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Hermann Götz_Die Styria von Hans Brandstetter - kunst im ...

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<strong>Die</strong> „<strong>Styria</strong>“Über die bewegte Geschichte <strong>von</strong> <strong>Hans</strong> <strong>Brandstetter</strong>s 1891 gefertigter allegorischerBronzefigur<strong>Hans</strong> <strong>Brandstetter</strong>, der 1854 geborene Schöpfer der „<strong>Styria</strong>“, lebte und wirkte <strong>von</strong> 1870, demBeginn seiner Lehrjahre, bis zu seinem Tod am 4. Jänner 1925 fast ununterbrochen in Graz,seit 1891 auch als Professor an der hiesigen Staatsgewerbeschule. Er war mit Abstand derproduktivste unter den Grazer Bildhauern seiner Zeit. In der stilistischen wie auch derthematischen Ausrichtung seines breiten, <strong>im</strong> Wesentlichen dem Historismus verpflichtetenŒuvres spiegelt sich das späte 19. Jahrhundert, das <strong>im</strong> öffentlichen Raum <strong>von</strong> Graz durcheine Vielzahl seiner Arbeiten präsent ist. Schon mit der schieren Quantität seines Werks hat<strong>Brandstetter</strong> der Murstadt, die zu dieser Zeit einen wahren Bauboom erlebte, seinen Stempelaufgedrückt.Graz <strong>im</strong> 19. Jahrhundert, das war eine rasant wachsende Stadt, in der Theater, Universitätenund Kirchen aus dem Boden gestampft wurden. Von <strong>Hans</strong> <strong>Brandstetter</strong> wurdeFigurenschmuck an der vom Kaiser eröffneten Alma Mater wie an der technischenUniversität gestaltet, an der Oper und auch am neuen Rathaus. Als <strong>Brandstetter</strong>s größterAuftrag gilt die Ausstattung der Herz-Jesu-Kirche, eines monumentalen neugotischenBacksteinbaus. <strong>Die</strong> „<strong>Styria</strong>“ und ihr ebenfalls allegorisches Pendant, die „Austria“, dientenzum Schmuck der damals neu errichteten Hauptbrücke.Graz <strong>im</strong> 19. Jahrhundert, das war aber auch ein viel zitiertes „Pensionopolis“, ein beliebterOrt für Lebensabend und letzte Ruhestätte militärischer und bürgerlicher Eliten. Schnellernoch als die Wohnviertel der Gründerzeit wuchsen hier die Friedhöfe. <strong>Die</strong> Grabplastik stelltefür den Bildhauer <strong>Brandstetter</strong> eine bedeutende Einnahmequelle dar.Auch die Bronzefigur „<strong>Styria</strong>“ <strong>von</strong> 1891 tritt uns als ein Kind ihrer Zeit entgegen – sie und ihreSchwester, die „Austria“, der sie einst auf der Grazer Hauptbrücke gegenüberstand. Alsweibliche Allegorie einer Region bzw. einer Nation waren die beiden <strong>im</strong> <strong>von</strong> Nationalismusund rivalisierenden Großmächten geprägten Europa am Vorabend des Ersten Weltkriegs inguter Gesellschaft. Isolde Wilding, die 1988 an der Grazer Karl-Franzens-Universität eineDissertation über <strong>Hans</strong> <strong>Brandstetter</strong> vorlegte, nennt die Leipziger „Germania“ <strong>von</strong> R.Siemering (1888), die „Borussia“ <strong>im</strong> Hof der Berliner Ruhmeshalle (R. Begas, 1857) oder dasNationaldenkmal auf dem Niederwald <strong>von</strong> J. Schilling (1883) als Vergleiche. Und dochunterscheidet sich <strong>Brandstetter</strong>s Allegorienpaar deutlich <strong>von</strong> den genannten Damen: „<strong>Styria</strong>“wie „Austria“ wirken in ihrer repräsentativen Pose weniger heroisch als dieVergleichsobjekte. <strong>Die</strong> Geste der Herrschaft kleidet der Künstler in eine fast stille weiblicheGrazie, der Pathos wird durch Eleganz, ja Zierlichkeit gemildert. <strong>Brandstetter</strong> schufinsgesamt drei „Austria“ genannte Allegorien, das Pendant der „<strong>Styria</strong>“ ist unter diesen diejüngste. Sie folgt in ihrer Gestaltung einem (verschollenen) Vorbild, das für die Giebelgruppeder technischen Universität entworfen wurde: „Austria“ schützt dort Künste undWissenschaften. <strong>Die</strong> dritte der drei „Austria“-Allegorien existiert nur als Modellentwurf,wahrscheinlich für ein Kriegerdenkmal: In einer der Muttergottes ähnlichen Haltung steht sieüber einem tödlich verwundeten Soldaten.Eine zweite „<strong>Styria</strong>“-Allegorie <strong>Brandstetter</strong>s ist nicht bekannt. Er schuf die Plastikoffensichtlich, um der „Austria“ auf der Hauptbrücke ein Gegenüber zu geben. Für dieThemenwahl kann auch <strong>Brandstetter</strong>s unbestrittene Verbundenheit mit seiner He<strong>im</strong>at insTreffen geführt werden. Unter anderem zählte der in Berndorf bei Hitzendorf geborene <strong>Hans</strong><strong>Brandstetter</strong> den noch heute verehrten steirischen He<strong>im</strong>atdichter Peter Rosegger zu seinenengsten Freunden. Der Verbindung „Schlaraffia“, der beide angehörten, widmete er ebenfallseine Allegorie.


