einer schriftlich gestellten Frage nichtAnfechtungsvoraussetzung. Vielmehr kommt bei Arglist, wie § 18 VVG zeigt, auch das Verschweigen vonUmständen in Betracht, nach denen der Versicherer nicht ausdrücklich gefragt hat.Eine Anzeigepflicht von H. entfiel auch nicht deshalb, weil das Unternehmen hierdurch eigene Straftateneingeräumt hätte. Die im Strafrecht nicht bestehende Verpflichtung, sich eigener Straftaten zu bezichtigen,kann nicht ohne weiteres auf das vertragliche Verhältnis zu einem Versicherer übertragen werden. Dieserhat bei Abschluss eines Vertrages ein legitimes Interesse daran zu erfahren, ob und in welchem Umfangggf. durch frühere Handlungen des Versicherungsnehmers die Gefahr des Eintritts von Versicherungsfällenerhöht wird. Dem steht auch nicht die Entscheidung BGH VersR 1996, 1<strong>08</strong>9 entgegen. Zwar hat der BGHdort ausgesprochen, bei Abschluss eines Versicherungsvertrages obliege es dem Versicherungsnehmernicht, sich unaufgefordert der Begehung strafbarer Handlungen, die bisher unentdeckt geblieben seien, zubezichtigen und sich so überhaupt erst der Gefahr strafrechtlicher Verfolgung auszusetzen. Dort ging esindessen um einen bereits abgeschlossenen Sachverhalt, bei dem der Versicherungsnehmer einen früherenBrandschaden, der mit dem aktuellen Versicherungsverhältnis nichts zu tun hatte, nicht offenbart hatte.Vorliegend handelt es sich bei dem praktizierten Schneeballsystem und der Überschuldung demgegenübergerade nicht um einen abgeschlossenen Sachverhalt, sondern um ein von H. seit den 90er Jahrenpraktiziertes Verhalten, welches sich ständig fortsetzte und auch für die weitere Übernahme des Risikos2001/2002 von entscheidender Bedeutung war.Soweit das <strong>OLG</strong> Hamm (VersR 1988, 173) ferner entschieden hat, der Versicherungsnehmer sei beiVertragsschluss nicht verpflichtet, von sich aus seine sehr angespannte finanzielle Lage zu offenbaren, daes bei Abschluss des Vertrages nur um die Brand und Betrugsgefahr, nicht dagegen um die Prämiengefahrgehe, ist diese Fallgestaltung mit dem vorliegenden Sachverhalt ebenfalls nicht vergleichbar. Hier erhöhtenämlich die desolate wirtschaftliche Lage der H.Gruppe gerade die Gefahr, dass es zu unerlaubten


http://app.olg-ol.niedersachsen.de/efundus/volltext.php4?id=4812&ident=Seite 18 von 2522.09.20<strong>08</strong>Entnahmen von Kundengeldern und damit zum Eintritt eines Versicherungsfalles kommen würde.Schließlich trifft den Geschäftsführer einer GmbH gemäß §§ 64, 84 GmbHG ohnehin bei Überschuldungoder Zahlungsunfähigkeit eine Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrages. Hiervon ist er auch dann nichtbefreit, wenn er durch eigene Taten zu dieser wirtschaftlichen Lage beigetragen hat.Bei Abschluss der Police ... hat H. durch das Verschweigen des Schneeballsystems und der Insolvenz aucharglistig gehandelt. Dem Geschäftsführer Weiß der H.Gruppe waren das von ihm praktizierteSchneeballsystem sowie die schlechte wirtschaftliche Lage seiner Unternehmensgruppe bekannt (vgl. S. <strong>11</strong>,75 des Strafurteils). Er hat gerade das Schneeballsystem entwickelt, um hierdurch über die schlechtewirtschaftliche Lage seines Unternehmens hinwegzutäuschen und einen Konkurs bzw. Insolvenzantrag zuverhindern. Angesichts der erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten, in der sich die H.Gruppe befand,kann das Verschweigen dieser Umstände auch nur dem Ziel gedient haben, die Beklagte zum Abschlussdes Vertrages zu bewegen. Es liegt auf der Hand, dass die Beklagte der H.Gruppe bei Kenntnis derkriminellen Machenschaften und der massiven Deckungslücke keinen weiteren Versicherungsschutzgewährt hätte.cc) Das Verschweigen des Schneeballsystems und der Liquiditätslücke bei H. ist auch ursächlich für denAbschluss des Vertrages zur PolicenNr. ... geworden. An der Ursächlichkeit der Täuschung würde es nurdann fehlen, wenn der Beklagten bereits im Zeitpunkt des Abschlusses dieses Vertrages die Liquiditätslückeund das praktizierte Schneeballsystem positiv bekannt gewesen wären. Fahrlässige Unkenntnis oder bloßesMitverschulden schließen dagegen die Arglistanfechtung nicht aus (vgl. PalandtHeinrichs/Ellenberger, BGB,67. Aufl., § 123, Rdnr. 24). Da die Ursächlichkeit im Wege des Anscheinsbeweises bejaht werden kann,wenn die Täuschung nach der Lebenserfahrung geeignet ist, die Erklärung zu beeinflussen (BGH NJW1958, 177. 1995, 2361), wovon vorliegend beim Umfang der wirtschaftlichen Schwierigkeiten von H.auszugehen ist, müsste die Klägerin Umstände dartun, die diesen Anscheinsbeweis erschüttern. Das ist ihrnicht gelungen.Zwar hat sie im Einzelnen vorgetragen, die Beklagte habe bereits seit 1990 Kenntnis von immerwiederkehrenden Schadensfällen bei H. in einer Größenordnung von ca. 155 Mio. Euro bis 2006 gehabt.Derartige Hinweise auf Unregelmäßigkeiten seien der Beklagten auch durch ihren Mitarbeiter S: zurKenntnis gebracht worden, der von der H.Gruppe zahlreiche Geschenke erhalten habe. Die Beklagte habedemgegenüber trotz einer 1993 einmal ausgesprochenen Kündigung keinerlei Überprüfungen dieserUnregelmäßigkeiten bei H. vorgenommen. Selbst wenn die Beklagte indessen Kenntnis von diversenUnregelmäßigkeiten bei H. in den 90er Jahren und seit 2000 gehabt haben sollte, folgt hieraus nicht, dassihr positiv das von H. sowie ihrem Geschäftsführer W. betriebene Schneeballsystem bekannt war oder sieaktuelles und positives Wissen über die erheblichen Fehlbeträge und die Insolvenzreife der H.Firmengruppeim Jahr 2000/2001 hatte. Bloße Verdachtsmomente genügen für eine derartige aktuelle Kenntnis geradenicht. Das gilt selbst dann, wenn der Beklagten diese Umstände aufgrund einfacher oder groberFahrlässigkeit unbekannt geblieben sein sollten. Infolgedessen kann auf eine derartige positive Kenntnisauch nicht aus den von der Klägerin im Schriftsatz vom 3. September 20<strong>08</strong> erwähnten