In den letzten Ausgaben der »Postille« haben wir ... - Unionhilfswerk
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UHW-Postille Nr. 47<br />
Fernsehangebot<br />
reicht nur bis 49<br />
Das duale Fernsehsystem<br />
in Deutschland<br />
— bestehend aus werbefinanziertenPrivatsen<strong>der</strong>n<br />
und gebührenfinanziertenöffentlichrechtlichenRundfunkanstalten<br />
— wurde<br />
nicht zuletzt mit <strong>der</strong> <strong>In</strong>tention<br />
eingeführt,<br />
mehr Vielfalt und Qualität<br />
im Fernsehprogramm<br />
zu erreichen.<br />
Die Bilanz nach 25 Jahren<br />
dualem System<br />
zeigt jedoch, dass das<br />
gewünschte Ziel nur<br />
bedingt erreicht wor<strong>den</strong><br />
ist.<br />
Das deutsche Fernsehprogrammorientiert<br />
sich heute, mehr<br />
als je zuvor, nahezu<br />
ausschließlich an <strong>den</strong><br />
- 10 -<br />
„Vielfalt in Qualität – Brauchen <strong>wir</strong> für die Generation 50plus einen dritten<br />
Weg im deutsch-sprachigen Fernsehen?“ · Memorandum <strong>der</strong> »Sylter Runde«<br />
Fernsehen ignoriert Bedürfnisse <strong>der</strong> Älteren<br />
Die „SYLTER RUNDE - individuelle Gesprächskreise“ wurde im Frühjahr<br />
2003 von Prof. Dr. Dr. h.c. Norbert Szyperski auf <strong>der</strong> Nordseeinsel<br />
Sylt ins Leben gerufen. <strong>In</strong> speziell für jeweils einen Themenblock<br />
zusammengestellten Gesprächskreisen wer<strong>den</strong> mit »zuständigen«<br />
und attraktiven Experten thematische Zusammenhänge analysiert<br />
und Lösungsansätze erörtert. Die Ergebnisse wer<strong>den</strong> in einem Thesenpapier<br />
festgehalten. Die in <strong>den</strong> jeweiligen Gesprächskreisen erarbeiteten<br />
Memoran<strong>den</strong> wer<strong>den</strong> veröffentlicht. Das Medium Fernsehen sollte<br />
sich angesichts einer Reichweite von 96% <strong>der</strong> deutschen Haushalte<br />
mit seinem Angebot an alle Teile <strong>der</strong> Bevölkerung richten. Die <strong>der</strong>zeitige<br />
Situation zeigt jedoch ein an<strong>der</strong>es Bild: Das Fernsehprogramm —<br />
und dabei insbeson<strong>der</strong>e das <strong>der</strong> privaten TV-Sen<strong>der</strong> — richtet sich überwiegend<br />
an jüngere Zuschauer in <strong>der</strong> ersten Lebenshälfte. Die 11. Sylter<br />
Runde hat sich zusammengefun<strong>den</strong>, um die Ursachen dieses Phänomens<br />
zu ergrün<strong>den</strong>, Impulse in Richtung einer Generationengerechtigkeit<br />
im Fernsehen zu geben und die Möglichkeit bzw. Notwendigkeit<br />
eines neuen, »dritten Wegs« zu diskutieren. Die Teilnehmer<br />
waren: Jung und Alt, Fernsehmacher und Fernsehzuschauer, Kreative,<br />
Geistliche, Wirtschaftstreibende und Wissenschaftler. Die »Postillen«<br />
Redaktion bedankt sich bei Prof. Dr. Dr. h.c. Norbert Szyperski, dass<br />
sie das Memorandum <strong>der</strong> »11. Sylter Runde« zum Programmangebot<br />
<strong>der</strong> deutschen Fernsehsen<strong>der</strong> veröffentlichen darf.<br />
<strong>In</strong>teressen einer Zielgruppe<br />
zwischen 14<br />
und 49 Jahren.<br />
Während für die Zielgruppe<br />
unter 14 Jahren<br />
ein vielfältiges Kin<strong>der</strong>und<br />
Jugendprogramm<br />
etabliert wurde, wer<strong>den</strong><br />
die <strong>In</strong>teressen von Zuschauern<br />
jenseits <strong>der</strong> 49<br />
von allen TV-Anbietern<br />
mehr o<strong>der</strong> weniger konsequent<br />
vernachlässigt<br />
(siehe Tabelle).<br />
Ursachenforschung<br />
Die Gründe für die<br />
von <strong>den</strong> Teilnehmern<br />
<strong>der</strong> 11. Sylter Runde<br />
gesehene Disparität im<br />
Programmangebot liegen<br />
vorwiegend in <strong>der</strong><br />
Finanzierungsstruktur<br />
des dualen Systems.<br />
Private Fernsehsen<strong>der</strong><br />
sind primär auf<br />
Werbeeinnahmen angewiesen.<br />
Diese hängen<br />
direkt von <strong>der</strong><br />
