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7/3.2.4 Fallbeispiel und Urteile „störendes Hundegebell“

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Nichtgefährliche H<strong>und</strong>e 7/<strong>3.2.4</strong><br />

7/<strong>3.2.4</strong> <strong>Fallbeispiel</strong> <strong>und</strong> <strong>Urteile</strong> <strong>„störendes</strong><br />

7/<strong>3.2.4</strong><br />

Nichtgefährliche H<strong>und</strong>e<br />

H<strong>und</strong>e H<strong>und</strong>egebell“<br />

Tierhaltung <strong>und</strong> Artenschutz<br />

Hinweise 7/2.2 Bitte beachten Sie die Kapitel 6/2.2 Rechtsgr<strong>und</strong>la-<br />

7/2<br />

gen des Nachbarrechts, Kapitel 6/3.23; <strong>Fallbeispiel</strong><br />

„Nachbarrecht <strong>und</strong> Lärm“ sowie Kapitel 6/2.3 „In<br />

welchen Fällen wird das Ordnungsamt tätig?“<br />

Kurze Inhaltsangabe:<br />

❑ <strong>Fallbeispiel</strong> <strong>und</strong> Falllösung . . . . . . . . . . . .Seite 1<br />

❑ <strong>Urteile</strong> zum H<strong>und</strong>egebell . . . . . . . . . . . . .Seite 18<br />

1. <strong>Fallbeispiel</strong><br />

H<strong>und</strong>ehalter H hält einen „Golden Retriever“ mit<br />

Namen „Ben“. Der H<strong>und</strong> darf in dem Garten von H<br />

tagsüber frei umherlaufen. Aus Freude über das<br />

Erscheinen von Frauchen oder Herrchen im Garten<br />

bellt „Ben“ laut <strong>und</strong> anhaltend. Erst nach einiger<br />

Zeit kann „Ben“ beruhigt werden. Dies geschieht zu<br />

unterschiedlichen Tageszeiten, manchmal auch<br />

spät abends oder früh morgens.<br />

Die Nachbarn stören sich an dem Bellen von „Ben“<br />

<strong>und</strong> suchen Sie auf, damit Sie H anweisen, „Ben“<br />

nicht mehr im Garten zu halten. Besonders am<br />

Sonntagmorgen, so erfahren Sie, spiele die Familie<br />

gern mit „Ben“ im Garten, was „Ben“ mit langem<br />

<strong>und</strong> lautstarkem Bellen begrüßen würde.<br />

❑ Kurze Fallfrage:<br />

Wie gehen Sie in diesem Fall vor <strong>und</strong> welche<br />

Rechtsgr<strong>und</strong>lagen sind zu beachten?<br />

September 2006<br />

1


2 7/<strong>3.2.4</strong> Nichtgefährliche H<strong>und</strong>e<br />

Falllösung<br />

Rechtsgr<strong>und</strong>lagen<br />

Im vorliegenden Fall könnten folgende Rechtsgr<strong>und</strong>lagen<br />

herangezogen werden:<br />

1. Die Nachbarn könnten einen Abwehr- <strong>und</strong> Unterlassungsanspruch<br />

aus den §§ 906 <strong>und</strong> 1004<br />

BGB geltend machen.<br />

2. Ist die H<strong>und</strong>ehaltung nach den bauplanungsrechtlichen<br />

Vorschriften zulässig?<br />

3. Möglicherweise wird durch das Bellen eines<br />

H<strong>und</strong>es aber auch das Immissionsschutzgesetz<br />

oder die LärmVO eines B<strong>und</strong>eslands verletzt.<br />

4. Soweit eine Rechtsgr<strong>und</strong>lage nach 3. nicht vorhanden<br />

ist, wäre zu prüfen, ob eine örtliche GefahrenabwehrVO<br />

vorhanden ist <strong>und</strong> diese ein<br />

Verbot des Tierlärms enthält.<br />

5. Ist auch keine örtliche GefahrenabwehrVO vorhanden,<br />

wäre zu prüfen, ob § 117 OWiG (unzulässiger<br />

Lärm) Anwendung findet.<br />

6. Soweit das Immissionsschutzgesetz oder die<br />

LärmVO eines B<strong>und</strong>eslands bzw. die örtliche GefahrenabwehrVO<br />

einen Bußgeldtatbestand in<br />

den Fällen von Tierlärm enthält, ist abschließend<br />

zu prüfen, ob unzulässiger Lärm nach<br />

§ 117 OWiG verursacht wird.


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Nichtgefährliche H<strong>und</strong>e 7/<strong>3.2.4</strong><br />

