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Kommunikation<br />

&Recht<br />

Betriebs-Berater für<br />

Medien Telekommunikation Multimedia<br />

<strong>11</strong><br />

K&R<br />

Editorial: Dostojewski und das Internet<br />

Sabine Leutheusser-Schnarrenberger<br />

705 Domainrecht – eine Bilanz der Rechtsprechung<br />

aus den Jahren 20<strong>11</strong>/2012 · Fabian Reinholz<br />

710 Aktuelle Entwicklungen des Titelschutzrechts · Dr. Verena Hoene<br />

713 Download von Video- und Audiostreams zum privaten Gebrauch –<br />

eine „rechtliche Grauzone“? · Philipp C. Redlich<br />

717 Die Durchsetzung datenschutzrechtlicher Mindestanforderungen<br />

bei Facebook und anderen sozialen Netzwerken<br />

Prof. Dr. Indra Spiecker gen. Döhmann<br />

725 Preistransparenz im Online-Handel · Dr. Edgar Rose<br />

731 Die Zahlung für Onlinespielfeatures per 0900er Nummer<br />

Johannes Zimmermann<br />

736 Länderreport USA · Clemens Kochinke<br />

740 BVerfG: Rundfunkgebühren für internetfähige PCs<br />

verfassungsgemäß<br />

742 BGH: Muster-Widerrufsbelehrung aus BGB-InfoV war wirksam<br />

mit Kommentar von Dr. Felix Buchmann<br />

748 BGH: „Starsat“ nicht nur werbliche Qualitätsangabe<br />

ohne Unterscheidungskraft<br />

750 BGH: Keine Verwechslungsgefahr zwischen „pjur“ und „pure“<br />

Beihefter 3/2012<br />

Urheberrecht und Verfassung<br />

Prof. Dr. Rolf Schwartmann<br />

15. Jahrgang November 2012 Seiten 705 – 776<br />

Deutscher Fachverlag GmbH · Frankfurt am Main


K&R <strong>11</strong>/2012 Redlich, Download von Video- und Audiostreams 713<br />

