BILDGEFÜHRTE STRAHLENTHERAPIE - Varian
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<strong>BILDGEFÜHRTE</strong> <strong>STRAHLENTHERAPIE</strong><br />
DEN TUMOR<br />
IM VISIER<br />
VARIAN MEDICAL SYSTEMS: JAHRESBERICHT 2004<br />
Bruno Sorcini, PhD, vom Karolinska-Institut in Stockholm<br />
bereitet eine Behandlung mit dem On-Board Imager, einem<br />
integrierten Bildgebungssystem, vor.
Dank Dynamic Targeting IGRT mit Bildgebungsverfahren in<br />
Echtzeit können Ärzte Tumoren mit nie gekannter Präzision<br />
erkennen und ins Visier nehmen.<br />
Am Karolinska-Institut in Stockholm (Schweden)<br />
liegt Jan-Olov Carlsson auf einer Behandlungsliege<br />
unter einem medizinischen Linearbeschleuniger.<br />
Herr Carlsson wird nun seine tägliche Strahlendosis<br />
erhalten, mit der seine Anfang 2004 diagnostizierte<br />
Prostatakrebserkrankung behandelt wird.<br />
Ein Röntgensystem gleitet auf Roboterarmen an die<br />
richtige Position beidseits seines Körpers und dreht<br />
sich dann um seine Körperachse. Mit den so gewonnenen<br />
Bildern lässt sich die genaue Position des<br />
Tumors mit hoher Präzision bestimmen. In einem<br />
Kontrollraum überwachen Ärzte die Computer, die<br />
automatisch die aktuellen Aufnahmen mit den<br />
Bildern des Bestrahlungsplanes des Patienten<br />
vergleichen. So wird festgestellt, ob der Tumor sich<br />
seit der letzten Behandlung verschoben hat. Dies ist<br />
heute der Fall. In nur wenigen Sekunden werden<br />
die Koordinaten berechnet, mit denen das Strahlenfeld<br />
exakt auf den Tumor ausgerichtet wird. Auf<br />
Knopfdruck stellen die Therapeuten die Behandlungsliege<br />
des Patienten ein und bringen ihn in die<br />
richtige Position für die Bestrahlung.<br />
Jan-Olov Carlsson (60) ist einer von mehr als einem Dutzend<br />
Patienten, die heute am Karolinska-Institut behandelt werden – einem<br />
Institut, in dem der On-Board Imager von <strong>Varian</strong> Medical Systems für<br />
die bildgeführte Strahlentherapie (Image-Guided Radiation Therapy,<br />
IGRT) eingesetzt wird. Die IGRT ermöglicht dem Arzt, Tumoren mit nie<br />
gekannter Genauigkeit zu erkennen und zu behandeln.<br />
„Die IGRT hat zu deutlichen Verbesserungen bei der Genauigkeit<br />
geführt und uns die Möglichkeit gegeben, eine stärkere Strahlung auf<br />
sicherere Weise zu verabreichen“, so Munther Ajlouni, Arzt und Leiter<br />
der Radioonkologie am Henry Ford Health System in Detroit, Michigan<br />
(USA), und einer der ersten IGRT-Anwender. Dr. Ajlouni und andere<br />
Ärzte gehen davon aus, dass IGRT eine bedeutende Rolle im Kampf<br />
gegen zahllose Krebsarten einnehmen wird.<br />
„Der On-Board Imager sorgt dafür, dass das Ziel einwandfrei getroffen<br />
und die umgebenden kritischen Regionen dabei geschont werden“,<br />
erläutert Timothy Fox, PhD, Leiter für Medizinphysik der Abteilung<br />
Radioonkologie an der Emory University School of Medicine in Atlanta,<br />
Georgia (USA).<br />
Wenn sich die Präzision weiterhin erwartungsgemäß entwickelt,<br />
könnte die durch tägliche Röntgenbilder geführte Strahlentherapie schon<br />
