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protect me from what i want - City-Wandsbek

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Hartmut Bleschke *1962<br />

Dipl.-Designer<br />

Bleschke Kunstlicht www.bleschke.de<br />

Studium an der Hochschule für bildende Künste<br />

Hamburg im Fachbereich Industrie-Design<br />

bis 1997 Mitarbeit im Lichtplanungsbüro<br />

Hamburg Design GmbH<br />

seit 1998 selbstständig tätig im Bereich<br />

Lichtplanung, Lichtsteuerung und Leuchtenbau<br />

Chris Radtke *1968<br />

Light · Interior · Sculptures<br />

www.chrisradtke.com<br />

Studien:<br />

1987-1991 Medizin Uni HH<br />

1991-1993 Architektur FH HH<br />

1994-1998 Industrial Design HfbK HH<br />

seit 1995 selbstständige Arbeit<br />

Lichtplanung · Interior Design · freie Kunst


Betrifft Weihnachtsbeleuchtung.<br />

Von: Frank Ludewig [mailto:fral@aol.com]<br />

Gesendet: Freitag, 25. März 2011 15:39<br />

An: citymanager@city-wandsbek.de<br />

Betreff: wandsbek.de Kontaktformular<br />

Sehr geehrte Da<strong>me</strong>n und Herren,<br />

ich möchte ein paar Worte zur bunten Weihnachtsbeleuchtung von November 2010 bis Januar 2011<br />

loswerden. Warum nicht das ganze Jahr über? Es fehlt was.<br />

Eine super geniale Idee diese Leuchten, ich war jedes Mal gespannt, welche Farbe gerade leuchtet,<br />

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Es hat die W-Marktstraße in einem ganz neuen Licht erstrahlen lassen und sollte jede Nacht im Jahr an sein,<br />

denn so fällt <strong>Wandsbek</strong> auf und hebt sich aus der Masse der Einkaufszonen ab.<br />

Und wenn man ehrlich ist, haben die bunten Farben ja nicht unbedingt mit Weihnachten zu tun.<br />

Also als optisches Highlight das ganze Jahr leuchten lassen oder zumindest an den Wochenenden!<br />

Viele Grüße<br />

Frank Ludewig<br />

Wir freuen uns im<strong>me</strong>r über positives Feedback.<br />

Wir, das sind Hartmut Bleschke & Chris Radtke, die das Projekt „<strong>Wandsbek</strong>er Winterlicht“ im Herbst 2010<br />

durchgeführt haben. Wir haben hier eine Idee des Umweltwissenschaftlers Mathias Lintl umgesetzt, der mit<br />

seiner Planung einen Wettbewerb des Business Improve<strong>me</strong>nt District (BID) <strong>Wandsbek</strong> gewonnen hatte.<br />

Es ist ein guter Einfall gewesen, die bereits vorhandene, erst im Jahr davor angeschaffte zusätzliche Wegebeleuchtung<br />

in Form von 59 Leuchten zu ergänzen. Ergänzen heißt dabei, dass ein über 2,2 Meter hoher und im<br />

Durch<strong>me</strong>sser 30 cm großer zusätzlicher Leuchtenkörper an den vorhandenen Lichtmasten temporär angebracht<br />

werden sollte.<br />

Besonders unter dem Aspekt der Umnutzung vorhandener baulicher Strukturen ist dieses Konzept auch für<br />

andere Beleuchtungsaufgaben übertragbar.<br />

Ein besonderer Reiz besteht darin, dass dieses Prinzip besonders nachhaltig und ressourcenschonend ist.