entschieden hatte, dass das Werktitelrecht nicht bei dem<br />

„Erfinder“ des Begriffes – dem Kläger des Hamburger<br />

Verfahrens –, sondern eben bei dem „Inverkehrbringer“<br />

des Spieles lag.<br />

V. Titelverwechslungen<br />

Im Berichtszeitraum gab es auch zwei interessante Entscheidungen<br />

zu vermeintlichen Titelverletzungen. Das<br />

OLG Jena musste über die Verwechslungsfähigkeit der<br />

Titel „Hallo Eichsfeld“ und „Die Hallos Thüringen“, jeweils<br />

in unterschiedlichen grafischen Ausgestaltungen entscheiden.<br />

Zu Recht war das OLG der Auffassung, dass<br />

trotz durchschnittlicher gerade noch ausreichender Kennzeichnungskraft<br />

und einer Werkidentität die einander gegenüberstehenden<br />

Titel zu unterschiedlich waren, um eine<br />

Verwechslungsgefahr bejahen zu kçnnen. Die einzige<br />

Übereinstimmung aufgrund des Wortbestandteils „Hallo“<br />

sei nicht prägend, sondern sogar von eher untergeordneter<br />

Bedeutung des Klagetitels. Man kçnne vorliegend auch<br />

nicht von einem Serientitel, also einer mittelbaren Verwechslungsgefahr<br />

ausgehen. Zum einen fehle es an der<br />

erforderlichen Bekanntheit. Zum anderen gehe der Verkehr<br />

trotz der ¾hnlichkeit der Titel nicht von einer wirtschaftlichen<br />

Verbindung aus.<br />

Das OLG Jena folgte damit – ohne diese Entscheidung zu<br />

zitieren – dem BGH, der aus gleichen Gründen schon<br />

einmal die ¾hnlichkeit der Titel Tagesschau und Tagesthemen<br />

einerseits bzw. Tagesbild und ProSieben-Tagesbild<br />

andererseits als nicht verwechslungsfähig angesehen<br />

hat. 24<br />

Dass im Übrigen nicht jeder Begriff auch einem Werktitelschutz<br />

und damit einem Unterlassungsanspruch nach<br />

§ 15 Abs. 2 MarkenG zugänglich ist, wurde im Berichtszeitraum<br />

noch einmal durch das LG Hamburg bekräftigt. 25<br />

RA Philipp C. Redlich, Berlin *<br />

Das LG hielt fest, dass die Bezeichnung „Fliesen24“ und<br />

„Fliesen24.com“ lediglich als Hinweis auf den Geschäftsbetrieb,<br />

also firmenmäßig verstanden werden. Zwar kçnne<br />

als „sonstiges vergleichbares Werk“ auch ein Internetlexikon<br />

in Betracht kommen. Die Benutzung eines Zeichens,<br />

das für einen Geschäftsbetrieb sowie als Kennzeichnung<br />

für einzelne Produkte stehe, genüge aber nicht zur Begründung<br />

eines Werktitelrechts, zumal für das Internetlexikon<br />

zusätzlich der Rubrikentitel „Fliesenlexikon“ verwendet<br />

werde.<br />

VI. Ausblick<br />

Die „sonstigen vergleichbaren“ Werkformen werden sicherlich<br />

auch in den nächsten Jahren für Diskussionsstoff<br />

sorgen. Das praktische Bedürfnis ist unbestreitbar: Gerade<br />

eher beschreibende Begriffe werden häufig von einer Eintragung<br />

als Marke ausgeschlossen. Das eine Messe, Veranstaltung<br />

oder Preisverleihung veranstaltende Unternehmen<br />

führt nicht selten eine von dieser Bezeichnung abweichende<br />

Firma. Die „gängigen“ Schutzrechte scheiden daher<br />

nicht selten aus. Damit stellt sich die naheliegende<br />

Frage nach einem Werktitelrecht.<br />

In diesem Zusammenhang werden sich zunehmend auch<br />

Fragen nach Entstehen und Erlçschen des Werktitelrechts<br />

stellen; die Entscheidung des OLG Stuttgart „Balthasar-<br />

Neumann-Preis“ zeigt jedenfalls schon jetzt, dass man in<br />

jedem Fall bei gemeinsamen, vielleicht einmal titelschutzfähigen<br />

Veranstaltungen auch an ein „Ausstiegs-Szenario“<br />

denken sollte.<br />

24 BGH, 1. 3. 2001 – I ZR 2<strong>11</strong>/98, GRUR 2001, 1050, 1053; s. auch zur<br />

fehlenden Eignung eines nicht unterscheidungskräftigen Titelbestandteils,<br />

als Serientitel wahrgenommen zu werden: BGH, 2. 12. 2009 –<br />

I ZR 44/07, K&R 2010, 492 = WRP 2010, 893, 895 – OFFROAD.<br />

25 LG Hamburg, 25. 10. 20<strong>11</strong> – 312 O <strong>11</strong>8/<strong>11</strong>, zit. nach juris.<br />

Download von Video- und Audiostreams zum privaten<br />

Gebrauch – eine „rechtliche Grauzone“?<br />

Streaming-Dienste im Internet haben sich zu einem weiteren<br />

Verbreitungsmedium für Musik, Filme und Videoclips<br />

neben Hçrfunk und Fernsehen fest etabliert. Wer einen<br />

Musiktitel besonders mag und auch „offline“ ohne Internetverbindung<br />

auf seinem mp3-Player unterwegs genießen<br />

mçchte, bedient sich häufig sogenannter Stream-Downloader,<br />

statt kostenpflichtige Downloadangebote zu nutzen.<br />

Mit wachsender Verbreitung solcher Download-Dienste<br />

stellt sich zunehmend die Frage, ob nach den Nutzern von<br />

Peer-to-Peer-Tauschbçrsen jetzt den Stream-Downloadern<br />

eine neue „Abmahnwelle“ bevorsteht.<br />

I. Verbreitung und Funktion von Stream-<br />

Downloadern<br />

Wer früher Aufnahmen von Radio- und Fernsehsendungen<br />

mittels Kassetten- oder Videorekordern herstellte, um sich<br />

eine private Musik- oder Videosammlung einzurichten,<br />

greift zunehmend auf sog. Stream-Ripper, Rekorder-Software<br />

oder Konvertierungsdienste, kurz Stream-Downloader,<br />

zurück. Sie ermçglichen den kostenlosen Download<br />

von Video- und Audiodateien, die im Internet auf Portalen<br />

wie z. B. YouTube, 1 MyVideo, 2 den Mediatheken der<br />

Fernsehsender 3 oder über Streaming-Dienste wie Spotify 4<br />

abrufbar sind. Mittels solcher Stream-Downloader lassen<br />

sich die gestreamten Filme, TV-Serien, Musik, Videoclips<br />

oder auch nur deren Tonspur in ein gewünschtes Dateifor-<br />

* Mehr über den Autor erfahren Sie auf S. VIII.<br />

1 www.youtube.com.<br />

2 http://www.myvideo.de.<br />

3 Z. B. ARD, http://www.ardmediathek.de/; ZDF, www.zdf.de/ZDFmedia<br />

thek.<br />

4 www.spotify.de.


