5gnostik herangezogen, mit <strong>der</strong> darüber h<strong>in</strong>ausdie Pathologie quantifiziert und dokumentiertwerden kann. „Vor allem die Sonographie leistetbei kontrakten Fehlstellungen <strong>in</strong> den erstenzwei Lebensjahren hervorragende Dienste“,erklärt Hamel. So verwendet Hamel die Sonographiez.B. zur Verlaufskontrolle während <strong>der</strong>Klumpfuß-Redression. „Die Röntgendiagnostikmuss sparsam und standardisiert erfolgen, d.h.bei kontrakten Deformitäten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Korrektur-Endstellung, bei hypermobilen Zuständen <strong>in</strong><strong>der</strong> maximal möglichen Fehlstellung“, erläutert<strong>der</strong> Orthopäde.Hamel und se<strong>in</strong>e Kollegen entwickeln undprüfen radiologische Indizes u.a. zur Beurteilungbeispielsweise e<strong>in</strong>er schweren Knick-Senkfuß-Fehlstellung.„Durch e<strong>in</strong>en biomechanischbegründeten und <strong>in</strong> unserer täglichen Praxiserprobten Röntgen-Index (TMT-Index) könnenwir heute das Ausmaß <strong>der</strong> Fehlstellung mite<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>zigen Zahl objektiv benennen“, berichteter. Mo<strong>der</strong>ne Schnittbild-Verfahren bleibenspeziellen Fragestellungen vorbehalten, z.B. beiCoalitiones (Verschmelzung von Knochenkernen),Tumoren, Wachstumsfugen-Schädigungeno<strong>der</strong> auch zur Suche e<strong>in</strong>er Schmerzursache.Wie Hamel arbeitet auch Dr. Leonhard Dö<strong>der</strong>le<strong>in</strong>,Leiten<strong>der</strong> Oberarzt <strong>in</strong> <strong>der</strong> OrthopädischenUniversitätskl<strong>in</strong>ik Heidelberg, daran, die<strong>Diagnostik</strong> zu objektivieren und so Fehlstellungenquantifizieren zu können. Er untersucht,wie sich e<strong>in</strong>e Fehlstellung dynamisch beimGehen bemerkbar macht – mittels computergestützterGanganalyse.Abb. 1.:Abb. 2:Instrumentelle GanganalyseDie Instrumentelle Ganganalyse kam <strong>in</strong> den80ern <strong>in</strong> den USA auf und fasst seit gut zehnJahren auch <strong>in</strong> Deutschland Fuß. Hierbei werdendie Gelenke des Be<strong>in</strong>es beim Gehen vermessenund ihre Funktion als dreidimensionaleKurven sichtbar gemacht. „Drei Funktionsgrößenwerden gemessen“, erklärt Dr. SebastianWolf, Leiter des zu Dö<strong>der</strong>le<strong>in</strong>s Sektion gehörendenGanglabors. „Zum e<strong>in</strong>en die K<strong>in</strong>ematik, dieBewegung, wozu dem Patienten kugelförmigeMarker an bestimmten Punkten auf die Hautgeklebt werden. Diese reflektieren <strong>in</strong>frarotesLicht, das während des Ganges von Kamerasaufgezeichnet wird.“ Gleichzeitig werden k<strong>in</strong>etischeDaten über an den Gelenken wirkendeDrehmomente von Kraftmessplatten im Bodenaufgenommen. Als drittes kommt die dynamischeElektromyographie zum E<strong>in</strong>satz. „Dazuwerden Elektroden auf dem Be<strong>in</strong> platziert, dieInformationen über die Muskelaktivität liefern“,führt Wolf aus. Darüber h<strong>in</strong>aus werdenauch Standard-Videos aufgenommen sowie dieDruckverteilung unter <strong>der</strong> Fußsohle (Pedographie)und im E<strong>in</strong>zelfall auch <strong>der</strong> Sauerstoffverbrauchbeim Gehen erfasst.An etwa 20 Orten <strong>in</strong> Deutschland wirddie Instrumentelle Ganganalyse durchgeführt.