29.11.2012 Aufrufe

Kalenderwoche 13/2012 - Juden in Mitwitz - Teil 5

Kalenderwoche 13/2012 - Juden in Mitwitz - Teil 5

Kalenderwoche 13/2012 - Juden in Mitwitz - Teil 5

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

<strong>Mitwitz</strong><br />

auf den Punkt gebracht<br />

Markt <strong>Mitwitz</strong> Modellgeme<strong>in</strong>de Ort schafft Mitte.de<br />

Bund-Länder-Städtebauförderungsprogramm Stadtumbau West<br />

„Ort schafft Mitte -<br />

<strong>Mitwitz</strong> auf den Punkt gebracht“<br />

In loser Folge stellen wir hier Menschen vor, die sich aktiv<br />

und engagiert am Projekt „Ort schafft Mitte - <strong>Mitwitz</strong> auf<br />

den Punkt gebracht“ beteiligen.<br />

Heute e<strong>in</strong> <strong>Teil</strong> der Mitglieder aus dem Projekt „Naturaktiver<br />

Familien- und Freizeitpark“.<br />

Ich mache mit weil...<br />

... <strong>in</strong> <strong>Mitwitz</strong> e<strong>in</strong> Ort fehlt<br />

an dem sich Familien mit<br />

K<strong>in</strong>dern aufhalten können<br />

und ich mich auch sonst<br />

gerne für unser <strong>Mitwitz</strong> engagiere.<br />

Oliver Schwämmle<strong>in</strong><br />

Lochleithen<br />

... ich durch me<strong>in</strong>en Nachwuchs<br />

selbst direkt betroffen<br />

b<strong>in</strong>, <strong>in</strong>teressiert mich<br />

gerade das Projekt „Naturaktiver<br />

Familien- und Freizeitpark“.<br />

Jens Schultheis<br />

<strong>Mitwitz</strong><br />

... es viele Baustellen <strong>in</strong> <strong>Mitwitz</strong><br />

gibt und ich mich für<br />

Familien und K<strong>in</strong>der e<strong>in</strong>setzen<br />

will. Auch für Touristen<br />

ist unser Projekt <strong>in</strong>teressant ,<br />

und mir macht es Spaß sich<br />

e<strong>in</strong>zubr<strong>in</strong>gen und mitzugestalten.<br />

Mart<strong>in</strong> Heidenbluth<br />

Neundorf<br />

Alle Beiträge die bisher im Mitteilungsblatt erschienen<br />

s<strong>in</strong>d, f<strong>in</strong>den Sie unter:<br />

www.mitwitz.de/ortschafftmitte (Bereich: Presseartikel)<br />

Projektbüro<br />

Die Projektbetreuer s<strong>in</strong>d zu folgenden Zeiten erreichbar:<br />

Herr Dürsch<br />

April: 17./18.<br />

Herr Hujber<br />

April: 24./25./26.<br />

E<strong>in</strong>iges aus der Geschichte der <strong>Juden</strong> <strong>in</strong> <strong>Mitwitz</strong><br />

Vortrag von Oberlehrer Joch, Mupperg - (Orig<strong>in</strong>altext)<br />

gehalten im Frankenwald-Vere<strong>in</strong> <strong>Mitwitz</strong> im Jahre 1928<br />

...Fortsetzung von vergangener Woche...<br />

Bei den letzten E<strong>in</strong>trägen fehlt die Angabe der Hausnummer.<br />

E<strong>in</strong>e Anzahl der K<strong>in</strong>der wurden von mir weggelassen. Ansche<strong>in</strong>end<br />

wurden die Toten alle nach Burgkunstadt zum Begräbnis<br />

gebucht. Im Durchschnitt kann man e<strong>in</strong> recht hohes Alter feststellen.<br />

Im Pfarrarchiv <strong>Mitwitz</strong> f<strong>in</strong>det sich das entsprechende<br />

Geburtsregister, aus dem die damals ansässigen <strong>Juden</strong>familien<br />

festgestellt werden können. Es wurde ebenfalls vom <strong>Juden</strong>-<br />

Schullehrer Seligmann Stern geführt, welcher seit dem Jahre<br />

1802 die israelischen K<strong>in</strong>der unterrichtete und 1848 im Alter von<br />

71 Jahren starb. Die Aufsicht und Kontrolle über die E<strong>in</strong>tragungen<br />

führte das Herrschaftsgericht <strong>Mitwitz</strong>, <strong>in</strong> den ersten Jahren<br />

