Aktuell Aktue - ZfP Südwürttemberg
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aktuell<br />
Psychiatrie und Psychosomatik von Stuttgart bis zum Bodensee<br />
AUSGABE 04<br />
Juli 2011<br />
SCHWERPUNKT Passende Wohnmodelle für individuelle Bedürfnisse<br />
Seite 8 | EINBLICK Beschäftigte der Weissenauer Werkstätten als<br />
Fachreferenten Seite 14 | BERUF Heilerziehungspfleger Seite 16 |<br />
FACHBEITRAG Zunahme depressiver Störungen Seite 20
EDITORIAL<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
Hotel Mama, Wohnklo mit Kochnische, Studenten-WG, Mietwohnung oder Eigenheim im Grünen: Der Möglichkeiten,<br />
das Lebensumfeld zu gestalten, gibt es gar viele. Abhängig vom nötigen Kleingeld, der Bequemlichkeit und den<br />
Ansprüchen. Wir entscheiden selbstständig. Personen, die auf Grund physischer oder psychischer Einschränkungen<br />
auf Unterstützung angewiesen sind, hatten früher keine Wahl. Mit seinem Geschäftssegment Wohn- und Pflegeheime<br />
bietet das <strong>ZfP</strong> <strong>Südwürttemberg</strong> alle denkbaren Wohnformen an. Von der vollstationären Heimversorgung im<br />
Fachpflegeheim über dezentrale Angebote zur Wiedereingliederung in kleineren Außenwohngruppen, unterschiedlichen<br />
Wohngemeinschaften bis hin zur begleitenden Unterstützung im Ambulant Betreuten Wohnen. Individuell,<br />
ausgerichtet am Willen der Klienten und immer mit dem Ziel weitestgehender Selbstbestimmung. Lesen Sie dazu<br />
unseren Schwerpunkt von Seite 8 an.<br />
02 www.zfp-web.de 04|11<br />
Heike Engelhardt,<br />
Pressereferentin
8<br />
Gruppenwohnungen sind nur eines von vielen Wohnmodellen,<br />
in denen Betroffene in ein selbstständiges Leben<br />
zurückfinden.<br />
14<br />
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08<br />
EINBLICK<br />
Metaphysik trifft auf Wallenstein –<br />
Werkstättenbeschäftigte trumpfen auf<br />
NACHRICHTEN<br />
SCHWERPUNKT<br />
Selbstständig und gut versorgt:<br />
Passende Wohnmodelle für individuelle<br />
Bedürfnisse<br />
BERUF<br />
Heilerziehungspfleger rüsten in Pflegekompetenz nach<br />
MENSCHEN & MELDUNGEN<br />
FACHBEITRAG<br />
Zunahme depressiver Störungen – Herausforderung<br />
für die Zukunft?!<br />
NACHGEFRAGT<br />
Wie wollen Sie wohnen, Herr Gläser?<br />
IMPRESSUM / FUNDSACHE<br />
13<br />
PSYCHIATRIE IM ALLTAG<br />
HINTERGRUND<br />
Psychoseerfahrungen von Betroffenen<br />
erleben und nachfühlen<br />
INHALT<br />
04|11 www.zfp-web.de 03
PSYCHIATRIE IM ALLTAG<br />
04 www.zfp-web.de 04|11<br />
» «<br />
MENSCHEN<br />
Zielsicher: Wohnheim Phoenix, Zwiefalten
» «<br />
LEBEN<br />
600.000 Glücksspielsüchtige<br />
Mehr als eine halbe Million Menschen sind spielsüchtig,<br />
die Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Mechthild<br />
Dyckmanns (FDP), spricht von 600.000 Betroffenen. Die<br />
meisten seien abhängig von Geldspielautomaten. Laut<br />
einer Studie der Universitäten Lübeck und Greifswald<br />
sind vor allem junge Männer, Menschen mit Migrationshintergrund<br />
und Arbeitslose betroffen.<br />
Auch die Internetsucht nimmt einen immer höheren<br />
Stellenwert ein. Als süchtig gelte laut Dyckmanns, wer<br />
wegen exzessiver Internetnutzung sein soziales und be-<br />
» «<br />
LESEN<br />
Liebes Leben, komm zurück zu mir...<br />
Sie war Regierungssprecherin und<br />
Staatssekretärin, ist Professorin und<br />
Direktorin für Medien- und Kommunikationsmanagement<br />
und hält zudem<br />
etliche Vorträge und Workshops<br />
im In- und Ausland. Das geht solange,<br />
bis Miriam Meckel zusammenbricht.<br />
Sie hat Bauchschmerzen,<br />
Schweißausbrüche, hört Geräusche,<br />
die es nicht gibt, und kann weder<br />
aufstehen noch etwas entscheiden.<br />
Die Diagnose: Burnout.<br />
In einer Klinik im Allgäu findet sie<br />
Hilfe. Miriam Meckel beschreibt tagebuchartig,<br />
was sie in den Therapiestunden<br />
fühlt, wie sie sich bei<br />
einem Schlafentzug wach hält und<br />
was während eines medizinischen<br />
Stubenarrests in ihr vorgeht. Sie reflektiert<br />
ihr bisheriges Leben, denkt<br />
über ihre Mitmenschen und ihre<br />
Trauer nach – und schreibt einen<br />
Brief an ihr Leben.<br />
Miriam Meckel war jüngste Professo-<br />
Das Buch „Brief an mein Leben. Erfahrungen<br />
mit einem Burnout“ von Miriam Meckel ist<br />
2010 im Rowohlt-Verlag in Reinbek bei Hamburg<br />
erschienen. Es umfasst 224 Seiten und<br />
kostet 18,95 Euro (Taschenbuch 8,99 Euro).<br />
ISBN: 978-3498045166<br />
PSYCHIATRIE IM ALLTAG<br />
rufliches Leben vernachlässigt. Aus Studien gehe hervor,<br />
dass zwischen 1,6 und 8,2 Prozent der Internetnutzer<br />
süchtig seien.<br />
In der Studie der Universitäten Lübeck und Greifswald<br />
heißt es, dass die wenigsten Spielsüchtigen professionelle<br />
Hilfe suchen. Betroffene würden die Sucht nicht<br />
erkennen oder das Thema nicht ernst nehmen. Auch<br />
Dyckmanns sieht, vor allem für die Internetsucht, noch<br />
großen Forschungsbedarf.<br />
rin Deutschlands. Bekannt wurde sie<br />
vor allem durch ihre Beziehung zu<br />
Fernsehmoderatorin Anne Will.<br />
In ihrem Buch geht es um ihren per-<br />
sönlichen Zusammenbruch. Sie be-<br />
schreibt ihre Gefühle genau und<br />
detailliert und auch mit sehr intimen<br />
Gedanken. Dass das Buch auf<br />
der Spiegelbestsellerliste stand,<br />
liegt vermutlich an der Prominenz<br />
der Autorin und an dem modernen<br />
Thema. Es handelt sich nicht um<br />
einen Unterhaltungsroman, sondern<br />
um eine reflektierte, ausführliche,<br />
manchmal fast wissenschaftlichsachliche<br />
Beschreibung, die aber<br />
immer wieder von bildhaften Erklä-<br />
rungen geschmückt wird. Lesen bedeutet<br />
hier: sich auf etwas einlassen<br />
und nachdenken.<br />
Linda Klein<br />
04|11 www.zfp-web.de 05
NACHRICHTEN<br />
Symposium zu<br />
Schizophrenie<br />
Typisch für schizophrene<br />
Störungen ist, dass sie Betroffene<br />
meist ein Leben<br />
lang begleiten. Bei einem<br />
Symposium am Mittwoch,<br />
6. Juli, beleuchten Weis-<br />
senauer Forscher Schizophrenie<br />
in den unterschiedlichenLebensphasen.<br />
Dazu wurde bewusst<br />
auf eine Trennung zwi-<br />
schen verschiedenen<br />
Fachabteilungen verzichtet.<br />
Die Erkrankung trifft den<br />
Menschen meist in der Adoleszenz<br />
oder dem frühen Erwachsenenalter.<br />
Neben der Prävention wird anfangs<br />
auch oft die Frage nach dem Wie<br />
und Warum gestellt. Im weiteren<br />
Verlauf stehen das Erlangen von<br />
Autonomie im Vordergrund und der<br />
Wunsch, ein normales Leben zu<br />
führen. Dazu gehörten nicht nur<br />
Arbeit und Selbstfürsorge, sondern<br />
auch die Gründung einer Familie.<br />
Bei einem der Vorträge geht es um<br />
den Kinderwunsch bei psychisch<br />
kranken Frauen. Schließlich kommt<br />
das Alter, körperliche Probleme<br />
nehmen zu, es eröffnen sich aber<br />
auch neue Chancen, wie der Abschlussvortrag<br />
des Symposiums<br />
zeigt.<br />
i Das Symposium Schizophrenie<br />
beginnt am Mittwoch, 6. Juli um<br />
14 Uhr im Hörsaal des Kloster Weissenau,<br />
Weingartshofer Straße 2 in<br />
Ravensburg-Weissenau.<br />
06 www.zfp-web.de 04|11<br />
Elke Trüg und Hansjörg Ebe leiten seit Jahresbeginn<br />
die Geschicke des Marienheimes in<br />
Bad Buchau.<br />
<strong>ZfP</strong>-Tochter übernimmt<br />
Bad Buchauer Marienheim<br />
Zu Jahresbeginn hat die Altenheimat<br />
Eichenau GmbH, eine Tochtergesellschaft<br />
des <strong>ZfP</strong> <strong>Südwürttemberg</strong>,<br />
