Siege werden im Stall errungen

Verschleiß vorprogrammiert?
Als Hannoveranerwallach Keno unter Ruth Giffels fliegende Galoppwechsel à tempi
lernte, war er bereits greis und grau, aber topfit. Um es genau zu sagen: 26 Jahre! Essex,
unvergessenes Lehrpferd des Reitzentrums Reken starb mit 32 Jahren im Schuldienst.
Nicht, weil man ihm das Altenteil verwehrte, sondern weil er auf demselben – trotz der
gewohnten Umgebung und seiner Herdenkumpane – so unglücklich war, dass er
schleunigst wieder in leichten Dienst gestellt werden musste, um seinen endgültigen
Verfall zu verhindern. Sioux, erfolgreiches Militarypferd unter Horst Karsten (Olympiateilnehmer
1972 in München) arbeitete nach seiner aktiven Laufbahn noch viele Jahre in
der Westfälischen Reit- und Fahrschule als Lehrpferd und wurde dort 28 Jahre. Fast so
alt wie ein anderer prominenter Stallkollege der Schule, Fortunat, der es gar auf 30 Jahre
brachte. Isländer Frosti stellte mit 22 Jahren unter Vera Reber einen Weltrekord im Pass
auf, und Topreiter wie die Brüder Whitaker oder die Pessoas wissen ihre Pferde so perfekt
zu managen, dass sie selbst mit 20 Jahren erfolgreich einer Konkurrenz die Hinterhufe
zeigen, die knapp die Hälfte ihres Alters auf dem Buckel hat.
Umgekehrt werden die Pferde auf den Gnadenhöfen immer jünger. Das beginnt mit
zwei Jahren und zieht sich quer durch alle Altersklassen. Das Gros der Rentner zählt zwischen
3 und 15 Lenzen, am seltensten vertreten sind dagegen die wirklich alten Kämpen,
die man dort vermutet.
Alles nur eine Frage der Gene?
Könnte man meinen. Schließlich ist Altern ein unaufhaltsamer Prozess. Kaum ist der Organismus
fortpflanzungsfähig, hat sich mehr oder weniger erfolgreich um seinen Lebensraum
gekeilt und Nachkommen gezeugt, baut er auch schon wieder ab. Wie lange
die innere Uhr tickt, hängt von der Spezies und ihrem Stoffwechsel ab. Es gibt Pflanzen,
die bringen es auf etliche tausend Jahre, bei Eintagsfliegen beträgt sie gerade mal einen
VERSCHLEISS VORPROGRAMMIERT? 7
SIEGE WERDEN IM
STALL ERRUNGEN
Ein biologischer Prozess
„Altern ist ein biologischer
Prozess und als solcher sicher
auch modulierbar. Er ist von
physiologischen Veränderungen
begleitet, die nicht monokausal
erklärbar sind. Altern ist das
komplexe Zusammenspiel verschiedener
Systeme und unterliegt
den Gesetzmäßigkeiten
offener biologischer Systeme.
Funktionieren die Synergien der
vielfach vernetzten Regelkreise
nicht mehr, tritt der physiologische
Zelltod ein.”
DR. MED. WOLF-DIETER BEßING,
IN DER „NATURHEILPRAXIS”
Reife Leistung: Gut gymnastizierte und
sich rundum wohl fühlende Pferde bleiben
lange leistungsfähig und wollen arbeiten.
Richard Hinrichs mit Schimmelhengst.
Foto: Lenz