714 Redlich, Download von Video- und Audiostreams <strong>11</strong>/2012 K&R<br />

mat umwandeln und auf der Festplatte des Nutzers dauerhaft<br />

speichern. Stream-Downloader werden in nahezu unüberschaubarer<br />

Zahl und in unterschiedlichen technischen<br />

Verfahren kostenlos im Internet angeboten. 5 Aus Sicht der<br />

Nutzer stellen solche Stream-Downloader eine praktische<br />

Ergänzung zu den internetbasierten Streaming-Plattformen<br />

und Diensten dar, die häufig keine eigenständige<br />

Downloadfunktion zur dauerhaften Speicherung der abrufbaren<br />

Inhalte anbieten. Die Inhalte kçnnen meist nur in<br />

einem On-Demand-Streaming-Verfahren abgerufen werden.<br />

Für eine lückenlose Wiedergabe der Videos erfolgt<br />

eine Zwischenpufferung, d. h. eine temporäre Speicherung<br />

der gestreamten Daten auf dem Arbeitsspeicher des Nutzers<br />

(Cache). Mittels einer speziellen Software (sog. Plugins)<br />

werden die Daten in dem Browserfenster des Nutzers<br />

sichtbar gemacht. Die Wiedergabe der gestreamten Inhalte<br />

erfolgt bereits während der Datenübertragung. Nach dem<br />

Schließen der Website werden Datensätze meist wieder<br />

automatisch aus dem Cache des Nutzers gelçscht. Stream-<br />

Downloader machen sich diese Wiedergabetechnik zu<br />

nutze, indem sie statt einer temporären Speicherung der<br />

gestreamten Daten eine dauerhafte Speicherung auf der<br />

Festplatte des Nutzers initiieren.<br />

II. Kritik der Musikwirtschaft und der Plattformbetreiber<br />

Für die Musikwirtschaft haben sich Streaming-Plattformen<br />

wie YouTube oder MyVideo als ein beliebtes Werbemedium<br />

fest etabliert. Viele Musik-Labels verfügen über<br />

eigene Channels auf diesen Plattformen, um die Musikvideos<br />

ihrer Künstler werbewirksam im Internet zu verbreiten.<br />

6 Es liegt auf der Hand, dass die Musikwirtschaft<br />

seit längerem die gleichzeitig wachsende Verbreitung von<br />

Stream-Downloadern und die „massenhafte Kostenlosversorgung“<br />

7 mit Musik scharf kritisiert, die mit kostenpflichtigen<br />

Downloadangeboten zunehmend konkurrieren. Laut<br />

einer kürzlich verçffentlichten Studie zur digitalen Content-Nutzung<br />

des Bundesverband Musikindustrie e. V.<br />

(BVMI) haben 20<strong>11</strong> allein in Deutschland etwa 8 Millionen<br />

Nutzer mittels solcher Angebote Musik von Streaming-Diensten<br />

mitgeschnitten oder heruntergeladen. Nach<br />

Ansicht des BVMI hat sich das Stream-Ripping als zusätzliche<br />

Nutzungsform in einer „rechtlichen Grauzone“<br />

fest etabliert. 8 Seit geraumer Zeit wird erwartet, dass die<br />

Musikindustrie sich im Wege neuer „Abmahnwellen“ nach<br />

den Peer-to-Peer-Tauschbçrsen rasch auch gegen das Herunterladen<br />

gestreamter Musik richten wird. 9<br />

Doch auch Plattformbetreiber wie YouTube beanstanden<br />

zunehmend das Angebot von Stream-Downloadern. Ob<br />

dies auf Druck der Musikindustrie oder aus Sorge um<br />

sinkende Zugriffszahlen und verringerte Werbeeinahmen<br />

geschieht, ist nicht bekannt. So verschickte YouTube LLC<br />

laut Pressemitteilungen kürzlich Abmahnschreiben an die<br />

Anbieter von Stream-Downloadern mit der Aufforderung,<br />

ihren Dienst bzw. das Softwareangebot einzustellen. 10<br />

YouTube beanstandet in diesen Abmahnschreiben, dass<br />

Stream-Downloader eine vertragswidrige Nutzung der<br />

Plattform ermçglichen. <strong>11</strong> In den YouTube-Nutzungsbedingungen<br />

