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417_1_FamRecht.5.03.09.pdf - Deutsche Anwalts-, Notar- und ...

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<strong>Deutsche</strong> <strong>Anwalts</strong>-, <strong>Notar</strong>- <strong>und</strong> Steuerberater-vereinigung für Erb- <strong>und</strong> Familienrecht e.V.Mitgliederdepesche 03-2009OLG Schleswig Beschluss vom 7.1.2009, Az. 10 UF 77/08Ausnahmsweise ist der kompensationslose Verzicht auf den Versorgungsausgleichgenehmigungsfähig, weil § 1587o Abs. 2 Satz 4 BGB keine abschließende Regelungder Genehmigungsvoraussetzung enthält. Dabei ist von Bedeutung, ob es derDurchführung des Versorgungsausgleichs nicht bedarf, um für den verzichtendenEhegatten den Gr<strong>und</strong>stock einer eigenständigen Versorgung für das Alter <strong>und</strong> für denFall der Erwerbsunfähigkeit zu legen, oder ob ein Ehegatte auf ihm an sich zustehendeVersorgungsanrechte im Hinblick auf Umstände verzichtet, die im Rahmen derHärteregelung des § 1587c BGB zu berücksichtigen sind.GründeI.Die Parteien streiten in einer Ehescheidungsfolgesache darüber, ob derVersorgungsausgleich durchzuführen ist.Die Parteien schlossen am 23. Juli 1999 die Ehe. Der Antragsteller ist am 30. Mai 1970geboren, die Antragsgegnerin am 29. Januar 1976. Aus der Ehe der Parteien ist das Kind N.E., geb. 28. November 2001, hervorgegangen. Die Parteien trennten sich am 1. Februar2006.Die Antragsgegnerin ist von Beruf Polizeibeamtin. Sie war während der Ehezeit stetszumindest teilzeitbeschäftigt. Seit dem 1. September 2003 arbeitete sie in Vollzeit. IhrEinkommen beträgt monatlich 2.319,49 EUR.Der Antragsteller war bis 1999 Zeitsoldat. Danach war er als Versicherungsvertreter tätig.Seit April 2006 ist er bei dem Unternehmen … angestellt mit einem Einkommen vonmonatlich netto 1.310,89 EUR. Der Antragsteller ist Vater einer am 8. Mai 2003 geborenenTochter. Mit der Kindesmutter unterhielt er von 2001 bis 2004 ein Verhältnis.Die Antragsgegnerin hat während der Ehezeit monatliche Versorgungsanwartschaften beidem Landesbesoldungsamt in Höhe von 322,47 EUR erworben, der Antragsteller bei der<strong>Deutsche</strong>n Rentenversicherung B<strong>und</strong> in Höhe von monatlich 23,09 EUR.


<strong>Deutsche</strong> <strong>Anwalts</strong>-, <strong>Notar</strong>- <strong>und</strong> Steuerberater-vereinigung für Erb- <strong>und</strong> Familienrecht e.V.Mitgliederdepesche 03-2009Die Parteien schlossen am 29. September 2006 eine notarielleScheidungsfolgevereinbarung (<strong>Notar</strong> … aus …, Urk<strong>und</strong>enrolle Nr. 229/2006). Darinvereinbarten sie Gütertrennung. Für die Zeit nach der Scheidung der Ehe verzichteten siegegenseitig auf Unterhalt. Unter Buchstabe d des Vertrages heißt es:"Wir schließen hiermit gemäß § 1408 Abs. 2 Satz 1 BGB gegenseitig denVersorgungsausgleich nach den Bestimmungen der §§ 1587 ff. BGB aus.Diesen Verzicht nehmen wir hiermit gegenseitig an.Über die rechtliche <strong>und</strong> wirtschaftliche Tragweite des Ausschlusses desVersorgungsausgleichs wurden wir vom <strong>Notar</strong> ausführlich belehrt.Weiterhin wurden wir darüber belehrt, dass der Ausschluss des Versorgungsausgleichsunwirksam ist, wenn innerhalb eines Jahres ab wirksamem Vertragsschluss Antrag aufScheidung der Ehe gestellt wird.In diesem Fall soll jedoch die vorstehende Vereinbarung als eine solche nach § 1587 o BGBgelten. Über die dann erforderliche Genehmigung des Familiengerichts sind wir unterrichtet.Sollte der Ausschluss des Versorgungsausgleichs unwirksam sein, weil einer der Ehepartnereinen Scheidungsantrag innerhalb der Jahresfrist des § 1408 BGB stellt <strong>und</strong> auch durch dasFamiliengericht nach § 1587 o BGB nicht genehmigt werden, so wird die Wirksamkeit derübrigen Vereinbarungen dieses Vertrages hiervon ausdrücklich nicht berührt."Der Ehescheidungsantrag des Antragstellers ist bei dem Familiengericht am 12. September2007 eingegangen <strong>und</strong> der Antragsgegnerin am 17. September 2007 zugestellt worden.Das Familiengericht hat die Ehe der Parteien geschieden <strong>und</strong> den Versorgungsausgleichdahingehend durchgeführt, dass zulasten der Versorgung der Antragsgegnerin bei demLandesbesoldungsamt Schleswig-Holstein auf dem Versicherungskonto des Antragstellersbei der <strong>Deutsche</strong>n Rentenversicherung B<strong>und</strong> Rentenanwartschaften von monatlich 149,69EUR bezogen auf den 31. August 2007 begründet worden sind.Hiergegen wendet sich die Antragsgegnerin mit der sofortigen Beschwerde. Sie machtgeltend, das Familiengericht habe übersehen, dass die Parteien in dem notariellen Vertragauch eine Vereinbarung nach § 1587 o BGB über den Ausschluss des