7. Ist Frage 6 positiv zu beantworten <strong>und</strong> ist der Halter<br />

von „Ben“ uneinsichtig, kommt auch der Erlass<br />

einer Ordnungsverfügung gegen ihn in Frage.<br />

1. Abwehr- <strong>und</strong> Unterlassungsanspruch aus den<br />

§§ 906 <strong>und</strong> 1004 BGB<br />

Zu den zivilrechtlichen Ansprüchen siehe Erläuterungen<br />

in den Kapiteln 6/2.2 <strong>und</strong> 6/2.3. Der Betroffene<br />

kann sich entscheiden, welchen Rechtsschutz<br />

er wählt. Verlangt er öffentlich-rechtliches Einschreiten,<br />

ist ein Verwaltungsverfahren zu eröffnen<br />

<strong>und</strong> zu prüfen, ob öffentlich-rechtliche Vorschriften<br />

verletzt sind.<br />

2. Bauplanungsrechtliche Vorschriften<br />

Bei Fragen der Tierhaltung ist – bevor Fragen des<br />

allgemeinen Ordnungsrechts zu prüfen sind – zu<br />

untersuchen, ob diese auch bauplanungsrechtlich<br />

zulässig ist.<br />

Prüfen Sie, ob die Tierhaltung nach<br />

❑ dem Bebauungsplan zulässig ist (hierbei wird auf<br />

den jeweiligen Gebietscharakter des Gebiets, in<br />

dem die Störung stattfindet, abgestellt).<br />

Ergänzend ist<br />

❑ § 14 Abs. 1 BauNVO zu beachten, der die Kleintierhaltung<br />

(als Hobbytierhaltung) im Rahmen so<br />

genannter Nebenanlagen nur unter bestimmten<br />

Voraussetzungen in Wohngebieten gestattet.<br />

Kleintiere in diesem Sinne sind H<strong>und</strong>e, Katzen,<br />

Schafe, Ziegen, Tauben, Geflügel <strong>und</strong> Ziervögel,<br />

aber auch Bienen. Handelt es sich um ein Wohn-<br />

September 2006<br />

3


4 7/<strong>3.2.4</strong> Nichtgefährliche H<strong>und</strong>e<br />

gebiet, liegt das Halten der Kleintiere typischerweise<br />

im Rahmen einer der Wohnnutzung untergeordneten<br />

Freizeitbetätigung.<br />

Die Zulässigkeit der Kleintierhaltung kann aber<br />

durch Bebauungsplan eingeschränkt sein. Der<br />

VGH Baden-Württemberg (Beschluss vom 19.01.<br />

1989, Az.: 3 S 3825/88, BauR 1989, Seite 697 sowie<br />

Beschluss vom 18.12.1995, 8 S 1328/95)<br />

zählt H<strong>und</strong>ezwinger in einem allgemeinen Wohngebiet<br />

nicht zu den zulässigen Nutzungsarten<br />

<strong>und</strong> Anlagen.<br />

Fazit Ermitteln Sie zunächst, in welcher Weise die H<strong>und</strong>ehaltung<br />

erfolgt <strong>und</strong> prüfen Sie, ob dies bauplanungsrechtlich<br />

zulässig ist. Wenn nicht, ist der Kollege<br />

der Bauaufsicht für diesen Fall zuständig. H<br />

würde eine bauordnungsrechtliche Verfügung mit<br />

dem Inhalt erhalten, die H<strong>und</strong>ehaltung einzuschränken<br />

oder zu unterlassen.<br />

Wenn die Gr<strong>und</strong>stücksnutzung gegen nachbarschützende,<br />

der Wahrung der Wohnruhe in der<br />

Umgebung dienende Festsetzungen eines Bebauungsplans<br />

verstößt, ist die Bauaufsicht gr<strong>und</strong>sätzlich<br />

zum Einschreiten gegen die planwidrige Nutzung<br />

verpflichtet, wenn ein Gr<strong>und</strong>stückseigentümer<br />

hierdurch nachhaltig beeinträchtigt wird (OVG Berlin,<br />

Beschluss vom 07.09.1990, Az.: 2 S 14/90).<br />

Nähere Erläuterungen zur Tierhaltung aus baurechtlicher<br />

Sicht siehe Kapitel 7/4.1.2.


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Nichtgefährliche H<strong>und</strong>e 7/<strong>3.2.4</strong><br />

