physische gegenstände für den geistigen gebrauch - freiburg
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Passionsbild:<br />
„Er hat dem Tod die Macht genommen und das<br />
Leben ans Licht gebracht“<br />
Auf dem Triptychon zur Passion gibt es keine<br />
Figuren, die handeln oder lei<strong>den</strong>, keine Darstellung<br />
von Folterwerkzeugen, auch keine spezifische<br />
Zeit oder Ortsangabe.<br />
Obwohl mit dem Passionsbild ein „Kreuzweg“,<br />
der „Opfertod“ am Kreuz gemeint ist, kommt in<br />
<strong>den</strong> Bildern kein Kreuzeszeichen vor.<br />
Jede zeichnerische-malerische Möglichkeit bleibt<br />
notgedrungen zu schwach, um die Vorstellung<br />
von -Verlassensein -verkauft, bekrönt, verhöhnt,<br />
preisgegeben, gepeitscht, geschlagen, darzustellen.<br />
Unerbitterlich führt der Weg zur Hinrichtung. Er<br />
geht über die Stationen des Verlusts, der Verleumdung,<br />
der Verleugnung und Verlassenheit.<br />
Die Vorstellung von Schlachtung: -gehängt, verletzt,<br />
drängt sich auf.<br />
Gleichzeitig weisen wichtige Bildelemente durch<br />
ihr nach oben zeigende Gerichtetheit auf Auferstehung,<br />
bergen Hoffnung.<br />
Die spontane gestische Malweise der Bilder zeigt<br />
Nähe zu Körper.<br />
Die Schärfe der eingesetzten Bildmittel sollen<br />
<strong>den</strong> Betrachter ergreifen, bewegen.<br />
Die abstrahierende Arbeitsweise lenkt die Aufmerksamkeit<br />
von äußerem Geschehen auf inneres<br />
Erleben.<br />
Die Bilder zeigen eine Gleichzeitigkeit von Innen<br />
und Außen, sie zeigen ein „Zusammenfallen“ von<br />
Zeit und Raum.<br />
Diese Malerei will nicht Realitätsdarstellung, sie<br />
will Realitätsdeutung.<br />
PHYSISCHE GEGENSTÄNDE<br />
FÜR DEN GEISTIGEN GEBRAUCH<br />
Christa Kress<br />
Zu der Malerei von Christa Kress<br />
In <strong>den</strong> Bildern von Christa Kress herrscht Farbe.<br />
Farbe despotisch und unduldsam, dynamisch<br />
und kraftvoll bahnt sie sich ihren Weg auf der<br />
Leinwand. Lineare Begrenzungen schraffierte<br />
Ordnungshinweise wer<strong>den</strong> unterwandert, durchlaufen,<br />
aufgelöst. Summarisch flächenhaftes<br />
Vordringen wird von kleinteiliger Struktur flankiert.<br />
Es gibt große Richtungen, oft Diagonalen,<br />
die sich kreuzen oder verschränken, alles<br />
scheint in Bewegung. Stillstand findet nicht statt.<br />
Kühle Blautöne verbin<strong>den</strong> sich mit Weißstufen<br />
gegen alle Arten von Rot zu einer abstrakten<br />
Auseinandersetzung Ocker und Erdfarben hingegen<br />
lassen sinnlich Naturhaftes anklingen.<br />
Hin und wieder – hartnäckig – taucht eine Erinnerung<br />
an Gegenständliches auf, eine Schulter,<br />
eine Hand, der vibrierende Umriss einer Figur,<br />
doch liegt die Betonung auf der malerischen<br />
Umsetzung energetischer Prozesse, die als<br />
Zeichen von Lebendigkeit Körper und Seele und<br />
Geist gleichermaßen umfassen – ansprechen.<br />
Bei aufmerksamer Betrachtung wird deutlich,<br />
dass der Reichtum der malerischen Gesten aus<br />
einem sicheren wie geschulten Gespür <strong>für</strong> eine<br />
spannungsvolle Komposition erwächst. Christa<br />
Kress hat ihre künstlerische Begabung durch<br />
Ausbildung an der Karlsruher Akademie zu<br />
formen verstan<strong>den</strong> – ohne ihr Temperament<br />
dabei zu verlieren. Spontaneität und Sensibilität<br />
liegen <strong>den</strong> intensiven Bildern zugrunde, die<br />
sinnlichen Reiz mit geistiger Aussage verbin<strong>den</strong>.<br />
Die Titel geben Hinweise auf die Absicht der<br />
Malerin, sich nicht mit Beliebigem aufzuhalten,<br />
sondern existenzielle Erfahrung mitzuteilen, die<br />
aus Begegnungen herrühren, Begegnungen mit<br />
Menschen, mit Natur, mit Gott.<br />
Folgerichtig sind daraus keine Abbilder einer<br />
sichtbaren Realität entstan<strong>den</strong>, sonder Übersetzungen<br />
ins Wesenhafte mit <strong>den</strong> Mitteln der<br />
Malerei.<br />
Mit Entschie<strong>den</strong>heit setzt Christa Kress immer<br />
wieder Unruhe, Aufbruch, Widerspruch ins Bild.<br />
Darauf muss der Betrachter reagieren, wird<br />
dabei in die Auseinandersetzung mit einbezogen<br />
und kann die belebende befreiende Wirkung<br />
ihrer Malerei spüren.<br />
Dorothee Höfert<br />
Kunsthistorikerin, Karlsruhe