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716 Redlich, Download von Video- und Audiostreams <strong>11</strong>/2012 K&R<br />

tal besucht oder darauf befindliche Videos abruft. 26 Der<br />

Wille, sich rechtlich zu binden, muss objektiv erkennbar<br />

sein. Dies dürfte bei rein unentgeltlichen Online-Angeboten,<br />

die (bewusst) jedermann zugänglich sind, ohne dass<br />

der Betreiber die Nutzer individuell identifiziert und registriert,<br />

nicht der Fall sein. Anbieter von Webseiten mit<br />

Online-Angeboten bekunden ihren Rechtsbindungswillen<br />

üblicherweise dadurch, dass sie den Kunden vor Nutzung<br />

ihres Angebots einen Registrierungsvorgang vorschalten.<br />

Der bloße Aufruf bzw. die Nutzung einer Videoplattform<br />

stellt schließlich auch keine rechtsgeschäftliche Annahme<br />

eines Nutzungs- bzw. Lizenzvertrages i. S. d. § 147 BGB<br />

dar. Ein Rechtsbindungswille des Nutzers lässt sich weder<br />

dem bloßen Besuch der Plattform noch dem Abruf der<br />

darauf befindlichen Videos entnehmen. Zwar dürfte den<br />

durchschnittlichen Internetnutzern regelmäßig bekannt<br />

sein, dass kommerzielle Diensteanbieter regelmäßig Nutzungsbedingungen<br />

definieren, die die Rechte und Pflichten<br />

der Nutzer regeln. Aus Sicht des Nutzers stellt die bloße<br />

Inanspruchnahme eines Internetangebots dennoch keine<br />

rechtsgeschäftlich relevante Handlung dar. Insoweit unterscheidet<br />

sich die Nutzung der Plattform www.youtube.<br />

com auch nicht von dem Anhçren bzw. Ansehen frei<br />

empfangbarer Rundfunk- und Fernsehprogramme, das erkennbar<br />

auch nicht auf Begründen eines Vertragsverhältnisses<br />

zwischen Hçrern bzw. Zuschauern und dem Sender<br />

gerichtet ist. 27<br />

Der Nutzer eines frei zugänglichen Internetportals wie<br />

YouTube oder MyVideo tritt mit dem Anbieter durch<br />

den bloßen Aufruf der Seite und das Betrachten dort angebotener<br />

Videos daher in keine Vertragsbeziehung, auf<br />

die sich ein rechtsgeschäftliches Downloadverbot stützen<br />

lässt. 28 Solange der Zugang und die Nutzung eines Videooder<br />

Musikangebots im Internet nicht auf Grundlage eines<br />

Lizenzvertrages erfolgt, müssen Anbieter und nicht zuletzt<br />

die Rechteinhaber, ungeliebte Downloads hinnehmen, es<br />

sei denn, der Anbieter bedient sich wirksamer technischer<br />

Schutzmaßnahmen i. S. d. § 95 a Abs. 2 UrhG, um den<br />

Download zu verhindern.<br />

2. Umgehung von technischen Schutzmaßnahmen<br />

(§ 95 a UrhG)<br />

§ 95 a Abs. 1 UrhG untersagt die Umgehung „wirksamer<br />

technischer Schutzmaßnahmen“, die den Zugang oder die<br />

Nutzung (z. B. Download) von geschützten Inhalten verhindern<br />

sollen. Aktivlegitimiert sind die verletzten Rechteinhaber,<br />

die sich der technischen Schutzmaßnahme bedienen.<br />

29 In der Regel dürften technische Schutzmaßnahmen<br />

jedoch von den Plattformbetreibern selbst eingerichtet<br />

werden. Ob auch die Betreiber der Schutzmaßnahme neben<br />

den Rechteinhabern aktivlegitimiert sind, die eine<br />

Schutzmaßnahme veranlassen, ist bislang nicht geklärt. 30<br />

Im Falle einer Umgehung einer Schutzmaßnahme drohen<br />

Unterlassungs-, Beseitigungs- und ggf. Schadensersatzansprüche<br />

gegen Verwender. 31<br />

Das Urheberrecht schützt jedoch allein solche technischen<br />

Maßnahmen, die im normalen Betrieb auch dazu bestimmt<br />

sind, Vervielfältigungen von geschützten Werken, die vom<br />

Rechtsinhaber nicht genehmigt sind, zu verhindern oder<br />

einzuschränken. Technische Maßnahmen sind nur dann<br />

„wirksam“, wenn eine Speicherung durch einen Schutzmechanismus<br />

wie Verschlüsselung o. ¾. unter Kontrolle<br />

gehalten wird, § 95 a Abs. 2 UrhG. Ein einhundertprozentiger<br />

Schutz ist zur Erfüllung dieser Voraussetzungen nicht<br />

erforderlich. Eine Umgehung würde andernfalls die Wirk-<br />

samkeit widerlegen und § 95 a UrhG praktisch leerlaufen.<br />

32 Bei der Frage nach der Wirksamkeit einer technischen<br />

Schutzmaßnahme kommt es ferner auf die Fähigkeiten<br />