3. Immissionsschutzgesetz oder LärmVO eines B<strong>und</strong>eslands<br />

Da das BImSchG bei H<strong>und</strong>egebell keine Anwendung<br />

findet (H<strong>und</strong>ehütte oder Zwinger sind keine „technischen<br />

Anlagen“ nach § 3 Abs. 5 BImSchG), ist zu<br />

prüfen, ob Vorschriften des landesrechtlichen<br />

Immissionsschutzes (siehe auch Kapitel 6/2.1) im<br />

Fall des H<strong>und</strong>egebells heranzuziehen sind. Folgende<br />

B<strong>und</strong>esländer haben in ihrem Immissionsschutzgesetz<br />

oder der LärmVO Tierlärm verboten:<br />

❑ Bayern: –<br />

❑ Brandenburg: § 3 Abs. 2 LImSchG<br />

❑ Berlin: § 2 Abs. 2 LImSchG<br />

❑ Nordrhein-Westfalen: § 12 LImSchG<br />

❑ Rheinland-Pfalz: § 10 LImSchG<br />

In diesen Ländern prüfen Sie nun, ob der von „Ben“<br />

erzeugte Lärm unter den Tatbestand der LärmVO<br />

bzw. des LImSchG fällt. Die maßgebenden Tatbestände<br />

stellen darauf ab, dass die Nachbarn durch<br />

den Tierlärm<br />

❑ Bayern: –<br />

❑ Brandenburg: nicht „mehr als nur geringfügig<br />

belästigt“ werden.<br />

❑ Berlin: nicht „erheblich belästigt“ werden<br />

❑ Nordrhein-Westfalen: nicht „mehr als nur geringfügig<br />

belästigt“ werden.<br />

❑ Rheinland-Pfalz: nicht „erheblich belästigt“ werden.<br />

Im Ergebnis decken sich diese Tatbestände mit der<br />

„wesentlichen Beeinträchtigung“ nach § 906 BGB<br />

(siehe hierzu Kapitel 6/2.2 Rechtsgr<strong>und</strong>lagen des<br />

September 2006<br />

5


6 7/<strong>3.2.4</strong> Nichtgefährliche H<strong>und</strong>e<br />

Nachbarrechts, „Wichtige Begriffe im Nachbarrecht“).<br />

Fazit Die Leser aus den vorgenannten B<strong>und</strong>esländern<br />

blättern weiter bis zur Überschrift „Wie ermitteln<br />

Sie nun den Tatbestand in der Praxis?“ Leser anderer<br />

B<strong>und</strong>esländer prüfen nun<br />

4. Ist eine örtliche GefahrenabwehrVO vorhanden?<br />

Soweit eine örtliche GefahrenabwehrVO vorhanden<br />

ist, prüfen Sie nun, ob Regelungen zum Tierlärm<br />

enthalten sind. Sofern dies der Fall ist, dürften in<br />

der GefahrenabwehrVO ähnliche Formulierungen<br />

wie oben aufgezeigt enthalten sein.<br />

Art. 14 des BayImSchG ermächtigt die Gemeinden<br />

ausdrücklich, zum Schutz vor unnötigen Störungen<br />

bei dem Halten von Haustieren Verordnungen zu<br />

erlassen.<br />

Fazit Sind Sie hier fündig geworden, blättern Sie weiter<br />

bis zur Überschrift „Wie ermitteln Sie nun den Tatbestand<br />

in der Praxis?“ Die restlichen Leser prüfen<br />

nun<br />

5. Verursacht der H<strong>und</strong> unzulässigen Lärm nach § 117<br />

OWiG?<br />

Eine genaue Definition der Tatbestände des § 117<br />

OWiG finden Sie in Kapitel 6/4.1, Checkliste „Störungen<br />

durch Lärm“.


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Nichtgefährliche H<strong>und</strong>e 7/<strong>3.2.4</strong><br />

Wie ermitteln Sie nun den Tatbestand in der Praxis?<br />

In der Praxis der Ordnungsämter stellt sich nun die<br />

wichtige Frage, wie festgestellt werden kann, ob N<br />

„wesentlich“ bzw. „erheblich belästigt“ wird <strong>und</strong> ob<br />

die Belästigung „ortsüblich“ ist (Erläuterungen der<br />

Begriffe siehe Kapitel 6/2.2, Rechtsgr<strong>und</strong>lagen des<br />

Nachbarrechts, „Wichtige Begriffe im Nachbarrecht“).<br />

Ortsüblichkeit Besondere Aufmerksamkeit muss auf die Ortsüblichkeit<br />

gerichtet werden. So müssen Anwohner im<br />

ländlichen Raum eher mit Gebell rechnen <strong>und</strong> solches<br />

hinnehmen als Bewohner im städtischen<br />

Raum. Auch auf dem Land ist allerdings spätestens<br />

dann die Grenze des Hinzunehmenden überschritten,<br />

wenn die Lärmstörung ein Ausmaß erreicht,<br />

das bei einem Durchschnittsbürger ges<strong>und</strong>heitliche<br />

Störungen befürchten lässt. Jedenfalls dann handelt<br />

es sich um eine Störung, die über eine hinzunehmende<br />

Belästigung hinausgeht.<br />

Auch in den Ländern, in denen keine entsprechende<br />

Regelung über die Tierhaltung vorhanden<br />

ist, ist ein Einschreiten gegen kläffende H<strong>und</strong>e dann<br />

möglich <strong>und</strong> geboten, wenn durch das Bellen auf<br />

Dauer die Ruhe <strong>und</strong> damit die Ges<strong>und</strong>heit von<br />

Anwohnern in Mitleidenschaft gezogen wird oder –<br />

als zweite Alternative des § 17 Abs. 1 OWiG – in<br />

nach den Umständen vermeidbarem Ausmaß Lärm<br />

erzeugt wird, der geeignet ist, die Nachbarschaft<br />

erheblich zu belästigen.<br />

Ein objektives Kriterium für eine „Beeinträchtigung“<br />

wäre nun eine Schallpegelmessung. Hierbei<br />

gibt es aber folgende Probleme: Nicht jedes Ordnungsamt<br />

hat entsprechende Messgeräte <strong>und</strong> die<br />

September 2006<br />

7


8 7/<strong>3.2.4</strong> Nichtgefährliche H<strong>und</strong>e<br />

H<strong>und</strong>e bellen unregelmäßig. Im Interesse der<br />

Beschwerdeführer liegt es gerade nicht, dass Sie<br />

Ihre Maßnahmen danach ausrichten, welche Schallpegel<br />

in Dezibel (A) gemessen werden. Dies kann<br />

bis zur Rechtsverweigerung führen. Es ist daher<br />

nicht starr nach Grenzwerten zu entscheiden. Sie<br />

können sich daher selbst einen Eindruck über das<br />

Störungspotenzial der Lärmquelle verschaffen,<br />

ohne eine Schallpegelmessung vorzunehmen (BGH,<br />

NJW 1988, Seite 900).<br />

Lärmprotokoll Bitten Sie daher den oder die Beschwerdeführer,<br />

ein Lärmprotokoll über einen absehbaren Zeitraum<br />

zu führen (siehe Kapitel 6/4.1, Checkliste „Störungen<br />

durch Lärm“) <strong>und</strong> die Angaben von Zeugen<br />

bestätigen zu lassen. Wichtig sind:<br />

❑ Wie laut <strong>und</strong> wie oft bellt der H<strong>und</strong>? (die Intensität<br />

des Gebells)<br />

❑ Wie kommt das Gebell bei den betroffenen Anwohnern<br />

„an“? (Treten z.B. Schlafstörungen auf?<br />

Wie wirken sich diese aus?)<br />

❑ Wie störend ist das Gebell?<br />

Augenschein Machen Sie sich auch ein Bild von den Gegebenheiten<br />

vor Ort. Fertigen Sie einen Lageplan an <strong>und</strong><br />

zeichnen Sie Abstände <strong>und</strong> Umfeld (mit Maßangaben)<br />

ein. Der Lageplan sollte auch enthalten:<br />

❑ Wie weit von der Lärmquelle entfernt wohnen die<br />

Nachbarn?<br />

❑ Wie ist die Akustik in der Gegend?<br />

❑ Kommt das Kläffen ungehindert, womöglich noch<br />

durch ein Echo verstärkt, bei den Nachbarn an<br />

oder wird der Lärm, etwa durch Bewaldung im<br />

oder am Gr<strong>und</strong>stück, gedämpft?