den Betrieb des städtischen<br />
Alten- und Pflegeheimes Marienheim<br />
in Bad Buchau übernommen. Eine<br />
gute Lösung für die Stadt und ihre<br />
älteren Bürger, bilanziert Bürgermeister<br />
Peter Diesch. 49 Plätze um-<br />
fasst das Heim, zehn davon in Doppelzimmern.<br />
Aufgenommen werden<br />
Bewohner aller Pflegestufen.<br />
Das Gebäude gehört der Stadt. Die<br />
Geschäftsführung der Betreibergesellschaft<br />
obliegt Elke Trüg und<br />
Hansjörg Ebe. Facharzt Christoph<br />
Vieten, Heimleiter des <strong>ZfP</strong> <strong>Südwürttemberg</strong><br />
und für das Geschäftsfeld<br />
der Altenhilfe zuständig, erklärt,<br />
das Marienheim bereichere das An-<br />
gebot des <strong>ZfP</strong>. Elke Trüg und Hansjörg<br />
Ebe betonen: „In puncto Qualitätssicherung<br />
und Pflegemanagement<br />
profitieret das Marienheim von<br />
der Erfahrung des <strong>ZfP</strong> <strong>Südwürttemberg</strong>.“<br />
Vieten ergänzt: „Unsere<br />
Pflegestandards gelten auch in Bad<br />
Buchau.“ Dafür garantiert nicht<br />
zuletzt Anita Ruppel. Die stellvertretende<br />
Leitende Pflegefachkraft<br />
und Qualitätsbeauftragte aus Bad<br />
Schussenried steht der Pflegedienstleitung<br />
im Marienheim begleitend<br />
zur Seite.<br />
Im Marienheim werden Bewohner aller Pflegestufen<br />
aufgenommen.<br />
Vom Eigentümer bis zum Bürgermeister:<br />
Alle Beteiligten machen den Spatenstich und<br />
freuen sich auf den Baubeginn.<br />
45 Betreuungsplätze für<br />
psychisch Kranke<br />
Das in Riedlingen bekannte Kapuzinerareal<br />
bekommt ein neues Gesicht:<br />
Hier entsteht ein Fachpflegeheim<br />
für psychisch Kranke. „Das<br />
wird meine erfreulichste Baustelle“,<br />
freut sich Hans Gönner von der<br />
Kapuzinerareal GmbH & Co.KG<br />
beim Spatenstich am Dienstag. Die<br />
Eigentümergemeinschaft ermöglicht<br />
den Bau des neuen Fachpflegeheims<br />
und vermietet die Räume langfristig<br />
an das <strong>ZfP</strong>. Durch eine hochwertige<br />
Fertigbauweise wird das Gebäude<br />
voraussichtlich bis Mitte nächsten<br />
Jahres bezugsfertig sein.<br />
45 psychisch Kranke finden im neuen<br />
Fachpflegeheim auf rund 2500<br />
Quadratmeter Nutzfläche künftig<br />
Hilfe. Die Plätze werden aus dem<br />
Wohn- und Pflegeheim Abt-Siard-<br />
Haus in Bad Schussenried nach Ried-<br />
lingen verlegt. Mit dem neuen Heim<br />
in Riedlingen sichert das <strong>ZfP</strong> damit<br />
einmal mehr die gemeindenahe Ver-<br />
sorgung. „Gemeindenähe ist uns<br />
sehr wichtig. Unsere Patienten sollen<br />
die Möglichkeit haben, in ihrer<br />
gewohnten Umgebung zu bleiben.<br />
Angehörigen können wir die Anfahrt<br />
und damit den Besuch der Betroffenen<br />
erleichtern“, erklärt Christoph<br />
Vieten, Leiter des Fachbereichs<br />
Wohn- und Pflegeheime im <strong>ZfP</strong> <strong>Südwürttemberg</strong>.<br />
Der Standort in Riedlingen<br />
sei hierfür bestens geeignet,<br />
da das Gelände zentral gelegen ist.
Heimleiterin Susanne Höhn freut sich, 30 Bewohnern ein neues Zuhause<br />
mitten in der Gemeinde bieten zu können.<br />
Neues Heim ermöglicht<br />
Altwerden in der Gemeinde<br />
Ein Wohlfühlbadezimmer, ein beschützter Garten, Aromapflege und<br />
vieles mehr. Das neue Seniorenwohnheim Aachtalblick in Zwiefalten hat<br />
einiges zu bieten. Ältere Menschen finden hier professionelle Hilfe in<br />
ihrer gewohnten Umgebung.<br />
Anfang Juli wird ein langgehegter<br />
Wunsch in die Tat umgesetzt: das<br />
<strong>ZfP</strong> <strong>Südwürttemberg</strong> eröffnet in<br />
Zwiefalten das Seniorenheim Aach-<br />
talblick. In dem zweiflügeligen Neubau<br />
finden ab sofort 30 Bewohner<br />
ein neues Zuhause mit professioneller<br />
Betreuung. „Uns war wichtig,<br />
dass ältere Menschen aus Zwiefalten<br />
und Umgebung mitten in ihrer<br />
Gemeinde einen Platz zum würdevollen<br />
Altern finden“, freut sich<br />
Susanne Höhn, Leiterin der Wohn-<br />
und Pflegeheime Alb-Neckar. „Die<br />
Zimmer mit Münsterblick sind bei<br />
den heimatverbundenen Bewohnern<br />
besonders begehrt.“<br />
Das neue Seniorenheim besteht aus-<br />
schließlich aus Einzelzimmern mit<br />
eigener Nasszelle. Besondere Highlights<br />
sind das schön gestaltete<br />
Wohlfühlbadezimmer mit spezieller<br />
Pflegewanne und der beschützte<br />
Garten. Zum Angebot des Heims gehören<br />
neben Grund- und Behandlungspflege<br />
beispielsweise Biografiearbeit,<br />
psychosoziale Betreuung,<br />
Aromapflege und Bewegungsförde-<br />
rung. Sing- und Backgruppen sind<br />
ebenso Bestandteil des Wochenprogramms<br />
wie regelmäßige Ausflüge<br />
und gemeinsame Einkäufe.<br />
Mit dem neuen Pflegeheim schafft<br />
das <strong>ZfP</strong> einen weiteren Baustein in<br />
der Versorgung alter Menschen. Dies<br />
kommt auch den Bewohnern der<br />
Altenheimat Eichenau in Riedlingen<br />
zu gute. Wenn diese zum 18. Juli<br />
ihre Türen schließt, zieht ein Großteil<br />
direkt in das Seniorenzentrum<br />
Aachtalblick um. Die Mitarbeiter<br />
der Altenheimat Eichenau werden<br />
ebenfalls übernommen. Betrieben<br />
wird das neue Seniorenheim Aachtalblick<br />
von einer Tochtergesellschaft<br />
des <strong>ZfP</strong>, die Altenheimat<br />
Eichenau GmbH.<br />
i Am 10. Juli öffnet das Zwiefaltener<br />
Seniorenheim Aachtalblick in<br />
der Gustav-Werner-Straße 16 ab<br />
11 Uhr seine Türen. Interessierte<br />
sind eingeladen, sich vor Ort ein<br />
Bild über das neue Angebot zu machen.<br />
NACHRICHTEN<br />
Behandlungspfade für<br />
Schizophreniekranke<br />
Leitlinienkonforme sektorübergreifende<br />
Behandlungspfade für Schizophreniepatienten<br />
in der Region Ravensburg<br />
und Biberach sind in einem<br />
Forschungsprojekt entwickelt<br />
worden. Darin kooperieren das <strong>ZfP</strong><br />
<strong>Südwürttemberg</strong>, die Janssen Cilag<br />
GmbH und die DAK. Im weiteren<br />
Verlauf soll die Implementierung<br />
des entwickelten Behandlungs- und<br />
Versorgungspfades wissenschaftlich<br />
evaluiert werden. Der Behandlungs-<br />
und Versorgungspfad ist berufsgruppen-<br />
und sektorenübergreifend aufgebaut<br />
und auf Funktionalität ausgerichtet.<br />
Er orientiert sich damit<br />
primär an den Behandlungsnotwendigkeiten<br />
aus Patientensicht. Für<br />
die Janssen Cilag GmbH steht bei<br />
der Kooperation im Vordergrund,<br />
gemeinsam mit dem <strong>ZfP</strong> <strong>Südwürttemberg</strong><br />
Erfahrungen bei der Implementierung<br />
strukturierter Behandlungs-<br />
und Versorgungsprozesse in<br />
der Indikation „Schizophrenie“ zu<br />
sammeln und deren Effekte auf Behandlungsergebnisse<br />
und –kosten<br />
beurteilen zu können.<br />
Eine grafische Übersicht veranschaulicht die<br />
sektorübergreifenden Behandlungspfade.<br />
04|11 www.zfp-web.de 07
SCHWERPUNKT<br />
Selbstbestimmt und gut versorgt:<br />
Passende Wohnmodelle für individuelle<br />
Bedürfnisse<br />
08 www.zfp-web.de 04|11<br />
Wohn<br />
Im Ambulant Betreuten Wohnen können<br />
Patienten mit regelmäßiger Unterstützung<br />
eigenständig leben.<br />
Der Wunsch nach einem selbstbestimmten Leben genießt bei<br />
psychisch Kranken einen hohen Stellenwert. Wer eine regelmäßige<br />
Unterstützung braucht, kann diese auch in den eigenen<br />
vier Wänden in Anspruch nehmen. Mit seinem Angebot<br />
des Ambulant Betreuten Wohnens kommt das <strong>ZfP</strong> <strong>Südwürttemberg</strong><br />
diesen Personen entgegen.