<strong>Deutsche</strong> <strong>Anwalts</strong>-, <strong>Notar</strong>- <strong>und</strong> Steuerberater-vereinigung für Erb- <strong>und</strong> Familienrecht e.V.Mitgliederdepesche 03-2009Versorgungsausgleichs getroffen hätten. Die erforderliche Genehmigung desFamiliengerichtes habe erteilt werden müssen. Der nach Art <strong>und</strong> Für angemesseneAusgleich sei durchgeführt worden durch die Güterrechtsregelung. Durch die vereinbarteGütertrennung habe sie den Antragsteller von den Verbindlichkeiten für das gemeinsameHaus befreit.Der Antragsteller habe Zeit, durch eigene Berufstätigkeit eine ausreichende Altersversorgungaufzubauen. Ferner habe er 2004 drei Lebensversicherungen gehabt. Im Rahmen derGesamtabwägung sei zu berücksichtigen, dass der Antragsteller seine Tätigkeit alsselbständiger Handelsvertreter bei einer Lebensversicherung wegen einer Trunkenheitsfahrtverloren habe <strong>und</strong> damit als Außendienstmitarbeiter nicht mehr verwendbar gewesen sei.Ferner sei wegen des nichtehelichen Verhältnisses des Antragstellers derVersorgungsausgleich nach § 1587 c BGB ausgeschlossen. Schließlich beruhten ihreVersorgungsanwartschaften teilweise auf überobligatorischer Tätigkeit. Wegen derBetreuung des gemeinsamen Kindes sei sie nicht in dem Umfang zu einer Berufstätigkeitverpflichtet gewesen, wie sie tatsächlich berufstätig gewesen sei.Sie beantragt, das angefochtene Urteil zu ändern <strong>und</strong> den Versorgungsausgleichauszuschließen.Der Antragsteller beantragt, die Beschwerde zurückzuweisen.Er macht geltend, dass der notarielle Vertrag nicht ausgewogen sei. Er habe in geringemUmfang Beiträge in Lebensversicherungen eingezahlt. Er habe zum Familienunterhaltbeigetragen, indem er die Einkünfte aus seiner selbstständigen Tätigkeit dem gemeinsamenLebensunterhalt zugeführt habe. Außerdem habe er sich um die Betreuung desgemeinsamen Kindes gekümmert. Die Lebensversicherungsverträge habe er gekündigt, daer die Beiträge hierfür nicht mehr habe leisten können. Hierüber sei die Antragsgegnerininformiert gewesen. Er habe die Tätigkeit für die Versicherung nicht verloren, weil erbetrunken gewesen sei <strong>und</strong> den Führerschein verloren habe. Er habe das Arbeitsverhältnisbeendet, da Zusagen durch die Versicherung nicht eingehalten worden seien <strong>und</strong> er keineausreichenden Provisionszahlungen erhalten habe. Die außereheliche Beziehung habe nichtzu finanziellen Nachteilen für die Ehe <strong>und</strong> die Lebensführung der Parteien geführt. Er habekeine Unterhaltszahlungen für die Mutter seines Kindes oder das Kind erbracht.