Prämienrückständenvon H. geschlossen werden. Zwar befand sich H. hier mit der Zahlung der Prämien in den Jahren 1998 -2000 in Rückstand und hielt auch den vereinbarten Tilgungsplan teilweise nicht ein. Letztlich wurden dieZahlungen aber, wenn auch mit Verspätung, erbracht. Auf einen weiteren Prämienverzug im Jahre 2003kommt es schon deshalb nicht an, weil dieser erst nach Abschluss der Police ... eintrat.Entscheidend kommt hinzu, dass trotz möglicherweise zunächst aufgetretener Probleme diese tatsächlichvon H. wieder „beseitigt“ wurden und es nicht zur Notwendigkeit der Abwicklung von Versicherungsfällenkam. So heißt es auch im Strafurteil des Landgerichts Hildesheim ausdrücklich, Beschwerden der vomSchneeballsystem betroffenen Kunden habe es bis Anfang 2004 kaum gegeben (dort S. 41). Die denKunden von Mitarbeitern der H.Gruppe gegebenen Ausreden wie Computerprobleme, liegengebliebeneTransportfahrzeuge, Personalprobleme, die Wetterlage u. a. hätten diese vielfach überzeugt. Einige größereKunden hätten H. auch vereinbarungsgemäß Verzugszinsen in Rechnung gestellt und sich mit derenanstandsloser und prompter Bezahlung zufriedengegeben. So habe die H.Gruppe alleine zwischen 2001und Februar 2006 etwa 20 Mio. Euro Verzugszinsen gezahlt. Gab es aber gerade keine wesentlichenKundenbeschwerden, die jedenfalls zu einer Eintrittspflicht der Beklagten führten, so musste diese auchkeine positive Kenntnis von der desolaten wirtschaftlichen Lage von H. sowie dem dort praktiziertenSchneeballsystem haben.Dem entspricht auch die Aussage des Zeugen F., der angegeben hat, es habe bis Ende Januar 2006 keinegrößeren Auffälligkeiten wie z. B. verspätete Zahlungen gegeben. Entsprechend hat auch die Beklagtegeltend gemacht, ihr zugegangene Schadensmeldungen seien regelmäßig noch am selben Tag desEingangs wieder zurückgezogen worden. Ebenso kann allein aus dem Umstand der Freundschaft zwischendem Geschäftsführer Weis von H. und dem Mitarbeiter S. der Beklagten nicht geschlossen werden, dass dieBeklagte konkret in das „Schneeballsystem“ von H. eingeweiht worden wäre und Kenntnis von derentatsächlicher wirtschaftlicher Lage hatte. Daran ändert auch der Umstand, dass dem Mitarbeiter S. von H.


http://app.olg-ol.niedersachsen.de/efundus/volltext.php4?id=4812&ident=Seite 19 von 2522.09.20<strong>08</strong>Geschenke gemacht worden sein sollen, nichts. Auch wenn diese erfolgt sind, folgt hieraus nicht, dass derMitarbeiter S. der Beklagten positive Kenntnis von den tatsächlichen Verhältnissen bei H. hatte.Nicht erheblich ist weiter der Umstand, dass der Versicherungsvertrag von der Beklagten im Jahre 1993einmal gekündigt worden war. Abgesehen davon, dass dies bereits acht Jahre vor Abschluss der Police Nr.... lag und damit keine sicheren Rückschlüsse auf den wirtschaftlichen Zustand von H. 2001/2002 zuließ,wurde der Vertrag 1993 ohnehin nur unter zusätzlich vereinbarten Auflagen fortgesetzt. Schließlich kommtes auf mögliche Schadensmeldungen nach 2001 bis zum Zusammenbruch der H.Gruppe nicht an, da dieseerst zu einem Zeitpunkt erfolgten, als bereits der neue Vertrags zur PolicenNr. ... geschlossen worden war.Ist somit davon auszugehen, dass die Beklagte bei Abschluss der neuen Police ... keine konkrete Kenntnisvom Schneeballsystem, dem erheblichen Defizit sowie der Insolvenzreife der H.Gruppe hatte, so sind dieseihr verschwiegenen Umstände auch kausal für den Abschluss des weiteren Vertrages geworden. Es gibtkeine Anhaltspunkte dafür, dass sie den Vertrag auch bei Kenntnis dieser Risiken abgeschlossen hätte.dd) Die Beklagte hat den Versicherungsvertrag mit der PolicenNr. ... auch wirksam mit Schreiben vom 8.Januar 2007 angefochten. Hierbei kommt es zunächst nicht darauf an, dass die Beklagte nicht sämtlicheAnfechtungsgründe im Einzelnen in diesem Schreiben dargelegt hat. Ausreichend ist es vielmehr, wenn fürden Anfechtungsgegner erkennbar ist, auf welchen tatsächlichen Grund die Anfechtung gestützt werden soll(vgl. PalandtHeinrichs, § 143 Rdnr. 3). Dies wird hier dadurch hinreichend deutlich, dass die Beklagte indem Anfechtungsschreiben auf das bereits vor dem Jahr 2001 verwendete Schneeballsystem bei H. mit derZweckentfremdung von Kundengeldern sowie die bestehende erhebliche Liquiditätslücke verwiesen hat.Zusätzliche erklärende Angaben waren in diesem Schreiben nicht nötig. Ferner wird aus dem Inhalt desSchreibens auch klar, gegenüber welchen Gesellschaften der H.Gruppe sich die Anfechtungserklärungbeziehen soll. Hierbei handelt es sich auch nicht um jeweils selbständige Versicherungsverträge, sondernum den einheitlichen Vertrag zur PolicenNr. ..., der auch in dem Versicherungsschein zurValorenversicherung unter Nennung sämtlicher Versicherungsnehmer der H.Gruppe zusammengefasstworden ist.Ferner hat die Beklagte auch die Anfechtungsfrist des § 124 BGB eingehalten. Gem. § 124 hat dieAnfechtung innerhalb Jahresfrist zu erfolgen, wobei die Frist im Falle der arglistigen Täuschung mit demZeitpunkt beginnt, in welchem der Anfechtungsberechtigte die Täuschung entdeckt. Erforderlich hierfür ist,dass der Anfechtungsberechtigte positive Kenntnis von den die Anfechtung begründenden Umständenerlangt hat. Zwar ist es hierfür nicht erforderlich, dass der Anfechtungsberechtigte alle Einzelheiten derTäuschung kennt, sodass es entscheidend auf den Gesamteindruck ankommt. Allerdings genügt ein bloßerVerdacht oder das Kennenmüssen nicht (BGH WM 1973, 751. PalandtHeinrichs/Ellenberger, § 124, Rdnr.2).Eine derart sichere Kenntnis der Beklagten vor dem 8. Januar 2006 lässt sich indessen gerade nichtfeststellen. Auch hier kommt es nicht darauf an, ob der Beklagten selbst oder über den VersicherungsmaklerM. GmbH in den Jahren 2001 bis 2006 einzelne Schadensfälle gemeldet wurden, sondern entscheidend ist,ob die Beklagte Kenntnis von den Umständen hatte, auf die sie letztlich die Anfechtung gestützt hat, nämlichvon