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K&R <strong>11</strong>/2012 Redlich, Download von Video- und Audiostreams 715<br />
IV. Einsatz von serverbasierten Stream-<br />
Download-Angeboten<br />
Neben den zahlreichen Softwareangeboten zur Herstellung<br />
von Stream-Downloads finden sich auch zahlreiche serverbasierte<br />
Downloaddienste im Internet. 18 Der Download<br />
erfolgt in diesem Fall nicht mittels einer auf dem Computer<br />
des Nutzers installierten Downloadsoftware unmittelbar<br />
auf dessen Festplatte. Der Download wird bei serverbasierten<br />
Diensten über eine Website initiiert, auf der der<br />
Nutzer regelmäßig die URL des gesuchten Videos eingibt.<br />
Die gestreamte Videodatei wird sodann zunächst temporär<br />
auf den Servern des Anbieters als Audiodatei zwischengespeichert<br />
und kann mittels eines individuellen Downloadlinks,<br />
der dem Nutzer mitgeteilt wird, auf dessen Festplatte<br />
gespeichert werden. Gemäß § 53 Abs. 1 S. 2 UrhG<br />
muss die Herstellung von Privatkopien jedoch nicht zwingend<br />
durch den Befugten selbst erfolgen. Vielmehr kann<br />
sich der Nutzer zur Herstellung einer Kopie auch des<br />
Dienstes eines Dritten bedienen. Die Mçglichkeit der Herstellung<br />
von digitalen Privatkopien durch Dritte wurde<br />
auch im Rahmen der letzten Urheberrechtsreform aufrecht<br />
erhalten. Vorraussetzung ist, dass die digitale Vervielfältigung<br />
unentgeltlich erfolgt. 19 Hersteller einer Vervielfältigung<br />
ist allein derjenige, der die kçrperliche Festlegung<br />
technisch bewerkstelligt. Dabei ist es ohne Bedeutung, ob<br />
der Nutzer sich technischer Hilfsmittel bedient, selbst<br />
wenn diese von Dritten zur Verfügung gestellt werden. 20<br />
Solange die Nutzer lediglich auf kostenlose, internetbasierte<br />
Konvertierungsdienste von Drittanbietern zurückgreifen<br />
und diese Diensteanbieter lediglich als „Werkzeug“<br />
der Kopierenden tätig werden, findet das Privatkopienprivileg<br />
ohne Einschränkung Anwendung. Der Einsatz<br />
von serverbasierten Downloaddiensten ist daher urheberrechtlich<br />
nicht anders zu beurteilen, als der Einsatz von<br />
softwarebasierten Stream-Downloadern.<br />
V. Ausnahmen, digitale Privatkopien<br />
herzustellen<br />
Der deutsche Gesetzgeber hat im Rahmen der Umsetzung<br />
der Informationsrichtlinie (RL 2001/29/EG des Europäischen<br />
Parlaments und des Rates vom 22. 5. 2001 zur Harmonisierung<br />
bestimmter Aspekte des Urheberrechts und<br />
der verwandten Schutzrechte in der Informationsgesellschaft,<br />
dort Art. 5 Abs. 2 lit. b)) von der Mçglichkeit bewusst<br />
nicht Gebrauch gemacht, digitale Privatkopien vom<br />
Anwendungsbereich des § 53 Abs. 1 UrhG auszunehmen.<br />
Weder die Musikwirtschaft noch die Verbände der Filmwirtschaft<br />
konnten sich im Gesetzgebungsverfahren zum<br />
„Zweiten Korb“ mit ihren Vorschlägen durchsetzen, Privatkopien<br />
für den Musikbereich ausschließlich in analoger<br />
Form zu gestatten bzw. die digitale Privatkopie für ein<br />
Zeitfenster von einem Jahr nach Beginn der Kinoauswertung<br />
auszuschließen. 21 (Nur) in zwei Fällen soll nach<br />
Absicht des Gesetzgebers die Privatkopienfreiheit – auch<br />
außerhalb des Zugriffs auf offensichtlich rechtswidrige<br />
Vorlagen – hinter den kommerziellen Interessen der Rechteinhaber<br />
zurücktreten:<br />
(1) Die betroffenen Werke werden den Nutzern aufgrund<br />
einer vertraglichen Vereinbarung zugänglich gemacht. In<br />
diesem Fall handelt es sich bei den Vervielfältigungen, die<br />
unter diesen vertraglichen Bedingungen stattfinden, nicht<br />
um private Vervielfältigungen i. S. d. § 53 Abs. 1, sondern<br />
um Nutzungshandlungen, die vom Rechteinhaber lizenziert<br />
worden sind. 22<br />
(2) Die Rechteinhaber oder Plattformbetreiber setzen<br />
wirksame technische Schutzmaßnahmen i. S. d. § 95 b<br />
