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Afrika – Nachhaltige Partnerschaft auf Augenhöhe?! - Zukunftsrat ...

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eispielsweise die <strong>Afrika</strong>nistik 6 oder die Tropenmedizin. Nicht unbedeutendist auch die Tatsache, dass an der Hamburger Universitätim Jahre 1911 die erste Professur für Kolonialrecht an einerdeutschen Hochschule eingerichtet wurde. 7Im Hamburger Straßenbild finden sich heute noch viele Zeugnisseaus der kolonialen Vergangenheit. Ich erinnere nur an densogenannten Tansania-Park 8 , an Straßennamen und sonstigesteinerne Erinnerungsorte, die sich in Denkmälern und in der Architekturmanifestieren.Aber Hamburg war – auch dies sollte nicht vergessen werden– ebenso eines der Zentren des Widerstandes gegen den Kolonialismus.Ich verweise nur <strong>auf</strong> das hier vorhandene Büro des„Internationalen Komitees der Negerarbeiter“.Außerdem ist Hamburg wohl eine jener deutschen Städte, inder die afrikanische Diaspora wohl am vehementesten bis in dieheutigen Tage angewachsen ist. 9 In Hamburg wurde im Jahre1967 zum ersten Mal in Deutschland ein koloniales Denkmal gestürzt,das Wissmann-Denkmal vor der Hamburger Universität. 10Wenn die Stadt Hamburg vor diesem historischen Hintergrundeine neue, gleichberechtigte Beziehung zu einer Partnerstadt in<strong>Afrika</strong> anstrebt, die auch noch zu den exponierten Kolonialstädtendes deutschen Kolonialreichen gehört, 11 sollten sich die Akteureder ungleichen Beziehungen zwischen Deutschland und <strong>Afrika</strong> inden vergangenen Jahrhunderten bewusst sein. Denn dies warenalles andere als freundschaftliche oder partnerschaftliche Kontakte.Allein während des Maji-Maji-Krieges töteten im Jahre 1907die deutschen Kolonialtruppen etwa 120 000 <strong>Afrika</strong>ner in Ostafrika.12 Nicht unerwähnt sollte die unwürdige Geschichte über denabgeschlagenen Kopf des Häuptling Kwawa sein, der jahrzehntelangin einem westdeutschen Museum <strong>auf</strong>bewahrt wurde, bevorer Ende der 1950er Jahre nach Tansania zurückgeführt wurde. 13Auch außerhalb der Zeiten, in denen völkermordähnliche Exzessevon den Deutschen verübt wurden, herrschten die deutschenKolonialherren in den von ihnen beanspruchten Herrschaftsgebietenmit Gewehr und Peitsche. 14 Dieser Traditionensollten sich alle Deutschen, die gedenken, in Tansania Handel zutreiben oder die dort eine partnerschaftliche Zusammenarbeit su-6 Vgl. Meyer-Bahlberg, Hilke/Wolff, Ekkehard (Hrsg.): <strong>Afrika</strong>nische Sprachen inForschung und Lehre. 75 Jahre <strong>Afrika</strong>nistik in Hamburg (1909-1984), Berlin/Hamburg1986.7 Vgl. Sippel, Harald: Hamburg. Koloniale Rechtsforschung im Deutschen Reich, in: vander Heyden/Zeller (Hrsg.): Kolonialismus hierzulande, a.a.O., S. 166-170.8 Vgl. Möhle, Heiko: Hamburg-Jerfeld. Von der Traditionspflege zum postkolonialenErinnerungsort? Der „Tansania-Park“ in der ehemaligen Lettow-Vorbeck-Kaserne, in:van der Heyden/Zeller (Hrsg.): Kolonialismus hierzulande, a.a.O., S. 275-280.9 Vgl. Dettmar, Erika: Rassismus, Vorurteile, Kommunikation. <strong>Afrika</strong>nisch-europäischeBegegnung in Hamburg, Berlin/Hamburg 1989.10 Vgl. Uhlmann, Gordon: Das Hamburger Wissmann-Denkmal. Von der kolonialen Weihestättezum postkolonialen Debatten-Mahnmal, in: van der Heyden/Zeller (Hrsg.):Kolonialismus hierzulande, a.a.O., S. 281-285.11 Vgl. Becher, Jürgen: Dar-es-Salaam, Tanga und Tabora. Stadtentwicklung in Tansaniaunter deutscher Kolonialherrschaft (1885-1914) (=Missionsgeschichtliches Archiv, Bd. 3),Stuttgart 1997.12 