dem von H. praktizierten Schneeballsystem sowie der bei dem Unternehmen bereits bestehendenerheblichen Liquiditätslücke, die faktisch zur Insolvenzreife führte. Hierfür ist indessen nichts ersichtlich.Tatsächlich sind in dem Zeitraum vor dem letztlich erfolgten Zusammenbruch des Schneeballsystems am17. und 18. Februar 2006 regelmäßig Zahlungen durch H. an seine Kunden erfolgt, mögen diese auchteilweise mit gewisser Verspätung erfolgt sein. Entsprechend ist auch im Strafurteil des LandgerichtsHildesheim festgestellt, dass ab September 2005 zwar mehrere Großkunden wie R. und E. bei verzögertenGeldauszahlungen durch zügige Schadensanzeige die Beklagte informierten. Da sie ihr Geld aber dannnoch erhielten, nahmen sie diese Anzeigen jeweils wieder zurück (vgl. S. 43 des Strafurteils). Es istjedenfalls nicht ersichtlich, dass die Beklagte mehr als ein Jahr vor der Anfechtungserklärung bereitsKenntnis von den gravierenden Liquiditätsschwierigkeiten der H.Gruppe erlangt hatte, die sich in diesemZeitraum durchgehend auf einen dreistelligen Millionenbereich bezogen (vgl. S. 49 des Strafurteils).Infolgedessen spielt es hier auch keine Rolle, ob H. im Jahre 2003 Prämienrückstände bei der Beklagtenvon 900.000, EUR hatte. Es ist jedenfalls nicht ersichtlich, das H. im Ergebnis nicht mehr in der Lagegewesen wäre, die Prämien zu zahlen, woraus die Beklagte dann auf eine Insolvenz des Unternehmenshätte schließen müssen. Aus der Mitteilung der Beklagten vom 15. Oktober 2003 ergibt sich vielmehr, dasseine avisierte Teilzahlung von 494.222,70 EUR eingegangen ist und die Zahlung der Differenz von 450.000,EUR durch H. bis Ende der 43. Kalenderwoche 2003 erfolgen soll (Anl. Bk 24). Dass diese Zahlungunterblieb oder es zu einer endgültigen Einstellung der Prämienleistungen durch H. gekommen wäre, stehtauch nach dem Vortrag der Klägerin nicht fest.Die Anfechtungserklärung der Beklagten ist auch nicht nach § 174 BGB unwirksam. Hierbei kommt es aufdie Frage, ob die Beklagte die Versicherung zugleich wirksam und in Vollmacht der Mitversicherer


http://app.olg-ol.niedersachsen.de/efundus/volltext.php4?id=4812&ident=Seite 20 von 2522.09.20<strong>08</strong>angefochten hat, nicht an, sodass die weitere Frage, ob der Insolvenzverwalter von H. und/oder die Klägerindie Anfechtung wegen fehlender Vollmachten zurückweisen konnten, offen bleiben kann, und auch nichtentschieden werden muss, ob die Beklagte die Anfechtung wirksam wiederholt hat. Vorliegend liegt nämlicheine „offene Mitversicherung“ vor, da sich aus der Anlage zur Versicherungspolice ergibt, dass die Beklagtediese nur mit 62,5 % gezeichnet hat (Anlage K 5). In diesen Fällen der offenen Mitversicherung schließt derVersicherungsnehmer rechtlich selbständige Verträge mit den einzelnen Versicherungsnehmern, mögendiese auch formal in einem Vertragstext gebündelt sein (Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., Vor § 58 Rdnr. 3). Dadie Klägerin die Beklagte ohnehin nur auf deren Anteil von 62,5 % in Anspruch nimmt und die Beklagtejedenfalls ihre eigene Erklärung mit Schreiben vom 8. Januar 2007 formal wirksam angefochten hat, ist dasSchicksal der Anfechtung hinsichtlich der übrigen Mitversicherer unerheblich.ee) Das Anfechtungsrecht der Beklagten ist auch weder nach dem Inhalt des Versicherungsvertrages nochnach Treu und Glauben ausgeschlossen.Die Versicherungspolice ... enthält einen derartigen Ausschluss des Rechtes, den Vertrag wegen arglistigerTäuschung anzufechten, an keiner Stelle. Zwar bestimmt Ziffer 13.4, dass Verstöße gegen Obliegenheiten,sonstige Rechtspflichten und Sicherheitsauflagen durch die Versicherungsnehmerin denVersicherungsschutz nicht beeinträchtigen, wobei diese Vereinbarung ausschließlich zugunsten derjeweiligen Auftraggeber, d. h. hier zugunsten der Klägerin gilt. Diese Vorschrift bezieht sich indessen, wiebereits die Überschrift des Abschnitts aussagt, lediglich auf Obliegenheitsverletzungen, d. h. auf Verstößevon H. während der laufenden Vertragszeit. Hiervon werden etwa Verstöße gegen Anzeigeobliegenheiten,Mitwirkungspflichten und Regelungen zur Sicherheit der Transporte umfasst. Eine arglistige Täuschung liegtdagegen bereits vor Vertragsschluss und beeinflusst dessen Zustandekommen und somit das gesamteSchicksal des Vertrages von Beginn an. Mit einer Obliegenheit, sonstigen Rechtspflicht oderSicherheitsauflagen während des laufenden Vertrages hat dies demgegenüber nichts zu tun.Die Klausel kann auch aus der Sicht von H. als verständiger Versicherungsnehmerin oder auch aus derSicht der Klägerin als Versicherter nicht dahin ausgelegt werden, dass sie auch einen Verzicht derBeklagten darauf begründen würde, sich gegenüber dem Versicherten auf eine arglistige Täuschung seitensdes Versicherungsnehmers zu berufen. So konnte die Klägerin diese Bestimmung vernünftigerweise nichtdahin verstehen, dass die Beklagte sich für den Fall einer überhaupt erst zum Vertragsschluss führendenarglistigen Täuschung durch H. des Rechts begeben wollte, dieses treuwidrige Verhalten von H. alsVertragspartnerin auch ihr als Versicherte entgegenzuhalten (vgl. für einen ähnlichen Fall auch <strong>OLG</strong>Düsseldorf, VersR 2006, 785). Anderenfalls wären Unredlichkeiten auf Seiten des zukünftigenVersicherungsnehmers jedenfalls im Verhältnis zum Versicherten sanktionslos Tür und Tor geöffnet, wasersichtlich nicht der erkennbaren Interessenlage der Beklagten entspricht. Entsprechendes musste sichauch der Klägerin als vernünftiger objektiver Dritter aufdrängen. Sie kann nicht redlicherweise davonausgehen, Versicherungsschutz aus einem wegen arglistiger Täuschung von Anfang an nichtigen Vertragzu erhalten. Aus diesen Gründen vermag auch die insoweit entgegenstehende Entscheidung des LGHamburg vom 20. September 2007 (409 O 53/06) nicht zu überzeugen.Die Anfechtung ist auch nicht wegen Verletzung einer Nachfrageobliegenheit