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Nichtgefährliche H<strong>und</strong>e 7/<strong>3.2.4</strong><br />

Örtliches<br />

Umfeld<br />

Unterschriftslisten<br />

für den<br />

„Störer“<br />

❑ Bewacht der H<strong>und</strong> ein Fabrikgelände im Gewerbegebiet<br />

oder kläfft der Schoßh<strong>und</strong> im reinen<br />

Wohngebiet?<br />

Prüfen Sie auch <strong>und</strong> halten Sie schriftlich fest, wie<br />

sich der Kreis der möglicherweise gestörten Nachbarn<br />

zusammensetzt, etwa dann, wenn die H<strong>und</strong>ehaltung<br />

in unmittelbarer Nähe eines Altersheims<br />

oder eines Krankenhauses liegt.<br />

Solche Aufzeichnungen überzeugen im Streitfall<br />

den Richter, der dann aufgr<strong>und</strong> Ihrer Vorarbeit von<br />

einem Ortstermin absehen wird (BVerwG, Beschluss<br />

vom 20.12.1991, Az.: 7 B 165/91, NVwZ 1993, Seite<br />

268). Sie führen dem Richter vor Augen, dass Sie<br />

sich intensiv mit dem Sachverhalt auseinander<br />

gesetzt <strong>und</strong> sich die Entscheidung nicht leicht<br />

gemacht haben. Den schriftlich festgehaltenen<br />

Beschwerden der Nachbarn, die sich erheblich<br />

belästigt fühlen, ist auch dann eine tragende Bedeutung<br />

beizumessen, wenn die maßgeblichen Immissionsrichtwerte<br />

nicht überschritten werden (VGH<br />

München, Urteil vom 01.12.1988, Az.: 21 B<br />

88.01683).<br />

Wie ist zu entscheiden, wenn der H<strong>und</strong>ehalter<br />

Unterschriftslisten vorlegt, aus denen hervorgeht,<br />

dass sie sich durch „Ben“ nicht übermäßig belästigt<br />

fühlen? Die Wesentlichkeit einer Beeinträchtigung<br />

hängt nicht davon ab, wie viele Nachbarn sich<br />

beklagen oder gestört fühlen. Maßgebend ist, dass<br />

ein Nachbar eine wesentliche Beeinträchtigung geltend<br />

macht (VG Stade, Urteil vom 03.08.1989, Az.:<br />

1 A 188/88).<br />

September 2006<br />

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10 7/<strong>3.2.4</strong> Nichtgefährliche H<strong>und</strong>e<br />

Intensität des<br />

Gebells<br />

„Berechtigter<br />

Anlass“<br />

Nutzh<strong>und</strong> oder<br />

Liebhaberhaltung?<br />

Subsumtion<br />

Stellen Sie aufgr<strong>und</strong> der Aufzeichnungen <strong>und</strong> der<br />

Lärmprotokolle fest, ob eine „wesentliche Beeinträchtigung“<br />

vorliegt, die „ortsüblich“ ist oder nicht.<br />

Letztlich ist entscheidend, ob von dem Gebell<br />

Ges<strong>und</strong>heitsbeeinträchtigungen zu erwarten sind.<br />

Gelegentliches Anschlagen wäre ein hinzunehmendes<br />

tiertypisches Verhalten <strong>und</strong> teilweise – wenn<br />

das Tier als Wachh<strong>und</strong> gehalten wird – auch<br />

erwünscht. Ges<strong>und</strong>heitliche Beeinträchtigungen der<br />

Anwohner wären dann nicht zu erwarten, auch die<br />

Belästigung hielte sich in Grenzen, ein behördliches<br />

Eingreifen ist in solchen – vom Beispielsfall abweichenden<br />

– Fällen nicht zulässig.<br />

Besteht für die Lärmbelästigung ein „berechtigter Anlass“?<br />

Berücksichtigen Sie auch bei Anwendung der Lärmvorschriften<br />

der B<strong>und</strong>esländer oder einer GefahrenabwehrVO<br />

einer Gemeinde, ob der Lärm mit oder<br />

„ohne berechtigten Anlass“ in einem vermeidbaren<br />

Ausmaß erregt wird (vgl. § 117 Abs. 1 OWiG). Die<br />

nachfolgenden Kriterien geben Aufschluss, in welchen<br />

Fällen ein „berechtigter Anlass“ vorliegen kann.<br />

Ein „berechtigter Anlass“ für ruhestörenden Lärm<br />

durch einen bellenden H<strong>und</strong> ist insbesondere dann<br />

anzunehmen, wenn der H<strong>und</strong> Haus <strong>und</strong> Hof bewacht<br />

<strong>und</strong> nur bei Gefahr anschlägt. In diesem Fall ist seine<br />

„Funktion“ als Wachh<strong>und</strong> zu berücksichtigen. Dies<br />

gilt sowohl für die Entscheidung, ob überhaupt ein<br />

Eingreifen gerechtfertigt ist, als auch für die Frage,<br />

welche Maßnahmen zu ergreifen sind.