odelle<br />
„Jetzt fühle ich mich wohl. Früher<br />
hätte ich so nicht leben können. Da<br />
war ich mit meinem Zwang so be-<br />
schäftigt.“ Jennifer B. litt an schlimmen<br />
Zwangsstörungen, als sie vor<br />
elf Jahren nach einem stationären<br />
Klinikaufenthalt ins Wohnheim Neues<br />
Törle in Bad Schussenried kam.<br />
„Zu Hause kam ich nicht mehr zurecht“,<br />
erzählt die heute kontaktfreudige<br />
und aufgeschlossene Frau.<br />
Das war damals ganz anders. Bei ihrer<br />
Mutter konnte Jennifer B. nicht<br />
mehr leben. Neben den Zwängen<br />
stellten sich bei der damals 26-Jährigen<br />
mittelgradige bis schwere Depressionen<br />
ein, die psychotherapeutisch<br />
und medikamentös behandelt<br />
werden mussten.<br />
Das Wohnheim „Neues Törle“ ge-<br />
hört zum Abt-Siard-Haus des <strong>ZfP</strong><br />
<strong>Südwürttemberg</strong> und ist eine Einrichtung<br />
zur Rehabilitation von see-<br />
lisch Behinderten. Es liegt ruhig am<br />
Stadtrand von Bad Schussenried und<br />
ist umgeben von Grünflächen. Die<br />
Bewohner leben ausschließlich in<br />
Einzelzimmern und Einzelappartements.<br />
Auch wenn vorwiegend jüngere<br />
Menschen hier leben, gibt es<br />
auch für Älteren einen Platz. Neben<br />
dem etwas größeren Stammhaus<br />
mit entsprechender Dynamik wird<br />
ein kleineres Gebäude dem Ruhebedürfnis<br />
älterer Bewohner gerecht.<br />
Derzeit gibt es 18 Plätze im stationären<br />
und 55 im Ambulant Betreuten<br />
Wohnen. Die Tendenz verschiebt<br />
sich ständig gemäß dem Grundsatz<br />
„ambulant vor stationär“.<br />
Alleine oder doch<br />
lieber in der Gruppe<br />
Um ein selbstbestimmtes Leben mit<br />
individuell passender Hilfe zu er-<br />
möglichen, werden die Wohnmodelle<br />
an die Bedürfnisse der Klien-<br />
ten angepasst. So entstehen Einzel-,<br />
Paar- und Gruppenwohnungen,<br />
Wohngemeinschaften für junge Er-<br />
wachsene mit besonderem Betreuungsbedarf<br />
oder reine Frauen-<br />
Wohngemeinschaften, nicht nur in<br />
Bad Schussenried, sondern auch an<br />
vielen weiteren Standorten in der<br />
Region. „Ideal ist dabei die möglichst<br />
kontinuierliche Betreuung<br />
SCHWERPUNKT<br />
In der Klinikapotheke des <strong>ZfP</strong> in Bad Schussenried hat die Bewohnerin Jennifer B. eine neue<br />
Arbeit und damit eine neue Herausforderung gefunden.<br />
durch dasselbe Team“, erklärt Klaus<br />
Ramsperger, Leiter des Wohnheimes<br />
Neues Törle, bei dem auch das<br />
Ambulant Betreute Wohnen des Abt-<br />
Siard-Hauses angesiedelt ist.<br />
Umzug in andere<br />
Wohnformen<br />
individ<br />
Nach fünf Jahren im Wohnheim hat-<br />
te sich Jennifer B. soweit stabilisiert,<br />
dass sie in eine Wohngemeinschaft<br />
für Frauen umziehen konnte.<br />
Ganz glücklich war sie dort nicht.<br />
Als sie ihren Freund kennenlernte,<br />
der wegen einer Abhängigkeitserkrankung<br />
in einer anderen Wohngruppe<br />
des Abt-Siard-Hauses be-<br />
treut wurde, wollte sie mit ihm zusammenzuziehen.<br />
Die Verantwort-<br />
04|11 www.zfp-web.de 09
SCHWERPUNKT<br />
duell<br />
lichen kamen überein, die beiden<br />
in eine Paarwohnung in weitere<br />
Selbstständigkeit zu entlassen und<br />
ambulant weiter zu begleiten.<br />
„Unsere Wohnmodelle werden auf<br />
die Wünsche der Klienten ausgerichtet,<br />
die Übergänge zwischen den<br />
verschiedenen Wohnformen sind<br />
fließend“, betont Christoph Vieten,<br />
in der Geschäftsleitung des <strong>ZfP</strong> Süd-<br />
württemberg zuständig für die<br />
Wohn- und Pflegeheime. Törle-Leiter<br />
Klaus Ramsperger ergänzt: „In<br />
der Vorbereitung auf ein selbstständiges<br />
Leben sind wir den Klienten<br />
bei der Wohnungssuche und der<br />
Wohnungseinrichtung behilflich.“<br />
Apotheker Rudolf Winterhalder betreut Jennifer B. an ihrem<br />
neuen Arbeitsplatz und ist stets zufrieden mit seiner<br />
gewissenhaften Mitarbeiterin.<br />
10 www.zfp-web.de 04|11<br />
Unsere Wohnmodelle werden auf die Wünsche der Klienten ausgerichtet,<br />
die Übergänge zwischen den verschiedenen Wohnformen sind<br />
fließend. In der Vorbereitung auf ein selbstständiges Leben sind wir<br />
bei der Wohnungssuche und der Wohnungseinrichtung behilflich.<br />
Neue Herausforderungen<br />
für das Selbstbewusstsein<br />
Durch die Behandlung ist Jennifer<br />
B. zunehmend kommunikativer geworden.<br />
Und belastbarer. Anfangs<br />
konnte sie mit Mühe und Not gerade<br />
mal eine Stunde täglich zur Arbeitstherapie<br />
gehen. Später wechselte<br />
sie in die Werkstatt für behinderte<br />
Menschen (WfbM), zunächst in die<br />
Industriemontage, später in die<br />
Druckerei. Monotoner Arbeitsabläufe<br />
überdrüssig, absolvierte sie ein<br />
Praktikum als hauswirtschaftliche<br />
Hilfskraft in der akademie südwest,<br />
wo sie unter anderem die Verpflegung<br />
der Seminarbesucher bereitstellte,<br />
dann wechselte sie in die<br />
Bad Schussenrieder Klinikapotheke<br />
des <strong>ZfP</strong>.<br />
Jennifer B. brauchte diese Herausforderung.<br />
Seit mittlerweile anderthalb<br />
Jahren arbeitet sie täglich<br />
sechs Stunden in der Apotheke. Als<br />
besonders zuverlässige und gründliche<br />
Kollegin wird sie dort geschätzt.<br />
„Sie ist für uns unverzichtbar ge-<br />
worden“, lobt Apotheker Rudolf<br />
Winterhalder seine Mitarbeiterin.<br />
Sie arbeitet in der Warenannahme,<br />
kontrolliert gewissenhaft die Lie-<br />
ferscheine und den Inhalt der Pake-<br />
te. Außerdem fühlt sie sich als<br />
„Mädchen für alles“ zuständig für<br />
die Atmosphäre, bereitet gerne den<br />
individ<br />
Kaffee zu, pflegt die Pflanzen und<br />
spült nach dem Wochenende die<br />
Wasserhähne.<br />
Besonders gerne stellt sie die Medi-<br />
kamente für die Ausgabe an die<br />
zahlreichen Stationen an verschiedenen<br />
Standorten zusammen. An<br />
Hand der Anforderungsliste durchstreift<br />
sie mit einem kleinen Wägel-<br />
chen die Regale und legt die Waren<br />
bereit. Ob sie gerne einkaufen geht?<br />
Strahlend bejaht Jennifer B. die<br />
Frage. Das macht ihr Spaß! Bevor<br />
die Bestellungen die Apotheke ver-<br />
lassen, überprüft Rudolf Winterhal-<br />
der, ob Bestellung und Ware über-<br />
einstimmen. „Wieder einmal fehlerfrei“,<br />
stellt er fest und freut sich<br />
mit seiner Helferin. Nach Feierabend<br />
muss Jennifer B. noch fürs<br />
Abendessen einkaufen. Das bereitet<br />
sie jeden Tag ebenso wie das Frühstück<br />
selber zu. Und an arbeitsfeien<br />
Tagen kocht sie auch das Mittages-<br />
sen. „Das machen wir immer zu<br />
Hause“, betont sie und setzt hinzu:<br />
„So wie es uns am besten schmeckt!“<br />
Betreut und trotzdem<br />
selbstständig leben<br />
Eine Bezugspflegekraft aus dem<br />
Törle betreut Jennifer B. auch jetzt<br />
in der eigenen Wohnung. Einmal pro<br />
Woche besucht sie die Klientin zu<br />
Hause. Sie unterhalten sich über die
uelle<br />
vergangene Woche, über das, was<br />
gut gelaufen ist, wo es Schwierigkeiten<br />
gegeben hat, was sie in der<br />
Freizeit gemacht hat. Die Fachkraft<br />
steht in regelmäßigem Kontakt zum<br />
Gruppenleiter am Arbeitsplatz und<br />
hilft Jennifer B. auch bei sozial-administrativen<br />
Aufgaben. Kleinste<br />
Veränderungen nimmt sie bei ihrer<br />
Klientin sofort wahr und kann notfalls<br />
schnell unterstützend eingreifen.<br />
Jennifer B. hat aber auch gelernt,<br />
auf sich selbst acht zu geben.<br />
Sie weiß, dass sie ihre Medikamente<br />
regelmäßig einnehmen muss: „Das<br />
ist für den Antrieb, sonst komm ich<br />
nicht auf die Beine.“ Und sie weiß,<br />
wie sie Frühwarnzeichen erkennt.<br />
„Wenn es mir schlecht geht, kann<br />
ich jederzeit, auch nachts und am<br />
Wochenende, im Törle anrufen“,<br />
erzählt sie.<br />
Der wichtigste Grundsatz unseres Handelns ist, jedem psychisch Kranken<br />
eine Chance zu geben und auf die Individualität des Einzelnen<br />
zu achten. Wir unterstützen und fördern seine Selbstverantwortung<br />
bestmöglich.<br />
Das <strong>ZfP</strong> <strong>Südwürttemberg</strong> hat sich<br />
dem Grundsatz verpflichtet, jedem<br />
psychisch Kranken eine Chance zu<br />
geben und auf die Individualität des<br />
Einzelnen zu achten. Jeder Patient,<br />
jeder Bewohner, jeder Klient wird<br />