bald zur routinemäßigen Behandlung kleiner Metastasen und Läsionen<br />
eingesetzt werden, für die derzeit noch ein operativer Eingriff oder eine<br />
Chemotherapie erforderlich ist. „Wir glauben, dass wir mit IGRT ganz<br />
andere Tumorstadien und -arten angehen können, die bislang als nicht<br />
behandelbar galten“, so Timothy Fox.<br />
Im Jahr 2004 wurde der On-Board Imager von <strong>Varian</strong> nicht nur am<br />
Karolinska-Institut, am Henry Ford Health System und an der Emory<br />
University School installiert, sondern auch an der Hirslanden-Klinik in<br />
Aarau in der Schweiz, am M.D. Anderson Cancer Center in Houston,<br />
Texas, am Memorial Sloan-Kettering Cancer Center in New York, am<br />
Piedmont Hospital in Atlanta, Georgia, am Stanford University Medical<br />
Center in Palo Alto, Kalifornien (alle USA) und an weiteren großen<br />
Krebszentren.<br />
Die Ärzte dieser Zentren nutzen die neue Technologie von <strong>Varian</strong> bei<br />
der Behandlung von Prostata- und Gehirntumoren. Eine Ausdehnung des<br />
Einsatzes auf gynäkologische Tumoren sowie auf Tumoren an der Bauchspeicheldrüse<br />
und im Kopf-Hals-Bereich ist geplant oder läuft bereits.<br />
Allen diesen Anwendungen ist ein Ziel gemeinsam: ausreichend Strahlung<br />
zu applizieren, um den Tumor zu vernichten, jedoch so wenig<br />
gesundes Gewebe wie möglich der Strahlung auszusetzen.<br />
WARUM SOLLTE DIE SYSTEMINTEGRIERTE<br />
BILDGEBUNG EINGESETZT WERDEN?<br />
Die herkömmliche Strahlentherapie stößt durch normale Verschiebungen<br />
in der menschlichen Anatomie in vielen Fällen an ihre<br />
Grenzen. Das Gewebe und die Organe können jedes Mal, wenn sich<br />
der Patient auf den Behandlungstisch legt, eine andere Lage relativ zu<br />
den Knochen einnehmen. Ein Patient nimmt während einer Therapie<br />
mit 25 bis 35 täglichen Behandlungen möglicherweise an Gewicht zu<br />
oder ab, wodurch die Organe ihre Lage verändern. Tumoren können<br />
sich nur durch die Atembewegungen des Patienten während der<br />
Behandlung um mehrere Zentimeter verschieben.<br />
In der Vergangenheit waren Onkologen gezwungen, diese<br />
Tumorbewegungen zu kompensieren, indem Sie das Strahlenfeld<br />
vergrößerten. Dadurch wurde auch ein beträchtliches Volumen gesunden<br />
Gewebes rund um den Tumor der Strahlung ausgesetzt. Um<br />
Komplikationen im umgebenden gesunden Gewebe zu vermeiden,<br />
musste die Strahlendosis daher stark eingeschränkt werden, in<br />
manchen Fällen sogar auf eine Dosis, die unterhalb der optimalen<br />
Dosis zur Vernichtung des Tumors lag.<br />
Mit Hilfe moderner Verfahren prüfen die Ärzte die Position des<br />
Tumors in der Regel wöchentlich. Hierbei verwenden sie häufig<br />
hochenergetische Behandlungsstrahlen. Das so erzielte Bild dient als<br />
verlässliche Ausgangslage, um die notwendigen Anpassungen an der<br />
Patientenpositionierung und an den Bestrahlungsplänen vornehmen zu<br />
können. Zahlreiche Ärzte sind der Meinung, dass die Behandlung<br />
durch eine tägliche Bildgebung und tägliche Anpassungen noch<br />
präziser und wirkungsvoller würde. Dies gilt insbesondere dann, wenn<br />
