Eberle-Schule Nossen - Nossner Rundschau
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In einer früheren NR-Ausgabe<br />
hatten wir um die Zusendung<br />
von Bildern von „heute nicht<br />
mehr existierenden Gebäuden“<br />
gebeten. Der heute in Duisburg<br />
wohnende Peter Grunewald<br />
schickte uns die folgenden Erinnerungen<br />
an seine <strong>Nossner</strong> Zeit, die<br />
vor reichlich 50 Jahren auf der<br />
Freiberger Straße 28 begann.<br />
Hier nun der leicht bearbeitete<br />
erste Teil seines Berichtes:<br />
„Wohl jeder <strong>Nossner</strong> kennt<br />
dieses noch nicht all zu alte<br />
Gebäude. Es steht erst seit etwa<br />
gut 30 Jahren. (Bild 1)<br />
Wer weiß aber noch welches<br />
Haus sich vorher an seinem<br />
Platz befand?<br />
Vor 50 – 60 Jahren wohnten<br />
meine Mutter und ich in dem<br />
Vorgängerbau.<br />
Wir kamen 1945 ausgebombt<br />
aus Chemnitz nach <strong>Nossen</strong>.<br />
Uns wurde 1947 in dem damals<br />
schon weit über 100 Jahre altem<br />
Haus eine Wohnung in der<br />
oberen Etage („hinten raus“)<br />
zugewiesen. Wir wohnten darin<br />
bis 1958.<br />
Meine Kinder- und Schuljahre<br />
von vier bis fünfzehn verbrachte<br />
ich hier und habe daran die<br />
angenehmsten Erinnerungen,<br />
denn nichts prägt einen Menschen<br />
für das spätere Leben<br />
mehr als seine Kinder-, Schulund<br />
Lehrjahre.<br />
Erst einmal möchte ich versuchen,<br />
dieses Haus zu beschreiben.<br />
(Bild 2)<br />
Zur Haustür führte eine<br />
Treppe mit mindestens 12 Stu-<br />
30<br />
LESERBRIEF: Erinnerungen eines ehemaligen <strong>Nossner</strong>s<br />
<strong>Nossner</strong> <strong>Rundschau</strong> I November 2008<br />
Bild 1: <strong>Nossen</strong>, Freiberger Straße 28<br />
fen hinauf. Im Untergeschoss<br />
befanden sich die Kellerräume<br />
für Brennstoffe – also selbst<br />
gesammeltes Holz, Braunkohleklumpen<br />
und Torfziegel,<br />
in den Folgejahren dann auch<br />
Briketts und Kartoffeln.<br />
Abstellräume waren nicht vorhanden<br />
– in jenen Jahren gab<br />
es noch nichts „abzustellen“.<br />
Auf dem Foto erkennt man im<br />
Haus zwei Türen auf Straßenhöhe.<br />
Durch die an der Treppe<br />
gelegene gelangte man in die<br />
Keller, zum Hühnerstall und zu<br />
den Kaninchen, die sich der<br />
Hauseigentümer hielt, samt<br />
deren Futtervorräten. Somit<br />
gingen neben den Hühnern<br />
auch Ratten und Mäuse ein<br />
und aus und brauchten sich im<br />
Gegensatz zur Bevölkerung<br />
keine Sorgen um die tägliche<br />
Ernährung zu machen. Hinter<br />
der halbrunden Tür verbarg<br />
sich anfangs ein Pferdestall für<br />
ein Pferd. Die Tür zwischen<br />
Kurz nach der Übergabe – ein Blick über die Freiberger Straße auf das neue<br />
Feuerwehrgerätehaus.<br />
Stützmauer und Haus führte,<br />
vorbei an einem Misthaufen in<br />
den Garten, der aus einer<br />
Wiese mit einigen Obstbäumen<br />
bestand. In einem kleinen,<br />
nochmals separat eingezäunten<br />
Teil, baute der Eigentümer für<br />
sich etwas Gemüse an.<br />
Betrat man nun das Gebäude<br />
durch die Haustür, gelangte<br />
man in das mit schwarzen und<br />
weißen Fließen versehene<br />
„Treppenhaus“.<br />
Hier befand sich die „zentrale<br />
Wasserstelle“, der einzige Wasseranschluss<br />
und Ausguss des<br />
ganzen Hauses. Im Erdgeschoss<br />
wohnte der Eigentümer.<br />
Eine steinerne Treppe führte<br />
hinab in den Keller. Ein weiterer<br />
Mieter und wir gelangten<br />
über eine Holztreppe hinauf in<br />
die erste Etage.<br />
Auf halber Höhe im Treppenhaus<br />
war, eingebaut in einem<br />
winzigen Raum, die Toilette.<br />
Den Mittelpunkt bildete eine<br />
braun gestrichene Holzkiste<br />
mit einer ausgesägten Rundung,<br />
die aber wenigstens mit<br />
einem hölzernen Deckel verschließbar<br />
war. Es handelte sich<br />
um ein typisches „Plumpsklo“ –<br />
und genau dieses Geräusch<br />
machten auch die der Verdauung<br />
zum Opfer gefallenen<br />
Speisen, die nach etwa zwei<br />
Sekunden des freien Falles<br />
deutlich vernehmbar in der Jauchengrube<br />
landeten.<br />
Diese wurde einmal jährlich<br />
geleert - anfangs mit einem<br />
Schöpfer von Hand und mittels<br />
Eimern in einen hölzernen<br />
Fasswagen gekippt. Später kam<br />
dann der örtliche Entsorger mit<br />
einer knatternden Motorpumpe<br />
und oftmals undichten Saugschläuchen,<br />
die durch das<br />
Treppenhaus verlegt wurden.<br />
Der Inhalt gelangte direkt auf<br />
die Felder der Bauern. Eine<br />
etwas herb duftende Angelegenheit<br />
– aber nützlich und<br />
ohne teure Kläranlagen.<br />
Bei Dunkelheit musste man auf<br />
dem „Plumpsklo“ allerdings<br />
einen Kerzenleuchter benutzen,<br />
da für diese Zwecke eine elektrische<br />
Beleuchtung als entbehrlich<br />
erachtet wurde.<br />
Klopapier war damals nicht<br />
käuflich erwerbbar, so dass dieses<br />
aus ausgelesenen Zeitungen<br />
– formatgerecht geschnitten<br />
und an einen einfach in die<br />
Wand gehämmerten Nagel<br />
gehängt - bestand. Eigentlich<br />
unnötig zu erwähnen, dass eine<br />
Wasserspülung natürlich auch<br />
nicht vorhanden war.<br />
Bild 2: Vorgängerbau Freiberger Str. 28<br />
Foto: P.G. ca. 1955<br />
In der ersten Etage angekommen,<br />
gelangte man unmittelbar<br />
durch eine Tür in die Wohnung.<br />
Einen Flur gab es nicht.“<br />
Soweit der erste Teil des Berichtes<br />
von Herrn Grunewald, dem wir<br />
ganz herzlich dafür danken.<br />
In einer der nächsten Ausgaben<br />
erzählt er dann vom Lebensstandard<br />
der DDR-Bürger in den<br />
1940/50er Jahren.<br />
NR