<strong>Physik</strong> in österreich und internationalMitgliedschaft Österreichs bei CERNStellungnahme der ÖPGÖPG-Präsident Erich GornikDie Österreichische <strong>Physik</strong>alischeGesellschaft war bestürzt, dass dasWissenschaftsministerium auf Grundder Budgetsituation ankündigte, dieMittel für die Beteiligung am CERNab 2011 einzustellen. CERN ist unwidersprochenein herausragendes wissenschaftlichesund technologischesZentrum, mit einer sehr wichtigen internationalintegrativen Rolle. CERN kannin den letzten Jahrzenten auf eine sehrgroße Zahl von bahnbrechenden Erfolgenverweisen. Aus wissenschaftlicher,und auch aus forschungspolitischerSicht wäre die Entscheidung die ÖsterreichischeMitgliedschaft beim CERNzur Gänze zu kündigen außerordentlichbedauerlich gewesen.In Bezug auf den CERN sollte auch inZukunft sichergestellt werden, dassÖsterreichische Wissenschaftler undinsbesondere Doktorand(inn)en undPostdocs auch weiterhin am CERNmitarbeiten können. Die österreichischenexperimentellen Beteiligungensollten ineinem sinnvollenUmfang weiterlaufenkönnen.Die Österreichische<strong>Physik</strong>alischeGesellschaftals Vertretungsorganaller <strong>Physik</strong>erist sich der Verantwortungbewusst,auf eine positiveEntwicklung undAusgewogenheitder Förderung allerinternational erfolgreichenTeilgebieteder <strong>Physik</strong> zuachten. Für jedesGebiet der modernenForschung isteine internationaleKooperationenund die Einbindungin weltführendeInfrastrukturenunabdingbar.Es ist daher für die gesamte Wissenschaftin Österreich der Zugang zuinternationalen Spitzenforschungsanlagenvon eminenter Bedeutungund muss gemäß den internationalanerkannten Leistungen österreichischerForscher insbesondere imInland und gemäß dem Stellwert deseinzelnen Gebietes für die ÖsterreichischeForschung gesichert sein.Dabei ist zu berücksichtigen, dasssich in den letzten 2 Jahrzehnten inÖsterreich neue Teilgebiete der <strong>Physik</strong>entwickelt haben, die weltführendsind. Dieser Umstand ist bei einerVerteilung von beschränkten Mittelnzu berücksichtigen.Die ÖPG empfiehlt daher die Beteiligungenan internationalen Einrichtungenprimär nach Qualitätskriterienunter Berücksichtigung derinternationalen Reputation ÖsterreichischerWissenschaftler auszuwählen.Bei diesen Beteiligungen istder Mehrwert, der sich durch Wissenserwerb,Synergien und Technologietransferfür Österreich ergibt,in jedem Fall ungleich höher als dieentsprechenden Mitgliedsbeiträge.So haben Aufenthalte der österreichischenForscher an internationalenForschungseinrichtungen undhier insbesondere am CERN in denvergangenen Jahrzehnten in hohemMaße zu einer Bereicherung derösterreichischen Wissenschaft undWirtschaft beigetragen.Die ÖPG appelliert daher an die verantwortlichePolitik in Österreich, dieFrage der internationalen Beteiligungenan Großfoschungseinrichtungenmit den betroffenen Fachgremienaus der Sicht des gesamtenÖsterreichischen Wissenschaftssystemszu diskutieren und keine Schrittezu unternehmen, die Österreich alsWissenschaftsstandort als Ganzesbeschädigen können. Gerade in derderzeitig angespannten wirtschaftlichenLage gilt zu bedenken, dassInvestitionen in Forschung und Bildungder beste und wahrscheinlicheinzige Garant für den Erhalt unseresWohlstandes sind.4 Nr. 2/2009
<strong>Physik</strong> in ÖsterreichMath-BridgeInteraktive Mathematik für <strong>Physik</strong>studentenNur 30 bis 40 Prozent der <strong>Physik</strong>studierendenbeenden ihr Studium. Fehlendesmathematisches Vorwissenwird als einer der maßgeblichen Gründedafür genannt. An vielen andereneuropäischen Universitäten und Fachhochschulenist die Situation ähnlich.Um diese hohen Dropout-Raten zusenken, wurde das Vernetzungsprojekt„Math-Bridge“ konzipiert, an demneben sechs anderen europäischenUniversitäten und dem DeutschenForschungszentrum für künstliche Intelligenzauch die Universität Wien teilnimmt:eine Hilfestellung für Lehrendeund Lernende, um die Hürde zwischenSchule und Universität erfolgreichüberwinden zu können.Beim Beginn einer höheren technischenoder naturwissenschaftlichenAusbildung wird vielen Studierendenbewusst, dass die mathematischenKenntnisse, die sie in der Schule erworbenhaben, für das angestrebteStudium unzureichend sind. Dabeigibt es nicht nur große Unterschiedezwischen den verschiedenen österreichischenSchultypen, sondern auchzwischen den Schulsystemen der einzelneneuropäischen Länder.