wird ein Download der abrufbaren Inhalte ausdrücklich<br />

untersagt. 12<br />

Für die Nutzer von Stream-Downloadern stellt sich daher<br />

stets die Rechtsfrage, ob die Herstellung von Musik- oder<br />

Videodownloads urheberrechtlich und vertragsrechtlich<br />

zulässig ist. Drohen im Falle der Identifizierung den Nut-<br />

zern von Stream-Downloadern die Geltendmachung von<br />

Unterlassungs- und Schadensersatzansprüchen sowie von<br />

Abmahngebühren seitens der Rechteinhaber und/oder der<br />

Plattformbetreiber, wie dies aus unzähligen und allgemein<br />

bekannten Fällen der Nutzung von Peer-to-Peer-Tauschbçrsen<br />

bekannt ist?<br />

III. Herstellung digitaler Privatkopien<br />

mittels Stream-Downloadern<br />

Wer eine dauerhafte Speicherung eines gestreamten, urheberrechtlich<br />

geschützten Werkes i. S. d. § 2 UrhG auf einem<br />

digitalen Datenträger vornimmt, stellt – unabhängig<br />

von dem verwendeten Dateiformat oder Datenträger – eine<br />

Vervielfältigung i. S. d. § 16 UrhG her. 13 Wer ein Werk der<br />

Musik oder ein Filmwerk dauerhaft herunterlädt, bedarf<br />

daher im Grundsatz auch der Erlaubnis der betroffenen<br />

Rechteinhaber. § 44 a UrhG legitimiert nur das unvermeidbare<br />

und temporäre Laden der gestreamten Daten in den<br />

Arbeitsspeicher zum Zwecke der Wiedergabe, nicht jedoch<br />

den dauerhaften Download. 14 Allerdings dürfte es<br />

sich bei den mittels Stream-Downloadern heruntergeladenen<br />

Videos und Musiktiteln regelmäßig um Privatkopien<br />

handeln, die von der in § 53 Abs. 1 UrhG verankerten<br />

Privatkopienfreiheit privilegiert sind. § 53 Abs. 1 UrhG<br />

erlaubt dem Nutzer, Vervielfältigungen von geschützten<br />

Werken zum privaten Gebrauch auch ohne Zustimmung<br />

der Rechteinhaber anzufertigen. Auf das Privatkopienprivileg<br />

kann sich jede natürliche Person stützen, die ein<br />

Vervielfältigungsstück weder mittelbar noch unmittelbar<br />

zu Erwerbszwecken anfertigt. 15 Die Privatkopienfreiheit<br />

findet ihre Grenzen, wenn Vervielfältigungen von offensichtlich<br />

rechtswidrig hergestellten oder verçffentlichten<br />

Vorlagen hergestellt werden. Dem Kopierenden darf weder<br />

bekannt noch infolge grober Fahrlässigkeit unbekannt<br />

sein, dass die Vorlage rechtswidrig ist. 16 Erst wenn dem<br />

Durchschnittsnutzer die Rechtswidrigkeit der genutzten<br />

Vorlage quasi „auf die Stirn geschrieben“ steht, endet die<br />

Privatkopienfreiheit. Aus der bloßen Verfügbarkeit von<br />

Filmen und Musik kann der Nutzer nicht alleine auf die<br />

Rechtswidrigkeit der Vorlage schließen. 17 Insbesondere<br />

auf Hosting-Plattformen wie YouTube, auf denen keine<br />

eigenen Inhalte des Plattformbetreibers sondern ausschließlich<br />

nutzergenerierte Inhalte abrufbar sind, werden<br />

legale und illegale Videos nebeneinander verbreitet. Für<br />

den Nutzer ist praktisch nicht erkennbar und überprüfbar,<br />

ob ein Video illegal hochgeladen wurde oder rechtmäßig<br />

mit Einwilligung der Rechteinhaber eingestellt wurde.<br />

5 Z. B. aTube Catcher, www.atube-catcher.softonic.de; VDownloader, www.<br />

vdownloader.com.; Spotydl., http://www.spotydl.com/; ClipGrab, www.<br />

clipgrab.de.; RealPlayer, http://de.real.com/.<br />

6 Z. B. Warner Music Group, www.youtube.com/user/warnermusicgroup;<br />

Sony Music, www.myvideo.de/channel/sony-music.<br />

7 Dr. Florian Drücke, Geschäftsführer des BVMI, Studie zur Digitalen<br />

Content-Nutzung 2012: Fact Sheet Musik; abrufbar unter http://www.mu<br />

sikindustrie.de/studien/.<br />

8 Pressemitteilung zur DCN-Studie 2012 vom 22. 8. 2012, abrufbar unter<br />

http://www.musikindustrie.de/studien/.<br />

9 Härting/Thiess, WRP 2012, 1068, 1069; Vianello, CR 2010, 728, 734.<br />

10 YouTube geht gegen MP3-Konvertierungsdienst vor, Heise-News vom<br />

20. 6. 2012.<br />

<strong>11</strong> http://torrentfreak.com/google-threatens-to-sue-huge-youtube-mp3-conv<br />

ersion-site-120619/.<br />

12 Ziffer 6.1. K YouTube-Nutzungsbedingungen.<br />

13 Heerma, in: Wandtke/Bullinger, UrhR, 3. Aufl. 2009, § 16 Rn. 13 f.<br />

14 Vianello, CR 2010, 728, 732.<br />

15 Lüft, in: Wandtke/Bullinger (Fn. 13), § 53 Rn. 21.<br />

16 Härting, Internetrecht, 4. Aufl. 2010, Rn. 1036.<br />

17 Härting/Thiess, WRP 2012, 1068, 1069; Vianello, CR 2010, 728, 731.


K&R <strong>11</strong>/2012 Redlich, Download von Video- und Audiostreams 715<br />

IV. Einsatz von serverbasierten Stream-<br />

Download-Angeboten<br />

Neben den zahlreichen Softwareangeboten zur Herstellung<br />

von Stream-Downloads finden sich auch zahlreiche serverbasierte<br />

Downloaddienste im Internet. 18 Der Download<br />

erfolgt in diesem Fall nicht mittels einer auf dem Computer<br />

des Nutzers installierten Downloadsoftware unmittelbar<br />

auf dessen Festplatte. Der Download wird bei serverbasierten<br />

Diensten über eine Website initiiert, auf der der<br />

Nutzer regelmäßig die URL des gesuchten Videos eingibt.<br />

Die gestreamte Videodatei wird sodann zunächst temporär<br />

auf den Servern des Anbieters als Audiodatei zwischengespeichert<br />

und kann mittels eines individuellen Downloadlinks,<br />

der dem Nutzer mitgeteilt wird, auf dessen Festplatte<br />

gespeichert werden. Gemäß § 53 Abs. 1 S. 2 UrhG<br />

muss die Herstellung von Privatkopien jedoch nicht zwingend<br />

durch den Befugten selbst erfolgen. Vielmehr kann<br />

sich der Nutzer zur Herstellung einer Kopie auch des<br />

Dienstes eines Dritten bedienen. Die Mçglichkeit der Herstellung<br />

von digitalen Privatkopien durch Dritte wurde<br />

auch im Rahmen der letzten Urheberrechtsreform aufrecht<br />

erhalten. Vorraussetzung ist, dass die digitale Vervielfältigung<br />

unentgeltlich erfolgt. 19 Hersteller einer Vervielfältigung<br />

ist allein derjenige, der die kçrperliche Festlegung<br />

technisch bewerkstelligt. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob<br />