in seiner Selbstverantwortung bestmöglich<br />
unterstützt und gefördert.<br />
Waren früher chronisch psychisch<br />
Kranke auf so genannten Langzeit-<br />
stationen und später in Wohnheimgruppen<br />
untergebracht, so präsentiert<br />
sich heute eine breite Palette<br />
Ihre Wohnungen können die Betroffenen individuell gestalten.<br />
an Lebensformen. Dezentral, wohnortnah<br />
und mitten in der Gemeinde.<br />
Mit einem differenzierten und individuellen<br />
Konzept der Begleitung<br />
und Betreuung. Entsprechend der<br />
psychiatrischen Diagnose und dem<br />
Alter der Klienten. Jüngstes Angebot<br />
ist beispielsweise das Ambulant<br />
Betreute Wohnen für Abhängigkeitskranke<br />
in Reutlingen. (Lesen Sie<br />
dazu unseren Beitrag auf Seite 12)<br />
Heike Engelhardt<br />
SCHWERPUNKT<br />
Verschiedene Wohnformen für unterschiedliche Bedürfnisse:<br />
Die Klienten können zwischen Einzel- und Gruppenwohnungen<br />
wählen.<br />
04|11 www.zfp-web.de 11
SCHWERPUNKT<br />
Selbstständig leben lernen<br />
mit ambulanter Hilfe<br />
Ambulant Betreutes Wohnen vermittelt den Klienten durch den regelmäßigen<br />
Kontakt zu qualifizierten Betreuern die nötige Sicherheit zur<br />
eigenständigen Lebensführung. In Reutlingen hat das <strong>ZfP</strong> <strong>Südwürttemberg</strong><br />
eine professionelle Betreuung für Abhängigkeitskranke eingerichtet.<br />
Christina Dreher sitzt im Reutlinger<br />
Stadtbus, als ihr Handy klingelt.<br />
„Kommen Sie mich heute besuchen?“<br />
fragt Frau P. am anderen Ende der<br />
Leitung. „Ich bin schon unterwegs“,<br />
antwortet Dreher. Frau P. ist eine<br />
von zehn Klienten, die in einer ei-<br />
genen Wohnung leben und von der<br />
Sozialarbeiterin betreut werden.<br />
Ihre Zielgruppe sind alkohol-, medikamenten-<br />
und drogenabhängige<br />
Erwachsene aller Altersgruppen.<br />
Grundlage der Betreuung ist ein Behandlungs-<br />
und Rehabilitationsplan,<br />
Die Sozialarbeiterin Christina Dreher (rechts) stattet ihren<br />
Klienten regelmäßig Hausbesuche ab.<br />
12 www.zfp-web.de 04|11<br />
In vertraulicher Atmosphäre werden die Probleme des Alltags besprochen.<br />
der gemeinsam mit dem Klienten<br />
erstellt wird. Darin wird genau be-<br />
sprochen, welche Ziele während<br />
der Betreuung verfolgt und erreicht<br />
werden sollen. „Selbstständig leben<br />
bedeutet, wählen zu können“, betont<br />
Christina Dreher. Die ambulanten<br />
Hilfen werden individuell an<br />
die Lebenssituation der Klienten<br />
angepasst. Gleichzeitig sind sie als<br />
Leistung der Eingliederungshilfe in<br />
das regionale Versorgungssystem<br />
eingebunden.<br />
Kurze Zeit später erreicht Christina<br />
Dreher die Reihenhaussiedlung in<br />
einem Reutlinger Vorort und klingelt<br />
an der Wohnungstür. Frau P. öffnet<br />
die Tür mit der Aufforderung: „Kom-<br />
men Sie rein und schauen Sie mal,<br />
was ich gestrickt habe.“ Die Sozialarbeiterin<br />
bestaunt den Fortschritt<br />
des Pullovers und beginnt dann ein<br />
Gespräch über die vergangene Woche.<br />
Zunächst geht es um belanglosere<br />
Dinge wie das allgemeine Wohl-<br />
befinden oder das Treffen mit der<br />
Tochter. Dann tastet sich die Betreuerin<br />
behutsam in sensiblere Lebensbereiche<br />
vor. Wie schwer fällt die<br />
Abstinenz? Gab es irgendwelche<br />
Probleme? Wann war der letzte<br />
Besuch in der Suchtambulanz?<br />
Diese Gespräche sollen den Betroffenen<br />
Halt geben und ihnen helfen,<br />
den Alltag zu bewältigen. „Für viele<br />
ist die Förderung von Hoffnung auf<br />
ein würdevolles und erfülltes Leben<br />
der wichtigste Aspekt ihrer Genesung“,<br />
erklärt Dreher. „Wir helfen,<br />
Zuversicht, Vertrauen und Optimismus<br />
zu erhalten und wiederzuentdecken.“<br />
Dazu gehören nicht nur Gespräche<br />
sondern auch die gemeinsame Su-<br />
che nach einem Beschäftigungs-<br />
oder Arbeitsplatz beziehungsweise<br />
die Begleitung und Reflektion bestehender<br />
Arbeitsverhältnisse. Je<br />
nach Bedarf werden die Klienten<br />
bei der Haushaltsführung, bei den<br />
Aufgaben des Alltags oder auch bei<br />
Behördengängen unterstützt. Sie<br />
erhalten Anregung für ein aktives<br />
Leben und werden ermutigt, ihre<br />
sozialen Kontakte zu pflegen. Was<br />
das angeht, ist Frau P. auf einem<br />
guten Weg. „Am Wochenende schau<br />
ich mir ein Mundartkabarett an“,<br />
freut sie sich.<br />
Heike Amann
Psychoseerfahrungen von Betroffenen<br />
erleben und nachfühlen<br />
Psychosen sind schwer nachvollziehbar. Vor allem Angehörige wissen oft<br />
nicht, was in den Betroffenen vorgeht, wie sie mit ihnen umgehen sollen.<br />
Ziel der Psychose-Seminare des <strong>ZfP</strong> <strong>Südwürttemberg</strong> in Zwiefalten<br />
ist es deshalb, gemeinsam ein Bild dieser psychischen Erkrankung zu erbarbeiten.<br />
Experten informieren über Symptome und Behandlung, Betroffene<br />
berühren die Zuhörer mit ihrer Lebensgeschichte.<br />
Daniela Meretz wollte auswandern.<br />
Die Möbel waren verkauft, die Kof-<br />
fer gepackt. In wenigen Stunden sollte<br />
der Flug gehen. Zumindest glaubte<br />
sie das. An einem anderen Tag<br />
ging sie mit ihrem Vater spazieren.<br />
Den nahegelegenen Wald betrat sie<br />
jedoch nicht. Sie war überzeugt,<br />
dass hinter den Bäumen Männer<br />
lauern und sie erschießen wollten.<br />
Meretz litt an einer Psychose. Die<br />
Wahnvorstellungen beherrschten ihr<br />
Denken, von einem Tag auf den<br />
nächsten gab sie ihren Beruf auf. In<br />
der Soteria, der Station für Patienten<br />
mit schweren Psychosen am <strong>ZfP</strong><br />
<strong>Südwürttemberg</strong> in Zwiefalten, hat<br />
sie Hilfe gefunden. „Heute weiß<br />
ich, warum mein Leben so verlaufen<br />
ist und was ich tun kann, damit es<br />
mir gut geht“, erzählt sie im Psychose-Seminar.<br />
In der Soteria werden Patienten mit schweren Psychosen versorgt.<br />
Walter Schieron (rechts) und<br />
Manfred Wittig (links) konnten<br />
die ehemalige Patientin Daniela<br />
Meretz für einen Vortrag über<br />
ihr Leben mit der Psychose<br />
gewinnen.<br />
Die Psychose-Seminare stellen ein<br />
Forum zum Austausch zwischen<br />
Experten, Betroffenen und Angehörigen<br />
dar und informieren über<br />
verschiedene Aspekte:<br />
- Psychose und Religion<br />
- Die medikamentöse Behandlung<br />
- Gedanken über psychosenahe<br />
Zustände im Alltag<br />
Die Psychose-Seminare werden in<br />
Zwiefalten seit Gründung der Soteria<br />
1999 regelmäßig organisiert. Alle<br />
sechs Wochen laden Walter Schieron<br />
und Manfred Wittig, Fachpfleger für<br />
Psychiatrie, zu den Gesprächsrunden<br />
ein. Ursprünglich als Informationsabend<br />
für Angehörige geplant,<br />
wurden die Psychose-Seminare für<br />
Mitarbeiter und weitere Interessierte<br />
geöffnet. Zwischen 50 und 80<br />
Teilnehmer kommen mittlerweile<br />
zu den Veranstaltungen im Konventbau,<br />
viele von ihnen regelmäßig.<br />
Unter dem Motto „Einander zuhören,<br />
mit-einander reden, voneinander<br />
lernen“ tauschen sich die<br />
Teilnehmer über Erfahrungen aus<br />
oder lernen in Vorträgen Diagnose,<br />
Verlauf und Behandlung psychotischer<br />
Erkrankungen kennen.<br />
Oft erzählen dabei ehemalige<br />
Patienten über ihre Erfahrungen. So<br />
auch Daniela Meretz. Sie berichtet,<br />
wie wichtig Bewegung, Schlaf und<br />
Ruhe, aber vor allem auch Freunde<br />
und ihre Familie heute für sie sind.<br />
Zum ersten Mal hat sie einen Vortrag<br />
über ihr Leben gehalten– und<br />
dabei souveräner und überzeugender<br />
als manch professioneller Redner<br />
gesprochen. Mit ihren Lebensgeschichten<br />
geben die Betroffenen<br />
anderen Psychosekranken Anreize,<br />
eigene Kräfte zu mobilisieren und<br />
mehr auf die innere Stimme zu<br />
hören.<br />
Melanie Gottlob<br />
EINBLICK<br />
Die Seminare sind offen für Interessierte,<br />
eine Anmeldung ist nicht<br />
erforderlich. Die Termine werden<br />
auf der Homepage des <strong>ZfP</strong> <strong>Südwürttemberg</strong><br />
unter Veranstaltungen<br />
bekannt gegeben:<br />
www.zfp-web.de<br />
04|11 www.zfp-web.de 13
EINBLICK<br />
Metaphysik trifft auf Wallenstein –<br />
Werkstättenbeschäftigte trumpfen auf<br />
Förderung ist ein wichtiger Bestandteil der Arbeit in Werkstätten für be-<br />
