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bericht der weltkommission für drogenpolitik - Global Commission ...

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KRIEGGEGEN DIEDROGENBERICHT DERWELTKOMMISSIONFÜR DROGENPOLITIKJUNI 2011


EINLEITUNGSCHÄTZUNGEN DER VEREINTEN NATIONEN ZUM JÄHRLICHEN DROGENKONSUM, 1998–2008Opiate Kokain Cannabis1998 12,9 Millionen 13,4 Millionen 147,4 Millionen2008 17,35 Millionen 17 Millionen 160 Millionen% Zunahme 34,5% 27% 8,5%Der weltweite Krieg gegen die Drogen ist gescheitert. Als die VereintenNationen vor 50 Jahren das Einheits-Übereinkommen überdie Betäubungsmittel verabschiedeten und die US-Regierung unterPräsident Nixon vor 40 Jahren den Krieg gegen die Drogen ausrief,glaubten die politischen Entscheidungsträger, eine harte strafrechtlicheVerfolgung <strong>der</strong> Personen, die an <strong>der</strong> Produktion, dem Vertriebund dem Konsum von Drogen beteiligt seien, werde zu einerzunehmenden Austrocknung des Markts für kontrollierte Drogenwie Heroin, Kokain und Cannabis und letztlich zur Erreichung einer«drogenfreien Welt» führen. In <strong>der</strong> Praxis hat <strong>der</strong> weltweite Umfang<strong>der</strong> illegalen Drogenmärkte, die weitgehend vom organisierten Verbrechenbeherrscht werden, in diesem Zeitraum dramatisch zugenommen.Zwar sind keine genauen Schätzungen zum weltweitenKonsum für den gesamten Zeitraum dieser 50 Jahre verfügbar, dochschon eine Analyse <strong>der</strong> letzten zehn Jahre, 1, 2, 3, 4 zeigt, dass ein grosserund wachsen<strong>der</strong> Markt besteht (siehe obige Tabelle).Obwohl immer mehr Daten belegen, dass die <strong>der</strong>zeitige Politik ihrZiel nicht erreicht, neigen die meisten politischen Organe auf nationalerund internationaler Ebene dazu, einer genauen Prüfung o<strong>der</strong>einer Diskussion über Alternativen auszuweichen.Diese mangelnde Führung in <strong>der</strong> Drogenpolitik war <strong>der</strong> Anlass zurBildung unserer Kommission und bestärkt uns in <strong>der</strong> Überzeugung,dass die Zeit gekommen ist, die Strategien, mit denen das Drogenphänomenangegangen werden soll, einer sorgfältigen, umfassendenund weitreichenden Überprüfung zu unterziehen. Im Hinblickauf diese Überprüfung muss zunächst anerkannt werden, dass dasweltweite Drogenproblem kein Krieg ist, <strong>der</strong> sich gewinnen lässt.Vielmehr handelt es sich um einen Komplex von miteinan<strong>der</strong> verknüpftengesundheitlichen und gesellschaftlichen Herausfor<strong>der</strong>ungen,die angegangen werden müssen.Die Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Kommission haben sich auf vier zentrale Grundsätzegeeinigt, von denen sich die nationalen und internationalendrogenpolitischen Handlungskonzepte und Strategien leiten lassensollten, und elf Empfehlungen ausgearbeitet.4Weltkommission für Drogenpolitik


Grundsätze1. Die Drogenpolitik muss auf soliden empirischen und wissenschaftlichenBelegen beruhen. Vorrangiger Massstab für denErfolg sollte die Min<strong>der</strong>ung des Schadens für die Gesundheit,die Sicherheit und das Wohl <strong>der</strong> einzelnen Menschen und <strong>der</strong>Gesellschaft sein.In den 50 Jahren, seit die Vereinten Nationen ein eigentliches weltweitesDrogenverbotssystem eingeführt haben, haben wir viel überdie Art und die Muster <strong>der</strong> Produktion, des Vertriebs, des Konsumsund <strong>der</strong> Abhängigkeit von Drogen sowie über die Wirksamkeit unsererVersuche gelernt, die damit verbundenen Probleme zu verringern.Angesichts <strong>der</strong> beschränkten Erkenntnisse, die zu jener Zeitverfügbar waren, mag es verständlich sein, dass die Architektendes Systems darauf vertrauten, die Produktion und den Konsumvon Drogen ausmerzen zu können. Doch es gibt keine Entschuldigungdafür, die Belege und Erfahrungen zu ignorieren, die seitherzusammengetragen wurden. Die drogenpolitischen Handlungskonzepteund Strategien werden auf allen Ebenen noch zu oft von ideologischenSichtweisen o<strong>der</strong> vom Schielen auf politische Vorteilebestimmt und tragen <strong>der</strong> Komplexität des Drogenmarkts, des Drogenkonsumsund <strong>der</strong> Drogenabhängigkeit nicht genügend Rechnung.Eine wirksame Gestaltung <strong>der</strong> Politik erfor<strong>der</strong>t, dass die Ziele <strong>der</strong>Politik klar miteinan<strong>der</strong> verknüpft werden. Im UN-Einheits-Übereinkommenüber die Betäubungsmittel von 1961 wird klargestellt,dass das letztliche Ziel des Systems darin besteht, «die körperlicheund sittliche Gesundheit <strong>der</strong> Menschheit» zu verbessern.Dies zeigt, dass die Drogenpolitik anfänglich in <strong>der</strong> Hoffnung entwickeltund umgesetzt wurde, Ergebnisse zu erreichen, die sichauf die Min<strong>der</strong>ung des Schadens für die einzelnen Menschen unddie Gesellschaft beziehen: weniger Kriminalität, eine bessere Gesundheitund vermehrte wirtschaftliche und gesellschaftliche Entwicklung.Doch wir haben unsere Erfolge im Krieg gegen die Drogenzumeist mit ganz an<strong>der</strong>en, prozessbezogenen Massstäben wie <strong>der</strong>Anzahl <strong>der</strong> Festnahmen, den beschlagnahmten Mengen o<strong>der</strong> <strong>der</strong>Strenge <strong>der</strong> Strafen gemessen. Diese Indikatoren belegen zwarmöglicherweise, wie hart wir durchgreifen, doch sie zeigen nicht,wie erfolgreich wir bezüglich <strong>der</strong> Verbesserung <strong>der</strong> «körperlichenund sittlichen Gesundheit» <strong>der</strong> Menschheit sind.2. Die Drogenpolitik muss auf den Menschenrechten und auf denGrundsätzen zum Schutz <strong>der</strong> öffentlichen Gesundheit beruhen.Wir sollten aufhören, die Menschen zu stigmatisieren undauszugrenzen, die bestimmte Drogen konsumieren o<strong>der</strong> dieauf den unteren Stufen des Anbaus, <strong>der</strong> Produktion und desVertriebs beteiligt sind, und wir sollten Drogenabhängige nichtals Kriminelle, son<strong>der</strong>n als kranke Menschen behandeln.Bestimmte wesentliche Grundsätze gelten für alle Aspekte <strong>der</strong>nationalen und internationalen Politik. Sie sind in <strong>der</strong> AllgemeinenErklärung <strong>der</strong> Menschenrechte und in zahlreichen später abgeschlossenenvölkerrechtlichen Verträgen verankert. Von beson<strong>der</strong>erBedeutung für die Drogenpolitik sind das Recht auf Leben, aufGesundheit, auf eine angemessene Verteidigung und ein fairesVerfahren, auf den Schutz vor Folter o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>er grausamer, unmenschlichero<strong>der</strong> erniedrigen<strong>der</strong> Behandlung, vor Sklaverei undvor Diskriminierung. Diese Rechte sind unveräusserlich und dieVerpflichtung auf sie hat Vorrang vor an<strong>der</strong>en völkerrechtlichenVerträgen, einschliesslich <strong>der</strong> Übereinkommen im Drogenbereich.Auch die UN-Hochkommissarin für Menschenrechte, NavanethemPillay, hat festgehalten, dass Menschen, die Drogen konsumieren,ihre Menschenrechte nicht verwirken. Zu oft würden Drogenkonsumierendediskriminiert, zur Befolgung einer Therapie gezwungenund ausgegrenzt. Häufig werde ihnen zudem durch AnsätzeSchaden zugefügt, bei denen die Kriminalisierung und Bestrafungim Vor<strong>der</strong>grund ständen, während die Schadenmin<strong>der</strong>ung und dieWahrung <strong>der</strong> Menschenrechte zu wenig Gewicht erhielten. 5Mit einer Reihe von breit anerkannten, erprobten Massnahmen zumSchutz <strong>der</strong> öffentlichen Gesundheit, 6, 7 (allgemein als Schadenmin<strong>der</strong>ungbezeichnet; dieser Ansatz umfasst die Spritzenabgabe unddie Behandlung mit den erprobten Medikamenten Methadon o<strong>der</strong>Buprenorphin) lässt sich das Risiko von tödlichen Überdosen und<strong>der</strong> Übertragung von HIV und an<strong>der</strong>en blutübertragbaren Infektionenminimieren. 8 Oft setzen die Staaten diese Massnahmen jedochnicht konsequent um, da sie befürchten, durch die Verbesserung<strong>der</strong> Gesundheit <strong>der</strong> Drogenkonsumierenden ihre Botschaft in Bezugauf das «harte Vorgehen gegen Drogen» zu untergraben. Dasmacht keinen Sinn: Es ist inakzeptabel, die Gesundheit und dasWohl einer Bevölkerungsgruppe zu opfern, wenn wirksame Massnahmenfür den Gesundheitsschutz verfügbar sind. Zudem erhöhtdies die Risiken für die übrige Gemeinschaft.Weltkommission für Drogenpolitik 5


