AP Sonderausgabe BMW Z8 2000 - Plastverarbeiter
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Entwicklung<br />
12<br />
Dr. Wolfgang Ziebart, bis<br />
16. März <strong>2000</strong> Entwicklungsvorstand<br />
<strong>BMW</strong>: „Wir haben<br />
beim <strong>Z8</strong> nicht die gleichen<br />
strengen betriebswirtschaftlichen<br />
Maßstäbe angelegt.<br />
Aber die Rechnung wird für<br />
<strong>BMW</strong> dennoch aufgehen.“<br />
Automobil-Produktion, April <strong>2000</strong><br />
Tugenden<br />
haben<br />
ihren Preis
„Nur das Beste für den <strong>Z8</strong>“, so das Motto<br />
der <strong>BMW</strong>-Entwicklung, die das Projekt<br />
<strong>Z8</strong> in nur 29 Monaten stemmte. Das Ziel,<br />
so Dr. Wolfgang Ziebart, war: „Die <strong>BMW</strong>-<br />
Tugenden Styling und Freude am Fahren<br />
besonders herauszustellen.“<br />
Wie hoch war der Entwicklungsaufwand für den <strong>Z8</strong> im Verhältnis<br />
zu einem Modell der <strong>BMW</strong>-Reihen 3er oder 5er?<br />
Der Entwicklungsaufwand war deutlich geringer,<br />
auch die Werkzeugkosten wurden auf Grund der geringen<br />
Stückzahlen kostengünstiger. Die Kosten für<br />
Bauteile und Montage liegen dagegen deutlich höher.<br />
Ziel muß immer die stückzahlbezogene Gesamtoptimierung<br />
sein.<br />
Die Entwicklungskosten für eine „normale“ Modellreihe<br />
amortisieren sich über die Modellaufzeit. Wird – oder soll<br />
überhaupt – diese Rechnung auch beim <strong>Z8</strong> aufgehen?<br />
Der <strong>Z8</strong> ist gleichermaßen Technologie- wie Imageträger.<br />
Wir haben neue Erkenntnisse zu Technologien<br />
und Verfahren gewonnen, und der <strong>Z8</strong> wird positiv auf<br />
die Marke <strong>BMW</strong> abstrahlen. Daher haben wir an dieses<br />
Projekt nicht die gleichen strengen betriebswirtschaftlichen<br />
Maßstäbe angelegt, die sonst für neue<br />
Fahrzeugprojekte gelten. Alles in allem betrachtet wird<br />
die Rechnung für <strong>BMW</strong> aber aufgehen.<br />
Bild: <strong>BMW</strong><br />
Entwicklung<br />
Vor drei Jahren präsentierte <strong>BMW</strong> die Studie Z07. Wurde mit<br />
der Studie der Markt für einen Sportwagen dieser Klasse „getestet“?<br />
Ja, der Markt sollte getestet werden. Die Resonanz war<br />
überwältigend, dies hat uns die Entscheidung für die<br />
Serie erleichtert.<br />
Unterscheidet sich das Vorgehen in der Entwicklung bei einem<br />
„Erfahrungs-Bringer“ wie dem <strong>Z8</strong> von dem bei „normalen“<br />
Baureihen?<br />
Da die gleichen Aufgaben zu erledigen sind, gilt auch<br />
der gleiche Ablauf, allerdings entsprechend angepaßt<br />
mit kleiner Kernmannschaft, unterstützt durch die<br />
benötigten Technologiespezialisten. So steht die Erfahrung<br />
auch für andere Projekte zur Verfügung.<br />
Was waren die maßgeblichen Lastenheft-Vorgaben für den <strong>Z8</strong>?<br />
Das Fahrzeugkonzept sollte die <strong>BMW</strong>-Tugenden wie<br />
Styling und Freude am Fahren besonders herausstellen<br />
und gleichzeitig höchsten Ansprüchen in bezug auf<br />
Sicherheit, Qualität und Zuverlässigkeit genügen.<br />
„Wenn <strong>BMW</strong> eine neue Technologie<br />
anwendet, möchten wir diese auch<br />
beherrschen.“<br />
Einer Ihrer Kollegen sagte einmal, „die klassische Abfolge Forschung-Vorentwicklung-Serienentwicklung“<br />
läßt sich heute<br />
nicht mehr einhalten, wenn man First-to-Market sein will.<br />