„Schranth“, später Dr. Maier, Herrschaftsrichter.<br />

Der Zeitfolge nach geordnet werden genannt:<br />

Handelsmann Meyer Fechheimer, Haus Nr. 54<br />

(Jakobsberg Schirmer altes Zechhaus)<br />

Handelsmann Jacob Wertheimer, Haus Nr. 25<br />

(Kronacher Str. Krauß Ella und Ernst)<br />

Handelsmann Samuel Friedmann, Haus Nr. 48<br />

(Am Grünen Tal, Zapf Bernhard)<br />

Handelsmann Hirsch Freund, Haus Nr.17,<br />

L.Frh.v.-Würtzburg-Str. Schirmer Hermann, Buchhandlung<br />

Handelsmann Hirsch Viertheimer, Haus Nr. 25,<br />

Kronacher Str. 6 Krauß Ernst und Ella<br />

Viehhändler Bonum Freund,Hs-Nr. 49,<br />

Am Grünen Tal 9, Schrotke (Zeidler)<br />

Schnittwarenhändler Samuel Ehrmann, Hs-Nr. 22<br />

Kronacher Str. 12<br />

Tauer Pauli Eisenhändler Samuel Hirsch Gättermann Hs-Nr.51,<br />

Am Grünen Tal 5 Knauer Babette<br />

Hopfenhändler Sondel Wertheimer Schnittwarenhändler<br />

Moses Fechheimer, Hs-Nr.53, später Haus-Nr. 20<br />

Am Grünen Tal 1, Schill<strong>in</strong>g-Rölz<br />

Viehhändler David Friedmann, Hs.Nr. 48,<br />

Am Grünen Tal 10, Zapf Bernhard<br />

Viehhändler Hirsch Seligberger, Hs.-Nr. 24,<br />

Kronacher Str.8, Lenker Franz<br />

Bauer (Ökonom) Isaak Wertheimer Hs-Nr. 27,<br />

Kronacher Str.2. Fick, Christ.<br />

Schnittwarenhändler Abraham Freund, Hs-Nr. 31,<br />

Coburger Str. 8, Engel Hans<br />

Viehhändler Isaak Wertheim, Hs-Nr. 25,<br />

Kronacher Str.6, Krauß Ernst,Ella<br />

Viehhändler Joel Ehrmann, Hs-Nr. 22,<br />

Kronacher Str.12, Tauer Paula<br />

Viehhändler Seligmann Freund, Hs-Nr. 88,<br />

Kirchstr.17, Schelhorn-Gundermann<br />

Zeugmacher-Seifensieder Samuel Fechheimer, Hs-Nr. 93,<br />

Freih. v. Würtzburg-Str. 6, Hermann Andreas<br />

Bauer Salomon Freund, Hs-Nr. 28,<br />

Coburger Str. 1, Rupp Artur<br />

Schnittwarenhändler Koppel Fechheimer, Hs-Nr.54,<br />

Jakobsberg 2, Schirmer-Zech<br />

Schnittwarenhändler Samuel Ehrmann, Hs-Nr. 92,<br />

Kirchstr.12, Höhn Julius<br />

Metzger Mathias Friedrnann, Hs-Nr. 48,<br />

Am Grünen Tal 10, Zapf, Bernhard<br />

Schuhmacher Wolfgang Fechheimer<br />

Bauer Salomon Bamberger Hs-Nr. 9,<br />

Kronacher Str. 18, Zipfel, Werner<br />

Metzger Maier Wertheimer, Lebküchner David Bamberger, Hs.-Nr. 23,<br />

Kronacher Str. 10, Maier Paul<br />

Schnittwaren- und Spezereihändler Abraham Hirsch Freund<br />

Hs-Nr.17 (Schirmer)<br />

Bauer Seligmann Bamberger<br />

Kaufmann Sigmund Fechheimer Hs-Nr.92,<br />

Kirchstraße 12, Höhn Julius<br />

Handelsmann Wilhelm Männle<strong>in</strong>, Hs-Nr.21,<br />

Kronacher Str. 16, Konsum<br />

Viehhändler Salomon Friedmann, Hs-Nr. 48,<br />

Am Grünen Tal (Zapf Bernh.)<br />

Kaufmann Philipp Bamberger, Hs.-Nr. 23, Kronacher Str.10,<br />

Maier Paul<br />

Der Beschneider kam meist aus Küps, Vater und Sohn, manchmal


auch aus Redwitz a.d. Rodach und Altenkunstadt.<br />

Zu Anfang des 19. Jahrhunderts, also <strong>in</strong> der Napoleonischen Zeit<br />

