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Dr. Uta Enders-Dragässer

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Bezugspersonen und sahen darin einen Zusammenhang zu ihrer eigenen späteren Armut:als Töchter sozial benachteiligter Eltern waren ihnen die Voraussetzungen vorenthaltengeblieben, die sie selbst zur Überwindung von Armut für entscheidend hielten. Das warenvor allem anderen schulische und berufliche Bildung als Grundlage für eineexistenzsichernde Erwerbsarbeit.Entscheidend waren jedoch nicht allein diese Weichenstellungen in der Kindheit, sondern dieWiederholungen von belastenden Erfahrungen im Erwachsenenleben, z.B. durch Armut,Gewalt, Sucht, vor allem aber die mangelnde Unterstützung von außen in denverschiedenen Phasen ihrer Notlagen. Die Frauen scheinen wegen ihrer unzureichendenHandlungsspielräume aus der "Normalität" gefallen zu sein. In Wirklichkeit aber haben sie -nach ihren eigenen Worten - durchaus einen realistischen, ihrer Situation angemessenenBedarf an "Normalität", z. B. nach Erwerbsarbeit, einer eigenen Wohnung, der Heilung vonAlkoholabhängigkeit, der Wiederherstellung der Lebensgemeinschaft mit Kindern, vielleichtauch nach einer neuen Partnerschaft.An der "Normalität" der Frauen trotz ihrer schwierigen Lebensverhältnisse in der Hilfeanzuknüpfen, heißt, dass alle beteiligten Institutionen einschließlich der Schule die komplexeRealität von Mädchen und Frauen im gesellschaftlich strukturierten Geschlechterverhältnismit benachteiligender geschlechtlicher Arbeitsteilung, benachteiligenden hegemonialenMännlichkeitsvorstellungen, entwürdigender und verletzender häuslicher bzw. sexuellerGewalt wahrnehmen und in der inhaltlichen und organisatorischen Ausgestaltung von Hilfenberücksichtigen.Das bedeutet auch, dass weit mehr Frauen als die als "wohnungslos" identifizierten Frauenvergleichbare Probleme haben, ohne dass sie bereits deswegen z.B. einer Behördeaufgefallen sind. Gerade weil Frauen lange darum kämpfen, die Wohnung zu erhalten unddie Familie nicht zu verlieren, sich also mit den ihnen zur Verfügung stehenden Mitteln selbstzu helfen suchen, müssen sie bereits darin unterstützt werden. Die Hilfe sollte nicht erstdann einsetzen, wenn Notlage und Bedürftigkeit schon eingetreten sind. Aber nurwohnungslose Frauen sind eine ausgewiesene Zielgruppe für Sozialarbeit, Frauen inexistenzbedrohenden Lebenskrisen sind es nicht. Selbst Frauenhäuser, die den Frauen, dieOpfer häuslicher Gewalt sind, Schutz und Unterstützung bieten, kämpfen in vielenBundesländern um die wirtschaftliche Basis dieses gesellschaftlich anerkanntenHilfeangebotes. Gefordert sind daher niederschwellige Beratungseinrichtungen, an die sichFrauen wenden können, ohne stigmatisiert zu werden.Aus der "Normalität" von Wohnungsnotfällen kann zugleich abgeleitet werden, welcheinstitutionalisierten Hilfen betroffene Frauen benötigen, um wieder handlungsfähig zu werdenbzw. ihre Handlungsspielräume erweitern zu können. Prinzipiell benötigen sie Hilfen, die aufeiner Wertschätzung ihrer sozialen Bindungen und Verpflichtungen und ihren darausresultierenden komplexen und widersprüchlichen Lebensverhältnisse beruhen. Bei einerganzheitlichen Erfassung der Beschränkungen in den verschiedenen Handlungsspielräumenkönnen spezifische Angebote für einzelne Bereiche entwickelt werden, z. B. Angeboteberuflicher Förderung oder ein frauengerechtes Therapieangebot bei einer Suchtproblematik7© Gesellschaft für Sozialwissenschaftliche Frauen- und Genderforschung e.V. (GSF e.V.)

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