seitens der Beklagtenausgeschlossen. Insoweit hält der Bundesgerichtshof an seiner früheren Rechtsprechung, wonach derVersicherungsnehmer sich bei arglistiger Verletzung der Anzeigeobliegenheit auf eine Verletzung einerNachfrageobliegenheit seitens des Versicherers berufen kann, ausdrücklich nicht mehr fest (VersR 2007,96).Die Anfechtung ist schließlich auch nicht nach § 123 Abs. 2 S. 2 BGB ausgeschlossen. Insoweit kommt esnicht darauf an, ob die Klägerin die von H. begangene Täuschung kannte oder kennen musste. DieVorschrift des § 123 Abs. 2 S. 2 BGB findet nämlich zugunsten des Versicherten bei fremder Rechnungkeine Anwendung (vgl. <strong>OLG</strong> Düsseldorf, a. a. O.. PalandtHeinrichs/Ellenberger, § 123 Rdnr. 12). Dritter istnämlich nur der am Geschäft Unbeteiligte, nicht dagegen derjenige, der auf Seiten desErklärungsempfängers steht. Davon ist bei dem Versicherten im Verhältnis zum Versicherungsnehmerindessen auszugehen, wie sich auch aus der Wertung des § 79 VVG zeigt (vgl. BGH VersR 1991, 1404).Entsprechend kann der Versicherer dem Versicherten grundsätzlich alle Einwendungen entgegensetzen, dieaus seinem Vertragsverhältnis zum Versicherungsnehmer resultieren (BGH VersR 1967, 343).ff) Die Beklagte hat den Fortbestand des Versicherungsvertrages auch nicht gem. § 144 BGB bestätigt.Erforderlich hierfür ist ein Verhalten, das den Willen offenbart, trotz der Anfechtbarkeit an demRechtsgeschäft festzuhalten (vgl. PalandtHeinrichs, § 144 Rdnr. 2). Eine Bestätigung setzt daher in derRegel voraus, dass der Bestätigende die Anfechtbarkeit kannte oder mit ihr rechnete (BGHZ 129, 377). Einederartige Bestätigung seitens der Beklagten ist hier nicht ersichtlich. Auch wenn diese in den Jahren 2001bis 2006 Kenntnis von einzelnen Unregelmäßigkeiten durch H. gehabt hat, bedeutet dies nicht, dass siezugleich Kenntnis von dem generell praktizierten Schneeballsystem, der erheblichen Liquiditätslücke sowieder Insolvenzreife von H. gehabt hätte. Nur in einem derartigen Fall könnte in einem Erklärungsverhalten der


http://app.olg-ol.niedersachsen.de/efundus/volltext.php4?id=4812&ident=Seite 21 von 2522.09.20<strong>08</strong>Beklagten eine ausdrückliche oder konkludente Bestätigung des anfechtbaren Rechtsgeschäfts liegen.gg) Rechtsfolge der wirksamen Anfechtung der Police Nr. ... ist gem. § 142 Abs. 1 BGB, dass diese vonAnfang an nichtig ist. Aus ihr kann die Klägerin mithin keine Ansprüche herleiten. Die Anfechtung wirktnämlich nicht nur hinsichtlich der in der Police ... enthaltenen Änderungen, sondern erstreckt sich auf dasgesamte Vertragsverhältnis, da es sich um den Neuabschluss einer Versicherung handelt (zu 1). EinFortbestehen der bisherigen Versicherung Nr. ... kommt daneben nicht in Betracht (zu 2).(1) Treffen Parteien eines Versicherungsvertrages von diesem abweichende Vereinbarungen, so kann essich entweder um eine bloße Abänderung des bestehenden Vertrages oder um dessen Aufhebung und denAbschluss eines neuen Vertrages handeln (vgl. <strong>OLG</strong> Saarbrücken, VersR 2007, 1681. <strong>OLG</strong> Köln, VersR2002, 1225). Maßgebend ist der anhand der §§ 133, 157 BGB unter Berücksichtigung des objektivenEmpfängerhorizonts zu ermittelnde Parteiwille. Hierbei kommt dem Umstand, dass überhaupt ein neuerVersicherungsschein und nicht nur ein Nachtrag ausgestellt wurde, nur geringe Bedeutung zu. Maßgebendsind nicht derartige formale Umstände, sondern es ist darauf abzustellen, welcher Art die angestrebtenVeränderungen der vertraglichen Beziehungen sind. Für einen vollständig neuen Versicherungsvertrag kannsprechen, wenn in der Gesamtheit erhebliche Neuregelungen des versicherten Interesses, derVersicherungssumme, der Prämienhöhe und der Versicherungsdauer erfolgt sind (<strong>OLG</strong> Saarbrücken, a. a.O.). Wegen der weitreichenden Folgen der Ersetzung des bisherigen Versicherungsschutzes durch einenneuen Versicherungsvertrag muss ein dahingehender Vertragswille allerdings deutlich zum Ausdruckkommen.Auch unter Zugrundelegung dieser strengen Anforderungen ist vorliegend vom Abschluss eines neuenVertrages auszugehen. Zunächst ist die bisherige Transportversicherung zur PolicenNr. ... in eine sog.Valorenversicherung zur PolicenNr. ... umgestaltet worden. Dass es sich hierbei auch nach dem Willen derVertragspartner nicht bloß um eine Änderung des bisherigen Vertrages handeln sollte, belegt bereits desSchreiben der Maklerin M. GmbH vom 26. November 2001, in dem sie darauf verweist, die übersandtenAuflagen und Sicherheitsvorschriften seien „Bestandteil des neu abgeschlossenen Vertrages und ersetzenalle bisherigen Vereinbarungen“ (Bl. 766 f. d. A.).Aber auch in der Sache liegen wesentliche Änderungen im Versicherungsschutz vor. Dies bezieht sichzunächst auf die Personen der Versicherungsnehmer in der H.Gruppe. Die Police ... enthältVersicherungsnehmer, die in der Police ... überhaupt nicht aufgeführt waren, nämlich die H. W. ... GmbH,die S. S. ... , die F. D. ... GmbH, die H. S. GmbH, die H. G. ... GmbH sowie die H. S. N. ... . Umgekehrtwerden andere in der Police ... bisher genannte Firmen der H.Gruppe in der neuen Police nicht mehraufgeführt.Ferner wurde der örtliche Geltungsbereich der Versicherung erweitert, da die Police ... sich nur auf dieBundesrepublik Deutschland bezog, die Police ... dagegen zusätzlich auch auf Dänemark, Österreich, dieSchweiz und die Niederlande. Eine wesentliche inhaltliche Änderung ist ferner darin zu sehen, dass in derPolice ... auch die gesetzliche Haftung von H. gegenüber den Auftraggebern sowie die von H.