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Die moralische Herausforderung des Anthropozän 87und Problemfelder. Dieser Artikel versteht sich als Beitrag für ein fundiertes Verständnisder Mensch-Natur-Beziehung der Gegenwart als einem soziokulturellbedingten, historisch-prozessualen Bedingungsgefüge. Dabei geht es nicht um einemoralische Beurteilung spezifischer historischer Formen der Mensch-Natur-Beziehung, die dann als vorbildhaft oder nicht nachahmenswert für die Gegenwartpostuliert werden. Vielmehr ermöglicht die Berücksichtigung der historischenWurzeln des gegenwärtigen Umgangs des Menschen mit seiner naturalen Umwelteine zeitliche und perspektivische Ausweitung und Vertiefung der Frage nach seinerVerantwortlichkeit. 11 Ohne eine Vergegenwärtigung historischer Formen derMensch-Natur-Beziehung wäre ihre Kontingenz in historischen Prozessen ausgeblendet,weshalb auch ihre zukünftigen Entwicklungsmöglichkeiten im Rahmeneines in die Zukunft verlängerten historischen Prozesses nicht gedacht werdenkönnen.3 Geschichte der Mensch-Natur-Beziehung: Mensch, Naturund TechnikDas Problem der Mensch-Natur-Beziehung ist keineswegs neu, sondern eine Fragestellungmit Geschichte. Schon in der Antike, im Mittelalter und in der FrühenNeuzeit wurde die Position des Menschen zur Natur diskutiert und bestimmt. 12Wie bereits Lynn White Jr. betont, stellten die jüdisch-christliche Theologie undbesonders die Schöpfungslehre bis zum Zerfall des christlichen Sinnhorizonteseinen zentralen Interpretationsrahmen bereit. 13Prinzipiell wurde seit der Christianisierung der Mensch mit der Natur als Einheitim Rahmen der göttlichen Schöpfung gedacht. Er unterwarf sich nicht Natur,sondern war als Teil der Natur ihren Lebensbedingungen unterworfen: Jahreszeiten11 Für eine so verstandene historische Perspektive auf die Umweltkrise der Gegenwart, die nicht mitmoralischen Schuldzuweisungen operiert, argumentiert auch Sieferle RP (1988) Vorwort. In: SieferleRP (Hrsg.) Fortschritte der Naturzerstörung. Suhrkamp, Frankfurt a. M., S. 7-12.12 Einen Überblick über die historische Entwicklung der europäischen Vorstellungswelten desMensch-Natur-Verhältnisses bietet das nach wie vor als einschlägig erachtete Werk von Glacken CJ(1967) Traces on the Rhodian Shore. Nature and Culture in Western Thought from Ancient Times tothe End of the Eighteenth Century. University of California Press, Berkeley Calif., Los Angeles,London [7. Reprint Berkeley Calif. u. a. 1996]. Eine neuere Ideengeschichte der Mensch-Natur-Beziehung bietet Coates P (1998) Nature. Western Attitudes since Ancient Times. University ofCalifornia Press, Berkeley Calif., Los Angeles, London.13 White Jr. L (1967) The Historical Roots of Our Ecologic Crisis. In: Science 155 (No. 3767),S. 1203-1207. Ob die christliche Religion und besonders der Herrschaftsauftrag des Menschen überdie Natur im jüdisch-christlichen Schöpfungsmythos alleine für die technische Überformung derNatur und damit die Umweltkrise der Gegenwart verantwortlich zu machen ist, wie White formuliert,darf allerdings bezweifelt werden. Für eine ausgewogene Kritik der Whiteschen These siehe Groh R,Groh D (1991) Weltbild und Naturaneignung. Bd. 1: Zur Kulturgeschichte der Natur. 1. Aufl. Suhrkamp,Frankfurt a. M., S. 13-17. Hier wird u. a. darauf hingewiesen, dass die Vorstellung einer für denMenschen geschaffenen Natur und ihre legitime gezielte Nutzbarmachung für den Menschen keineswegsmittelalterlich ist, wie Lynn White Jr. behauptet, sondern ihre Wurzeln eher im empiristischenProgramm der New Sciences im 17. Jahrhundert hat.

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