„Deshalb macht es Sinn, dieses Themaauf gesamteuropäischer Ebeneanzugehen – auch weil die fehlendenmathematischen Kenntnisse ein Problemdarstellen, das alle europäischenLänder betrifft“, so der <strong>Physik</strong>er FranzEmbacher über den Hintergrund desEU-Projekts „Math-Bridge“, das er seitensder Universität Wien koordinierenwird. Der Startschuss für das Vernetzungsprojektfiel Anfang Mai 2009.Lernumgebung mit mehrsprachigerSuchmaschineBei „Math-Bridge“ geht es in ersterLinie darum, bestehende mathematischeInhalte aus verschiedenen europäischenLändern im Internet für allezugänglich zu machen und ihnen eineeinheitliche Struktur zu geben. „Dafürunterlegen wir die verschiedenen Lernobjekte,die online verfügbar sind, mitsemantischen Zusatzinformationen– sogenannten Metadaten – , übersetzendiese in die verschiedenen europäischenSprachen und geben ihneneine Struktur, die den mathematischenInhalten und den unterschiedlichenLernzielen entspricht“, erklärt FranzEmbacher.Ein Ziel des Projekts ist eine eigeneSuchmaschine, über die Lehrendeund Lernende EU-weit genau jeneLernobjekte finden können, die siefür ihren Unterricht bzw. für ihr Studiumbrauchen: „Um eine gezielte Suchezu ermöglichen, erstellen wir imRahmen des Projektes eine Art Katalog,in den man die Art der Kompetenz,die vermittelt oder gelernt werdensoll, eingeben kann. Natürlichist auch das mathematische Niveauund der Anwendungsbereich derMathematik dafür relevant.“ Darüberhinaus wird eine Lernumgebung entwickelt,in der Kurse angelegt werdenkönnen und in der alle NutzerInnen– Lehrende wie Lernende – einenpersönlichen Bereich besitzen.Mathe für alleDie interaktiven Lernobjekte – obZeichnungen, Lehrbuchtexte oder dynamischeVisualisierungen –, sollenfür alle abrufbar und besser nutzbarsein als bisher und so den Zugang zumathematischen Problemstellungenerleichtern. Ob „Math-Bridge“ diesemAnspruch gerecht werden kann,soll später im Rahmen einer BenutzerInnenbefragungevaluiert werden:„Unter anderem auch Studierende derUniversität Wien sollen ein Feedbackdarüber geben, inwieweit ihnen dieseModularisierung von Lerninhalten weiterhilft“,so Embacher.Der <strong>Physik</strong>er bedauert die allgemeineUnbeliebtheit, mit der Fächer wieMathematik und <strong>Physik</strong> zu kämpfenhaben: „Nichts von Mathematik oder<strong>Physik</strong> zu verstehen, ist für viele weitweniger schlimm als niemals Goethegelesen zu haben.“ Da das offen angelegteProjekt mathematische Inhalte aufeine anschauliche Art für alle zugänglichmachen soll, steigt vielleicht auchdas (Lern-)Interesse an der abstraktenMathematik. „Es gibt keinen Königswegzur Mathematik“, zitiert Franz Embacherden griechischen MathematikerEuklid, aber die Hilfestellungen könnenoptimiert werden – genau das ist dasZiel von „Math-Bridge“.„mathe online“Zusammen mit Petra Oberhuemer vom„Center for Teaching and Learning“ derUniversität Wien hat Franz Embacherbereits Ende der 90er Jahre eine Mathematik-Online-Plattformaufgebaut,die heute vor allem von Lernenden undLehrenden in Österreich, Deutschlandund der Schweiz gern genutzt wird.„Diese Plattform stellt eine der größtenSammlungen mathematischer Lernobjekteim deutschsprachigen Raum darund soll deshalb in das neue Projektintegriert werden“, so Embacher zurVorgeschichte des Projektes. Weiterswerden die Erfahrungen und Ergebnissezweier am „Center for Teachingand Learning“ angesiedelten EU-Projekteaus dem Bereich des Technologiegestützten Lernens in das Projekteinfließen. Nr. 2/2009 5