Der Auftrag zur Entwicklung und Umsetzung dieses<br />

Sonderleuchtensystems stellte uns vor nicht geringe<br />

technische Herausforderungen.<br />

Erleichtert wurde unsere Arbeit durch die vorausschauende<br />

Bestellung der Masten mit speziell angefertigten<br />

Kupplungen für Strom (eigentlich für einfache<br />

Weihnachtsbeleuchtung gedacht) und je acht<br />

Stück stabil verschweißte Gewindemuffen.<br />

Jedem Bauherren kann man nur raten, die geringen<br />

Mehrkosten hierfür gelassen in Kauf zu neh<strong>me</strong>n, da<br />

sich später – wie in unserem Fall bewiesen wurde –<br />

ungeahnte zusätzliche Möglichkeiten mit einer Standard-Straßenleuchte<br />

umsetzen lassen.<br />

Zur einfacheren Montage der Sonderleuchten am<br />

Mast haben wir einen speziellen justierbaren Halter<br />

aus Stahl konstruiert, der vor Anbringung der Leuchtzylinder<br />

an die Gewinde im Mast geschraubt wird. Anschließend<br />

müssen die Leuchten nur noch per Steiger<br />

von oben eingehoben und mit Schrauben gesichert<br />

werden.<br />

Bei der Entwicklung der äußeren Form der Sonderleuchten<br />

haben wir uns an der For<strong>me</strong>nsprache der<br />

vorhandenen kleinen Straßenleuchten orientiert. Die<br />

einfache und bewährte Leuchten-Idee, ein Acrylglas-<br />

Zylinder mit Metallkappen oben und unten, wurde in<br />

der Materialität – vor allem aber in der Di<strong>me</strong>nsion –<br />

verändert.<br />

Das Acrylglas ist statt klar bei uns diffus. Die räumliche<br />

Ausdehnung hat sich in der Länge verdreifacht:<br />

Pump up my lights !


2185<br />

270<br />

1490<br />

425<br />

Ø 309<br />

Ø 300<br />

BV 3036 · <strong>Wandsbek</strong>er Winterlicht<br />

Version 5 · lang<br />

1: 10 in mm<br />

Chris Radtke 24 10 2010


Der Clou unserer Leuchte ist<br />

das fernsteuerbare LED-Farblichtwechsel-System.<br />

Durch<br />

den Einsatz von Hochleistungs-<br />

LEDs (light-emitting diodes)<br />

sind energiesparende und weit<br />

sichtbare farbige Lichtobjekte<br />

entstanden. Durch Reflektoren<br />

wird der Acrylglas-Zylinder<br />

sehr homogen ausgeleuchtet,<br />

und die darunterliegende kleine<br />

Straßenleuchte scheint bei<br />

Dunkelheit nicht durch.<br />

Durch modernste Fernsteuertechnik<br />

ist es möglich, jede<br />

Leuchte ohne zusätzliche Steuerkabel<br />

per Funk anzuwählen.<br />

Von einem zentralen Sender aus<br />

werden die einzelnen Leuchten<br />

mit dem Signal der vorher programmiertenFarbwechselszenarien<br />

versorgt.


Johann Wolfgang von Goethe,<br />

Farbenkreis zur Symbolisierung<br />

des <strong>me</strong>nschlichen Geistes- und Seelenlebens, 1809,<br />

Original: Freies Deutsches Hochstift,<br />

Frankfurter Goethe-Museum (Quelle: Wikipedia)<br />

P.O. Runge, Farbkugel und Schnitt durch die Äquatorebene mit Grauwerten<br />

aus: Max Keller - DuMont‘s Handbuch der Bühnenbeleuchtung, Köln 1991<br />

BV 3036 · <strong>Wandsbek</strong>er Winterlicht · Schematische Darstellung der sieben Licht-Szenarien für Winter 2011/2012 (Ausschnitt), Hartmut Bleschke 11 04 2011


Philipp Otto Runge<br />

„Die aus der Unmöglichkeit absoluter Kunst entspringende Notwendigkeit<br />

einer Vereinigung der Künste sucht Runge künstlerisch<br />

praktisch durch die Musikalisierung der Malerei zu bewältigen<br />

(...). Mit dem Versuch hat er nicht nur in einem generellen<br />

Sinn die absolute Malerei des 20. Jahrhunderts vorbereitet,<br />

sondern auch mit der Tendenz zur Verzeitlichung und Entmaterialisierung<br />

bildender Kunst (...) den wohl wichtigsten Aspekt<br />

gegenwärtiger Kunstproduktion und –rezeption ganz direkt vorgezeichnet:<br />

Die problemgeschichtliche, forschungslogische Kontinuität<br />

der Kunstentwicklung von der Romantik bis zur Gegenwart<br />

reflektiert sich im Prozeß des Konvergierens von Musik und<br />

Malerei, dem Runge einzigartige und entscheidende Impulse gegeben<br />

hat.“<br />

aus: Michael Lingner, Die Musikalisierung der Malerei bei P.O. Runge 1<br />

„Das ist die erste Figur der Schöpfung. Die 6 ist nach dem Sündenfall<br />

nicht verstanden, und wird nicht verstanden, bis der Tag<br />

kömmt, wo alles zum Licht zurückkehrt, das ist der siebente<br />

Tag. – Die Welt hat sich gesondert in Ich und Du, in Cirkel und<br />

Linie, da ist die 3 in die Welt gekom<strong>me</strong>n, und durch Gutes und<br />