der Nutzer sich technischer Hilfsmittel bedient, selbst<br />

wenn diese von Dritten zur Verfügung gestellt werden. 20<br />

Solange die Nutzer lediglich auf kostenlose, internetbasierte<br />

Konvertierungsdienste von Drittanbietern zurückgreifen<br />

und diese Diensteanbieter lediglich als „Werkzeug“<br />

der Kopierenden tätig werden, findet das Privatkopienprivileg<br />

ohne Einschränkung Anwendung. Der Einsatz<br />

von serverbasierten Downloaddiensten ist daher urheberrechtlich<br />

nicht anders zu beurteilen, als der Einsatz von<br />

softwarebasierten Stream-Downloadern.<br />

V. Ausnahmen, digitale Privatkopien<br />

herzustellen<br />

Der deutsche Gesetzgeber hat im Rahmen der Umsetzung<br />

der Informationsrichtlinie (RL 2001/29/EG des Europäischen<br />

Parlaments und des Rates vom 22. 5. 2001 zur Harmonisierung<br />

bestimmter Aspekte des Urheberrechts und<br />

der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft,<br />

dort Art. 5 Abs. 2 lit. b)) von der Mçglichkeit bewusst<br />

nicht Gebrauch gemacht, digitale Privatkopien vom<br />

Anwendungsbereich des § 53 Abs. 1 UrhG auszunehmen.<br />

Weder die Musikwirtschaft noch die Verbände der Filmwirtschaft<br />

konnten sich im Gesetzgebungsverfahren zum<br />

„Zweiten Korb“ mit ihren Vorschlägen durchsetzen, Privatkopien<br />

für den Musikbereich ausschließlich in analoger<br />

Form zu gestatten bzw. die digitale Privatkopie für ein<br />

Zeitfenster von einem Jahr nach Beginn der Kinoauswertung<br />

auszuschließen. 21 (Nur) in zwei Fällen soll nach<br />

Absicht des Gesetzgebers die Privatkopienfreiheit – auch<br />

außerhalb des Zugriffs auf offensichtlich rechtswidrige<br />

Vorlagen – hinter den kommerziellen Interessen der Rechteinhaber<br />

zurücktreten:<br />

(1) Die betroffenen Werke werden den Nutzern aufgrund<br />

einer vertraglichen Vereinbarung zugänglich gemacht. In<br />

diesem Fall handelt es sich bei den Vervielfältigungen, die<br />

unter diesen vertraglichen Bedingungen stattfinden, nicht<br />

um private Vervielfältigungen i. S. d. § 53 Abs. 1, sondern<br />

um Nutzungshandlungen, die vom Rechteinhaber lizenziert<br />

worden sind. 22<br />

(2) Die Rechteinhaber oder Plattformbetreiber setzen<br />

wirksame technische Schutzmaßnahmen i. S. d. § 95 b<br />

Abs. 2 a) UrhG ein, um den Download von gestreamten<br />

Inhalten zu unterbinden. Der Gesetzgeber hat bewusst<br />

davon abgesehen, die digitale Privatkopie der analogen<br />

gleichzustellen und beim Einsatz technischer Schutzmaßnahmen<br />

durchzusetzen, vgl. § 95 b Abs. 1 Nr. 6 UrhG. 23<br />

1. Lizenzvertraglicher Ausschluss der Speicherung<br />

In den „Nutzungsbedingungen“ von Streaming-Angeboten<br />

wird zwar zum Teil ein Download der Video- und Musikinhalte,<br />

die über die Plattform verbreitet werden, untersagt.<br />

24 Dennoch dürfte das Privatkopienprivileg aus § 53<br />

Abs. 1 UrhG, digitale Kopien der gestreamten Inhalte ohne<br />

Einwilligung der Rechteinhaber herstellen zu dürften, regelmäßig<br />

uneingeschränkt Anwendung finden, insbesondere<br />

wenn der Plattformbetreiber nicht auch der Rechteinhaber<br />

an den verbreiteten Inhalten ist.<br />

Ein einseitig erklärtes „Downloadverbot“ in Gestalt eines<br />

Disclaimers genügt im Umkehrschluss der Gesetzesbegründung<br />

zum „Zweiten Korb“ nicht, das Privatkopienprivileg<br />

rechtswirksam auszuhebeln. Zwar mag der ausdrückliche<br />

Wille des Plattformbetreibers bzw. des Rechteinhabers,<br />

der über eine solche Plattform seine Inhalte verbreitet,<br />

für den Nutzer durchaus erkennbar sein, dass ein<br />

Download der gestreamten Inhalte von der Plattform „unerwünscht“<br />

ist. Videoplattformen wie YouTube oder My-<br />

Video verzichten jedoch auf eine Registrierung ihrer Nutzer.<br />

Die Betreiber von werbefinanzierten Angeboten haben<br />

ein gesteigertes Interesse, einem mçglichst breiten Publikum<br />

ihr Angebot zur Verfügung zu stellen und grçßtmçgliche<br />

Zugriffszahlen zu erreichen. Eine obligatorische Registrierung<br />

dürfte die Zugriffszahlen maßgeblich verringern<br />

und eine Verbreitung über Social-Networks wie Facebook<br />

über Posting- oder Share-Funktion maßgeblich beeinträchtigen.<br />

Eine Nutzung des Videoangebots (und nicht zuletzt der<br />

Download mittels Stream-Downloadern) wird den Nutzern<br />

daher anonym und bewusst ohne eine ausdrückliche Bestätigung<br />

der Nutzungsbedingungen, sowie der ggf. enthaltenen<br />

Downloadverbote, ermçglicht. Auf die bloße<br />

Nutzung einer Videoplattform bzw. den Aufruf von<br />

Videos lässt sich ein Lizenzvertrag nicht stützen, der eine<br />

Downloadbeschränkung zu Lasten des Privatnutzers regelt.<br />

Vorrausetzung wären zwei übereinstimmende, jeweils<br />

von einem Rechtsfolgewillen getragene Willenserklärung<br />

des Nutzers und des Plattformbetreibers. 25 Die<br />

bloße Abrufbarkeit von Nutzungsbedingungen, in denen<br />

ein Downloadverbot niedergelegt ist, stellt bereits keinen<br />

rechtsverbindlichen Vertragsantrag i. S. d. § 145 BGB des<br />

Plattformbetreibers gegenüber jedermann dar, der das Por-<br />

18 Z. B. YouTube mp3, http://www.youtube-mp3.org/de.<br />

19 BT-Drs. 16/1828, 19.<br />

20 BGH, 22. 4. 2009 – I ZR 175/07, K&R 2009, 573 ff. – Online Videorekorder,<br />

Rn. 16; BGH, 25. 2. 1999 – I ZR <strong>11</strong>8/96, K&R 1999, 413 ff. –<br />

Kopierversanddienst, BGH, 16. 1. 1997 – I ZR 9/95, NJW 1997, 1363 –<br />

CB-Infobank I, Rn. 52 f.; BGH, 16. 1. 1997 – I ZR 38/96, NJW 1997,<br />

1368 – CB-Infobank I, Rn. 25; Lüft, in: Wandtke/Bullinger (Fn. 13), § 53<br />

Rn. 18 f.<br />

21 Gesetzesbegründung zum Entwurf eines zweiten Gesetzes zur Regelung<br />

des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft vom 15. 6. 2006, BT-<br />

Drs. 16/1828, S. 18 ff.<br />

22 BT-Drs. 16/1828, S. 20.<br />

23 BT-Drs. 16/1828, S. 21, kritisch hierzu Wandtke/Ohst, in: Wandtke/Bullinger<br />

(Fn. 13), § 95 b UrhG, Rn. 26.<br />

24 Vgl. z. B.: Ziffer 6.1. K YouTube-Nutzungsbedingungen.<br />

25 Ellenberger, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 71. Aufl. 2012, Einf. v.<br />

§ <strong>11</strong>6 Rn. 4; Einf. v. § 145 Rn. 1.


