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Kalenderwoche 13/2012 - Juden in Mitwitz - Teil 5

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erworben. Schwiegersohn Kalm Freund Frankfurt M.,<br />

3 Söhne Stephan Freund Berl<strong>in</strong>, Kaufmann, Bankier Wilhelm<br />

Freund, London, Professor Freund Chicago. (12 OOO Mark: 1/3<br />

der Z<strong>in</strong>sen für Lehrmittel, 2/3 f. Arme.)<br />

In dem Hause, das jetzt Herrn Schirmer, vorher Herrn Zech gehörte,<br />

Haus Nr. 54 neben der alten Schule, wohnte Fechheimer, der<br />

1875 nach Coburg übersiedelte, wo jetzt noch e<strong>in</strong>e Tochter Frau<br />

Blüth und e<strong>in</strong> Sohn Hugo Fechheimer, e<strong>in</strong> Manufaktur-Geschäft<br />

<strong>in</strong>nehaben. In <strong>Mitwitz</strong> war er unter dem Namen „Koppel“ allgeme<strong>in</strong><br />

bekannt. Auch dort trieb er e<strong>in</strong> Schnittwarengeschäft,<br />

welches Kunden aus dem Kreis Sonneberg bis h<strong>in</strong>auf <strong>in</strong> den<br />

Wald, aus dem Coburger Land und dem Amtsbezirk Kronach<br />

hatte. Ganz besonders verkaufte er auch Totenanzüge, die sogar<br />

nach <strong>Juden</strong>bach, Neukenroth, Teuschnitz geholt wurden, weil es<br />

dieselben nirgends anders gab, die nach damaligen Gebrauch jedem<br />

Toten mit <strong>in</strong>s Grab gegeben wurden.<br />

Ich selbst kannte den Gründer des Coburger Geschäftshauses, K.<br />

M. Fechheimer persönlich noch sehr gut; denn me<strong>in</strong> Vater war<br />

seit se<strong>in</strong>er Ausstellung <strong>in</strong> Heubisch se<strong>in</strong> Kunde, allerd<strong>in</strong>gs nicht<br />

<strong>in</strong> Totengewändern.<br />

Im Hause Nr. 53, welches jetzt Herrn Schre<strong>in</strong>ermeister Karl Schill<strong>in</strong>g<br />

gehört, wohnte Mayer, im Volksmund das „Mayerla“ genannt.<br />

Er war, wie viele andere Glaubensgenossen, Viehhändler.<br />

Er wurde e<strong>in</strong>mal, wie sich Herr Bürger noch gut ents<strong>in</strong>nen konnte,<br />

auf dem Heimwege von Kronach im <strong>Mitwitz</strong>er Wald und zwar<br />

im sogenannten „Pfarrholz“ überfallen. Er hatte zwei Töchter,<br />

die durch ihre Schönheit <strong>in</strong> weiter Umgebung bekannt waren.<br />

Die e<strong>in</strong>e heiratete den Assesor Wilhelm <strong>in</strong> Kronach, der dem Texamt,<br />

wie es damals hieß, am heutigen Bezirksamt, ausgestellt<br />

war. Sie hat sich vor ihrer Verheiratung protestantisch taufen lassen.<br />

Auch die zweite Tochter heiratete e<strong>in</strong>en höheren Beamten<br />

<strong>in</strong> Lichtenfels und lies sich ebenfalls umtaufen. Söhne waren <strong>in</strong><br />

den Familien nicht vorhanden.<br />

Auf dem Nachbarshaus Nr. 51 welches jetzt Herrn Kessel, früher<br />

Herrn Geuther gehörte, wohnte Herr Matthes Friedmann. Dieser<br />

war Viehhändler und Schlachter. Zu jener Zeit waren <strong>in</strong> <strong>Mitwitz</strong><br />