werden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Aktenband im Freih. von Würtzburgischen Archiv<br />

folgende <strong>Juden</strong> als fronpflichtig bezeichnet:<br />

Haus-Nr. 17 Hirsch Joseph, jetzt Buchhandlung Rüger<br />

Haus-Nr. 21 Maier Moses, jetzt Konsumvere<strong>in</strong><br />

Haus-Nr. 22 Jakob Maier, jetzt Adam Tauer, Seiler<br />

Haus-Nr. 23 Gottlieb Salomon,<br />

jetzt Häuble<strong>in</strong> Gendarmeriehaus (Meier Tabakwaren)<br />

Haus-Nr. 24 Hirsch Seligmann, Haus durch Brand zerstört<br />

(Seiler Tauer)<br />

Haus-Nr. 25 Isaak Markus Witwe (Hirsch Isaak) Bäckerei Tauer<br />

Haus-Nr. 31 Sander Simon und Abraham Levi,<br />

Gustav Engel, Sattler<br />

Haus-Nr. 32 Seligmann Nathan und Eliser Josephs Witwe,<br />

Andreas Fischer, Korbwaren<br />

Haus-Nr. 48 Maier Salomon (Salomon Löb)<br />

Bernhard Zapf, Schneidermeister<br />

Haus-Nr. 49 Baum Joseph Hans Zeitler, Förster<br />

Haus-Nr. 51 Löb Joseph Bernh. Kessel, Maurer<br />

Haus-Nr. 53 Slomon Isaak Karl Schill<strong>in</strong>g, Schre<strong>in</strong>ermeister<br />

Haus-Nr. 54 Maier und Abraham<br />

Oskar Schirmer Handlung (Zech)<br />

Maier Samuel und Abraham Wolf<br />

1801 kauften die <strong>Mitwitz</strong>er E<strong>in</strong>wohner (<strong>in</strong> <strong>Mitwitz</strong> von 81 Häusern<br />

mit teilweise mehreren Familien) um je 300 Gulden von der<br />

Gutsherrschaft ab. 1821 kaufte der „Handelsjude Gottlieb Bamberger“<br />

für se<strong>in</strong>en Sohn Seligmann Bamberger die Verpflichtung<br />

zum Botengehen um 200 fl. Gulden rhe<strong>in</strong>isch ab.<br />

Nachfolgend sollen die übrigen <strong>Juden</strong>häuser <strong>in</strong> <strong>Mitwitz</strong> festgestellt<br />

werden:<br />

Haus-Nr. 2 Ehrmann jetzt Christoph Münch, Taglöhner,<br />

jetzt Hans Kessel Neubau<br />

Haus-Nr. 17 Freund Freih.v.Würtzburg-Str.8, Schirmer Hermann<br />

Haus-Nr. 21 Bamberger (Frank) Kronacher Str. 16, Konsumvere<strong>in</strong><br />

Haus-Nr. 22 Ehrmann Kronacher Str. 12, Tauer Paula<br />

Haus-Nr. 23 Bamberger Kronacher Str. 10, Maier Paul<br />

Haus-Nr. 24 Seligsberger Kronacher Str. 8, Lenker Franz<br />

Haus-Nr. 25 Wertheimer (Ostheirner) Kronacher Str. 6,<br />

Krauß Ella, Ernst<br />

Haus-Nr. 27 Wertheimer Gastwirt Christian Fick<br />

Haus-Nr. 28 Fechheimer Johanna Rupp, Landwirt<strong>in</strong><br />

Haus-Nr. 31 Freund (Hirsch) Buttenheimer,<br />

jetzt Sattlermeister Engel<br />

Haus-Nr. 32 Hofmann Freund Kronacher Str. 26,<br />

Horn Wilhelm u. Horn Elsa<br />

Haus-Nr. 48 Friedmann, Am Grünen Tal 10, Zapf Bernhard<br />

Haus-Nr. 54 Fechheimer (Frießner), Jakobsberg 2,<br />

Schirmer Eduard und Schramm<br />

Haus-Nr. 51 Freund (Güttermann) Am Grünen Tal 5,<br />

Knauer Babette<br />

Haus-Nr. 49 Freund Am Grünen Tal 9,<br />

Schrottke He<strong>in</strong>rich (Zeidler)<br />

Haus-Nr. 88 Freund Ludwig<br />

Schelhorn, Schre<strong>in</strong>ermeister, Kirchstr. 17<br />

Haus-Nr. 88 1/2 Siegel<strong>in</strong> Buchb<strong>in</strong>der,<br />

jetzt Gold Hermann, Kirchstr. 19<br />

Soweit die Nachrichten aus Archiven.<br />

E<strong>in</strong>e recht wertvolle Ergänzung fanden sie durch die Angaben<br />