716 Redlich, Download von Video- und Audiostreams <strong>11</strong>/2012 K&R<br />

tal besucht oder darauf befindliche Videos abruft. 26 Der<br />

Wille, sich rechtlich zu binden, muss objektiv erkennbar<br />

sein. Dies dürfte bei rein unentgeltlichen Online-Angeboten,<br />

die (bewusst) jedermann zugänglich sind, ohne dass<br />

der Betreiber die Nutzer individuell identifiziert und registriert,<br />

nicht der Fall sein. Anbieter von Webseiten mit<br />

Online-Angeboten bekunden ihren Rechtsbindungswillen<br />

üblicherweise dadurch, dass sie den Kunden vor Nutzung<br />

ihres Angebots einen Registrierungsvorgang vorschalten.<br />

Der bloße Aufruf bzw. die Nutzung einer Videoplattform<br />

stellt schließlich auch keine rechtsgeschäftliche Annahme<br />

eines Nutzungs- bzw. Lizenzvertrages i. S. d. § 147 BGB<br />

dar. Ein Rechtsbindungswille des Nutzers lässt sich weder<br />

dem bloßen Besuch der Plattform noch dem Abruf der<br />

darauf befindlichen Videos entnehmen. Zwar dürfte den<br />

durchschnittlichen Internetnutzern regelmäßig bekannt<br />

sein, dass kommerzielle Diensteanbieter regelmäßig Nutzungsbedingungen<br />

definieren, die die Rechte und Pflichten<br />

der Nutzer regeln. Aus Sicht des Nutzers stellt die bloße<br />

Inanspruchnahme eines Internetangebots dennoch keine<br />

rechtsgeschäftlich relevante Handlung dar. Insoweit unterscheidet<br />

sich die Nutzung der Plattform www.youtube.<br />

com auch nicht von dem Anhçren bzw. Ansehen frei<br />

empfangbarer Rundfunk- und Fernsehprogramme, das erkennbar<br />

auch nicht auf Begründen eines Vertragsverhältnisses<br />

zwischen Hçrern bzw. Zuschauern und dem Sender<br />

gerichtet ist. 27<br />

Der Nutzer eines frei zugänglichen Internetportals wie<br />

YouTube oder MyVideo tritt mit dem Anbieter durch<br />

den bloßen Aufruf der Seite und das Betrachten dort angebotener<br />

Videos daher in keine Vertragsbeziehung, auf<br />

die sich ein rechtsgeschäftliches Downloadverbot stützen<br />

lässt. 28 Solange der Zugang und die Nutzung eines Videooder<br />

Musikangebots im Internet nicht auf Grundlage eines<br />

Lizenzvertrages erfolgt, müssen Anbieter und nicht zuletzt<br />

die Rechteinhaber, ungeliebte Downloads hinnehmen, es<br />

sei denn, der Anbieter bedient sich wirksamer technischer<br />

Schutzmaßnahmen i. S. d. § 95 a Abs. 2 UrhG, um den<br />

Download zu verhindern.<br />

2. Umgehung von technischen Schutzmaßnahmen<br />

(§ 95 a UrhG)<br />

§ 95 a Abs. 1 UrhG untersagt die Umgehung „wirksamer<br />

technischer Schutzmaßnahmen“, die den Zugang oder die<br />

Nutzung (z. B. Download) von geschützten Inhalten verhindern<br />

sollen. Aktivlegitimiert sind die verletzten Rechteinhaber,<br />

die sich der technischen Schutzmaßnahme bedienen.<br />

29 In der Regel dürften technische Schutzmaßnahmen<br />

jedoch von den Plattformbetreibern selbst eingerichtet<br />

werden. Ob auch die Betreiber der Schutzmaßnahme neben<br />

den Rechteinhabern aktivlegitimiert sind, die eine<br />

Schutzmaßnahme veranlassen, ist bislang nicht geklärt. 30<br />

Im Falle einer Umgehung einer Schutzmaßnahme drohen<br />

Unterlassungs-, Beseitigungs- und ggf. Schadensersatzansprüche<br />

gegen Verwender. 31<br />

Das Urheberrecht schützt jedoch allein solche technischen<br />

Maßnahmen, die im normalen Betrieb auch dazu bestimmt<br />

sind, Vervielfältigungen von geschützten Werken, die vom<br />

Rechtsinhaber nicht genehmigt sind, zu verhindern oder<br />

einzuschränken. Technische Maßnahmen sind nur dann<br />

„wirksam“, wenn eine Speicherung durch einen Schutzmechanismus<br />

wie Verschlüsselung o. ¾. unter Kontrolle<br />

gehalten wird, § 95 a Abs. 2 UrhG. Ein einhundertprozentiger<br />

Schutz ist zur Erfüllung dieser Voraussetzungen nicht<br />

erforderlich. Eine Umgehung würde andernfalls die Wirk-<br />

samkeit widerlegen und § 95 a UrhG praktisch leerlaufen.<br />

32 Bei der Frage nach der Wirksamkeit einer technischen<br />

Schutzmaßnahme kommt es ferner auf die Fähigkeiten<br />

des durchschnittlichen Benutzers an und somit darauf,<br />