hinderte Menschen (WfbM). Sowohl im Berufsbildungs- als auch im Arbeitsbereich<br />
der Weissenauer Werkstätten können die Beschäftigten an<br />
unterschiedlichen Angeboten teilnehmen. Neuerdings werden die Beschäftigten<br />
sogar selber als Referenten aktiv.<br />
Dr. Rüdiger Brauch eröffnete den Vortragsreigen mit<br />
einem philosophischen Exkurs über Kant, Platon und<br />
die Suche nach dem Weltengrund.<br />
Es hat sich rumgesprochen wie ein<br />
Lauffeuer. Gut 30 Leute drängen<br />
sich im Flur der Werkstatt-Halle IV<br />
in Weissenau. Markus Seitz wird<br />
heute einen Vortrag über Wallenstein<br />
halten. Sein Lieblingsheld aus<br />
14 www.zfp-web.de 04|11<br />
der Geschichte. Es sind Kollegen aus<br />
der Druckerei, der Industriemontage<br />
und der Weberei, Gruppenleiter und<br />
Sozialarbeiter, der Seelsorger und<br />
die Presse gekommen.<br />
Vorträge aus dem<br />
Lieblingsfach<br />
Souverän entschuldigt sich der Referent<br />
für den verspäteten Beginn -<br />
„Sie wissen ja, auf die Technik ist<br />
nicht immer Verlass.“ – und begrüßt<br />
die Gäste zu seinem Vortrag „Wallenstein<br />
– Sein Leben erzählt von<br />
Markus Seitz“. In unglaublicher<br />
Feinarbeit hat Seitz Golo Manns<br />
Mammutwerk über Albrecht Wenzel<br />
Eusebius von Waldstein studiert und<br />
Fakten und Jahreszahlen zusammengetragen.<br />
Auf gut 35 Minuten<br />
komprimiert er das Leben des Feldherrn,<br />
der auch vor strategischen<br />
Tötungen in den eigenen Reihen<br />
zum Schutz vor Meuterei nicht zurückschreckte.<br />
Für seinen Vortrag<br />
hat Seitz sich am Computer viel Zeit<br />
genommen und garniert seine Präsentation<br />
mit zahlreichen Effekten.<br />
Zwischendurch erlaubt er sich die<br />
freie Rede und schmückt einzelne<br />
Begebenheiten aus.<br />
Schon in der Schulzeit war Geschichte<br />
sein Lieblingsfach. Der<br />
30-jährige Krieg und besonders die<br />
Figur Wallenstein haben es ihm ang-<br />
etan, erklärt er auf Nachfrage.<br />
Kritisch hat er sich mit dem machtbewussten<br />
Böhmen bislang nicht<br />
auseinandergesetzt. Aber das ist ein<br />
interessanter Anstoß. Das könnte<br />
Inhalt eines weiteren Vortrages wer-<br />
den.<br />
Persönliche Fähigkeiten<br />
fördern und fordern<br />
Beschäftigte der Weissenauer Werk-<br />
stätten können begleitend zur Arbeit<br />
verschiedene Kurse belegen.<br />
Dazu gehören sozial-emotionale<br />
Angebote wie Bewegung, Sport,<br />
Spiel, Freizeit oder Kultur wie auch<br />
kognitives Training beispielsweise<br />
am Computer oder eine Einführung<br />
ins Internet. Arbeitstherapeutin Re-<br />
gina Liberatore setzt dabei auf Ab-<br />
wechslung. Besuche in Museen oder<br />
bei Bürgermeistern in der Region<br />
stehen ebenso auf dem Plan wie<br />
Betriebsbesichtigungen. Als studier-<br />
te Ausdruckstherapeutin mit den<br />
Schwerpunkten Psychologie und<br />
Coaching sucht sie mit ihren Klien-
Die Weissenauer Werkstätten sind Teil der beruflichen Reintegration psychisch<br />
behinderter Menschen in der Region Bodensee-Oberschwaben und nach Paragraf 142<br />
SGB IX anerkannt. Die vielfältigen Behandlungs- und Betreuungsangebote sind individuell<br />
an die jeweiligen Fähigkeiten der psychisch erkrankten Menschen angepasst.<br />
Das Trainings- und Arbeitsangebot erstreckt sich auf Druckerei, Holzwerkstatt,<br />
Gärtnerei, Verkauf, Industrie, Handwerk sowie Dienstleistungen und ermöglicht den<br />
Beschäftigten Teilhabe an Arbeit und Gesellschaft.<br />
ten individuelle Rehamodule aus,<br />
die ihre Stärken unterstützen und<br />
sie auch persönlich weiterqualifizieren.<br />
Der Ravensburger Philosoph Dr. Rüdiger<br />
Brauch beispielsweise, der in<br />
Tübingen über Hegels sprachphilosophischen<br />
Relativismus promovierte,<br />
ehe er psychisch erkrankte, diskutiert<br />
mit der Therapeutin auch in<br />
den Pausen gerne über die Bücher,<br />
die er gerade liest. So entstand die<br />
Idee, er könne doch seinen Werkstättenkollegen<br />
sein Steckenpferd,<br />
die Philosophie, näherbringen.<br />
Werkstatt wird zum<br />
Hörsaal<br />
Gesagt, getan. Brauch präsentierte<br />
seinem Auditorium in zwanzig Minu-<br />
ten drei lebende Philosophen, mit<br />
denen er sich aktuell beschäftigt,<br />
und bei denen er teils studiert hat.<br />
Da ging es um den mittlerweile<br />
emeritierten Wuppertaler Kantforscher<br />
Professor Dr. Günther Wohlfart,<br />
in Tübingen einst Brauchs Doktorvater<br />
und den jungen Platonisten<br />
Markus Seitz legte mit Wallenstein nach.<br />
Professor Dr. Vittorio Hösle, „ein<br />
kleiner Kant, der sich mit Sein und<br />
Wahrheit beschäftigt.“ Begeistert<br />
ließ sich Brauch auch über Professor<br />
Dr. Dr. Lorenz Bruno Puntel aus.<br />
Zurzeit beschäftigt er sich übrigens<br />
mit Aspekten des Nichtempirischen,<br />
des Metaphysischen. „Verstehen Sie<br />
EINBLICK<br />
davon etwas oder langweile ich<br />
Sie?“, fragt er unvermittelt sein<br />
Publikum. Gerne wird er das zu ge-<br />
gebener Zeit näher erklären. Vielleicht<br />
wieder als Referent in einem<br />
Werkstätten-Vortrag.<br />
Heike Engelhardt<br />
04|11 www.zfp-web.de 15
BERUF<br />
Heilerziehungspfleger rüsten in<br />
Pflegekompetenz nach<br />
Stefanie Büchele ist ausgebildete Heilerziehungspflegerin. Die Mitarbeiterin<br />
im ambulanten psychiatrischen Pflegedienst (PPA) des <strong>ZfP</strong> <strong>Südwürttemberg</strong><br />
in Ravensburg hat außerdem die einjährige Zusatzqualifikation<br />
als Altenpflegerin erworben. In ihrem Berufsverband der Heilerziehungspfleger<br />
wirbt sie für diese Zusatzausbildung. Das stärkt die<br />
Qualifikation und macht sie zu gleichberechtigten Partnern in den verschiedenen<br />
Einrichtungen.<br />
Die Heilerziehungspflegerin Stefanie Büchele arbeitet im ambulanten<br />
psychiatrischen Pflegedienst. Regelmäßig besucht sie<br />
ihre Klienten und unterstützt im Alltag.<br />
„Hallo Herr Ruf, Sie sind ja braungebrannt.<br />
Haben Sie sich gut er-<br />
holt?“ Stefanie Büchele besucht ih-<br />
ren Klienten heute Morgen in seiner<br />
Wohnung in der Ravensburger Altstadt.<br />
Normalerweise würde sie ihn<br />
an seinem Arbeitsplatz in den Weissenauer<br />
Werkstätten aufsuchen,<br />
doch Johannes Ruf hat sich krankgemeldet.<br />
Im Urlaub, zu dem ihn sein<br />
Bruder jedes Jahr eine Woche in die<br />
Toskana einlädt, hat er sich am Bein<br />
16 www.zfp-web.de 04|11<br />
verletzt. Nachher wird er zum Arzt<br />
gehen. Doch jetzt gilt es erst mal,<br />
seine Medikamente zu richten.<br />
Zwei Mal am Tag besuchen die Mitar-<br />
beiter des PPA ihren Klienten. Außerdem<br />
sieht eine hauswirtschaftliche<br />
Hilfskraft und eine Mitarbeiterin des<br />
ambulant betreuten Wohnens regelmäßig<br />
nach ihm. Die „Dosette“ hat<br />
Johannes Ruf schon bereitgestellt.<br />
Für den heutigen Tag liegen die Me-<br />
dikamente noch in den einzelnen<br />
Fächern bereit. Für den Rest der<br />
Woche richtet er sie gemeinsam mit<br />
Stefanie Büchele. Nebenbei unterhalten<br />
sie sich über den Urlaub,<br />
übers Putzen und Aufräumen der<br />
Wohnung. Ruf zeigt der Heilerziehungspflegerin<br />
seinen verstauchten<br />
Finger und das verletzte Bein. Auch<br />
für eine Schramme am Auge interessiert<br />
sich die PPA-Frau. Die sei alt<br />
und schmerze nicht, wehrt ihr Klient<br />
ab.<br />
Bei anderen Klienten muss Büchele<br />
sich um die Grundpflege kümmern,<br />
mit ihnen einkaufen gehen. Von<br />
manchen bekommt sie den Wohnungsschlüssel<br />
ausgehändigt, bei<br />
einigen klingelt sie. „Wir sind hier<br />
Gast in der Wohnung“, stellt sie<br />
klar, das ist nicht wie im Wohnheim.<br />
Die mobile Unterstützung dient da-<br />
zu, dass die chronisch psychisch<br />
Kranken so selbstständig wie mö-<br />
glich in ihrem eigenen Haushalt le-<br />
ben können und Krisen vermieden<br />
werden.<br />
Neue Herausforderungen<br />
fordern neue Fähigkeiten<br />
Neben Gesundheits- und Krankenpflegern<br />
sowie Altenpflegern sind<br />
es vor allem Heilerziehungspfleger,<br />
die für die Arbeit im ambulanten<br />
psychiatrischen Pflegedienst in Betracht<br />
kommen. Sie sind von den<br />
Krankenkassen aber nicht als Pflegefachkräfte<br />
zugelassen. „Wir<br />