Abs. 2 a) UrhG ein, um den Download von gestreamten<br />
Inhalten zu unterbinden. Der Gesetzgeber hat bewusst<br />
davon abgesehen, die digitale Privatkopie der analogen<br />
gleichzustellen und beim Einsatz technischer Schutzmaßnahmen<br />
durchzusetzen, vgl. § 95 b Abs. 1 Nr. 6 UrhG. 23<br />
1. Lizenzvertraglicher Ausschluss der Speicherung<br />
In den „Nutzungsbedingungen“ von Streaming-Angeboten<br />
wird zwar zum Teil ein Download der Video- und Musikinhalte,<br />
die über die Plattform verbreitet werden, untersagt.<br />
24 Dennoch dürfte das Privatkopienprivileg aus § 53<br />
Abs. 1 UrhG, digitale Kopien der gestreamten Inhalte ohne<br />
Einwilligung der Rechteinhaber herstellen zu dürften, regelmäßig<br />
uneingeschränkt Anwendung finden, insbesondere<br />
wenn der Plattformbetreiber nicht auch der Rechteinhaber<br />
an den verbreiteten Inhalten ist.<br />
Ein einseitig erklärtes „Downloadverbot“ in Gestalt eines<br />
Disclaimers genügt im Umkehrschluss der Gesetzesbegründung<br />
zum „Zweiten Korb“ nicht, das Privatkopienprivileg<br />
rechtswirksam auszuhebeln. Zwar mag der ausdrückliche<br />
Wille des Plattformbetreibers bzw. des Rechteinhabers,<br />
der über eine solche Plattform seine Inhalte verbreitet,<br />
für den Nutzer durchaus erkennbar sein, dass ein<br />
Download der gestreamten Inhalte von der Plattform „unerwünscht“<br />
ist. Videoplattformen wie YouTube oder My-<br />
Video verzichten jedoch auf eine Registrierung ihrer Nutzer.<br />
Die Betreiber von werbefinanzierten Angeboten haben<br />
ein gesteigertes Interesse, einem mçglichst breiten Publikum<br />
ihr Angebot zur Verfügung zu stellen und grçßtmçgliche<br />
Zugriffszahlen zu erreichen. Eine obligatorische Registrierung<br />
dürfte die Zugriffszahlen maßgeblich verringern<br />
und eine Verbreitung über Social-Networks wie Facebook<br />
über Posting- oder Share-Funktion maßgeblich beeinträchtigen.<br />
Eine Nutzung des Videoangebots (und nicht zuletzt der<br />
Download mittels Stream-Downloadern) wird den Nutzern<br />
daher anonym und bewusst ohne eine ausdrückliche Bestätigung<br />
der Nutzungsbedingungen, sowie der ggf. enthaltenen<br />
Downloadverbote, ermçglicht. Auf die bloße<br />
Nutzung einer Videoplattform bzw. den Aufruf von<br />
Videos lässt sich ein Lizenzvertrag nicht stützen, der eine<br />
Downloadbeschränkung zu Lasten des Privatnutzers regelt.<br />
Vorrausetzung wären zwei übereinstimmende, jeweils<br />
von einem Rechtsfolgewillen getragene Willenserklärung<br />
des Nutzers und des Plattformbetreibers. 25 Die<br />
bloße Abrufbarkeit von Nutzungsbedingungen, in denen<br />
ein Downloadverbot niedergelegt ist, stellt bereits keinen<br />
rechtsverbindlichen Vertragsantrag i. S. d. § 145 BGB des<br />
Plattformbetreibers gegenüber jedermann dar, der das Por-<br />
18 Z. B. YouTube mp3, http://www.youtube-mp3.org/de.<br />
19 BT-Drs. 16/1828, 19.<br />
20 BGH, 22. 4. 2009 – I ZR 175/07, K&R 2009, 573 ff. – Online Videorekorder,<br />
Rn. 16; BGH, 25. 2. 1999 – I ZR <strong>11</strong>8/96, K&R 1999, 413 ff. –<br />
Kopierversanddienst, BGH, 16. 1. 1997 – I ZR 9/95, NJW 1997, 1363 –<br />
CB-Infobank I, Rn. 52 f.; BGH, 16. 1. 1997 – I ZR 38/96, NJW 1997,<br />
1368 – CB-Infobank I, Rn. 25; Lüft, in: Wandtke/Bullinger (Fn. 13), § 53<br />
Rn. 18 f.<br />
21 Gesetzesbegründung zum Entwurf eines zweiten Gesetzes zur Regelung<br />
des Urheberrechts in der Informationsgesellschaft vom 15. 6. 2006, BT-<br />
Drs. 16/1828, S. 18 ff.<br />
22 BT-Drs. 16/1828, S. 20.<br />
23 BT-Drs. 16/1828, S. 21, kritisch hierzu Wandtke/Ohst, in: Wandtke/Bullinger<br />
(Fn. 13), § 95 b UrhG, Rn. 26.<br />
24 Vgl. z. B.: Ziffer 6.1. K YouTube-Nutzungsbedingungen.<br />
25 Ellenberger, in: Palandt, Bürgerliches Gesetzbuch, 71. Aufl. 2012, Einf. v.<br />
§ <strong>11</strong>6 Rn. 4; Einf. v. § 145 Rn. 1.