ob die Schutzmaßnahme für den durchschnittlichen<br />

Benutzer ein beträchtliches Hindernis darstellt. 33 Die<br />

Schutzmaßnahme darf also nicht derart leicht überwunden<br />

werden kçnnen, dass sie keinen effektiven Downloadschutz<br />

bietet. 34<br />

Die dauerhafte Aufzeichnung eines Streams widerspricht<br />

zunächst seiner technischen Eigenart. Diese liegt darin,<br />

dass die gestreamten Daten zum Zwecke der Wiedergabe<br />

so verpackt werden, dass nur eine temporäre (und keine<br />

dauerhafte) Datenspeicherung erfolgt. 35 Auch die Übertragung<br />

von terrestrischen Signalen, z. B. Fernseh- oder<br />

Hçrfunk, erfolgt bestimmungsgemäß allein zum Empfang<br />

und zur Wiedergabe der „ausgestrahlten“ TV- und Radiosendungen<br />

und nicht zur dauerhaften Speicherung. Eine<br />

dauerhafte Aufzeichnung von TV-/Radiosendungen mittels<br />

Kassetten-, Video- oder DVD-Rekordern stellt – auch<br />

nach Umstellung auf DVB-T (Digital Video Broadcasting<br />

– Terrestria) – keine Umgehung einer wirksamen<br />

Schutzmaßnahme dar, solange keine Verschlüsselungsoder<br />

Zugangskontrollsysteme umgangen werden. 36 Nichts<br />

anderes sollte daher für die Speicherung von gestreamten<br />

Inhalten gelten, solange keine zusätzlichen Verschlüsselungstechniken<br />

der Plattformbetreiber eingesetzt und von<br />

dem eingesetzten Stream-Downloader umgangen werden.<br />

Die beim Streaming übersandten Datenpakete kçnnen jedoch<br />

schließlich ohne besondere Programmierkenntnisse<br />

leicht von jedem Nutzer aus dem Cache oder dem temporären<br />

Ordner auf einen beliebigen Ort auf der Festplatte<br />

kopiert werden und dann durch die ¾nderung der Dateiendung<br />

mit jedem Media Player abgespielt werden. 37 Dass<br />

Inhalte technisch ausschließlich als Stream abrufbar gehalten<br />

werden, ohne dass gleichzeitig über eine Downloadfunktion<br />

auf der Plattform auch die dauerhafte Speicherung<br />

ermçglich wird, stellt daher für sich genommen<br />

noch keinen wirksamen Schutzmechanismus i. S. d. § 95 a<br />

Abs. 2 UrhG dar. 38<br />

Der Einsatz von entsprechenden Stream-Downloadern<br />

stellt daher auch solange keine rechtsverletzende Umgehungshandlung<br />

i. S. d. § 95 a Abs. 1 UrhG dar, wie keine<br />

zusätzlichen Schutzmechanismen umgangen werden, die<br />

der Plattformbetreiber zur effektiven Verhinderung eines<br />

Downloads einsetzt. Die Vielzahl der derzeit verfügbaren<br />

Angebote und das Ausbleiben einer Abmahnwelle gegen<br />

Nutzer und Anbieter von Stream-Downloadern spricht<br />

dafür, dass Plattformbetreiber derzeit regelmäßig keine<br />

26 Spindler, in: Spindler, Vertragsrecht der Internet-Provider, 2. Aufl. 2004,<br />

Teil IV Rn. 31 f.<br />

27 Cichon, Internetverträge, 2. Aufl. 2005, § 6 Rn. 693.<br />

28 Cichon in: Spindler (Fn. 26), Teil XII Rn. 38 f.; sowohl auch BGH, 22. 6.<br />

20<strong>11</strong> – I ZR 159/10, K&R 20<strong>11</strong>, 641 ff. – Automobilbçrse, Rn. 64.<br />

29 OLG München, 28. 7. 2005 – 29 U 2887/05; K&R 2005, 768 – Heise<br />

online, zitiert nach juris, Rn. 40.<br />

30 Wandtke/Ohst, in: Wandtke/Bullinger (Fn. 13), § 95 a UrhG, Rn. 92.<br />

31 Wandtke/Ohst, in: Wandtke/Bullinger (Fn. 13), § 95 a UrhG, Rn. 88, 92.<br />

32 Wandtke/Ohst, in: Wandtke/Bullinger (Fn. 13), § 95 a UrhG, Rn. 50.<br />

33 Wandtke/Ohst, in: Wandtke/Bullinger (Fn. 13), § 95 a UrhG, Rn. 50; Gçtting,<br />

in: Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl. 2010, § 95 a<br />

Rn. 22.<br />

34 Wandtke/Ohst, in: Wandtke/Bullinger (Fn. 13), § 95 a Rn. 47.<br />

35 Vianello, CR 728, 732.<br />

36 Vgl. BGH, 22. 4. 2009 – I ZR 175/07, K&R 2009, 573 ff. – Online-Videorekorder;<br />

LG München, 22. <strong>11</strong>. 2010 – 21 O 19689/10 – Digitalreceiver<br />

mit Onlineverschlüsselungsmçglichkeit.<br />

37 Härting/Thiess, WRP 2012, 1068, 1069; Radmann, ZUM 2010, 387, 388.<br />

38 Zustimmend Vianello, CR 2010, 728, 734.


K&R <strong>11</strong>/2012 Spiecker gen. Dçhmann, Durchsetzung datenschutzrechtlicher Mindestanforderungen 717<br />