üben einen Kreuzberuf zwischen<br />
Erziehung und Krankenpflege aus“,<br />
erklärt Büchele. Die soziale Komponente<br />
ihres Berufes, den sie als<br />
psychologisch, pädagogisch und<br />
erzieherisch-begleitend beschreibt,<br />
ist ihr besonders wichtig. „Wir wollen<br />
für unsere Klienten ein Zuhause<br />
schaffen, sie sollen sich integrieren<br />
und am gesellschaftlichen Leben<br />
teilhaben.“ Gleichzeitig werden die<br />
von ihr betreuten Personen immer<br />
älter und ändern sich folglich die
Als Heilerziehungspflegerin mit Zusatzausbildung in Altenpflege ist Stefanie Büchele als Pflegefachkraft<br />
anerkannt und darf im ambulanten Pflegedienst beispielsweise die Medikamenteneinname<br />
ihrer Klienten überprüfen.<br />
Herausforderungen an die Betreuer.<br />
Auch medizinisch-pflegerische Ansätze<br />
sind wichtig. Damit die Heilerziehungspfleger<br />
für diese Dienste<br />
eingesetzt werden dürfen, müssen<br />
sie sich weiterqualifizieren.<br />
Vorteile für alle<br />
Beteiligten<br />
Stefanie Büchele hat sich für die<br />
berufsbegleitende einjährige Ausbildung<br />
an der Bad Wurzacher Außenstelle<br />
des Ravensburger Institutes<br />
für soziale Berufe entschieden.<br />
„Das war absolut gut machbar“,<br />
betont die 26-Jährige. An zwei Ta-<br />
gen pro Woche drückte sie die<br />
Schulbank und lernte manches über<br />
Organe, Krankheiten und Pflege,<br />
was sie bereits in ihrer ersten Aus-<br />
bildung in ähnlicher Form gehört<br />
hatte, aber auch viele „neue interessante<br />
Sachen“. Allein der demografischen<br />
Entwicklung wegen muss<br />
sie künftig mit älteren chronisch<br />
psychisch Kranken umgehen, muss<br />
sie wissen, wie sie Demenzkranke<br />
fördern und begleiten kann. „Für<br />
diese Klienten ist es von Vorteil,<br />
wenn es Leute gibt, die sie mit der<br />
passenden Ausbildung in der zweiten<br />
Hälfte des Lebens begleiten“,<br />
erklärt sie.<br />
Bisher ist Büchele die erste Kraft<br />
im PPA mit Zusatzqualifikation. Dort<br />
hofft man, dass weitere Kolleginnen<br />
und Kollegen ihrem Beispiel folgen<br />
werden. Vor allem dezentrale und<br />
ambulante Dienste im weiten Geschäftsfeld<br />
der Eingliederungshilfe<br />
BERUF<br />
werden immer stärker auf Heilerziehungspfleger<br />
mit Zusatzqualifikation<br />
angewiesen sein, weiß Stefanie<br />
Büchele. Engagiert betont sie: „Das<br />
ist die Zukunft der ambulanten Pflege!“<br />
Dabei sieht sie Vorteile für alle<br />
Beteiligten: „Mein Arbeitgeber kann<br />
mich vielfältiger als bisher einsetzen.<br />
Ich kann aus mehr Stellenangeboten<br />
auswählen. Und die Klienten<br />
profitieren von unserem breiteren<br />
Wissen und der doppelten Erfahrung.“<br />
Betroffene schätzen<br />
die Hilfe<br />
Johannes Ruf braucht zur Zeit vor<br />
allem Unterstützung bei der Einnahme<br />
und Dosierung der Medikamente.<br />
Zwar hat er seine „Dosette“<br />
selbstständig und korrekt gefüllt,<br />
wie Stefanie Büchele bestätigt. An<br />
Hand einer Liste der Ärztin hat sie<br />
nochmals alles genau überprüft.<br />
Aber ihr Klient ist froh, wenn am<br />
späten Nachmittag noch mal jemand<br />
vorbeikommt und schaut, ob<br />
auch wirklich alles in Ordnung ist.<br />
Die Tagesdosis für morgen und übermorgen<br />
und die restlichen Tage der<br />
Woche bewahren die Mitarbeiter<br />
vom PPA auf und bringen sie beim<br />
nächsten Besuch wieder mit. Sicher<br />
ist sicher.<br />
Heike Engelhardt<br />
04|11 www.zfp-web.de 17
MENSCHEN & MELDUNGEN<br />
Home treatment für<br />
Kinder und Jugendliche<br />
Das jährliche Symposium<br />
der Abteilung für Kinder-<br />
und Jugendpsychiatrie<br />
des <strong>ZfP</strong> <strong>Südwürttemberg</strong><br />
ist dem Thema Home<br />
treatment gewidmet.<br />
Bisher wird diese Versorgungsform<br />
in der<br />
Kinder- und Jugendpsychiatrie<br />
wenig praktiziert.<br />
Auf der Tagung<br />
am 13. Juli in Weissenau<br />
wird erläutert, wie<br />
Home treatment in stationäre und<br />
ambulante Strukturen eingebunden<br />
werden kann. Erfahrungsberichte<br />
aus der Schweiz und aus England<br />
ermöglichen einen Blick über den<br />
Tellerrand. Es geht darum, unter<br />
welchen Umständen eine Behandlung<br />
Zuhause eine voll- oder teilstationäre<br />
Klinikbehandlung ersetzen<br />
kann. Hinterfragt wird, wie die<br />
Zufriedenheit von Patienten und<br />
Mitarbeitern mit dieser innovativen,<br />
aber auch hochflexiblen Arbeit<br />
aussieht. Diese und weitere<br />
Themen werden von externen und<br />
internen Referenten beleuchtet.<br />
i Die Jahrestagung der Kinder-<br />
und Jugendpsychiatrie beginnt am<br />
Mittwoch, 13. Juli, um 9 Uhr in der<br />
Mehrzweckhalle in Weissenau, <strong>ZfP</strong><br />
<strong>Südwürttemberg</strong>, Weingartshofer<br />
Straße 2, 88214 Ravensburg.<br />
Anmeldung und weitere Informationen<br />
bei Andrea Voit unter<br />
0751 7601-2789 oder per E-Mail an<br />
andrea.voit@zfp-zentrum.de<br />
18 www.zfp-web.de 04|11<br />
Süchtig nach Glücksspiel: in Deutschland eine<br />
der häufigsten Suchterkrankungen.<br />
Zocken bis nichts<br />
mehr geht<br />
Von Glücksspiel sind mehr als eine<br />
halbe Million Deutsche betroffen.<br />
Bei einer Veranstaltungsreihe informierte<br />
das Suchtzentrum Biberach<br />
Eltern, Pädagogen und interessierte<br />
Bürger.<br />
Einen etwas anderen Zugang lieferte<br />
Dr. Klaus Reibisch bei der<br />
Auftaktveranstaltung. Der professionelle<br />
Sprecher griff Spielsucht<br />
von der literarischen Seite auf. Er<br />
rezitierte unter anderem aus Fjodor<br />
Dostojewskis „Der Spieler“, in dem<br />
die Hauptfigur der Faszination des<br />
Roulettes erliegt und dadurch seine<br />
Geliebte verliert. „Ein Phänomen,<br />
das auch noch mehr als 100 Jahr<br />
später aktueller denn je ist“, erklärt<br />
Chefarzt Dr. Michael Rath. Der<br />
Suchtfachmann des <strong>ZfP</strong> <strong>Südwürttemberg</strong><br />
hat die Veranstaltung in<br />
Zusammenarbeit mit der Caritas<br />
und dem Biberacher Suchthilfenetzwerk<br />
initiiert.<br />
Spielsuchtexperte Dr. Wolfgang<br />
Petry ging auf die Situation im<br />
Landkreis Biberach ein. Wenn man<br />
die Zahlen der Spielsuchtkranken<br />
auf die Region herunter rechnet,<br />
wären mehr als 1000 Menschen betroffen.<br />
Angehörigen riet er, mit<br />
dem Betroffenen über die Konsequenzen<br />
zu reden und klare Regeln<br />
aufzustellen. Außerdem empfahl er,<br />
sich möglichst früh professionelle<br />
Unterstützung zu suchen.<br />
i Professionelle Hilfe finden Spielsüchtige<br />
im Landkreis Biberach<br />
beim Suchttherapiezentrum. Dort<br />
halten <strong>ZfP</strong> <strong>Südwürttemberg</strong> und<br />
Caritas eine Ambulanz sowie eine<br />
Beratungsstelle vor.<br />
Nach Erfolgreicher Lehrprobe erhielt PD<br />
Dr. Carmen Uhlmann von ihrem Betreuer<br />
Professor Dr. Harald Traue die Urkunde als<br />
anerkannte Privatdozentin.<br />
Viel Beifall für<br />
Antrittsvorlesung<br />
Bei ihrer Antrittsvorlesung gab <strong>ZfP</strong>-<br />
Forscherin PD Dr. Carmen Uhlmann<br />
Medizinstudenten der Universität<br />
Ulm einen Überblick über die Rolle<br />
der Persönlichkeit für die Diagnostik<br />
und Therapie. Die Vorlesung im mit<br />
mehr als 200 Studenten besetzten<br />
Hörsaal zielte vor allem darauf, den<br />
angehenden Medizinern einen hohen<br />
praktischen Nutzen zu vermitteln.<br />
„Als Arzt müssen Sie die Persönlichkeit<br />
Ihrer Patienten genau kennen“,<br />
lehrte Uhlmann, die im <strong>ZfP</strong> den<br />
Forschungsbereich Medizinische Psychologie<br />
und die Abteilung Unternehmensentwicklung<br />
leitet. „Nur so<br />
können Sie eine wirksame Behandlungsmethode<br />
finden.“ Je nachdem,<br />
wie stark sich beispielsweise ein<br />
Patient mit seiner Erkrankung auseinandersetze,<br />
müsse der Arzt Informationen<br />
richtig dosieren. Anhand<br />
verschiedener Verfahren erklärte<br />
Uhlmann dann, wie sich Persönlichkeit<br />
und mentale Auffälligkeiten<br />
messen lassen. Zum Abschluss gab<br />
es viel Beifall und Klopfen von den<br />
Zuhörern und eine Urkunde von<br />
Habilitationsbetreuer Professor Dr.<br />
Harald Traue. Diese ermächtigt die<br />
Privatdozentin Uhlmann ab sofort<br />
zur selbstständigen Lehre.