übernommene darüber hinausgehende vertragliche Haftung nach vorheriger ausdrücklicher Genehmigungdurch den führenden Versicherer in den Versicherungsschutz aufgenommen wurde, während das bei derVorgängerversicherung Nr. ... nicht der Fall war. Außerdem wurde H. in Ziff. 2.2.5 der Einsatz vonSubunternehmern und deren Mitversicherung unter bestimmten dort genannten Voraussetzungen gestattet.Weiter sind vom Versicherungsschutz in der Police ... mehrere Betriebsstätten von H. umfasst worden, dienoch nicht unter den Versicherungsschutz der Police ... fielen, z. B. diejenigen in B., G., M., R., V. und L..Außerdem wurde die Deckungssumme für einzelne bisher schon erfasste Betriebsstätten erhöht, etwa fürG., H., H. und V. (... Straße) und H. (...straße).Verbunden war diese Neuordnung ferner mit einer Erhöhung der Beteiligung der Beklagten von 30 % auf 40% und dann auf 62,5 % sowie einer Erhöhung des Versicherungsschutzes für die Lagerung auf 30 Mill. EUR(Bl. 1265 d.A.). Schließlich ist zu berücksichtigen, dass der Zeitpunkt des Inkrafttretens der Police ... mit derUmstellung von DM auf Euro zusammenfiel, sodass eine gänzliche Neuordnung des versicherten Risikoserforderlich war. So heißt es auch in einem Schreiben der Maklerin M. GmbH vom 25. Januar 2007 (AnlageB 28, Bl. 1079 d. A.):„ ... , war tragender Grund für die Neuordnung des Versicherungsvertrages die EuroEinführung.Anzumerken ist in diesem Zusammenhang, dass der Großteil der damals beteiligten Versicherer noch vorder EuroUmstellung das Geschäft im Bereich Geldtransportversicherung aufgegeben haben. Dies führtedazu, dass zum damaligen Zeitpunkt gewisse Kapazitätsengpässe bestanden, um die für H. notwendigenSummenerhöhungen (maximal) zu realisieren. Auch die M. Vers. AG konnte die erforderlichen Maximadamals nicht darstellen, mit der Folge, dass M. damals in Abstimmung mit H. eine Lösung über den L. -Markt realisierte (ExzessDeckung). Aus diesem Grund wurde seit dem materiellen Versicherungsbild der


http://app.olg-ol.niedersachsen.de/efundus/volltext.php4?id=4812&ident=Seite 22 von 2522.09.20<strong>08</strong>Valorenversicherung Nr. ... eine Struktur der Grunddeckung und Exzessdeckung installiert.“Sprechen somit die dargestellten Umstände einzeln und in ihrer Gesamtheit eindeutig für den Abschlusseiner Neuversicherung, so kommt daneben den von der Klägerin in ihrem Schriftsatz vom 3. September20<strong>08</strong> aufgeführten Umständen (einheitliche Vertragsnummer bei der Beklagten, Umbenennung der Policenur durch den Makler, Hinweis auf die Fortgeltung der bisherigen Regelungen, Anforderung einerFolgeprämie sowie spätere weitere Vertragsergänzungen) keine entscheidende Bedeutung zu, um hiervonabweichend lediglich von einer Vertragsergänzung auszugehen.(2) Ist mithin vom Abschluss eines Neuvertrages zur PolicenNr. ... auszugehen, der an die Stelle desbisherigen Vertrages ... getreten ist, so führt die Anfechtung des Vertrages Nr. ... zur Unwirksamkeit diesesgesamten Vertrages an Anfang an, nicht dagegen lediglich zur Unwirksamkeit der in ihm enthaltenenÄnderungsbestimmungen mit der Folge, dass der frühere Vertrag ... fortgelten würde. Dem steht auch dieEntscheidung BGH VersR 1993, 1<strong>08</strong>9 nicht entgegen. Soweit der BGH dort im Falle der Nichtanzeige einesHerzanfalles anlässlich des Antrages für eine geänderte Versicherung angenommen hatte, eine möglichearglistige Täuschung beziehe sich nur auf den geänderten Vertrag, nicht dagegen auf den bereits zuvorzustande gekommenen, lassen sich diese Erwägungen auf den vorliegenden Fall nicht übertragen. DieNichtoffenbarung des Schneeballsystems, der erheblichen Liquiditätslücke von H. sowie der tatsächlichbestehenden Insolvenzreife wirkten sich nämlich nicht nur auf die in der Police Nr. ... erfolgtenVertragsänderungen aus, sondern insgesamt auf den gesamten Vertrag. Wäre nicht der neue Vertrag zurPolicenNr. ... geschlossen worden, sondern auch über das Jahr 2001 hinaus der bisherige Vertrag zurPolicenNr. ... fortgeführt worden, so hätte die Beklagte auch diesen bei Kenntnis von dem Schneeballsystemund der defizitären Entwicklung in der H.Gruppe aus wichtigem Grund oder ordentlich kündigen können.Die wirksame Anfechtung des neuen Vertrages zur PolicenNr. ... führt auch nicht deshalb zu einemFortbestand des Vertrages zur PolicenNr. ..., weil nicht ersichtlich ist, dass dieser ordentlich gekündigtwurde. Hinsichtlich der Dauer dieses Vertrages war vereinbart, dass er sich jeweils um ein Jahr verlängert,sofern er nicht spätestens drei Monate vor Ablauf schriftlich gekündigt würde. Auf eine derartigeKündigungserklärung kam es hier allerdings deshalb nicht an, weil davon auszugehen ist, dass die Parteiendiesen alten Vertrag Nr. ... konkludent durch den Abschluss des neuen Vertrages Nr. ... aufgehoben haben.Ein Nebeneinander beider Verträge mit sich teilweise überdeckendem, teilweise aber auch inhaltlichvoneinander abweichendem Versicherungsschutz war von den Vertragsparteien ersichtlich nicht gewollt.Es bestehen ferner keine Anhaltspunkte dafür, dass die wirksame Anfechtung des neuen Vertrages zurPolicenNr. ... nach dem Willen der Vertragsparteien gleichzeitig dazu führen sollte, dass auch derkonkludente Aufhebungsvertrag zur PolicenNr. ... seinerseits aufgehoben wird, sodass der Vertrag Nr. ...erneut Wirkung entfalten würde. Maßgebend hierfür ist, ob die beiden an sich selbständigen Vereinbarungendurch den erklärten Willen der Vertragsparteien derart zu einem einheitlichen Geschäft miteinanderverbunden sind, dass die Gültigkeit des einen Rechtsgeschäfts von der des anderen abhängen soll (<strong>OLG</strong>Saarbrücken, VersR 2007, 1681). Entscheidend ist der unter Berücksichtigung der Verkehrssitte zuermittelnde Einheitlichkeitswille der Beteiligten zur Zeit des Vertragsschlusses. Von einem derartigenEinheitlichkeitswillen ist vorliegend nicht auszugehen. Es kann nicht angenommen werden, dass es demerkennbaren Willen der Vertragsparteien entsprochen hätte, dass im Falle einer erfolgreichen Anfechtungdes Vertrages Nr. ... wegen arglistiger Täuschung zugleich der konkludente Aufhebungsvertrag zum VertragNr. ... wegfallen würde, sodass der alte Vertrag weiterhin Geltung beanspruchen