<strong>Deutsche</strong> <strong>Anwalts</strong>-, <strong>Notar</strong>- <strong>und</strong> Steuerberater-vereinigung für Erb- <strong>und</strong> Familienrecht e.V.Mitgliederdepesche 03-2009II.Die nach §§ 629 a Abs. 2, 621 Abs. 1 ZPO statthafte sofortige Beschwerde ist begründet.Das Familiengericht hat zwar zutreffend eine Ausgleichspflicht der Antragsgegnerin in Höhevon 149,69 EUR errechnet. Die Differenz der Anwartschaften beträgt 299,38 EUR. Hiervondie Hälfte sind 149,69 EUR.Der Versorgungsausgleich ist aber nicht durchzuführen, weil die Parteien gemäß § 1587 oBGB eine Vereinbarung über den Ausschluss des Versorgungsausgleichs getroffen haben<strong>und</strong> diese Vereinbarung zu genehmigen ist.1. Der Versorgungsausgleich ist nicht schon durch die notarielle Vereinbarung derParteien gemäß § 1408 Abs. 1 BGB ausgeschlossen. Die notarielle Vereinbarung derParteien vom 29.September 2006 über den Ausschluss des Versorgungsausgleichesist gemäß § 1408 Abs. 2 S. 2 BGB unwirksam geworden, weil der Antragstellerinnerhalb eines Jahres nach Vertragsschluss den Antrag auf Scheidung gestellt hat.Die Zustellung des Scheidungsantrages ist am 17. September 2007 <strong>und</strong> somit vorAblauf eines Jahres nach Vertragsschluss erfolgt.2. Die Vereinbarung ist aber nach § 1587 o Abs. 2 Satz 4 BGB zu genehmigen.Nach dieser Vorschrift können die Ehegatten im Zusammenhang mit der Scheidungeine Vereinbarung über den Ausgleich von Versorgungsanwartschaften treffen. DieVereinbarung bedarf der familiengerichtlichen Genehmigung, die nur versagt werdensoll, wenn unter Einbeziehung der Unterhaltsregelung <strong>und</strong> derVermögensauseinandersetzung offensichtlich die vereinbarte Leistung nicht zu einerdem Ziel des Ausgleichs entsprechenden Sicherung des Berechtigten geeignet ist oderzu keinem nach Art <strong>und</strong> Höhe angemessenen Ausgleich unter den Ehegatten führt.Die Antragsgegnerin hat danach einen Rechtsanspruch auf die Genehmigung, soweitdie gesetzlichen Versagungsgründe <strong>und</strong> der Schutzzweck der Norm nicht eingreifen(vgl. BGH FamRZ 1982, 471).a) Die Genehmigung ist nicht schon deshalb zu versagen, weil die Parteien einenkompensationslosen Verzicht auf den Versorgungsausgleich vereinbart haben.Gr<strong>und</strong>sätzlich ist der kompensationslose Verzicht auf den Versorgungsausgleich


<strong>Deutsche</strong> <strong>Anwalts</strong>-, <strong>Notar</strong>- <strong>und</strong> Steuerberater-vereinigung für Erb- <strong>und</strong> Familienrecht e.V.Mitgliederdepesche 03-2009nach dem gesetzlichen Wortlaut nicht genehmigungsfähig. Da § 1587 o Abs. 2 Satz4 BGB aber keine abschließende Regelung der Genehmigungsvoraussetzungenthält, können ausnahmsweise auch Regelungen des Versorgungsausgleichsgenehmigt werden, die andere Fallgestaltungen betreffen. Dabei kommt es nach derRechtsprechung des B<strong>und</strong>esgerichtshofs darauf an, ob der Zweck desGenehmigungserfordernisses eingreift, der darin besteht, den Ehegatten mit dengeringeren Versorgungsanwartschaften vor einer Übervorteilung zu schützen.Dementsprechend ist von Bedeutung, ob es der Durchführung desVersorgungsausgleichs nicht bedarf, um für den verzichtenden Ehegatten denGr<strong>und</strong>stock einer eigenständigen Versorgung für das Alter <strong>und</strong> für den Fall derErwerbsunfähigkeit zu legen, oder ob ein Ehegatte auf ihm an sich zustehendeVersorgungsanrechte im Hinblick auf Umstände verzichtet, die im Rahmen derHärteregelung des § 1587 c BGB zu berücksichtigen sind (vgl. BGH NJW 1997,1768).b) Auch wenn der Antragsteller ein weiteres Erwerbsleben von fast 30 Jahren vor sichhat, ist zweifelhaft, ob er noch ausreichend Anwartschaften erwerben kann, um nichtauf den ungekürzten Versorgungsausgleich angewiesen zu sein. Nach derAuskunft der <strong>Deutsche</strong>n Rentenversicherung B<strong>und</strong> vom 31. Oktober 2007 hat derAntragsteller insgesamt in seinem Erwerbsleben 8,2993 Entgeltpunkte erworben.Bei einem aktuellen Rentenwert von 26,56 hat er damit bislangVersorgungsanwartschaften in Höhe von 220,43 EUR angesammelt. Um eineAlterversorgung von derzeit 900,00 EUR in Höhe des unterhaltsrechtlichen kleinenSelbstbehalts zu erzielen müsste der Antragsteller folgende Einkünfteerwirtschaften:bisherige Anwartschaften 220,43offener Rest zu 900,00 EUR 679,57erforderliche Entgeltpunkte 25,58erforderliche Beiträge (Faktor 5986,716) 153.177,56erforderliches Bruttoeinkommen bei einem Beitragssatz von 19,9 % 769.736,48,monatlich bei 27 Jahren Erwerbstätigkeit 2.376,00