Würden Sie dem zustimmen?<br />
Ja, dem stimme ich zu. Bei uns gehen diese Phasen<br />
fließend ineinander über, während bei einem härteren<br />
Phasenschluß alle Aktivitäten auf die zeitkritischste<br />
warten müssen. Auch gibt es Technologien, die aufgrund<br />
ihrer kurzen Entwicklungszyklen – wie z.B.<br />
elektronische Steuergeräte – erst später abgeschlossen<br />
sind als andere Fahrzeugkomponenten.<br />
Wie sah der Terminplan für die Entwicklung des <strong>BMW</strong> <strong>Z8</strong> aus?<br />
Wir hatten uns vom Start der Serienentwicklung bis<br />
zum Serienanlauf 28 Monate vorgenommen. Es sind<br />
29 geworden.<br />
Auf welche Technologien bzw. Innovationen sind Sie beim <strong>Z8</strong><br />
besonders stolz und welche verursachten das meiste Kopfzerbrechen?<br />
Stolz sind wir auf die extrem steife Aluminiumstruktur<br />
mit Aluminiumaußenhaut, die Neonlichttechnologie<br />
und den Wegfall des Reserverades durch die Verwendung<br />
eines Reifens mit Notlaufeigenschaften, kombiniert<br />
mit unserem Reifendruckwarnsystem RDW. Stolz<br />
sind wir außerdem auf die außerordentliche aktive<br />
und passive Sicherheit. Kopfzerbrechen machte uns<br />
die Umsetzung der Aluminiumtechnologie im Verbund<br />
mit Zulieferern und Werken. Das Know-how für die<br />
Serienproduktion mußten wir uns gemeinsam mit unseren<br />
Zulieferern zum Teil mühsam erarbeiten.<br />
Automobil-Produktion, April <strong>2000</strong> 13
Entwicklung<br />
14<br />
Welche Änderungen bzw. Innovationen flossen in der Entwicklungsphase<br />
noch ein, die in der Konzeptphase vielleicht<br />
als „noch nicht machbar“ eingestuft wurden?<br />
Unser Gesamtkonzept war sehr schlüssig, so daß wir<br />
nur wenig hinzufügen mußten. Der Wegfall des Reserverades<br />
und der Ersatz durch ein Reifennotlaufsystem<br />
mit Reifendruckwarnsystem wurden später entschieden.<br />
Ebenso die Neonlichttechnologie für Blinker und<br />
Rückleuchten. Hinzugefügt wurden außerdem ein Navigationssystem<br />
und ein exklusives Soundsystem.<br />
„Das Know-how für die Serienproduktion<br />
mußten wir uns gemeinsam mit unseren<br />
Zulieferern zum Teil mühsam erarbeiten.“<br />
Der Spaceframe ist eine Eigenentwicklung von <strong>BMW</strong>. Gab es keine<br />
Zulieferer, die Ihre Anforderungen hätten erfüllen können?<br />
Wenn <strong>BMW</strong> eine neue Technologie anwendet, möchten<br />
wir diese auch beherrschen. Sind diese Anforderungen<br />
erfüllt, arbeiten wir gerne mit Partnern zusammen.<br />
Wir sind dann in der Lage, den Prozeß in unserem<br />
Sinne im Griff zu behalten.<br />
An wem oder was mißt man sich bei einer solchen Entwicklung<br />
– z.B. Audi als Vorreiter in der Aluminiumtechnologie?<br />
Als zweiter hat man die Möglichkeit zu sehen, zu lernen<br />
und dann ein Stück vorauszugehen. Wir verwen-<br />
„Who is who“ der <strong>Z8</strong>-Konzeptpartner<br />
Rohkarosse Hydro Aluminium Spaceframe-Komponenten<br />
Thyssen Umformtechnik Ziehteile<br />
Ausstattung Eldra Kunststofftechnik Interieur oben<br />
HP-Pelzer Interieur unten (Teppiche,<br />
Verkleidung Kofferraum)<br />
Faurecia Sitze<br />
ISE Rohteile Stoßfänger, Schweller<br />
<strong>BMW</strong>-Sparte Kunststoff/ISE Stoßfänger komplett<br />
Elektrik VDO Instrumentenkombination<br />
Dräxlmaier Bordnetz<br />
Behr/Preh Klimaanlage<br />
Seima Italiana/Osram Neonleuchten<br />