könnte. Dem steht schonentgegen, dass die verschwiegenen Umstände des Schneeballsystems, der Liquiditätslücke bei H. sowieder Insolvenzreife sich gleichermaßen gefahrerheblich auf die Verträge ... und ... auswirkten. Bei Kenntnisdieser Umstände hätte die Beklagte auch den Vertrag Nr. ... jederzeit fristlos bzw. ordentlich kündigenkönnen, was auch für H. als Vertragspartner offensichtlich war.Klarstellend ist ferner darauf hinzuweisen, dass auch bei einer Fortgeltung der Police Nr. ... der Klägerinhieraus keine Ansprüche zustünden, da die wesentlichen Regelungen hinsichtlich der versichertenInteressen, des Umfangs und der Dauer der Versicherung mit denen in der Versicherung Nr. ... identischsind. Versichert ist mithin nur Bar und kein Buchgeld, sodass es am Eintritt eines bedingungsgemäßenVersicherungsfalles fehlt.hh) Die Klägerin kann auch keine weitergehenden Rechte aus der Versicherungsbestätigung vom 17. Mai2005 (Anlage K 3) herleiten. Inhaltlich gewährt diese zunächst keine weitergehenden Ansprüche als derVersicherungsvertrag selbst, sodass hinsichtlich des versicherten Interesses und des Versicherungsfalls aufdie obigen Ausführungen verwiesen werden kann. Selbst bei Wirksamkeit der Versicherungsbestätigungund ihrer Einordnung als eigener rechtlich selbständiger Vertragsgrundlage (vgl. zu dieser Problematikunten zu 4 b) könnte die Klägerin hier deshalb keine weitergehenden Ansprüche herleiten.Hinzukommt, dass die Beklagte auch diese Versicherungsbestätigung mit Schreiben vom 8. Januar 2007wirksam wegen arglistiger Täuschung angefochten hat (Anlage B 10). Die Klägerin kann sich hierbei auchnicht darauf berufen, dass die Anfechtung nach § 123 Abs. 2 S. 1 BGB ausgeschlossen sei, weil sie die


http://app.olg-ol.niedersachsen.de/efundus/volltext.php4?id=4812&ident=Seite 23 von 2522.09.20<strong>08</strong>arglistige Täuschung durch H. nicht kannte oder kennen musste. Auf diese Vorschrift kommt es vorliegendnicht an, weil der Versicherungsnehmer im Verhältnis zum Versicherten nicht als „Dritter“ im Sinne von §123 Abs. 2 S. 1 BGB anzusehen ist. Hat der Versicherer den Versicherungsvertrag gegenüber demVersicherungsnehmer wegen arglistiger Täuschung angefochten, so wirkt das entsprechend auch zu Lastendes Versicherten. Grundsätzlich kann der Versicherer der versicherten Person bei einer Versicherung fürfremde Rechnung alle Einwendungen aus dem Verhalten des Versicherungsnehmers entgegenhalten,soweit er auf diese nicht in der Versicherungsbestätigung bzw. im Versicherungsschein verzichtet hat oderdies dem erkennbaren Sinn und Zweck einer Versicherungsbestätigung widersprechen würde (vgl. BGHVersR 1967, 343. <strong>OLG</strong> Köln NVersZ 2001, 27. Prölss/Martin, § 75 Rdnr. 2. Römer/Langheid, §§ 75, 76,Rdnr. 20).Die Klägerin kann mithin grundsätzlich nur darauf vertrauen, dass die in der Versicherungsbestätigung vom17. Mai 2005 enthaltenen Angaben richtig sind und inhaltlich mit dem Versicherungsvertrag und scheinübereinstimmen. Demgegenüber folgt auch aus der Erteilung einer Versicherungsbestätigung nicht, dassdiese völlig losgelöst von dem eigentlichen Versicherungsvertrag und ähnlich wie ein Schuldversprechenoder anerkenntnis gem. §§ 780, 781 BGB dem Versicherten einen gänzlich eigenständigen Anspruch gäbe.Der Versicherungsschutz bleibt vielmehr grundsätzlich abhängig vom Umfang der seitens des Versicherersvertraglich im Versicherungsschein zugesagten Leistungen.Die Klägerin konnte auch aus dem Versicherungsschein an keiner Stelle entnehmen, dass die Beklagte imVerhältnis zu ihr etwa darauf verzichten wolle, Rechte aus § 123 BGB geltend zu machen, wenn sie deneigentlichen Versicherungsvertrag gegenüber H. wegen arglistiger Täuschung anfechten konnte.Hinsichtlich des Umfangs der Versicherung ist in der Versicherungsbestätigung lediglich vereinbart, dass derVersicherer zugunsten des jeweiligen Auftraggebers auch Schäden ersetzen wird, welche vom Versichereraufgrund eines Verstoßes gegen eine oder mehrere Bestimmungen/Obliegenheit des Vertrages abgelehntwerden können. Auch hier geht es indessen, wie schon in Ziffer 13.4 der Police Nr. ..., lediglich um Verstößedes Versicherungsnehmers während eines bereits laufenden Vertrages, nicht dagegen um den Verstoßgegen Anzeigepflichten, der den Bestand des Vertrages als solchen berührt. Die Klägerin konnte auch nachdem objektiven Empfängerhorizont nicht davon ausgehen, dass die Beklagte sich ihr gegenüber mit derVersicherungsbestätigung vom 17. Mai 2005 zu Leistungen selbst für den Fall verpflichten wollte, dass siedurch den Versicherungsnehmer arglistig getäuscht wurde und den Vertrag deshalb anfechten konnte. Einderart weitgehender Verzicht des Versicherers auf seine Rechte liegt fern und hätte einer ausdrücklichenRegelung in der Versicherungsbestätigung bedurft, an der es indessen gerade fehlt.Entsprechend war die Beklagte auch nicht etwa nach Treu und Glauben gem. § 242 BGB verpflichtet, in derVersicherungsbestätigung noch einmal ausdrücklich darauf hinzuweisen, dass aus dieser keine Haftunghergeleitet werden kann, wenn der Versicherungsvertrag und damit auch die Versicherungsbestätigungwegen arglistiger Täuschung durch den Versicherungsnehmer angefochten werden können. Einesgesonderten Hinweises darauf, dass der Versicherer berechtigt ist, ihm gesetzlich und vertraglichzustehende Rechte geltend zu machen, bedarf es nicht. Aufzunehmen sind gerade nur Abweichungen vonder grundsätzlichen gesetzlichen oder vertraglichen Regelung, wie das etwa bei den Obliegenheiten erfolgtist. Es handelt sich hier auch nicht um einen mit der Regelung für die Feuerversicherung vergleichbarenFall, für die § 103 Abs. 3 VVG a. F. bestimmte, dass die Nichtigkeit des Versicherungsvertrages gegenübereinem Hypothekengläubiger, der seine Hypothek angemeldet hat, nicht geltend gemacht werden kann. Voneiner hiermit vergleichbaren Fallgestaltung konnte