Böses, die 5; in 7 ist alles wieder vereinigt: das ist das Allerheiligste;<br />

der Punct hat sich ausgebreitet im Cirkel. – „Und die Erde<br />

war wüst und leer, – und Gott sprach: Es werde Licht! ...“<br />

P. O. Runge, an Ludwig Tieck, April 1803,<br />

Hinterlassene Schriften, Bd. 140f., Göttingen 1965 1<br />

1 zitiert nach: „Der Hang zum Gesamtkunstwerk“, Katalog zur Ausstellung<br />

in Zürich, Düsseldorf, Wien, Hrsg. Harald Szeemann, Aarau 1983<br />

Bei der Suche nach Vergleichbarem und Vorbildern<br />

stößt man als Lichtkünstler schnell auf die Arbeit von<br />

Verwandten im Geiste.<br />

Aufklärung und Aufhellung liegen im Bereich der<br />

Lichtgestaltung oft dicht beieinander.<br />

Wir wollen uns nicht Runges Sichtrichtung durch die<br />

christliche Brille zu eigen machen, sondern uns interessiert<br />

viel<strong>me</strong>hr der geo<strong>me</strong>trisch zahlenmystische<br />

Ansatz seiner Betrachtung. Mit der Zahl 7 haben auch<br />

wir einen Ausgangspunkt für unser hier zum Einsatz<br />

kom<strong>me</strong>ndes Farbwechselsystem gefunden.<br />

„Sieben – Die Säulen der Weisheit ... Ein anderes, zu Beginn<br />

dieses (des letzten !– Anm. d. Verf.) Jahrhunderts verfassten<br />

Werk von Hellenbach weist darauf hin, daß alle Periodizität mit<br />

Sieben zusam<strong>me</strong>nhängt, sei es in der Musik mit ihren sieben<br />

Tönen, die dann in der Oktave wieder zum ersten zurückkehren,<br />

sei es in der Ordnung der chemischen Ele<strong>me</strong>nte. Natürlich<br />

nimmt der Verfasser den alten Glauben auf, dass das Wachstum<br />

und die Entwiklung des Menschen in Perioden von Sieben und<br />

Neun vor sich geht. Auch Shakespeare, wie zahlreiche andere<br />

vor ihm, spricht von den „seven ages of man“, und schon in einer<br />

pseudo-hippokratischen Schrift wird die Sieben „kosmische<br />

Strukturzahl“ genannt und von ihr behauptet, sie bewirke Winde,<br />

Jahreszeiten, Lebensalter, und auf ihr beruhe die natürliche<br />

Gliederung des Menschen.“ 1<br />

1 Endres, Franz Carl / Schim<strong>me</strong>l, Annemarie: Das Mysterium der Zahl:<br />

Zahlensymbolik im Kulturvergleich, 7. Aufl., München 1984


Farben haben System.<br />

Es gibt unterschiedlichste Ansätze der systematischen<br />

Darstellung des Farbspektrums. Bei der additiven<br />

Farbmischung, welche – ganz ähnlich wie bei<br />

Farbbildschir<strong>me</strong>n – sich das von uns eingesetzte<br />

RGB-Lichtwechselsystem zunutze macht, kommt es<br />

typischerweise zu 6 Farbeindrücken: 3 Grundfarben –<br />

Rot / Grün / Blau – 3 Mischfarben – Gelb / Cyan / Gelb<br />

der siebte Sinneseindruck – aus der Addition von Rot<br />

/ Grün / Blau ist Weiß.<br />

Wir haben aus den sieben Farblichtreizen sieben<br />

Lichtszenarien kreiert, die sich jedoch vor allem durch<br />

ihre verschiedenen Startfarben an den sieben Wochentagen<br />

unterscheiden. Damit ist sichergestellt,<br />

dass ein Passant, der jeden Tag zur selben Zeit durch<br />

<strong>Wandsbek</strong> kommt, alle verschiedenen Farben erfährt.<br />

Metaphorisch haben wir den Farbeindrücken die sieben<br />

Him<strong>me</strong>lskörper der auf Pythagoras von Samos<br />

beruhenden Idee der Sphärenharmonie zugeordnet.<br />

Nicht etwa aus esoterischen Motiven, sondern weil wir<br />

damit die un<strong>me</strong>rklich langsa<strong>me</strong> Frequenz der Farbveränderung<br />

versinnbildlichen wollen.<br />

War es doch in der Antike eine umstrittene Frage, warum<br />

die Sphärenmusik, die durch die Bewegung der<br />

Him<strong>me</strong>lskörper entsteht, nicht zu hören sei: Während<br />

Archytas <strong>me</strong>inte, dass der <strong>me</strong>nschliche Gehörgang<br />