GrundsätzeFortsetzungWIRKUNG DER DROGENPOLITIK AUF DIEHIV-PRÄVALENZ BEI DROGENINJIZIERENDEN INDER LETZTEN ZEIT 9UKSchweizDeutschlandAustralienUSAPortugalMalaysiaFrankreichStichprobe von Län<strong>der</strong>n, die konsequent umfassendeSchadenmin<strong>der</strong>ungsstrategien umgesetzt haben:0 5 10 15 20 25 30 35 40 45% HIV-Prävalenz bei DrogeninjizierendenStichprobe von Län<strong>der</strong>n, die teilweise o<strong>der</strong> erstspät im Verlauf <strong>der</strong> Epidemie Schadenmin<strong>der</strong>ungsstrategieneingeführt haben:0 5 10 15 20 25 30 35 40 45% HIV-Prävalenz bei DrogeninjizierendenStichprobe von Län<strong>der</strong>n, die sich trotz dem Auftretenvon intravenösem Drogenkonsum und gemeinsamemSpritzengebrauch einer breitflächigen Umsetzungvon Schadenmin<strong>der</strong>ungsstrategien konsequent wi<strong>der</strong>setzthaben:In Län<strong>der</strong>n, die frühzeitig Strategien zur Schadenmin<strong>der</strong>ung undzum Schutz <strong>der</strong> öffentlichen Gesundheit eingeführt haben, werdenbei den Drogeninjizierenden anhaltend tiefe Raten <strong>der</strong> HIV-Übertragungverzeichnet. In ähnlicher Weise konnten die Län<strong>der</strong>, die<strong>der</strong> zunehmenden HIV-Prävalenz unter den Drogeninjizierendenmit <strong>der</strong> Einführung von Schadenmin<strong>der</strong>ungsprogrammen begegnetsind, die weitere Ausbreitung von HIV erfolgreich eindämmen undverringern. Umgekehrt verzeichnen viele Län<strong>der</strong>, die <strong>der</strong> zunehmendenHIV-Übertragung im Zusammenhang mit dem Drogenkonsummit Repression und Abschreckung begegneten, die höchsten HIV-10, 11, 12Raten unter den Drogenkonsumierenden.Ähnlich problematisch ist ein undifferenziertes Vorgehen gegenden «illegalen Drogenhandel». Viele Menschen, die am Drogenmarktbeteiligt sind, sind selbst drogenabhängig o<strong>der</strong> Opfer vonGewalt und Einschüchterung. Ein Beispiel für dieses Phänomensind die Drogenkuriere, die in <strong>der</strong> Versorgungs- und Lieferkette anvor<strong>der</strong>ster Front stehen und die gefährlichsten Aufgaben übernehmen.Im Gegensatz zu jenen, die die Drogenhandelsorganisationenleiten, haben diese Personen in <strong>der</strong> Regel kein lange und von Gewaltgeprägte kriminelle Vergangenheit. Einige betätigen sich inerster Linie im Drogenhandel, um ihre eigene Drogenabhängigkeitzu finanzieren. Wir sollten nicht alle, die wegen Drogenhandelsfestgenommen werden, als gleich schuldig behandeln. Viele werdenzu <strong>der</strong>artigen Handlungen gezwungen o<strong>der</strong> durch ihre eigeneAbhängigkeit o<strong>der</strong> ihre wirtschaftliche Situation zu verzweifeltenMassnahmen getrieben. Es ist nicht angemessen, diese Menschengleich zu bestrafen wie die Mitglie<strong>der</strong> gewalttätiger Gruppen desorganisierten Verbrechens, die den Markt kontrollieren.Schliesslich werden Drogenabhängige in vielen Län<strong>der</strong>n immernoch bestraft und stigmatisiert. In Wirklichkeit ist eine Drogenabhängigkeiteine komplexe gesundheitliche Störung, die verschiedeneUrsachen hat: soziale, psychische und körperliche (zum Beispielschwierige Lebensbedingungen, erlebte persönliche Traumen o<strong>der</strong>emotionale Probleme). Versuche, diese komplexe Störung durchBestrafung zu beseitigen, sind zum Scheitern verurteilt – viel erfolgversprechen<strong>der</strong>ist es, verschiedene evidenzbasierte Drogentherapienanzubieten. Län<strong>der</strong>, die ihre Drogenabhängigen nichtals Kriminelle behandeln, die bestraft werden müssen, son<strong>der</strong>nals behandlungsbedürftige Patientinnen und Patienten, haben inverschiedener Hinsicht sehr positive Ergebnisse erzielt: Verringerung<strong>der</strong> Kriminalität, Verbesserung des Gesundheitszustands undÜberwindung <strong>der</strong> Abhängigkeit.ThailandRussland0 5 10 15 20 25 30 35 40 45% HIV-Prävalenz bei Drogeninjizierenden6Weltkommission für Drogenpolitik


KEINE KRIMINELLEN, SONDERN KRANKE MENSCHEN:EIN MENSCHLICHERER UND ZUGLEICH WIRKSAMERER ANSATZFallstudie 1: Schweiz 13Fallstudie 2: Vereinigtes Königreich 15Als Reaktion auf die unübersehbaren gravierenden Drogenprobleme,die sich in den 1980er-Jahren im ganzen Land entwickelten,führte die Schweiz ein Bündel von neuen politischen Handlungskonzeptenund Programmen ein (einschliesslich von Programmenzur Heroinsubstitution), die statt auf Kriminalisierung auf denSchutz <strong>der</strong> öffentlichen Gesundheit ausgerichtet waren. Die konsequenteUmsetzung dieser Politik hatte zur Folge, dass die Zahl<strong>der</strong> Heroinabhängigen insgesamt abnahm, und hatte verschiedeneweitere positive Auswirkungen. In einer zentralen Studie 14 wurdendie folgenden Ergebnisse festgestellt:Im Vereinigten Königreich wurde eine Untersuchung zu den Auswirkungen<strong>der</strong> Politik durchgeführt, die auf eine Verlagerung von<strong>der</strong> Haft in Therapieprogramme ausgerichtet ist. Diese Forschungsarbeithat klar gezeigt, dass die Delinquenz im Anschluss an eineBehandlung abnahm. Zusätzlich zu Täterbefragungen wurden indiesem Fall auch Daten aus <strong>der</strong> Kriminalitätsstatistik <strong>der</strong> Polizeibeigezogen. Die Untersuchung zeigt, dass die Zahl <strong>der</strong> Anklagen,die gegen 1476 Drogenkonsumierende erhoben wurden, in den Jahrennach <strong>der</strong> Aufnahme <strong>der</strong> Behandlung gegenüber den vorangegangenenJahren um 48 Prozent abnahm.Die Heroinsubstitution war auf Personen mit einem beson<strong>der</strong>sproblematischen Konsum ausgerichtet (schwer Heroinabhängige).Dabei wurde davon ausgegangen, dass 3000 Abhängige jenen 10bis 15 Prozent <strong>der</strong> Heroinkonsumierenden in <strong>der</strong> Schweiz entsprechen,denen 30 bis 60 Prozent <strong>der</strong> Heroinnachfrage auf dem illegalenMarkt zuzuschreiben ist. Diese Personen, die stark am Drogenhandelund an an<strong>der</strong>en Formen <strong>der</strong> Kriminalität beteiligt waren,dienten auch als Bindeglied zwischen dem Grosshandel und denDrogenkonsumierenden. Da diese schwer Abhängigen eine stabile,legale Möglichkeit fanden, ihre Sucht zu befriedigen, ging <strong>der</strong> illegaleDrogengebrauch ebenso zurück wie ihr Bedarf, mit Heroin zudealen und an<strong>der</strong>en kriminellen Tätigkeiten nachzugehen.Das Heroinsubstitutionsprogramm wirkte sich in dreifacher Hinsichtauf den Drogenmarkt aus:• Es senkte den Konsum bei den Personen mit dem höchsten Konsumdeutlich, und diese Verringerung <strong>der</strong> Nachfrage wirkte sichauf die Lebensfähigkeit des Marktes aus. (Zum Beispiel wurden1990 in Zürich 850 neue Abhängige verzeichnet. Bis 2005 sankdie entsprechende Zahl auf 150.)• Das Programm verringerte das Ausmass <strong>der</strong> Beschaffungskriminalität.(Zum Beispiel nahmen die Vermögensdelikte, die vonTeilnehmerinnen und Teilnehmern des Programms begangenwurden, um 90 Prozent ab.)• Da die lokalen Drogenabhängigen und Dealer nicht mehr zur Verfügungstanden, wurde es für gelegentlich Konsumierende in <strong>der</strong>Schweiz schwierig, mit Verkäufern in Kontakt zu kommen.16, 17, 18Fallstudie 3: Nie<strong>der</strong>landeVon allen EU-15-Län<strong>der</strong>n weisen die Nie<strong>der</strong>lande den tiefsten Prozentsatzan Personen auf, die Heroin injizieren. Zudem verzeichnensie keinen neuen Zustrom von Personen mit problematischem Konsum.Heroin spricht die meisten Jugendlichen nicht mehr an undgilt als Droge, die in eine Sackgasse führt. Die Zahl <strong>der</strong> Personenmit problematischem Heroinkonsum ist deutlich zurückgegangenund das Durchschnittsalter <strong>der</strong> Konsumierenden hat sich erheblicherhöht. Die nie<strong>der</strong>schwelligen Therapie- und Schadenmin<strong>der</strong>ungsangebote,die in breitem Umfang verfügbar sind, umfassen dieSpritzenabgabe und die Verschreibung von Methadon und Heroinunter strengen Bedingungen.Es wurde festgestellt, dass die ärztliche Heroinverschreibung inden Nie<strong>der</strong>landen zu einem Rückgang <strong>der</strong> Kleinkriminalität und <strong>der</strong>Störung <strong>der</strong> Allgemeinheit geführt hat und positive Auswirkungenauf die Gesundheit <strong>der</strong> Menschen hat, die mit einer Abhängigkeitkämpfen. 2001 wurde die Zahl <strong>der</strong> Heroinabhängigen in den Nie<strong>der</strong>landenauf 28 000 bis 30 000 geschätzt. Bis 2008 sank diese Zahlauf 18 000. In <strong>der</strong> Gruppe <strong>der</strong> Opiatkonsumierenden in den Nie<strong>der</strong>landenist ein Alterungsprozess festzustellen; auch <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong>jungen Opiatkonsumierenden (15- bis 29-Jährige), die wegen Drogenabhängigkeitin Behandlung sind, ist zurückgegangen.Weltkommission für Drogenpolitik 7