Nachfrage <strong>der</strong> Werbeindustrie<br />
ab, die wie<strong>der</strong>um<br />
ihre Werbeaktionen<br />
nach mathematisch<br />
berechneten<br />
Mediaplänen für ein<br />
bestimmtes Zielpublikum<br />
durchführt.<br />
Die Nachfrage nach<br />
Werbezeiten ist somit<br />
direkt davon abhängig,<br />
wie präzise das Programm<br />
die im Mediaplan<br />
skizzierte Zielgruppe<br />
anspricht. Folglich<br />
richten die Privatsen<strong>der</strong><br />
ihr Programm<br />
weitgehend auf die<br />
Zielgruppen <strong>der</strong> Mediapläne<br />
aus <strong>der</strong> Werbeindustrie<br />
aus. Da mit<br />
einer anvisierten Zielgruppe<br />
14 bis 49 rund<br />
80% aller Zuschauer erreicht<br />
wer<strong>den</strong>, zielen<br />
gängige Mediapläne<br />
nur auf diese Zielgruppe<br />
ab. An<strong>der</strong>e Altersgruppen<br />
wer<strong>den</strong> nicht<br />
aktiv bearbeitet, son<strong>der</strong>n<br />
als Nebeneffekt<br />
»mitgenommen«.<br />
<strong>In</strong> <strong>der</strong> Konsequenz<br />
richtet sich das Programm<br />
<strong>der</strong> privaten<br />
Fernsehsen<strong>der</strong> nach<br />
<strong>den</strong> <strong>In</strong>teressen <strong>der</strong> Zuschauer<br />
zwischen 14<br />
und 49 und vernachlässigt<br />
die <strong>In</strong>teressen <strong>der</strong><br />
Älteren. Auf <strong>der</strong> Jagd<br />
nach <strong>der</strong> höchsten<br />
Quote — und damit<br />
dem höchsten <strong>wir</strong>tschaftlichen<br />
Erfolg —<br />
hat sich gleichzeitig<br />
eine Kultur des billigen<br />
Sensationsfernsehens<br />
etabliert, das qualitativ<br />
hochwertigere <strong>In</strong>halte<br />
auf späte Sendeplätze<br />
verdrängt o<strong>der</strong> vollständig<br />
ersetzt.<br />
Gewalt, Action, Trivialunterhaltung<br />
und<br />
immer neue soziale<br />
Tabubrüche bestimmen<br />
das Fernsehangebot<br />
zur Prime Time.<br />
Nachdem die Programmverantwortlichen<br />
in <strong>den</strong> privaten<br />
Sen<strong>der</strong>n selbst <strong>der</strong> Altersgruppe<br />
14-49 angehören,<br />
ist von ihrer Seite<br />
eine Än<strong>der</strong>ung dieses<br />
Trends nicht zu erwarten.<br />
(Anmerkung<br />
<strong>der</strong> Postillen-Redaktion:<br />
Der Programmchef<br />
von RTL äußerte öffentlich,<br />
dass die »Kuki-<br />
3-15 15-25 25-35 35-45 45-55 55-65 65-75 75-85 85+<br />
Kin<strong>der</strong>- und<br />
Jugendprogramm<br />
Hauptprogramm, Zielgruppe 14-49 ???<br />
<strong>In</strong>itiator und Leiter <strong>der</strong> »Sylter<br />
Runde«:Prof. Dr. Dr. h.c.<br />
Norbert Szyperski.<br />
<strong>den</strong>t-Generation« nicht<br />
die Zielgruppe des Sen<strong>der</strong>s<br />
sei.)<br />
Dilemma für die<br />
öffentlich-rechtlichen<br />
Sen<strong>der</strong><br />
Die öffentlich-rechtlichen<br />
Sen<strong>der</strong> stehen angesichts<br />
dieser Entwicklung<br />
vor einem Dilemma:<br />
Einerseits sind<br />
auch sie auf Werbeeinnahmen<br />
angewiesen<br />
und schielen daher<br />
auch nach <strong>der</strong> Quote.<br />
An<strong>der</strong>erseits geraten<br />
sie mit ihren gesetzlichen<br />
Auflagen in Konflikt,<br />
falls sie <strong>den</strong> Vorgaben<br />
<strong>der</strong> Werbeindustrie<br />
zu sehr folgen.<br />
Beim Versuch, diesen<br />
Spagat zu meistern, investieren<br />
die öffentlichrechtlichen<br />
Sen<strong>der</strong> vermehrt<br />
in Produktionen<br />
für das Zielpublikum<br />
<strong>der</strong> Werbeindustrie<br />
(„14 bis 49“), pflegen<br />
ihren pädagogischen<br />
Anspruch mit eigenem<br />
Kin<strong>der</strong>programm und<br />
wickeln <strong>den</strong> verbleiben<strong>den</strong><br />
Rest, insbeson<strong>der</strong>e<br />
auf <strong>den</strong> dritten Programmen,<br />
mit Volksmusik,<br />
Alibi-<strong>In</strong>halten<br />
und Wie<strong>der</strong>holungsprogrammen<br />
ab.<br />
Fernsehangebot nach Altersgruppen Fortsetzung Seite 11