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Nichtgefährliche H<strong>und</strong>e 7/<strong>3.2.4</strong><br />

Wenn der H<strong>und</strong> bei allen möglichen Gelegenheiten<br />

anschlägt, ist es fraglich, ob er objektiv noch als<br />

Wachh<strong>und</strong> zu qualifizieren sei (ablehnend AG Düsseldorf,<br />

Urt. v. 08.02.1989, Az: 301 OWi/905-Js 48/<br />

89, DWW 1989, S. 365). Mit einer solchen Argumentation<br />

sollte allerdings vorsichtig umgegangen<br />

werden, denn gr<strong>und</strong>sätzlich muss es jedem H<strong>und</strong>ehalter<br />

selbst überlassen bleiben, ob er wegen des<br />

häufigen Anschlagens seines Wachh<strong>und</strong>s immer<br />

wieder nach dem Rechten sieht. Selbst wenn der<br />

H<strong>und</strong>ehalter gar nicht in der Nähe ist <strong>und</strong> beim<br />

Anschlagen seines H<strong>und</strong>es nicht nachsehen kann,<br />

etwa bei Wachh<strong>und</strong>en auf einem Firmengelände,<br />

kann ein häufig bellender H<strong>und</strong> Wachh<strong>und</strong>funktionen<br />

haben, indem er auf potenzielle Einbrecher<br />

abschreckend wirkt.<br />

Für einen Wachh<strong>und</strong> gibt es auch keine „Bell-Freiheit“.<br />

Der von ihm ausgehende Lärm darf nicht<br />

mehr als geringfügig sein. Der H<strong>und</strong>ehalter hat<br />

Sorge dafür zu tragen, dass der H<strong>und</strong> im Rahmen<br />

seiner „Funktion“ nicht auf jedes Geräusch reagiert,<br />

sondern nur auf solche Geräusche, die einer unmittelbaren<br />

Störung des Eigentums vorausgehen (OLG<br />

Düsseldorf, Beschluss vom 06.06.1990, Az.: 5 Ss<br />

OWi 170/90 – OWi 87/90 I, Juristenzeitung (JZ)<br />

1990 Heft 15/16 Seite 768). Um dies sicherzustellen<br />

ist der H<strong>und</strong>ehalter auch verpflichtet, seinen H<strong>und</strong><br />

im „Anschlagen“ schulen zu lassen.<br />

Zu berücksichtigen ist auch, dass ein Wachh<strong>und</strong><br />

nicht die einzige Möglichkeit darstellt, das Eigentum<br />

zu schützen. Er kann durchaus Türen <strong>und</strong><br />

Fenster von Gebäuden mit Gittern, Beschlägen <strong>und</strong><br />

einer Alarmanlage sichern.<br />

September 2006<br />

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12 7/<strong>3.2.4</strong> Nichtgefährliche H<strong>und</strong>e<br />

Werden die H<strong>und</strong>e zu gewerblichen Zwecken, z.B.<br />

als Zuchth<strong>und</strong>, als Begleit- oder sonstige Nutzh<strong>und</strong>e<br />

gehalten, prüfen Sie auch die bauordnungsrechtlichen<br />

Fragen (siehe oben). Wenn die H<strong>und</strong>ehaltung<br />

zu gewerblichen Zwecken bauordnungsrechtlich<br />

unzulässig ist, ist ein Eingreifen eher möglich.<br />

Wird der H<strong>und</strong> ausschließlich zu Zwecken der Liebhaberei<br />

gehalten, wird ein „berechtigter Anlass“ für<br />

die Lärmimmission nur selten anzunehmen sein.<br />

Ortsüblichkeit der H<strong>und</strong>ehaltung<br />

Ortsüblichkeit Auch die Ortsüblichkeit der H<strong>und</strong>ehaltung ist zu<br />

prüfen. So müssen Anwohner im ländlichen Raum<br />

eher mit Gebell rechnen. In diesem Fall ist das H<strong>und</strong>egebell<br />

zu dulden. Aber auch auf dem Land ist<br />

allerdings spätestens dann die Grenze zur „wesentlichen<br />

Beeinträchtigung“ überschritten, wenn die<br />

Immission ein Ausmaß erreicht, das bei einem<br />

Durchschnittsbürger ges<strong>und</strong>heitliche Störungen<br />

befürchten lässt.<br />

In Wohngebieten wird mehr als nur gelegentliches<br />

<strong>und</strong> vereinzeltes Bellen eines H<strong>und</strong>es während des<br />

Tages als allgemein störend empf<strong>und</strong>en. Dieser<br />

Lärm ist nicht ortsüblich (OLG Düsseldorf,<br />

Beschluss vom 08.06.1989, 5 Ss OWi 220/89).<br />

Anhörung<br />

Vor einer Entscheidung hören Sie den H<strong>und</strong>ehalter<br />

an (§ 28 VwVfG bzw. entsprechende landesrechtliche<br />

Regelung). So können Sie auch die Interessen<br />

des H<strong>und</strong>ehalters in Ihre Entscheidung einbeziehen<br />

<strong>und</strong> eine ausgewogene Ermessensentscheidung tref-


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Nichtgefährliche H<strong>und</strong>e 7/<strong>3.2.4</strong><br />

fen (§ 40 VwVfG bzw. entsprechende landesrechtliche<br />

Regelung).<br />

Ergebnis<br />

Ordnungsverfügung<br />

BayImSchG: –<br />

Erweist sich der von „Ben“ ausgehende Lärm als<br />

„wesentliche Beeinträchtigung“, die nicht ortsüblich<br />

ist, treffen Sie eine Ermessensentscheidung <strong>und</strong> weisen<br />

den H<strong>und</strong>ehalter H an, den H<strong>und</strong> nicht in den<br />