auch die Klägerin als am Wirtschaftsleben teilnehmendesGroßunternehmen berechtigterweise nicht ausgehen.4. Der Klägerin steht schließlich auch kein Schadensersatzanspruch gegen die Beklagte gemäß § 280 Abs.1, § 241 Abs. 2 BGB zu. Geht man wie oben dargestellt von einer Anfechtung des Vertrages und derVersicherungsbestätigung aus, kommt ein derartiger Anspruch bereits wegen Fehlen einesSchuldverhältnisses nicht in Betracht. Aber auch im übrigen ist er in der Sache nicht gegeben.a) Ein derartiger Schadensersatzanspruch unmittelbar aus dem Versicherungsvertrag scheidet aus, weil dieBeklagte als Versicherer von vornherein keine drittschützende Nebenpflicht zur Kontrolle deswirtschaftlichen Verhaltens der Versicherungsnehmerin gegenüber der versicherten Person trifft. Die Rechteund Pflichten der Parteien eines Versicherungsvertrages ergeben sich aus den vertraglichenBestimmungen, Allgemeinen Versicherungsbedingungen sowie gesetzlichen Regelungen. Auf dieserGrundlage besteht keine Verpflichtung des Versicherers, den Versicherungsnehmer gewissermaßenununterbrochen daraufhin zu kontrollieren, ob dieser sich gegenüber seinen Vertragspartnernordnungsgemäß verhält oder diese schädigt und damit einen Versicherungsfall herbeiführt. Eine derartigeumfassende Verpflichtung des Versicherers im Sinne eines „RundumSorglosPaketes“ zur Verhinderung vonSchäden bzw. eines Versicherungsfalles zugunsten Dritter besteht auch dann nicht, wenn diese - wie hierdie Klägerin - als Versicherte in den Vertrag einbezogen sind. Die Rechte des Versicherten ergeben sichaus §§ 74 ff. VVG. Ihm stehen gem. § 75 Abs. 1 S. 1 VVG die Rechte aus dem Versicherungsvertrag zu.Hierzu zählen der Anspruch auf die Versicherungsleistung und alle Rechte, die mit der Entschädigung


http://app.olg-ol.niedersachsen.de/efundus/volltext.php4?id=4812&ident=Seite 24 von 2522.09.20<strong>08</strong>zusammenhängen (vgl. Prölss/Martin, § 75 Rdnr. 3). Ein Recht auf wirtschaftliche Kontrolle des Verhaltensdes Versicherungsnehmers gegenüber geschädigten Dritten, mögen diese auch Versicherte sein, gibt esdemgegenüber nicht. Hinzu kommt, dass - wie oben dargelegt - auch nicht festgestellt werden kann, dassdie Beklagte, mögen ihr auch einzelne Schadensfälle gemeldet worden sein, umfassende Erkenntnis vondem von H. praktizierten Schneeballsystem, der bestehenden Liquiditätslücke und der tatsächlichvorhandenen Insolvenzreife hatte. Schadensmeldungen einzelner Kunden sind in der Regel kurzfristigwieder zurückgezogen worden, weil H. das fehlende Geld anderweitig „beschafft“ hat. Dass die Beklagtekonkrete Kenntnis der Verfahrensweise von H. hatte oder hätte haben müssen, ist demgegenüber nichtersichtlich.b) Der Klägerin steht auch kein eigenständiger Schadensersatzanspruch aus der Versicherungsbestätigungvom 17. Mai 2005 (Anlage K 3) zu.aa) Die Versicherungsbestätigung begründet zunächst schon keine eigene vertragliche Anspruchsgrundlagegegen die Beklagte, weil es sich im Kern nur um ein Informationsschreiben über den Inhalt derVersicherungspolice handelt. Einen eigenständigen Anspruch könnte die Versicherungsbestätigung nurbegründen, wenn sie den Charakter eines Sicherungsscheins oder einer Sicherungsbestätigung hätte.Durch die Ausstellung eines Sicherungsscheines soll in der Regel ein Kreditgeber, z. B. einVorbehaltsverkäufer, ein Kreditinstitut oder ein Leasinggeber, davor bewahrt werden, dass er das seinDarlehen sichernde Gut ersatzlos verliert (vgl. BGH VersR 2001, 235. Römer/Langheid, §§ 75, 76, Rdnr. 18.Prölss/Martin, § 75, Rdnr. 2). Durch die Ausstellung und Hingabe eines Sicherungsscheins werden zwischendem Versicherer und dem Kreditgeber Rechtsbeziehungen begründet, die über die in den §§ 74 ff. VVGgeregelten hinausgehen. Mit einer solchen Bestätigung erteilt der Versicherer eine Auskunft über dasVersicherungsverhältnis und übernimmt regelmäßig bestimmte Pflichten, die die Auszahlung derVersicherungsleistung und die drohende Beendigung des Versicherungsvertrages betreffen. Die vomKreditgeber gewünschte Auskunft hat den Zweck, ihm eine Grundlage für seine Entscheidung zu geben, ober die Versicherung als ausreichende Sicherheit ansehen will. Sie muss deshalb wie andere Auskünfte, dieerkennbar Grundlage für eine Vermögensdisposition sind, richtig und vollständig sein.Kennzeichen eines Sicherungsscheins ist in der Regel, dass der Versicherte abweichend von § 75 Abs. 2sowie § 76 Abs. 1 und 2 VVG alleine berechtigt ist, die Rechte aus dem Versicherungsvertrag geltend zumachen, selbst wenn er nicht im Besitz des Versicherungsscheins ist (<strong>OLG</strong> Köln in VersR 2001, 2. Römer/Langheid, a. a. O., Rdnr. 19). Ferner ist der Versicherer im Falle der Ausstellung eines Sicherungsscheins inder Regel verpflichtet, den Sicherungsgeber über mögliche Prämienrückstände des Versicherungsnehmersvor einer Kündigung zu informieren, um ihm die Möglichkeit zu eröffnen, die Kündigung des Vertrages durchZahlung der Prämien zu verhindern (Prämieneintrittsrecht).Auf dieser Grundlage ist vorliegend die Versicherungsbestätigung nicht wie ein Sicherungsscheinanzusehen mit der Folge, dass die Klägerin aus ihr unmittelbare vertragliche Ansprüche gegen die Beklagteableiten könnte. Derartiges ergibt sich bereits nicht aus dem Wortlaut des Schreibens derVersicherungsmaklerin vom 17. Mai 2005. Dort wird lediglich der Abschluss einer Versicherung zwischender Beklagten und verschiedenen Unternehmen der H.Gruppe bestätigt und sodann der Inhalt diesesVersicherungsvertrages zusammengefasst. Es handelt sich mithin um ein rein deklaratorischesInformationsschreiben. Durch die Versicherungsbestätigung ist der Klägerin auch nicht das Rechteingeräumt worden, unter Ausschluss von H. als Versicherungsnehmerin die Ansprüche aus demVersicherungsvertrag im eigenen Namen prozessual geltend zu machen. Vielmehr ist in derVersicherungsbestätigung lediglich geregelt, dass