Vgl. Becker, Felicitas/Beez, Jigal (Hrsg.): Der Maji-Maji-Krieg in Deutsch-Ostafrika1905-1907, Berlin 2005.13 Vgl. Baer, Martin/Schröter, Olaf: Eine Kopfjagd. Deutsche in Ostafrika. Spuren kolonialerHerrschaft, Berlin 2001.14 Vgl. Müller, Fritz-Ferdinand: Kolonien unter der Peitsche. Eine Dokumentation,Berlin 1962.chen, bewusst sein. Wir können nicht über solche Grausamkeitender Vergangenheit einfach hinweggehen, solange die Wundennicht vernarbt sind.Nun können wir Deutsche uns nicht pausenlos Asche <strong>auf</strong>sHaupt streuen, aber wir heutige Lebenden sollten uns <strong>auf</strong>grundder Handlungen unserer Altvordern unserer moralischen Verantwortungbewusst sein.Was kann man diesbezüglich vor allem von der historischenWissenschaft erwarten?Zum einen geht es um die wissenschaftliche Aufarbeitung desKolonialismus in <strong>Afrika</strong>, seiner bis in die Gegenwart andauerndenFolgen und der kolonialen Beziehungen zwischen Deutschlandund seinen afrikanischen Kolonie. Da ist zunächst einigesBeachtliches zu Zeiten der DDR im Ostteil Deutschlands 15 sowiein den vergangenen zwei Jahrzehnten im vereinten Deutschlandgeschehen. Die Aufarbeitung der Geschichte des Kolonialismusist bei Weitem noch nicht abgeschlossen.Des Weiteren sollten, und dies ist bisweilen viel zu wenig geschehen,die in den deutschen Archiven lagernden historischenQuellen den betroffenen afrikanischen Staaten zugänglich gemachtwerden. Das heißt nicht, dass ganze Archivbestände nach<strong>Afrika</strong> transportiert werden sollen, sondern ich meine vielmehrdass relevante Akten in Kopie ihren Weg in die nationalen Archiveder ehemaligen Kolonien finden sollten. Entsprechende Absichtserklärungensind zwischen Politikern ausgetauscht, aber kaum indie Praxis umgesetzt worden. Lediglich einige kirchliche Institutionenhaben sich ihrer Verantwortung für die Vergangenheit gestelltund haben afrikanischen Staaten in Kopien relevante Aktenzur Auswertung zur Verfügung gestellt.Da die Editionen von Archivdokumenten ein recht kosten<strong>auf</strong>wändigesUnternehmen ist, könnten z. B. <strong>auf</strong> diesem GebietWirtschaft und Wissenschaft in Deutschland zusammenarbeiten.Denn eine Dokumentenpublikation beispielsweise, die den <strong>Afrika</strong>nernetwa bei der Identitätsfindung und -stärkung behilflich istoder hilft, Landgerechtigkeit herzustellen, könnte auch „Türöffner“für Handelsgeschäfte sein.Es geht mir also darum <strong>auf</strong>zuzeigen, dass wir uns bei jederForm der Ausgestaltung von Beziehungen bewusst sein müssen,<strong>auf</strong> welchen konkreten historischen Grundlagen neue, selbstverständlichpositiv zu sehende <strong>Partnerschaft</strong>en zu errichten sind. Esgilt genau zu prüfen, ob es historische Fundamente gibt, <strong>auf</strong> dieman <strong>auf</strong>bauen kann, oder ob es solche sind, die man lieber alsGedenkstätte nutzen sollte. Andere Fundamente oder Mauerrestesollte man ein für alle Male beseitigen.In diesem Sinne hoffe ich, dass sich alle Akteure bei der Ausgestaltungder <strong>Partnerschaft</strong> zwischen Hamburg und Dar es Salaamnicht zuletzt ihrer aus der Vergangenheit übernommenen Verantwortungbewusst sind.15 Vgl. van der Heyden, Ulrich: Tansania in der DDR-Wissenschaft. Eine paradigmatischeUntersuchung der <strong>Afrika</strong>- und Kolonialgeschichtsschreibung in der DDR, in: ders./Benger, Franziska: Kalter Krieg in Ostafrika. Die Beziehungen der DDR zu Sansibar undTansania (=Die DDR und die Dritte Welt, Bd. 8), Berlin 2009, S. 149-168.Seite 41

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