<strong>Die</strong> „Austria“ des Bronze-Paares trägt wie ihre mütterlich-schützenden Vorgängerinnen dasSchwert als Zeichen des Friedens in der Scheide. <strong>Die</strong> „<strong>Styria</strong>“ hält die gesenkte Klinge in derRechten, ihre Linke stützt den am Sockel ruhenden Schild mit dem Landeswappen. ImVergleich zur Austria, die ihren Blick schräg nach unten senkt, wirkt die <strong>Styria</strong> wacher, jawachsamer. Ihren Kopf krönt ein Kranz aus Eichenlaub, die <strong>kunst</strong>voll drapierte Gewandungwird durch den Schwertgurt gehalten.An ihrem ursprünglichen Aufstellungsort auf der 1892 errichteten Hauptbrücke standen diebeiden Bronzefiguren auf <strong>von</strong> Kapitellen gekrönten Obelisken, die mit <strong>kunst</strong>vollen Lampenund dem jeweiligen Wappen geschmückt waren. <strong>Die</strong> „<strong>Styria</strong>“ blickte gen Süden der Süd- undder slowenischen Untersteiermark zu, die „Austria“ wandte ihr Gesicht nach Norden,Richtung Wien.Im Jahr 1965 wurde ein neuer, schmuckloser Brückenbau errichtet, um Platz für die <strong>von</strong>Vizebürgermeister und Baustadtrat Josef Stöffler (ÖVP) geplante Hauptverkehrsaderzwischen Zentrum und Bahnhof zu schaffen (die später <strong>im</strong> historischen Zentrum eingeführteFußgängerzone beraubte diese ehrgeizige Erneuerung allerdings ihres Zwecks).<strong>Die</strong> folgende Behandlung der beiden Bronzefiguren illustriert sehr deutlich das damalsweitgehend fehlende Bewusstsein für den kulturellen – oder auch künstlerischen – Wert <strong>von</strong><strong>Brandstetter</strong>s Werk. Für Jahre lagen „<strong>Styria</strong>“ und „Austria“ auf einem Vorstadtgrundstück desWirtschaftshofs nebst einer Altmetallsammlung in der Wiese. Schl<strong>im</strong>mer erging es übrigensdem plastischen Schmuck des Rathauses, der nach seiner Entfernung zerstampft wurde, umals Straßenuntergrund Verwendung zu finden, wie <strong>Hans</strong> <strong>Brandstetter</strong>s Enkel, Dr. Herwig<strong>Brandstetter</strong>, erzählt. <strong>Die</strong>ser Enkel war es auch, der durch einen Zeitungsbericht auf diemissliche Lage der beiden Damen aufmerksam wurde und sich für eine Wiederaufstellung<strong>von</strong> „<strong>Styria</strong>“ und „Austria“ einsetzte. Unter Bürgermeister Gustav Scherbaum und StadträtinAnna Puschnik (beide SPÖ) fanden die beiden Bronzestatuen 1970 schließlich zu ihremPlatz <strong>im</strong> Stadtpark, wo sie seitdem die Achse zwischen Brunnen und Glacis in BlickrichtungLeechkirche flankieren. Einer Aufstellung der beiden Bronzefiguren am Schlossbergplateau,bei der mit einer gusseisernen Brunnenlaube verzierten Zisterne, widersetzte sich Dr. Herwig<strong>Brandstetter</strong> mit ästhetischen Argumenten. Originell bleibt die Inschrift <strong>im</strong> neuen Sockel, diedas 25-jährige Jubiläum der Republik Österreich als Anlass der Wiederaufstellung nennt,obwohl die „Austria“ noch <strong>im</strong>mer Insignien des Habsburgerreichs schmücken.Mag. <strong>Hermann</strong> Götz, Kulturpublizist und leitender Redakteur der BSX Bader & SchmölzerGmbHQuellen:Isolde Wilding: Der Bildhauer <strong>Hans</strong> <strong>Brandstetter</strong> (1854-1926). Leben und Werk. Dissertation.Karl-Franzens-Universität Graz, Juni 1988Gabriela Stieber: <strong>Hans</strong> <strong>Brandstetter</strong>. 1854-1925. Festschrift aus Anlass des 150.Geburtstages (4. Jänner 2005) hrsg. vom Kulturreferat der Marktgemeinde Hitzendorf.Interview mit Dr. Herwig <strong>Brandstetter</strong>, Enkel <strong>von</strong> <strong>Hans</strong> <strong>Brandstetter</strong>

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