GrundsätzeFortsetzung3. Die Erarbeitung und Umsetzung <strong>der</strong> Drogenpolitik sollte eineAufgabe sein, die weltweit gemeinsam wahrgenommen wird;dabei sollten jedoch auch die unterschiedlichen politischen,sozialen und kulturellen Verhältnisse berücksichtigt werden.Die Politik sollte den Rechten und Bedürfnissen <strong>der</strong> MenschenRechnung tragen, die durch die Produktion, den illegalen Handelund den Konsum von Drogen beeinträchtigt werden, wiedies im Übereinkommen von 1988 gegen den unerlaubten Verkehrmit Betäubungsmitteln ausdrücklich anerkannt wird.Das UN-Kontrollsystem geht vom Gedanken aus, dass alle Staatenzusammenarbeiten sollten, um die Drogenmärkte und die damitverbundenen Probleme anzugehen. Dies ist ein sinnvoller Ausgangspunktund die Produktions-, Transit- und Konsumlän<strong>der</strong> tragenunbestreitbar eine gemeinsame Verantwortung (obwohl sichdie Unterschiede zunehmend verwischen, da in vielen Län<strong>der</strong>n unterdessenalle drei Phänomene auftreten).Doch <strong>der</strong> Gedanke <strong>der</strong> gemeinsamen Verantwortung wurde zu oftzu einer Zwangsjacke, die die Erarbeitung und Erprobung <strong>der</strong> Politikbehin<strong>der</strong>t. Die Vereinten Nationen (über das Internationale Kontrollorganfür Suchtstoffe) und insbeson<strong>der</strong>e die Vereinigten Staaten (vorallem über ihren «Zertifizierungs»-Prozess) haben in den letzten 50Jahren grosse Anstrengungen unternommen, um sicherzustellen,dass alle Län<strong>der</strong> das gleiche strenge Vorgehen in <strong>der</strong> Drogenpolitikübernehmen: die gleichen Gesetze und das gleiche harte Vorgehenbei ihrer Durchsetzung. Als sich die Regierungen <strong>der</strong> einzelnen Län<strong>der</strong><strong>der</strong> Komplexität <strong>der</strong> Probleme und <strong>der</strong> Möglichkeiten für politischeLösungen in ihrem Hoheitsgebiet vermehrt bewusst wurden,entschieden sich viele, die Flexibilität im Rahmen <strong>der</strong> Übereinkommenzu nutzen, um neue Strategien und Programme wie Initiativenzur Entkriminalisierung o<strong>der</strong> Schadenmin<strong>der</strong>ungsprogramme zu erproben.Wenn diese Versuche mit einer toleranteren Haltung gegenüberdem Drogenkonsum verbunden waren, wurde auf die Staateninternationaler diplomatischer Druck ausgeübt, um «die Integrität<strong>der</strong> Übereinkommen zu wahren», selbst wenn die Politik legal un<strong>der</strong>folgreich war und innerhalb des Landes Unterstützung erhielt.Ein aktuelles Beispiel für dieses Vorgehen (das als «Drogenbekämpfungsimperialismus»bezeichnet werden kann) lässt sich imZusammenhang mit dem Vorschlag <strong>der</strong> bolivianischen Regierungbeobachten, die Praxis des Kauens von Kokablättern aus den Bestimmungendes Übereinkommens von 1961 zu streichen, die allenichtmedizinischen Anwendungen verbieten. Obwohl mehrereStudien gezeigt haben, 19 dass die angestammte Praxis des Kauensvon Kokablättern mit keinem <strong>der</strong> Schäden in Verbindung steht, diedurch die internationalen Kokainmärkte verursacht werden, unddass eine deutliche Mehrheit <strong>der</strong> bolivianischen Bevölkerung (und<strong>der</strong> benachbarten Län<strong>der</strong>) diese Än<strong>der</strong>ung unterstützen, habensich viele <strong>der</strong> reichen «Kokainkonsum»-Län<strong>der</strong> (angeführt von denUSA) dieser Än<strong>der</strong>ung formell wi<strong>der</strong>setzt. 20Es ist kurzsichtig, das internationale System <strong>der</strong> Drogenbekämpfungals unverän<strong>der</strong>lich und jede Än<strong>der</strong>ung – wie sinnvoll o<strong>der</strong> geringfügigsie auch sein möge – als Bedrohung für die Integrität desgesamten Systems zu betrachten. Wie alle multilateralen Verträgemüssen auch die Übereinkommen im Drogenbereich unter Berücksichtigung<strong>der</strong> sich wandelnden und verän<strong>der</strong>lichen Verhältnisselaufend revidiert und mo<strong>der</strong>nisiert werden. Insbeson<strong>der</strong>e muss esden Regierungen <strong>der</strong> einzelnen Län<strong>der</strong> gestattet sein, die Möglichkeitzu nutzen, Lösungen zu erproben, die besser auf ihre beson<strong>der</strong>enUmstände abgestimmt sind. Diese Analyse und dieser Erfahrungsaustauschsind ein wichtiges Element des Lernprozesses, <strong>der</strong>in Bezug auf die relative Wirksamkeit <strong>der</strong> verschiedenen Ansätzestattfindet. Hingegen stellt die Überzeugung, dass wir alle genaudie gleichen Gesetze, Einschränkungen und Programme benötigen,eine nicht zielführende Einschränkung dar.8Weltkommission für Drogenpolitik


UNBEABSICHTIGTE FOLGENFür die Gesellschaften in den Produktions-, Transit- und Konsumlän<strong>der</strong>nhatte die Umsetzung des Kriegs gegen die Drogen weitreichendenegative Folgen. Der ehemalige Leiter des Büros <strong>der</strong> VereintenNationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung, AntonioMaria Costa, hat diese negativen Folgen zusammenfassend denfolgenden fünf Kategorien zugeordnet:1. Herausbildung eines «riesigen kriminellen Schwarzmarkts», <strong>der</strong>durch die um Risikoprämien erhöhten Profite aus <strong>der</strong> Deckung <strong>der</strong>internationalen Nachfrage nach illegalen Drogen finanziert wird;2. eine umfangreiche Verlagerung <strong>der</strong> Politik, da die knappen Mittelfür die Finanzierung <strong>der</strong> enormen Anstrengungen eingesetzt werden,die im Bereich <strong>der</strong> Strafverfolgung unternommen werden,um gegen diesen kriminellen Markt vorzugehen;3. eine geografische Verlagerung, die oft als «Balloneffekt» bezeichnetwird, bei <strong>der</strong> die Drogenproduktion ihren Standortwechselt, um sich <strong>der</strong> Aufmerksamkeit <strong>der</strong> Strafverfolgungsbehördenzu entziehen;4. eine Verlagerung zwischen Substanzen o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Umstieg <strong>der</strong> Drogenkonsumierendenauf neue Substanzen, wenn es schwierigwird, die bisherige Droge <strong>der</strong> Wahl zu beschaffen, zum Beispielwegen vermehrten Drucks seitens <strong>der</strong> Strafverfolgungsbehörden;5. Wahrnehmung und Behandlung <strong>der</strong> Drogenkonsumierenden, diestigmatisiert, ausgegrenzt und ausgeschlossen werden. 214. Es muss eine umfassende Drogenpolitik angestrebt werden,die die Familien, die Schulen, die Fachleute für öffentlicheGesundheit und für Entwicklungszusammenarbeit sowie dieführenden Kräfte <strong>der</strong> Zivilgesellschaft in Partnerschaft mitden Strafverfolgungsbehörden und weiteren massgebendenstaatlichen Stellen einbezieht.Diese institutionelle Dynamik behin<strong>der</strong>t die objektive, evidenzbasierteGestaltung <strong>der</strong> Politik. Dabei handelt es sich nicht bloss umein theoretisches Problem: In mehreren Studien 22, 23 wurde aufgezeigt,dass die Staaten einen viel höheren finanziellen und sozialenNutzen für ihre Gemeinschaften erzielen, wenn sie nicht in Aktivitätenzur Verringerung des Angebots und in die Strafverfolgung,son<strong>der</strong>n in Gesundheits- und Sozialprogramme investieren. In denmeisten Län<strong>der</strong>n wird jedoch weiterhin ein überwiegen<strong>der</strong> Teil <strong>der</strong>verfügbaren Mittel für die Durchsetzung <strong>der</strong> Drogengesetzgebungund die Bestrafung von Drogenkonsumierenden eingesetzt. 24Bei den Vereinten Nationen ist die mangelnde Kohärenz noch ausgeprägter.Der Aufbau des weltweiten Systems zur Drogenbekämpfungging mit <strong>der</strong> Schaffung von drei Stellen einher, die die Umsetzung<strong>der</strong> Übereinkommen überwachen: das Büro <strong>der</strong> VereintenNationen für Drogen- und Verbrechensbekämpfung (UNODC), dasInternationale Kontrollorgan für Suchtstoffe (ISKA) und die Betäubungsmittelkommission(CND). In dieser Struktur wird die internationaleDrogenbekämpfung hauptsächlich als Kampf gegen dasVerbrechen und gegen Kriminelle betrachtet. Es überrascht somitnicht, dass ein inhärentes, fest verankertes Interesse besteht, denSchwerpunkt auf <strong>der</strong> Strafverfolgung beizubehalten. Die höherenEntscheidungsträger dieser Stellen sind traditionell beson<strong>der</strong>s gutmit diesem Rahmen vertraut.Nun, da sich die Art <strong>der</strong> Herausfor<strong>der</strong>ungen verän<strong>der</strong>t hat, die sichin <strong>der</strong> Drogenpolitik stellen, müssen sich auch die Institutionen anpassen.Die weltweite Drogenpolitik sollte aus den gemeinsamenStrategien aller betroffenen multilateralen Stellen entwickelt werden:UNODC, aber auch UNAIDS, WHO, UNDP, UNICEF, UN Women,Weltbank und Hochkommissariat für Menschenrechte. Die Ausgrenzung<strong>der</strong> Weltgesundheitsorganisation ist beson<strong>der</strong>s beunruhigend,da ihr im Rahmen <strong>der</strong> Verträge zur Drogenbekämpfung einspezifischer Auftrag erteilt wurde.Angesichts <strong>der</strong> starken Ausrichtung auf die Strafverfolgung undBestrafung überrascht es nicht, dass die Polizei, die Grenzkontrollbehördenund die militärischen Behörden unter <strong>der</strong> Leitung <strong>der</strong>Justiz-, Sicherheits- o<strong>der</strong> Innenministerien die führenden Institutionenbei <strong>der</strong> Umsetzung des Drogenbekämpfungssystems waren.Auf multilateraler Ebene werden auch die regionalen Strukturenund die Strukturen <strong>der</strong> Vereinten Nationen von diesen Interessenbeherrscht. Die Staaten haben zwar zunehmend erkannt, dass dieStrafverfolgungsstrategien zur Drogenbekämpfung in einen umfassen<strong>der</strong>enAnsatz integriert werden müssen, <strong>der</strong> Programme imSozial- und Gesundheitsbereich vorsieht. Doch die Mo<strong>der</strong>nisierung<strong>der</strong> Strukturen für die Gestaltung <strong>der</strong> Politik, die Mittelzuweisungund die Umsetzung hielt damit nicht Schritt.Weltkommission für Drogenpolitik 9