Üblicherweise wird dabei <strong>der</strong> Fuß jedoch alsstarres Element behandelt. Sehr viel genauervermessen die Heidelberger vor allem starkeDeformitäten mit ihrem vor zwei Jahren entwickeltenFußanalysemodell [1]. „Damit könnenwir die Bewegung e<strong>in</strong>zelner Fußgelenke, dieMuskelaktivität im Unterschenkel- und Fußbereichsowie die dynamische Druckverteilungzeitsynchron messen“, betont Dö<strong>der</strong>le<strong>in</strong>. „Sowerden u.a. Auswirkungen auf Hüft- und Kniegelenksowie auf die Gegenseite untersucht.“Weltweit s<strong>in</strong>d die Heidelberger neben e<strong>in</strong>emKooperationslabor <strong>in</strong> Sydney/Australien,an das diese Methode weitergegeben wurde,die e<strong>in</strong>zigen, die Fußanalysen dieser Art durchführen.Doch Dö<strong>der</strong>le<strong>in</strong> hofft „auf e<strong>in</strong>e größereVerbreitung und vor allem e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>dustriellenKooperationspartner, um diese Methode allgeme<strong>in</strong>verfügbar zu machen“. Sie ist <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>ezur Ermittlung <strong>der</strong> Evidenz von Therapien<strong>in</strong>teressant.Die Methode ist allerd<strong>in</strong>gs für erwachseneFüße konzipiert. Wolf merkt an: „Wir haben e<strong>in</strong>igenAufwand betrieben, um auch K<strong>in</strong><strong>der</strong>füßebis Schuhgröße 33 messbar zu machen. E<strong>in</strong> ver-FußdeformitätenAbb. 3:Die Bewegung desProbanten wird anhandreflektieren<strong>der</strong>Marker beim Gehenüber mehrere Kameraserfasst (typischerweise6), die es ermöglichenüber e<strong>in</strong>e3D-Rekonstruktionper Computer orthopädischrelevanteGelenkw<strong>in</strong>kel <strong>in</strong>drei Raumebenenzu erfassenQuelle:Orthopäd. Unikl<strong>in</strong>ikHeidelbergAbb. 1:Schwerer k<strong>in</strong>dlicherPlanovalgus-Fuß vorStabilisierung mitArthroriseQuelle:Prof. Johannes HamelAbb. 2:Schwerer k<strong>in</strong>dlicherPlanovalgus-Fußnach Stabilisierungmit ArthroriseQuelle:Prof. Johannes Hamel
6FußdeformitätenAbb. 4:unbehandelterKlumpfußQuelle:www.klumpfuss-<strong>in</strong>fo.deAbb. 5:Ponseti-Methode:GipskorrekturQuelle:www.klumpfuss-<strong>in</strong>fo.dee<strong>in</strong>fachtes Modell hat teilweise schon bei unterVierjährigen funktioniert.“ Da steckt die Forschung– im wahrsten S<strong>in</strong>ne des Wortes – noch<strong>in</strong> den K<strong>in</strong><strong>der</strong>schuhen.Orthopädietechnik gefragtZur Therapie weniger stark ausgeprägter Fehlstellungengibt es heute e<strong>in</strong> vielfältiges Sortimentan Fußorthesen (E<strong>in</strong>lagen) und Knöchelorthesen.Immer wie<strong>der</strong> wird <strong>der</strong> Nutzenklassischer E<strong>in</strong>lagen angezweifelt, die jedochoft statt Bewegungsmaßnahmen verordnet o<strong>der</strong>unzureichend angepasst werden. Und schlechtpassende E<strong>in</strong>lagen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tat schädlicherals gar ke<strong>in</strong>e.