4 Metzger, nämlich 3 Ochsenmetzger: jetzt Rempel und eben der<br />

Matthes und e<strong>in</strong> Schwe<strong>in</strong>emetzger, jetzt Feick. Wenn nun e<strong>in</strong>er<br />

der 3 Ochsenmetzger e<strong>in</strong> R<strong>in</strong>d geschlachtet hatte, so durfte der<br />

nächste erst dann wieder schlachten, wenn se<strong>in</strong> Vorgänger den<br />

letzten Rest verkauft hatte, e<strong>in</strong>e sehr vernünftige E<strong>in</strong>richtung<br />

zu e<strong>in</strong>er Zeit, wo man Eis- und Kühlräume noch nicht kannte.<br />

Dadurch hatte man immer Fleisch von frischer Schlachtung und<br />

mußte nicht befürchten, daß es dem Verderben anheim fiel.<br />

Der nächste israelitische E<strong>in</strong>wohner war der Viehhändler Friedmann,<br />

allgeme<strong>in</strong> unter dem Namen „Jekoff“ bekannt. Er handelte<br />

nicht mit sogenannter Gangware, d.h. mit R<strong>in</strong>dern, die zum<br />

Zug oder zur Zucht gekauft wurden, sondern nur mit Schlachtware,<br />

mit fetten, gemästeten Kühen und Ochsen, die er an die<br />

Fleischer, namentlich <strong>in</strong> Neustadt und Sonneberg lieferte. Weil<br />

damals e<strong>in</strong>e andere Beförderung noch nicht möglich war, mußte<br />

alles getrieben werden. Viehtreiber war damals e<strong>in</strong> besonderer<br />

Beruf. „Jekoff“ war k<strong>in</strong>derlos, zog nach dem Tod se<strong>in</strong>er Frau<br />

wahrsche<strong>in</strong>lich nach Bamberg. Das Haus gehört jetzt Herrn Zeidler,<br />

der jetzt Förster ist, früher aber Gendarm war, Haus Nr. 49<br />

(Schrotke 1972)<br />

Auch das Beckenhaus Rupp, Haus Nr. 28 war früher e<strong>in</strong> <strong>Juden</strong>haus,<br />

welches der Viehhändler Freund, zur Unterscheidung anderen<br />

gleichen Namens „Schlommel“ genannt, besaß. Se<strong>in</strong> Sohn<br />

Joseph Freund, der später ebenfalls nach Coburg übersiedelte<br />

und dort k<strong>in</strong>derlos starb, war mir persönlich noch bekannt.<br />

Er war ebenfalls Viehhändler und zwar der größte <strong>in</strong> <strong>Mitwitz</strong>.<br />

Neben se<strong>in</strong>en Viehhandel bewirtschaftete er noch e<strong>in</strong> bedeutendes<br />

Bauerngut und besaß die besten Grundstücke <strong>in</strong> <strong>Mitwitz</strong>.<br />

Überhaupt hatten alle jüdischen Familien <strong>in</strong> <strong>Mitwitz</strong> mehr oder<br />

weniger Grundbesitz, der ihnen alle<strong>in</strong> schon ihr Auskommen gewährleistete.<br />

Zum “Schlommel“ kommen, wie bereits oben e<strong>in</strong>mal<br />

erwähnt, täglich, aber hauptsächlich Sonntags, viel Bauern<br />

aus den Dörfern des Ste<strong>in</strong>achgrundes.<br />

In der jetzigen Gastwirtschaft Fick Haus Nr. 27 befand sich e<strong>in</strong>e<br />

Eisenhandlung, die Geschäfte nach allen Orten der Umgebung<br />

machte. Wie der Besitzer hies, wußte Herr Bürger nicht mehr.<br />

Nur den Be<strong>in</strong>amen „Itzig“ kennt er noch.<br />

Das Geschäftshaus des Herrn Kaufmann Bernhard Höhn, Haus Nr.<br />

92 gehörte e<strong>in</strong>em Hopfen und Viehhändler, der nach der Er<strong>in</strong>nerung<br />

des Herrn Bürger wahrsche<strong>in</strong>lich Isaak hieß. Er trieb se<strong>in</strong>e<br />