Ruhezeiten (siehe LärmVO bzw. Landesimmissionsschutzgesetz<br />

oder örtliche GefahrenabwehrVO) im<br />

Garten umherlaufen zu lassen <strong>und</strong> jegliche Anreize<br />

zu unterlassen, die den H<strong>und</strong> zum Bellen animieren<br />

(z.B. Spielen am Sonntagmorgen).<br />

§ 10 Abs. 1 LImSchG BB: 22:00–6:00 Uhr<br />

§ 3 LimSchG Berlin 22:00–6:00 Uhr<br />

§ 9 Abs. 1 LImSchG NW: 22:00–6:00 Uhr<br />

§ 4 Abs. 1 LImSchG RP: 22:00–6:00 Uhr<br />

Ermächtigungsgr<strong>und</strong>lagen<br />

Die Ermächtigung zum Erlass einer (auch formlosen,<br />

z.B. mündlichen) Ordnungsverfügung ergibt<br />

sich aus den Polizei- <strong>und</strong> Ordnungsbehördengesetzen<br />

der B<strong>und</strong>esländer (anstelle des § 117 OWiG<br />

kann auch eine örtliche GefahrenabwehrVO treten,<br />

sofern vorhanden):<br />

❑ Baden-Württemberg: § 3 PolG BW i.V.m. § 117<br />

OWiG<br />

❑ Bayern: Art. 6 LStVG i.V.m. § 117 OWiG<br />

September 2006<br />

13


14 7/<strong>3.2.4</strong> Nichtgefährliche H<strong>und</strong>e<br />

Gr<strong>und</strong>satz der<br />

Verhältnismäßigkeit<br />

❑ Berlin: § 17 Abs. 1 ASOG i.V.m. § 2 Abs. 2 LIm-<br />

SchG Berlin<br />

❑ Brandenburg: § 15 Abs. 1 i.V.m. § 3 Abs. 2<br />

Satz 1 LImSchG BB<br />

❑ Bremen: § 10 Abs. 1 Satz 1 BremPolG i.V.m.<br />

§ 117 OWiG<br />

❑ Hamburg: § 3 Abs. 1 SOG HH i.V.m. § 117 OWiG<br />

❑ Hessen: § 11 HSOG i.V.m. § 117 OWiG<br />

❑ Mecklenburg-Vorpommern: § 13 SOG MV<br />

i.V.m. § 117 OWiG<br />

❑ Niedersachsen: § 11 Nds. SOG i.V.m. § 117 OWiG<br />

❑ Nordrhein-Westfalen: § 14 Abs. 1 OBG NW § 15<br />

i.V.m. § 12 LImschG NW<br />

❑ Rheinland-Pfalz: § 9 Abs. 1 Satz 1 POG RP<br />

i.V.m. § 10 LImSchG RP<br />

❑ Saarland: § 8 Abs. 1 SPolG i.V.m. § 117 OWiG<br />

❑ Sachsen: § 3 Abs. 1 SächsPolG i.V.m. § 117<br />

OWiG<br />

❑ Sachsen-Anhalt: § 13 SOG LSA i.V.m. § 117<br />

OWiG<br />

❑ Schleswig-Holstein: § 174 LVwG SH i.V.m. §117<br />

OWiG<br />

❑ Thüringen: § 5 Abs. 1 ThürOBG i.V.m. § 117<br />

OwiG<br />

Beachten Sie bei Ihrer Entscheidung den Gr<strong>und</strong>satz<br />

der Verhältnismäßigkeit. Ziel des ordnungsbehördlichen<br />

Eingreifens ist der Schutz der Nachbarn vor<br />

ges<strong>und</strong>heitsschädlichem Lärm ohne übermäßigen<br />

Eingriff in die (Eigentums- <strong>und</strong> Besitz-)Rechte des<br />

H<strong>und</strong>ehalters.


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Nichtgefährliche H<strong>und</strong>e 7/<strong>3.2.4</strong><br />

Verbot des<br />

nächtlichen<br />

Freilaufs<br />

zulässig?<br />

Beachten Sie hierbei: Die H<strong>und</strong>e werden in einem<br />

reinen Wohngebiet gehalten; das Ruhebedürfnis der<br />

Anwohner, gerade während der Nacht- <strong>und</strong> Mittagszeit,<br />

ist daher in besonderem Maße zu schützen.<br />

Funktion als Wachh<strong>und</strong>e<br />

Werden die H<strong>und</strong>e als Wachh<strong>und</strong>e eingesetzt, müssen<br />

