Erkennung oraler Risiko- läsionen in der zahnärztlichen Praxis
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ERKENNUNG ORALER RISIKOLÄSIONEN IN DER ZAHNÄRTZLICHEN PRAXIS<br />
Orale Vorläufer<strong>läsionen</strong><br />
Obwohl orale Plattenepithelkarz<strong>in</strong>ome grundsätzlich auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> kl<strong>in</strong>isch<br />
gesund ersche<strong>in</strong>enden Mundschleimhaut entstehen können, bildet sich<br />
die große Mehrzahl auf dem Boden langfristig bestehen<strong>der</strong> und kl<strong>in</strong>isch<br />
erkennbarer Vorläufer<strong>läsionen</strong> [Forastiere et al. 2001, Scheifele and Reichart<br />
2003]. Diese Vorläufer<strong>läsionen</strong> gehen überwiegend mit Verhornungsstörungen<br />
<strong>der</strong> Mundschleimhaut e<strong>in</strong>her und ersche<strong>in</strong>en unter dem<br />
kl<strong>in</strong>ischen Bild <strong>der</strong> Leukoplakien o<strong>der</strong> Erythroplakien.<br />
Erhebungen für die Bundesrepublik Deutschland gehen von e<strong>in</strong>er Leukoplakie-Inzidenz<br />
um 1,8 Prozent <strong>in</strong> den alten Bundeslän<strong>der</strong>n und um 0,9 Prozent<br />
<strong>in</strong> den neuen Bundeslän<strong>der</strong>n aus [Reichart 2000]. Da sich h<strong>in</strong>ter dem<br />
re<strong>in</strong> deskriptiven Begriff <strong>der</strong> Leukoplakie ke<strong>in</strong> e<strong>in</strong>heitliches Krankheitsbild<br />
verbirgt, ist die Häufigkeit <strong>der</strong> malignen Transformation <strong>in</strong> hohem Maße<br />
unterschiedlich und wird studienabhängig <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Spektrum von 0,6 bis<br />
18 Prozent angegeben [Reibel 2003, Greenspan and Jordan 2004]. Inhomogene<br />
Leukoplakien besitzen im Vergleich zur homogenen Leukoplakie<br />
e<strong>in</strong> vier- bis fünfmal erhöhtes Entartungsrisiko [Silverman et al. 1984].<br />
Doch erfor<strong>der</strong>n auch homogene Leukoplakien aufgrund e<strong>in</strong>er Transformationsrate<br />
von bis zu 5 Prozent [Burkhardt und Maerker 1981, Silverman et al.<br />
1984, L<strong>in</strong>d 1987] e<strong>in</strong>e engmaschige Nachsorge. Die Transformationsraten<br />
von Erythroplakien und Leukoplakien mit erosiven Anteilen liegen deutlich<br />
höher und erreichen bis zu 50 Prozent [Reichart and Philipsen 2005].<br />
a b<br />
Invasives Plattenepithelkarz<strong>in</strong>om<br />
a) auf dem Boden e<strong>in</strong>er homogenen Leukoplakie<br />
b) auf dem Boden e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>homogenen Leukoplakie<br />
ERKENNUNG ORALER RISIKOLÄSIONEN IN DER ZAHNÄRTZLICHEN PRAXIS<br />
Bei den Erkrankungsbil<strong>der</strong>n, die mit e<strong>in</strong>em erhöhten Entartungsrisiko e<strong>in</strong>hergehen,<br />
werden aus systematischen Gründen „Vorläufer<strong>läsionen</strong>“ (Synonyme:<br />
Präkanzerosen, Präkursor<strong>läsionen</strong>) von „prämalignen Konditionen“<br />
(Synonyme: potentiell maligne Bed<strong>in</strong>gungen, präkanzeröse Konditionen)<br />
unterschieden [Reichart 2007].<br />
Unter dem Begriff <strong>der</strong> „Vorläuferläsion“ wird dabei die konkrete Manifestation<br />
an umschriebener Stelle o<strong>der</strong> an mehreren Stellen <strong>der</strong> Mundschleimhaut<br />
verstanden. Im Gegensatz dazu bezeichnet <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong><br />
„prämalignen Kondition“ e<strong>in</strong>e Grun<strong>der</strong>krankung, die durch e<strong>in</strong>e generell<br />
erhöhte Entartungstendenz <strong>der</strong> Mundschleimhaut charakterisiert ist.<br />
Die kl<strong>in</strong>isch bedeutsamen „Vorläufer<strong>läsionen</strong>“ <strong>in</strong> den <strong>in</strong>dustrialisierten<br />
Län<strong>der</strong>n s<strong>in</strong>d die Erythroplakie und die Leukoplakie [Scheifele and Reichart<br />
2003], die relevante „prämaligne Kondition“ stellt die Lichenerkrankung<br />
<strong>der</strong> Mundschleimhaut dar. Zahlreiche an<strong>der</strong>e Krankheitsbil<strong>der</strong> gehören<br />
ebenfalls zur Gruppe <strong>der</strong> „prämalignen Konditionen“ (Eisenmangelanämie,<br />
orale submuköse Fibrose, Syphilis, Xero<strong>der</strong>ma pigmentosum, Lupus<br />
erythematodes, Epi<strong>der</strong>molysis bullosa dystrophicans), spielen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Bevölkerung<br />
westlicher Industrielän<strong>der</strong> aber e<strong>in</strong>e untergeordnete Rolle [El<br />
Naggar and Reichart 2005].<br />
Da <strong>der</strong> Begriff „Präkanzerose“ <strong>in</strong> <strong>der</strong> Vergangenheit recht häufig für alle<br />
oben genannten Krankheitsbil<strong>der</strong> verwendet wurde, sollte dieser Begriff<br />
zugunsten <strong>der</strong> Bezeichnungen Vorläufer<strong>läsionen</strong> verlassen werden. Im<br />
weiteren Text wird daher e<strong>in</strong>heitlich von Vorläufer<strong>läsionen</strong> gesprochen.<br />
Kl<strong>in</strong>isches Ersche<strong>in</strong>ungsbild <strong>der</strong> Vorläufer<strong>läsionen</strong><br />
Vorläufer<strong>läsionen</strong> bezeichnen e<strong>in</strong>en konkreten Schleimhautbezirk mit<br />
morphologisch verän<strong>der</strong>tem Gewebe, <strong>in</strong> dem das Auftreten von<br />
Krebs wahrsche<strong>in</strong>licher ist als <strong>in</strong> normaler Mundschleimhaut.<br />
Sie werden re<strong>in</strong> morphologisch-deskriptiv <strong>in</strong> homogene und <strong>in</strong>homogene<br />
Leukoplakie, verruköse Leukoplakie, proliferative verruköse Leukoplakie,<br />
Erythroplakie sowie Erythroleukoplakie unterteilt.<br />
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