Philips Radio/Navigation<br />
Valeo Spanien Abblendscheinwerfer<br />
Kostal/Reum Schalter<br />
Becker/Harman Kardon Audiosystem<br />
Fahrwerk Petri/Takata Lenkrad/Fahrerairbag<br />
<strong>BMW</strong>-Sparte Motor/Fahrwerk Achsen<br />
Bridgestone u. Michelin/Dunlop Autoporteurreifen/RDW<br />
Valeo Zündschloß<br />
Hayes Wheels Räder<br />
ZF Lenkgetriebe<br />
ITT Bremse<br />
Bosch Regelsysteme<br />
Kautex Textron Kraftstoffsystem<br />
Motor/Antrieb Friedrich Boysen Abgasanlage<br />
Getrag Schaltgetriebe<br />
Behr Kühlsystem<br />
Bosch Steuergeräte<br />
Automobil-Produktion, April <strong>2000</strong><br />
den beispielsweise keine Gußknoten, sondern verschweißen<br />
die Profile direkt. Dies erhöht die Steifigkeit,<br />
reduziert das Bruchrisiko und spart Gewicht.<br />
Warum entschied sich <strong>BMW</strong> für den Spaceframe mit Vollaluminium-Karosserie?<br />
Ausschlaggebend war neben dem Gewichtsreduzierungspotential<br />
der Kostenvergleich auf Basis der Planzahlen,<br />
der Werkzeugkosten und der Materialkosten<br />
von Aluminium. Im Vergleich zu einer konventionellen<br />
Stahlbauweise ergab sich ein Vorteil für die Aluminiumlösung.<br />
Hätten wir auf einer Basis von über 50 000<br />
Fahrzeugen geplant, sähe das Ergebnis vermutlich anders<br />
aus. Übrigens hatte bereits der 507 eine Aluminium-Karosserie<br />
– eine zusätzliche Verpflichtung.<br />
Bestanden jemals fertigungstechnische Bedenken?<br />
<strong>BMW</strong> hatte sich auf das Thema Aluminium gründlich<br />
vorbereitet. So wurden die unterschiedlichen Konzepte<br />
intensiv untersucht. Wir hatten keine Bedenken, allerdings<br />
wußten wir, daß das Know-how für die Serienfertigung<br />
noch aufzubauen war. Die Themen Beschichtung,<br />
Lackbehandlung, Schweißbarkeit erforderten<br />
etwas Zusatzaufwand.<br />
Ist die Spaceframe-Technologie ein technisch sinnvolles und<br />
wirtschaftlich rentables Strukturkonzept der Zukunft auch für<br />
größere Serien?<br />
Mit zunehmender Stückzahl wird sich der Anteil an<br />
Blechschalenkonstruktionen erhöhen. Für Trägerstrukturen<br />
behalten die Profile ihren Vorteil.<br />
Jedes Fahrzeug verlangt ein angepaßtes Konzept.<br />
So ist das Konzept des <strong>Z8</strong> nicht auf ei-<br />
nen 3er <strong>BMW</strong> übertragbar. Raumbedarf der<br />
Strukturteile und hohe Kosten stehen dem<br />
entgegen.<br />
Welche Strategie verfolgten Sie beim <strong>Z8</strong> hinsichtlich<br />
der Einbindung von Entwicklungs- und Systemlieferanten?<br />
Hier gab es keinen grundsätzlichen Unterschied<br />
gegenüber einem normalen Serienprojekt.<br />
Kurze Wege und effiziente Arbeit sind<br />
aber noch wichtiger gewesen.<br />
Welche Erfahrungen bringt der „Erfahrungs-Bringer“<br />
<strong>Z8</strong> für künftige Projekte?<br />
Die vielfältigen Erfahrungen werden Eingang<br />
in eine Reihe von Projekten finden: Wie setzt<br />
man ein kleines Projekt auf? Welche Mannschaft<br />
brauche ich mindestens? Welche Entscheidungsbefugnisse<br />
sollte die Projektmannschaft<br />
haben? Wie binde ich die Fachbereiche,<br />
die Zulieferer ein? Wie kann man Entscheidungsprozesse<br />
beschleunigen? Wo liegen<br />
die Grenzen z.B. für Technologien wie<br />
Alu-Spaceframe? Wie viele Prototypen werden<br />
benötigt? Zusätzlich erzeugt ein solches<br />
Projekt bei der gesamten Mannschaft einen<br />
spürbaren Motivationsschub.