dies mit niederenergetischen diagnostischen Röntgenstrahlen anstelle<br />
des hochenergetischen Behandlungsstrahls erfolgte. „Der Behandlungsstrahl“,<br />
erläutert Timothy Fox, „liefert einfach kein qualitativ<br />
hochwertiges diagnostisches Bild.“<br />
Der On-Board Imager von <strong>Varian</strong> löst diese Probleme. Das Gerät<br />
verwendet niederenergetische Röntgenstrahlen, die nur ein Sechzigstel<br />
der Energie des Behandlungsstrahls aufweisen. So entstehen schnell<br />
und automatisch Bilder mit einer deutlich höheren Qualität. Die Ärzte<br />
an der Emory University School haben das Gerät mittlerweile bei mehr<br />
als 400 strahlentherapeutischen Sitzungen zur Behandlung von<br />
Prostatakrebs sowie bei Tumoren des zentralen Nervensystems und des<br />
Gehirns eingesetzt, um die Positionierung des Patienten zu optimieren.<br />
EIN VIELSEITIGES GERÄT<br />
Der On-Board Imager liefert radiographische, Fluoroskopie- und Cone-<br />
Beam-CT-Bilder. Hierbei sind nicht nur Standbilder möglich, sondern<br />
auch Röntgenfilme der sich bewegenden Tumoren und vor allem 3D-<br />
<strong>BILDGEFÜHRTE</strong> <strong>STRAHLENTHERAPIE</strong> 2
Bilder. Alle Aufnahmen weisen einen ausgezeichneten Kontrast<br />
zwischen den Tumoren und dem umgebenden gesunden Weichgewebe<br />
auf. Der Arzt kann so bei jedem Patienten die optimale<br />
Bildgebungstechnik für den Krankheitsverlauf wählen.<br />
Bislang wurden mit dem On-Board Imager hauptsächlich Tumorverschiebungen<br />
unmittelbar vor einer Bestrahlungssitzung ermittelt.<br />
Für die nahe Zukunft erwarten Ärzte jedoch, die Tumorbewegungen<br />
während der Behandlung erkennen und den Patienten entsprechend<br />
neu positionieren zu können. Dies soll mit der Fluoroskopie-Bildgebung<br />
in Kombination mit dem Real-Time Position Management<br />
(RPM)-System von <strong>Varian</strong> zur Kompensation der Atembewegung<br />
geschehen. Das Kompensationssystem verfolgt die Tumorbewegung, die<br />
aufgrund der Atmung entsteht. So ist der Arzt in der Lage, die Strahlung<br />
zum optimalen Zeitpunkt im Atmungsverlauf des Patienten zu<br />
aktivieren. Allein durch die Atmung kann ein Tumor seine Lage um<br />
zwei bis vier Zentimeter verändern. Wenn diese Bewegung mit der<br />
Fluoroskopie-Bildgebung und dem Kompensationssystem verfolgt<br />
werden kann, wird der Bereich mit gesundem Gewebe, das der<br />
Strahlung ausgesetzt wird, deutlich verkleinert. Dieser Punkt könnte<br />
insbesondere bei der Behandlung von Lungen- und Brustkrebs von<br />
Bedeutung sein (vgl. Artikel auf Seite 9).<br />
Der On-Board Imager ist für die problemlose Integration und Synchronisation<br />
mit anderen Hardware- und Software-Komponenten von<br />
<strong>Varian</strong> konzipiert, beispielsweise mit Bestrahlungs- und Informationsmanagement-Systemen,<br />
die über eine einzige Datenbank in Echtzeit<br />
untereinander und mit den Behandlungsgeräten kommunizieren. Diese<br />
Verknüpfung trägt dazu bei, die Bildgebung und Behandlung zu automatisieren<br />
und zu beschleunigen, so dass die IGRT-Verfahren schnell<br />
und praktikabel werden.<br />
