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Osnabrück 1945 ? 1955 - H. TH. WENNER · Antiquariat

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stands mit seinen Erleichterungen für den<br />

Alltag der Bevölkerung Ergebnisse sehr<br />

harter Arbeit - auch der Menschen in <strong>Osnabrück</strong>.<br />

<strong>1955</strong> zählte die wöchentliche Arbeitszeit<br />

in der Regel noch immer 48 Stunden<br />

(im letzten Kriegsjahr 60 Stunden!), wobei<br />

der Samstag als halber Arbeitstag galt. Der<br />

Slogan »Samstags gehört Vati mir!« blieb<br />

wie die Gewerkschaftsforderung »40 Stunden<br />

sind genug!« in den Jahren danach<br />

noch lange in Erinnerung. Die Urlaubszeit<br />

betrug zu dieser Zeit zwölf Arbeitstage bei<br />

Mitzählung des Samstags.<br />

Urlaubsreisen, zumal in das vielbesungene<br />

»bella Italia« mit der bei Capri im<br />

Meer versinkenden roten Sonne, konnten<br />

sich die Angehörigen der Erwachsenengeneration<br />

- sie hatten Krieg und Nachkriegszeit<br />

besonders durchlitten - nur in<br />

Ausnahmefällen leisten. Die jetzt reichlich<br />

angebotenen Traumziele blieben besonders<br />

der folgenden, wirtschaftlich besser<br />

gestellten und auch schon mobileren Generation<br />

vorbehalten.<br />

Die Situation der um 1950 in den Beruf<br />

eintretenden Jugendlichen eignet sich<br />

ebenfalls kaum für eine Glorifizierung der<br />

frühen fünfziger Jahre: Viele Schulabgänger<br />

hatten in der Regel durch Kriegsereignisse<br />

und den zögerlichen Wiederaufbau<br />

des Schulwesens nach <strong>1945</strong> mindestens ein<br />

Jahr an Unterrichtszeit verloren - die Kinder<br />

der Vertriebenen oft noch viel mehr!<br />

Lehrstellen standen kaum zur Verfügung.<br />

Mancher Schulabgänger war froh, wenn er<br />

überhaupt einen Ausbildungsplatz fand,<br />

auch wenn der Beruf nicht seinen<br />

Wünschen und Neigungen entsprach.<br />

Der Wechsel von einer Volksschule<br />

zum Gymnasium stand damals durchaus<br />

nicht allen Kindern mit entsprechenden<br />

Lernvoraussetzungen offen: Schulgeld<br />

mußte gezahlt werden, die Verkehrsanbin-<br />

8<br />

Vorwort<br />

dungen waren oft kompliziert, aufwendig<br />

und teuer. Begriffe wie »Bafög« und »kostenlose<br />

Schülerbeförderung« waren in den<br />

fünfziger Jahren nicht einmal als Fremdwörter<br />

bekannt. Ähnlich lagen die Probleme<br />

und Schwierigkeiten bei Aufnahme<br />

und Durchführung eines Studiums.<br />

Erwähnenswert sind aber gleichzeitig<br />

auch die jungendlichen Aktivitäten jener<br />

Jahre: Nach dem Gleichschritt in HJ und<br />

BdM, Verpflichtungen auf Führer und Vaterland<br />

mit Fahnegrüßen und Horst-Wessel-Lied<br />

folgte nun eine Rückbesinnung<br />

auf Traditionen der Jugendbewegung. Besonders<br />

vor dem Hintergrund kirchlicher<br />

Gemeinschaften, aber auch z. B. politischer<br />

Parteien, entstand eine Vielzahl von<br />

Gruppen mit unterschiedlichen, oft aber<br />

kulturellen Zielsetzungen. Zu den ehrenamtlichen<br />

Leitern zählten viele junge Leute,<br />

die das Kriegsende als Flakhelfer oder<br />

auch schon als Soldaten der Wehrmacht erlebt<br />

hatten. Jugendliche drängten in bestehende<br />

Vereine oder waren maßgeblich an<br />

Neugründungen beteiligt. Vereinsjubiläen<br />

wurden in den fünfziger Jahren als große<br />

Volksfeste und bedeutsame gesellschaftliche<br />

Ereignisse mit enormem Zulauf gefeiert.<br />

Die frühen fünfziger Jahre waren keine<br />

durch Perlonkleid, Rock ’n’ Roll, Italiensehnsucht<br />

und Nierentisch verklärten<br />

»wilden« Jahre. Rock hörten die meisten<br />

Jugendlichen wohl nicht auf Partys, sondern<br />

eher im Radio oder Kino. Mancher<br />

der damaligen Schlager war nicht nur<br />

kurzlebige Unterhaltung, sondern zugleich<br />

Ausdruck der Lebensumstände, der<br />

Wünsche und Sehnsüchte breiter Bevölkerungsschichten.<br />

Der in Veröffentlichungen über die<br />

fünfziger Jahre oft zitierte und abgebildete<br />

Nierentisch mit Cocktailsessel und Tütenlampe<br />

fand sich weniger in den immer

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