Mitarbeiter des <strong>ZfP</strong> <strong>Südwürttemberg</strong> informieren<br />
in Überlingen über ihre Arbeit.<br />
Mittendrin statt<br />
nur am Rand<br />
„Es gibt keine Ränder der Gesellschaft,<br />
es gibt nur ein Mittendrin.“<br />
Der Landtagsabgeordnete Manfred<br />
Lucha, Sprecher des Gemeindepsychiatrischen<br />
Verbundes im Bodenseekreis,<br />
bringt die Idee des „Mittendrin“-Festes<br />
auf den Punkt. Gefeiert<br />
wurde in Überlingen am Tag<br />
der Menschen mit und ohne Behinderungen.<br />
Spaß und Spiel standen<br />
im Vordergrund der Veranstaltung,<br />
die vom Sozialdezernat des Bodenseekreises<br />
und der Stadt Überlingen<br />
organisiert wurde. Verschiedene<br />
Einrichtungen stellten sich vor, unter<br />
anderem die Gemeindepsychiatrischen<br />
Zentren Überlingen und<br />
Friedrichshafen. Musikalische Beiträge<br />
steuerte nicht zuletzt das Trio<br />
Ludere aus dem Gemeindepsychiatrischen<br />
Zentrum Ravensburg bei.<br />
Zahlreiche Passanten, darunter viele<br />
Touristen, nutzten die Gelegenheit,<br />
sich unterhalten zu lassen und<br />
einen fröhlichen Tag am Landungssteg<br />
zu verbringen.<br />
Interessierte konnten mit Ärzten und Pflegern<br />
direkt in Kontakt treten.<br />
Fünf Träger sozialpsychiatrischer Dienste<br />
und Einrichtungen bündeln ihr Angebot im<br />
Ehingener Mühlweg.<br />
Gemeindepsychiatrie in<br />
Ehingen erweitert<br />
Eine Tagesförderstätte mit Werkstattarbeitsplätzen,<br />
die Möglichkei-<br />
ten zum Zuverdienst bietet, bereichert<br />
seit Mai das Angebot im Ge-<br />
meindepsychiatrischen Zentrum<br />
(GPZ) in Ehingen. Fünf Träger haben<br />
sich im Mühlweg unter einem Dach<br />
zusammengeschlossen. Das <strong>ZfP</strong> <strong>Südwürttemberg</strong><br />
ist mit seiner Psychiatrischen<br />
Institutsambulanz und am-<br />
bulanter Ergotherapie vertreten.<br />
Mit von der Partie sind die BruderhausDiakonie,<br />
der Heggbacher Werkstattverbund<br />
der St. Elisabeth-Stiftung,<br />
der RehaVerein für soziale<br />
Psychiatrie Alb-Donau sowie der<br />
Evangelische Diakonie-Verband Ulm.<br />
Dr. Rudi Metzger, Ärztlicher Direktor<br />
des <strong>ZfP</strong> <strong>Südwürttemberg</strong> in Bad<br />
Schussenried und Vorsitzender der<br />
Trägergemeinschaft des GPZ, sagt:<br />
„Die neuen Hilfen ergänzen die<br />
schon bestehenden Angebote im<br />
Haus, etwa Möglichkeiten zu Kontakt<br />
und Begegnung sowie ambulante<br />
Beratung, Behandlung und Betreuung.“<br />
MENSCHEN & MELDUNGEN<br />
Sabine Ender<br />
Neue Pflegeleitung<br />
in Eberhardzell<br />
Sabine Ender hat zu Monatsbeginn<br />
die Pflegedienstleitung im Seniorenzentrum<br />
Josefspark in Eberhardzell<br />
übernommen. Die 47-jährige Pflegefachkraft<br />
und Sozialwirtin verfügt<br />
über langjährige Leitungserfahrung<br />
sowohl im Krankenhaus als auch im<br />
Pflegeheim. Das Seniorenzentrum<br />
Josefspark befindet sich mitten in<br />
der Gemeinde in einem 2007 fertiggestellten<br />
Neubau und verfolgt ein<br />
bedarfsgerechtes und ganzheitliches<br />
Wohn-, Pflege- und Betreuungskonzept<br />
über alle Pflegestufen. Älteren<br />
und Pflegebedürftigen aus Eberhardzell<br />
und der Umgebung stehen<br />
59 Dauerpflegeplätze, zwei Kurzzeitpflegeplätze<br />
und drei Tagespflegeplätze<br />
in 53 Einzel- und vier Doppelzimmern<br />
zur Verfügung. Gesellschafter<br />
sind die Gemeinde Eberhardzell<br />
und das <strong>ZfP</strong> <strong>Südwürttemberg</strong>.<br />
04|11 www.zfp-web.de 19
FACHBEITRAG<br />
Zunahme depressiver Störungen –<br />
Herausforderung für die Zukunft?!<br />
Depressionen werden sowohl in der Forschung als auch in der Öffentlichkeit<br />
immer stärker wahrgenommen. Die Fragen nach Gründen und<br />
Handlungsmöglichkeiten fordern einen intensiven Diskurs. Ein sinnvoller<br />
Schritt ist die Bündelung der Aktivitäten in der Depressionsbehandlung.<br />
Die Gesundheitsreports verschiedener<br />
Krankenkassen zeigen eine Zunahme<br />
von Arbeitsunfähigkeitstagen<br />
wegen psychischer Belastungen.<br />
Depressive Störungen machen dabei<br />
den Hauptanteil aus. Auch die Inanspruchnahme<br />
stationärer sowie ambulanter<br />
Behandlungsplätze im <strong>ZfP</strong><br />
<strong>Südwürttemberg</strong> zeigt in den vergangenen<br />
Jahren einen deutlich erhöhten<br />
Anteil an depressiven Störungen.<br />
Dabei sind depressive Störungen keine<br />
Zivilisationskrankheit, was man<br />
unter anderem auch daran sehen<br />
kann, dass dieses Krankheitsbild<br />
schon sehr früh in verschiedenen<br />
Kulturen beschrieben wurde. So finden<br />
sich Beschreibungen depressiver<br />
Störungen in der Bibel, beispielsweise<br />
im 1. Buch Samuel, (4. Jahr-<br />
hundert v. Chr.). Man kann sich diese<br />
Beobachtungen, die auch für den<br />
heutigen Leser nachvollziehbar als<br />
depressive Störungen beschrieben<br />
sind, nur mit der Annahme erklären,<br />
dass diese Krankheitsbilder schon<br />
damals mit einer gewissen Häufigkeit<br />
und besonders auffällig aufgetreten<br />
waren.<br />
Seit den fünfziger Jahren des letzten<br />
Jahrhunderts bis heute hat es<br />
verschiedene Wellen der Aufklärung<br />
und Popularisierung des Krankheits-<br />
20 www.zfp-web.de 04|11<br />
bilds Depression gegeben. In seinem<br />
Buch „Das erschöpfte Selbst“ beschreibt<br />
der französische Soziologe<br />
und Psychoanalytiker Alain Ehrenberg<br />
mehrere Wellen, in denen De-<br />
pression massiv in die öffentliche<br />
Wahrnehmung gerückt wurde. Die<br />
gegenwärtig nach dem Suizid von<br />
Robert Enke und durch die Diskussion<br />
über das Phänomen „Burn out“<br />
angestoßene öffentliche Diskussion<br />
über die Zunahme von Depressionen<br />
in unserer Gesellschaft ist nicht,<br />
wie wir oft denken, die erste Welle<br />
in dieser Art. In die öffentliche Dis-<br />
Depressionen nehmen zu: Ein Betroffener stellt bildlich dar, dass er während seiner Krankheit<br />
keine Farben mehr wahrnehmen konnte.