EMPFEHLUNGEN1. Das Tabu brechen. Eine offene Diskussion führen und einePolitik för<strong>der</strong>n, die den Konsum wirksam einschränkt und dieSchäden verhin<strong>der</strong>t und verringert, die mit dem Drogenkonsumund <strong>der</strong> Politik zur Drogenbekämpfung zusammenhängen.Verstärkt in die Forschung und Analyse <strong>der</strong> Wirkung vonverschiedenen politischen Handlungskonzepten und Programmeninvestieren. 25Politische Entscheidungsträger und bekannte Persönlichkeitensollten den Mut haben, öffentlich zu dem zu stehen, was viele vonihnen privat anerkennen: dass erdrückende Beweise dafür vorliegen,dass sich das Drogenproblem mit repressiven Strategien nichtlösen lässt und dass <strong>der</strong> Krieg gegen die Drogen gescheitert ist undnicht gewonnen werden kann. Die Staaten haben es in <strong>der</strong> Hand,eine Kombination von politischen Handlungskonzepten vorzusehen,die auf ihre spezifische Situation abgestimmt sind, und dieProbleme, die durch die Drogenmärkte und den Drogenkonsum verursachtwerden, in einer Weise anzugehen, die eine viel positivereWirkung auf die damit verbundene Kriminalität und auf die sozialenund gesundheitlichen Schäden hat.2. Anstelle <strong>der</strong> Kriminalisierung und Bestrafung von DrogenkonsumierendenGesundheitsleistungen und Therapieangebote fürjene bereitstellen, die sie benötigen.Ein zentraler Gedanke hinter dem Ansatz, <strong>der</strong> mit dem «Krieg gegendie Drogen» verfolgt wurde, bestand darin, dass die angedrohte Inhaftierungund harte Bestrafung die Menschen vom Drogenkonsumabhalten werde. Diese Hypothese wurde in <strong>der</strong> Praxis wi<strong>der</strong>legt: Invielen Län<strong>der</strong>n, in denen strenge Gesetze erlassen wurden und indenen Drogenkonsumierende und Kleindealer in breitem Umfangfestgenommen und inhaftiert werden, ist das Ausmass des Drogenkonsumsund <strong>der</strong> damit verbundenen Probleme höher als inLän<strong>der</strong>n mit einem toleranteren Vorgehen. In ähnlicher Weise sindin Län<strong>der</strong>n, die eine Entkriminalisierung eingeführt o<strong>der</strong> die Festnahmeno<strong>der</strong> die Bestrafung in an<strong>der</strong>er Weise abgebaut haben, <strong>der</strong>Drogenkonsum o<strong>der</strong> die Abhängigkeitsraten weniger stark gestiegenals befürchtet.ENTKRIMINALISIERUNGSINITIATIVEN FÜHRENNICHT ZU EINEM SIGNIFIKANTEN ANSTIEG DESDROGENKONSUMSPortugalPortugal war das erste europäische Land, das den Konsum und Besitzaller illegalen Drogen ab Juli 2001 nicht mehr unter Strafe stellte.Viele Beobachter beurteilten diese Politik sehr kritisch und vertratendie Ansicht, sie werde zu einem Anstieg des Drogenkonsumsund <strong>der</strong> damit verbundenen Probleme führen. Dr. Caitlin Hughes von<strong>der</strong> Universität von New South Wales und Professor Alex Stevensvon <strong>der</strong> Universität von Kent haben die Wirkungen <strong>der</strong> Entkriminalisierungin Portugal eingehend untersucht. Ihre kürzlich veröffentlichtenErkenntnisse 26 zeigen, dass <strong>der</strong> erwartete Anstieg ausblieb,und bestätigen die Schlussfolgerungen ihrer früheren Studie 27 undeiner Studie des CATO-Instituts 28 .Im Bericht von Hughes und Stevens aus dem Jahr 2010 wurde inden zehn Jahren seit <strong>der</strong> Entkriminalisierung ein leichter Anstieg<strong>der</strong> Gesamtraten des Drogenkonsums in Portugal festgestellt, <strong>der</strong>sich jedoch in einem vergleichbaren Rahmen wie in an<strong>der</strong>en ähnlichenLän<strong>der</strong>n bewegte, in denen <strong>der</strong> Drogenkonsum kriminalisiertblieb. Innerhalb dieses allgemeinen Trends wurde zudem einspezifischer Rückgang des Heroinkonsums verzeichnet, dem 2001die Hauptsorge <strong>der</strong> portugiesischen Regierung gegolten hatte. Diegenerelle Schlussfolgerung aus dieser Studie lautet, dass die Aufhebungbestimmter strafrechtlicher Sanktionen in Kombination mit<strong>der</strong> Bereitstellung alternativer therapeutischer Angebote für Drogenabhängigedem Strafverfolgungssystem die Durchsetzung <strong>der</strong>Drogengesetzgebung erleichtert und insgesamt zu einem Rückgangdes problematischen Drogenkonsums geführt hat.Städtevergleich zwischen den Nie<strong>der</strong>landen und denVereinigten StaatenIn einer Studie von Reinarman et al. wurden zwei sehr unterschiedlicheRegulierungsumfel<strong>der</strong> verglichen: jenes von Amsterdam, dessenliberale Politik <strong>der</strong> «Coffeeshops» (eine Form <strong>der</strong> faktischen Entkriminalisierung)bis in die 1970er-Jahre zurückreicht, und jenes vonSan Francisco, wo Cannabiskonsumierende bestraft werden. DieForscher untersuchten, ob das repressivere politische Umfeld inSan Francisco die Bürgerinnen und Bürger davon abhielt, Cannabiszu rauchen, o<strong>der</strong> einen späteren Einstieg in den Konsum zur Folgehatte. Sie stellten fest, dass dies nicht <strong>der</strong> Fall war, und gelangtenzu folgendem Schluss:10Weltkommission für Drogenpolitik