Geschäfte mit Brauereien, denen er außer den genannten Artikeln<br />

auch andere Brauereibedürfnisse verkaufte. Er verkaufte<br />

se<strong>in</strong> Wohnhaus an den Vater des jetzigen Besitzers und zog, da<br />

er k<strong>in</strong>derlos war, zu se<strong>in</strong>em Bruder nach Nürnberg.<br />

Im Köhlerschen Gasthaus, welches im vergangenen Jahr zum <strong>Teil</strong><br />

e<strong>in</strong> Raub der Flammen wurde, Haus Nr. 20 wohnte e<strong>in</strong>e andere<br />

Familie Sigmund Fechheimer, „Zierla“ genannt. Dieser Zierla<br />

handelte, solange er <strong>in</strong> diesem Haus wohnte, mit rohen Häuten,<br />

Pelzen u.s.w. Er veräußerte se<strong>in</strong> Haus an He<strong>in</strong>rich Lauterbach,<br />

nach dessen Tode an Herrn Karl Amon überg<strong>in</strong>g. Er kaufte nun<br />

das eben schon genannte jetzige Höhnsche Haus. Dort trieb er<br />

aber Handel mit Spezereien und Schnittwaren. Sigmund Fechheimers<br />

Witwe verkaufte nach dem Tode ihres Mannes im Jahre<br />

1872 das Haus an Johann Höhn und zog dann nach Fürth bei<br />

Nürnberg.<br />

Die Familie Bamberger bestand damals aus 3 Brüdern, die uns<br />

nache<strong>in</strong>ander beschäftigen werden. Der e<strong>in</strong>e von ihnen, David<br />

Bamberger, allgeme<strong>in</strong> der „Zuckerbäcker“ genannt, wohnte <strong>in</strong><br />

dem Haus, <strong>in</strong> welchem sich zur Zeit die Gendarmeriestation bef<strong>in</strong>det,<br />

vielmehr auf der Stelle, wo dies steht, denn das alte Haus<br />

und neben ihm noch zwei andere, <strong>in</strong> denen ebenfalls jüdische Familien<br />

wohnten, nämlich der rote Hirsch und der schwarze Hirsch<br />

waren durch e<strong>in</strong>e Feuersbrunst zerstört worden, (während der<br />

Feuersbrunst war Eigentümer Rudolf Heuble<strong>in</strong>, e<strong>in</strong> Bruder von<br />

Schieferdecker Heuble<strong>in</strong>, war später Bürgermeister von Hausham<br />

<strong>in</strong> Oberbayern und Landtagsabgeordneter.) Während nun<br />

dies Zuckerbäckerhaus wieder ungefähr auf die Stelle des alten<br />

gesetzt wurde, ist auf den Brandstätten der beiden anderen kle<strong>in</strong>en<br />

Häuser, nun e<strong>in</strong> Haus errichtet, das heute dem Seilermeister<br />

Adam Tauer gehört und Haus Nr. 22 trägt.<br />

6. und letzter <strong>Teil</strong> der Serie <strong>in</strong> der kommenden Woche...<br />

H<strong>in</strong>weis:<br />

Nach dem Motto des Arbeitskreises „Geschichte auf<br />

Schritt und Tritt erleben“ f<strong>in</strong>det am<br />

Ostersamstag, 7. April <strong>2012</strong> um 14:00 Uhr<br />

e<strong>in</strong> Ortsrundgang zu den ehemaligen jüdischen Anwesen<br />

(Treffpunkt: Bauhof <strong>Mitwitz</strong>) und am<br />

Ostersonntag, 8. April <strong>2012</strong> um 14:00 Uhr<br />

e<strong>in</strong>e „Historische Schlossführung“ im Wasserschloss<br />

statt.

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