des Herrn Sattlermeister „Bürger“ aus <strong>Mitwitz</strong>, der mich aus<br />

eigener Anschauung die Zeit kannte, als fast alle israelitischen<br />

Familien <strong>in</strong> <strong>Mitwitz</strong> wohnten. Trotz se<strong>in</strong>es hohen Alters verfügte<br />

er über e<strong>in</strong> jugendfrisches Gedächtnis. Als ich ihn vor e<strong>in</strong>igen<br />

Jahren e<strong>in</strong>mal an e<strong>in</strong>em Sonntag besuchte, schilderte er mir <strong>in</strong><br />

se<strong>in</strong>er freundlichen Art und Weise die Personen, ihre Tätigkeit,<br />

ihre Geschäfte und Häuser. Ich fand se<strong>in</strong>e Angaben bestätigt von<br />

e<strong>in</strong>igen noch lebenden Nachkommen der Familien Fechheimer<br />

und Bamberger, welche <strong>in</strong> dankenswerter Weise noch Ergänzungen<br />

und Berichtigungen e<strong>in</strong>fügten. Bürger hat durch se<strong>in</strong> Erzählung<br />

nicht nur mir e<strong>in</strong>en wertvollen Dienst geleistet, sondern<br />

auch der Allgeme<strong>in</strong>heit und <strong>in</strong>sbesondere den Nachkommen der<br />

<strong>Mitwitz</strong>er <strong>Juden</strong>familien. Denn wenn noch e<strong>in</strong>ige Jahre vergangen<br />

se<strong>in</strong> werden und die letzten Getreuen der alten Garde von<br />

uns geschieden s<strong>in</strong>d, dann s<strong>in</strong>d auch die Er<strong>in</strong>nerungen an jene<br />

Zeit verweht.<br />

Es war nun, als ob ich vorausgeahnt hätte, daß es höchste Zeit<br />

sei, jene Zeiten schriftlich festzuhalten, denn kaum e<strong>in</strong> Jahr später<br />

starb Herr Bürger ganz unerwartet auf e<strong>in</strong>er Geschäftsreise.<br />

Ich selbst aber hatte Gelegenheit, die Aufzeichnungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er<br />

Versammlung des Frankenwaldvere<strong>in</strong>s <strong>in</strong> <strong>Mitwitz</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Vortrag<br />

der Allgeme<strong>in</strong>heit darzubieten. In <strong>Mitwitz</strong>, wo jetzt nicht<br />

e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige <strong>Juden</strong>familie mehr wohnt, könne sich nur noch die<br />

ältesten Leute jener Zeit ents<strong>in</strong>nen. Sie aber gab dem ganzen<br />

Orte se<strong>in</strong> eigenartiges Gepräge und trug neben der günstigen<br />

geographischen Lage des Ortes nicht wenig dazu bei, ihn zu e<strong>in</strong>em<br />

Mittelpunkt des unteren Ste<strong>in</strong>achtales zu stempeln.<br />

Dort konnte man schon vor 60, 80 und 100 Jahren alle Waren zu<br />

kaufen bekommen, Textilien, Spetzereien und was man sonst im<br />

Haushalt braucht. Aber auch der ganze Viehhandel der Umgegend<br />

wickelte sich dort ab. Namentlich Sonntags versammelten<br />

sich die Bauern der umliegenden Orte <strong>in</strong> <strong>Mitwitz</strong>. E<strong>in</strong>er wollte<br />

kaufen, der andere verkaufen, der dritte tauschen, der vierte<br />

hatte noch e<strong>in</strong>en Rest se<strong>in</strong>e Kaufgeldes zu holen, der fünfte<br />

e<strong>in</strong>en solchen zu zahlen u.s.w. Aber auch als Geldverleiher zogen<br />

sich aus nah und fern Gäste herbei. Wenn sich nun auch die<br />

Verhältnisse von Grund auf geändert haben: se<strong>in</strong>e Stellung als<br />