Unsere Erkenntnisse bestätigen die Behauptungen nicht, dass dieKriminalisierung den Cannabiskonsum verringert und dass die Entkriminalisierungden Cannabiskonsum erhöht... Wir stellten fest,dass die beiden Städte abgesehen von einem höheren Drogenkonsumin San Francisco grosse Ähnlichkeiten aufweisen. Wir fandenkeine Hinweise darauf, dass die Kriminalisierung den Konsum verringerto<strong>der</strong> die Entkriminalisierung den Konsum erhöht 29 .AustralienDer Bundesstaat Western Australia führte 2004 eine Entkriminalisierungsregelungfür Cannabis ein. Forscher untersuchten dieWirkung dieser Regelung, indem sie die Prävalenztrends in diesemBundesstaat mit den Trends im übrigen Land verglichen. Die Studiewurde durch die Tatsache erschwert, dass sie in einem Zeitraumstattfand, in dem <strong>der</strong> Cannabiskonsum im ganzen Land allgemeinrückläufig war. Die Forscher stellten jedoch fest, dass dieser Abwärtstrendauch in Western Australia zu beobachten war, das diestrafrechtlichen Sanktionen für den Konsum o<strong>der</strong> Besitz von Cannabisdurch Ordnungsstrafen ersetzt hatte, typischerweise durcheine polizeiliche Verwarnung, die sogenannte «notice of infringement».Die Autoren <strong>der</strong> Studie halten fest: Entgegen den Voraussagenjener, die sich in <strong>der</strong> Öffentlichkeit kritisch zum System geäusserthatten, weisen die in dieser Studie erhobenen Daten daraufhin, dass <strong>der</strong> Cannabiskonsum in Western Australia offensichtlichtrotz Einführung des Systems <strong>der</strong> Cannabis Infringement Noticeweiter zurückgegangen ist 30 .Vergleiche zwischen verschiedenen US-BundesstaatenObwohl <strong>der</strong> Besitz von Cannabis nach dem Bundesrecht <strong>der</strong> VereinigtenStaaten strafbar ist, weisen die einzelnen Bundesstaatenin Bezug auf den Drogenbesitz eine unterschiedliche Politikauf. Im von <strong>der</strong> Beckley Foundation zusammengetragenen Bericht<strong>der</strong> Cannabiskommission aus dem Jahr 2008 wurden verschiedeneForschungsarbeiten überprüft, die durchgeführt worden waren, umdie Cannabisprävalenz <strong>der</strong> Bundesstaaten, die eine Entkriminalisierungdurchgeführt hatten, und <strong>der</strong> Bundesstaaten zu vergleichen,die den Besitz weiterhin bestraften. Die Autoren gelangten zufolgendem Fazit: Insgesamt wiesen diese vier Studien darauf hin,dass Bundesstaaten, die Reformen durchgeführt hatten, keine höhereZunahme des Cannabiskonsums bei Erwachsenen o<strong>der</strong> Heranwachsendenverzeichneten. Ebensowenig wurden in Umfragenin diesen Bundesstaaten positivere Einstellungen gegenüber demCannabiskonsum festgestellt als in jenen Bundesstaaten, die einstriktes Verbot mit strafrechtlichen Sanktionen aufrechterhielten 31 .Angesichts dieser Erfahrungen steht fest, dass die Politik <strong>der</strong> hartenKriminalisierung und Bestrafung des Drogenkonsums ein teurerFehler war und dass die Staaten Schritte einleiten sollten, um ihreAnstrengungen und Mittel wie<strong>der</strong> darauf zu konzentrieren, dass dieDrogenkonsumierenden den Einrichtungen des Gesundheits- undSozialbereichs zugewiesen werden. Selbstverständlich bedeutetdies nicht zwangsläufig, dass Sanktionen vollständig aufgehobenwerden sollten. Viele Drogenkonsumierende begehen auch an<strong>der</strong>eStraftaten, für die sie zur Verantwortung gezogen werden müssen.Doch die erste Reaktion auf den Besitz und Konsum von Drogensollten nicht teure und kontraproduktive strafrechtliche Sanktionensein. Vielmehr sollte den Menschen, die sie benötigen, eine geeigneteBeratung, Therapie und Gesundheitsleistungen angeboten werden.3. Staatliche Modellversuche für eine gesetzliche Reglementierungvon Drogen (zum Beispiel von Cannabis) för<strong>der</strong>n, diedarauf ausgerichtet sind, die Macht des organisierten Verbrechenszu untergraben und die Gesundheit und Sicherheit <strong>der</strong>Bürgerinnen und Bürger zu gewährleisten.Die Diskussion über alternative Modelle zur Reglementierung desDrogenmarkts wurde zu oft durch falsche Gegenüberstellungeneingeschränkt: weich o<strong>der</strong> hart, repressiv o<strong>der</strong> liberal. Denn an sichstreben wir alle das gleiche Ziel an: eine Gesamtheit von drogenpolitischenHandlungskonzepten und Programmen, mit denen sichdie gesundheitlichen und sozialen Schäden minimieren und die individuelleund nationale Sicherheit maximieren lassen. Es ist nichtzielführend, jene Stimmen zu ignorieren, die sich für einen besteuertenund reglementierten Markt für <strong>der</strong>zeit illegale Drogen aussprechen.Diese politische Option sollte ebenso sorgfältig geprüftwerden wie alle an<strong>der</strong>en.Wenn einzelne Staaten o<strong>der</strong> lokale Verwaltungen <strong>der</strong> Auffassungsind, mit <strong>der</strong> Entkriminalisierungspolitik liessen sich Einsparungenerzielen und in gesundheitlicher und sozialer Hinsicht bessereErgebnisse für ihre Gemeinschaften erreichen o<strong>der</strong> die Einführungeines reglementierten Marktes könne die Macht des organisiertenVerbrechens verringern und die Sicherheit <strong>der</strong> Bürgerinnen und Bürgererhöhen, sollte die internationale Gemeinschaft solche Versucheunterstützen und erleichtern und aus <strong>der</strong>en Durchführung lernen.Ausserdem müssen die Behörden <strong>der</strong> einzelnen Staaten und dieVereinten Nationen, die Einstufung verschiedener Substanzen überprüfen.Die <strong>der</strong>zeitigen Aufstellungen, die die relativen Risiken unddas Schadenspotenzial <strong>der</strong> verschiedenen Drogen darstellen sollen,wurden vor 50 Jahren geschaffen, als noch kaum wissenschaftlicheBelege verfügbar waren, auf denen diese Entscheidungen abgestütztwerden konnten. Dies führte zu einigen offensichtlichen Anomalien:Insbeson<strong>der</strong>e Cannabis und Kokablätter scheinen heute nicht korrekteingestuft zu sein; dagegen muss etwas unternommen werden.Weltkommission für Drogenpolitik 11


DISKREPANZ ZWISCHEN DEM AUSMASS DER BEKÄMPFUNGUND DEM SCHADENSPOTENZIALIn einem Bericht, <strong>der</strong> 2007 in The Lancet publiziert wurde, versuchteein Team von Wissenschaftlern 33 , eine Reihe von psychoaktivenSubstanzen anhand <strong>der</strong> tatsächlichen und potenziellen Schädeneinzustufen, die sie in <strong>der</strong> Gesellschaft verursachen können. In <strong>der</strong>Grafik rechts werden die Erkenntnisse dieses Teams zusammenfassenddargestellt und <strong>der</strong> Gefährlichkeit gegenübergestellt, dieden Drogen im weltweiten System zur Drogenbekämpfung zugeschriebenwird.Risikoeinschätzung durchunabhängige Fachleute0.0 0.5 1.0 1.5 2.0 2.5 3.0HeroinObwohl es sich dabei nur um grobe Einschätzungen handelt, zeigensie deutlich, dass die Gefährlichkeitskategorien, die den verschiedenenSubstanzen in den völkerrechtlichen Verträgen zugeschriebenwerden, unter Berücksichtigung <strong>der</strong> heutigen wissenschaftlichenErkenntnisse überprüft werden müssen.KokainBarbiturateAlkoholKetaminKlassifikation <strong>der</strong> Vereinten NationenBeson<strong>der</strong>s gefährlichMittleres RisikoGeringes RisikoFällt nicht unter die internationale KontrolleBenzodiazepineAmphetaminTabakBuprenorphinCannabisLösungsmittelLSDRitalinAnabole SteroideGHBEcstasyKhat12Weltkommission für Drogenpolitik


EMPFEHLUNGENFortsetzung4. Für das Erfassen <strong>der</strong> Fortschritte bessere Messsysteme, Indikatorenund Ziele einführenDas gegenwärtige System für das Erfassen von Erfolgen im Bereich<strong>der</strong> Drogenpolitik weist grundsätzlich verschiedene Mängelauf. 34 Bei den meisten Strategien im Drogenbereich werden dieAuswirkungen <strong>der</strong>zeit anhand <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> vernichteten Ernten,<strong>der</strong> Verhaftungen, <strong>der</strong> Beschlagnahmungen und <strong>der</strong> Strafen fürDrogenkonsumierende, Produzenten und Dealer beurteilt. Doch dieVerhaftung und Bestrafung von Drogenkonsumierenden trägt nurwenig zur Verringerung des Drogenkonsums bei. Aus <strong>der</strong> Verhaftungvon Kleindealern resultieren bloss zusätzliche Absatzmöglichkeitenfür an<strong>der</strong>e Dealer, und selbst die grössten und erfolgreichstenOperationen gegen die organisierte Drogenkriminalität (<strong>der</strong>en Planungund Durchführung mehrere Jahre erfor<strong>der</strong>n) haben sich imbesten Fall marginal und lediglich während eines verhältnismässigkurzen Zeitraums auf die Preise und die Verfügbarkeit von Drogenausgewirkt. Ebenso führt die Vernichtung von Opium-, Cannabiso<strong>der</strong>Kokaernten nur zu einer Verlagerung des illegalen Drogenanbausin an<strong>der</strong>e Gebiete.Es ist eine neue Palette von Indikatoren erfor<strong>der</strong>lich, damit dieErgebnisse <strong>der</strong> Drogenpolitik anhand ihrer Nachteile o<strong>der</strong> Vorteilefür Einzelpersonen und Gemeinschaften verlässlich aufgezeigtwerden können – beispielsweise die Zahl <strong>der</strong> Opfer von Gewalt undEinschüchterung im Zusammenhang mit dem Drogenmarkt; dasAusmass <strong>der</strong> auf die Drogenmärkte zurückzuführenden Korruption;<strong>der</strong> Umfang <strong>der</strong> Kleinkriminalität, die von abhängigen Drogenkonsumierendenverursacht wird; die soziale und wirtschaftliche Entwicklungin Gemeinschaften, auf welche die Produktion, <strong>der</strong> Verkaufo<strong>der</strong> <strong>der</strong> Konsum von Drogen konzentriert sind; das Ausmass<strong>der</strong> Drogenabhängigkeit in den verschiedenen Gemeinschaften; dieZahl <strong>der</strong> Todesfälle aufgrund einer Überdosis und <strong>der</strong> Anteil <strong>der</strong>HIV- o<strong>der</strong> Hepatitis-C-Infektionen unter den Drogenkonsumierenden.Die politischen Entscheidungsträger können und sollten dieErgebnisse anhand dieser Zielsetzungen aufzeigen und messen.Die Verwendung von öffentlichen Mitteln sollte somit auf Aktivitätenkonzentriert werden, die in Bezug auf diese Zielsetzungennachweislich positive Auswirkungen haben. Unter den gegenwärtigenUmständen würde dies in den meisten Län<strong>der</strong>n bedeuten,dass höhere Investitionen in Gesundheits- und Sozialprogrammegetätigt werden und dass die für die Strafverfolgung eingesetztenMittel besser auf die Verhin<strong>der</strong>ung von Gewalt und Korruption imZusammenhang mit den Drogenmärkten ausgerichtet werden. 35 In<strong>der</strong> heutigen Zeit, in <strong>der</strong> die öffentlichen Mittel knapp sind, könnenwir es uns nicht länger leisten, dass Investitionen in einer Grössenordnungvon mehreren Milliarden Dollar aufrechterhalten werden,die weitgehend nur einen symbolischen Wert haben.5. Die verbreiteten falschen Vorstellungen über Drogenmärkte,Drogenkonsum und Drogenabhängigkeit in Frage stellen, stattsie zu bekräftigenGegenwärtig bekräftigen zu viele politische Entscheidungsträger dieVorstellung, dass alle Drogenkonsumierenden «amoralischeSüchtige»und alle in den Drogenmärkten tätigen Personen skrupellose,kriminelle Drahtzieher sind. Die Realität ist jedoch viel komplexer.Nach einer konservativen Schätzung <strong>der</strong> Vereinten Nationen gibt es<strong>der</strong>zeit weltweit rund 250 Millionen Menschen, die illegale Drogenkonsumieren, und mehrere Millionen Menschen sind am Anbau, an<strong>der</strong> Produktion und am Vertrieb dieser Drogen beteiligt. Wir könnennicht alle diese Menschen einfach als Kriminelle abstempeln.Das Wi<strong>der</strong>streben <strong>der</strong> politischen Entscheidungsträger, diese Komplexitätanzuerkennen, hängt bis zu einem gewissen Grad mit ihrerAuffassung von <strong>der</strong> öffentlichen Meinung zu diesen Fragen ab.Viele Bürgerinnen und Bürger haben tief verwurzelte Ängste vorden negativen Auswirkungen von illegalen Drogenmärkten o<strong>der</strong> vordem Verhalten von Menschen, die von illegalen Drogen abhängigsind o<strong>der</strong> unter <strong>der</strong>en Einfluss stehen. Diese Ängste beruhen aufeinigen allgemeinen Vorstellungen von Drogenkonsumierenden undDrogenmärkten. Auf diese Vorstellungen müssen die staatlichenStellen und Fachpersonen aus <strong>der</strong> Zivilgesellschaft eingehen, indemsie das Bewusstsein für einige feststehende (aber weitgehendverkannte) Tatsachen steigern. Dazu gehören beispielsweise:• Die Mehrheit <strong>der</strong> Drogenkonsumierenden entspricht nicht <strong>der</strong>Klischeevorstellung vom «amoralischen und mitlei<strong>der</strong>regendenSüchtigen». Von den geschätzten 250 Millionen Drogenkonsumierendenweltweit sind gemäss Berechnungen <strong>der</strong> Vereinten Nationenweniger als zehn Prozent <strong>der</strong> Kategorie <strong>der</strong> Abhängigen o<strong>der</strong><strong>der</strong> «Personen mit problematischem Konsum» zuzuordnen. 36• Bei den meisten Personen, die am illegalen Anbau von Kokapflanzen,Opiummohn o<strong>der</strong> Cannabis beteiligt sind, handelt essich um Kleinbauern, die unter grossen Anstrengungen den Lebensunterhaltihrer Familie zu sichern versuchen. Die Schaffungvon alternativen Möglichkeiten für die Bestreitung des Lebensunterhaltsist vor diesem Hintergrund eine bessere Investitionals die Zerstörung ihrer einzigen Lebensgrundlage.• Die Faktoren, die Individuen veranlassen, mit dem Konsum vonDrogen zu beginnen, hängen mehr mit Modeerscheinungen, demEinfluss von Gleichaltrigen und dem sozialen und wirtschaftlichenUmfeld als mit dem rechtlichen Status <strong>der</strong> Drogen, demEntdeckungsrisiko o<strong>der</strong> mit Präventionskampagnen von staatlichenStellen zusammen.37, 38• Die Faktoren, die zur Entwicklung eines problematischen Konsumso<strong>der</strong> einer Drogenabhängigkeit beitragen, stehen eher miteinem Kindheitstrauma, mit Vernachlässigung, mit schwierigenLebensumständen, mit sozialer Ausgrenzung o<strong>der</strong> mit emotiona-Weltkommission für Drogenpolitik 13