Schadenszahlungen mit befreiender Wirkung nur direktan die Auftraggeber von H. erfolgen können. Das entspricht indessen ohnehin der Regelung, wie sie sichbereits aus § 75 Abs. 1 S. 1 VVG und Ziff. <strong>11</strong>.3.1 der Versicherungspolice ... ergibt. Weiter ist in derVersicherungsbestätigung an keiner Stelle vorgesehen, dass der Klägerin für den Fall eines Verzuges vonH. ein Prämieneintrittsrecht zusteht.Schließlich ist die Rechtsstellung der Klägerin auch nicht mit der eines Kreditgebers vergleichbar, für den inder Regel ein Sicherungsschein ausgestellt wird. Der Kreditgeber, insbesondere Banken oderLeasingGesellschaften, sollen davor geschützt werden, dass sie ihre Ansprüche nicht realisieren können,weil das ihnen als Sicherheit zur Verfügung stehende Gut, insbesondere Kraftfahrzeuge und Maschinen,untergegangen ist und hierfür kein Ersatzanspruch in Form einer Versicherungsleistung besteht. Hier gehtes demgegenüber nicht um einen von der Klägerin an H. gewährten Kredit, der in einer bestimmten Art undWeise abgesichert werden soll, sondern um den Transport und die Einzahlung von im Eigentum derKlägerin stehendem Bargeld. Hätte auch für diesen Fall ein eigenständiger vertraglicher Anspruch derKlägerin gegenüber der Beklagten begründet werden sollen, so hätte es hierzu einer unmissverständlichenvertraglichen Regelung bedurft, die sich aus der Versicherungsbestätigung vom 17. Mai 2005 indessengerade nicht ergibt. Diese beschränkt sich vielmehr im Kern auf die Wiederholung sich bereits aus demVersicherungsschein ergebender Bestimmungen.


http://app.olg-ol.niedersachsen.de/efundus/volltext.php4?id=4812&ident=Seite 25 von 2522.09.20<strong>08</strong>bb) Selbst wenn indessen die Versicherungsbestätigung vom 17. Mai 2005 entsprechend den Grundsätzeneines Sicherungsscheins zu behandeln wäre, würde hieraus kein Schadensersatzanspruch der Klägerinfolgen. Es bestünde dann zwar eine unmittelbare vertragliche Beziehung der Parteien, die indessenebenfalls nicht die Verpflichtung der Beklagten beinhaltet, die H.Gruppe als Versicherungsnehmerin aufmögliche Unregelmäßigkeiten und kriminelle Machenschaften zu kontrollieren und hiervon die Klägerin zuunterrichten. Aus der Ausstellung eines Sicherungsscheins folgt nämlich neben dem unmittelbarenvertraglichen Zahlungsanspruch und dem Prämieneintrittsrecht, die hier jeweils nicht vereinbart wurden,lediglich die Verpflichtung des Versicherers, in den Sicherungsschein nur zutreffende und vollständigeAngaben aufzunehmen (vgl. BGH VersR 2001, 235. <strong>OLG</strong> Hamburg, VersR 1990, 1351). Insoweit darf sichder Berechtigte eines Sicherungsscheins darauf verlassen, dass die dort enthaltenen Angaben richtig sind,nicht im Widerspruch zu weiteren Regelungen des Versicherungsscheins stehen und auch keinemündlichen Zusatzabreden getroffen wurden. Insoweit trifft den Versicherer auch die Verpflichtung, demKreditgeber Umstände mitzuteilen, die für die Werthaltigkeit des Versicherungsanspruchs von wesentlicherBedeutung sind (BGH VersR 2001, 235). So hat der Versicherer im Hinblick auf die Möglichkeit einerAufrechnung mit Prämienrückständen den Kreditgeber darüber zu informieren, dass die versicherte Sachezu einer versicherten Sachgesamtheit gehört (BGH, a. a. O.).Vorliegend weicht der Inhalt der Versicherungsbestätigung indessen hinsichtlich der wesentlichenRegelungen bezüglich der versicherten Interessen, des Umfangs der Versicherung, der Dauer und desSchadensfalles nicht von dem Versicherungsschein zur PolicenNr. ... ab. Die in derVersicherungsbestätigung enthaltenen Angaben sind richtig und vollständig. Die Klägerin legt auch nichtdar, aufgrund welcher Angaben in der Versicherungsbestätigung oder dort enthaltener AuslassungenAbweichungen zu dem Versicherungsschein bestehen sollten. Auch inhaltliche Falschangaben werden nichtvorgetragen. Die Klägerin meint vielmehr, sie könne aus der Versicherungsbestätigung einen unmittelbarenvertraglichen Anspruch herleiten, weil die Beklagte sie nicht über die wirtschaftliche Situation bei H. und diedort aufgetretenen Unregelmäßigkeiten unterrichtet hätte. Eine solche Verpflichtung ergibt sich aus derErteilung eines Sicherungsscheins indessen eben sowenig wie unmittelbar aus dem Versicherungsvertrag.Vielmehr wird das Versicherungsverhältnis bis auf die oben geschilderten Besonderheiten durch denSicherungsschein nicht berührt, sondern es bleibt bei den allgemeinen Rechtsregeln, die für dieFremdversicherung gelten (BGH VersR 1967, 343. Römer/Langheid, a. a. O., Rdnr. 19 f.). Aus einemSicherungsschein folgt daher ebenso wenig wie aus dem Versicherungsvertrag selbst eine Nebenpflicht desVersicherers, die versicherte Person über Unregelmäßigkeiten und wirtschaftliche Risiken aufzuklären, dieallein das vertragliche Verhältnis zwischen dem Versicherungsnehmer und der versicherten Personbetreffen, hier also die Transport und Geldbearbeitungsverträge zwischen der Klägerin und denUnternehmen der H.Gruppe.Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1, § 101 ZPO. Der Ausspruch über die vorläufigeVollstreckbarkeit richtet sich nach § 7<strong>08</strong> Nr. 10, § 7<strong>11</strong> ZPO.Die Revision wird nicht zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen. Eshandelt sich, auch wenn es weitere vergleichbare Schadensfälle und Verfahren im Zusammenhang mit derInsolvenz von H. gibt, um die im Einzelfall vorzunehmende Auslegung nicht standardisierterVersicherungsbedingungen in einer Valorenversicherung. Die Rechtssache hat deshalb wedergrundsätzliche Bedeutung noch erfordert die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichenRechtsprechung (das oben erwähnte <strong>Urteil</strong> des LG Hamburg ist nicht rechtskräftig, sondern befindet sich imBerufungsverfahren) eine Entscheidung des Revisionsgerichts.G. Dr. K. Dr. G.

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