Mittelpunkt des unteren Ste<strong>in</strong>achtales hat <strong>Mitwitz</strong> zu behaupten<br />

verstanden, wobei ihm die reizvolle Lage wesentlich zu statten<br />

kam. Bevor ich nun zur Wiedergabe der Er<strong>in</strong>nerungen des<br />

kürzlich verstorbenen Herrn Bürger übergehe, der die meisten<br />

der von ihm erwähnten Personen zu se<strong>in</strong>en Jugendfreunden<br />

und Gespielen zählte, will ich noch e<strong>in</strong>es anderen bezeichnenden<br />

Umstandes gedenken. Als im Jahre 1806 Napoleon I. se<strong>in</strong>e<br />

Heeresmassen durch unsere Heimatgaue wälzte - das Hauptheer<br />

und mit ihm der Kaiser selbst zog von Bamberg über Lichtenfels,<br />

Kronach, Rodacherbrunn, Lobenste<strong>in</strong>, Schleiz zum Treffen bei<br />

Jena, während die l<strong>in</strong>ke Seitenarmee ihren Weg über Coburg,<br />

Neustadt, Sonneberg, <strong>Juden</strong>bach, Saalfeld nahm und die rechte<br />

über Hof marschierend, unsere engere Heimat nicht berührte<br />

- mußte unsere Heimat bis zum Jahre 1815 furchtbare Lasten<br />

tragen an E<strong>in</strong>quartierungen Lieferung von Nahrungs- und<br />

Futtermitteln, Kriegssteuern und wer weiß was alles für Lasten.<br />

Damals bediente sich das Amt Kronach, mit welchem das Amt<br />

Furttemberg (Fürth a.Berg) verbunden war, zur Aufbr<strong>in</strong>gung der<br />

Riesenmengen der angeforderten Heeresbedürfnisse der Beihilfe<br />

dreier <strong>Juden</strong>: „Jud Joseph Freund <strong>in</strong> <strong>Mitwitz</strong>“, „Schutzjude<br />

Wolf Seelig <strong>in</strong> Kronach“ und „Jud Kalman <strong>in</strong> Ebern.“<br />

Aber auch das Amt Sonneberg wandte sich verschiedenfach, weil<br />

es durch se<strong>in</strong>e Lage im Thür<strong>in</strong>gerwald überhaupt nicht <strong>in</strong> der<br />

Lage war, den gestellten Anforderungen auch nur im Entferntesten<br />

zu entsprechen, bei Lieferungen von Schlachtvieh und<br />

Getreide an <strong>Mitwitz</strong>er jüdische Händler, die dem Amte selbst Angebote<br />

zu günstigen Preisen gestellt hatten.<br />

In dem Hause, Hs.-Nr. 31, welches me<strong>in</strong>em Gewährsmann Bürger,<br />

bzw. jetzt se<strong>in</strong>em Enkel Hans Engel gehört und <strong>in</strong> welchem,<br />

nebenbei bemerkt, gegenwärtig 3 Generationen Sattler-Meister<br />

wohnten, wohnte zuletzt der <strong>in</strong> <strong>Mitwitz</strong> noch <strong>in</strong> guten Andenken<br />

stehende Ludwig Freund, der erst vor 4 Jahren <strong>in</strong> Frankfurt<br />

a. Ma<strong>in</strong> starb. In dem H<strong>in</strong>terhause, welches jetzt als Sattler- und<br />

Wagenbauwerkstätte benutzt wird, wohnte e<strong>in</strong>e alte Jüd<strong>in</strong>, Genandel<br />

genannt, welche ihren Unterhalt von der gesamten <strong>Juden</strong>geme<strong>in</strong>de<br />

erhielt.<br />

Ludwig Freund, <strong>in</strong> <strong>Mitwitz</strong> der „Lösers Ludwig“ genannt, war e<strong>in</strong><br />

reicher, gutmütiger Mann, der gerne Notleidende unterstützte.<br />

Gerade ihm mußte nun e<strong>in</strong> hartes Mißgeschick widerfahren. Als<br />

durch das Jahr 1848 die Untertanen <strong>in</strong> freie Bürger verwandelt<br />

wurden, ihnen schwere Lasten abgenommen, dagegen Recht<br />

e<strong>in</strong>geräumt wurden z.B. die Jagd, hatte bei e<strong>in</strong>er Schießübung<br />