empfehlungenFortsetzunglen Problemen in Verbindung als mit moralischer Schwäche o<strong>der</strong>Hedonismus. 39• Mit Einschüchterung o<strong>der</strong> Bestrafung können Drogenkonsumierendenicht von ihrer Drogenabhängigkeit befreit werden. Hingegenkönnen Drogenabhängige mit Hilfe <strong>der</strong> richtigen evidenzbasiertenTherapie ihr Verhalten än<strong>der</strong>n und sich zu aktiven undproduktiven Mitglie<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Gemeinschaft entwickeln. 40• Bei den meisten Personen, die in den illegalen Drogenhandelverwickelt sind, handelt es sich um Kleindealer, die nicht <strong>der</strong>Klischeevorstellung vom Verbrecher in Kinofilmen entsprechen– die grosse Mehrheit <strong>der</strong> Personen, die wegen illegalenDrogenhandels inhaftiert werden, sind «kleine Fische» innerhalb<strong>der</strong> gesamten Drogenkriminalität, die in vielen Fällen zum Transporto<strong>der</strong> Verkauf von Drogen gezwungen werden und problemlosersetzt werden können, ohne dass <strong>der</strong> Drogennachschub unterbrochen41, 42wird.Eine besser durchdachte und ausgewogenere Diskussion auf politischerEbene und in den Medien könnte dazu beitragen, das Bewusstseinin <strong>der</strong> Öffentlichkeit und <strong>der</strong>en Verständnis für die Problematikzu verbessern. Gerüchte und Missverständnisse könnten insbeson<strong>der</strong>eaus <strong>der</strong> Welt geschafft werden, wenn Vertreterinnen und Vertretervon Kleinbauern, Drogenkonsumierenden, Familien und an<strong>der</strong>envom Drogenkonsum betroffenen Gemeinschaften angehört würden.6. Jene Län<strong>der</strong>, die (trotz <strong>der</strong> heute vorliegenden Erkenntnisse)weiterhin vorwiegend in Strafverfolgungsmassnahmen investieren,sollten ihre repressiven Aktivitäten auf die gewalttätigeorganisierte Kriminalität und die Drogenhändler konzentrieren,um die schädlichen Auswirkungen im Zusammenhang mit demillegalen Drogenmarkt zu verringern.Die Mittel <strong>der</strong> Strafverfolgungsbehörden können viel wirksamer aufdie Bekämpfung <strong>der</strong> organisierten Kriminalität ausgerichtet werden,die ihre Macht und ihren Einfluss mit Hilfe <strong>der</strong> im Drogenmarkt erzieltenGewinne ausgebaut hat. In vielen Regionen <strong>der</strong> Welt sind dievon <strong>der</strong> organisierten Kriminalität ausgehende Gewalt, Einschüchterungund Korruption eine erhebliche Bedrohung <strong>der</strong> individuellenund nationalen Sicherheit und <strong>der</strong> demokratischen Institutionen.Deshalb sind die Anstrengungen <strong>der</strong> staatlichen Stellen und Strafverfolgungsbehördenzur Eindämmung <strong>der</strong> entsprechenden Aktivitätenweiterhin von ausschlaggeben<strong>der</strong> Bedeutung.DROGEN IN WESTAFRIKA: REAKTION AUF DIEZUNEHMENDEN HERAUSFORDERUNGEN IM ZU-SAMMENHANG MIT DEM DROGENHANDEL UNDDEM ORGANISIERTEN VERBRECHENIm Anschluss an einen Strategiewechsel <strong>der</strong> lateinamerikanischenDrogensyndikate in Richtung des europäischen Marktes hat sichWestafrika innerhalb weniger Jahre zu einer bedeutenden Drehscheibefür den Transit und die Neuverpackung von Kokain entwickelt.Dabei profitierten die kriminellen Netzwerke von schwachenRegierungen, verbreiteter Armut, Instabilität und unzureichendausgerüsteten Polizeidiensten und Justizeinrichtungen. Mit Hilfegrosser Summen aus dem Drogenhandel unterwan<strong>der</strong>ten sie Regierungsstellen,staatliche Institutionen und das Militär. Durch die mitdem Drogenhandel zusammenhängende Korruption und Geldwäschereiwurden lokale politische Verantwortliche korrumpiert unddie lokalen Volkswirtschaften beeinträchtigt.Vor diesem Hintergrund entwickelt sich ein gefährliches Szenario,da sich die negativen Auswirkungen des Drogenhandels zunehmendin <strong>der</strong> Politik verbreiten und die Sicherheit beeinträchtigen. Mit denanfänglichen internationalen Massnahmen, die in <strong>der</strong> Unterstützungvon regionalen und nationalen Aktivitäten bestanden, konnte dieserTrend nicht umgekehrt werden. Die neuesten Anzeichen 44 deuten daraufhin, dass die kriminellen Netzwerke ihre Operationen ausweitenund ihre Positionen durch neue Allianzen, insbeson<strong>der</strong>e mit bewaffnetenGruppierungen, festigen. Die gegenwärtigen Massnahmenmüssen dringend ausgebaut und unter westafrikanischer Leitungkoordiniert werden, wobei in diesem Zusammenhang finanzielle undtechnische Unterstützung auf internationaler Ebene erfor<strong>der</strong>lich ist.Diese Massnahmen sollten Anstrengungen im Bereich <strong>der</strong> Strafverfolgungund Justiz sowie Strategien im Zusammenhang mit sozialenFragen, Entwicklungszusammenarbeit und Konfliktprävention umfassen.Dabei sollten sowohl staatliche Stellen als auch die Zivilgesellschafteinbezogen werden.Entstehung neuer Märkte unterdrückt werden. In Westafrika bestehtgegenwärtig eine solche Ausgangslage. In vielfältigen und gut etabliertenDrogenmärkten ist hingegen die Unterbindung des Drogenkonsumsdurch eine Beschneidung des Angebots kein realistisches Ziel.Doch unsere Taktik in diesem Kampf muss einer Überprüfung unterzogenwerden. MacCoun und Reuter 43 haben eine plausible Theorie entwickelt,wonach Anstrengungen zur Eindämmung des Drogenangebotsin einem neuen und unterentwickelten Markt, in dem <strong>der</strong> Nachschubvon einer kleinen Zahl von Drogenhandelsorganisationen kontrolliertwird, am wirksamsten sind. In jenen Regionen, in denen diese Voraussetzungenerfüllt sind, kann mit angemessen strukturierten undzielgerichteten Strafverfolgungsmassnahmen unter Umständen dieWir müssen auch anerkennen, dass <strong>der</strong> illegale Charakter desMarktes einen grossen Teil <strong>der</strong> mit dem Drogenmarkt verbundenenGewalt verursacht: Legale und regulierte Rohstoffmärkte sind zwarauch mit gewissen Problemen verbunden, doch sie bieten dem organisiertenVerbrechen nicht die gleichen Möglichkeiten, um hoheGewinne zu erzielen, die Rechtmässigkeit von souveränen Regierungenin Frage zu stellen und in gewissen Fällen Aufstände undTerrorismus zu finanzieren.14Weltkommission für Drogenpolitik