wirksamen technischen Schutzmaßnahmen i. S. d. § 95 a<br />

Abs. 2 UrhG einsetzen, um ungewollte Downloads zu verhindern.<br />

Sollten Plattformbetreiber wie YouTube dazu<br />

übergehen, Downloads durch den Einsatz von Verschlüsselungstechniken<br />

zu unterbinden, wäre ggf. unter Hinzuziehung<br />

sachverständiger Begutachtung im Einzelfall zu<br />

prüfen, ob die Voraussetzungen eines effektiven Hindernisses<br />

des § 95 a Abs. 2 UrhG erfüllt sind und der Nutzer<br />

gegen § 95 a Abs. 1 UrhG verstçßt, wenn er sich solcher<br />

Stream-Downloader bedient. Die bisherige Rechtsprechung<br />

zu § 95 a UrhG betraf Software zur Umgehung<br />

von Kopierschutz von DVDs 39 und CDs 40 oder Umgehungstechnik<br />

zum kostenlosen Empfang verschlüsselter<br />

Pay-TV-Sender. 41 Es dürfte wohl nur eine Frage der Zeit<br />

sein, bis sich die ersten Gerichtsentscheidungen mit der<br />

urheberrechtlichen Zulässigkeit der Umgehung von Verschlüsselungstechniken<br />

befassen, die die Anbieter von<br />

Streaming-Plattformen einsetzen.<br />

VI. Fazit<br />

Verzichten Plattformbetreiber wie YouTube weiterhin auf<br />

die Vorschaltung eines Registrierungsvorgangs, den Abschluss<br />

eines Lizenzvertrages über die Plattformnutzung<br />

und nicht zuletzt die AGB-rechtlich wirksame Einbeziehung<br />

von Nutzungsbedingen, verhält sich der Nutzer bei<br />

Herstellung digitaler Privatkopien im Verhältnis zum Anbieter<br />

auch nicht vertragswidrig. Auf ein einseitig erklärtes<br />

„Downloadverbot“ des Anbieters lässt sich der Vorwurf,<br />

gegen die „Nutzungsbedingungen“ der Plattform zu verstoßen,<br />

jedenfalls nicht stützen.<br />

Gegenüber den Rechteinhabern kann sich der Nutzer von<br />

Stream-Downloadern auf das in § 53 Abs. 1 S. 1 UrhG<br />

verankerte Privatkopienprivileg berufen, solange der Gesetzgeber<br />

die Privatkopienfreiheit für digitale Vervielfältigungen<br />

nicht beschränkt. Urheberrechtlich kritisch wird<br />

der Einsatz von Stream-Downloadern erst, sollten wirksame<br />

technische Schutzmaßnahmen der Plattform, wie<br />

Verschlüsselungstechniken umgangen werden, die den<br />

Download von gestreamten Inhalten unterbinden sollen.<br />

39 BGH, 14. 10. 2010 – I ZR 191/08 – AnyDVD, K&R 20<strong>11</strong>, 325 ff.; LG<br />

München I, 13. 6. 2007 – 21 S 2042/06, ZUM-RD 2008, 262 ff.<br />

40 BGH, 17. 7. 2008 – I ZR 219/05 – Clone-CD, K&R 2008, 686 ff.<br />

41 OLG Hamburg, 24. 6. 2009 – 5 U 165/08, MMR 2009, 851 ff.; LG<br />

München I, 22. <strong>11</strong>. 2010 – 21 O 19689/10; LG München I, 28. 5. 2009 –<br />

7 O 17548/08, ZUM-RD 2010, 238 ff.<br />

Prof. Dr. Indra Spiecker gen. Dçhmann, LL.M. (Georgetown Univ.), Karlsruhe *<br />

Die Durchsetzung datenschutzrechtlicher<br />

Mindestanforderungen bei Facebook und anderen<br />

sozialen Netzwerken<br />

Überlegungen zu Vollzugsdefiziten im Datenschutzrecht<br />

Soziale Netzwerke wirken als Katalysatoren für die<br />

Schwierigkeiten des Datenschutzrechts mit den modernen<br />

Entwicklungen der Informationstechnologien und darauf<br />

basierender Dienste. Ein zentrales Problem ist dabei vor<br />

allem die Durchsetzbarkeit der rechtlich vorgegebenen<br />

Mindestanforderungen. Diese werden sich auch durch<br />

anstehende Veränderungen im Rahmen einer Reform des<br />

europäischen Datenschutzrechts, speziell der Datenschutz-Grundverordnung,<br />

nur geringfügig ändern. Der<br />

Beitrag spiegelt einige dieser Schwierigkeiten und zeigt<br />

Lçsungsmçglichkeiten auf – verlangt dabei aber auch eine<br />

Loslçsung vom Postulat der Technikneutralität, um den<br />

Unterschieden einer online- und offline-Datenverarbeitung<br />

gerecht werden zu kçnnen.<br />

I. Einführung<br />

Die Bedeutung sozialer Netzwerke wird allgegenwärtig<br />

thematisiert. Soziale Netzwerke sind gekennzeichnet dadurch,<br />

dass eine interaktive Webanwendung eine Gemeinschaft<br />

von Menschen oder Gruppierungen im Internet<br />

technisch und institutionell verbindet. 1 Sie geben eine<br />

Plattform für Kommunikation. 2 Bekannte soziale Netzwerke<br />

sind etwa StudiVZ, Xing, Facebook, Myspace,<br />

LinkedIn und Twitter; aber auch andere kommunikative<br />

Formen des Internets fallen darunter wie Blogs oder auch<br />

interaktive Open Source Projekte wie Wikipedia. Damit ist<br />

der Kreis deutlich grçßer als in der çffentlichen Diskussion,<br />

die sich vor allem auf Plattformen wie Facebook konzentriert,<br />

wahrgenommen wird.<br />

Waren soziale Netzwerke, allen voran Facebook, bisher<br />

vor allem Privaten vorbehalten, so lässt sich zunehmend<br />

beobachten, dass auch Unternehmen die sozialen Netzwerke<br />

aktiv für sich entdeckt haben. 3 Immer mehr professionelle<br />

Nutzer treten nunmehr in einen direkten Kontakt,<br />

indem sie bekannte soziale Netzwerke nutzen und<br />

* Der Beitrag geht auf einen Vortrag auf dem 12. @kit-Kongress – 2. Forum<br />

„Kommunikation & Recht“ zurück. Mehr über die Autorin erfahren Sie<br />

auf S. VIII.<br />

1 Vgl. Spiecker gen. Dçhmann, AnwBl. 20<strong>11</strong>, 256.<br />

2 Vgl. Redeker, in: Hoeren/Sieber, Multimedia-Recht, 12. Erg. 2012, Teil<br />

12 Rn. 415.<br />

3 Für die von vorne herein auf professionelle Kontakte ausgerichteten Netzwerke<br />

wie LinkedIn oder Xing galt das ohnehin; allerdings waren auch<br />

dort Unternehmenspräsentationen eher unterrepräsentiert.

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