Ludwig Freund das Mißgeschick, ganz ohne eigene Schuld den als<br />

Zieler beschäftigten Schieferdecker Köhler, im Volksmund „Jörg<br />

Pa“, d.h. Georg Pankratius genannt, so unglücklich zu treffen,<br />

daß er an der Verletzung starb. Freund hat jedem der 3 K<strong>in</strong>der<br />

dieses Schieferdeckers e<strong>in</strong>e Abf<strong>in</strong>dungssumme von 6000 Gulden,<br />

damals e<strong>in</strong>e sehr große Summe, ausgezahlt. Auch die Witwe,<br />

welche später den pensionierten Gendarm Frohnhöfer heiratete,<br />

erhielt e<strong>in</strong>e Abf<strong>in</strong>dungssumme. E<strong>in</strong> Schwiegersohn des Lösers<br />

Ludwig gab der Geme<strong>in</strong>de <strong>in</strong> <strong>Mitwitz</strong> die Summe von 3000<br />

Gulden zur Verschönerung des Ortes. Die Hauptstraße des Ortes<br />

führt zu se<strong>in</strong>em Gedächtnis den Namen: „Ludwig A. Freund Straße.“<br />

E<strong>in</strong>e Tochter des Schieferdeckers heiratete sich mit e<strong>in</strong>em<br />

Förster des Frh. von Egloffste<strong>in</strong> <strong>in</strong> Schmölz der vorher <strong>in</strong> <strong>Mitwitz</strong><br />

bei Frh.von Würtzburg bedienstet war. Herr Bürger hat se<strong>in</strong> späteres<br />

Wohn- und Geschäftshaus unmittelbar von Ludwig Freund


erworben. Schwiegersohn Kalm Freund Frankfurt M.,<br />

3 Söhne Stephan Freund Berl<strong>in</strong>, Kaufmann, Bankier Wilhelm<br />

Freund, London, Professor Freund Chicago. (12 OOO Mark: 1/3<br />

der Z<strong>in</strong>sen für Lehrmittel, 2/3 f. Arme.)<br />

In dem Hause, das jetzt Herrn Schirmer, vorher Herrn Zech gehörte,<br />

Haus Nr. 54 neben der alten Schule, wohnte Fechheimer, der<br />

1875 nach Coburg übersiedelte, wo jetzt noch e<strong>in</strong>e Tochter Frau<br />

Blüth und e<strong>in</strong> Sohn Hugo Fechheimer, e<strong>in</strong> Manufaktur-Geschäft<br />

<strong>in</strong>nehaben. In <strong>Mitwitz</strong> war er unter dem Namen „Koppel“ allgeme<strong>in</strong><br />

bekannt. Auch dort trieb er e<strong>in</strong> Schnittwarengeschäft,<br />

welches Kunden aus dem Kreis Sonneberg bis h<strong>in</strong>auf <strong>in</strong> den<br />

Wald, aus dem Coburger Land und dem Amtsbezirk Kronach<br />

hatte. Ganz besonders verkaufte er auch Totenanzüge, die sogar<br />

nach <strong>Juden</strong>bach, Neukenroth, Teuschnitz geholt wurden, weil es<br />

dieselben nirgends anders gab, die nach damaligen Gebrauch jedem<br />

Toten mit <strong>in</strong>s Grab gegeben wurden.<br />

Ich selbst kannte den Gründer des Coburger Geschäftshauses, K.<br />

M. Fechheimer persönlich noch sehr gut; denn me<strong>in</strong> Vater war<br />

seit se<strong>in</strong>er Ausstellung <strong>in</strong> Heubisch se<strong>in</strong> Kunde, allerd<strong>in</strong>gs nicht<br />

<strong>in</strong> Totengewändern.<br />

Im Hause Nr. 53, welches jetzt Herrn Schre<strong>in</strong>ermeister Karl Schill<strong>in</strong>g<br />

gehört, wohnte Mayer, im Volksmund das „Mayerla“ genannt.<br />

Er war, wie viele andere Glaubensgenossen, Viehhändler.<br />

Er wurde e<strong>in</strong>mal, wie sich Herr Bürger noch gut ents<strong>in</strong>nen konnte,<br />

auf dem Heimwege von Kronach im <strong>Mitwitz</strong>er Wald und zwar<br />

im sogenannten „Pfarrholz“ überfallen. Er hatte zwei Töchter,<br />

die durch ihre Schönheit <strong>in</strong> weiter Umgebung bekannt waren.<br />