Sie deren Funktion bei Ihrer Entscheidung<br />

berücksichtigen. Als Wachh<strong>und</strong> müssen sie – soweit<br />

mit den berechtigten Interessen der Nachbarn zu<br />

vereinbaren – ihre Funktion noch wahrnehmen<br />

können.<br />

Soll der H<strong>und</strong>ehalter verpflichtet werden, seine<br />

H<strong>und</strong>e über Nacht so zu verwahren, dass der Lärm<br />

durch das Anschlagen der H<strong>und</strong>e für die Anwohner<br />

auf ein erträgliches Maß gesenkt wird, sollte dem<br />

Halter auferlegt werden, seine H<strong>und</strong>e in der Nachtzeit<br />

(hier sind konkrete Zeitangaben in die Verfügung<br />

aufzunehmen) nicht im Garten herumlaufen<br />

zu lassen.<br />

Dem Einsatz der Tiere als Wachh<strong>und</strong>e steht eine<br />

solche Verfügung nicht entgegen, da in aller Regel<br />

in erster Linie das Haus mit den Bewohnern <strong>und</strong><br />

den im Haus aufbewahrten Wertsachen vor Eindringlingen<br />

geschützt werden soll, weniger das Gartengr<strong>und</strong>stück<br />

selbst. Die H<strong>und</strong>e können also<br />

nachts im Haus ihre Funktion in gleicher Weise<br />

ausüben wie im Garten, womöglich sogar besser, da<br />

sie im Haus nicht bei jeder an dem Anwesen vorbeilaufenden<br />

Person, sondern nur bei wirklicher<br />

Gefahr, anschlagen werden.<br />

September 2006<br />

15


16 7/<strong>3.2.4</strong> Nichtgefährliche H<strong>und</strong>e<br />

Ermächtigungsgr<strong>und</strong>lagen<br />

Es muss dem H<strong>und</strong>ehalter allerdings freigestellt<br />

werden, wie er die H<strong>und</strong>e nachts unterbringt;<br />

selbstverständlich kann er nicht zur Haltung der<br />

Tiere im Haus verpflichtet werden. Denkbar ist<br />

etwa auch eine Unterbringung der Tiere über Nacht<br />

in einem Schuppen oder einem anderen Nebengebäude,<br />

solange nur durch diese Maßnahme entweder<br />

das Bellen der Tiere mangels Reizen erheblich<br />

vermindert wird oder/<strong>und</strong> das Bellen nicht mehr in<br />

ges<strong>und</strong>heitsschädigender Lautstärke für die Nachbarn<br />

hörbar ist.<br />

Bußgeldbescheid<br />

Da H (durch Unterlassen der Lärmvermeidung) eine<br />

Ordnungswidrigkeit begangen hat, kommt auch der<br />

Erlass eines Bußgeldbescheids (siehe hierzu Kapitel<br />

2) in Frage. Sie können nach Ermessen auf ein Bußgeld<br />

verzichten, insbesondere wenn H einsichtig ist<br />

<strong>und</strong> Maßnahmen trifft, um künftige Immissionen<br />

durch H<strong>und</strong>egebell zu verhindern. Halten Sie Ihre<br />

Entscheidung in Form eines Aktenvermerks fest<br />

(siehe hierzu Checkliste „Anwenden des Opportunitätsprinzips“<br />

in Kapitel 2) da es nicht auszuschließen<br />

ist, dass später Ihre Entscheidung kritisiert<br />

wird, insbesondere wenn sich die Sachlage anders<br />

entwickelt als angenommen oder in anderen gleichartigen<br />

Fällen zu entscheiden ist. Sonst könnte<br />

Ihnen „Rechtsbeugung“ vorgeworfen werden.<br />

Die Ermächtigung zum Erlass eines Bußgeldbescheids<br />

ergeben sich in den B<strong>und</strong>esländern aus<br />

(anstelle des § 117 OWiG kann auch eine örtliche<br />

GefahrenabwehrVO treten, sofern vorhanden):


WEKA MEDIA GmbH & Co. KG<br />

Nichtgefährliche H<strong>und</strong>e 7/<strong>3.2.4</strong><br />

❑ Baden-Württemberg: §§ 1, 65 OWiG i.V.m.<br />

§ 117 OWiG<br />

❑ Bayern: §§ 1, 65 OWiG i.V.m. § 117 OWiG<br />

❑ Berlin: §§ 1, 65 OWiG i.V.m. § 9 Abs. 1 Nr. 7 <strong>und</strong><br />

§ 2 Abs. 2 LImSchG Berlin<br />

❑ Brandenburg: §§ 1, 65 OWiG i.V.m. § 23 Abs. 1<br />

Nr. 1 <strong>und</strong> § 3 Abs. 2 Satz 1 LImSchG BB<br />

❑ Bremen: §§ 1, 65 OWiG i.V.m. § 117 OWiG<br />

❑ Hamburg: §§ 1, 65 OWiG i.V.m. § 117 OWiG<br />

❑ Hessen: §§ 1, 65 OWiG i.V.m. § 117 OWiG<br />

❑ Mecklenburg-Vorpommern: §§ 1, 65 OWiG<br />

i.V.m. § 117 OWiG<br />

❑ Niedersachsen: §§ 1, 65 OWiG i.V.m. § 117<br />

OWiG<br />

❑ Nordrhein-Westfalen: §§ 1, 65 OWiG i.V.m. § 17<br />

Abs. 1 Ziff. j <strong>und</strong> § 12 LImschG NW<br />

❑ Rheinland-Pfalz: §§ 1, 65 OWiG i.V.m. § 13<br />

Abs. 1 Nr. 10 <strong>und</strong> § 10 LImSchG RP<br />

❑ Saarland: §§ 1, 65 OWiG i.V.m. § 117 OWiG<br />

❑ Sachsen: §§ 1, 65 OWiG i.V.m. § 117 OWiG<br />

❑ Sachsen-Anhalt: §§ 1, 65 OWiG i.V.m. § 117<br />

OWiG<br />

❑ Schleswig-Holstein: §§ 1, 65 OWiG i.V.m. §117<br />

OWiG<br />

❑ Thüringen: §§ 1, 65 OWiG i.V.m. § 117 OwiG<br />

September 2006<br />

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18 7/<strong>3.2.4</strong> Nichtgefährliche H<strong>und</strong>e<br />