Ingemar Naslund, Arzt und Leiter der Strahlentherapie-Abteilung<br />
am Karolinska-Institut, erklärt, dass die Verwendung der On-Board<br />
Imager an seinem Institut noch weiter ausgebaut werde. „Die Bilder<br />
Der On-Board Imager von <strong>Varian</strong><br />
für den Linearbeschleuniger ist mit<br />
Roboterarmen ausgestattet, die<br />
entlang der drei Bewegungsachsen<br />
rotieren und so die Röntgenröhre und<br />
den Flachbilddetektor beidseits des<br />
Patienten positionieren können. Die<br />
Bildgebungskomponenten werden<br />
mit einer Präzision von Bruchteilen<br />
eines Millimeters positioniert, um so<br />
den bestmöglichen Aufnahmewinkel<br />
zu erzielen.<br />
3<br />
FUNKTIONSWEISE EINES ON-BOARD IMAGER<br />
Die Röntgenröhre erzeugt<br />
niedrigdosierte Röntgenstrahlen,<br />
wie sie für qualitativ hochwertige Bilder<br />
benötigt werden. Der Flachbilddetektor<br />
nimmt die Röntgenstrahlen auf und<br />
wandelt sie elektronisch in hochwertige<br />
Echtzeitbilder um, die ohne<br />
Verzögerung auf einem Bildschirm<br />
dargestellt werden. Um die Position<br />
eines Tumors präzise zu bestimmen,<br />
sind Bilder aus mindestens zwei<br />
Aufnahmewinkeln erforderlich.<br />
VARIAN MEDICAL SYSTEMS: JAHRESBERICHT 2004<br />
besitzen eine hohe Qualität und können mühelos und automatisch in<br />
die Therapie eingegliedert werden. Dadurch lässt sich der On-Board<br />
Imager gut in ausgelasteten Strahlentherapie-Abteilungen einsetzen“,<br />
erklärt er. Dr. Naslund zeigt sich besonders begeistert vom Einsatz der<br />
Fluoroskopie-Bildgebung zum Aufzeigen von Goldmarkierungen, die in<br />
Tumoren implantiert wurden, bei denen eine Verschiebung aufgrund<br />
der Atmung des Patienten zu erwarten ist.<br />
Ärzte, die den On-Board Imager verwenden, erklären übereinstimmend,<br />
dass der zusätzliche Zeitaufwand von nur drei bis fünf Minuten<br />
für das tägliche Anfertigen von Röntgenbildern und das Anpassen der<br />
Patientenposition bei einer typischen Bestrahlungssitzung vernachlässigt<br />
werden könne.<br />
Durch die höhere Präzision, die dank des On-Board Imager erzielt<br />
wird, können Tumoren mit einer höheren Tagesdosis über einen<br />
kürzeren Zeitraum hinweg behandelt werden. Hier kommt der neue<br />
Trilogy-Linearbeschleuniger von <strong>Varian</strong> zum Einsatz (vgl. Artikel auf<br />
Seite 10). „Die IGRT nimmt einen besonders hohen Stellenwert ein,<br />
wenn es darum geht, die Bestrahlung präzise auszurichten. Das gilt<br />
umso mehr, wenn wir die Dosis erhöhen“, betont Fang-Fang Yin, PhD,<br />
Leiter für Medizinphysik am Duke University Medical Center in<br />
Durham, North Carolina (USA). Im Jahr 2004 war Fang-Fang Yin<br />
maßgeblich an der Einführung der IGRT-Therapie am Henry Ford<br />
Health System beteiligt.<br />
Nach der fünften von insgesamt 25 geplanten Bestrahlungsbehandlungen<br />
erklärt der Prostatakrebspatient Jan-Olov Carlsson, dass<br />
er am Karolinska-Institut nur gute Erfahrungen gemacht habe. „Es ist<br />
einfach fantastisch, dass die Position noch vor der Bestrahlung angepasst<br />