„Die Orthopädietechnik, <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e dieE<strong>in</strong>lagen spielen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong> e<strong>in</strong>e eher untergeordneteRolle“, beklagt Alfons Fuchs, Leiter<strong>der</strong> Orthopädischen Werkstätten <strong>der</strong> Unikl<strong>in</strong>ikHeidelberg. So verwun<strong>der</strong>e es nicht, dass diewichtigste Entwicklung <strong>der</strong> letzten Jahre nichtvon e<strong>in</strong>em Arzt o<strong>der</strong> Techniker, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong>Physiotherapeut<strong>in</strong> Nancy Hylton angestoßenwurde. „Neben dem klassischen Weg, mit Kräftenund Hebeln das Fußgewölbe zu stützen,wurden vor zehn Jahren mit propriozeptiven,also die körpereigene Wahrnehmung för<strong>der</strong>ndenOrthesen neue Pfade beschritten“, weißFuchs. Darunter haben vor allem die dynamischenOrthesen, auch Nancy-Hylton-Orthesengenannt, e<strong>in</strong>e wahre Modewelle ausgelöst. Dieseverbessern deutlich die Koord<strong>in</strong>ation undTonuskontrolle bei Spastiken, bestätigt <strong>der</strong> Orthopädiemechaniker-Meister.Doch er hat Bedenken,ob bei an<strong>der</strong>en Indikationen die hohenMehrkosten gerechtfertigt seien.An<strong>der</strong>e Methoden z.B. die Plantarorthesenach Heili nutzen Reflexzonen und setzen Reizean <strong>der</strong> Fußsohle, um die Körperstatik zu verbessern.E<strong>in</strong>e <strong>in</strong>teressante Neuentwicklung, die e<strong>in</strong>eumfangreiche konventionelle Orthesenversorgungbeim Knick-Plattfuß ersparen kann, istdie TR-(Talus Repositions-)R<strong>in</strong>gorthese nachBaise/Pohlig. Beim Anziehen <strong>der</strong> Orthese wird<strong>der</strong> Rückfuß durch e<strong>in</strong>e Rotationsbewegungkorrigiert und von e<strong>in</strong>er r<strong>in</strong>gförmigen Fassunggehalten.Postoperativ f<strong>in</strong>den orthopädische Hilfsmittelwie Gipsverbände o<strong>der</strong> (Tag-)Nacht-Lagerungsschalenzur Ruhigstellung von Fuß undBe<strong>in</strong> Verwendung. Fuchs fügt an: „RedressierendeGipse werden u.a. beim Spitzfuß angelegt.Zusammen mit Botul<strong>in</strong>umtox<strong>in</strong> können soheute gute Erfolge erzielt werden“ (siehe Kastenrechts).Für die Zukunft for<strong>der</strong>t Fuchs e<strong>in</strong>e wissenschaftlicheÜberprüfung <strong>der</strong> Orthesenversorgungund dessen, was sich mit Hilfe von Impulsen,Reflexzonen und Propriozeption erreichenließe – und als Ergebnis e<strong>in</strong>e klare Leitl<strong>in</strong>ie. Bisdah<strong>in</strong> bemüht er sich selbst um e<strong>in</strong>e gesundeMischung aus allen Ansätzen.Operativ e<strong>in</strong>greifen?Ganz wichtig bei <strong>der</strong> Entscheidung zum operativenVorgehen sei die Kenntnis <strong>der</strong> Entwicklungspotentialeund des Spontanverlaufes, betontHamel. „Nicht selten ist es vorzuziehen,e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>griff noch h<strong>in</strong>auszuschieben, weilentwe<strong>der</strong> <strong>der</strong> Verlauf noch nicht abzusehen isto<strong>der</strong> e<strong>in</strong> operatives Verfahren optimal erst beie<strong>in</strong>em bestimmten Reifungsgrad des Fußes anzuwendenist.“ Allerd<strong>in</strong>gs sollten manche Füße<strong>in</strong>nerhalb e<strong>in</strong>es bestimmten Zeitfensters korrigiertwerden, um die Wachstumsreserven vollauszunutzen.Je nach Lebensalter nimmt Hamel deshalbWeichteilkorrekturen, Osteotomien, Sehnentransferso<strong>der</strong> isolierte versteifende Maßnahmen vor– häufig aber auch Komb<strong>in</strong>ationse<strong>in</strong>griffe.„Bei neuromotorisch kranken K<strong>in</strong><strong>der</strong>n s<strong>in</strong>d