Die e<strong>in</strong>e heiratete den Assesor Wilhelm <strong>in</strong> Kronach, der dem Texamt,<br />

wie es damals hieß, am heutigen Bezirksamt, ausgestellt<br />

war. Sie hat sich vor ihrer Verheiratung protestantisch taufen lassen.<br />

Auch die zweite Tochter heiratete e<strong>in</strong>en höheren Beamten<br />

<strong>in</strong> Lichtenfels und lies sich ebenfalls umtaufen. Söhne waren <strong>in</strong><br />

den Familien nicht vorhanden.<br />

Auf dem Nachbarshaus Nr. 51 welches jetzt Herrn Kessel, früher<br />

Herrn Geuther gehörte, wohnte Herr Matthes Friedmann. Dieser<br />

war Viehhändler und Schlachter. Zu jener Zeit waren <strong>in</strong> <strong>Mitwitz</strong><br />

4 Metzger, nämlich 3 Ochsenmetzger: jetzt Rempel und eben der<br />

Matthes und e<strong>in</strong> Schwe<strong>in</strong>emetzger, jetzt Feick. Wenn nun e<strong>in</strong>er<br />

der 3 Ochsenmetzger e<strong>in</strong> R<strong>in</strong>d geschlachtet hatte, so durfte der<br />

nächste erst dann wieder schlachten, wenn se<strong>in</strong> Vorgänger den<br />

letzten Rest verkauft hatte, e<strong>in</strong>e sehr vernünftige E<strong>in</strong>richtung<br />

zu e<strong>in</strong>er Zeit, wo man Eis- und Kühlräume noch nicht kannte.<br />

Dadurch hatte man immer Fleisch von frischer Schlachtung und<br />

mußte nicht befürchten, daß es dem Verderben anheim fiel.<br />

Der nächste israelitische E<strong>in</strong>wohner war der Viehhändler Friedmann,<br />

allgeme<strong>in</strong> unter dem Namen „Jekoff“ bekannt. Er handelte<br />

nicht mit sogenannter Gangware, d.h. mit R<strong>in</strong>dern, die zum<br />

Zug oder zur Zucht gekauft wurden, sondern nur mit Schlachtware,<br />

mit fetten, gemästeten Kühen und Ochsen, die er an die<br />

Fleischer, namentlich <strong>in</strong> Neustadt und Sonneberg lieferte. Weil<br />

damals e<strong>in</strong>e andere Beförderung noch nicht möglich war, mußte<br />

alles getrieben werden. Viehtreiber war damals e<strong>in</strong> besonderer<br />

Beruf. „Jekoff“ war k<strong>in</strong>derlos, zog nach dem Tod se<strong>in</strong>er Frau<br />

wahrsche<strong>in</strong>lich nach Bamberg. Das Haus gehört jetzt Herrn Zeidler,<br />

der jetzt Förster ist, früher aber Gendarm war, Haus Nr. 49<br />

(Schrotke 1972)<br />

Auch das Beckenhaus Rupp, Haus Nr. 28 war früher e<strong>in</strong> <strong>Juden</strong>haus,<br />

welches der Viehhändler Freund, zur Unterscheidung anderen<br />

gleichen Namens „Schlommel“ genannt, besaß. Se<strong>in</strong> Sohn<br />

Joseph Freund, der später ebenfalls nach Coburg übersiedelte<br />

und dort k<strong>in</strong>derlos starb, war mir persönlich noch bekannt.<br />

Er war ebenfalls Viehhändler und zwar der größte <strong>in</strong> <strong>Mitwitz</strong>.<br />

Neben se<strong>in</strong>en Viehhandel bewirtschaftete er noch e<strong>in</strong> bedeutendes<br />

Bauerngut und besaß die besten Grundstücke <strong>in</strong> <strong>Mitwitz</strong>.<br />

Überhaupt hatten alle jüdischen Familien <strong>in</strong> <strong>Mitwitz</strong> mehr oder<br />

weniger Grundbesitz, der ihnen alle<strong>in</strong> schon ihr Auskommen gewährleistete.<br />

Zum “Schlommel“ kommen, wie bereits oben e<strong>in</strong>mal<br />

erwähnt, täglich, aber hauptsächlich Sonntags, viel Bauern<br />

aus den Dörfern des Ste<strong>in</strong>achgrundes.<br />

In der jetzigen Gastwirtschaft Fick Haus Nr. 27 befand sich e<strong>in</strong>e<br />