werden kann“, freut sich Carlsson. „Ich hoffe, dass sich dadurch<br />
die Nebenwirkungen verringern. Ich freue mich, dass ich mit einer<br />
neuen Technologie behandelt werde, besonders wenn das bedeutet,<br />
dass die Strahlen genau dort ankommen, wo sie hin sollen.“ •<br />
Röntgenröhre Roboterarme Linearbeschleuniger Flachbilddetektor Bildschirm/Steuerpult<br />
Mit der Software von <strong>Varian</strong><br />
werden Echtzeitbilder aus dem On-<br />
Board Imager mit Referenzbildern<br />
verglichen, um festzustellen, ob der<br />
Patient umgelagert werden muss,<br />
damit der Behandlungsstrahl optimal<br />
auf den Tumor zielt. Mit einem<br />
Knopfdruck am Steuerpult werden die<br />
Patienten automatisch in die richtige<br />
Position gebracht. Der gesamte<br />
Vorgang dauert nur drei bis fünf<br />
Minuten.<br />
Der On-Board Imager liefert<br />
radiographische Aufnahmen<br />
(Standbilder), Fluoroskopie-<br />
Aufnahmen (bewegte Bilder) sowie<br />
Cone-Beam-CT-Aufnahmen (3D-<br />
Bilder). So erhält der Arzt optimale<br />
Ansichten des Tumors.
Karen Metz, die ihren Brustkrebs überlebte, und<br />
ihre Ärztin Francine Halberg im Marin Cancer<br />
Institute.<br />
KOMPENSATION DER<br />
ATEMBEWEGUNG:<br />
BEHANDLUNG NICHT<br />
STATIONÄRER ZIELE<br />
Lungenkrebs ist und bleibt die Krebserkrankung Nr. 1. Nach Angaben<br />
des National Cancer Institute in den USA hat die Fünf-Jahres-Überlebensrate<br />
von weniger als 15 Prozent in den letzten 30 Jahren so gut wie stagniert.<br />
Eine innovative Technologie von <strong>Varian</strong> – die Kompensation der<br />
Atembewegung – gibt Patienten und Ärzten gleichermaßen neue Hoffnung,<br />
eine aggressivere und erfolgreichere Behandlungsmethode durchzuführen.<br />
Durch die Kompensation der Atembewegung<br />
ist es möglich, die Position von Tumoren zu verfolgen,<br />
die sich bei der Atmung des Patienten um<br />
bis zu vier Zentimeter bewegen. Beim RPM-<br />
System von <strong>Varian</strong> (zur Kompensation der Atembewegung),<br />
das mittlerweile an mehr als 300<br />
Krebszentren in der ganzen Welt zum Einsatz<br />
kommt, werden eine Infrarotkamera und eine<br />
besondere Markierung verwendet, die auf das<br />
Zwerchfell des Patienten platziert wird. Die<br />
Atmung kann somit nicht nur beim CT-Scan für<br />
die Bestrahlungsplanung überwacht werden,<br />
sondern auch während der Behandlung selbst.<br />
Der Arzt kann dadurch den jeweils optimalen<br />
Zeitpunkt im Atmungszyklus des Patienten auswählen,<br />
um den Behandlungsstrahl zu applizieren.<br />
Auf diese Weise ist es möglich, den bestrahlten<br />
Bereich deutlich zu verkleinern. Im<br />
Gegenzug kann die Gesamtdosis erhöht werden,<br />
ohne fürchten zu müssen, dass das umgebende<br />
gesunde Gewebe geschädigt wird.<br />
„Bislang mussten wir einen Bereich von drei<br />
bis fünf Zentimetern um einen Tumor herum<br />
mitbestrahlen, um eine angemessene Abdeckung<br />
zu erzielen“, erinnert sich Anthony Berson, Arzt<br />
und Leiter der Abteilung Radioonkologie am St.<br />
Vincent's Comprehensive Cancer Center in New<br />
York (USA). Dank der Kompensation der Atembewegung<br />