<strong>Deutsche</strong> <strong>Anwalts</strong>-, <strong>Notar</strong>- <strong>und</strong> Steuerberater-vereinigung für Erb- <strong>und</strong> Familienrecht e.V.Mitgliederdepesche 03-2009Tatsächlich beträgt das Bruttoeinkommen des Antragstellers derzeit r<strong>und</strong> 1.700,00EUR. Er wird auf den Versorgungsausgleich deshalb nur dann nicht angewiesensein, wenn sein Erwerbseinkommen zukünftig steigt.c) Zulässig ist ein Verzicht aber auch dann, wenn <strong>und</strong> soweit derVersorgungsausgleich ohnehin ausgeschlossen wäre, weil nach § 1587 c BGBAusschließungsgründe vorliegen. Dabei können auch persönlicheBilligkeitserwägungen der Ehegatten beachtlich sein, wenn sie unterhalb derSchwelle des Ausschlusstatbestandes des § 1587 c BGB liegen.Gründe, die danach einen Ausschluss des Versorgungsausgleichs nach § 1587 cBGB rechtfertigen können, liegen vor. Nach § 1587 c Nr. 1 BGB findet einVersorgungsausgleich nicht statt, soweit die Inanspruchnahme des Verpflichtetenunter Berücksichtigung der beiderseitigen Verhältnisse, insbesondere desbeiderseitigen Vermögenserwerbs während der Ehe oder im Zusammenhang mitder Scheidung grob unbillig wäre.Der Ausschluss des Versorgungsausgleichs ist für sich gesehen noch nichtgerechtfertigt, weil der Antragsteller eine ausreichende Altersvorsorge unterlassenhat. Die von einem Selbstständigen unterlassene Altersvorsorge rechtfertigt nurdann den Ausschluss, wenn das Unterlassen als illoyal <strong>und</strong> grob leichtfertig zubewerten ist, vgl. Palandt/Brudermüller, § 1587 c Rn. 23, 68. Aufl.). Dass es seitensdes Antragstellers grob leichtfertig <strong>und</strong> illoyal war, nicht in bestehendeLebensversicherungsverträge einzuzahlen, kann der Senat nicht feststellen. Dazuwäre erforderlich, dass der Antragsteller überhaupt in der Lage war, aus seinenEinkünften eine ausreichende Altersvorsorge zu bilden. Dies ist indessen nichtersichtlich.Als einseitiges Fehlverhalten, das im Rahmen des § 1587 c BGB zu berücksichtigenist, liegt aber die Aufrechterhaltung des außerehelichen Verhältnisses vor, aus demdie am 08. Mai 2003 geborene Tochter stammt. Ein derartiges ehelichesFehlverhalten kann dabei auch berücksichtigt werden, wenn es sich nichtwirtschaftlich ausgewirkt hat. Zwar ist für sich allein der Vorwurf des Ehebruchs


<strong>Deutsche</strong> <strong>Anwalts</strong>-, <strong>Notar</strong>- <strong>und</strong> Steuerberater-vereinigung für Erb- <strong>und</strong> Familienrecht e.V.Mitgliederdepesche 03-2009nicht ausreichend. Das außereheliche Verhältnis hat der Antragsteller indessen überdie Jahre 2001 bis 2004 aufrechterhalten, damit über einen Großteil der Ehezeit.Auch der Umstand, dass aus der Beziehung eine Tochter hervorgegangen ist, gibtder ehewidrigen Beziehung besonderes Gewicht.Selbst wenn dies für einen Ausschluss des Versorgungsausgleichs wegen groberUnbilligkeit für sich gesehen nicht ausgereicht hätte, ist der entschädigungsloseVerzicht gleichwohl möglich. Denn in solchen Fällen ist der Zweck des § 1587 oBGB, den Berechtigten vor Übervorteilung zu schützen, in der Regel nicht betroffen,die Entscheidung des verzichtenden Ehegatten ist vielmehr zu respektieren (vgl.BGH FamRZ 1982, 688).

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