Dies bedeutet nicht zwangsläufig, dass die Schaffung eines legalenMarktes die einzige Möglichkeit ist, um die Macht und den Einflussvon Organisationen zu unterminieren, die im illegalen Drogenhandeltätig sind. Im Rahmen von Strafverfolgungsstrategien kann ausdrücklich<strong>der</strong> Versuch unternommen werden, den illegalen Markt zu steuernund zu formen. Zu diesem Zweck können beispielsweise Bedingungengeschaffen werden, auf <strong>der</strong>en Basis sich kleine und private «Freundschaftsnetzwerke»für das Angebot entwickeln können, aber hartgegen grössere Operationen durchgegriffen wird, die mit Gewalt o<strong>der</strong>Unannehmlichkeiten für die breite Bevölkerung verbunden sind. Ebensokann auf die Drogennachfrage von Personen, die von bestimmtenSubstanzen (beispielsweise von Heroin) abhängig sind, mit Programmenzur ärztlichen Verschreibung <strong>der</strong> betreffenden Substanzen reagiertwerden. Dadurch geht die Nachfrage nach den illegalen gehandeltenDrogen automatisch zurück. Was die Verringerung <strong>der</strong> mit demDrogenmarkt verbundenen Gewalt und des sonstigen Schadens anbelangt,sind solche Strategien unter Umständen viel wirkungsvoller alsaussichtslose Versuche, den Markt vollständig auszumerzen.An<strong>der</strong>erseits können schlecht ausgearbeitete Praktiken für dieDurchsetzung <strong>der</strong> Drogengesetzgebung dazu führen, dass das Ausmass<strong>der</strong> mit den Drogenmärkten verbundenen Gewalt, Einschüchterungund Korruption sogar weiter zunimmt. In diesem Fall kommtes unter Umständen zwischen den Strafverfolgungsbehörden undden Drogenhandelsorganisationen zu einer Art «Rüstungswettlauf»,in dessen Rahmen grössere Anstrengungen im Bereich <strong>der</strong> Strafverfolgungeine vergleichbare Zunahme des Engagements und <strong>der</strong> Gewalt<strong>der</strong> Drogenhändler nach sich ziehen. In einem solchen Szenariowerden Bedingungen geschaffen, unter denen sich die skrupellosestenund gewalttätigsten Drogenhandelsorganisationen durchsetzen.Lei<strong>der</strong> scheint dies <strong>der</strong> Entwicklung zu entsprechen, die zurzeit inMexiko und in vielen an<strong>der</strong>en Regionen <strong>der</strong> Welt zu beobachten ist.7. Alternative Strafzumessungen für Kleindealer und erstmaligeDealer för<strong>der</strong>nWährend die Idee <strong>der</strong> Entkriminalisierung bisher vor allem in Bezug aufDrogenkonsumierende o<strong>der</strong> Personen diskutiert wurde, die mit einerDrogenabhängigkeit zu kämpfen haben, schlagen wir vor, diesen Ansatzauch für jene Personen in Betracht zu ziehen, die auf <strong>der</strong> untersten Stufe<strong>der</strong> Drogenvertriebskette stehen. Bei den meisten Personen, die wegendes Verkaufs von geringen Drogenmengen inhaftiert werden, handelt essich we<strong>der</strong> um Gangster noch um Mitglie<strong>der</strong> des organisierten Verbrechens.Es geht vielmehr um junge Menschen, die im Zusammenhangmit dem risikoreichen Verkauf von Drogen auf <strong>der</strong> Strasse ausgebeutetwerden, um abhängige Drogenkonsumierende, die versuchen, die benötigtenMittel für ihren Konsum zu beschaffen, o<strong>der</strong> um Drogenkuriere,die zum grenzüberschreitenden Drogentransport gezwungen und zudiesem Zweck entsprechend eingeschüchtert werden. Gegen diesePersonen wird in <strong>der</strong> Regel gestützt auf die gleichen Rechtsvorschriftengerichtlich vorgegangen wie gegen die gewalttätigen Mitglie<strong>der</strong> des or-STRAFVERFOLGUNG UND GEWALTESKALATIONEine in British Columbia tätige Gruppe von Wissenschaftlern undFachleuten für öffentliche Gesundheit hat eine systematische Untersuchung<strong>der</strong> verfügbaren Daten 45 im Zusammenhang mit denAuswirkungen einer härteren Strafverfolgung auf die mit dem Drogenmarktverbundene Gewalt durchgeführt (beispielsweise bewaffneteBanden, die Auseinan<strong>der</strong>setzungen um die Kontrolle imDrogenhandel austragen, o<strong>der</strong> Tötungsdelikte und Raub im Zusammenhangmit dem Drogenhandel).Hinsichtlich <strong>der</strong> Entwicklung in zahlreichen Orten in den USA wieauch im australischen Sydney gelangten die Wissenschaftler zurErkenntnis, dass eine höhere Zahl von Verhaftungen und ein grössererDruck <strong>der</strong> Strafverfolgungsbehörden auf die Drogenmärkteeindeutig mit einer höheren Rate von Tötungsdelikten und an<strong>der</strong>enGewaltverbrechen einherging. In 91% aller Studien, bei denen dieAuswirkungen einer härteren Strafverfolgung auf die Gewalt imDrogenmarkt untersucht wurden, lautete das Fazit, dass die härtereStrafverfolgung eine Zunahme <strong>der</strong> Gewalt im Drogenmarkt nachsich gezogen hatte. Die Wissenschaftler gelangten zum folgendenSchluss:Aus den verfügbaren wissenschaftlichen Belegen geht hervor, dassintensivere Interventionen <strong>der</strong> Strafverfolgungsbehörden zur Zerstörung<strong>der</strong> Drogenmärkte nicht zu einer Abnahme <strong>der</strong> Gewalt vonDrogenbanden führen. Die vorliegenden Erkenntnisse weisen vielmehrdarauf hin, dass die mit Drogen zusammenhängende Gewaltund eine hohe Rate von Tötungsdelikten wahrscheinlich eine natürlicheFolge des Drogenverbots sind und dass die immer höher entwickeltenund grosszügig finanzierten Methoden für die Zerstörungvon Netzwerken, die dem Vertrieb von Drogen dienen, unabsichtlichmehr Gewalt zur Folge haben können. 46Auch im Vereinigten Königreich haben Wissenschaftler die Auswirkungen<strong>der</strong> Strafverfolgung auf die Drogenmärkte untersucht unddazu Folgendes festgehalten:Anstrengungen im Bereich <strong>der</strong> Strafverfolgung haben unter Umständenerhebliche negative Auswirkungen auf die Art und dasAusmass des mit dem Drogenhandel verbundenen Schadens, indemdie Gefährdung <strong>der</strong> öffentlichen Gesundheit und <strong>der</strong> öffentlichenSicherheit (unabsichtlich) erhöht wird und indem sich sowohldas Verhalten <strong>der</strong> einzelnen Drogenkonsumierenden als auch dieStabilität und <strong>der</strong> Betrieb <strong>der</strong> Drogenmärkte verän<strong>der</strong>n (z. B. durchdie Verdrängung von Dealern und <strong>der</strong> mit ihnen verbundenen Aktivitätenan an<strong>der</strong>e Orte o<strong>der</strong> durch eine Zunahme <strong>der</strong> Gewalt, dadie verdrängten Dealer in Auseinan<strong>der</strong>setzungen mit etabliertenDealern geraten). 47Weltkommission für Drogenpolitik 15


