TIEF IM WESTEN DAS NRW-HEFT - Fluter
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war schon immer eine Stärke und dies kann<br />
im Zeitalter der Globalisierung ein wichtiger<br />
Standortfaktor werden.<br />
Welche Rolle spielen riesige Einkaufszentren<br />
wie das Centro in Oberhausen<br />
bei der Entwicklung des Ruhrgebiets?<br />
Im internationalen Vergleich und für die Zukunft<br />
sind solche Projekte eher unbedeutend.<br />
Die echten Innenstädte werden durch solche<br />
Riesenmalls allerdings kannibalisiert. Dort<br />
bleiben dann die Obdachlosen und andere<br />
unerwünschte Gruppen, die die Security-<br />
Dienste aus den privatwirtschaftlichen Shoppingzentren<br />
vertreiben.<br />
Aber beleben solche Einkaufszentren<br />
die Region nicht auch? Immerhin ziehen<br />
sie auch Kunden von außerhalb des<br />
Ruhrgebiets an.<br />
Unterm Strich war das Centro für Oberhausen<br />
und das Ruhrgebiet insgesamt ein Gewinn,<br />
allein wegen der Imageverbesserung.<br />
Aber wenn jetzt alle Städte das Gleiche machen,wird<br />
das der ganzen Region nicht nützen.<br />
Denn das Ruhrgebiet ist ja insgesamt<br />
schon mit Einkaufszentren zugepflastert.<br />
Was wären bessere Alternativen?<br />
Ein guter Ansatz ist die Internationale Bauaustellung<br />
Emscherpark. Dort wurde in den<br />
Neunzigerjahren der Begriff Industriekultur<br />
geprägt. Auf 300 Quadratkilometern wurde<br />
eine einzigartige industriell geprägte Landschaft<br />
wiederhergestellt und geschützt,auf Industriebrachen<br />
ließ man der Natur freien<br />
Lauf, familienfreundliche Siedlungen wurden<br />
gebaut und alte Industrieanlagen als architektonische<br />
Denkmäler oder kulturelle<br />
Treffpunkte erhalten. Auch der Duisburger<br />
Innenhafen ist ein gutes Beispiel: Dort wurde<br />
ein altes Hafenareal zu einem neuen, lebenswerten<br />
Stadtquartier mit modernen<br />
Büros und Wohnungen umgestaltet.<br />
Kann die Art, wie das Ruhrgebiet mit<br />
dem Strukturwandel umgeht, auch Vorbildfunktion<br />
haben für andere Regionen<br />
Deutschland?<br />
Aber sicher. Das Ruhrgebiet muss ja jetzt<br />
schon mit einer Bevölkerungsschrumpfung<br />
umgehen, die in zwanzig Jahren auch Regionen<br />
wie zum Beispiel Württemberg bevorsteht.<br />
Diesen Wandel darf man aber nicht<br />
als Bedrohung sehen, sondern muss ihn als<br />
Herausforderung und auch als Chance interpretieren.<br />
Wenn sie andere alte Industrieregionen<br />
anschauen,wie zum Beispiel in Mit-<br />
telengland oder Nordfrankreich – da ist das<br />
Ruhrgebiet schon ein Modellfall, da müssen<br />
wir unser Licht nicht unter den Scheffel stellen.<br />
Expertenkommissionen aus der ganzen<br />
Welt pilgern hierher und schauen sich an,wie<br />
das Ruhrgebiet diesen Wandel meistert.<br />
Und wie steht es um Nordrhein-Westfalen<br />
insgesamt? Würden Sie es wagen,<br />
eine Zukunftsprognose für das Jahr 2020<br />
abzugeben?<br />
Man wird das nicht auf einen Nenner bringen<br />
können. <strong>NRW</strong> wird seine frühere Position<br />
als mit Abstand stärkstes Industrieland<br />
nicht in die Zukunft retten können. Die<br />
entscheidende Frage wird sein, ob es dem<br />
Bundesland gelingt, sich zu einer Dienstleistungsregion<br />
zu wandeln.<br />
Was genau braucht <strong>NRW</strong> dafür?<br />
Die Leitbranchen der Zukunft sind unternehmensorientierte<br />
Dienstleistungen wie Finanzwesen,Versicherungen<br />
und Consulting,<br />
dann Wissenschaft,Forschung und Entwicklung,<br />
moderne Technologien, auch Medien,<br />
Kultur und Tourismus sowie schließlich Handel,Verkehr<br />
und Logistik. Da gibt es viele<br />
hoffnungsvolle Ansätze.Aber man darf auch<br />
nicht vergessen, dass <strong>NRW</strong> immer noch 500<br />
Millionen Euro pro Jahr in die Kohlesubventionierung<br />
steckt.<br />
Ist den Jugendlichen im Ruhrgebiet die<br />
industrielle Bergbauvergangenheit ihrer<br />
Region noch bewusst?<br />
Sie wissen das aus dem Schulunterricht, aber<br />
für die junge Bevölkerung ist die Industrie<br />
Vergangenheit.Wenn man in Bochum nach<br />
der Zeche fragt, wird man in eine Disco geschickt,<br />
die so heißt.<br />
Auf www.fluter.de:„Der Pott,da geht nix drüber“:<br />
ein Hörstück über das Leben,Wohnen, Arbeiten<br />
im Ruhrgebiet.<br />
Prof. Dr. Hans H. Blotevogel,<br />
61, ist im westfälischen<br />
Getmold geboren.<br />
Er ist Professor für Raumordnung<br />
und Landesplanung<br />
an der Fakultät für<br />
Raumplanung der Universität<br />
Dortmund. Er lebt in Bochum, ist verheiratet<br />
und hat vier erwachsene Kinder.<br />
www.lizzynet.de<br />
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