Mögliche Ursachen für die Zunahme depressiver Störungen:<br />
- Umetikettierung anderer psychischer/psychosomatischer Leiden<br />
- vermehrte Diagnostik und Behandlung früher nicht behandelten<br />
psychischen Leidens<br />
- verminderte Widerstandsfähigkeit (Resilienz) bei Konflikten und<br />
Auseinandersetzungen<br />
- vermehrtes Angebot psychotherapeutischer Hilfen (Angebot schafft<br />
Nachfrage)<br />
- statistische Verschiebungen (weniger Krankmeldungen durch<br />
körperliche Erkrankungen führen zu Zunahme psychisch bedingter<br />
Krankmeldung)<br />
- tatsächliche Zunahme depressiver Störungen aufgrund veränderter<br />
Lebens- und Arbeitsbedingungen.<br />
kussion kam Depression immer wie-<br />
der durch Suizide bedeutender Personen,<br />
wie Marilyn Monroe.<br />
Mit der Entwicklung der ersten Anti-<br />
depressiva bemühten sich die Psychiater<br />
verstärkt, Depressionen un-<br />
ter Allgemeinmedizinern in der Dia-<br />
gnostik bekannt zu machen und die<br />
Behandlung mit Antidepressiva zu<br />
fördern. Ein weiterer deutlicher<br />
Schub erfolgte mit der Entwicklung<br />
der Serotonin-Antagonisten (SSRI),<br />
die vor allem mit der ersten entwickelten<br />
Substanz Fluoxetin in USA<br />
ab Anfang der 90er Jahre das vorigen<br />
Jahrhunderts unter der Bezeichnung<br />
„Prozac“ bekannt wurden.<br />
Man sollte sich also bewusst sein,<br />
dass die gegenwärtige Aufmerksamkeit,<br />
die depressive Störungen er-<br />
fahren, auch ein vorübergehender<br />
Effekt sein kann. Zumal die vermeintliche<br />
Zunahme der Depressionen<br />
nicht unumstritten ist. Es gibt<br />
verschiedene Gründe, die annehmen<br />
lassen, dass zumindest schwer<br />
ausgeprägte Depressionen nicht zu-<br />
nehmen und möglicherweise auch<br />
die Zunahme bei den leichten Depressionen<br />
auf andere Ursachen<br />
zurückzuführen ist.<br />
Sowohl die öffentliche Diskussion<br />
als auch die Zahl der Betroffenen,<br />
die mit depressiven Störungen in<br />
die Ambulanzen, Tageskliniken und<br />
Stationen des <strong>ZfP</strong> <strong>Südwürttemberg</strong><br />
kommen, weisen auf die Notwendigkeit<br />
hin, sich intensiver als bisher<br />
mit den Versorgungsangeboten in<br />
diesem Bereich zu beschäftigen.<br />
Depressive Menschen werden im <strong>ZfP</strong><br />
<strong>Südwürttemberg</strong> in Spezialstationen<br />
sowie in praktisch allen Stationen<br />
der Allgemeinpsychiatrie, mehreren<br />
Stationen der Alterspsychiatrie, in<br />
der Kinder- und Jugendpsychiatrie,<br />
in allen Tageskliniken und allen<br />
SINOVA-Stationen in erheblicher An-<br />
zahl behandelt. Die Behandlungsdauer<br />
schwankt dabei zwischen 40<br />
und 60 Tagen.<br />
Es ist unklar, ob mit unterschiedlichen<br />
Behandlungsdauern die unterschiedliche<br />
Schwe-re der Krankheitsbilder,<br />
die unter-schiedlichen<br />
Therapiekonzepte oder belegungstechnische<br />
Effekte zusammenhängen.<br />
Auch unter der Annahme, dass<br />
sich die Behandlung an den gegenwärtigen<br />
Leitlinien orientiert – seit<br />
2009 existiert eine nationale Versorgungsleitlinie<br />
für depressive<br />
Störungen - lässt sich gegenwärtig<br />
FACHBEITRAG<br />
nur vermuten, auf welche rationalen<br />
Hintergründe die Zuordnung<br />
eines depressiv Erkrankten zu einer<br />
bestimmten Versorgungsform zurückzuführen<br />
ist.<br />
Aus diesen Gründen ist es eine ver-<br />
nünftige Überlegung, Stationen und<br />
Tageskliniken, die im Schwerpunkt<br />
depressiv Kranke behandeln, zusammenzuführen.<br />
Das Geschäftsfeld<br />
Depression wird darüber hinaus<br />
dafür sorgen müssen, dass depressiv<br />
Erkrankte, die weiterhin in anderen<br />
Geschäftsbereichen, etwa in der<br />
Alterspsychiatrie oder in der Allgemeinpsychiatrie<br />
behandelt werden,<br />
ein qualitativ angemessenes diagnostisches<br />
und therapeutisches An-<br />
gebot bekommen. So wird es möglich<br />
sein, die Herausforderung, die<br />
in der Zunahme leichterer depressiver<br />
Störungen liegt, zu bewältigen.<br />
Vielleicht gelingt es auf diesem Weg<br />
sogar, die Akzeptanz psychischer<br />
Erkrankungen als „ganz normale<br />
Krankheit“ in der öffentlichen Wahrnehmung<br />
zu fördern.<br />
Dr. Rudolf Metzger<br />
Dr. Rudolf Metzger leitet im <strong>ZfP</strong> <strong>Südwürttemberg</strong><br />
das Geschäftsfeld für Depressionserkrankungen.<br />
04|11 www.zfp-web.de 21
NACHGEFRAGT<br />
Wie wollen Sie wohnen, Herr Gläser?<br />
Jeder wohnt, jeder verbindet mit dem Begriff „Wohnen“ eigene Erfahrungen. Von Geburt<br />
an. Der Architekt Ulrich Gläser unterscheidet auch beim Wohnen zwischen introvertierten<br />
und extrovertierten Typen. Sich selber zählt der 41-Jährige zu Letzteren.<br />
Wie er gerne wohnen würde? Davon<br />
hat Ulrich Gläser eine ganz genaue<br />
Vorstellung. Allein: Die Realität ist<br />
völlig anders. Der Ravensburger Architekt<br />
wohnt mit seiner Familie in<br />
einem alten Bauernhaus „wie meine<br />
Vorfahren“.<br />
Wenn es allerdings ein geeignetes<br />
Grundstück gäbe… Der 41-Jährige<br />
gerät ins Schwärmen. Den Außenraum<br />
will er mit einbeziehen. Der<br />
direkte Garten ist ihm mindestens<br />
so wichtig wie das Wohnen im geschlossenen<br />
Raum. Und der ist dann<br />
gut, wenn er aus möglichst viel Glas<br />
besteht und ihm bloß als thermische<br />
Hülle Schutz gibt. Materialien sollen<br />
möglichst von innen nach außen<br />
reichen und natürlich umgekehrt,<br />
etwa ein Holz- oder Steinbelag als<br />
Fußboden. Zimmer und Terrasse<br />
werden nur durch eine Glaswand<br />
abgetrennt, die so oft wie möglich<br />
offen steht.<br />
Uli Gläser will die Natur und die<br />
Jahreszeiten sehen, will den Früh-<br />
22 www.zfp-web.de 04|11<br />
Ulrich Gläser ist Architekt mit eigenem Büro<br />
in Ravensburg. Er begleitet Bauvorhaben des<br />
<strong>ZfP</strong> <strong>Südwürttemberg</strong> seit neun Jahren an<br />
unterschiedlichen Standorten. Zuletzt hatte<br />
er die Bauleitung für die psychiatrische und<br />
psychosomatische Klinik in Friedrichshafen<br />
inne.<br />
ling oder den warmen Landregen<br />
und die frisch gemähten Wiesen im<br />
Sommer riechen, den Holzboden<br />
barfüßig spüren. Holz, Glas und<br />
Sichtbeton sind seine bevorzugten<br />
Materialien. Von Farb- und Stilmix<br />
hält er gar nichts. Maximal drei Farben<br />
und Materialien lässt er auch<br />
bei der Möblierung zu, „das lenkt<br />
sonst vom Außenraum ab“. Aber<br />
eine Wand in expressivem Grün mit<br />
einem großen monochromen Kunstwerk<br />
– das hätte schon was!<br />
Natürlich hängt Wohnen immer von<br />
den Lebensumständen ab. Mit seinen<br />
Kindern im Grundschulalter hat<br />
er derzeit in der Stadt nicht verlo-<br />
ren. Aber Urbanität will er trotzdem<br />
nicht vermissen. Am liebsten in einer<br />
ebenerdigen Wohnung mit so<br />
wenig Wänden und so viel Glasfläche<br />
wie möglich. Dass man dann<br />
auch zu ihm reinsieht? Egal. Hauptsache,<br />
er kann rausgucken.<br />
Aufgezeichnet von Heike Engelhardt
Schattenparker<br />
An besonders heißen Tagen stellen Mitarbeiter der<br />
Weissenauer Infozentrale gerne auch mal einen Sonnenschirm<br />
bereit. Ganz nach dem Motto: „Bei uns sind Sie<br />
immer willkommen!“<br />
FUNDSACHE | IMPRESSUM<br />
IMPRESSUM<br />
aktuell – Das Magazin des<br />
<strong>ZfP</strong> <strong>Südwürttemberg</strong><br />
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