wohl für den gewaltigen Schall zu eng sei, war Aristoteles<br />

der Ansicht, man könne das Phäno<strong>me</strong>n mit<br />

Schmieden vergleichen, die Lärm aufgrund von Gewöhnung<br />

nicht <strong>me</strong>hr wahrneh<strong>me</strong>n würden.<br />

4<br />

Donnerstag<br />

Jupiter<br />

3<br />

Mittwoch<br />

Merkur<br />

5<br />

Freitag<br />

Venus<br />

7<br />

Sonntag<br />

Sonne<br />

2<br />

Dienstag<br />

Mars<br />

6<br />

Samstag<br />

Saturn<br />

1<br />

Montag<br />

Mond


Farben verbinden.<br />

Kräftige Farben und Pastelltöne im Vergleich:<br />

Die Farben mit hohem Buntgrad dominieren und wirken raumbildend, die Pastelltöne gehen eher im Umgebungslicht<br />

der Straßenbeleuchtung unter.<br />

Das Lichtwechselkonzept wirkt für die Passanten in der dunklen Jahreszeit wie eine farbige Spange, die den<br />

zentralen Bereich der <strong>Wandsbek</strong>er Chaussee markiert.


Auf diesen beiden Bildern ist – im direkten Vergleich – besonders gut zu erkennen, wie sehr bunte Farben die<br />

Funktion unserer Leuchten als raumbildendes Ele<strong>me</strong>nt unterstützen. Besonders in der Ferne sind die großen<br />

Leuchtenzylinder auf dem rechten Bild in Blau als Reihung auszumachen. Der städtische Raum erfährt durch<br />

die Lichtinszenierung eine farbige Begrenzungslinie, die den gesamten Bereich um den <strong>Wandsbek</strong>er Markt als<br />

Klam<strong>me</strong>r zusam<strong>me</strong>nfasst. Bei den matten Übergangsfarben und bei Weiß ist dieser Effekt – wie im linken Bild<br />

zu sehen – deutlich geringer.


BV 3036 · <strong>Wandsbek</strong>er Winterlicht<br />

Schematische Darstellung der sieben Licht-Szenarien für Winter 2011/2012<br />

Hartmut Bleschke 11 04 2011<br />

Grundfarbensechseck mit Zwischenwerten<br />

aus: Max Keller - DuMont‘s Handbuch der Bühnenbeleuchtung, Köln 1991


Unter der Überschrift Licht jetzt schrieb Ulrich Hatzfeld:<br />

„Dabei ist eines sicher: Wir brauchen ein neues Lichtbewußtsein<br />

– in der Fachwelt wie in der Öffentlichkeit. (...)<br />

Ziel ist ein neuer Lichtreichtum, der sich substanziell mit<br />

der Wohn-, Lebens- und Arbeitswelt auseinander setzt.<br />

Nicht im Sinne von bunter und heller, sondern im Sinne<br />

von subtiler und schöner.<br />

Denn bei Licht droht das, was Hans Magnus Enzensberger<br />

in Bezug auf den Tourismus gesagt hat:<br />

>>Er zerstört, was er sucht, indem er es findet.


PROTECT ME FROM WHAT I WANT<br />

(Jenny Holzer) 1<br />

Diesen berühmt gewordenen Text von Jenny<br />

Holzer rufen wir allen entgegen, die sich nur<br />

bestimmte Farben wünschen. Wir wurden von<br />

unterschiedlichen Seiten, teilweise recht agitativ,<br />

dazu aufgefordert, bestimmte Farben zu bevorzugen<br />

und andere dafür zu vernachlässigen.<br />

Das bedeutet für uns einen Verzicht nicht nur<br />

auf visuelle Möglichkeiten, sondern auch geradezu<br />

ein mutwilliges Ausblenden von einem Teil<br />

der uns alle umgebenden Farbwirklichkeit.<br />

1 u.a. verwendet in der Arbeit „Truism“,<br />

Installation, Caesars Palace, Las Vegas, 1986<br />

zitiert nach: Jenny Holzer, Katalog zur Ausstellung im Salomon<br />

Guggenheim Museum, New York (12.12.1989–25.02.1990),<br />

New York 1989


Herausgeber:<br />

Hartmut Bleschke<br />

Bleschke-Kunstlicht<br />

Kieselstrasse 60 22929 Hamfelde-Hzgt.Lbg.<br />

fon +49 4154 707490 licht@bleschke.de<br />

Chris Radtke<br />

Light · Interior · Sculptures<br />

Rothenburgstraße 5 20539 Hamburg<br />

fon +49 40 240079 info@chrisradtke.com<br />

2011 · Copyright

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