2. <strong>Urteile</strong> zum H<strong>und</strong>egebell<br />

<strong>Fallbeispiel</strong> Kurze Lösung, Urteil<br />

H<strong>und</strong>ezucht<br />

H<strong>und</strong>ezucht mit sieben Boxen<br />

für Doggen im Bereich eines allgemeinen<br />

Wohngebiets.<br />

Schäferh<strong>und</strong>e in offenen<br />

Zwingern<br />

Zwei Schäferh<strong>und</strong>e werden in<br />

offenen Zwingern nahe der<br />

Grenze zum Nachbarn gehalten.<br />

Wachh<strong>und</strong><br />

Ein im Freien im reinen Wohngebiet<br />

gehaltener Wachh<strong>und</strong><br />

schlägt nahezu r<strong>und</strong> um die Uhr<br />

an.<br />

H<strong>und</strong>egebell<br />

In einem ländlichen Gebiet<br />

schlägt ein H<strong>und</strong> auch nachts<br />

bereits dann an, <strong>und</strong> bellt minutenlang,<br />

wenn ein Passant am<br />

Gr<strong>und</strong>stück vorbeigeht.<br />

H<strong>und</strong>egebell<br />

Ein H<strong>und</strong> bellt oft <strong>und</strong> ohne erkennbaren<br />

Anlass bis zu 60-mal<br />

am Tag.<br />

Wie vorher. Der Nachbar zieht<br />

erst nach dem H<strong>und</strong>ehalter in<br />

das Haus ein.<br />

Die H<strong>und</strong>ezucht ist bauplanungsrechtlich unzulässig<br />

(OVG Lüneburg, NVwZ-RR 1993)<br />

Der VGH Mannheim hat die bauplanungsrechtliche<br />

Zulässigkeit dieser Art der H<strong>und</strong>ehaltung verneint<br />

(NVwZ-RR 1990, 64).<br />

Es liegt ein Verstoß gegen den vor In-Kraft-Treten<br />

des LImSchG RP vom 20.12.2000 geltenden § 9<br />

der LärmbekämpfungsVO RP unter dem Gesichtspunkt<br />

einer zu befürchtenden Ges<strong>und</strong>heitsgefährdung<br />

vor (so AG Westerburg, Urteil vom<br />

02.12.1986, Az: 109 JS (a) 61.260/86-3 OWi,<br />

DWW 1987, S. 100).<br />

Das AG Düsseldorf hat entschieden (Urteil vom<br />

08.02.1989, Az: 301 OWi/905-Js 48/89, DWW<br />

1989, S. 365), dass ein Verstoß gegen § 12 LIm-<br />

SchG NW vorliegt (Schutz der Nachtruhe).<br />

Dem H<strong>und</strong>ehalter kann aufgegeben werden, den<br />

H<strong>und</strong> von abends 19:00 bis morgens 8:00 Uhr <strong>und</strong><br />

zwischen 12:00 <strong>und</strong> 15:00 Uhr nicht im Garten umherlaufen<br />

zu lassen. Aufzeichnungen der Nachbarn<br />

über Häufigkeit <strong>und</strong> Intensität des Gebells<br />

sind ein zulässiges Beweismittel (VG Stade, Urteil<br />

vom 03.08.1989, 1 VA 1 188/88).<br />

Unerheblich ist es, wer wann hinzugezogen ist, da<br />

niemand bei Einzug in ein Wohnhaus mit übermäßigem<br />

Lärm rechnen muss (VG Stade, a.a.O).


WEKA MEDIA GmbH & Co. KG<br />

Nichtgefährliche H<strong>und</strong>e 7/<strong>3.2.4</strong><br />

<strong>Fallbeispiel</strong> Kurze Lösung, Urteil<br />

H<strong>und</strong>egebell<br />

Zwei Schäferh<strong>und</strong>e laufen frei<br />

im Garten herum <strong>und</strong> bellen oft<br />

auch nachts.<br />

Fall wie vor, in der Gemeinde<br />

besteht eine GefahrenabwehrVO,<br />

nach der H<strong>und</strong>e so zu<br />

halten sind, dass niemand<br />

durch anhaltendes Bellen oder<br />

Heulen mehr als nach den Umständen<br />

unvermeidbar gestört<br />

wird.<br />

Zwei Schäferh<strong>und</strong>e werden in<br />

einem allgemeinen Wohngebiet<br />

in einem Zwinger gehalten,<br />

der offen im Freien steht.<br />

H<strong>und</strong>egebell<br />

Ein H<strong>und</strong> bellt tagsüber st<strong>und</strong>enlang.<br />

H<strong>und</strong>egebell<br />

Zwei Schäferh<strong>und</strong>e bellen<br />

gr<strong>und</strong>los in einem Wohngebiet<br />

verteilt über die Nacht.<br />

Es liegt eine erhebliche Beeinträchtigung vor. Die<br />

Ordnungsbehörde ist berechtigt, dem H<strong>und</strong>ehalter<br />

durch eine Ordnungsverfügung aufzugeben, die<br />

Tiere in der Zeit von 22:00 bis 6:00 Uhr im Wohnhaus<br />

zu halten (VG Münster, NVwZ 1993, 297).<br />

Der H<strong>und</strong>ehalter verstößt gegen die GefahrenabwehrVO.<br />

Er kann durch eine Ordnungsverfügung<br />

angehalten werden, die Tiere zwischen 22:00 <strong>und</strong><br />

6:00 Uhr in einem geschlossenen Gebäude (z.B.<br />

Schuppen, Nebengebäude oder Wohnhaus) unterzubringen<br />

(VGH Baden-Württemberg, Urteil vom<br />

28.11.1995, 1 S 3201/94).<br />

Das Halten von zwei Schäferh<strong>und</strong>en wird in einem<br />

allgemeinen Wohngebiet nicht als üblich angesehen<br />

<strong>und</strong> ist daher von der Nachbarschaft nicht zu<br />

dulden. Die Bauaufsicht ist berechtigt, das Halten<br />

der Tiere in den Zwingern zu untersagen. (VGH<br />

Baden-Württemberg, Beschluss vom 19.01.1989,<br />

Az.: 3 S 3825/88, BauR 1989, Seite 697 sowie Beschluss<br />

vom 18.12.1995, 8 S 1328/95).<br />

Es liegt ein Verstoß gegen das Immissionsrecht vor<br />

(OLG Düsseldorf, NVwZ 1989, 94).<br />

Das Bellen der H<strong>und</strong>e geht deutlich über den ortsüblich<br />

zu duldenden Lärm hinaus. Selbst das nur<br />

gelegentliche Bellen wäre ein Verstoß gegen die<br />

LImSchG/LärmVO der B<strong>und</strong>esländer (<strong>und</strong> damit<br />

auch gegen § 117 OWiG). Richtige Maßnahme ist,<br />

die H<strong>und</strong>e zwischen 22:00 <strong>und</strong> 6:00 Uhr im Haus<br />

zu halten.<br />

September 2006<br />

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20 7/<strong>3.2.4</strong> Nichtgefährliche H<strong>und</strong>e

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