Eisenhandlung, die Geschäfte nach allen Orten der Umgebung<br />

machte. Wie der Besitzer hies, wußte Herr Bürger nicht mehr.<br />

Nur den Be<strong>in</strong>amen „Itzig“ kennt er noch.<br />

Das Geschäftshaus des Herrn Kaufmann Bernhard Höhn, Haus Nr.<br />

92 gehörte e<strong>in</strong>em Hopfen und Viehhändler, der nach der Er<strong>in</strong>nerung<br />

des Herrn Bürger wahrsche<strong>in</strong>lich Isaak hieß. Er trieb se<strong>in</strong>e<br />

Geschäfte mit Brauereien, denen er außer den genannten Artikeln<br />

auch andere Brauereibedürfnisse verkaufte. Er verkaufte<br />

se<strong>in</strong> Wohnhaus an den Vater des jetzigen Besitzers und zog, da<br />

er k<strong>in</strong>derlos war, zu se<strong>in</strong>em Bruder nach Nürnberg.<br />

Im Köhlerschen Gasthaus, welches im vergangenen Jahr zum <strong>Teil</strong><br />

e<strong>in</strong> Raub der Flammen wurde, Haus Nr. 20 wohnte e<strong>in</strong>e andere<br />

Familie Sigmund Fechheimer, „Zierla“ genannt. Dieser Zierla<br />

handelte, solange er <strong>in</strong> diesem Haus wohnte, mit rohen Häuten,<br />

Pelzen u.s.w. Er veräußerte se<strong>in</strong> Haus an He<strong>in</strong>rich Lauterbach,<br />

nach dessen Tode an Herrn Karl Amon überg<strong>in</strong>g. Er kaufte nun<br />

das eben schon genannte jetzige Höhnsche Haus. Dort trieb er<br />

aber Handel mit Spezereien und Schnittwaren. Sigmund Fechheimers<br />

Witwe verkaufte nach dem Tode ihres Mannes im Jahre<br />

1872 das Haus an Johann Höhn und zog dann nach Fürth bei<br />

Nürnberg.<br />

Die Familie Bamberger bestand damals aus 3 Brüdern, die uns<br />

nache<strong>in</strong>ander beschäftigen werden. Der e<strong>in</strong>e von ihnen, David<br />

Bamberger, allgeme<strong>in</strong> der „Zuckerbäcker“ genannt, wohnte <strong>in</strong><br />

dem Haus, <strong>in</strong> welchem sich zur Zeit die Gendarmeriestation bef<strong>in</strong>det,<br />

vielmehr auf der Stelle, wo dies steht, denn das alte Haus<br />

und neben ihm noch zwei andere, <strong>in</strong> denen ebenfalls jüdische Familien<br />

wohnten, nämlich der rote Hirsch und der schwarze Hirsch<br />

waren durch e<strong>in</strong>e Feuersbrunst zerstört worden, (während der<br />

Feuersbrunst war Eigentümer Rudolf Heuble<strong>in</strong>, e<strong>in</strong> Bruder von<br />

Schieferdecker Heuble<strong>in</strong>, war später Bürgermeister von Hausham<br />

<strong>in</strong> Oberbayern und Landtagsabgeordneter.) Während nun<br />

dies Zuckerbäckerhaus wieder ungefähr auf die Stelle des alten<br />

gesetzt wurde, ist auf den Brandstätten der beiden anderen kle<strong>in</strong>en<br />

Häuser, nun e<strong>in</strong> Haus errichtet, das heute dem Seilermeister<br />

Adam Tauer gehört und Haus Nr. 22 trägt.<br />

6. und letzter <strong>Teil</strong> der Serie <strong>in</strong> der kommenden Woche...<br />

H<strong>in</strong>weis:<br />

Nach dem Motto des Arbeitskreises „Geschichte auf<br />

Schritt und Tritt erleben“ f<strong>in</strong>det am<br />

Ostersamstag, 7. April <strong>2012</strong> um 14:00 Uhr<br />

e<strong>in</strong> Ortsrundgang zu den ehemaligen jüdischen Anwesen<br />

(Treffpunkt: Bauhof <strong>Mitwitz</strong>) und am<br />

Ostersonntag, 8. April <strong>2012</strong> um 14:00 Uhr<br />

e<strong>in</strong>e „Historische Schlossführung“ im Wasserschloss<br />

statt.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!