des durchschnittlichen Benutzers an und somit darauf,<br />

ob die Schutzmaßnahme für den durchschnittlichen<br />

Benutzer ein beträchtliches Hindernis darstellt. 33 Die<br />

Schutzmaßnahme darf also nicht derart leicht überwunden<br />

werden kçnnen, dass sie keinen effektiven Downloadschutz<br />

bietet. 34<br />

Die dauerhafte Aufzeichnung eines Streams widerspricht<br />

zunächst seiner technischen Eigenart. Diese liegt darin,<br />

dass die gestreamten Daten zum Zwecke der Wiedergabe<br />

so verpackt werden, dass nur eine temporäre (und keine<br />

dauerhafte) Datenspeicherung erfolgt. 35 Auch die Übertragung<br />

von terrestrischen Signalen, z. B. Fernseh- oder<br />

Hçrfunk, erfolgt bestimmungsgemäß allein zum Empfang<br />

und zur Wiedergabe der „ausgestrahlten“ TV- und Radiosendungen<br />

und nicht zur dauerhaften Speicherung. Eine<br />

dauerhafte Aufzeichnung von TV-/Radiosendungen mittels<br />

Kassetten-, Video- oder DVD-Rekordern stellt – auch<br />

nach Umstellung auf DVB-T (Digital Video Broadcasting<br />

– Terrestria) – keine Umgehung einer wirksamen<br />

Schutzmaßnahme dar, solange keine Verschlüsselungsoder<br />

Zugangskontrollsysteme umgangen werden. 36 Nichts<br />

anderes sollte daher für die Speicherung von gestreamten<br />

Inhalten gelten, solange keine zusätzlichen Verschlüsselungstechniken<br />

der Plattformbetreiber eingesetzt und von<br />

dem eingesetzten Stream-Downloader umgangen werden.<br />

Die beim Streaming übersandten Datenpakete kçnnen jedoch<br />

schließlich ohne besondere Programmierkenntnisse<br />

leicht von jedem Nutzer aus dem Cache oder dem temporären<br />

Ordner auf einen beliebigen Ort auf der Festplatte<br />

kopiert werden und dann durch die ¾nderung der Dateiendung<br />

mit jedem Media Player abgespielt werden. 37 Dass<br />

Inhalte technisch ausschließlich als Stream abrufbar gehalten<br />

werden, ohne dass gleichzeitig über eine Downloadfunktion<br />

auf der Plattform auch die dauerhafte Speicherung<br />

ermçglich wird, stellt daher für sich genommen<br />

noch keinen wirksamen Schutzmechanismus i. S. d. § 95 a<br />

Abs. 2 UrhG dar. 38<br />

Der Einsatz von entsprechenden Stream-Downloadern<br />

stellt daher auch solange keine rechtsverletzende Umgehungshandlung<br />

i. S. d. § 95 a Abs. 1 UrhG dar, wie keine<br />

zusätzlichen Schutzmechanismen umgangen werden, die<br />

der Plattformbetreiber zur effektiven Verhinderung eines<br />

Downloads einsetzt. Die Vielzahl der derzeit verfügbaren<br />

Angebote und das Ausbleiben einer Abmahnwelle gegen<br />

Nutzer und Anbieter von Stream-Downloadern spricht<br />

dafür, dass Plattformbetreiber derzeit regelmäßig keine<br />

26 Spindler, in: Spindler, Vertragsrecht der Internet-Provider, 2. Aufl. 2004,<br />

Teil IV Rn. 31 f.<br />

27 Cichon, Internetverträge, 2. Aufl. 2005, § 6 Rn. 693.<br />

28 Cichon in: Spindler (Fn. 26), Teil XII Rn. 38 f.; sowohl auch BGH, 22. 6.<br />

20<strong>11</strong> – I ZR 159/10, K&R 20<strong>11</strong>, 641 ff. – Automobilbçrse, Rn. 64.<br />

29 OLG München, 28. 7. 2005 – 29 U 2887/05; K&R 2005, 768 – Heise<br />

online, zitiert nach juris, Rn. 40.<br />

30 Wandtke/Ohst, in: Wandtke/Bullinger (Fn. 13), § 95 a UrhG, Rn. 92.<br />

31 Wandtke/Ohst, in: Wandtke/Bullinger (Fn. 13), § 95 a UrhG, Rn. 88, 92.<br />

32 Wandtke/Ohst, in: Wandtke/Bullinger (Fn. 13), § 95 a UrhG, Rn. 50.<br />

33 Wandtke/Ohst, in: Wandtke/Bullinger (Fn. 13), § 95 a UrhG, Rn. 50; Gçtting,<br />

in: Schricker/Loewenheim, Urheberrecht, 4. Aufl. 2010, § 95 a<br />

Rn. 22.<br />

34 Wandtke/Ohst, in: Wandtke/Bullinger (Fn. 13), § 95 a Rn. 47.<br />

35 Vianello, CR 728, 732.<br />

36 Vgl. BGH, 22. 4. 2009 – I ZR 175/07, K&R 2009, 573 ff. – Online-Videorekorder;<br />

LG München, 22. <strong>11</strong>. 2010 – 21 O 19689/10 – Digitalreceiver<br />

mit Onlineverschlüsselungsmçglichkeit.<br />

37 Härting/Thiess, WRP 2012, 1068, 1069; Radmann, ZUM 2010, 387, 388.<br />

38 Zustimmend Vianello, CR 2010, 728, 734.

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