empfehlungenFortsetzungganisierten Verbrechens, die den Drogenmarkt kontrollieren. Dies führtzur unterschiedslosen Verhängung von harten Strafen.Weltweit bezieht sich die grosse Mehrheit <strong>der</strong> Festnahmen auf diesenicht gewalttätigen «kleinen Fische», die auf den unteren Stufendes Drogenmarktes tätig sind. Sie müssen an vor<strong>der</strong>ster Front agierenund sind deshalb einfach zu erwischen. Ausserdem verfügensie nicht über die notwendigen Mittel, um sich bei Schwierigkeitenfreizukaufen. 48 Dies führt dazu, dass die Staaten ihre Strafanstaltenhauptsächlich mit Bagatellstraftätern füllen, die verhältnismässiglange Strafen verbüssen. Dies verursacht hohe Kosten, ohne denUmfang und die Rentabilität des Drogenmarktes zu beeinträchtigen.In einigen Län<strong>der</strong>n werden solche Bagatellstraftäter sogar zum Todverurteilt, was einen eindeutigen Verstoss gegen die internationalenMenschenrechtsnormen darstellt. Um ihr Engagement im Krieg gegendie Drogen unter Beweis zu stellen, führen viele Staaten Gesetzeund Strafen ein, die im Vergleich zur Schwere <strong>der</strong> jeweiligen Straftatunverhältnismässig sind und trotzdem keine merkliche abschreckendeWirkung haben. Für die Staaten besteht die Herausfor<strong>der</strong>ungnun darin, bei <strong>der</strong> Strafzumessung für die «kleinen Fische» an<strong>der</strong>eMöglichkeiten zu realisieren o<strong>der</strong> ihre gesetzlichen Bestimmungenzu än<strong>der</strong>n, um eine klarere Unterscheidung zwischen den verschiedenenArten von Akteuren im Drogenmarkt einzuführen, mit <strong>der</strong> dieVerhältnismässigkeit besser gewahrt wird.8. Mehr Mittel in die evidenzbasierte Prävention investieren, mitspezifischer Ausrichtung auf junge MenschenDie wertvollste Investition würde selbstverständlich darin bestehen,finanzielle Mittel für Aktivitäten einzusetzen, mit denen in ersterLinie junge Menschen vom Drogenkonsum abgehalten würden undverhin<strong>der</strong>t werden könnte, dass sich bei Personen, die erste Erfahrungenmit dem Konsum von Drogen machen, ein problematischerKonsum o<strong>der</strong> eine Abhängigkeit entwickelt. Die Verhin<strong>der</strong>ung desEinstiegs o<strong>der</strong> einer Eskalation ist jenen Massnahmen, die erst nachdem Auftreten von Problemen ergriffen werden, eindeutig vorzuziehen.Bei den meisten bisherigen Versuchen, den Drogenkonsum insgesamtdurch breit angelegte Präventionskampagnen zu verringern,waren die Planung und die Umsetzung lei<strong>der</strong> unzureichend. Währendsich die Vermittlung von sachgerechten (und glaubwürdigen) Informationenzu den Risiken des Drogenkonsums als sinnvoll erwies,wurden mit ganz allgemein ausgerichteten Präventionsanstrengungen(wie Medienkampagnen o<strong>der</strong> Drogenpräventionsprogrammenin Schulen) unterschiedliche Erfahrungen gemacht. VereinfachendeBotschaften, mit denen bloss dazu aufgerufen wird, keine Drogen zukonsumieren, scheinen keine signifikante Wirkung zu haben. 49Hingegen wurden einige sorgfältig geplante und gut auf die Zielgruppenausgerichtete Präventionsprogramme durchgeführt, bei denen<strong>der</strong> Schwerpunkt auf den sozialen Kompetenzen und dem Einflussvon Gleichaltrigen lag. Diese Programme wirkten sich positiv auf dasAlter beim erstmaligen Drogenkonsum und die mit dem Drogenkonsumverbundenen negativen Erscheinungen aus. Bei <strong>der</strong> Erarbeitungund Umsetzung solcher Programme sind die Energie, die Kreativitätund das Know-how <strong>der</strong> Zivilgesellschaft und von einzelnenGruppierungen <strong>der</strong> Gemeinschaft von beson<strong>der</strong>er Bedeutung. Präventionskampagnen,die von staatlichen Stellen stammen, haben estendenziell schwer, bei jungen Menschen Gehör zu finden.Erfolgreiche Präventionsmodelle sind in <strong>der</strong> Regel auf bestimmteRisikogruppen ausgerichtet: Bandenmitglie<strong>der</strong>, Kin<strong>der</strong>, die in Einrichtungenbetreut werden o<strong>der</strong> die schulische Schwierigkeiten o<strong>der</strong>Ärger mit <strong>der</strong> Polizei haben. Mit diesen Programmen, die Erziehungund soziale Unterstützung kombinieren, kann ein beträchtlicher Teil<strong>der</strong> Zielgruppen davon abgehalten werden, sich zu regelmässigeno<strong>der</strong> abhängigen Drogenkonsumierenden zu entwickeln. Werdendiese Programme in ausreichendem Umfang umgesetzt, können siedie Gesamtzahl <strong>der</strong> jungen Menschen reduzieren, die drogenabhängigwerden o<strong>der</strong> sich als Kleindealer betätigen.9. Eine breite und leicht zugängliche Palette von Therapie- undBetreuungsangeboten für Drogenabhängige bereitstellen, einschliesslichSubstitutionstherapie und heroingestützter Behandlung,mit spezieller Berücksichtigung von beson<strong>der</strong>s gefährdetenPersonen, einschliesslich von Personen in Strafanstaltenund an<strong>der</strong>en geschlossenen Einrichtungen.In allen Gesellschaften und Kulturen gibt es eine bestimmte AnzahlPersonen, bei denen es zu einem problematischen Drogenkonsumo<strong>der</strong> zu einer Drogenabhängigkeit kommt. Dies gilt unabhängig vonden Substanzen, die in einer Gesellschaft bevorzugt werden, undvom rechtlichen Status <strong>der</strong> Drogen. Eine Drogenabhängigkeit bedeutetfür die betroffene Einzelperson unter Umständen einen tragischenVerlust ihres Potenzials. Doch sie ist auch für die jeweiligeFamilie, die Gemeinschaft und gesamthaft gesehen für die ganzeGesellschaft mit äusserst schädlichen Auswirkungen verbunden.Die Prävention und Behandlung <strong>der</strong> Drogenabhängigkeit ist daher fürdie zuständigen staatlichen Stellen eine zentrale Aufgabe – und aucheine wertvolle Investition, denn wirksame Therapien ermöglichen übereine tiefere Kriminalitätsrate und Verbesserungen des Gesundheitszustandsund des Sozialverhaltens beträchtliche Einsparungen.Es wurden viele erfolgreiche Therapiemodelle eingeführt, bei deneneine Substitutionstherapie mit psychosozialen Methoden kombiniertwird. Diese Modelle haben sich in verschiedenen sozioökonomischenund kulturellen Settings bewährt. Doch in den meisten Län<strong>der</strong>n sindnur einzelne Modelle dieser Therapien verfügbar, mit denen nur einkleiner Teil <strong>der</strong> gesamten Nachfrage abgedeckt werden kann. O<strong>der</strong>die Modelle sind unzureichend auf die Zielgruppen ausgerichtet, unddie verfügbaren Mittel werden nicht auf die Personen fokussiert, bei16Weltkommission für Drogenpolitik


endnoten1 Für eine detaillierte Analyse <strong>der</strong> illegalen Drogenmärkte in diesem Jahrzehntsiehe: Reuter, P. und Trautmann, F. (2009) A Report on <strong>Global</strong> Illicit DrugMarkets 1998-2007, Europäische Kommission,http://www.exundhopp.at/www1/drogen<strong>bericht</strong>.pdf, Stand: 19.4.112 UNODC (2008) 2008 World Drug Report, Wien: Vereinte Nationen, http://www.unodc.org/unodc/en/data-and-analysis/WDR-2008.html, Stand: 19.4.113 Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (2010) AnnualReport of the State of the Drugs Problem in Europe, http://www.emcdda.europa.eu/publications/annual-report/2010, Stand: 19.4.114 National Drug Intelligence Centre (2010) National Drug Threat Assessment,Washington: US Department of Justice,http://www.justice.gov/ndic/pubs38/38661/index.htm, Stand: 18.4.115 Hochkommissariat <strong>der</strong> Vereinten Nationen für Menschenrechte (2009)High <strong>Commission</strong>er calls for focus on human rights and harm reduction ininternational drug policy, Genf: Vereinte Nationen, http://www.ohchr.org/documents/Press/HC_human_rights_and_harm_reduction_drug_policy.pdf, Stand: 18.4.116 Weltgesundheitsorganisation, Büro <strong>der</strong> Vereinten Nationen für Drogen- undVerbrechensbekämpfung und Gemeinsames HIV/Aids-Programm <strong>der</strong> VereintenNationen (2009) WHO, UNODC, UNAIDS technical guide for countriesto set targets for universal access to HIV prevention, treatment and care forinjecting drug users, http://www.unodc.org/documents/hiv-aids/idu_target_setting_guide.pdf,Stand: 18.4.117 Europäische Beobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht (2010) Harmreduction: evidence, impacts and challenges, Lissabon: EBDD,http://www.emcdda.europa.eu/publications/monographs/harm-reduction,Stand: 13.5.118 Siehe die Website zum Thema Schadenmin<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> EuropäischenBeobachtungsstelle für Drogen und Drogensucht:http://www.emcdda.europa.eu/themes/harm-reduction, Stand: 19.4.119 Mathers, B., Degenhardt, L., Phillips, B., Wiessing, L., Hickman, M., Strathdee,S., Wodak, A., Panda, S., Tyndall, M., Toufik, A. und Mattick, R. für dieReference Group to the UN on HIV and Injecting Drug Use (2008) «<strong>Global</strong>epidemiology of injecting drug use and HIV among people who inject drugs:a systematic review», The Lancet 372 (9651) S. 1733–1745. 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SEKRETARIATBernardo SorjIlona Szabó de CarvalhoMiguel Darcy de OliveiraBERATERDr. Alex Wodak, Australian Drug Law Reform Foundationwww.adlrf.org.auEthan Nadelmann, Drug Policy Alliancewww.drugpolicy.orgMartin Jelsma, Transnational Institutewww.tni.org/drugsMike Trace, International Drug Policy Consortiumwww.idpc.netWEITERES MATERIAL UNTER:www.unodc.orgwww.idpc.netwww.drugpolicy.orgwww.talkingdrugs.orgwww.tni.org/drugswww.ihra.netwww.countthecosts.orgwww.intercambios.org.arwww.cupihd.orgwww.wola.org/program/drug_policywww.beckleyfoundation.orgwww.comunidadesegura.orgUNTERSTÜTZUNGCentro Edelstein de Pesquisas SociaisInstituto Fernando Henrique CardosoOpen Society FoundationsSir Richard Branson, Grün<strong>der</strong> und VerwaltungsratspräsidentVirgin Group (Unterstützung erbracht durch Virgin Unite)HINTERGRUNDMATERIAL(abrufbar unter www.globalcommissionondrugs.org)Demand reduction and harm reductionDr. Alex WodakDrug policy, criminal justice and mass imprisonmentBryan StevensonAssessing supply-side policy and practice:eradication and alternative developmentDavid MansfieldThe development of international drug control:lessons learned and strategic challenges for the futureMartin JelsmaDrug policy: lessons learned and options for the futureMike TraceThe drug trade: the politicization of criminals and thecriminalization of politiciansMoisés NaímWELTKOMMISSION FÜR DROGENPOLITIKDie Weltkommission für Drogenpolitik bezweckt, auf internationalerEbene eine fundierte, wissenschaftlich abgestützte Diskussionüber wirksame, humane Möglichkeiten zur Vermin<strong>der</strong>ung desSchadens auszulösen, <strong>der</strong> Menschen und Gesellschaften durchDrogen zugefügt wird.ZIEL• Überprüfung <strong>der</strong> Grundannahmen, <strong>der</strong> Wirksamkeit und <strong>der</strong>Folgen des «Kriegs gegen die Drogen»• Beurteilung <strong>der</strong> Risiken und des Nutzens verschiedenereinzelstaatlicher Lösungen für das Drogenproblem• Entwicklung von umsetzbaren, evidenzbasierten Empfehlungenfür eine konstruktive Reform <strong>der</strong> Gesetzgebung und <strong>der</strong> Politik20Weltkommission für Drogenpolitik

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