konnte dieser Bereich auf ein bis zwei<br />
Zentimeter verkleinert werden. „Das ist eine<br />
gewaltige Verbesserung.“<br />
Gleichzeitig kann die Gesamtdosis gesteigert<br />
werden. „Unser Ziel liegt zunächst darin, die<br />
Dosis um 10 bis 20 Prozent zu erhöhen“, erläutert<br />
Dr. Berson. „Für langfristige Ergebnisse ist<br />
es noch zu früh, aber wir gehen davon aus, dass<br />
wir durch die erhöhte Dosis die Tumoren besser<br />
unter Kontrolle bringen können.“<br />
Am Marin Cancer Institute in Greenbrae,<br />
Kalifornien (USA), behandelt die Ärztin Francine<br />
Halberg unter Zuhilfenahme der Kompensation<br />
der Atembewegung Patienten mit linksseitigem<br />
Brustkrebs. Da die Strahlung präzise auf den<br />
Tumor gerichtet werden kann, wird nicht nur die<br />
ungewollte Bestrahlung des Herzgewebes vermieden,<br />
sondern auch die durch Mitbestrahlung<br />
hervorgerufenen Nebenwirkungen. In den Richtlinien<br />
für die Behandlung von Lungenkrebs mit<br />
Kompensation der Atembewegung „wird häufig<br />
empfohlen, die Strahlung zum Zeitpunkt der<br />
maximalen Ausatmung zu verabreichen“, so<br />
Francine Halberg. „Dieser Zeitpunkt ist äußerst<br />
stabil und äußerst konsistent im Vergleich zu<br />
anderen Phasen im Atmungszyklus. Bei der Behandlung<br />
von Brustkrebs empfiehlt sich jedoch<br />
der Zeitpunkt der maximalen Einatmung, weil<br />
die Brust dann am weitesten vom Herzen<br />
entfernt ist.“<br />
Francine Halberg hat mehr als zwei Dutzend<br />
Brustkrebspatientinnen mit Hilfe der Kompensation<br />
der Atembewegung behandelt, nachdem<br />
die Tumoren bei einer Lumpektomie entfernt<br />
wurden. „Das Rezidivrisiko nach einer Strahlentherapie<br />
der Brust ist sehr, sehr gering“, erläutert<br />
sie.<br />
Am St. Vincent's Comprehensive Cancer<br />
Center wurde die Kompensation der Atembewegung<br />
in den vergangenen drei Jahren bei<br />
der Behandlung von mehr als 300 Patienten<br />
eingesetzt. Anthony Berson und sein Team haben<br />
die Kompensation der Atembewegung nicht nur<br />
bei Lungenkrebs eingesetzt, sondern auch bei der<br />
Behandlung von Krebserkrankungen im Oberbauch<br />
(z. B. Tumoren an der Bauchspeicheldrüse,<br />
am Magen und an der Leber). Diese<br />
Tumoren bewegen sich ebenfalls während der<br />
Atmung des Patienten. „In diesen Fällen“, so Dr.<br />
Berson, „zieht das große Strahlenfeld bei herkömmlichen<br />
Techniken in Kombination mit den<br />
Auswirkungen der Chemotherapie unweigerlich<br />
hohe Komplikationsraten nach sich. In dieser<br />
Situation“, fährt er fort, „führt alles, womit man<br />
dieses Strahlenfeld verkleinern kann, dazu, dass<br />
diese unerwünschten Komplikationen eingeschränkt<br />
werden.“<br />
Die beträchtlichen Verbesserungen, die die<br />
Kompensation der Atembewegung bietet, können<br />
problemlos erreicht werden, ohne die Abläufe in<br />
der Klinik zu stören. „Wir sind ein sehr gut<br />
ausgelastetes Gemeindekrankenhaus“, erläutert<br />
Dr. Berson. „Zu uns kommen täglich unzählige<br />
Patienten. Das gehört ganz einfach zu unserem<br />
Alltag.“ •<br />
KOMPENSATION DER ATEMBEWEGUNG 4