pdf-Datei - Grundlagen und Praxis
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Richard Moskowitz Die f<strong>und</strong>amentalistische Reaktion – Sommer 2002 3<br />
Auch wenn ich mich keinesfalls als Experte oder als ein besonders engagierter Vertreter einer<br />
bestimmten Sichtweise betrachte, werde ich mich doch zumindest bemühen, diesen Kritikern<br />
eine Antwort zu geben, <strong>und</strong> dabei habe ich drei gr<strong>und</strong>legende Ziele im Kopf:<br />
1. zu artikulieren, was ich als erfahrener Homöopath an den neueren Lehren von Sankaran,<br />
Scholten <strong>und</strong> anderen inspirierend <strong>und</strong> nützlich finde;<br />
2. sie im Licht der altmodischen Hahnmemannschen Prinzipien - eben dem Test, auf dem<br />
André besteht - zu untersuchen; <strong>und</strong><br />
3. über ihre Bedeutung in der historischen Entwicklung der Homöopathie-Bewegung zu<br />
reflektieren.<br />
1.<br />
Zunächst einmal übertreibt André das Ausmaß, in dem wir uns für die reale oder imaginative<br />
Heilung unserer schwierigen oder gescheiterten Fälle - wie zahlreich diese auch immer sein<br />
mögen - auf diese neuen Lehren verlassen. Was mich zuerst an ihnen angezogen hat, <strong>und</strong> was<br />
auch heute noch mein Interesse an ihnen aufrecht erhält, ist die Klarheit <strong>und</strong> Tiefe des<br />
Verständnisses, die sie in große Bereiche <strong>und</strong> wichtige Themen unserer Theorie <strong>und</strong> <strong>Praxis</strong><br />
hineinbringen, die ich, auch wenn ich viele Jahre lang treu nach der klassischen Tradition<br />
praktiziert habe, bis dahin immer recht <strong>und</strong>urchsichtig <strong>und</strong> unzugänglich gef<strong>und</strong>en habe.<br />
In den meisten Fällen verschaffen sie uns lediglich Zugang zu einer zusätzlichen Dimension,<br />
die uns eine Bestätigung oder Feinabstimmung des üblichen Mittelwahl-Prozesses, wie auch<br />
André ihn vermutlich befürworten würde, ermöglicht. Auf jeden Fall ist seine Stichelei, wir<br />
würden im Land der Phantasien <strong>und</strong> Märchen herumirren, weil es uns angeblich an Geduld<br />
mangelt, es richtig zu machen, <strong>und</strong> an Fachkenntnis, es seinen Ergebnissen gleichzutun, ein<br />
Schlag unter die Gürtellinie, für den er sich besser entschuldigen sollte.<br />
Das erste wichtige Thema dieser neuen Lehren ist einfach nur die Fortsetzung eines alten<br />
Themas, das seit seiner Einführung durch Kent kontrovers geblieben ist. Und sogar schon vor<br />
Kent gab es den große E. A. Farrington, der klar die Notwendigkeit verstand, über die<br />
einzelnen Details des Arzneimittels hinauszugehen <strong>und</strong> sie zu einem integrierten Ganzen<br />
zusammenzusetzen, das mehr ist als die Summe seiner Teile:<br />
Wir schließen alle Symptome ein, die wir beobachten. Und was haben wir dann?<br />
Eine Menge von Symptomen, die scheinbar keinerlei Verbindung zueinander<br />
haben ... Wenn Sie die Veränderungen in toto haben, die diese Substanz im<br />
Organismus hervorgerufen hat, dann haben Sie die Pathologie des Falles. Dieses<br />
Gesamtbild der Arzneimittelwirkung muss man immer im Kopf haben, wenn man<br />
die individuellen Symptome bewertet. Man kann das nennen wie man will. Einige<br />
nennen es den Genius der Arznei. Diesen muss man im Kopf haben, oder die<br />
anderen Symptome sind wertlos. Würde man es nicht so machen, dann wäre man<br />
lediglich ein Symptomatologe. Sie müssen wissen, was die Arznei im Ganzen<br />
macht, oder Sie werden nicht in der Lage sein, irgendeinen Teil [davon] richtig<br />
einzuschätzen. Sie können 20 Arzneien mit genau den gleichen Symptomen<br />
finden. Wie wollen Sie zwischen ihnen entscheiden? - Wie entdeckt man diese<br />
allgemeine Wirkrichtung eines Arzneimittels? Durch das Studium des Mittels als<br />
Ganzes. (2) [Hervorhebungen hinzugefügt R.M.]<br />
Die Bedeutung dieser Innovation kann man am besten würdigen, wenn man sie im Kontrast<br />
zu einer so ausgezeichneten älteren Materia medica betrachtet wie zum Beispiel der von<br />
Lippe, die aus so vollständig wie möglich charakterisierten Symptomen besteht, ordentlich<br />
aufgereiht nach Organsystemen im ökonomischen Stil der Reinen Arzneimittellehre. So lesen<br />
wir zum Beispiel bei den Gemütssymtpomen von Pulsatilla folgendes: