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Studie: Berufliche Weiterbildung in Europa - Otto Brenner Stiftung

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<strong>Otto</strong><strong>Brenner</strong><strong>Stiftung</strong>OBS-Arbeitsheft 66Ra<strong>in</strong>er We<strong>in</strong>ert<strong>Berufliche</strong> <strong>Weiterbildung</strong><strong>in</strong> <strong>Europa</strong>Was Deutschland von nordeuropäischen Ländern lernen kannE<strong>in</strong>e <strong>Studie</strong> der <strong>Otto</strong> <strong>Brenner</strong> <strong>Stiftung</strong>Frankfurt/Ma<strong>in</strong> 2010


OBS-Arbeitsheft 66ISSN 1863-6934 (Pr<strong>in</strong>t)Herausgeber:<strong>Otto</strong> <strong>Brenner</strong> <strong>Stiftung</strong>Jupp Legrand/Wolf Jürgen RöderWilhelm-Leuschner-Straße 79D-60329 Frankfurt/Ma<strong>in</strong>Tel.: 069-6693-2810Fax: 069-6693-2786E-Mail: obs@igmetall.dewww.otto-brenner-stiftung.deAutor:PD Dr. Ra<strong>in</strong>er We<strong>in</strong>ertAlt-Kladow 12a14089 Berl<strong>in</strong>Tel.: 030-364-30117E-Mail: we<strong>in</strong>ert.ra<strong>in</strong>er@gmail.comRedaktion:Dr. Burkard Ruppert<strong>Otto</strong> <strong>Brenner</strong> <strong>Stiftung</strong>Lektorat:Elke Habicht, www.textfeile.deHofheim am TaunusSatz und Gestaltung:com.plot-ma<strong>in</strong>z.deDruck:mww.druck und so... GmbH, Ma<strong>in</strong>z-KastelRedaktionsschluss:26. August 2010H<strong>in</strong>weis zu den Nutzungsbed<strong>in</strong>gungen:Dieses Arbeitsheft darf nur für nichtkommerzielleZwecke im Bereich der wissenschaftlichenForschung und Beratung und ausschließlich <strong>in</strong> dervon der <strong>Otto</strong> <strong>Brenner</strong> <strong>Stiftung</strong> veröffentlichtenFassung – vollständig und unverändert! – vonDritten weitergegeben sowie öffentlich zugänglichgemacht werden.In den Arbeitsheften werden die Ergebnisse derForschungsförderung der <strong>Otto</strong> <strong>Brenner</strong> <strong>Stiftung</strong>dokumentiert und der Öffentlichkeit zugänglichgemacht. Für die Inhalte s<strong>in</strong>d die Autor<strong>in</strong>nenund Autoren verantwortlich.Bestellungen:Über die Internetseite der <strong>Otto</strong> <strong>Brenner</strong> <strong>Stiftung</strong>können weitere Exemplare dieses OBS-Arbeitshefteskostenlos bezogen werden – solange derVorrat reicht. Dort besteht auch die Möglichkeit,das vorliegende und weitere OBS-Arbeitshefte alspdf-Datei kostenlos herunterzuladen.Über den Autor:Ra<strong>in</strong>er We<strong>in</strong>ert, geboren 1950 <strong>in</strong> Delmenhorst;Studium der Soziologie und Volkswirtschaftslehrean der Freien Universität Berl<strong>in</strong>; 1985 Promotion;1991 Habilitation; apl. Professor am Institut fürSoziologie der FU Berl<strong>in</strong>.


VORWORTVorwortDie <strong>Otto</strong> <strong>Brenner</strong> <strong>Stiftung</strong> hat <strong>in</strong> den vergangenen Jahren e<strong>in</strong>e Reihe systematischerAnalysen zu verschiedenen Branchen <strong>in</strong> den neuen Bundesländern vorgelegt. Untersuchtwurden beispielsweise die Elektro-, die Solar-, die Holz- und Möbel<strong>in</strong>dustriesowie die Textil<strong>in</strong>dustrie <strong>in</strong> Ostdeutschland. Auch die Automobil<strong>in</strong>dustrie, der Masch<strong>in</strong>enbauund die Bahn<strong>in</strong>dustrie waren Gegenstand von Branchenanalysen. ImMittelpunkt der systematischen Aufarbeitungen standen dabei nicht nur die Probleme,die die Kahlschlag- und De<strong>in</strong>dustrialisierungspolitik <strong>in</strong> den 1990er Jahren verursachthatten. Es g<strong>in</strong>g <strong>in</strong> den Analysen neben aktuellen Bestandsaufnahmen und Problembeschreibungenimmer auch um generelle Entwicklungsperspektiven und spezifischeZukunftsaussichten. H<strong>in</strong>sichtlich e<strong>in</strong>es zentralen Aspekts kommen alle <strong>Studie</strong>nzu ähnlichen Ergebnissen: Die ostdeutsche Industrie steht vor e<strong>in</strong>em massivenFachkräfteproblem.Die Besonderheiten des ostdeutschen Fachkräfteproblems hat soeben BurkartLutz <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Arbeitsheft der <strong>Otto</strong> <strong>Brenner</strong> <strong>Stiftung</strong> auf den Punkt gebracht. Obwohldie deutsche Industrie <strong>in</strong>sgesamt mit e<strong>in</strong>em Fachkräftemangel zu kämpfen hat, istdie Besonderheit <strong>in</strong> Ostdeutschland dar<strong>in</strong> zu sehen, dass die radikale Schrumpfungder ostdeutschen Industrie zu relativ homogenen Belegschaften geführt hat undsonst übliche Neue<strong>in</strong>stellungen über e<strong>in</strong>en längeren Zeitraum nicht oder kaum vorgenommenworden s<strong>in</strong>d. Mit der 2010 anziehenden Konjunktur und vor dem H<strong>in</strong>tergrunde<strong>in</strong>es tief greifenden demografischen Wandels (kohortenstarke Jahrgängegehen <strong>in</strong> Rente, geburtenschwache Jahrgänge verlassen die Schulen) hat sich dasGrundproblem umgedreht: Die <strong>in</strong> den 1990er Jahren aufgerissene Arbeitsplatzlücke(Überangebot von Arbeitskräften) schlägt jetzt um <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e spürbare Fachkräftelücke.Es hat immer wieder Ansätze gegeben, dieses Problem – wenn es denn als solchesüberhaupt erkannt wurde – zu lösen. Bundes- und Landesregierungen haben Programmeaufgelegt, Unternehmen haben versucht, durch Fördermaßnahmen gegenzusteuern,auch tarifpolitisch wurde das Thema aufgegriffen. Dennoch bleibt festzuhalten,dass zwischen Problemidentifizierung und Problemlösung weiterh<strong>in</strong> e<strong>in</strong>eLücke klafft, die sogar noch größer zu werden droht. Gewerkschaften, Arbeitgeberverbändeund Unternehmen können sich bei der Identifikation des Fachkräftemangelsals Problem vielleicht noch e<strong>in</strong>igen. Was allerd<strong>in</strong>gs dessen Bekämpfungangeht, gibt es ke<strong>in</strong>en Konsens. Viele <strong>Studie</strong>n belegen, dass sich das E<strong>in</strong>stellungsverhaltender meisten Unternehmen nicht oder nur unwesentlich verändert hat. Dasbetrifft auch die sehr restriktive Handhabung von Maßnahmen der beruflichen<strong>Weiterbildung</strong>, obwohl e<strong>in</strong>e massive Qualifizierungs<strong>in</strong>itiative dr<strong>in</strong>gend gebotenersche<strong>in</strong>t.1


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPAAn diese Problemlage knüpft die vorliegende <strong>Studie</strong> an. In ihrem Mittelpunkt stehtnicht wie bei Lutz die besondere Situation <strong>in</strong> Ostdeutschland, vielmehr befasst siesich mit Ansätzen aus benachbarten nordeuropäischen Ländern, die vor ähnlichenProblemen stehen. Es bot sich e<strong>in</strong> Vergleich mit den skand<strong>in</strong>avischen Ländern an,weil diese sehr hohe Teilnahmequoten an Maßnahmen der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong>aufweisen. Was wird <strong>in</strong> Schweden und anderen skand<strong>in</strong>avischen Ländernanders gemacht als <strong>in</strong> Deutschland? Welches s<strong>in</strong>d die Unterschiede, welche Geme<strong>in</strong>samkeitengibt es? Was können wir von diesen Ländern lernen?Die Analyse von We<strong>in</strong>ert zeigt e<strong>in</strong>en starken gewerkschaftspolitischen E<strong>in</strong>fluss<strong>in</strong> der beruflichen Bildung, <strong>in</strong>sbesondere auch durch die Tarifpolitik, der bis <strong>in</strong> dieersten Nachkriegsjahre zurückreicht. Die skand<strong>in</strong>avischen Länder durchliefenebenfalls e<strong>in</strong>e Art ‚Wirtschaftswunder‘, was die Qualifizierung breiter Bevölkerungsschichtenerforderte. Das führt bis heute zur positiven E<strong>in</strong>bettung der beruflichen<strong>Weiterbildung</strong> und e<strong>in</strong>er sie unterstützenden Kultur <strong>in</strong> den Betrieben.Allerd<strong>in</strong>gs s<strong>in</strong>d auch die skand<strong>in</strong>avischen Systeme nicht frei von Schwierigkeiten.Das betrifft <strong>in</strong>sbesondere die Übergänge von der schulischen zur beruflichen Bildung.Hier steht Deutschland mit se<strong>in</strong>er dualen Berufsausbildung immer nochvergleichsweise gut da.Besonders vielversprechend im H<strong>in</strong>blick auf zukünftige Perspektiven sche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong>Ansatz aus Schweden zu se<strong>in</strong>. Dort wurden im Rahmen e<strong>in</strong>er geme<strong>in</strong>samen Initiativevon Arbeitgebern und Gewerkschaften sogenannte „Technik-Colleges“ errichtet. Eshandelt sich um e<strong>in</strong>en regionalen Ansatz zur Behebung von Qualifizierungsproblemen,bei dem die Gewerkschaften, die Arbeitgeberverbände und die Unternehmendas Sagen haben. Vor dem H<strong>in</strong>tergrund der skizzierten Probleme <strong>in</strong> Ostdeutschlandund des Erfolgs dieser Initiative <strong>in</strong> Schweden schlägt der Verfasser der <strong>Studie</strong>, Ra<strong>in</strong>erWe<strong>in</strong>ert, vor, e<strong>in</strong>e breite Übernahme des Modells für Ostdeutschland zu prüfen.Obwohl es vergleichbare E<strong>in</strong>richtungen auch schon <strong>in</strong> Deutschland gibt, könnte e<strong>in</strong>e<strong>in</strong>tensive Debatte über „Technik-Colleges“ die Diskussion über den Fachkräftemangel<strong>in</strong> Ostdeutschland beleben.Wir erhoffen uns von diesem Arbeitsheft neue Anregungen und Impulse für dieweiterbildungspolitische Diskussion. Denn die Probleme des Fachkräftemangels <strong>in</strong>Ostdeutschland s<strong>in</strong>d so gravierend, dass neue Vorschläge diskutiert und Erfolg versprechendeAnsätze erprobt werden müssen.Frankfurt/Ma<strong>in</strong>, im September 2010Die Geschäftsführer der <strong>Otto</strong> <strong>Brenner</strong> <strong>Stiftung</strong>Jupp Legrand Wolf Jürgen Röder2


INHALTInhalt1. Zusammenfassung .................................................................................................................. 42. E<strong>in</strong>leitung ............................................................................................................................... 53. <strong>Berufliche</strong> <strong>Weiterbildung</strong> und Tarifpolitik <strong>in</strong> Deutschland:Paradigmawechsel? ................................................................................................................. 74. Die Entwicklung <strong>in</strong> Ostdeutschland und die Bedeutungberuflicher <strong>Weiterbildung</strong> ..................................................................................................... 155. Das deutsche und das schwedische System der Arbeitsbeziehungen:E<strong>in</strong> Überblick ......................................................................................................................... 236. Das schwedische und das deutsche Modell der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong>im Vergleich ........................................................................................................................... 337. Schweden ............................................................................................................................. 387.1 <strong>Berufliche</strong> <strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong> Schweden ........................................................................ 387.2 Das Konzept der Technik-Colleges ................................................................................ 447.3 Fonds für berufliche <strong>Weiterbildung</strong> .............................................................................. 497.4 Tarifpolitik und berufliche <strong>Weiterbildung</strong> ..................................................................... 507.5 Zwischenresümee Schweden ........................................................................................ 548. Dänemark ............................................................................................................................. 568.1 <strong>Berufliche</strong> <strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong> Dänemark ........................................................................ 568.2 Tarifpolitik und berufliche <strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong> Dänemark ................................................ 648.3 Zwischenresümee Dänemark ........................................................................................ 679. Norwegen ............................................................................................................................... 709.1 <strong>Berufliche</strong> <strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong> Norwegen ......................................................................... 709.2 Tarifpolitik und berufliche <strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong> Norwegen ................................................ 749.3 Zwischenresümee Norwegen ........................................................................................ 7610. Anknüpfungspunkte für gewerkschaftliche Politik <strong>in</strong> Deutschland ....................................... 7711. Technik-Colleges ................................................................................................................... 8411.1 Technik-Colleges: Modell für Deutschland? .................................................................. 8411.2 Technik-Colleges für Ostdeutschland? .......................................................................... 89Literatur ...................................................................................................................................... 93Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen ............................................................................... 107Abkürzungsverzeichnis ............................................................................................................. 1083


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPA1. ZusammenfassungFür Deutschland und <strong>in</strong>sbesondere für Ostdeutschlandwird seit Ende der 1990er Jahree<strong>in</strong> dramatischer Fachkräftemangel prognostiziert.Trotz unterschiedlicher Initiativen vonBundes- und Landesregierungen sowie tarifpolitischerAnsätze der Gewerkschaften habensich die E<strong>in</strong>stellungsmuster und das <strong>Weiterbildung</strong>sverhaltendeutscher Unternehmen bislangkaum verändert. Vor dem H<strong>in</strong>tergrund dieserProblemlage war es das Ziel der vorliegenden<strong>Studie</strong>, e<strong>in</strong>e Analyse tarifpolitischer <strong>Weiterbildung</strong>sstrategien<strong>in</strong> skand<strong>in</strong>avischen Ländernvorzunehmen und deren mögliche Bedeutungfür Deutschland, <strong>in</strong>sbesondere für Ostdeutschlandaufzuzeigen. Die skand<strong>in</strong>avischenLänder weisen wesentlich höhere Teilnahmequoten<strong>in</strong> der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong> auf alsDeutschland. Was s<strong>in</strong>d die Unterschiede undGeme<strong>in</strong>samkeiten zwischen Deutschland undden skand<strong>in</strong>avischen Ländern? Was machendiese besser? Was können wir von ihnen lernen?Da die guten Ergebnisse <strong>in</strong> der beruflichen<strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong> Skand<strong>in</strong>avien entscheidenddurch gewerkschaftliche E<strong>in</strong>flussnahmezustande kommen, gehen wir vor allem der Fragenach, welche konkreten Beiträge gewerkschaftlicheTarifpolitik zur Förderung der <strong>Weiterbildung</strong>steilnahmeleisten kann. Abschließendwird analysiert, welche Anknüpfungspunktesich für gewerkschaftliche Politik <strong>in</strong>Deutschland und Ostdeutschland ergeben. Betrachtetwerden die Länder Dänemark, Norwegenund Schweden, wobei auf Schweden ausführlichere<strong>in</strong>gegangen wird, weil die hier feststellbarenEntwicklungen für die Situation <strong>in</strong>Deutschland besonders von Belang s<strong>in</strong>d.Die Ergebnisse zeigen, dass die tarifpolitischenInstrumente sich kaum von denen unterscheiden,die <strong>in</strong> Deutschland Anwendung f<strong>in</strong>den(Branchen-Fonds, geme<strong>in</strong>same E<strong>in</strong>richtungender Sozialpartner, Mitarbeiter- oder Qualifizierungsgespräche).Der grundlegende Unterschiedist weniger auf der Ebene der Tarifpolitikanzusiedeln als auf der Ebene der gesetzlichenAnspruchsrechte der Arbeitnehmer, dieim Norden <strong>Europa</strong>s wesentlich umfangreichers<strong>in</strong>d als <strong>in</strong> Deutschland. <strong>Berufliche</strong> <strong>Weiterbildung</strong>wird durch e<strong>in</strong> unterstützendes Klima <strong>in</strong>den Betrieben, <strong>in</strong> den Verbänden und beimStaat gefördert, was e<strong>in</strong>en zentralen Unterschiedzu Deutschland ausmacht. In Deutschlandwird berufliche <strong>Weiterbildung</strong> eherrestriktiv gehandhabt.E<strong>in</strong> neuer Anknüpfungspunkt für gewerkschaftliche<strong>Weiterbildung</strong> stellt das erfolgreicheschwedische Konzept der „Technik-Colleges“dar. Technik-Colleges s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>sameAus- und <strong>Weiterbildung</strong>s<strong>in</strong>itiative der Sozialpartner<strong>in</strong> Schwedens Metall<strong>in</strong>dustrie, derenZiel es ist, dem auch dort zu beobachtendenFachkräftemangel frühzeitig zu begegnen unde<strong>in</strong>e praxisnahe, an den Anforderungen derBetriebe und den Interessen der Arbeitnehmerorientierte Qualifizierung zu ermöglichen.E<strong>in</strong>e solche Initiative könnte auch <strong>in</strong> Deutschlandund <strong>in</strong> Ostdeutschland Erfolg versprechendse<strong>in</strong>.4


EINLEITUNG2. E<strong>in</strong>leitungZiel der <strong>Studie</strong> ist es, Geme<strong>in</strong>samkeiten undUnterschiede zwischen skand<strong>in</strong>avischen Ländernund Deutschland <strong>in</strong> der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong>deutlich zu machen und Ansatzpunktefür e<strong>in</strong>e gewerkschaftspolitische Strategie<strong>in</strong> Deutschland aufzuzeigen. Schwedennimmt bei diesen Vergleichen e<strong>in</strong>e zentraleRolle e<strong>in</strong>, weil es zusammen mit Deutschlandh<strong>in</strong>sichtlich der Arbeitsbeziehungen lange alsPrototyp des europäischen Kapitalismus galt:das schwedische Beispiel als sozialdemokratisch-skand<strong>in</strong>avischesModell und Deutschlandals konservativ-korporatistisches Models. ImMittelpunkt dieser Systeme stand zwar immerdie Lohnpolitik, aber zum<strong>in</strong>dest für die skand<strong>in</strong>avischenLänder kann gezeigt werden, dassauch die berufliche <strong>Weiterbildung</strong> wichtige Impulsefür die Festigung dieses Modells lieferte.Daher s<strong>in</strong>d aus deutscher Sicht Vergleiche mitden skand<strong>in</strong>avischen Systemen immer hilfreichgewesen, weil diese <strong>in</strong> vielen Teilbereichenüber Regelungen verfügen, die <strong>in</strong>Deutschland im hohen Maße gewerkschaftlichenForderungen entsprechen. Das betrifft<strong>in</strong>sbesondere die berufliche <strong>Weiterbildung</strong>und die Forderungen, dem absehbaren Fachkräftemangel<strong>in</strong> den so wichtigen exportabhängigenSektoren wie der Metall- und Elektro<strong>in</strong>dustriezu begegnen.Das Problem des Fachkräftemangels istnicht neu. Seit mehr als zehn Jahren wird <strong>in</strong>Deutschland darüber diskutiert, dass sich <strong>in</strong>wichtigen Exportbranchen e<strong>in</strong> Fachkräftemangelabzeichnet, und darüber, was zu unternehmensei, um diesen Mangel zu beheben. DasErgebnis waren verschiedene Initiativen vonBundes- und Landesregierungen sowie tarifpolitischeInitiativen der Gewerkschaften. Trotzdieser Initiativen hat sich <strong>in</strong> der beruflichen<strong>Weiterbildung</strong> kaum etwas bewegt: DeutscheUnternehmen und die Arbeitnehmer geltenweiterh<strong>in</strong> als „weiterbildungsmüde“, die Teilnehmerzahlenverharren im europäischen Vergleichim unteren Mittelfeld. Auffällig ist, dassBranchenvertreter, <strong>in</strong>sbesondere der MetallundElektro<strong>in</strong>dustrie, diesen Fachkräftemangelzwar besonders heftig beklagen, die Unternehmenihr Verhalten bislang aber nur unwesentlichverändert haben. Das gilt sowohl für dieberufliche Erstausbildung als auch für die berufliche<strong>Weiterbildung</strong>.In Ostdeutschland wird dieses Problemzudem <strong>in</strong> doppelter Weise durchschlagen: Nachdem krassen Kahlschlag bei den Arbeitsplätzenerfolgten <strong>in</strong> den letzten Jahren kaum relevanteErsatze<strong>in</strong>stellungen: Die Arbeitsplatzlückeder 1990er Jahre schlägt aktuell um <strong>in</strong> e<strong>in</strong>eFachkräftelücke (vgl. dazu Kap. 3.).Aufgrund der für Deutschland negativenBefunde h<strong>in</strong>sichtlich der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong>wollen wir der Frage nachgehen, wie das<strong>Weiterbildung</strong>sverhalten <strong>in</strong> europäischenNachbarländern aussieht, <strong>in</strong>sbesondere solchen,die weitaus bessere Beteiligungsquotenaufweisen als Deutschland. Das s<strong>in</strong>d vor allemdie skand<strong>in</strong>avischen Länder. Welches s<strong>in</strong>d dieGeme<strong>in</strong>samkeiten mit diesen Ländern, welchesdie Unterschiede? Was machen sie besser? Waskönnen wir von ihnen lernen? Da die guten Ergebnisse<strong>in</strong> der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong>Skand<strong>in</strong>avien entscheidend durch gewerkschaftlicheE<strong>in</strong>flussnahme zustande kommen,5


BERUFLICHE WEITERBILDUNG UND TARIFPOLITIK IN DEUTSCHLAND: PARADIGMAWECHSEL?3. <strong>Berufliche</strong> <strong>Weiterbildung</strong> und Tarifpolitik<strong>in</strong> Deutschland: Paradigmawechsel?Die deutsche <strong>Weiterbildung</strong>slandschaft istrechtlich nicht systematisch geregelt. So ist derSchul- und Hochschulbereich öffentlich f<strong>in</strong>anziert,während im Vorschulbereich, <strong>in</strong> der beruflichenBildung und <strong>in</strong> der <strong>Weiterbildung</strong> imstarken Maße private Haushalte, Organisationen(ohne Erwerbszweck) und vor allem Unternehmenbeteiligt s<strong>in</strong>d (Statistisches Bundesamt[Hg.] 2009: 28). Es gibt e<strong>in</strong>e Vielzahl von<strong>Weiterbildung</strong>smaßnahmen, <strong>Weiterbildung</strong>sformen,fast 20.000 private <strong>Weiterbildung</strong>strägerund unterschiedliche F<strong>in</strong>anzierungsformen.E<strong>in</strong> großer Teil der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong>ist marktförmig organisiert und der direkteprivate F<strong>in</strong>anzierungsanteil ist hoch. Die<strong>Weiterbildung</strong>sbeteiligung ist im <strong>in</strong>ternationalenVergleich relativ ger<strong>in</strong>g und <strong>in</strong> sozialer H<strong>in</strong>sichtbildungsabhängig: je höher der Bildungsgraddesto höher die <strong>Weiterbildung</strong>steilnahmequote(Bildungsbericht 2008: 137; BMBF 2006;Kühnle<strong>in</strong> 2005). Nicht zuletzt aufgrund diesernegativen Merkmale des deutschen <strong>Weiterbildung</strong>ssystemshaben sich die Gewerkschaftender beruflichen <strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong> den letztenJahren verstärkt angenommen (Huber/Hofmann2001; Allespach 2002).Als e<strong>in</strong> wesentliches Problem ist die Zurückhaltungdes Staates bei der F<strong>in</strong>anzierungberuflicher <strong>Weiterbildung</strong> zu nennen. Zwar gibtes e<strong>in</strong>e nicht enden wollende Rhetorik über lebenslangesLernen <strong>in</strong> der Wissensgesellschaft,das e<strong>in</strong>e hohe Flexibilität der Arbeitnehmerunabhängig von Geschlecht und Alter erfordere.Die Zahlen sprechen e<strong>in</strong>e andere Sprache.Das Statistische Bundesamt betont im Bildungsf<strong>in</strong>anzbericht,dass angesichts der negativendemografischen Entwicklung und der Erfordernisseder Wissensgesellschaft der beruflichen<strong>Weiterbildung</strong> e<strong>in</strong>e große Bedeutung fürdie zukünftige wirtschaftliche Entwicklung unddie Beschäftigungssicherung zukomme. <strong>Weiterbildung</strong>und lebenslanges Lernen nehmenmittlerweile <strong>in</strong> der politischen Diskussion e<strong>in</strong>enhohen Stellenwert e<strong>in</strong>. „Dennoch wurden<strong>in</strong> den letzten Jahren nur wenige kosten<strong>in</strong>tensiveInitiativen gestartet“ (Statistisches Bundesamt[Hg.] 2009: 58). Die Bigotterie <strong>in</strong> der Bildungspolitik<strong>in</strong> Bund und Ländern besteht dar<strong>in</strong>,dass sie rhetorisch <strong>in</strong>tensiv, aber nicht kosten<strong>in</strong>tensivist. Alle Anzeichen sprechen dafür,dass sich auf absehbare Zeit daran auch nichtsändern wird.Das war nicht immer so. Den Umschwung <strong>in</strong>der ordnungspolitischen Diskussion über berufliche<strong>Weiterbildung</strong> hat die Kultusm<strong>in</strong>isterkonferenz(KMK) mit e<strong>in</strong>er Darstellung der Entwicklungdes deutschen Bildungssystems e<strong>in</strong>geleitet.Es wird ausgeführt, dass sich <strong>in</strong>Deutschland erst spät, nämlich <strong>in</strong> den 1970erJahren, e<strong>in</strong> „erweitertes Verständnis von <strong>Weiterbildung</strong>“entwickelt habe. Dies fand se<strong>in</strong>enNiederschlag <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Bildungsplanung, die dieAusgestaltung der <strong>Weiterbildung</strong> zu e<strong>in</strong>emHauptbereich des Bildungswesens als „öffentlicheAufgabe“ erklärte (KMK 2009: 193). Inden meisten Bundesländern kam es <strong>in</strong> den1970er Jahren zur Verabschiedung von <strong>Weiterbildung</strong>s-bzw. Erwachsenenbildungsgesetzensowie zur Verabschiedung der ersten Bildungsurlaubs-bzw. Bildungsfreistellungsgesetze.Das Bemerkenswerte an den damaligen Gesetzenwar, dass sie „vorrangig die öffentlicheKe<strong>in</strong>e systematischeRegulierung derberuflichen <strong>Weiterbildung</strong>7


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPAProblem:Kommerzialisierungund Individualisierungder beruflichen<strong>Weiterbildung</strong>Verantwortung für die <strong>Weiterbildung</strong>“ (ebd.)festschrieben. Somit hat es <strong>in</strong> Deutschlanddamals e<strong>in</strong>en gesellschaftlichen Konsens, allgeme<strong>in</strong>eund berufliche <strong>Weiterbildung</strong> nichtals privates Gut, sondern als e<strong>in</strong>e öffentlicheAufgabe zu betrachten, gegeben. Unter demDruck privater Interessen verschwand dieserKonsens nach und nach mit dem Ziel, e<strong>in</strong>en„<strong>Weiterbildung</strong>smarkt“ zu etablieren. Der ordnungspolitischeUmschwung <strong>in</strong> der <strong>Weiterbildung</strong>zugunsten e<strong>in</strong>er Privatisierung setzte sich<strong>in</strong> den 1980er Jahren durch. In der offiziellenDarstellung der KMK liest sich das so: „Ausdem Bemühen, die <strong>Weiterbildung</strong> zu e<strong>in</strong>emgleichwertigen Teil des Bildungswesens auszubauen,wuchs die Erkenntnis, dass dazu diegeme<strong>in</strong>same Anstrengung von Staat, Wirtschaftund gesellschaftlichen Kräften, <strong>in</strong>sbesondereden Trägern und Verbänden der <strong>Weiterbildung</strong>,gefordert ist“ (ebd.). Wenn es e<strong>in</strong>Bemühen gegeben hätte, die <strong>Weiterbildung</strong> zue<strong>in</strong>em gleichwertigen Teil des Bildungswesensauszubauen, dann wäre sie verstärkt öffentlichund nicht privatwirtschaftlich organisiert worden.H<strong>in</strong>ter dieser Entwicklung stehen Trends,die unter dem Stichwort e<strong>in</strong>er sich verstärkendenKommerzialisierung und Individualisierungdiskutiert werden (Dehnbostel 2008;Hengsbach 2006; Faulstich 2005). Unter Kommerzialisierungwird die Umwandlung von <strong>Weiterbildung</strong><strong>in</strong> e<strong>in</strong> privates Gut verstanden, daswie jede andere Ware gekauft wird. Diesermarktförmigen Regulierung von <strong>Weiterbildung</strong>entspricht e<strong>in</strong> Konzept der Individualisierung,dem zufolge es der „Eigenverantwortung“ desE<strong>in</strong>zelnen obliegt, ob und <strong>in</strong>wieweit er sich weiterbildet.Die ordnungspolitische Gegenposition,die vor allem von den Gewerkschaften vertretenwird, macht h<strong>in</strong>gegen geltend, dass beruflicheBildung den Charakter e<strong>in</strong>es öffentlichenGutes hat, das nicht ausschließlich privatbereitgestellt werden kann (Hengsbach 2006:26). Diese Position war <strong>in</strong> den 1970er Jahrenschon e<strong>in</strong>mal Konsens und fand ihren Niederschlag<strong>in</strong> den damaligen <strong>Weiterbildung</strong>sgesetzen.Die Auffassung, dass berufliche <strong>Weiterbildung</strong>e<strong>in</strong>e öffentliche Aufgabe sei, stellt heuteaber e<strong>in</strong>e M<strong>in</strong>derheitenposition dar.Tarifvertragliche Regelungen können Tendenzender Vermarktlichung entgegenwirken(Ver.di/IG Metall 2008; Schmidt 2006; IGBCE2007; Ver.di 2004), denn diese regulieren dasHandeln der Sozialpartner auf betrieblicherwie auf Branchenebene durch Kriterien, auf dieman sich geme<strong>in</strong>sam gee<strong>in</strong>igt hat. Somit stellenTarifverträge für Beschäftigte e<strong>in</strong>en wichtigenHandlungsrahmen dar, um die Unübersichtlichkeitdes <strong>Weiterbildung</strong>sfeldes für dieeigenen Interessen besser zu beherrschen undnutzbar zu machen.Die Gewerkschaften haben <strong>in</strong> den letztenJahren unterschiedliche Initiativen gestartet,um auf die Defizite <strong>in</strong> der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong>aufmerksam zu machen. Neben den Tarifverträgenzur beruflichen <strong>Weiterbildung</strong> gehörenhierzu unterschiedliche Projekte, wiez. B. KOMPASS, das vom Europäischen Sozialfondsund dem Land Baden-Württemberg gefördertwurde. In dem Projekt wurde versucht,e<strong>in</strong>e vorausschauende und zukunftsorientierte<strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong> Kle<strong>in</strong>- und Mittelunterneh-8


BERUFLICHE WEITERBILDUNG UND TARIFPOLITIK IN DEUTSCHLAND: PARADIGMAWECHSEL?men zu entwickeln und e<strong>in</strong>e systematische Personalentwicklungzu begleiten (Allespach/Novak2002). Aus diesem Projekt s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e Reihevon Publikationen und Handlungshilfen für Betriebsrätehervorgegangen. In diesen Kontextgehören Initiativen verschiedener DGB-Gewerkschaftenwie <strong>Weiterbildung</strong>skonferenzenund die Publikation der Ergebnisse (vgl. u. a.Ver.di/IG Metall 2005 und 2006). Die IG Bergbau,Chemie, Energie (IGBCE) hat schon <strong>in</strong> den1970er Jahren e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames Bildungswerk(<strong>Weiterbildung</strong>s-<strong>Stiftung</strong>, WBS) e<strong>in</strong>gerichtet,das seit 2009 unter dem Namen „Chemie-<strong>Stiftung</strong>Sozialpartner-Akademie“ (CSSA) firmiert,die geme<strong>in</strong>sam von der IGBCE und dem BundesarbeitgeberverbandChemie (BAVC) getragenwird (vgl. u. a. CSSA 2009). Weitere Vorhabens<strong>in</strong>d u. a. die „Initiative Bundesregelungen fürdie <strong>Weiterbildung</strong>“ (GEW/IG Metall/Ver.di2007), die geme<strong>in</strong>sam von den DGB-GewerkschaftenGEW, IG Metall und Ver.di getragenwird.Diese tarifpolitischen Aktivitäten der Gewerkschaften<strong>in</strong> der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong>reagieren auf unterschiedliche Herausforderungen,denen alle europäischen Gesellschaftenausgesetzt s<strong>in</strong>d: Fachkräftebedarf, demografischeEntwicklung, Lissabon-Strategie, Innovationsbedarfund sich schnell änderndequalifikatorische Anforderungen an die Arbeitnehmer.Dem liegt e<strong>in</strong> allgeme<strong>in</strong>es Musterzugrunde, das wir auch <strong>in</strong> der Vergangenheit <strong>in</strong>der Tarifpolitik antreffen konnten. So reagiertendie ersten tarifpolitischen Aktivitäten <strong>in</strong> der<strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong> den 1960er Jahren auf e<strong>in</strong>ebefürchtete „Bildungsarmut“, <strong>in</strong> den 1970erJahren auf die Bewältigung technologischerUmbrüche, <strong>in</strong> den 1980er Jahren wurde erstmals<strong>Weiterbildung</strong> als e<strong>in</strong>e prophylaktischeStrategie zur Vermeidung von BeschäftigungsundEntgeltrisiken konzipiert, <strong>in</strong> den 1990erJahren reagierte tarifpolitische <strong>Weiterbildung</strong>auf die Bewältigung der Transformationskrisenach der deutschen E<strong>in</strong>heit (ausführlich: Bahnmüller2002). Die tarifpolitischen <strong>Weiterbildung</strong>saktivitätenseit Mitte der 1990er Jahrestehen ebenfalls im Zusammenhang mit übergeordnetenTrends wie dem demografischenWandel und den Anforderungen der Wissensgesellschaftbei e<strong>in</strong>em sich abzeichnendenFachkräftemangel. Diesen Trends haben dieGewerkschaften versucht mit eigenständigentarifpolitischen Initiativen Rechnung zu tragen.Die Tarifvere<strong>in</strong>barungen s<strong>in</strong>d so heterogen,dass nicht e<strong>in</strong> deutsches Modell <strong>in</strong> der <strong>Weiterbildung</strong>auszumachen ist. Vielmehr hängenAusmaß und Ausrichtung der <strong>Weiterbildung</strong>stark von e<strong>in</strong>zelnen Sektoren, Regionen undUnternehmen ab. So gibt es Tariffonds für <strong>Weiterbildung</strong>(<strong>in</strong> der Textil<strong>in</strong>dustrie, Telekom)oder geme<strong>in</strong>same Bildungse<strong>in</strong>richtungen (chemischeIndustrie sowie Metall- und Elektro<strong>in</strong>dustrie<strong>in</strong> Baden-Württemberg). In vielen Punktenkönnen sich <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> Ge werkschaften undArbeitgeber bzw. Betriebe auf e<strong>in</strong>en Handlungsbedarfan beruflicher <strong>Weiterbildung</strong> e<strong>in</strong>igen.Zwei zentrale Fragen brechen dabei regelmäßigauf: Erstens: Wer zahlt?, und zweitens,ob die Betriebe und Arbeitgeber verpflichtetwerden können, <strong>Weiterbildung</strong> zu organisieren.Darüber h<strong>in</strong>aus kann <strong>Weiterbildung</strong> sehrunterschiedliche Ziele verfolgen (BahnmüllerTarifpolitik kann dementgegenwirken9


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPAKe<strong>in</strong> deutsches Modell<strong>in</strong> der <strong>Weiterbildung</strong>Bislang ke<strong>in</strong>e Änderungim Verhalten derUnternehmen2004) wie Schutz vor Entlassung, Sicherungvon Beschäftigungsfähigkeit, höhere Verdienstmöglichkeiten,Verbesserung der Karrierechancenoder Steigerung der Innovationsfähigkeitder Unternehmen.Entscheidend ist, dass seit den 1990er Jahrene<strong>in</strong>e verstärkte H<strong>in</strong>wendung zur beruflichen<strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong> der Tarifpolitik feststellbarist. Die neuen tariflichen Regelungen könnennach Auffassung von Vertretern der IGBCEals e<strong>in</strong> Paradigmawechsel <strong>in</strong> der beruflichen<strong>Weiterbildung</strong> bezeichnet werden. Darunterversteht man allgeme<strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Wandel fest gefügterSichtweisen und Anschauungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>emPolitikfeld. Es wird geltend gemacht, dass diefür Personalpolitik zuständigen Geschäftsführerüber Jahrzehnte durch die geburtenstarkenJahrgänge auf e<strong>in</strong> breites Reservoir an qualifiziertemPersonal zurückgreifen konnten. H<strong>in</strong>zukam e<strong>in</strong>e weitere wichtige Voraussetzung, e<strong>in</strong>eim europäischen Vergleich gute und flächendeckendeberufliche Erstausbildung. Auf dieserSicherheit habe sich gewissermaßen deutschePersonalpolitik <strong>in</strong> den Betrieben über Jahreh<strong>in</strong>weg ‚ausgeruht‘. Der Paradigmawechsel<strong>in</strong> den Betrieben bestünde dar<strong>in</strong>, dass die sichwandelnden Berufsfelder e<strong>in</strong>e permanente undsystematische betriebliche <strong>Weiterbildung</strong> erfordertenund Betriebe (wie Beschäftigte) sichnicht auf den Qualifikationen der Erstausbildung‚ausruhen‘ könnten. Das Problem für dieBetriebe bestehe heute dar<strong>in</strong>, dass sich die Situation‚verkehrt‘ habe: Heute müssten die Betriebeden ohneh<strong>in</strong> wenigen Schulabgängernh<strong>in</strong>terherlaufen – nicht umgekehrt. Dieses ‚H<strong>in</strong>terherlaufen’erfordert häufig e<strong>in</strong>e Nachqualifizierungvon Schulabgängern, die vor wenigenJahren möglicherweise als noch nicht ausbildungsfähigabgelehnt worden wären. Wenndem so ist, könnte das <strong>in</strong> der Tat als e<strong>in</strong> grundlegenderWandel im Zugang zur Frage der beruflichenErstausbildung und der späteren beruflichen<strong>Weiterbildung</strong> betrachtet werden. Obdamit aber bereits e<strong>in</strong> umfassender Paradigmawechsele<strong>in</strong>geleitet worden ist, bleibt fraglich.Die starke Wettbewerbsfähigkeit und Innovationskraftder deutschen Wirtschaft liegtu. a. <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er hoch entwickelten Facharbeitertraditionund dem dualen Berufsausbildungssystembegründet, das diese Fachkräfte hervorbr<strong>in</strong>gt.Bemerkenswert ist, dass e<strong>in</strong>e Reihe vonBranchenverbänden e<strong>in</strong>en Mangel an hochqualifizierten Fachkräften beklagen, der sichvor allem für die exportorientierten Branchenmehr und mehr zu e<strong>in</strong>em Problem auswachse.So sei <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igen Branchen wie etwa der Elektro<strong>in</strong>dustriee<strong>in</strong> immer größeres Ausmaß desFachkräftemangels feststellbar (Hennersdorf/Holst/ Krippendorf 2009: 54). Wie die Analysendes Bundes<strong>in</strong>stituts für Berufsforschung belegen,steht diesen Klagen über e<strong>in</strong>en drohendenFachkräftemangel bis heute weder e<strong>in</strong>e Änderungdes Erstberufsausbildungsverhaltens derUnternehmen noch des Verhaltens <strong>in</strong> der beruflichen<strong>Weiterbildung</strong> gegenüber. Insofern belegendie vorliegenden empirischen <strong>Studie</strong>nzur <strong>Weiterbildung</strong>spraxis bislang ke<strong>in</strong>en Paradigmawechsel(Moraal 2007).Vor allem entspricht die Praxis der beruflichen<strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong> den Betrieben nicht denAnforderungen, die im Rahmen der Diskussion10


BERUFLICHE WEITERBILDUNG UND TARIFPOLITIK IN DEUTSCHLAND: PARADIGMAWECHSEL?über „lebenslanges Lernen“ und den Erhalt derBeschäftigungsfähigkeit älterer Arbeitnehmervon den kollektiven Akteuren allgeme<strong>in</strong> akzeptierts<strong>in</strong>d. Die <strong>Weiterbildung</strong>sangebote <strong>in</strong>Deutschland s<strong>in</strong>d rückläufig, und die Bundesagenturfür Arbeit hat seit 1996 ihre Mittel fürdie Förderung von <strong>Weiterbildung</strong> etwa halbiert(Hennersdorf/Holst/ Krippendorf 2009: 54). E<strong>in</strong>nicht unwesentlicher Teil der verbleibendenMittel wird von den Unternehmen erst gar nicht<strong>in</strong> Anspruch genommen. Als Grund wird e<strong>in</strong>eallgeme<strong>in</strong>e „<strong>Weiterbildung</strong>smüdigkeit“ derUnternehmen angeführt (ebd.). Dah<strong>in</strong>ter stehthäufig die Anforderung, <strong>Weiterbildung</strong>smaßnahmenmüssten sich gewissermaßen sofortfür das Unternehmen auszahlen, sowie e<strong>in</strong>e Unterschätzungdes Nutzens von beruflicher <strong>Weiterbildung</strong>für den perspektivischen Geschäftserfolg.In jedem Fall s<strong>in</strong>d die bereits heute feststellbarenEngpässe bei Fachkräften <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igenBranchen (wie etwa der Metall- und Elektro<strong>in</strong>dustrie)oder Regionen (wie Ostdeutschland)häufig das Ergebnis von Unzulänglichkeiten <strong>in</strong>der Aus- und <strong>Weiterbildung</strong>spolitik der letztenJahre.Gewerkschaftliche Tarifpolitik hat <strong>in</strong> verschiedenenPhasen der bundesdeutschen Geschichteversucht, Qualifikationsengpässenentgegenzuwirken. <strong>Berufliche</strong> <strong>Weiterbildung</strong><strong>in</strong> der Tarifpolitik kann <strong>in</strong> Deutschland auf e<strong>in</strong>efast 40-jährige Tradition zurückblicken, aberdieser Gegenstand ist nie e<strong>in</strong> zentrales Themafür die Gewerkschaften gewesen. Zwar folgendie Tarifverträge e<strong>in</strong>em Muster, das wir auchaus vorangegangenen Jahrzehnten kennen,wonach Tarifpolitik auf allgeme<strong>in</strong>e Veränderungenreagiert. Untersuchungen zu den Tarifverträgenseit Ende der 1990er Jahre verdeutlichenaber, dass hier e<strong>in</strong>erseits neue Wege beschrittenwerden und dass andererseits die Gewerkschaftensich die <strong>Weiterbildung</strong> als e<strong>in</strong>wichtiges Politikfeld gewissermaßen erneutaneignen (Bisp<strong>in</strong>ck 2000; Bahnmüller 2002).Diese Veränderung der Sichtweisen auf <strong>Weiterbildung</strong><strong>in</strong> den Gewerkschaften macht das Neue<strong>in</strong> diesem Gestaltungsfeld aus.Re<strong>in</strong>hard Bahnmüller hat e<strong>in</strong>e Reihe wichtigerAnalysen zu den tarifpolitischen Initiativender Gewerkschaften vorgelegt. Se<strong>in</strong> Urteil fälltambivalent aus: Dort, wo tarifpolitische Regelungengetroffen werden, führt dies <strong>in</strong> der Regelauch zu e<strong>in</strong>er Sensibilisierung der Akteureund zu e<strong>in</strong>er verstärkten Inanspruchnahme dervere<strong>in</strong>barten Regelungen. Beispielsweise hättensich durch den Tarifvertrag <strong>in</strong> der MetallundElektro<strong>in</strong>dustrie Baden-Württembergs dieRahmenbed<strong>in</strong>gungen wesentlich verbessert.Die Bedeutung des Themas werde von beidenSeiten erkannt, die Kompetenz beim Personalmanagementwie bei den Betriebsräten sei e<strong>in</strong>deutiggestiegen, womit sich die Grundlage, aufder der Tarifvertrag aufbauen konnte, <strong>in</strong>sgesamtverbessert hätte (Bahnmüller/Fischbach2004: 188). Kritisch wird angemerkt, dass dieStrukturen und Prozesse <strong>in</strong> der Planung betrieblicher<strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong> vielen Fällen nochunterentwickelt seien. Hier schlage sich dierandständige Behandlung des Themas überlange Zeiträume nieder.In Deutschland existiert mittlerweile e<strong>in</strong>ebe<strong>in</strong>ahe flächendeckende tarifliche Regelungsdichtefür betriebliche <strong>Weiterbildung</strong>. In40-jährige Geschichteder Tarifpolitik <strong>in</strong> der<strong>Weiterbildung</strong>11


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPAAbbildung 1:Aufwendungen für berufliche <strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong> Deutschland (<strong>in</strong> Prozent)50403030 %38 %21 %Unternehmen<strong>in</strong>kl. öffentlicherDienst (1999)Individuen (2002)2010011 %Staat (2004)Bundesagentur fürarbeit (2004)Quelle: Moraal 2007.der Textil- und Mode<strong>in</strong>dustrie besteht seit 1997e<strong>in</strong> Qualifizierungstarifvertrag, ebenso <strong>in</strong> derFe<strong>in</strong>stblechpackungs<strong>in</strong>dustrie, die die F<strong>in</strong>anzierungüber Fonds regeln (Jentgens 2005; Drexel2005). Seit 2001 bestehen <strong>in</strong> der Metall- undElektro<strong>in</strong>dustrie Tarifverträge zur Qualifizierungsowie seit 2004 die tarifvertraglichen Regelungenzur <strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong> der chemischenIndustrie und im öffentlichen Dienst. Für dieMetall- und Elektro<strong>in</strong>dustrie ist diese Regelungsdichtebereits flächendeckend hergestellt.Trotz dieser hohen Regelungsdichte krankt dasSystem betrieblicher <strong>Weiterbildung</strong> an den herkömmlichenProblemen mangelnder Akzeptanzund hoher sozialer Selektivität. Damit stellt dieUmsetzung bestehender Regelungsstandardsnicht e<strong>in</strong> technisches oder zu vernachlässigendesProblem dar, sondern e<strong>in</strong> grundsätzlichesProblem betrieblicher <strong>Weiterbildung</strong>.E<strong>in</strong> weiteres grundsätzliches Problem derberuflichen <strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong> Deutschland bestehtdar<strong>in</strong>, dass diese im hohen Maße privatorganisiert und der zu erbr<strong>in</strong>gende Eigenanteilder Beschäftigten hoch ist. Das zeigt e<strong>in</strong>e Übersichtdes Bundes<strong>in</strong>stituts für Berufsbildungsforschung( Abb. 1). Auch wenn die Gesamtkostender beruflichen <strong>Weiterbildung</strong> schwierig zu ermittelns<strong>in</strong>d, verschafft uns die Abbildung doche<strong>in</strong>en allgeme<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>druck von der F<strong>in</strong>anzierungder <strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong> Deutschland.Hierzulande werden etwa 35 Milliarden Euro <strong>in</strong>der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong> umgesetzt. Fürunsere Fragestellung ist von Belang, wie undvon wem die Kosten <strong>in</strong> Deutschland aufgebrachtwerden. Dabei s<strong>in</strong>d drei Merkmale entscheidend:12


BERUFLICHE WEITERBILDUNG UND TARIFPOLITIK IN DEUTSCHLAND: PARADIGMAWECHSEL?Abbildung 2:<strong>Berufliche</strong> <strong>Weiterbildung</strong> 1995-2005: Große Unterschiede zwischen den Ländern (<strong>in</strong> Prozent)6019952000/2001200550403020100AT BE CY CZ DE DK EE EL ES FI FR HU IE IT LT LU LV MT NL PL PT SE SI SK UKLänderkürzel s. Seite 108Quelle: Europäische <strong>Stiftung</strong> zur Verbesserung der Lebens- und Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen 2008.Mit knapp 40 Prozent ist der Eigenanteil,den die Arbeitnehmer für berufliche <strong>Weiterbildung</strong>aufbr<strong>in</strong>gen müssen, extrem hoch,hier<strong>in</strong> ist e<strong>in</strong>e deutsche Besonderheit zusehen;der F<strong>in</strong>anzierungsanteil der Betriebe beläuftsich auf etwa 30 Prozent und ist im europäischenVergleich eher ger<strong>in</strong>g;ebenfalls eher ger<strong>in</strong>g ist der F<strong>in</strong>anzierungsanteildes Staates bzw. der Bundesagenturfür Arbeit mit rund 32 Prozent.Diese drei Merkmale wirken sich auf die Teilnahmequoten<strong>in</strong> der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong><strong>in</strong> mehrfacher H<strong>in</strong>sicht negativ aus; dies betrifft<strong>in</strong>sbesondere den hohen privat zu erbr<strong>in</strong>gendenF<strong>in</strong>anzierungsanteil: <strong>Berufliche</strong> <strong>Weiterbildung</strong>wird <strong>in</strong> Deutschland im europäischen Vergleichwenig <strong>in</strong> Anspruch genommen, die <strong>Weiterbildung</strong>sangebotes<strong>in</strong>d sozial stark selektiv,d. h. <strong>Weiterbildung</strong> ist bildungsabhängig. ImDurchschnitt nehmen von allen Personen mitHauptschulabschluss noch nicht e<strong>in</strong>mal 30 Prozentan <strong>Weiterbildung</strong>smaßnahmen teil; dieserAnteil erhöht sich bei allen Personen, die e<strong>in</strong>enmittleren Abschluss haben, auf etwa 50 Prozentund beträgt bei allen Personen mit Abitur/Fachhochschulreifeüber 60 Prozent (TNS Infratest2008: 6). Solche sozialen Verzerrungen f<strong>in</strong>denwir zwar auch <strong>in</strong> anderen Ländern, etwa <strong>in</strong> denskand<strong>in</strong>avischen, aber nicht <strong>in</strong> derselben Ausprägungwie <strong>in</strong> Deutschland.Abbildung 2 zeigt die Auswirkungen dieserstark privatisierten beruflichen <strong>Weiterbildung</strong>im europäischen Vergleich. Das Ergebnis ist fürDeutschland (DE) niederschmetternd: Der Anteilan beruflicher <strong>Weiterbildung</strong> ist seit 1995kont<strong>in</strong>uierlich gesunken – und das bei der stän-Ger<strong>in</strong>ge Teilnahmequoten<strong>in</strong> Deutschland13


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPAAbbildung 3:Teilnehmerquote (bezogen auf die Unternehmen, die <strong>Weiterbildung</strong>skurse anbieten (<strong>in</strong> Prozent)706050403020100CZIELUSISKMTBEESSEFRITNOFIPTEU25CYEU27DENLUKATDKPLBGEEROELLTLVHULänderkürzel s. Seite 108Quelle: Walden 2009.digen Rhetorik, dass sich der E<strong>in</strong>zelne den sichwandelnden Anforderungen des Arbeitslebensanpassen müsse! Zwar ist dieser negativeTrend nach e<strong>in</strong>er neueren <strong>Studie</strong> von Infratestgestoppt worden, die Beteiligungsquote bleibtaber mit 43 Prozent niedrig (TNS Infratest2008). Davon unterscheiden sich die skand<strong>in</strong>avischenGesellschaften erheblich. Unter denLändern, die am besten abschneiden, bef<strong>in</strong>densich Dänemark (DK), Schweden (SE) und F<strong>in</strong>nland(FI). Zwar gibt es auch hier Differenzierungen,so ist der Anteil <strong>in</strong> Dänemark stark zurückgegangen,liegt aber noch weit über dem deutschenNiveau. In F<strong>in</strong>nland s<strong>in</strong>d die Quotennahezu unverändert hoch geblieben, währendsie <strong>in</strong> Schweden sogar noch gestiegen s<strong>in</strong>d.E<strong>in</strong> ähnliches Bild ergibt sich bei den Teilnehmerzahlen,bezogen auf die Unternehmen,die <strong>Weiterbildung</strong>skurse anbieten (vgl. Abb. 3).Die Abbildung verdeutlicht <strong>in</strong>sgesamt, dass dieTeilnehmerzahlen <strong>in</strong> allen europäischen Ländernnicht ‚berauschend‘ ausfallen. Hierschneiden die kle<strong>in</strong>eren Länder besser ab,während Deutschland auch hier nur im Mittelfeldrangiert und, bezogen auf die EU-27-Länderund Norwegen, auf dem 16. Rang landet.Gleichzeitig werden bei den skand<strong>in</strong>avischenLändern teilweise erhebliche Differenzierungendeutlich, so schneiden statistisch alle nordischenLänder besser ab als Deutschland – bisauf Dänemark, das noch unterhalb von Deutschlandrangiert.Den teilweise erheblichen Unterschiedenzwischen den skand<strong>in</strong>avischen Ländern undDeutschland wollen wir <strong>in</strong> den jeweiligen Länderkapitelnauf den Grund gehen, skizzierenaber im Folgenden zunächst die Problemlagefür Ostdeutschland.14


DIE ENTWICKLUNG IN OSTDEUTSCHLAND UND DIE BEDEUTUNG BERUFLICHER WEITERBILDUNG4. Die Entwicklung <strong>in</strong> Ostdeutschland und die Bedeutungberuflicher <strong>Weiterbildung</strong>Nach der Herstellung der deutschen E<strong>in</strong>heit bestimmtee<strong>in</strong>e radikale Privatisierung die TransformationOstdeutschlands, die massive Auswirkungenauf den ostdeutschen Arbeitsmarkt,die Arbeitslosigkeit und die Tarifpolitik der Gewerkschaftenhatte. Die Treuhandanstalt übernahm270 Komb<strong>in</strong>ate und 90 Prozent der Industriebeschäftigtender ehemaligen DDR (W<strong>in</strong>dolf1996). Heute ist unstrittig, dass die gewählteForm der Privatisierung der DDR-Komb<strong>in</strong>ateund der fast vollständige Verzicht auf Sanierungsmaßnahmenzu sozioökonomischenStruktureffekten führte, unter denen die neuenBundesländer noch heute leiden. E<strong>in</strong> wesentlicherEffekt dieser Privatisierungsstrategiewar, dass sich die ostdeutschen Betriebe heuteüberwiegend im Besitz westdeutscher Unternehmenbef<strong>in</strong>den, was e<strong>in</strong>e hohe Konzentrationdes Eigentums am produktiven Vermögenzur Folge hatte. Der wohl wichtigste Effekt warder dramatische Arbeitsplatzabbau um über40 Prozent (von 9,6 Millionen Beschäftigten)(Lutz 2001). Dabei schälte sich auf dem ostdeutschenArbeitsmarkt e<strong>in</strong>e Gemengelage heraus,die <strong>in</strong> verschiedener H<strong>in</strong>sicht äußerst problematischwirkt.Für die Gewerkschaften war Anfang der1990er Jahre der Anschluss der Tarifverträgean Westdeutschland wesentlich, der aber nurdurch die Vere<strong>in</strong>barung von Härtefall-Klauselnerreicht werden konnte (Schroeder/We<strong>in</strong>ert1999). Dass die wirtschaftlichen Probleme Ostdeutschlandsan zu hohen Löhnen gelegen habensollen, gilt heute als widerlegt. Nach derWirtschafts- und Währungsunion lagen die Industrielöhne1991 <strong>in</strong> Ostdeutschland bei etwae<strong>in</strong>em Drittel des Westniveaus und stiegen bisMitte der 1990er Jahre auf etwa zwei Drittel an,wo sie bis heute verharren (Paqué 2009).H<strong>in</strong>zu trat <strong>in</strong> Ostdeutschland e<strong>in</strong> aggressiverArbeitgeberverband, der offen für Austrittebzw. den Nichte<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> den eigenen Verbandwarb. Für Ostdeutschland ist die wichtigste unternehmenspolitischeHandlungsoption dieVerbandsabst<strong>in</strong>enz (We<strong>in</strong>ert 1999). Nichte<strong>in</strong>tritte,<strong>in</strong>sbesondere bei kle<strong>in</strong>en und mittlerenUnternehmen, hat es zwar auch <strong>in</strong> Westdeutschlandimmer gegeben, problematischwird dieses Verhalten aber dann, wenn ganzeWirtschaftszweige und Regionen dem tarifvertraglichenOrganisationswesen fernbleiben.Die Verbandsabst<strong>in</strong>enz und der daraus resultierendepolitische Druck der Unternehmenführten <strong>in</strong> den 1990er Jahren dazu, dass die Tarifparteiender Metall- und Elektro<strong>in</strong>dustrieseit Ende 1997 über e<strong>in</strong>e Neubestimmung desVerhältnisses von Flächentarifvertrag und betrieblichenStandards verhandelten. Zwar wurde<strong>in</strong> den 1990er Jahren ke<strong>in</strong> neues tarifpolitischesKonzept entworfen, aber sie gehen alsdas Jahrzehnt <strong>in</strong> die Tarifgeschichte e<strong>in</strong>, <strong>in</strong> demversucht wurde, mittels der Tarifpolitik e<strong>in</strong>e„kontrollierte Dezentralisierung“ e<strong>in</strong>zuleiten.E<strong>in</strong> Merkmal dieser Entwicklung ist die Zunahmevon tariflichen Öffnungsklauseln (Bisp<strong>in</strong>ck2004). Zwar begann dieser Prozess <strong>in</strong> der westdeutschenMetall<strong>in</strong>dustrie bereits im Jahre1984, als mit dem E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> die 35-Stunden-Woche vere<strong>in</strong>bart wurde, die Arbeitszeiten aufbetrieblicher Ebene tarifkonform zu regeln.Anfang der 1990er Jahre gab es weitere Öffnungen<strong>in</strong> der chemischen Industrie und bei denHauptproblem <strong>in</strong>Ostdeutschland:die PrivatisierungsstrategiederTreuhandanstaltFlexibilisierung<strong>in</strong> der Tarifpolitik:„kontrollierteDezentralisierung“15


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPAOstdeutschland:demografischeArbeitsplatzlückeBanken; die entscheidenden Impulse aber liefertedie Entwicklung <strong>in</strong> Ostdeutschland. 1993kam es <strong>in</strong> der ostdeutschen Metall<strong>in</strong>dustrie zurVere<strong>in</strong>barung sogenannter Härtefallklauseln.Im selben Jahr wurden <strong>in</strong> der chemischen IndustrieKorridorlösungen vere<strong>in</strong>bart, die e<strong>in</strong>Unterschreiten des Tariflohns <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er bestimmtenBandbreite zuließen. 1995 wurde das Unterschreitendes Tariflohns <strong>in</strong> der chemischenIndustrie ermöglicht, wenn Unternehmen <strong>in</strong>wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten. In derMetall<strong>in</strong>dustrie wurde 2002 e<strong>in</strong>e tarifliche Öffnunge<strong>in</strong>geführt, um e<strong>in</strong>e Insolvenz abzuwehren.Diese Entwicklung hat erhebliche Auswirkungenauf das Tarifsystem <strong>in</strong> Deutschland<strong>in</strong>sgesamt gehabt und ist mit dem „Abkommenvon Pforzheim“ im Jahre 2004 zu e<strong>in</strong>em vorläufigenAbschluss gekommen. Dieses erlaubt Tarifabweichungen,wenn es der Beschäftigungssicherungund der Arbeitsplatzschaffung dient(Bisp<strong>in</strong>ck 2004).Neben diesen grundlegenden tarifpolitischenVeränderungen s<strong>in</strong>d für Ostdeutschlandverschiedene problematische Entwicklungenauf dem Arbeitsmarkt charakteristisch. E<strong>in</strong>erseitswurden <strong>in</strong> den 1990er Jahren im starkenUmfang Frühverrentungen vorgenommen, umden Beschäftigungsrückgang abzufedern. Beiden Komb<strong>in</strong>aten, die abgewickelt wurden, kames zu e<strong>in</strong>er „Sozialauswahl“, die ältere Arbeitnehmerbesser stellte als jüngere (Lutz 2001).Es schälten sich zwei Typen von Beschäftigtengruppenheraus, die mittlere Jahrgänge umfassten(„Überlebensgeme<strong>in</strong>schaften“) undjüngere Jahrgänge („Olympiamannschaften“).Das Problem beider Typen liegt dar<strong>in</strong>, dasswährend e<strong>in</strong>es relativ langen Zeitraums ke<strong>in</strong>altersbed<strong>in</strong>gter Ersatzbedarf an Arbeitskräftenentstand, der die E<strong>in</strong>stellung neuer Arbeitnehmererforderlich gemacht hätte (Lutz 2010: 14).Das Ergebnis war e<strong>in</strong>e „demografische Arbeitsplatzlücke“,weil die auf den Arbeitsmarktdrängenden Nachwuchsarbeitskräfte von denBetrieben nicht e<strong>in</strong>gestellt wurden. Das Paradoxondieser Entwicklung besteht dar<strong>in</strong>, dasssich zehn Jahre später aus dem Zusammenspieldieser Faktoren <strong>in</strong> Ostdeutschland e<strong>in</strong> Fachkräftemangelabzeichnet: Aus der Arbeitsplatzlückefür Arbeitssuchende <strong>in</strong> den 1990er Jahrenerwächst bereits heute e<strong>in</strong>e Fachkräftelückefür die Unternehmen (Lutz 2010; Wiener 2008).„Gegenwärtig bahnt sich im ostdeutschen Arbeitsmarkt,vor allem für die ostdeutsche Metall-und Elektro<strong>in</strong>dustrie, e<strong>in</strong> rascher Umschlagvon massivem Nachwuchsüberschuss zuzunehmender, wahrsche<strong>in</strong>lich lang anhaltenderFachkräfteknappheit an“ (Lutz 2010: 6). DasProblem werde zusätzlich dadurch verschärft,dass die meisten ostdeutschen Betriebe„bestenfalls <strong>in</strong> sehr rudimentärer Form überdie nunmehr dr<strong>in</strong>gend benötigten personalpolitischenKompetenzen (verfügen)“ (ebd.: 7).In den verschiedenen Sektoren Ostdeutschlandsfallen die Problemlagen und der Handlungsbedarfdurchaus unterschiedlich aus. Daszeigen die Branchenstudien, die die <strong>Otto</strong> <strong>Brenner</strong><strong>Stiftung</strong> <strong>in</strong> Auftrag gab. Beispielsweise etabliertesich die Automobil<strong>in</strong>dustrie <strong>in</strong> Ostdeutschlandmit der Eröffnung der Werke vonBMW, Porsche und VW <strong>in</strong> Leipzig und Dresdenzu e<strong>in</strong>em wichtigen Wachstumsträger, <strong>in</strong> demetwa 600.000 Fahrzeuge pro Jahr produziert16


DIE ENTWICKLUNG IN OSTDEUTSCHLAND UND DIE BEDEUTUNG BERUFLICHER WEITERBILDUNGwerden. Bezieht man auch die weiter vorgelagertenZulieferer und Ausrüster e<strong>in</strong>, umfasstdieser Sektor 1200 Betriebe und etwa 130.000Beschäftigte. Damit ist die Automobil<strong>in</strong>dustrie<strong>in</strong> Ostdeutschland zu e<strong>in</strong>em regionalen und <strong>in</strong>dustriellenSchwergewicht aufgestiegen(Scheuple<strong>in</strong> u. a. 2007: 4). Die hervorragendeQualifizierung der Beschäftigten, hoch entwickelteKonzepte der Arbeits- und Produktionsorganisationund moderne technische Anlagenbewirkten zudem e<strong>in</strong>e hohe Leistungsfähigkeitan den ostdeutschen Standorten (ebd.: 151).Diese Standorte s<strong>in</strong>d aber <strong>in</strong> die globalen Strategiender Automobilhersteller e<strong>in</strong>gebunden,die von e<strong>in</strong>em heftigen Verdrängungswettbewerbgekennzeichnet s<strong>in</strong>d. Die Krise um Opelhat gezeigt, dass hohe Produktivität nicht notwendigerweisee<strong>in</strong>er Bestandsgarantie gleichkommt.Vielmehr hängt die Existenz ab von denglobalen Strategien der Automobilherstellerund den daraus abgeleiteten Strategien aufden regionalen Märkten (USA, <strong>Europa</strong>, Asien).Im Szenario der ostdeutschen Automobil<strong>in</strong>dustries<strong>in</strong>d, wie zuvor skizziert, die Produktionsstandorte<strong>in</strong> der Hand vor allem westdeutscherEigentümer, deren Engagement <strong>in</strong> Ostdeutschlandhäufig durch umfangreiche öffentliche Förderungerleichtert wurde. Vor dem H<strong>in</strong>tergrundder globalen Turbulenzen der Automobil<strong>in</strong>dustrie,zu erwartenden weiteren Verdrängungenbzw. Fusionen kann nicht davon ausgegangenwerden, dass e<strong>in</strong>e „ostdeutsche Automobil<strong>in</strong>dustrie“als dauerhaft gesichert anzusehen ist.Bemerkenswert an der Entwicklung der ostdeutschenAutomobil<strong>in</strong>dustrie ist, dass sichzwar die Beschäftigung erhöht hat, aber nichtim gleichen Maße regionales E<strong>in</strong>kommen realisiertwurde (ebd.: 78); außerdem setzen geradedie ostdeutschen Automobilwerke seit Mitteder 1990er Jahre verstärkt Zeitarbeiter<strong>in</strong>nenund -arbeiter e<strong>in</strong>. In der Literatur wird die Notwendigkeitdes Ausbaus beruflicher <strong>Weiterbildung</strong><strong>in</strong> der ostdeutschen Automobil<strong>in</strong>dustriebetont. E<strong>in</strong> wesentlicher Ansatz sei die Bildungvon Netzwerken betrieblicher und gewerkschaftlicherVertreter, die analog zu den branchenorientiertenNetzwerken auf der Ebenee<strong>in</strong>zelner Produktionsbetriebe und deren regionalerZulieferer angelegt s<strong>in</strong>d. Solche Netzwerkesollten auch „horizontal“ zwischen Unternehmenangelegt werden, <strong>in</strong> denen ähnlichgelagerte Probleme gelöst werden müssen. Erfahrungen<strong>in</strong> anderen Netzwerken hätten ergeben,dass <strong>in</strong> ihnen effektiv Informationen überdie Belange der Beschäftigten ausgetauschtwerden können, die auch die Diskussion zwischenden Sozialpartnern <strong>in</strong> den Betriebenqualifizieren können (Scheuple<strong>in</strong> u. a. 2007:154).E<strong>in</strong>e andere Branchenstudie befasst sichmit dem ostdeutschen Masch<strong>in</strong>enbau (Berkau. a. 2007). Dieser gehört seit se<strong>in</strong>er Herausbildungnach der Transformationsphase zu denKernbranchen des verarbeitenden Gewerbes <strong>in</strong>Ostdeutschland. Der Schrumpfungsprozess <strong>in</strong>dieser Branche war <strong>in</strong> den 1990er Jahrenschockartig, was <strong>in</strong>sbesondere der hohen Fertigungstiefedes DDR-Masch<strong>in</strong>enbaus zugeschriebenwird. Ab Mitte der 1990er Jahre erholtesich der neue ostdeutsche Masch<strong>in</strong>enbaulangsam auf wesentlich niedrigerem Niveau.Von der „Arbeitsplatzlücke“zur„Fachkräftelücke“17


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPAInsgesamt arbeiteten 2005 knapp 10 Prozentder sozialversicherungspflichtig Beschäftigten<strong>in</strong> Ostdeutschland im Masch<strong>in</strong>enbau(ebd.: 39). Es gibt e<strong>in</strong>e starke Regionalisierungder Produktionsstandorte. So arbeitet knappdie Hälfte der Beschäftigten im ostdeutschenMasch<strong>in</strong>enbau <strong>in</strong> Sachsen, <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen arbeitenknapp 20 Prozent, <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> und Sachsen-Anhalt jeweils 13 Prozent, <strong>in</strong> Brandenburgknapp 8 Prozent und <strong>in</strong> Mecklenburg-Vorpommern4,5 Prozent (ebd.). Für e<strong>in</strong>en Großteil derBetriebe ist die Automobil<strong>in</strong>dustrie der Hauptkunde.Der Anteil der ostdeutschen Lohn- undGehaltssumme an der gesamtdeutschen ist ger<strong>in</strong>gund liegt bei etwa 6,5 Prozent. Dies wirdmit den ger<strong>in</strong>gen Betriebsgrößen im ostdeutschenMasch<strong>in</strong>enbau erklärt, aber auch mit derniedrigen Entlohnung (ebd.: 48).Ähnlich wie Lutz argumentieren Berkau. a., dass sich, bezogen auf die e<strong>in</strong>zelnen Unternehmen,der Arbeits- und der Fachkräftebedarfzusammensetzt aus dem Ersatzbedarf füraltersbed<strong>in</strong>gt ausscheidende Mitarbeiter unddem Bedarf aus den wirtschaftlich, technologischund konjunkturell bed<strong>in</strong>gten Veränderungendes Beschäftigtenstandes. Entscheidendfür den künftigen Fachkräftebedarf der Brancheseien die aktuelle Alters- und Qualifikationsstrukturder Beschäftigten sowie die technologischeund ökonomische Entwicklung. DasAngebot an Fachkräften wiederum hänge vonder demografischen Entwicklung, der Qualifikationsstrukturder Bevölkerung, der Verfügbarkeitvon Fachkräften vor Ort und der Qualitätder Aus- und <strong>Weiterbildung</strong> ab (ebd.: 74).Die für die Unternehmen günstige Lage <strong>in</strong> den1990er Jahren, ergänzt durch die niedrigenLöhne im Masch<strong>in</strong>enbau Ostdeutschlands, hättenzu e<strong>in</strong>er Vernachlässigung der Personalentwicklung<strong>in</strong> den Unternehmen und e<strong>in</strong>er ausgeprägtenpersonalpolitischen Inaktivität geführt,die sich jetzt zunehmend als Hypothekbemerkbar mache.Die Fachkräfteproblematik <strong>in</strong> Ostdeutschlandwurde bereits <strong>in</strong> den Jahren 2001/2002 <strong>in</strong>ersten Untersuchungen zum Masch<strong>in</strong>enbauaufgegriffen. Die betrieblichen Anstrengungenauch der Betriebsräte zur Erhaltung der beruflichenErstausbildung zeitigten zwar Erfolge,blieben jedoch h<strong>in</strong>ter den Anforderungen derZukunft zurück. Insbesondere öffentliche <strong>Weiterbildung</strong>s-und Fachkräfte<strong>in</strong>itiativen konntennicht die <strong>in</strong>tendierten Effekte erzielen. Notwendigersche<strong>in</strong>en daher besondere Anstrengungenzur Sicherung und Weiterentwicklung desFachkräftepotenzials, die das bisher erreichteNiveau deutlich überschreiten. Diese sollten <strong>in</strong>verschiedenen Handlungsfeldern entwickeltwerden, beispielsweise der Aufbau regionalerund branchenbezogener Monitor<strong>in</strong>gsysteme,die Ausweitung der beruflichen Erstausbildung<strong>in</strong> den Betrieben, die Unterstützung der Kle<strong>in</strong>undMittelbetriebe im verarbeitenden Gewerbebei der Herausbildung strategischer Personalplanungund -entwicklung sowie die Ausgestaltungbetrieblicher <strong>Weiterbildung</strong> (ebd.: 96).E<strong>in</strong>e andere Branchenstudie zur ostdeutschenElektro<strong>in</strong>dustrie zeigt auf, dass dieseBranche im Gegensatz zu anderen den Transformationsschockrelativ gut verkraftet hat undtrotz gravierender E<strong>in</strong>brüche vor allem <strong>in</strong> dentraditionellen Zentren wieder aufgebaut wer-18


DIE ENTWICKLUNG IN OSTDEUTSCHLAND UND DIE BEDEUTUNG BERUFLICHER WEITERBILDUNGden konnte. Heute gibt es <strong>in</strong>ternational wettbewerbsfähige<strong>in</strong>dustrielle Kerne <strong>in</strong> Dresden,Jena und Erfurt (Hennersdorf/Holst/Krippendorf2009). In Ostdeutschlands Elektro<strong>in</strong>dustriewaren 2006 im Durchschnitt 1144 Betriebemit 20 und mehr Beschäftigten tätig, davon 351<strong>in</strong> Sachsen, 264 <strong>in</strong> Thür<strong>in</strong>gen und 198 <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>;<strong>in</strong> Brandenburg gab es 132 Betriebe und <strong>in</strong>Sachsen-Anhalt 126. In Mecklenburg-Vorpommernwurden 2006 immerh<strong>in</strong> 73 Betriebe ausgewiesen(ebd.: 43). In den 1144 Betrieben waren111.025 Beschäftigte tätig, davon knapp e<strong>in</strong>Drittel <strong>in</strong> Sachsen. Die bundesdeutsche Elektro<strong>in</strong>dustrieist e<strong>in</strong>e der <strong>in</strong>novationsstärkstenIndustriebranchen und ist <strong>in</strong> vielen Produktl<strong>in</strong>ienbzw. Teilbranchen Weltmarktführer. H<strong>in</strong>sichtlichder ostdeutschen Elektro<strong>in</strong>dustrie gehören<strong>in</strong>sbesondere die Teilbranchen der Automatisierungstechnik,Automobilelektronik, Energietechnik,Mediz<strong>in</strong>technik, Verkehrstelematik,Mikroelektronik und der MikrosystemsowieNanotechnologien zu den tragendenSäulen. Folglich ist auch die ostdeutsche Elektro<strong>in</strong>dustriemit ihren Teilbranchen auf denWeltmärkten e<strong>in</strong>gebettet. Entscheidend s<strong>in</strong>dhier die Käufermärkte sowie die <strong>in</strong>ternationalisiertenBeschaffungsstrategien, die allerd<strong>in</strong>gsextrem anfällig s<strong>in</strong>d für Schwankungen auf denWeltmärkten (Preisentwicklungen, Spekulationsblasenusw.) (ebd.: 49).Vor dem H<strong>in</strong>tergrund <strong>in</strong>stitutionalisierterKonkurrenzstrukturen geht die <strong>Studie</strong> von Hennersdorf/Holst/Krippendorf(2009) hart <strong>in</strong>s Gerichtmit den ostdeutschen Unternehmensführungenund Arbeitgeberverbänden, die ihr konservativesRekrutierungsmuster bislang nichtverändert haben und sowohl bei der beruflichenErstausbildung wie bei der beruflichen<strong>Weiterbildung</strong> völlig versagten. Diese seiendrauf und dran, durch ausbleibende Qualifizierungsmaßnahmendie starke <strong>in</strong>dustriepolitischePosition, die man sich erarbeitet habe, zuverspielen. So stünde der Klage der Arbeitgebervertreterüber den bereits e<strong>in</strong>getretenenFachkräftemangel ke<strong>in</strong>e Änderung des Erstausbildungsverhaltensder Unternehmen entgegen:Von 1999 bis 2004 seien jährlich ganze69 Auszubildende zusätzlich aufgenommenworden (ebd.: 54).In Ost- wie <strong>in</strong> Westdeutschland sei e<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>e„<strong>Weiterbildung</strong>smüdigkeit“ der Unternehmenfeststellbar. Der Nutzen von <strong>Weiterbildung</strong>für den Geschäftserfolg werde vielfachunterschätzt. <strong>Weiterbildung</strong> werde vor allemals Kostenfaktor betrachtet, was zu e<strong>in</strong>er niedrigenRate an Unternehmen führt, die überhauptweiterbilden. Dieses Verhalten sei fürdie ostdeutschen Unternehmen der Elektro<strong>in</strong>dustriebesonders prekär, weil sich der Fachkräftebedarfder Elektro<strong>in</strong>dustrie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>igenTeilbranchen „zu e<strong>in</strong>em strukturellen Fachkräftemangel“(ebd.: 56) entwickeln werde.In e<strong>in</strong>er weiteren Branchenstudie werdendie Entwicklungschancen der ostdeutschenTextil<strong>in</strong>dustrie untersucht (Richter 2007). Trotzmassiver Beschäftigungsverluste im Zuge desTransformationsprozesses hat sich <strong>in</strong> Ostdeutschlande<strong>in</strong> Textilstandort mit mehrerenHundert vorwiegend kle<strong>in</strong>en und mittleren Betriebenetabliert. Insgesamt gibt es etwa 380Betriebe mit etwa 25.000 Beschäftigten, davonetwa 200 Betriebe mit mehr als 20 Beschäftig-Trotz Fachkräftemangelsblieb dasE<strong>in</strong>stellungsverhaltender Unternehmenunverändert19


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPAFachkräftemangelke<strong>in</strong> spezifisch ostdeutschesProblemten (ebd.). Die Kernstandorte liegen <strong>in</strong> Sachsenund Thür<strong>in</strong>gen und s<strong>in</strong>d Teil der sogenanntenEurotextilregion, e<strong>in</strong>er der größten Textilregionen<strong>Europa</strong>s (ebd.: 3). Neben diesen regionalenSchwerpunkten (Cluster-Struktur) gibt esForschungs- und Entwicklungse<strong>in</strong>richtungen,Designschulen, Aus- und <strong>Weiterbildung</strong>se<strong>in</strong>richtungen.Der weitaus größte Teil der ostdeutschenTextilunternehmen ist konzerngebundenoder im Besitz großer Hold<strong>in</strong>gs, währendes Konzerne mit Sitz <strong>in</strong> Ostdeutschlandkaum gibt (ebd.: 4).In Ostdeutschland dom<strong>in</strong>ieren heute flexibleProduktionsformen, <strong>in</strong> denen sogar kle<strong>in</strong>eund kle<strong>in</strong>ste Losgrößen für hochwertige Marktsegmentegefertigt werden. Das sei e<strong>in</strong> dramatischerWandel gegenüber der Textilproduktion<strong>in</strong> der DDR mit ihrer Großserienproduktion.Diese neue Produktionsstruktur führte zu e<strong>in</strong>erzeitlichen Entgrenzung und e<strong>in</strong>er extremen Flexibilisierungder Arbeit. Die Beschäftigten seienaußerordentlichen Anpassungsprozessenh<strong>in</strong>sichtlich Leistung, E<strong>in</strong>satzbereitschaft undFlexibilität unterworfen. Die Situation ist gekennzeichnetvon extrem „flexibilisierte[n]Arbeitszeitmodelle[n] mit rollenden Wochen,Sonntagsarbeit und kurzfristig angeordneterMehrarbeit, häufig begleitet durch e<strong>in</strong>e an denäußersten Kapazitätsgrenzen bef<strong>in</strong>dliche Personalausstattung“(ebd.: 9).H<strong>in</strong>sichtlich der Qualifizierung und <strong>Weiterbildung</strong>leidet auch die ostdeutsche Textil<strong>in</strong>dustrieunter dem Fehlen e<strong>in</strong>er strategischenEntwicklung des Personalbestands. Auch <strong>in</strong>dieser Branche zeichnet sich e<strong>in</strong> Fachkräftemangelab und e<strong>in</strong>e Konkurrenz um Fachkräftezwischen Unternehmen. „Der Zeitkorridor vonder Erkenntnis des drohenden Fachkräfteproblemsbis zu se<strong>in</strong>er akuten Wirksamkeit wirdenger, ohne dass es Anzeichen e<strong>in</strong>er nachhaltigenLösung gäbe“ (ebd.: 24). Zwar gebe es vermehrteInitiativen, die häufig von Betriebsrätenangestoßen würden. Diese E<strong>in</strong>zelmaßnahmenblieben aber h<strong>in</strong>ter den Notwendigkeitenzurück, um das erforderliche Qualifikationspotenzialauch <strong>in</strong> Zukunft zu erhalten. Gerade fürdie kle<strong>in</strong>en und mittleren Betriebe wird die Herausbildunge<strong>in</strong>er strategischen Personalplanungund -entwicklung sowie e<strong>in</strong>e Gestaltungder betrieblichen <strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong> betrieblichen<strong>Weiterbildung</strong>sverbünden empfohlen.Hierzu sei es erforderlich, dass <strong>in</strong> diesen Fragene<strong>in</strong>e kooperative Zusammenarbeit zwischenManagement, Beschäftigten und betrieblicherInteressenvertretung erfolgt (ebd.).In e<strong>in</strong>em Vergleich verschiedener Industrieregionen<strong>in</strong> Ost- und Westdeutschland (Jenaund Gött<strong>in</strong>gen, Rostock und Kiel, Chemnitz undBraunschweig) wird hervorgehoben, dass derbereits e<strong>in</strong>getretene Fachkräfte- und Nachwuchsmangelke<strong>in</strong> spezifisch ostdeutschesProblem ist, sondern e<strong>in</strong> generelles und nichtstandortgebundenes Rekrutierungshemmnisdarstellt (Jakszentis/Hilpert 2007: 15). Ost- undwestdeutsche Standorte stünden hier vor dengleichen Problemen, allerd<strong>in</strong>gs gäbe es standortspezifischeVarianzen. Die ostdeutschen Betriebebefürchteten e<strong>in</strong>e zunehmende Konkurrenzum hoch qualifiziertes Personal, wobeiman nicht <strong>in</strong> der Lage sei, die an westdeutschenStandorten <strong>in</strong> der Regel deutlich höheren Löhneund Gehälter anzubieten.20


DIE ENTWICKLUNG IN OSTDEUTSCHLAND UND DIE BEDEUTUNG BERUFLICHER WEITERBILDUNGIn e<strong>in</strong>er anderen <strong>Studie</strong> der <strong>Otto</strong> <strong>Brenner</strong><strong>Stiftung</strong> werden Handlungsmöglichkeiten diskutiert.E<strong>in</strong> prom<strong>in</strong>entes Beispiel ist der Branchendialogder Metall- und Elektro<strong>in</strong>dustrie <strong>in</strong>Sachsen-Anhalt (Kurtzke/Neumann 2002). DieserBranchendialog ist e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Arbeitsebenezwischen den Tarifparteien IG MetalBezirksleitung Hannover und dem Verbandder Metall- und Elektro<strong>in</strong>dustrie Sachsen-Anhalt(VME) sowie der Landesregierung, die sichauf der Grundlage e<strong>in</strong>es vorangegangenenLandtagsbeschlusses im Jahre 1997 konstituierthatte. Im Rahmen des Branchendialogs hatim Sommer 1999 die Arbeitsgruppe „Qualifikationsentwicklung“ihre Arbeit aufgenommen,deren Leitung bei der IG Metall Bezirksleitunglag. Neben hauptamtlichen Repräsentanten vonIG Metall und VME gehörten der Arbeitsgruppeje e<strong>in</strong> Vertreter aus dem Wirtschafts- und demArbeitsm<strong>in</strong>isterium des Landes an. Beide Verbändehatten darüber h<strong>in</strong>aus weitere Expertenaus Unternehmen sowie Bildungs- und Beratungse<strong>in</strong>richtungen<strong>in</strong> die Arbeitsgruppe kooptiert.H<strong>in</strong>tergrund war die Erkenntnis des sichabzeichnenden Fachkräftemangels. Die <strong>Studie</strong>aus Sachsen-Anhalt belegt, dass die Tarifvertragsparteienzwar bei der Identifizierung derProbleme zu ähnlichen E<strong>in</strong>schätzungen kommen,nicht aber h<strong>in</strong>sichtlich der Lösung der Probleme.So me<strong>in</strong>ten e<strong>in</strong>ige Mitglieder des Branchendialogs,dass der Fachkräftemangel vorallem e<strong>in</strong> Problem der unzureichenden personellen,technisch-<strong>in</strong>frastrukturellen und f<strong>in</strong>anziellenRessourcen sei, deren Behebung auchdas Fachkräfteproblem lösen würde. AndereVertreter bezweifelten h<strong>in</strong>gegen, dass die Unternehmenfür diese Probleme überhaupt h<strong>in</strong>reichendsensibilisiert seien (ebd.: 42). Die<strong>Studie</strong> belegt zudem die These, dass die meistenUnternehmen das sich abzeichnende Problemdes Fachkräftemangels zwar erkannt haben,aber nur wenige Betriebe das Problemdurch e<strong>in</strong>e Ausweitung von <strong>Weiterbildung</strong>saktivitätentatsächlich angehen. Die H<strong>in</strong>weise aufbegrenzte Ressourcen vor allem aus den kle<strong>in</strong>erenUnternehmen seien hier nicht vorgeschoben,sondern ernst zu nehmende Probleme dieserBetriebe (ebd.). Die <strong>Studie</strong> weist zudem aufmassive Defizite nicht nur bei der Planung beruflicherAus- und <strong>Weiterbildung</strong>, sondernschon bei der Personalplanung und Personalentwicklungh<strong>in</strong> (ebd.). Nur bei e<strong>in</strong>er M<strong>in</strong>derheitder Betriebe gäbe es längerfristig angelegtePersonalplanungen und <strong>Weiterbildung</strong>sstrategien.Bei den meisten Betrieben bestündebestenfalls e<strong>in</strong> Problembewusstse<strong>in</strong> überden sich abzeichnenden Fachkräftemangel.E<strong>in</strong>e bloße Ausweitung der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong>werde aber das strukturelle Problemnicht lösen, vielmehr sei e<strong>in</strong>e „Kompetenzerhöhungauf dem Feld der Personal- und Organisationsentwicklungder Unternehmen“ erforderlich(ebd.: 44).Fasst man die <strong>Studie</strong>n der <strong>Otto</strong> <strong>Brenner</strong> <strong>Stiftung</strong>zu den verschiedenen Industriebranchen<strong>in</strong> Ostdeutschland zusammen, ergibt sich e<strong>in</strong>heterogenes Bild, z. B. h<strong>in</strong>sichtlich der Tatsache,ob und <strong>in</strong>wieweit die Branchen die Transformationbewältigen konnten und <strong>in</strong> der Lagewaren, neue <strong>in</strong>dustrielle Kerne aufzubauen. Esbesteht aber e<strong>in</strong>e zentrale Übere<strong>in</strong>stimmung <strong>in</strong>allen <strong>Studie</strong>n: Es gibt e<strong>in</strong>en sich abzeichnen-Erste Ansätze, umdem Fachkräftemangelzu begegnen21


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPAUnterschätzungder Bedeutung von<strong>Weiterbildung</strong> für denGeschäftserfolg <strong>in</strong> denUnternehmenden Fachkräftemangel. Das ist zwar e<strong>in</strong> gesamtdeutschesPhänomen, erhält aber durchdie Privatisierungspolitik der Treuhandanstalt<strong>in</strong> den 1990er Jahren und die damit verbundenerestriktive E<strong>in</strong>stellungs- und Rekrutierungspolitikder ostdeutschen Unternehmen e<strong>in</strong>e zusätzlicheDramatik. Auffällig ist zudem, dasszwar alle Unternehmen und Unternehmensführerdieses Problem erkannt haben, das unternehmerischeHandeln <strong>in</strong> dieser H<strong>in</strong>sicht aberüberhaupt nicht verändert wurde. Das gilt sowohlfür die berufliche Erstausbildung als auchfür die berufliche <strong>Weiterbildung</strong>, die hier imVordergrund steht. Durch diese konservativenE<strong>in</strong>stellungsmuster gegenüber beruflicher<strong>Weiterbildung</strong> (zu teuer, b<strong>in</strong>det zu viele Arbeitskräfte,Ertrag unsicher) verschärft sich dieGefahr, dass die mühsam eroberte Position aufden nationalen und <strong>in</strong>ternationalen Märktenverspielt wird.H<strong>in</strong>zu tritt e<strong>in</strong> anderes Problem. Diskussionenum <strong>Weiterbildung</strong>saktivitäten <strong>in</strong> Ostdeutschlands<strong>in</strong>d häufig Kostendiskussionen.In Ostdeutschland wurden erhebliche Mittel fürQualifizierungsmaßnahmen e<strong>in</strong>gesetzt, derenEffekte fragwürdig waren, sodass diese Maßnahmen<strong>in</strong>sgesamt <strong>in</strong>frage gestellt werden (Fitzenberger/Speckesser2002). VerschiedeneAnalysen zeigen aber, dass durch <strong>Weiterbildung</strong>das Arbeitslosigkeitsrisiko verm<strong>in</strong>dertwerden kann (Büchel/Pannenberg 2004). Programmeder Bundesregierung wie die „RegionalenQualifizierungs<strong>in</strong>itiativen <strong>in</strong> Ostdeutschland“haben diese Problematik zum<strong>in</strong>dest erkannt.E<strong>in</strong> weiteres Problem besteht dar<strong>in</strong>,dass von den wirtschaftlichen und sozialenUmbrüchen <strong>in</strong> Ostdeutschland auch die <strong>Weiterbildung</strong>sbrancheerfasst wurde, über diebislang nur wenige Kenntnisse existieren.Nach e<strong>in</strong>er <strong>Studie</strong> des Zentrums für SozialforschungHalle (Meier/Wiekert/Wiener 2007) hatsich <strong>in</strong> Ostdeutschland im Zuge der Arbeitsmarktreformenund veränderten F<strong>in</strong>anzierungsmodalitätendie <strong>Weiterbildung</strong>slandschafterheblich gewandelt. Derzeit dürftenetwa 5000 <strong>Weiterbildung</strong>sträger <strong>in</strong> Ostdeutschlandaktiv se<strong>in</strong>.Vor dem H<strong>in</strong>tergrund des sich abzeichnendenFachkräftemangels <strong>in</strong> Ostdeutschland sowiedes Umgangs mit Unsicherheiten h<strong>in</strong>sichtlichdes Ertrags von beruflicher <strong>Weiterbildung</strong> ist ess<strong>in</strong>nvoll, danach zu fragen, wie vergleichbareProbleme <strong>in</strong> anderen europäischen Ländern angegangenwerden. Das wollen wir anhand e<strong>in</strong>erAnalyse der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong>sstruktur<strong>in</strong> drei skand<strong>in</strong>avischen Ländern tun.22


DAS DEUTSCHE UND DAS SCHWEDISCHE SYSTEM DER ARBEITSBEZIEHUNGEN: EIN ÜBERBLICK5. Das deutsche und das schwedische Systemder Arbeitsbeziehungen: E<strong>in</strong> ÜberblickBevor wir näher auf die berufliche <strong>Weiterbildung</strong>e<strong>in</strong>gehen, ersche<strong>in</strong>t es s<strong>in</strong>nvoll, e<strong>in</strong>enkurzen Überblick über die Arbeitsbeziehungen<strong>in</strong> Deutschland und Schweden zu geben, da dieberufliche <strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong> diese allgeme<strong>in</strong>eStruktur e<strong>in</strong>gebettet ist.In Bezug auf die Entwicklung der europäischenSozialstaaten nach 1945 und die Austauschbeziehungenzwischen Gewerkschaftenund Arbeitgeberverbänden nehmen Vergleichezwischen Deutschland und Schweden e<strong>in</strong>enprom<strong>in</strong>enten Stellenwert e<strong>in</strong>. Das hat damit zutun, dass beide Länder über lange Zeit als Prototypendes europäischen Kapitalismus galten:Schweden stand für das sozialdemokratischskand<strong>in</strong>avischeModell und Deutschland fürdas konservativ-korporatistische Modell(Esp<strong>in</strong>g-Andersen 1990). Zwar bilden die jeweiligenArbeitsbeziehungen das Herzstück dieserModelle, aber für Schweden – und für die skand<strong>in</strong>avischenSysteme <strong>in</strong>sgesamt – gilt, dassauch die berufliche <strong>Weiterbildung</strong> entscheidendeImpulse lieferte. Aus deutscher Perspektivewaren (und s<strong>in</strong>d) Vergleiche mit den skand<strong>in</strong>avischenSystemen deshalb aufschlussreich,weil <strong>in</strong> den nordischen Ländern die Gewerkschaftenüber e<strong>in</strong>e starke Position nichtnur gegenüber den Arbeitgeberverbänden verfügen,sondern <strong>in</strong>nerhalb des politischen Systems<strong>in</strong>sgesamt und häufig entscheidende politischeReformen <strong>in</strong>itiieren. E<strong>in</strong>e wesentlicheErklärung liegt im sogenannten Gent-System,worunter die Übertragung hoheitlicher Aufgaben<strong>in</strong> der Arbeitslosenversicherung auf dieGewerkschaften geme<strong>in</strong>t ist (Leonardi 2006;Clasen/Viebrock 2006). Daneben tritt e<strong>in</strong>eenge Kooperation mit den sozialdemokratischenParteien, die die Gewerkschaftsmachtzusätzlich absichert. Beispielsweise wurdenwesentliche Impulse <strong>in</strong> der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong>durch Gesetzes<strong>in</strong>itiativen der Gewerkschaftenangestoßen, die wiederum die Basisweitergehender tarifvertraglicher Regelungenbildeten. Dieser Zusammenhang sicherte<strong>in</strong>erseits e<strong>in</strong>en hohen Organisationsgradund e<strong>in</strong>e nahezu vollständige gewerkschaftlichePräsenz <strong>in</strong> den Betrieben. Diese „sozialdemokratischeKultur“ war für die deutschenGewerkschaften immer e<strong>in</strong> positiver Bezugspunkt,weil e<strong>in</strong> starker E<strong>in</strong>fluss der Gewerkschaften<strong>in</strong> Gesellschaft und Staat und <strong>in</strong> derTarifpolitik gegeben war, der gleichzeitig mite<strong>in</strong>er hohen betrieblichen wie gesamtwirtschaftlichenProduktivität vere<strong>in</strong>bar ist. Abergenau diese Merkmale (enge politische Zusammenarbeitzwischen Gewerkschaften und sozialdemokratischerPartei, starke rechtlicheStellung der Gewerkschaften, hoher Verpflichtungsgradder Tarifverträge und starkeRepräsentanz der Gewerkschaften <strong>in</strong> den Betrieben)galten spätestens seit den Schriftenvon Goetz Briefs (1952; 1955) <strong>in</strong> den 1950erJahren für Deutschland als Horror-Szenario e<strong>in</strong>es„Gewerkschaftsstaates“, <strong>in</strong> dem die Initiativedes Unternehmers durch den übermächtigenE<strong>in</strong>fluss von Gewerkschaftsfunktionärenstranguliert werde. Gerade das schwedischeBeispiel jedoch widerlegte diese konservativePosition, die sich bis heute wie e<strong>in</strong> roter Fadendurch die Veröffentlichungen von Arbeitgeberverbändenund deren Wirtschafts<strong>in</strong>stitutenzieht.Starker E<strong>in</strong>fluss derGewerkschaften durchKooperation mit denlange regierendenSozialdemokraten23


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPAEnde desalten schwedischenModells Anfangder 1990er JahreIn Deutschland und vor allem <strong>in</strong> Schwedenlässt sich aber auch zeigen, dass die Arbeitsbeziehungenseit Anfang der 1980er Jahre erheblichunter Druck geraten s<strong>in</strong>d. Dabei lauten dieHauptkritikpunkte ähnlich: mangelnde Flexibilitäth<strong>in</strong>sichtlich der Anpassung an verändertetechnologische und wettbewerbliche Umweltbed<strong>in</strong>gungensowie unzureichende Antwortenauf die Massenarbeitslosigkeit.Das ‚alte‘ schwedische Modell zeichnetesich im <strong>in</strong>ternationalen Maßstab dadurch aus,dass über viele Jahrzehnte Verhandlungen aufdrei Ebenen stattfanden. Dabei war die nationaleEbene zwischen 1953 und 1983 unangefochten.Dort wurden zwischen dem Spitzenverbandder Arbeitgeber und der GewerkschaftenLO (Landsorganisationen i Sverige) bzw. späterauch den anderen Dachverbänden die Lohnvorgabenfür die gesamte Wirtschaft gemacht.Gleichzeitig war der Verhandlungsspielraumfür die nachgelagerten Branchen- und Betriebsebenenrelativ ger<strong>in</strong>g. Die Beziehungenzwischen Arbeitgebern und Gewerkschaftenhatten e<strong>in</strong>e zentrale Bedeutung für die Ökonomiesowie für das demokratische Selbstverständnisals „schwedisches Modell“ (Öberg/Svensson 2002: 452). Über lange Phasen basiertedieses Modell auf e<strong>in</strong>em hohen Niveauwechselseitigen Vertrauens zwischen Gewerkschaftenund Arbeitgeberverbänden (ebd.). ImKern baute dieses System zentralisierter Lohnpolitikauf e<strong>in</strong>em Tauschgeschäft zwischenLohnkontrolle zugunsten der exportorientiertenWirtschaft und e<strong>in</strong>er solidarischen Lohnpolitikauf. Diese Austauschbeziehungen präferierteneher Gewerkschafts- als Arbeitgeber<strong>in</strong>teressen,was aber nicht als ‚Abweichung‘ zuverstehen ist, sondern e<strong>in</strong> Merkmal des schwedischenModells ausmacht. Seit den 1930erJahren war die Gewerkschaftsbewegung immerauch der Reformmotor für die schwedische Gesellschaft<strong>in</strong>sgesamt (Lash/Urry 1987: 35). ImNachkriegsschweden hatten die Gewerkschaftennicht nur erheblichen E<strong>in</strong>fluss auf die sozialdemokratischeRegierungspolitik, sondernwaren <strong>in</strong> wichtigen Fragen deren eigentlicheInitiatoren (Scharpf 1987: 245).In politischer H<strong>in</strong>sicht basierte das Aushandlungssystemauf ger<strong>in</strong>gen staatlichen E<strong>in</strong>griffen,was vonseiten der Gewerkschaften politischeLoyalität gegenüber den jeweiligen Regierungenvoraussetzte. Dieses Modell gehtauf das sogenannte Saltsjöbaden-Abkommenvon 1938 zurück (Saltsjöbaden ist e<strong>in</strong> bekannterschwedischer Badeort, <strong>in</strong> dem sich die Verhandlungsdelegationentrafen). Es ist e<strong>in</strong>e ArtGrundlagen-Abkommen, das für die Regelungder Arbeitsbeziehungen bis Mitte der 1960erJahre Gültigkeit hatte und e<strong>in</strong> hohes Maß ansozialem Frieden garantierte (Elvander 2002:198). In ökonomischer H<strong>in</strong>sicht basierte dasschwedische Modell auf e<strong>in</strong>er Gesamtsteuerungsfunktiondes Staates, <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> derZ<strong>in</strong>s- und Geldpolitik, sowie e<strong>in</strong>er aktiven Arbeitsmarktpolitik.Auf der Makroebene stabilisiertedieses System e<strong>in</strong>e exportorientierteGeldpolitik des schwedischen Staates. Dieschwedische Reichsbank war nicht unabhängig,sondern den Vorgaben des Staates unterworfen.Ke<strong>in</strong> anderes OECD-Land wertete seitAnfang der 1970er Jahre die nationale Währungso häufig per Regierungsdekret (gegenüber der24


DAS DEUTSCHE UND DAS SCHWEDISCHE SYSTEM DER ARBEITSBEZIEHUNGEN: EIN ÜBERBLICKD-Mark) ab wie Schweden (Haavisto/Jonung1999: 118). In ideenpolitischer H<strong>in</strong>sicht fußtedas schwedische Modell auf Gerechtigkeitsvorstellungenvon Egalität, Autonomie und Konsensder kollektiven Akteure, die <strong>in</strong> der Gesellschaftallgeme<strong>in</strong> geteilt und auch von Arbeitgeberseitenicht <strong>in</strong>frage gestellt wurden.In organisatorischer H<strong>in</strong>sicht war das Gewerkschaftssystemgeprägt durch e<strong>in</strong>e Spaltungnach Beschäftigtengruppen: Arbeiternund Angestellten (Blue-collar- und White-collar-Arbeitnehmern)sowie technischen Fachkräften.H<strong>in</strong>zu kam die Übertragung hoheitlicherAufgaben an die Gewerkschaften im Rahmender Arbeitslosenversicherung (Gent-System).Die gewerkschaftlichen Strukturen warenstark zentralisiert, während die Branchenverbändenur schwache Kompetenzen hatten. DieserZentralisierung entsprach auch die Organisationsstrukturder Arbeitgeberverbände.In lohnpolitischer H<strong>in</strong>sicht lieferte das Konzepte<strong>in</strong>er „solidarischen Lohnpolitik“ mit demRehn-Meidner-Modell den bestimmenden Rahmenfür das schwedische Modell. Es basierteauf Lohnzurückhaltung und Lohnsolidarität.Lohnzurückhaltung bezieht sich auf die E<strong>in</strong>kommensverteilungzwischen Arbeitnehmernund Arbeitgebern, Lohnsolidarität auf die E<strong>in</strong>kommensverteilungzwischen den verschiedenenArbeitnehmergruppen (Pontusson/Swenson1996: 226). Das Konzept e<strong>in</strong>er solidarischenLohnpolitik erfuhr über die Jahrzehnteverschiedene Interpretationen, sollte abernach den massiven Lohnerhöhungen Mitte der1970er Jahre immer mehr zum Ste<strong>in</strong> des Anstoßesfür die Arbeitgeber werden.Vom schwedisch-skand<strong>in</strong>avischen Modellunterscheidet sich das deutsche <strong>in</strong> wesentlichenAspekten. In Deutschland wurden nach1945 die Rahmenbed<strong>in</strong>gungen durch das Tarifvertrags-und das Betriebsverfassungsgesetzsowie verschiedene Mitbestimmungsgesetzegeregelt. Charakteristisch s<strong>in</strong>d drei Ebenender Konfliktaustragung: die Ebene der Branchentarifverträge,die der Unternehmensführungund die betriebliche Ebene. Für Erstere istdie Tarifautonomie bestimmend, für die Unternehmendie (überbetriebliche) Mitbestimmungund für Letztere die Betriebsverfassung. DieseArt der Interessenvermittlung ist ebenfallshoch reguliert und komplex. Im Unterschied zuSchweden ist vor allem die duale Struktur derInteressenvertretung charakteristisch: die gesetzlicheInteressenvertretung durch den Betriebsratund die freiwillige Interessenvertretungdurch die Gewerkschaften. E<strong>in</strong> strukturbestimmendesMerkmal ist, dass das Vertretungsrechtnicht auf der untersten Stufe des Arbeitsplatzesansetzt wie <strong>in</strong> vielen anderen europäischenLändern, sondern auf der des Betriebes,<strong>in</strong>dem dem Betriebsrat die Kompetenz für diegesamte Belegschaft übertragen wird. Da derBetriebsrat ke<strong>in</strong>e Befugnisse hat, Streiks zuorganisieren, verlagern sich Arbeitskonflikteim deutschen Modell vom Arbeitsplatz auf die(über)betriebliche Ebene. Dabei s<strong>in</strong>d das entscheidendeOrdnungselement die Flächentarifverträge,die die Rahmenbed<strong>in</strong>gungen für Arbeitsleistungund Arbeitsentgelt für verb<strong>in</strong>dlicheZeitspannen mit allgeme<strong>in</strong>er Geltung festlegen.Damit kommt dem Tarifvertragssysteme<strong>in</strong>e weit über se<strong>in</strong>en engen WirkungskreisDualeInteressenvertretung<strong>in</strong> Deutschland:Betriebsrat undGewerkschaften25


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPAKonsens zwischenArbeitgebern undGewerkschaften überlange Zeit gültigverweisende Funktion zu: Das Tarifvertragssystemist das Zentrum für Konsens und Legitimationder deutschen Sozialordnung; es zw<strong>in</strong>gt Arbeitgeberund Gewerkschaften unter Beachtungje unterschiedlicher Interessen zu e<strong>in</strong>emKompromiss, womit jede Tarife<strong>in</strong>igung von beidenVerbänden legitimiert werden muss (Lepsius1996). Über die gesellschaftsweite Akzeptanzdieser Form der Kompromissentscheidungenkonnten Klassenunterschiede und sozialeUngleichheit nicht aufgehoben werden, aberdurch die egalisierenden Effekte der Lohnstrukturauf e<strong>in</strong>em im <strong>in</strong>ternationalen Vergleichger<strong>in</strong>gen Niveau gehalten werden(Streeck 1996). E<strong>in</strong> weiteres Element, das fürunsere Fragestellung wichtig ist, ist, dass <strong>in</strong>diesem System, wiederum im Unterschied zumschwedischen, der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong>bestenfalls e<strong>in</strong>e untergeordnete Rolle zukommt.Wenn wir die Geme<strong>in</strong>samkeiten und Unterschiededer Entwicklung der Austauschbeziehungen<strong>in</strong> Deutschland und Schweden betrachten,gibt es zwei zentrale Übere<strong>in</strong>stimmungen:Erstens prägte beide Länder über lange Periodene<strong>in</strong> Grundkonsens zwischen Gewerkschaften,Arbeitgeberverbänden und Staat h<strong>in</strong>sichtlichder Grundstruktur der jeweiligen Arbeitsbeziehungen.Das schloss teilweise erheblicheDivergenzen <strong>in</strong> E<strong>in</strong>zelfragen und auch Großstreikssowie Aussperrungen nicht aus, wasaber diesen Grundkonsens nicht außer Kraft zusetzen vermochte. Zweitens geraten beide Modelleseit Anfang der 1980er Jahre unter Druck,was primär mit der veränderten Weltmarktsituationund dem Drängen der Arbeitgeberseitezusammenhängt, Kompetenzen verstärkt aufdie betriebliche Ebene zu verlagern. Damitg<strong>in</strong>g e<strong>in</strong>e nicht unerhebliche Schwächung derGewerkschaften e<strong>in</strong>her (Blanke/Rose 2005).Zwar lassen sich <strong>in</strong> Schweden Erosionsersche<strong>in</strong>ungenschon Ende der 1960er Jahre ausmachen,die sich <strong>in</strong> den 1970er Jahren verschärften,als es der Lohnpolitik immer weniger gelang,moderate Abschlüsse zu gewährleisten(Pontusson/Swenson 1996: 228). Noch bedeutsamerwar, dass e<strong>in</strong>e zentrale Säule desschwedischen Modells wegbrach, die e<strong>in</strong>vernehmlicheLösung zwischen den Tarifparteienohne staatliche Intervention (Jochem 1998:114). Nach Elvander (2003: 150) wurde dieserUmschwung von der sozialdemokratischen Regierungunter Olof Palme mit Unterstützung andererParteien e<strong>in</strong>geleitet. Verschiedene arbeitsrechtlicheInitiativen stellten den eigentlichenBruch mit der Tradition dar, die mit demAbkommen von Saltsjöbaden 1938 begründetworden war. Damit wurde das schwedischeModell gewissermaßen ‚von l<strong>in</strong>ks’ aufgekündigt.Durch die folgenden Kampagnen der Arbeitgeber<strong>in</strong> den 1980er Jahren wurde es aberauch ‚von rechts‘ <strong>in</strong>frage gestellt (Lash/Urry1987: 236). Diese Situation verschärfte sich1983, als sich die Metallgewerkschaften ausden zentralen Verhandlungen verabschiedeten.Tarifliche Kompensationsklauseln führtenzu enormen Fernwirkungen auf unbeteiligteBeschäftigtengruppen, weil „die lokale Lohndrift<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen Bereichen umgehend auf dieGesamtwirtschaft durchschlug“ (Scharpf 1987:246). Dies führte zu erheblichen Ause<strong>in</strong>andersetzungen<strong>in</strong>nerhalb des Gewerkschaftslagers26


DAS DEUTSCHE UND DAS SCHWEDISCHE SYSTEM DER ARBEITSBEZIEHUNGEN: EIN ÜBERBLICK(Kjellberg 1992). Dem Gesamtverband LO gelanges immer weniger, se<strong>in</strong>en MitgliedernLohnzurückhaltung zum Zwecke sozialer Verantwortungaufzuerlegen (ebd.: 105).In Schweden waren die 1980er Jahre durche<strong>in</strong> Klima der Konfrontation geprägt (Kjellberg2000: 553). Am Beg<strong>in</strong>n des Jahrzehnts stand derKonflikt um die Währungsabwertung durch diePalme-Regierung im Mittelpunkt der Ause<strong>in</strong>andersetzungsowie die Verabschiedung des Gesetzesüber die Arbeitnehmerfonds. Die Arbeitnehmerfonds,vom GewerkschaftsökonomenRudolf Meidner erfunden, waren e<strong>in</strong> Instrumentder Abschöpfung betrieblicher Gew<strong>in</strong>ne (Jochem1998: 116) und wurden von den Arbeitgeberverbändenals Schritt zur Sozialisierungheftig bekämpft. Die Verabschiedung diesesGesetzes wird ex post als e<strong>in</strong> fragwürdiger Siegder schwedischen Gewerkschaften betrachtet(ebd.).Die zentrale Zäsur <strong>in</strong> den schwedischen Arbeitsbeziehungenstellt das Jahr 1991 dar, alssich die Arbeitgeber aus allen korporatistischenGremien zurückzogen. Diese Zäsur giltals das Ende des ‚alten‘ schwedischen Modellsder Austauschbeziehungen. 1990 hatte die sozialdemokratischeRegierung e<strong>in</strong>en Lohn- undPreisstopp sowie e<strong>in</strong> Verbot von Streiks undAussperrungen verhängt. Dieser Vorstoß kamauf Drängen der Arbeitgeber zustande, dem dieGewerkschaftsführer der LO nachkamen (Kjellberg2000: 553). Dies wiederum führte zu heftigenProtesten <strong>in</strong> den E<strong>in</strong>zelgewerkschaften.Gleichzeitig ließ der Arbeitgeberverband SAFverlauten, nicht weiter an zentralen Lohnverhandlungenteilnehmen zu wollen, und verkündetedas Ende der zentralen Lohnpolitik (ebd.).E<strong>in</strong>e Regierungskommission (Rehnberg-Kommission)konnte das Schlimmste verh<strong>in</strong>dern, daes ihr gelang, Gewerkschaften und Arbeitgebervon e<strong>in</strong>em Stabilitätsabkommen für den Arbeitsmarktzu überzeugen (ebd.). Begleitet vonverschiedenen Stabilisierungsmaßnahmen unterder Kontrolle e<strong>in</strong>es staatlichen Vermittlers,konnte durch diese staatliche Steuerung e<strong>in</strong>ekoord<strong>in</strong>ierte Lohnpolitik wiederhergestelltwerden (ebd.). Diese Maßnahmen betrafen vorallem die Geldpolitik; die Politik fester Wechselkursewurde zugunsten e<strong>in</strong>er floatendenWährung aufgegeben. Seit 1993 galt für dieschwedische Geldpolitik e<strong>in</strong>e Ziel<strong>in</strong>flationsratevon zwei Prozent, die nationale Währungwurde an den ECU gekoppelt. Es folgte derÜbergang zu e<strong>in</strong>er Hartwährungspolitik sowieder Antrag auf Beitritt zur EU.Daneben verschärfte sich die schon seit den1980er Jahren beobachtbare Erosion herkömmlicherwohlfahrtsstaatlicher Arrangements <strong>in</strong>der öffentlichen Me<strong>in</strong>ung, die gerade von denschwedischen Arbeitgebern massiv betriebenwurde (Blyth 2001). Ihnen gelang es, die öffentlicheMe<strong>in</strong>ung zu ihren Gunsten zu wenden(Pontusson/Swenson 1996: 230). Die Forderungender Arbeitgeber be<strong>in</strong>halteten nicht nure<strong>in</strong>e Dezentralisierung (auf Branchenebene)und e<strong>in</strong>e größere Flexibilität der Unternehmen,sondern bestanden auch aus e<strong>in</strong>em Paketmakroökonomischer Ziele: Reduzierung öffentlicherAusgaben, e<strong>in</strong>e restriktive Geldpolitiksowie der Übergang zu e<strong>in</strong>er Hartwährungspolitik(ebd.: 231). Damit hatten die schwedischenArbeitgeber, auch im europäischen Kontext,Erosion derherkömmlichenAustauschbeziehungen<strong>in</strong> den 1980er und1990er Jahren27


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPAWichtiger E<strong>in</strong>flussdurch die europäischeIntegration1997: Neues schwedischesModell mit demIndustrieabkommene<strong>in</strong> politisches Konzept zur Veränderung des‚alten‘ Systems der Arbeitsbeziehungen <strong>in</strong>Schweden durchgesetzt (Thelen 2000: 140).Wichtig waren die europapolitischen Veränderungen:Schweden führte zwar nicht denEuro e<strong>in</strong>, unterzeichnete aber den Vertrag vonMaastricht und damit die Bed<strong>in</strong>gung der Implementierunge<strong>in</strong>er autonomen Zentralbank(Bäckström 2000). Aber gerade im schwedischenModell bedeutete e<strong>in</strong>e unabhängigeZentralbank e<strong>in</strong>e erhebliche Veränderung despolitischen Systems (ebd.: 2), weil jetzt e<strong>in</strong>neuer Akteur <strong>in</strong> die politische Arena trat, derdem alten sozialdemokratischen Modell fremdwar.Mitte der 1990er Jahre veröffentliche diesogenannte Ed<strong>in</strong>-Gruppe e<strong>in</strong>en Bericht, wor<strong>in</strong>man sich dafür aussprach, dass das Wachstumder Löhne <strong>in</strong> Schweden dem <strong>in</strong> den andereneuropäischen Ländern entsprechen sollte (Nilsson1999: 179). Dieser Bericht löste bei den Gewerkschaftenkontroverse Debatten aus, <strong>in</strong> denensich aber nach und nach unter den Gewerkschaftsakteurendas Bewusstse<strong>in</strong> durchsetzte,dass „zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeitauch ger<strong>in</strong>gere Lohnzuwächse notwendig undakzeptabel seien“ (ebd.: 180). In der Folge wurdedie Ed<strong>in</strong>-Norm von den Gewerkschaften akzeptiert,die damit bewusst e<strong>in</strong>en lohnpolitischenZusammenhang zu den europäischenNachbarländern, <strong>in</strong>sbesondere zu Deutschlandals dem ökonomisch bedeutendsten, herstellten.So wurde die Basis für neue Vere<strong>in</strong>barungenzwischen Arbeitgebern und Gewerkschaftengeschaffen. Es war aber der Staat (aufDruck e<strong>in</strong>er konservativen Regierung), der dieTarifvertragsparteien zu grundlegenden Veränderungendes Verhandlungssystems aufforderte.Deren Inhalt sollte der Ed<strong>in</strong>-Norm entsprechenund e<strong>in</strong>e Komb<strong>in</strong>ation von niedriger Arbeitslosigkeitund stabilen Preisen umfassen(Elvander 1998: 15). Das Ergebnis war das Industrieabkommenvon 1997, das e<strong>in</strong> neues Modellder Arbeitsbeziehungen darstellte. Die Akzeptanzdes Industrieabkommens war nichtselbstverständlich, <strong>in</strong>sbesondere die Zustimmungder Arbeitgeberseite. Aber nach der Tarifrundevon 1995 änderten <strong>in</strong>sbesondere diegroßen Unternehmen wie ABB, Ericsson undVolvo ihre Strategie und stimmten dem Abkommenzu. E<strong>in</strong> wesentlicher Grund hierfür bestanddar<strong>in</strong>, dass sich auf Gewerkschaftsseite die Arbeiter-und Angestelltengewerkschaften (IFMetall, SIF und CF) auf e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitliche tarifpolitischeFront e<strong>in</strong>igten (Elvander 2003: 153).Das Industrieabkommen von 1997 bestehtaus e<strong>in</strong>em umfangreichen Regelwerk zurSchlichtung von Tarifkonflikten sowie flankierendenwirtschaftspolitischen E<strong>in</strong>richtungen,die den Lohnf<strong>in</strong>dungsprozess <strong>in</strong> E<strong>in</strong>klang mitder Leistungsfähigkeit der schwedischen undeuropäischen Wirtschaft (Benchmark<strong>in</strong>g) br<strong>in</strong>gensollen (Elvander 2002). Komplettiert werdendiese neuen Regeln durch e<strong>in</strong> staatlichesSchlichtungsbüro (Medl<strong>in</strong>gs<strong>in</strong>stitutet), dasdarüber h<strong>in</strong>aus weitere Aufgaben im Prozessder Lohnf<strong>in</strong>dung übernahm. E<strong>in</strong>e wichtige Zäsurstellt die Übernahme des geldpolitischenZiels von 2 Prozent dar, das dem Stabilitätszielder EZB entspricht. Die Euro-Norm soll dieWettbewerbsfähigkeit der exportorientiertenIndustrie fördern, vor allem sollen die schwedi-28


DAS DEUTSCHE UND DAS SCHWEDISCHE SYSTEM DER ARBEITSBEZIEHUNGEN: EIN ÜBERBLICKschen Löhne nicht schneller steigen als die dereuropäischen Konkurrenzländer, <strong>in</strong>sbesondereDeutschlands (We<strong>in</strong>ert 2001). Die Euro-Normbestimmt de facto die Lohnpolitik seit Mitte der1990er Jahre, die Lohnführer s<strong>in</strong>d die exportorientiertenSektoren.Das schwedische Modell hat sich <strong>in</strong> wesentlichenMerkmalen verändert, die vor allem aufdie Internationalisierungsprozesse reagiertenund zu e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>flussverlust der Gewerkschaftenführten. Der dramatische Wandel <strong>in</strong> Schwedenist ohne die europäische Währungsunionnicht denkbar – e<strong>in</strong>e Vorgabe, die <strong>in</strong>sbesonderedie Arbeitgeber zum Handeln nutzten (Kettunen1999: 129). Zwar hat der E<strong>in</strong>fluss derschwedischen Gewerkschaften abgenommen,dieser verbleibt aber mit e<strong>in</strong>em Organisationsgradvon etwa 80 Prozent und e<strong>in</strong>er nahezuvollständigen Präsenz <strong>in</strong> allen Betrieben aufe<strong>in</strong>em im <strong>in</strong>ternationalen Vergleich außerordentlichhohen Niveau. Die Tarifause<strong>in</strong>andersetzungenf<strong>in</strong>den zwar auf sektoraler Ebenestatt, deren Ergebnisse strukturieren aber dieVerhandlungen auf betrieblicher Ebene vor.Daher haben die schwedischen Gewerkschaftenzwar ihre Hegemonie verloren, nicht aberihre strategische Handlungsfähigkeit.Betrachtet man sich die Dynamik des Wandels<strong>in</strong> Schweden, dann s<strong>in</strong>d die Arbeitgeberdie zentralen Akteure des Wandels. Der Staatverhielt sich zunächst konservativ, um relativspät, im Jahre 1990, zu <strong>in</strong>tervenieren. WesentlichesElement des Wandels ist e<strong>in</strong>e erfolgreichePolitik neuer Ideen, die stärker marktförmigenLösungen den Weg bahnten. Das Jahr1991 gilt <strong>in</strong> der Literatur als der Wendepunkt <strong>in</strong>den schwedischen Arbeitsbeziehungen (Benner2003: 140). Die Gewerkschaften leistetenlange heftigen Widerstand, konnten diesenWandel aber nicht aufhalten.Die ideologischen Ause<strong>in</strong>andersetzungenzwischen den Gewerkschaften und den Arbeitgeberverbänden<strong>in</strong> Schweden <strong>in</strong> den 1980erJahren ähneln <strong>in</strong> verschiedenen Aspekten derEntwicklung <strong>in</strong> den 1990er Jahren <strong>in</strong> Deutschland.In den 1990er Jahren verschärften die Arbeitgeberverbändedie ideologische Ause<strong>in</strong>andersetzungmit den Gewerkschaften, der Flächentarifvertragwurde als e<strong>in</strong> überholtes Instrumentaus längst vergangener Zeit angeprangert.Gegenüber der „Initiative neue sozialeMarktwirtschaft“, der Bertelsmann <strong>Stiftung</strong>und anderen arbeitgebernahen E<strong>in</strong>richtungengerieten die Gewerkschaften mit ihren Positionen<strong>in</strong> die Defensive. Auch <strong>in</strong> Deutschlandnimmt die europäische Integration mit ihrer Liberalisierungsdoktr<strong>in</strong>e<strong>in</strong>en prom<strong>in</strong>enten Stellenwerte<strong>in</strong>, durch den die Gewerkschaften zusätzlichunter Druck gerieten. Den „Kampf umdie Köpfe“ hatten die schwedischen GewerkschaftenAnfang der 1990er Jahre verloren; <strong>in</strong>Deutschland lässt sich dieser Kampf zwischen1990 und 2000 beobachten.Wenn wir uns Geme<strong>in</strong>samkeiten und Unterschiededer Veränderungsdynamik <strong>in</strong> beidenLändern betrachten, so fällt Folgendes auf:die Veränderungen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie Reaktionenauf die zunehmende Internationalisierungder Volkswirtschaften und die europäischeIntegration, die mit dem Zusammenbruchdes Bretton-Woods-Systems 1973In Schweden s<strong>in</strong>d dieArbeitgeber diezentralen Akteure derVeränderung29


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPADurch die Internationalisierungschrumpft dieBedeutung derGewerkschaften<strong>in</strong> Deutschlandund <strong>in</strong> Schweden …… aber:die Gewerkschaftens<strong>in</strong>d nach wie vorzentrale Akteureihren Ausgang nahmen, sich <strong>in</strong> den 1980erJahren verschärften und <strong>in</strong> den 1990er Jahrene<strong>in</strong>en Regimewechsel brachten (Schweden)oder vorbereiteten (Deutschland);die politische Bedeutung der Gewerkschaftenim politischen System schrumpfte;seit den 1980er Jahren erodierte nicht nurdas jeweilige Modell der Arbeitsbeziehungen,auch die zugrunde liegenden Wertbegründungender Arbeitsbeziehungen verflüchtigtensich zugunsten marktförmigerLösungsmuster; begleitet wurden diese Entwicklungenvon e<strong>in</strong>er elitengesteuertenIdeenpolitik („Kampf um die Köpfe“);<strong>in</strong> den 1990er Jahren war es e<strong>in</strong>e neue Generationvon Unternehmensführern und Arbeitgebervertreternsowie staatlicher Funktionäre,die den Wandel <strong>in</strong> den Arbeitsbeziehungenbetrieben;<strong>in</strong> der Folge g<strong>in</strong>g die für das alte Modell typische„Pro-Sozialstaats-Koalition“ (Pierson2001: 440) verloren.Zusammenfassend kann festgehalten werden,dass zentrale Merkmale des schwedischenbzw. deutschen Modells der Arbeitsbeziehungenerhalten blieben (L<strong>in</strong>dbom 2001). Das betrifftetwa die starke Stellung der Gewerkschaften<strong>in</strong> beiden Ländern mit der Tarifpolitik imZentrum. Der Bedeutungsverlust der Gewerkschaftenergibt sich primär aus dem Verlust ihrerhegemonialen Position im politischen Systemund der Fähigkeit, durch e<strong>in</strong>e hohe Organisationsmachthohe Nom<strong>in</strong>allohnerhöhungendurchzusetzen. Sie verlieren aber nicht ihrestrategische Handlungsfähigkeit.Aktuelle Entwicklungen <strong>in</strong> SchwedenNach e<strong>in</strong>er krisenhaften Entwicklung <strong>in</strong> den1990er Jahren erholte sich das schwedischeSystem nach der E<strong>in</strong>igung auf das Industrieabkommen1997. Die aktuellen Entwicklungens<strong>in</strong>d von weiteren, erheblichen Veränderungengeprägt, dabei gehen die Positionen darüberause<strong>in</strong>ander, ob es sich um e<strong>in</strong>e Weiterentwicklungdes ‚neuen‘ schwedischen Modellshandelt, das mit dem Industrieabkommen e<strong>in</strong>eneue Ausrichtung erhielt, oder ob e<strong>in</strong> neuesSystem (regime change) e<strong>in</strong>geführt wurde. ImMittelpunkt der politischen Diskussion stehtdie Wahlniederlage der Sozialdemokraten imJahre 2007. Die sozialdemokratische Regierungunter Göran Persson wird <strong>in</strong> den Analysen als<strong>in</strong>haltlich „ausgebrannt“ dargestellt und bewertet,was zu e<strong>in</strong>em dramatischen Vertrauensverlustgeführt habe (Hällhag 2007). Die neuekonservative Partei unter Fredrik Re<strong>in</strong>feldthabe demgegenüber e<strong>in</strong>e Alternative dargestellt,die auch alte Wähler der Sozialdemokratenüberzeugte. Politisch sei die konservativePartei <strong>in</strong> die Mitte gerückt und habe die vorhandenenÄngste vor e<strong>in</strong>er Abkehr vom schwedischenModell gedämpft. Die schwedischenKonservativen böten heute e<strong>in</strong>e neue Versiondes alten schwedischen Modells an, aber ke<strong>in</strong>enRegimewechsel (ebd.). Dem widersprichtLena Westlund vom schwedischen GewerkschaftsdachverbandLO vehement. Man müssebei der konservativen Regierung zwischen Rhetorikund Fakten unterscheiden. So stehe nurdie quantitative Beschäftigungsentwicklung imMittelpunkt, nicht aber die „Qualität der Ar-30


DAS DEUTSCHE UND DAS SCHWEDISCHE SYSTEM DER ARBEITSBEZIEHUNGEN: EIN ÜBERBLICKbeit“. Des Weiteren seien erhebliche E<strong>in</strong>schnitteim sozialen Sicherungsnetz vorgenommenworden, und durch die drastische Erhöhung derArbeitslosenversicherung, die über die Gewerkschaftenabgewickelt wurde, sei es sowohlzu e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>bruch bei den Gewerkschaftsmitgliederzahlenals auch zu e<strong>in</strong>er Schwächungder Arbeitsbeziehungen <strong>in</strong>sgesamt gekommen.Westlund kommt zu dem Ergebnis,dass die neue Regierung de facto e<strong>in</strong>en Regimewechsele<strong>in</strong>geleitet habe (ebd.). In jedemFall ist die Rolle der Gewerkschaften im politischenSystem Schwedens weiter geschwächtworden. H<strong>in</strong>zu tritt e<strong>in</strong> teilweiser dramatischerMitgliederverlust bei den großen Gewerkschaften.Auffällig ist der heftige Rückgang der Mitgliederzahlenbeim Gewerkschaftsbund LO(Landsorganisationen i Sverige), der vor allemArbeiter (blue collar workers) organisiert. Innerhalbvon fünf Jahren verlor die LO 12 Prozentihrer Mitglieder (vgl. Tabelle 1). Bei der zuständigenDachorganisation der AngestelltengewerkschaftTCO (Tjänstemännens Centralorganisation)sieht der Verlust mit fast 8 Prozentnur ger<strong>in</strong>gfügig besser aus, während die Verlustebei der Dachorganisation für AkademikerSACO (Sveriges Akademikers Centralorganisation)mit fast 6 Prozent noch glimpflich ausfallen.Die Gesamtverluste s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> Indikatordafür, dass die Bedeutung der Gewerkschaftenabnimmt. Das heißt aber nicht notwendigerweise,dass die Gewerkschaften <strong>in</strong>sgesamtschrumpfen. Das zeigt sich <strong>in</strong>sbesondere amMitgliederwachstum der „anderen“ bzw. „neuen“Gewerkschaften, das mit über 25 Prozentaußergewöhnlich hoch ausfällt. H<strong>in</strong>ter dem Begriff„andere“ verbergen sich kle<strong>in</strong>ere Berufsgewerkschaften,die sich <strong>in</strong> den anderen Gewerkschaftennicht h<strong>in</strong>reichend repräsentiertfühlten. E<strong>in</strong>e Entwicklung, die wir <strong>in</strong> Teilberei-Neue konservativeRegierung <strong>in</strong>Schweden setztGewerkschaftenunter DruckTabelabelle e 1:Mitgliederentwicklung <strong>in</strong> Schwedens Gewerkschaften 2003-2008Gewerkschaft 2003 2008 VeränderungLO 1.638.600 1.442.300 - 12,0 %TCO 1.276.000 1.175.300 - 7,9 %SACO 556.000 588.000 - 5,8 %Andere 89.000 112.500 + 26,4 %Quelle: Eiro 2009.31


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPAArbeitgeberversuchen dasArbeitsrecht zuihren Gunsten zuverändernchen, <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> bestimmten Dienstleistungsberufen,auch <strong>in</strong> Deutschland feststellenkönnen (Piloten, Ärzte, Zugführer). In Schwedens<strong>in</strong>d diese neuen Gewerkschaften im Vergleichzur nach wie vor dom<strong>in</strong>ierenden LO mitüber 1,4 Millionen Mitgliedern vergleichsweisekle<strong>in</strong> und können den Gesamtverlust bei denMitgliederzahlen nur ger<strong>in</strong>gfügig abfedern.Diese organisatorischen Probleme werdenvon politischen Befürchtungen überlagert,dass die konservative Regierung doch e<strong>in</strong>enRegimewandel e<strong>in</strong>leiten wird, bei dem den Gewerkschaftennur mehr e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>ge Bedeutungzukommen soll. Das sche<strong>in</strong>t auch e<strong>in</strong>eneue Aggressivität zu bestätigen, die von Teilendes Arbeitgeberlagers ausgeht. So hat derVorsitzende des schwedischen DienstleistungsarbeitgeberverbandesAlmega zur Attackegeblasen. Ausgangspunkt ist die Anpassungdes schwedischen Arbeitsrechts nach demUrteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) imsogenannten „Laval-Fall“ aus dem Jahre 2007.Laval ist e<strong>in</strong> Bauunternehmen nach lettischemRecht, das e<strong>in</strong>e Schule <strong>in</strong> Schweden bauen sollte.Die zuständige schwedische Bauarbeitergewerkschaftergriff Arbeitskampfmaßnahmen,um das Unternehmen zur Anerkennung desschwedischen Bautarifvertrags zu bewegen.Nach dem Urteil des EuGH (C-341/059) ist e<strong>in</strong>Streik, um den Abschluss e<strong>in</strong>es Anschlusstarifvertrageszu erzw<strong>in</strong>gen, rechtswidrig. Seitdemschwelt der Konflikt um die Neuausrichtung desArbeitsrechts <strong>in</strong> Schweden, der 2009 heftigausgebrochen war. H<strong>in</strong>zu kommt, dass 2010fast 90 Prozent sämtlicher Tarifvere<strong>in</strong>barungenneu verhandelt werden. Der Vorsitzende vonAlmega, Jonas Milton, skizzierte im September2009, wie er sich e<strong>in</strong>e Reform des schwedischenArbeitsmarktmodells vorstellt. Er kritisierte<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Artikel für „Svenska Dagbladet“(„Modernisera kollektivavtalen“) die bestehendenTarifverträge als hoffnungslos unmodern(„hopplöst omoderna“). Die Zeiten fürE<strong>in</strong>heitslösungen seien vorbei, notwendig seie<strong>in</strong>e weitgehende Dezentralisierung. In dieseKritik wird explizit auch das Industrieabkommenvon 1997 e<strong>in</strong>bezogen, das ja se<strong>in</strong>erzeite<strong>in</strong>e neue Grundlage für die Arbeitsbeziehungenzu legen schien. Demgegenüber kommendie Gewerkschaften zu e<strong>in</strong>er positiven E<strong>in</strong>schätzungder Wirkungen des Industrieabkommens(Facken 2008). Es ist zwar nicht zu erwarten,dass das Industrieabkommen ‚gekippt‘wird, die Ause<strong>in</strong>andersetzungen belegen aber,dass der Druck auf die Gewerkschaften von Arbeitgeberseitezunehmen dürfte.Diese Kritik von Arbeitgebern verwundert<strong>in</strong>sofern, weil <strong>in</strong> den letzten zehn Jahren dieschwedische Wirtschaft und die anderen nordischenÖkonomien mit e<strong>in</strong>er außergewöhnlichenRobustheit der zentralen Leistungsparameter<strong>in</strong> der Lohn- und der Arbeitsmarktpolitik(sowie <strong>in</strong> der <strong>Weiterbildung</strong>spolitik) aufwartenkonnten. Obwohl fast alle nordischen Ländermittlerweile konservative Regierungen haben(bis auf Norwegen, wo die rot-grüne Koalition2009 knapp bestätigt wurde), sche<strong>in</strong>t sich dochzu bewahrheiten, dass e<strong>in</strong> pfadabhängigerWandel der nordischen Wohlfahrtsstaaten zubeobachten ist (vgl. hierzu die Beiträge im WSI-Schwerpunktheft 1/2009, vor allem: Jochem2009; Lundberg 2009; Dolvik 2009).32


DAS SCHWEDISCHE UND DAS DEUTSCHE MODELL DER BERUFLICHEN WEITERBILDUNG IM VERGLEICH6. Das schwedische und das deutsche Modell derberuflichen <strong>Weiterbildung</strong> im VergleichDas Herzstück des schwedischen Modells lagund liegt <strong>in</strong> der Strukturierung der Arbeitsbeziehungen.Daneben haben aber die Bildungund <strong>in</strong>sbesondere die Erwachsenenbildungebenfalls erheblich zur Festigung des Modellsbeigetragen. Die Besonderheit bei der <strong>Weiterbildung</strong><strong>in</strong> Schweden besteht im Wesentlichendar<strong>in</strong>, dass alle drei strategischen Akteure(Staat, Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände)gleichgerichtete Interessen verfolgen.Nach 1945 erlebten alle skand<strong>in</strong>avischen Länder<strong>in</strong> unterschiedlichen Ausprägungen so etwaswie e<strong>in</strong> ‚Wirtschaftswunder‘. Damit gekoppeltwar die Notwendigkeit, das Bildungsniveauauf den Arbeitsmärkten anzuheben. Dadie skand<strong>in</strong>avischen Länder ger<strong>in</strong>ge Bevölkerungszahlenaufweisen (Schweden ist heutemit knapp 9 Millionen E<strong>in</strong>wohnern das größtenordische Land) und es fast ke<strong>in</strong>e Arbeitsmigrationgab, führte der Strukturwandel nach1945 zu e<strong>in</strong>er engen Kooperation <strong>in</strong> der beruflichenAusbildung wie <strong>in</strong> der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong>sowie zu e<strong>in</strong>er Mobilisierung der Frauenfür den Arbeitsmarkt. Die Folge war e<strong>in</strong>eAusweitung von Anspruchsrechten <strong>in</strong> der <strong>Weiterbildung</strong>,die bis heute weit über das deutscheNiveau h<strong>in</strong>ausreichen. Dabei steht das<strong>Weiterbildung</strong>ssystem im Wesentlichen aufzwei Grundpfeilern, e<strong>in</strong>em breit ausgebautenöffentlichen Sektor <strong>in</strong> der Berufsbildung undparallel dazu der Übertragung von hoheitlichenRechten <strong>in</strong> diesem Politikfeld auf die Sozialpartner.Hierzu gehörten immer auch unterschiedlichetarifpolitische Initiativen. In allennordischen Modellen spielt e<strong>in</strong>e hohe Teilnahmeder erwerbstätigen Bevölkerung sowie derArbeitslosen an Maßnahmen der beruflichen<strong>Weiterbildung</strong> e<strong>in</strong>e entscheidende Rolle.E<strong>in</strong> zentraler Unterschied zu Deutschland,wenn nicht der wichtigste überhaupt, s<strong>in</strong>d diehistorischen Wurzeln, die zu dem hohen Stellenwertführten, den <strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong> den nordischenLändern hat. Es ist notwendig, auf diesehistorischen Wurzeln und die daraus erwachsenenRechtsstrukturen kurz e<strong>in</strong>zugehen,weil die tariflichen Regelungen auf diesenStrukturen aufbauen.In den skand<strong>in</strong>avischen Ländern gibt esSchul- oder Bildungsgesetze, die die Bereicheder Vorschule, der Grundschule, der weiterführendenSchulen, der Gymnasien, der Hochschulen,der Berufsschulen bzw. der berufsvorbereitendenSchulen sowie der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong>von Erwachsenen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Gesetzzusammenfassend regeln. In Schweden s<strong>in</strong>ddiese Bereiche im Schulgesetz (skollag), <strong>in</strong>Norwegen im Ausbildungsgesetz (opplær<strong>in</strong>gslova)geregelt. In Deutschland dagegen s<strong>in</strong>ddiese Bildungs- und Ausbildungsbereiche getrennt;aufgrund der Kulturhoheit der Ländergibt es teilweise sehr unterschiedliche Regelungen<strong>in</strong> den Schulsystemen, über die regelmäßige<strong>in</strong> ‚Kulturkampf‘ ausgetragen wird.Daneben existieren Zuständigkeiten des Bundes,etwa beim Bundesausbildungsförderungsgesetzoder beim Berufsbildungsgesetz. Solcherechtlichen Separierungen s<strong>in</strong>d den skand<strong>in</strong>avischenLändern fremd. Diese s<strong>in</strong>d h<strong>in</strong>sichtlichder rechtlichen Struktur von e<strong>in</strong>emganzheitlichen Ansatz (holistisch) geprägt.Das soll am Beispiel Schwedens und Norwegensillustriert werden.Im schwedischenModell hatte berufliche<strong>Weiterbildung</strong>immer e<strong>in</strong>en hohenStellenwert – <strong>in</strong>Deutschland nichtUnterschiedlichehistorische undrechtliche Wurzeln derBildungstradition33


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPAAbbildung 4:Das schwedische BildungssystemUniversitäten undUniversitätskollegs6. Universitäten/Hochschulen4. Gymnasium (höhere Sekundarschule)3. Betreuungse<strong>in</strong>richtungen für Schulk<strong>in</strong>der<strong>Berufliche</strong> <strong>Weiterbildung</strong>Gymnasium(höhere Sekundarschule)VolkshochschuleFamilientageheimOffene FreizeitbetreuungszentrenFreizeitbetreuungszentrenVorschulklasseFamilientageheimPflichtschuleSonderschuleSchulefür SamenVorschulklasseSchule für K<strong>in</strong>der mitgeistiger Beh<strong>in</strong>derung bzw.Lernschwäche2. PflichtschulenMenschen mitgeistiger Beh<strong>in</strong>derung/Lernschwäche<strong>Berufliche</strong> Erstausbildung(9. Schuljahr)<strong>Berufliche</strong> <strong>Weiterbildung</strong>(nach Sekundarstufe II)Erwachsenenausbildung(Sekundarstufe II)Lernen für Menschen mit geistigerBeh<strong>in</strong>derung/LernschwächenSchwedischfür Immigranten (sfi)<strong>Berufliche</strong> <strong>Weiterbildung</strong>(nichtstaatlich)Offene Vorschule1. Vorschule5. Erwachsenenausbildung1. Vorschule• Vorschulklasse• Familientageheim• Offene Vorschule2. Pflichtschulen• Pflichtschule• Sonderschule• Schule für Samen*• Schule für K<strong>in</strong>der mit geistiger Beh<strong>in</strong>derungbzw. Lernschwäche• Vorschulklasse3. Betreuungse<strong>in</strong>richtungen für Schulk<strong>in</strong>der• Offene Freizeitbetreuungszentren• Familientageheim• Freizeitbetreuungszentren4. Gymnasium (höhere Sekundarschule)• Gymnasium (höhere Sekundarschule)• Menschen mit geistiger Beh<strong>in</strong>derung/Lernschwäche5. Erwachsenenausbildung• Erwachsenenausbildung (Sekundarstufe II)• <strong>Berufliche</strong> <strong>Weiterbildung</strong> (nach Sekundarstufe II)• Lernen für Menschen mit geistiger Beh<strong>in</strong>derung/Lernschwächen• <strong>Berufliche</strong> <strong>Weiterbildung</strong> (nichtstaatlich)• <strong>Berufliche</strong> Erstausbildung (9. Schuljahr)• Schwedisch für Immigranten (sfi)6. Universitäten und Hochschulen• Universitäten und Universitätskollegs• <strong>Berufliche</strong> <strong>Weiterbildung</strong>• Volkshochschule* Volksstamm <strong>in</strong> Nordskand<strong>in</strong>avienwww.skolverket.se34


DAS SCHWEDISCHE UND DAS DEUTSCHE MODELL DER BERUFLICHEN WEITERBILDUNG IM VERGLEICHWir wollen an dieser Stelle nicht näher aufdas Bildungssystem e<strong>in</strong>gehen, sondern nur aufdie bildliche Selbstdarstellung des ‚offiziellenSchweden‘. Schweden versteht se<strong>in</strong> Bildungssystemals ‚Dorf‘, als ‚Bildungsdorf‘. Der Anspruchist, dass es auf jeder Stufe der Entwicklunge<strong>in</strong>es schwedischen Bürgers, von der Vorschuleüber die Pflichtschulgänge bis zu denweiterführenden Schulen, <strong>in</strong> dem Bildungsdorfjeweils e<strong>in</strong> ‚Haus‘ gibt, <strong>in</strong> dem Angebote gemachtwerden, die die <strong>in</strong>dividuellen Bildungsund<strong>Weiterbildung</strong>sansprüche befriedigen sollenund können. E<strong>in</strong>e vergleichbare Darstellungdes deutschen Bildungssystems etwadurch das Bildungsm<strong>in</strong>isterium oder die Kulturm<strong>in</strong>isteriender Länder als ‚Dorf‘ wäre h<strong>in</strong>gegenziemlich abwegig und wird, verfolgt mandie Diskurse <strong>in</strong> der <strong>Weiterbildung</strong>sforschung,eher als skand<strong>in</strong>avische Sondervariante dargestellt.Dies überrascht <strong>in</strong>sofern, als im Zugeder Globalisierungsdebatte der Begriff des„global village“ auch <strong>in</strong> die deutschen DebattenE<strong>in</strong>zug gehalten hat. Auf der anderen Seitemüssen Vertreter des deutschen Bildungssystemssolche Darstellungen verwerfen, da eske<strong>in</strong>en geme<strong>in</strong>samen konzeptionellen Ansatzgibt, um die unterschiedlichen Bildungs- und<strong>Weiterbildung</strong>ssysteme ganzheitlich zu betrachten.In Deutschland läuft die F<strong>in</strong>anzierungüber verschiedene Bundes- und Landesgesetze,was zu Überlappungen und Lücken führt(GEW/IGMetall/Ver.di 2008: 12). Das Ergebnisist e<strong>in</strong>e unübersichtliche Situation mit über20.000 <strong>Weiterbildung</strong>sanbietern und e<strong>in</strong>er Privatisierungvon <strong>Weiterbildung</strong>. Vor dem H<strong>in</strong>tergrunddieses Zerfaserns von Zuständigkeitenund Bildungsprogrammen kann die schwedischeSelbstdarstellung als ‚Bildungsdorf‘ geradeauch für die gewerkschaftspolitische Debattehilfreich se<strong>in</strong>.Des Weiteren fällt bei der Betrachtung desschwedischen Bildungssystems auf, dass derBegriff „berufliche <strong>Weiterbildung</strong>“ (wie auch <strong>in</strong>den anderen skand<strong>in</strong>avischen Ländern) garnicht benutzt wird, sondern nur von „Erwachsenenbildung“die Rede ist. E<strong>in</strong> grundsätzlicherBestandteil des Berufsbildungssystems ist dessenOffenheit. So ist es nicht ungewöhnlich,dass e<strong>in</strong> berufstätiger Erwachsener, wenn erden Wunsch dazu hat, e<strong>in</strong>en Bildungsabschlussnachholen kann, der üblicherweise von Jugendlichenbis 19 Jahren absolviert wird. Hierzumuss er die Erlaubnis des Arbeitgebers e<strong>in</strong>holen;se<strong>in</strong> Arbeitsplatz im Betrieb ist für diesenZeitraum gesichert. Die F<strong>in</strong>anzierung läuft übere<strong>in</strong>e Art ‚BaföG für Erwachsene‘, also e<strong>in</strong> Darlehen,das nach dem Wiedere<strong>in</strong>tritt <strong>in</strong> den Betriebzurückgezahlt werden muss. E<strong>in</strong>e vergleichbareOffenheit dah<strong>in</strong>gehend, im Erwachsenenalterallgeme<strong>in</strong>e Bildungsabschlüsse nachholenzu können, ist dem deutschen Bildungssystemfremd. Das deutsche Bildungssystem ist demgegenüberdurch e<strong>in</strong>e ausgeprägte Rigiditätgekennzeichnet: Abschlüsse, die nicht im Jugendaltererfolgreich abgeschlossen werden,können im Erwachsenenalter kaum mehr nachgeholtwerden (die e<strong>in</strong>zige Ausnahme bildetder zweite Bildungsweg). Im deutschen Bildungssystemsist über lange Zeiträume das(falsche) Sprichwort <strong>in</strong>stitutionalisiert worden:„Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr.“Solche festgefügten Anschauungen auf-Schweden:Das Bildungssystemals ‚Dorf‘ –<strong>in</strong> DeutschlandundenkbarIn Skand<strong>in</strong>aviengibt es nicht denengen Begriff„berufliche <strong>Weiterbildung</strong>“,nur„Erwachsenenbildung“imumfassendenS<strong>in</strong>ne35


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPAErgebnis: Hohe Teilnahmequoten<strong>in</strong>Skand<strong>in</strong>avien, niedrige<strong>in</strong> DeutschlandDie Ursachen derunterschiedlichenBildungsstrukturenzubrechen gel<strong>in</strong>gt selten <strong>in</strong>nerhalb kurzer Zeiträume,sondern gleicht e<strong>in</strong>em ‚Bohren dickerBretter‘.In Schweden und den anderen skand<strong>in</strong>avischenLändern führte die Offenheit der Bildungssystemedazu, dass dort mit die höchstenTeilnahmequoten <strong>in</strong> der Erwachsenenbildung<strong>in</strong> <strong>Europa</strong> verzeichnet werden. In Schwedennehmen etwa 28 Prozent der erwerbstätigenBevölkerung und der Arbeitslosen regelmäßigan irgende<strong>in</strong>er Maßnahme der Erwachsenenbildungteil (s. Abb. 2, S. 13). Neben Schwedengehören Dänemark und F<strong>in</strong>nland zu den Ländern,die mit am besten abschneiden (Norwegenbleibt als Nichtmitglied der EU unberücksichtigt),während Deutschland e<strong>in</strong>en Mittelrange<strong>in</strong>nimmt.Was s<strong>in</strong>d die Ursachen für diese unterschiedlichenBildungsstrukturen und daszugrunde liegende Bildungsverständnis? AlsGründe werden <strong>in</strong> der Literatur unterschiedlicheInterpretationen angeführt. E<strong>in</strong>erseitsgibt es tief greifende religiöse Traditionen, diefrühzeitig auf e<strong>in</strong>e Alphabetisierung drängten.So gibt es beispielsweise <strong>in</strong> Norwegenke<strong>in</strong>e Schulpflicht, sondern nur e<strong>in</strong>e Unterrichtspflicht.Diese Regelung hat mit dem heutenoch starken E<strong>in</strong>fluss freireligiöser Gruppenzu tun, die darauf drängten, Hausunterricht<strong>in</strong> den dünn besiedelten Gebieten Nordnorwegenszuzulassen. Dieser ist <strong>in</strong> den wenigerdicht besiedelten Gebieten auch heutenoch üblich. Der Hausunterricht muss nur e<strong>in</strong>ensehr allgeme<strong>in</strong> gehaltenen Rahmenplanfür die e<strong>in</strong>zelnen Klassenstufen e<strong>in</strong>halten.Diese freikirchlichen E<strong>in</strong>flüsse spielen auch<strong>in</strong> der schwedischen Entwicklung e<strong>in</strong>e wichtigeRolle.Dieser kirchlich-religiöse E<strong>in</strong>fluss ist imZuge der Modernisierung der skand<strong>in</strong>avischenGesellschaften nach dem Zweiten Weltkrieg jedochzugunsten des E<strong>in</strong>flusses der Gewerkschaftenund Arbeitgeberverbände zurückgedrängtworden. Die Forderungen der Gewerkschaftenbezogen sich vor allem auf die Durchsetzunge<strong>in</strong>er egalitären Struktur, e<strong>in</strong>es allgeme<strong>in</strong>enund gleichen Zugangs zu allen Bildungse<strong>in</strong>richtungen,ohne klassen- oderschichtspezifische Spaltungen. Hier ist dieenge Zusammenarbeit zwischen den sozialdemokratischenParteien und den Gewerkschaftenprägend gewesen, die <strong>in</strong> Schweden auf e<strong>in</strong>erüber 120-jährigen Tradition fußt. Entscheidendwar aber die Entwicklung nach dem ZweitenWeltkrieg (Lash/Urry 1987; Jochem 1998).Die Beziehungen zwischen Arbeitgebern undGewerkschaften hatten e<strong>in</strong>e zentrale Bedeutungfür die Ökonomie sowie für das demokratischeSelbstverständnis als „schwedisches Modell“(Öberg/Svensson 2002: 452).Wenn wir uns beispielsweise Norwegen zuwenden,ist die enge Verzahnung von staatlicher,Partei- und Gewerkschaftspolitik noch offensichtlicher.In Städten wie Bergen oderTromsø gibt es jeweils e<strong>in</strong> Folketshuset (Volkshaus).In Bergen, wo die Erhebungen durchgeführtwurden, hat die (regierende) sozialdemokratischeArbeiterpartiet (Ap) dort ihre Bürosim Parterre, die gewerkschaftliche DachorganisationLO hat ihre Büros im ersten und zweitenStockwerk, darüber bef<strong>in</strong>den sich die Räumeder E<strong>in</strong>zelgewerkschaften, im dritten Stock-36


DAS SCHWEDISCHE UND DAS DEUTSCHE MODELL DER BERUFLICHEN WEITERBILDUNG IM VERGLEICHwerk schließen sich die der Arbeids- og velferdsforvaltn<strong>in</strong>gen(NAV), des norwegischenAmts für „Arbeits- und Wohlfahrtsverwaltung“,an. Diese öffentliche E<strong>in</strong>richtung ist seit 2006für alle arbeitsmarkt- und sozialpolitischenBereiche zuständig. Die NAV umfasst E<strong>in</strong>richtungenwie die Arbeitsbehörde, die Rentenversicherung,die staatliche Krankenversicherungsowie sonstige soziale Dienstleistungs<strong>in</strong>stitutionen,für die <strong>in</strong> Deutschland die Länderoder Kommunen zuständig s<strong>in</strong>d. Norwegenszweitgrößte E<strong>in</strong>zelhandelskette ist dergenossenschaftliche Co-op-Konzern, bei demGewerkschafts- und Genossenschaftsmitglieder,wie früher beim gewerkschaftseigenenGenossenschaftsbetrieb Konsum <strong>in</strong> Deutschland,günstiger e<strong>in</strong>kaufen können. PersonelleVerflechtungen s<strong>in</strong>d nicht unüblich. 1 InDeutschland kennen wir e<strong>in</strong>e solche enge Verzahnungvon Staat, politischer Partei, Gewerkschaftsorganisationund Genossenschaftenbestenfalls aus den ersten Nachkriegsjahren(We<strong>in</strong>ert 1994). In Dänemark gehen diezentralen <strong>Weiterbildung</strong>se<strong>in</strong>richtungen fürden Arbeitsmarkt auf das gewerkschaftlicheKonzept der Abendschulen zurück, das von derGewerkschaft der Un- und Angelernten Specialarbejderforbundet<strong>in</strong> Danmark (SiD) <strong>in</strong> den1940er Jahren für die Gewerkschaftsmitgliederentwickelt wurde. Diese Gewerkschaftsschulenwurden <strong>in</strong> den 1960er Jahren gewissermaßen‚verstaatlicht‘ und s<strong>in</strong>d heute die wichtigstenstaatlichen <strong>Weiterbildung</strong>s<strong>in</strong>stitutionen.Dies alles s<strong>in</strong>d grundlegende strukturelleUnterschiede, die bei e<strong>in</strong>er Betrachtungvon beruflicher <strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong> Rechnunggestellt werden müssen. Die Anspruchsrechteder Arbeitnehmer <strong>in</strong> der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong>s<strong>in</strong>d gesetzlich verankert. Die entsprechendenBildungsgesetze basieren im hohenMaße auf gewerkschaftlichem Aktivismus.Auf diesen gesetzlichen Regelungenbauen tarifvertragliche Regelungen zwischenGewerkschaften und Arbeitgeberverbändenauf. Im Wesentlichen agierten die Gewerkschaftenaber mit ihrer Forderungspolitik wiee<strong>in</strong> „politischer Verband“, was aufgrund ihrerideologischen Nähe zur sozialdemokratischenPartei und Regierung e<strong>in</strong> zentraler Bauste<strong>in</strong>des politischen Systems ist.GewerkschaftlicheBildungse<strong>in</strong>richtungenals Vorbild fürspätere staatlicheInstitutionen1 Beispielsweise war der 2007 gewählte Vorsitzende der größten Metallgewerkschaft <strong>in</strong> Norwegen Fellesforbundet,Arve Bakke, zunächst Arbeitnehmervertreter und später Gewerkschaftssekretär, trat Mitte der 1990er Jahre<strong>in</strong> die sozialdemokratische Regierung als Staatssekretär e<strong>in</strong>, um dann wieder <strong>in</strong> die Gewerkschaft zu wechseln.In Deutschland s<strong>in</strong>d nur ‚E<strong>in</strong>bahnstraßen-Karrieren‘ möglich, d. h. Gewerkschaftsführer können M<strong>in</strong>ister<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Bundes- oder Landeskab<strong>in</strong>ett werden, e<strong>in</strong>e Rückkehr <strong>in</strong> die Gewerkschaftsführung ist nicht üblich.37


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPA7. SchwedenKontroversen um dieSchulpolitikVernachlässigung derberuflichen Schulbildungals Problem7.1 <strong>Berufliche</strong> <strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong> SchwedenUm die Bildungspolitik, auch h<strong>in</strong>sichtlich derBerufsbildung, wurde <strong>in</strong> Schweden <strong>in</strong> den letztenJahren e<strong>in</strong>e heftige Debatte geführt. Trotzder aus deutscher Sicht hervorragendenStruktur und positiven Leistungsbilanz hatsich die Bildungspolitik zu e<strong>in</strong>em der Hauptkonfliktthemenzwischen den l<strong>in</strong>ken Parteienund der konservativen Allianz-Regierung entwickelt.Die Schulpolitik gilt heute als e<strong>in</strong>esder wichtigsten politischen Themen; sie liefertee<strong>in</strong>en der Gründe dafür, dass die sozialdemokratischePartei 2007 abgewählt wurde(Krumrey 2007). Was war passiert? Die Kritikbezieht sich auf e<strong>in</strong>e überzogene Akademisierungder staatlichen Berufsbildung, den fehlendenPraxisbezug und die zu langen Ausbildungszeiten.Diese Defizite führten nicht nurzu e<strong>in</strong>er Diskrepanz zwischen schulischer undberuflicher Bildung, sondern vor allem zu e<strong>in</strong>erproblematischen Erhöhung der Abbrecherquoten(‚Drop-outs‘) und <strong>in</strong>folgedessen zu e<strong>in</strong>erZunahme der Jugendarbeitslosigkeit(ebd.: 3). H<strong>in</strong>zu traten massive Probleme <strong>in</strong>der schulischen Ausbildung auf dem Niveauder Sekundarstufe II. Die Schulreform von1999 führte zu e<strong>in</strong>er Verlängerung der Bildungsgänge,was e<strong>in</strong>e Verdreifachung der Abbrecherquotenzur Folge hatte (Murray/Sund<strong>in</strong>2008: 134). Danach kam es zu e<strong>in</strong>em erheblichenAnstieg der Jugendarbeitslosigkeit<strong>in</strong> Schweden. Vor dem H<strong>in</strong>tergrund der genanntenpositiven Rahmendaten sticht deshalbdie enorme JugendarbeitslosigkeitsquoteSchwedens <strong>in</strong>s Auge, die zu den höchsten <strong>in</strong><strong>Europa</strong> gehört, während die Niederlande, Dänemark,Österreich und Deutschland am bestenabschneiden (vgl. Abb. 5). Im Verhältniszur Gesamtarbeitslosigkeitsquote <strong>in</strong> Schwedenist die Jugendarbeitslosigkeit mehr alsdoppelt so hoch. Diese gravierenden Problemehaben im hohen Maße damit zu tun, dassauch die berufliche Ausbildung auf den Erwerbe<strong>in</strong>es Universitätsabschlusses abzielt,während die Qualifizierung für e<strong>in</strong>en Berufstiefmütterlich behandelt wurde (und wird).Fast alle Abgänger der Pflichtschulen wechselnauf die Sekundarstufe II, die sowohl fürberufsbildende wie studienvorbereitende Programmezuständig ist. Die staatliche SekundarstufeII ist jedoch auf den Erwerb der Hochschulreifeausgerichtet, nicht auf die Berufsausbildung,die e<strong>in</strong> eher stiefmütterliches Dase<strong>in</strong>fristet. Die Lehrl<strong>in</strong>gsausbildung nach deutschemVerständnis ist von untergeordneter Bedeutung.Ihr Anteil liegt heute bei unter 2 Prozent(Barouk/BMBF 2007). Diese Akademisierungder beruflichen Erstausbildung ist seitJahren e<strong>in</strong> kontrovers diskutiertes Thema <strong>in</strong>Schweden.Diese bildungspolitischen Kontroversenreichen bis tief <strong>in</strong> das schwedische Gewerkschaftslagerh<strong>in</strong>e<strong>in</strong>. So teilt beispielsweise dieschwedische Metallgewerkschaft IF Metall dieKritik an der Akademisierung der beruflichenErstausbildung und am fehlenden Praxisbezug,während die Gewerkschaften des öffentlichenDienstes, <strong>in</strong>sbesondere die Lehrergewerkschaft,diese Struktur verteidigen. 2 Gleichwohlherrscht e<strong>in</strong>e breite Übere<strong>in</strong>stimmung dah<strong>in</strong>gehend,dass die Angebote und Inhalte im berufli-38


SCHWEDENAbbildung 5:Gesamtarbeitslosenquote und Jugendarbeitslosenquote, 1. Quartal 2009 (<strong>in</strong> Prozent)3530GesamtarbeitslosenquoteJugendarbeitslosenquote2520151050ESLVITELSEEEHULTFRSKIEBEPTROLUFIEZ16EU27PLUKBGMTCZSICYDEATDKNLLänderkürzel s. Seite 108Quelle: Walden 2009.chen Bildungswesen besser auf die Erfordernissedes Arbeitsmarkts abgestimmt werdenmüssen.Die berufliche <strong>Weiterbildung</strong> war <strong>in</strong> denletzten Jahren e<strong>in</strong>em erheblichen Wandel unterworfen,der noch nicht abgeschlossen ist. InSchweden fehlt die sonst übliche Unterscheidungzwischen beruflicher Erstausbildung undberuflicher <strong>Weiterbildung</strong>. Es gibt die beruflicheErstausbildung für Jugendliche, diebis zum Alter von 19 Jahren reicht, die sogenanntegrundläggande yrkesutbildn<strong>in</strong>g. Daranschließt sich die Berufsbildung für Erwachsenean, worunter sämtliche Bildungsmaßnahmenfür Menschen ab dem 20. Lebensjahr zusammengefasstwerden: die yrkesutbildn<strong>in</strong>g förvuxna, die Berufsbildung für Erwachsene.Das System der Berufsbildung <strong>in</strong> Schwedenist komplex und für Außenstehende nicht e<strong>in</strong>fachzu durchschauen. Der E<strong>in</strong>fachheit halbernehmen wir aus der oben gezeigten Überblicksdarstellung(vgl. Abb. 4, S. 34) den Bereich derErwachsenenbildung heraus und betrachtenihn genauer.2 Diese Probleme zwischen den Gewerkschaften der Exportbranchen, vor allem der Metall- und Automobil<strong>in</strong>dustrie,und den (besser) organisierten Gewerkschaften des öffentlichen Dienstes s<strong>in</strong>d nicht neu. Anfang der1980er Jahre, vor dem H<strong>in</strong>tergrund der sich verschärfenden Krise <strong>in</strong> Schweden, stand die Frage im Zentrum,wer die Lohnführerschaft <strong>in</strong>nehatte, die Gewerkschaften der Exportbranchen oder die Gewerkschaften des öffentlichenSektors. Diese Spannungen verschärften sich 1983 derart, dass die Metallgewerkschaft aus denzentralen Tarifverhandlungen ausscherte (vgl. Lash/Urry 1987: 239; Iversen 1996: 422).39


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPAAbbildung 6:Erwachsenenausbildung <strong>in</strong> Schweden<strong>Berufliche</strong> <strong>Weiterbildung</strong>(nach Sekundarstufe II)<strong>Berufliche</strong> <strong>Weiterbildung</strong>(nichtstaatlich)Erwachsenenausbildung(Sekundarstufe II)Schwedisch fürImmigranten<strong>Berufliche</strong> Erstausbildung(9. Schuljahr)Lernen für Beh<strong>in</strong>derteQuelle: skolverket.seEs gibt zahlreiche Formen der Berufsbildungfür Erwachsene:Unten l<strong>in</strong>ks <strong>in</strong> Abbildung 6: Erwachsenenbildungauf der Grundschulstufe beziehtsich auf junge Arbeitnehmer, die denPflichtschulabschluss nachholen, nachdemsie Defizite <strong>in</strong> den ersten neun Pflichtschuljahrenhatten; die Erwachsenenbildung (SekundarstufeII und weitergehende Bildungsgänge),<strong>in</strong> der Abbildung das obere undmittlere Feld auf der l<strong>in</strong>ken Seite, beziehtsich auf Erwachsene, die die Gymnasialstufenachholen wollen oder ergänzende <strong>Weiterbildung</strong>smaßnahmen<strong>in</strong> Anspruch nehmen,um neue Fähigkeiten zu erwerben, diesezu vertiefen oder gar um e<strong>in</strong>e neue Karrieree<strong>in</strong>zuschlagen. Diese Kurse werdenvon der kommunalen Erwachsenenbildungdurchgeführt (Komvux).Die weiterführenden beruflichen Maßnahmenschließen mit formellen Qualifikationen<strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen Fächern ab oder mit Abschlüssen,die den Abschlusszeugnissender Grundschule bzw. der Gymnasialschulegleichgestellt s<strong>in</strong>d;die qualifizierte Berufsausbildung (kvalificeradyrkesutbildn<strong>in</strong>g – KY);die Aufbauausbildung, die meistensebenfalls <strong>in</strong> den Kommunen durchgeführtwird;die Ergänzungsausbildung (kompletterandeutbildn<strong>in</strong>g);40


SCHWEDENlehrl<strong>in</strong>gsausbildungsähnliche Ausbildungsgänge,die zum Erwerb e<strong>in</strong>es Gesellenbriefsführen, oder fachberufliche Bildungsgängean Heimvolkshochschulen(folkhögskolor);staatlich f<strong>in</strong>anzierte Arbeitsmarktausbildung;die betriebliche <strong>Weiterbildung</strong> (Cedefop2009). 3E<strong>in</strong>e zentrale Rolle spielen <strong>Weiterbildung</strong>sangeboteneben dem staatlichen Sektor, <strong>in</strong> derAbbildung als „berufliche <strong>Weiterbildung</strong>“ bezeichnet.Erwachsenenbildung außerhalb desöffentlichen Bildungswesens wird von etwa 150Volkshochschulen durchgeführt, den sogenanntenHeimvolkshochschulen. Diese werdenvon Gewerkschaften, Kirchen, der Abst<strong>in</strong>enzlerbewegungoder anderen NGOs getragen.H<strong>in</strong>sichtlich der staatlichen Erwachsenenbildungwurde vom schwedischen Reichstag2009 e<strong>in</strong> Gesetz zur E<strong>in</strong>richtung von Berufshochschulenverabschiedet. In den Berufshochschulensollen postsekundäre berufliche Bildungsgängezusammengeführt werden, dienicht im Rahmen e<strong>in</strong>er Hochschule angebotenwerden. Das betrifft vor allem die „qualifiziertenBerufsausbildungen“, die den neuen Eckpfeilerder postsekundären Berufsbildung <strong>in</strong>Schweden bilden. Der Begriff „qualifizierteBerufsausbildungen“ (kvalificerad yrkesutbildn<strong>in</strong>g)deckt e<strong>in</strong>en weiten Bereich praxisrelevanterInhalte ab, die <strong>in</strong> Deutschland <strong>in</strong> derberuflichen Ausbildung erworben werden.Dah<strong>in</strong>ter steht der Anspruch, mit diesem neuenZertifikat die Akademisierung abzum<strong>in</strong>dernund die berufliche Ausbildung stärker auf dieBelange der Betriebe und des Arbeitsmarkteszu orientieren. So muss e<strong>in</strong> Drittel der Kurse <strong>in</strong>Betrieben absolviert werden. Das neue Berufshochschulamtsoll alle von der öffentlichenHand f<strong>in</strong>anzierten Berufsbildungsgänge <strong>in</strong> e<strong>in</strong>ergeme<strong>in</strong>samen Verwaltungsstruktur bündelnund e<strong>in</strong>heitliche F<strong>in</strong>anzierungsmechanismenfür die Berufsbildung festlegen. Das Amttritt an die Stelle des bisherigen Amtes für qualifizierteBerufsausbildung (Myndigheten förkvalificerad yrkesutbildn<strong>in</strong>g).An dieser Stelle ist e<strong>in</strong>e kurze Anmerkungzu den Begriffen „Berufshochschule“ (yrkeshögskola)und „qualifizierte Berufsausbildung“(kvalificerad yrkesutbildn<strong>in</strong>g) notwendig.Solche Begriffe s<strong>in</strong>d für das schwedischeBerufsbildungswesen und die Erwachsenenbildungnicht ungewöhnlich. Im deutschenSprachgebrauch dagegen verursachen sie e<strong>in</strong>eReihe von Problemen, die sich bis <strong>in</strong> die <strong>in</strong>ternationalvergleichenden Statistiken der OECDh<strong>in</strong>e<strong>in</strong> erstrecken. Viele Berufsabschlüsse(etwa im Gesundheitswesen oder <strong>in</strong> pädagogischenBerufen) werden <strong>in</strong> Schweden üblicherweisean e<strong>in</strong>er „Hochschule“ (högskola) erworben.In Deutschland ist diese Ausbildung mitden entsprechenden Abschlüssen BestandteilNeu: „QualifizierteBerufsausbildung“3 Die Bereiche „Schwedisch für Immigranten“, und „Lernen für Beh<strong>in</strong>derte“ müssen wir hier ausklammern, obwohlsich <strong>in</strong>sbesondere der erstgenannte Bereich zu e<strong>in</strong>em massiven <strong>in</strong>nenpolitischen Problem auszuwachsendroht.41


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPAViele Hochschulabschlüsse<strong>in</strong> Schwedens<strong>in</strong>d <strong>in</strong> DeutschlandTeil der dualen BerufsausbildungNeues Amt für Erwachsenenbildungder dualen Berufsausbildung. Diese weist abernicht notwendigerweise niedrige Qualitätsstandardsauf. Wie wir ausgeführt haben, stelltgerade die Akademisierung <strong>in</strong> der staatlichenErwachsenenbildung e<strong>in</strong> massives Problem <strong>in</strong>Schweden dar. Diese unterschiedliche Begrifflichkeit<strong>in</strong> der beruflichen und der Erwachsenenbildungführt des Weiteren <strong>in</strong> der <strong>in</strong>ternationalenStatistik zu systematischen Verzerrungen –vor allem <strong>in</strong> den OECD-Bildungsstudien. Denne<strong>in</strong>e schwedische högskola wird als Hochschulegewertet und dem Bereich der Hochschulausbildungzugeordnet, was re<strong>in</strong> statistisch zu e<strong>in</strong>erErhöhung der Absolventenzahl des Hochschulsystemsführt. Dies verzerrt das tatsächlicheBild, denn die Inhalte an e<strong>in</strong>er schwedischenhögskola reichen nicht über das Niveau der dualenBerufsausbildung h<strong>in</strong>aus. Diese fehlendeDifferenzierung ist <strong>in</strong> der Vergangenheit zuRecht kritisiert worden (We<strong>in</strong>ert 2009: 134 ff.).E<strong>in</strong> anderes Problem der staatlichen Erwachsenenbildung<strong>in</strong> Schweden war bis Mitte2009, dass die Verwaltungsstrukturen erheblichause<strong>in</strong>anderdrifteten. Die berufliche Erstausbildungfür Erwachsene <strong>in</strong> der SekundarstufeII im Rahmen des kommunalen Erwachsenenbildungssystems(Komvux) und die qualifizierteBerufsausbildung fielen <strong>in</strong> die Zuständigkeitdes Zentralamtes für Erwachsenenbildungbzw. des Amtes für qualifizierte Berufsausbildung.Demgegenüber gab es bei den Ergänzungsausbildungenund den Aufbauausbildungensowie den beruflichen Bildungsgängen andereZuständigkeiten, die nicht koord<strong>in</strong>iertwaren. Dieser Wildwuchs soll unter der neuenVerwaltungsstruktur im Berufshochschulamtbere<strong>in</strong>igt werden (Myndigheten för yrkeshögskolan)(Cedefop 2009).Sieht man e<strong>in</strong>mal von der Ausbildung <strong>in</strong>den Handwerksberufen ab, wo die Zertifizierung<strong>in</strong> der Hand der Sozialpartner liegt, fälltdie berufliche Erstausbildung <strong>in</strong> die staatlicheZuständigkeit. Nach deren Absolvierung tretenBerufsbildungsmaßnahmen der Sozialpartnerh<strong>in</strong>zu, sei es auf Branchenebene oderauf Unternehmensebene. Betriebliche <strong>Weiterbildung</strong>(personalutbildn<strong>in</strong>gar) umfasst <strong>in</strong> derschwedischen Statistik die formale und„nichtformale“ betriebliche <strong>Weiterbildung</strong>.Zwei Drittel dieser <strong>Weiterbildung</strong>smaßnahmenf<strong>in</strong>den <strong>in</strong>nerbetrieblich statt. <strong>Weiterbildung</strong>smaßnahmenkönnen auch von externenAnbietern veranstaltet werden (Hochschulen,<strong>Studie</strong>nverbänden oder privaten Ausbildungsfirmen).Es gibt ke<strong>in</strong>e staatlichen Vorschriften,die die Unternehmen oder Sozialpartnerdazu verpflichten, ihren Beschäftigten oderMitgliedern berufliche <strong>Weiterbildung</strong>smaßnahmenanzubieten. Stattdessen werden entsprechendeRegelungen zwischen den Sozialpartnernauf Branchen- und/oder Unternehmensebeneausgehandelt. Überdies habenalle Beschäftigten seit Mitte der 1970er Jahree<strong>in</strong> Recht auf unbezahlten Bildungsurlaub zurAbsolvierung e<strong>in</strong>er beliebigen Aus- oder <strong>Weiterbildung</strong>,ohne jegliche Beschränkungenbezüglich der Dauer des Bildungsgangs. E<strong>in</strong>bezahlter Bildungsurlaub kann von Fall zu Fallentweder auf Betriebsebene oder <strong>in</strong>dividuellausgehandelt werden.E<strong>in</strong> Ergebnis dieser umfassenden Regelungenist, dass die betriebliche Fortbildung <strong>in</strong>42


SCHWEDENAbbildung 7:Anteil weiterbildender Unternehmen <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> 2005 (<strong>in</strong> Prozent)1009080706050403020100UKNODKATSEFINLFRSICZLUDEEEIEBEEU25EU27SKCYHUESLTMTPTROLVPLITBGELLänderkürzel s. Seite 108Quelle: Walden 2009.Schweden gut ausgebaut ist, wie Abbildung 7zeigt.Das Angebot an betrieblichen <strong>Weiterbildung</strong>smaßnahmensteht <strong>in</strong> Relation zur Größedes Unternehmens: Je größer e<strong>in</strong> Betrieb, destostärker die Beteiligung an Maßnahmen betrieblicher<strong>Weiterbildung</strong>. Deutschland nimmt<strong>in</strong> fast allen europäischen Vergleichen zur beruflichen<strong>Weiterbildung</strong> e<strong>in</strong>en mittleren Range<strong>in</strong>, während die skand<strong>in</strong>avischen Länder (nebenGroßbritannien) mit zu den besten <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>zählen.Diese kurzen Anmerkungen zum Wandeldes schwedischen Bildungssystems sollen verdeutlichen,dass dieses nicht frei von Verkrustungenund Fehlsteuerungen ist, die wiederumvon der konservativen Regierung zum Anlassgenommen wurden, um marktförmige Veränderungendurchzusetzen. Zwar fächert sich dasBildungssystem <strong>in</strong> Schweden weiter auf, etwadurch die neuen privaten Schulen, aber dieGrundstruktur bleibt im Wesentlichen unangetastet.Das Hauptproblemfeld ist der Übergangvon der schulischen Bildung zur Berufsbildung.Die Berufsausbildung der gymnasialen Sekundarstufewar über lange Zeit e<strong>in</strong>deutig auf denHochschulabschluss ausgerichtet und marg<strong>in</strong>alisierteden praktisch-beruflichen Bereich.Hier setzen e<strong>in</strong>ige der neuen Initiativen an, die<strong>in</strong>sbesondere vom schwedischen GewerkschaftsbundLO und der Metallgewerkschaft IFMetall <strong>in</strong> Angriff genommen wurden. In derHauptproblem <strong>in</strong>Schweden: Übergangvon der schulischenAusbildung zum Beruf43


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPATechnik-Collegess<strong>in</strong>d e<strong>in</strong>e Initiativeder Arbeitgeber undGewerkschaften –quasi e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>stitutionalisierteKritik amstaatlichen Berufsbildungssystem<strong>Weiterbildung</strong>spolitik lassen sich drei zentraleAnsätze festhalten:die Entwicklung des Konzepts von Technik-Colleges,das politische Ziel, e<strong>in</strong>en Fonds für berufliche<strong>Weiterbildung</strong> zu errichten, sowieaktuelle tarifpolitische Regelungen zur beruflichen<strong>Weiterbildung</strong>.7.2 Das Konzept der Technik-CollegesE<strong>in</strong> neuer Ansatz zur Verbesserung der beruflichenAus- und <strong>Weiterbildung</strong> s<strong>in</strong>d die „Technik-Colleges“. Dieses Konzept ist aus e<strong>in</strong>er Initiativeder Gewerkschaften und Arbeitgeberverbändesowie von Industrieunternehmen hervorgegangen;es wurde 2003 <strong>in</strong>s Leben gerufen, ume<strong>in</strong>e kompetente arbeitsplatzbezogene berufliche<strong>Weiterbildung</strong> anzubieten. Das Ziel ist es,sowohl die Qualifikationsstandards der Beschäftigtenzu erhöhen als auch den Erfordernissendes Arbeitsmarktes gerecht zu werden.Diese Initiative kann als ‚<strong>in</strong>stitutionalisierte‘Kritik an der staatlich organisierten Erwachsenenbildungverstanden werden, die mit ihrerFokussierung auf die Hochschulreife am Bedarfvieler Unternehmen vorbei ausbildete und zue<strong>in</strong>em Anstieg der Jugendarbeitslosigkeit beitrug.Als Begründung für die Errichtung von Technik-Collegeswurde von Gewerkschaften undArbeitgeberverbänden angeführt, dass zu wenigeJugendliche die Möglichkeit hätten, antechnologie- und <strong>in</strong>dustrierelevanten Kursenteilzunehmen. Die eigentlich dafür zuständigenKommunen hätten nur unzureichende Anstrengungenunternommen und aus Kostengründennur Kurse mit e<strong>in</strong>er veralteten technischen Ausstattungangeboten. Die angebotenen Programmehätten somit den Auszubildenden nicht dieKenntnisse vermittelt, die <strong>in</strong> den Betrieben gebrauchtwürden. Außerdem wären die Betriebenicht ausreichend <strong>in</strong> die Planung und Organisationdieser Kurse e<strong>in</strong>bezogen gewesen (Teknikcollege2009). Diese Begründungen kritisierenimplizit die staatliche Erwachsenenbildungwegen ihrer Vernachlässigung der beruflichenAus- und <strong>Weiterbildung</strong>.Inhaltlich werden die Technik-Colleges damitbegründet, dass e<strong>in</strong>e bessere Verb<strong>in</strong>dungvon Allgeme<strong>in</strong>wissen und berufsbezogenenKenntnissen erforderlich sei. Ähnlich wie <strong>in</strong>Deutschland wird auf die Notwendigkeit e<strong>in</strong>erNachqualifizierung gedrängt, um Lese- undSchreibkenntnisse sowie mathematische Fertigkeitenzu verbessern. Die Betriebe bräuchtenneben fähigen auch motivierte Schüler, wasmit den altbackenen Methoden der staatlichenAusbildung nicht zu realisieren sei. Außerdembräuchten die Unternehmen Lehrer, die mit denBetrieben gut zusammenarbeiteten. Hierzu gehörteauch e<strong>in</strong> modernes Equipment <strong>in</strong> den Kursen.Die Anforderungen des praktischen Arbeitslebensmüssten schon an der Schule vermitteltwerden. Die Hauptzielgruppe der Technik-Collegess<strong>in</strong>d Jugendliche ab 20 Jahren (aufdem Niveau Sekundarstufe II). Allerd<strong>in</strong>gs wirdWert auf die Feststellung gelegt, dass die berufliche<strong>Weiterbildung</strong> von Erwachsenen e<strong>in</strong>enweiteren Schwerpunkt bilde. Das Ziel sei primärdie Vorbereitung der Jugendlichen auf Berufe<strong>in</strong> e<strong>in</strong>er hochentwickelten Industrieland-44


SCHWEDENAbbildung 8:Organisation der Technik-Colleges<strong>in</strong> SchwedenUNIVERSITÄTSABSCHLUSSFACHSCHUL- UND FACHHOCHSCHULNIVEAUQUALIFIZIERTE BERUFSAUSBILDUNGARBEITSMARKTBEZOGENE AUS- UND WEITERBILDUNGTechnik-Collegesbieten e<strong>in</strong> Akkreditierungssystem,<strong>in</strong> demdie Sozialpartner dieKriterien def<strong>in</strong>ierenFREIER SCHULTRÄGERERWACHSENENBILDUNGFAHRZEUGBUAUTECHNIKINDUSTRIEELEKTROTECHNIKENERGIEQuelle: Teknikcollege Sverige 2006.schaft, die aber bis zu weitergehenden Fortbildungenan den Technischen Universitäten reichenkönne. Das übergeordnete Ziel sei e<strong>in</strong>eVerbesserung der Qualität und Effektivität derberuflichen Aus- und <strong>Weiterbildung</strong> auf allenBildungsstufen, um e<strong>in</strong>e Erhöhung der beruflichenKompetenzen der Lernenden und Berufstätigensicherzustellen. Von e<strong>in</strong>er solchen Bildungsstrategiewürden nicht nur e<strong>in</strong>zelne Arbeitnehmerund Betriebe profitieren, sonderndas Image der schwedischen Industrie <strong>in</strong>sgesamt.Wie sieht nun e<strong>in</strong> Technik-College aus? Esstellt ke<strong>in</strong>e komplett neue Bildungse<strong>in</strong>richtungdar, vielmehr bedient sich dieses Konzept derbestehenden Struktur des staatlichen undnichtstaatlichen Aus- und <strong>Weiterbildung</strong>ssystems.Der Titel Technik-College wird an Schulenoder <strong>Weiterbildung</strong>se<strong>in</strong>richtungen vergeben,wenn genau def<strong>in</strong>ierte Kriterien e<strong>in</strong>gehaltenwerden. Der zentrale Unterschied zumstaatlichen System liegt dar<strong>in</strong>, dass die Sozialpartnerund die Betriebe diese Strukturgewissermaßen „unter ihre Fittiche“ nehmenund neue Qualitätskriterien formulieren, umdie Nachteile der alten Strukturen zu überw<strong>in</strong>den.Damit ergibt sich auf der fachlich-organisatorischenEbene folgende Organisationsform:Abbildung 8 gibt e<strong>in</strong>e gute Übersicht überdie Struktur und Aufgabe der schwedischenTechnik-Colleges. Die unteren Säulen stellendie Hauptfächer dar, die bei den Technik-Collegesim Vordergrund stehen; es s<strong>in</strong>d vor allemangewandte naturwissenschaftliche Fächer,wozu auch die Vermittlung von Grundlagenwis-45


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPADef<strong>in</strong>itionsmachtgeht vom Staat auf dieSozialpartner übersen gehört (Lesen, Rechnen, Schreiben).Darüber ist die bestehende Bildungsstruktur <strong>in</strong>Schweden dargestellt. Wenn wir die Strukturvon unten nach oben betrachten, dann bef<strong>in</strong>densich an der Basis sämtliche E<strong>in</strong>richtungen derErwachsenenbildung; es folgen die freienSchulen. Hier handelt es sich nicht um e<strong>in</strong>e besondereStufe des Bildungssystems, vielmehrum e<strong>in</strong>e Sonderentwicklung <strong>in</strong> Schweden.Denn seit Anfang der 1990er Jahre erleben Privatschulenvor allem <strong>in</strong> den Großstädten e<strong>in</strong>enwahren Boom. Im Gegensatz zu den deutschenPrivatschulen dürfen die schwedischen friståendeskolor jedoch ke<strong>in</strong>e Gebühren erheben.4 Es folgt die arbeitsmarktbezogene Ausund<strong>Weiterbildung</strong>, die staatliche Maßnahmenoder staatlich unterstützte <strong>Weiterbildung</strong>smaßnahmenumfasst, wozu auch die betriebliche<strong>Weiterbildung</strong> gehört. Es schließt sich die qualifizierteBerufsausbildung an (kvalificerad yrkesutbildn<strong>in</strong>g),die auf dem Niveau der dualenBerufsausbildung angesiedelt ist, aber den Anspruchhat, die herkömmlichen Defizite derschwedischen Berufsausbildung zu vermeiden,<strong>in</strong>dem e<strong>in</strong>e stärker arbeitsplatzorientierte Ausbildunggewährleistet wird. Danach folgt dasFachschul- und das Fachhochschulniveau, hierkennt das schwedische System unterschiedlicheSchul- und Ausbildungstypen, auf die wirjedoch nicht näher e<strong>in</strong>gehen können. Die Spitzebildet e<strong>in</strong> Hochschulabschluss.Die beiden <strong>in</strong> Abbildung 8 e<strong>in</strong>gefügten Ellipsensollen verdeutlichen, dass auf allenEbenen des bestehenden ErwachsenenbildungssystemsSchulen und <strong>Weiterbildung</strong>se<strong>in</strong>richtungenAnträge auf e<strong>in</strong>e Zulassung alsTechnik-College an die Sozialpartner e<strong>in</strong>reichenkönnen. Neu an den Technik-Collegess<strong>in</strong>d gewissermaßen diese beiden Klammern,die über das schwedische Bildungssystemgelegt werden: Institutionell kann jede Schuleoder anerkannte <strong>Weiterbildung</strong>se<strong>in</strong>richtungdes Erwachsenenbildungssystems e<strong>in</strong>enAntrag auf Erteilung des Titels e<strong>in</strong>es Technik-Colleges stellen; fachlich müssen die <strong>in</strong> denunteren Säulen genannten Fächer im Vordergrundstehen. Das Besondere ist dar<strong>in</strong> zu sehen,dass die Sozialpartner hier e<strong>in</strong>e E<strong>in</strong>richtunggeschaffen haben, <strong>in</strong> der sie exklusivdie Def<strong>in</strong>itionsmacht haben und nicht wiebisher die staatlichen Instanzen.Hierbei handelt es sich gewissermaßen ume<strong>in</strong>e ‚demokratisierte Exzellenz-Initiative‘, wiewir sie <strong>in</strong> Deutschland aus der Hochschulpolitikkennen. Bezogen auf das alte staatliche <strong>Weiterbildung</strong>ssystembedeuten die Technik-Collegese<strong>in</strong>e Aufwertung der beruflichen Aus- und<strong>Weiterbildung</strong>, die zuvor e<strong>in</strong>e nur untergeordneteRolle spielte.In fachlicher H<strong>in</strong>sicht haben sich die Sozialpartnermit den Kommunen auf zehn Kriteriengee<strong>in</strong>igt, die e<strong>in</strong> Technik-College erfüllenmuss. Diese müssen von den Sozialpartnernund den Industrie-Komitees (das s<strong>in</strong>d geme<strong>in</strong>sameE<strong>in</strong>richtungen der Sozialpartner aufBranchenebene) bestätigt werden. Die Technik-4 Das Amt für Schulwesen me<strong>in</strong>t, dass die Privatschulen mittlerweile e<strong>in</strong>en wichtigen Bestandteil des Gesamtbildungswesensdarstellten, vgl. Skolverket 2006; sehr viel kritischer sieht das: Krumrey 2007.46


SCHWEDENColleges werden alle drei Jahre e<strong>in</strong>er Überprüfungunterzogen.Deren Kriterien s<strong>in</strong>d:1. Regionale Ausrichtung: Es muss e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>sameÜbere<strong>in</strong>kunft der kollektiven Akteureh<strong>in</strong>sichtlich der Erfordernisse <strong>in</strong> derjeweiligen Region geben.2. Breite Ausbildungspalette: Die <strong>Weiterbildung</strong>auf der Sekundarstufe II muss verknüpftse<strong>in</strong> mit anderen <strong>Weiterbildung</strong>sstufen,<strong>in</strong>sbesondere den jeweiligen Universitäten.3. Klares Profil: Das Bildungsprofil muss e<strong>in</strong>ene<strong>in</strong>deutigen Zusammenhang zur Industriestrukturder Region aufweisen.4. Zusammenarbeit mit der Industrie: Vertreterder Bildungse<strong>in</strong>richtungen und der Betriebemüssen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em geme<strong>in</strong>samenSteuerungsgremium vertrauensvoll kooperieren.5. Qualitätssicherung: Qualitätskriterien müssengeme<strong>in</strong>sam entwickelt und anerkanntwerden.6. Etablierung e<strong>in</strong>es anregenden und kreativenLernumfeldes: Die Schüler haben e<strong>in</strong>Anrecht auf e<strong>in</strong>en hohen Qualitätsstandard.7. ‚Up-to-date‘-Ausrüstung und -Equipmentmüssen <strong>in</strong> den Technik-Colleges und am Arbeitsplatzgewährleistet se<strong>in</strong>.8. Kohärente Bildungspläne: Der tägliche <strong>Studie</strong>nablaufmuss zusammenhängend organisiertund stimulierend für das Arbeitslebense<strong>in</strong>.9. Teamwork zwischen allen Beteiligten: Lehrerverschiedener Diszipl<strong>in</strong>en arbeiten zusammen.Die zu vermittelnden Inhalte müssenkomb<strong>in</strong>iert und koord<strong>in</strong>iert werden, ume<strong>in</strong> realistisches Bild von den Anforderungenim Arbeitsleben zu vermitteln.10. Lernen am Arbeitsplatz: E<strong>in</strong> Teil der <strong>Weiterbildung</strong>erfolgt an verschiedenen Arbeitsplätzen(Teknikcollege 2006).Diese Kriterien lesen sich auf fachlicher Ebeneebenfalls wie e<strong>in</strong>e offene Kritik am bestehendenstaatlichen Berufsbildungssystem: überakademisiertund praxisfern, aus Kostengründenmit überholtem Equipment ausgestattetund häufig von nicht ausreichend qualifiziertenund wenig motivierten Lehrern geleitet.Innerhalb kürzester Zeit hat sich das Konzeptder Technik-Colleges (TC) zu e<strong>in</strong>er derwichtigsten Initiativen der beruflichen Aus- und<strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong> der schwedischen Industrieentwickelt. Alle Industriegewerkschaften undArbeitgeberverbände (<strong>in</strong> den sogenannten Industrie-Komitees)unterstützen das Konzept(Teknikcollege 2009; 2009a; 2008). Derzeitgibt es 26 anerkannte TC-Regionen (Teknik-Collegesregioner), 16 weitere wurden bestätigt.Insgesamt arbeiten <strong>in</strong> den anerkannten Regionen52 Schulen als Technik-Colleges. Bereitsim Dezember 2007 wurde, schwedischen Gepflogenheitenfolgend, der Nationale Verbandschwedischer Technik-Colleges gegründet(Riksfören<strong>in</strong>gen Teknikcollege 2008).Bei den Technik-Colleges steht die lokaleund regionale Industriestruktur im Vordergrund(vgl. Abb. 9, S. 48). Die e<strong>in</strong>gereichten Konzeptemüssen nicht nur e<strong>in</strong>en regionalen Bezug haben,sondern geme<strong>in</strong>sam mit den ansässigen In-Mittlerweile s<strong>in</strong>dTechnik-Colleges e<strong>in</strong>wichtiger Ansatz <strong>in</strong> der<strong>Weiterbildung</strong>spolitik47


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPATechnik-Colleges s<strong>in</strong>de<strong>in</strong> wichtiger Ansatz,aber die hohe Jugendarbeitslosigkeitkonnte noch nichtgesenkt werdendustrieunternehmen und Gewerkschaftenentwickelt wor-Verteilung der anerkannten Technik-Colleges <strong>in</strong>Abbildung 9:den se<strong>in</strong>. Auf nationaler Ebene Schweden (Stand: Dezember 2009)ist der neue Verband der Technik-Colleges(Riksforen<strong>in</strong>genTeknikcollege) für den Erfahrungsaustauschund die Koord<strong>in</strong>ierungzuständig, währenddie seit Langem bestehendenIndustrie-Komitees auf Branchenebenesich der Zertifizierungder e<strong>in</strong>gereichten Anträgeund der Ausbildungsordnungenannehmen (Riksfören<strong>in</strong>genTeknikcollege 2008).Schon nach den ersten Jahrensei durch die Technik-Collegese<strong>in</strong>e qualitativ neueForm der Zusammenarbeit <strong>in</strong>den Regionen mit den Kommunen,Schulen, SozialpartnernSTOCKHOLMund den Betrieben geschaffenworden. Das Konzept habe GÖTEBORGschnell Erfolge gebracht, vieleBetriebe beteiligten sich undnähmen auf die Inhalte der BildungsmaßnahmenE<strong>in</strong>fluss.MALMÖQuelle: Teknikcollege Sverige 2006.Viele Kommunen seien mittlerweilebereit, wesentlich höhere Kosten für Folie s<strong>in</strong>d die Technik-Colleges. Das eigentlich<strong>Weiterbildung</strong>sprogramme im Rahmen der Technik-Collegeszu übernehmen (ebd.).tionsmacht <strong>in</strong> der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong>Neue daran ist die Verschiebung der Def<strong>in</strong>i-Da die Gewerkschaften und Arbeitgeberverbändedas bestehende staatliche Erwachsewickeltenden entsprechenden Kriterienkata-auf die Sozialpartner und die Betriebe. Sie entnenbildungssystemnicht aus den Angeln heben log, und sie s<strong>in</strong>d es, die dessen E<strong>in</strong>haltung kontrollieren.E<strong>in</strong> Hauptproblem der Technik-Col-konnten, haben sie gewissermaßen e<strong>in</strong>e neue‚Folie‘ über dieses System gelegt. Und diese leges besteht noch dar<strong>in</strong>, dass sie auf freiwilli-48


SCHWEDENgen Initiativen aus den Schulen und Regionenfußen. Wie Abbildung 9 verdeutlicht, zeichnetsich heute e<strong>in</strong>e gewisse Schieflage ab: In denentwickelten Industrieregionen der BallungszentrenStockholm, Göteborg und Malmö s<strong>in</strong>dTechnik-Colleges sehr gut repräsentiert, währenddies <strong>in</strong> <strong>in</strong>dustriell schwach entwickeltenRegionen (wie Mittelschweden) nicht der Fall ist.Das grundlegende Problem der beruflichenAus- und <strong>Weiterbildung</strong> wurde durch die Errichtungder Technik-Colleges allerd<strong>in</strong>gs nochnicht gelöst. Die von den Sozialpartnern geme<strong>in</strong>samals völlig unzureichend charakterisiertestaatliche berufliche Ausbildung, derÜbergang von der Schule <strong>in</strong>s Arbeitsleben bleibenals Problem weiterh<strong>in</strong> erhalten. So verwundertes auch nicht, dass parallel zur ‚harmonischen‘Initiative der Technik-Colleges e<strong>in</strong> heftigerKampf zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbändendarüber entbrannt ist, weroder was für die <strong>in</strong> Relation zur Gesamtarbeitslosigkeithohe Jugendarbeitslosigkeit verantwortlichist und wie diese gesenkt werden kann(Eironl<strong>in</strong>e 2009). Arbeitgeber wie Gewerkschaftenstimmen nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em zentralen Punktübere<strong>in</strong>, dass der Übergang von der schulischenzur beruflichen Aus- und <strong>Weiterbildung</strong>verbessert werden muss.7.3 Fonds für berufliche <strong>Weiterbildung</strong>Für die schwedischen Gewerkschaften s<strong>in</strong>d dieTechnik-Colleges e<strong>in</strong>e Option zweiter Wahl.Sämtliche Gewerkschaften hatten sich im Vorfeldder Errichtung der Colleges <strong>in</strong> europäischenNachbarländern über die berufliche Ausund<strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong>formiert (u. a. bei der IGMetall <strong>in</strong> Deutschland). Überzeugt hat aber dieschwedischen Gewerkschaften e<strong>in</strong> anderesModell, nämlich das Fonds-Modell <strong>in</strong> Dänemark(vgl. dazu den Abschnitt zu Dänemark,Kap. 8). Dort wurde e<strong>in</strong> Fonds errichtet, <strong>in</strong> dendie kollektiven Akteure e<strong>in</strong>en Beitrag entrichten,um geme<strong>in</strong>sam def<strong>in</strong>ierte <strong>Weiterbildung</strong>skursezu f<strong>in</strong>anzieren. E<strong>in</strong> ähnliches Modell bevorzugtendie Metallgewerkschaften auch fürSchweden. Entsprechende gewerkschaftlicheVorstöße scheiterten aber an dem vehementenWiderstand der Arbeitgeber. Als Gründe für dieheftige Reaktion der Arbeitgeber werden vonGewerkschaftsvertretern „irrationale“ E<strong>in</strong>stellungenvermutet. Tatsächlich s<strong>in</strong>d historischeGründe ausschlaggebend.Die 1970er Jahre waren <strong>in</strong> Schweden vonheftigen Ause<strong>in</strong>andersetzungen zwischen Arbeitgeberverbändenund Gewerkschaften bestimmt.Im Mittelpunkt stand das Gesetz überdie „Arbeitnehmerfonds“. Diese Fonds gehenauf den Gewerkschaftsökonomen Rudolf Meidnerzurück; sie sollten die betrieblichen Gew<strong>in</strong>neabschöpfen und sozialisieren (Jochem 1998:116). Daher wurden sie von den Arbeitgeberverbändenbekämpft. Die Verabschiedung desgenannten Gesetzes gilt unter GewerkschaftsundSchweden-Experten als e<strong>in</strong> fragwürdigerUrsprünglicheForderung derGewerkschaften nachBranchen-Fonds wurdevon Arbeitgebernvehement abgelehnt49


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPABasis sämtlicherRegelungen derErwachsenenbildungist das <strong>Weiterbildung</strong>sgesetzvon 1974Sieg der schwedischen Gewerkschaften, dennes stellte den „verzweifelten Versuch der sozialdemokratischenRegierung dar, sich derGefolgschaft der Gewerkschaftsbewegung zuversichern“ (ebd.). Es folgte e<strong>in</strong> Klima der Konfrontationund Stagnation (Kjellberg 2000:553), <strong>in</strong> dem die Arbeitnehmerfonds e<strong>in</strong>en wesentlichenAnteil an der Erosion des ‚alten‘schwedischen Modells hatten (Pontusson/Swenson 1996).E<strong>in</strong>er der prom<strong>in</strong>entesten Kritiker dieserPolitik ist Nils Elvander (2002; 2003). Ihm zufolgewar es die Politik des radikalen Flügels derGewerkschaften, die e<strong>in</strong>en Bruch mit derschwedischen Tradition bewirkte (Elvander2003: 150). Das Mitbestimmungsgesetz von1976, <strong>in</strong>sbesondere die Arbeitnehmerfonds,hätten zur Aufkündigung des zuvor bestehendenGrundkonsenses zwischen den Sozialpartnerndarüber geführt, ihre Probleme ohne gesetzgeberischeE<strong>in</strong>flussnahme lösen zu wollen.Damit wurde das schwedische Modell zunächst‚von l<strong>in</strong>ks’ aufgekündigt. Durch die anschließendenKampagnen der Arbeitgeber wurde derKonsens dann auch ‚von rechts’ aufgekündigt(Lash/Urry 1987: 236). Die radikalistische Arbeitsgesetzgebunghat laut Elvander die schwedischenArbeitsbeziehungen über 15 Jahre h<strong>in</strong>weggelähmt. Das Ergebnis seien extremeLohnabschlüsse gewesen, die zulasten derWettbewerbsfähigkeit Schwedens gegangenseien und nur durch e<strong>in</strong>e exzessive Abwertungspolitikder schwedischen Krone hättenaufgefangen werden können (Elvander 2003:150). Erst im Jahre 1997 konnten sich Gewerkschaftenund Arbeitgeberverbände zu e<strong>in</strong>emNeuanfang aufraffen – vor dem H<strong>in</strong>tergrund e<strong>in</strong>erder schwersten ökonomischen KrisenSchwedens. In diesem Jahr habe sich aber gezeigt,dass der „Geist von Saltsjöbaden“, wo imJahre 1938 e<strong>in</strong>e Art ‚Grundgesetz‘ vere<strong>in</strong>bartworden war, wie Gewerkschaften und Arbeitgeberihre Probleme geme<strong>in</strong>sam lösen wollten, <strong>in</strong>vielen Bereichen zu überw<strong>in</strong>tern vermochte. Nurso sei es zu erklären, dass sich beide Seiten aufdas „Industrieabkommen“ von 1997 e<strong>in</strong>igenkonnten, das <strong>in</strong>zwischen die neue Grundlage derBeziehungen zwischen Gewerkschaften und Arbeitgebernbildet. Mit diesem Abkommen hättendie Sozialpartner an ihre erfolgreiche Traditionangeknüpft (Elvander 2002).Diese Konflikte, obwohl schon über dreißigJahre zurückliegend, s<strong>in</strong>d offenbar <strong>in</strong> den Vorständender Arbeitgeberverbände bis heute <strong>in</strong>sehr lebendiger Er<strong>in</strong>nerung, <strong>in</strong>sbesondere derKampf um die Arbeitnehmerfonds. Und wennGewerkschaften heute e<strong>in</strong>en „Fonds“ fordern,wird ihnen gewissermaßen der Versuch unterstellt,erneut die Sozialisierung der Gesellschaft<strong>in</strong> Angriff nehmen zu wollen. Aus diesenhistorischen Gründen ersche<strong>in</strong>en Lösungen <strong>in</strong>der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong>, die e<strong>in</strong>e Fonds-Regelung be<strong>in</strong>halten, auf absehbare Zeit als unrealistisch.Es blieb ke<strong>in</strong> anderer Ausweg, alsden Weg der Technik-Colleges zu beschreiten.7.4 Tarifpolitik und berufliche <strong>Weiterbildung</strong>In Schweden bildet die Hauptbasis der beruflichen<strong>Weiterbildung</strong> das <strong>Weiterbildung</strong>sgesetzaus dem Jahre 1974 (Lag om arbetstagares rätttill ledighet för utbildn<strong>in</strong>g). Der Arbeitnehmer50


SCHWEDENkann frei darüber entscheiden, welche <strong>Weiterbildung</strong>er <strong>in</strong> Anspruch nehmen will. Auch andieser Stelle sei noch e<strong>in</strong>mal hervorgehoben,dass sich die Möglichkeiten nicht nur auf „berufliche<strong>Weiterbildung</strong>“ im deutschen Verständnisbeziehen, sondern auf Erwachsenenbildung<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em umfassenden S<strong>in</strong>ne. Häufigwerden allgeme<strong>in</strong>e Bildungsabschlüsse nachgeholt.Der Arbeitsplatz ist, wie erwähnt, fürdie Dauer der <strong>Weiterbildung</strong> gesichert. Es gibte<strong>in</strong>e Vielfalt von Angeboten und Organisationen,die <strong>Weiterbildung</strong>smaßnahmen anbieten,vor allem auch seitens der Gewerkschaften. E<strong>in</strong>Großteil der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong> nachdeutschem Verständnis wird allerd<strong>in</strong>gs <strong>in</strong> denBetrieben oder von externen E<strong>in</strong>richtungendurchgeführt, die mit den Unternehmen zusammenarbeiten.Als formale <strong>Weiterbildung</strong>se<strong>in</strong>richtungenkommen alle öffentlichen Institutionen<strong>in</strong> Betracht, auf die wir oben schon e<strong>in</strong>gegangens<strong>in</strong>d: So bieten Universitäten <strong>Weiterbildung</strong>skursean, die fortgeschrittene Erwachsenenbildung(kvalificerad yrkesutbildn<strong>in</strong>g)gehört hierher sowie die staatlichen E<strong>in</strong>richtungender kommunalen Erwachsenenbildung.Im Jahre 1999 wurde von den europäischenMetallgewerkschaften das europäische Berichtssystemzur Lohnkoord<strong>in</strong>ierung e<strong>in</strong>geführt.Es <strong>in</strong>formiert vor allem über die Lohnentwicklung<strong>in</strong> den Mitgliedsländern, aberauch über die anderen tarifpolitischenSchwerpunkte (berufliche <strong>Weiterbildung</strong>, Arbeitszeitverkürzung,zusätzliche Rentenregelungenusw.). 5 Nach diesem Berichtssystemerfolgte die letzte tarifliche Initiative <strong>in</strong> derberuflichen <strong>Weiterbildung</strong> im Jahre 2003, alszu den tariflichen Regelungen weitere Elementeh<strong>in</strong>zugefügt wurden. Danach gibt esjetzt e<strong>in</strong> <strong>in</strong>dividuelles Recht für jeden Arbeitnehmer,dass für ihn, soweit er das wünscht,e<strong>in</strong> eigener Entwicklungsplan aufgestelltwird. Dar<strong>in</strong> soll aufgeführt werden, welcheKenntnisse und Fähigkeiten verbessert werdenkönnten bzw. sollten. Durch diese Regelungwurden die Rechte und Ansprüche dese<strong>in</strong>zelnen Arbeitnehmers <strong>in</strong> der beruflichen<strong>Weiterbildung</strong> erheblich verbessert (EMB/eucoban2003). Das s<strong>in</strong>d Regelungen, wie sieauch <strong>in</strong> anderen Ländern gefordert und durchgesetztwurden, etwa <strong>in</strong> Deutschland von derIG Metall. 2004 erfolgte zudem e<strong>in</strong>e Gleichstellungvon Arbeitern und Angestellten (Eironl<strong>in</strong>eSweden 2009).Für den Zeitraum 2001 bis 2005/2006 kann<strong>in</strong>sgesamt festgestellt werden, dass Problemeder beruflichen Bildung <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> stärker <strong>in</strong>den Mittelpunkt rückten. Dabei versuchten dieMetallgewerkschaften die <strong>in</strong>dividuellen Anspruchsrechte<strong>in</strong> den Unternehmen zu stärken,<strong>in</strong>dem sie auf Branchenebene Rahmenvere<strong>in</strong>barungentrafen (EMB/eucoban für2006). Im Jahr 2008 veranstaltete die IG Metallgeme<strong>in</strong>sam mit dem Europäischen Metallgewerkschaftsbund(EMB) e<strong>in</strong>en Qualifizierungskongress,auf dem das Ziel der europäischenKommission, e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>heitlichen Quali-Neues Berichtssystemdes EMB5 Der EMB hat mittlerweile zu diesem Berichtssystem e<strong>in</strong>e eigene Webpage <strong>in</strong>s Netz gesetzt, http://www.eucoban.eu/EMF51


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPANeue Tarifverträge zurErwachsenenbildungseit 2007fikationsrahmen e<strong>in</strong>zuführen, kritisch diskutiertwurde. Im Vordergrund stand die Frage,ob e<strong>in</strong>heitliche Qualifikationsrahmen dierichtige Antwort seien oder ob sie zum Abbauvon Beschäftigungs- und Tarifstandards beitragen(Sennett 2008). 6Schwedens Metallgewerkschaft schloss imJahre 2007 e<strong>in</strong>en Tarifvertrag über berufliche<strong>Weiterbildung</strong> und Entwicklung <strong>in</strong> den Betriebenab (Avtal om kompetensutveckl<strong>in</strong>g i företagen).Er besteht aus fünf <strong>in</strong>haltlichen Teilen (geme<strong>in</strong>samesVerständnis der Tarifparteien vonberuflicher <strong>Weiterbildung</strong>, Ziele dieser Maßnahmen;Zusammenarbeit <strong>in</strong> den Betrieben;Regelung der <strong>in</strong>dividuellen Entwicklung; Zusammenarbeitzwischen Gewerkschaften undGeschäftsführungen; Aushandlungsverfahren)(Teknikföretagen 2007: 67-70).E<strong>in</strong>leitend wird festgehalten, dass Betriebee<strong>in</strong>e „fundamentale Verantwortlichkeit“dafür haben, sicherzustellen, dass die Beschäftigtenüber e<strong>in</strong> hohes qualifikatorischesNiveau verfügen. Gleichzeitig tragendie Beschäftigten e<strong>in</strong>e persönliche Verantwortung,die eigenen fachlichen Fertigkeitenund Kenntnisse kont<strong>in</strong>uierlich entsprechendden betrieblichen Erfordernissen fortzuentwickeln.Dazu müsse e<strong>in</strong> vertrauensvoller Dialogzwischen beiden Tarifparteien im Betriebgepflegt werden, der zu e<strong>in</strong>er Erneuerungund Erhöhung der Skills bei den Arbeitnehmernführt und somit zu e<strong>in</strong>er Verbesserungder Effektivität, Profitabilität und Wettbewerbsfähigkeitder Betriebe. Das setze voraus,dass <strong>in</strong> den Betrieben e<strong>in</strong> Klima herrsche,das es den Arbeitnehmern ermöglicht,diese hohen Ansprüche zu verwirklichen. Diedafür notwendigen Projekte müssten kont<strong>in</strong>uierlich,systematisch und zielorientiert ausgerichtetse<strong>in</strong>, um die Betriebe <strong>in</strong> die Lage zuversetzen, den verschärften Wettbewerbsherausforderungengewachsen zu se<strong>in</strong>. Betriebliche<strong>Weiterbildung</strong> müsse daher folgendeZiele verfolgen:Erhöhung der Wirtschaftlichkeit der Betriebe;Erhöhung der E<strong>in</strong>satzmöglichkeiten der Arbeitnehmermit ihren fachlichen Kompetenzen,um e<strong>in</strong>e bessere Flexibilität und Leistungsfähigkeitzu erreichen;Erhöhung der Arbeitsplatzsicherheit der Arbeitnehmer;Gewährleistung e<strong>in</strong>es guten Arbeitsklimasund Umfeldes sowie e<strong>in</strong>er positiven Lohnentwicklungsowiee<strong>in</strong>e Verbesserung der Gleichstellung vonMännern und Frauen im Betrieb (ebd.: 72).Aufgrund des beiderseitigen Interesses an e<strong>in</strong>emhohen Qualifikationsstandard der Beschäftigten,soll <strong>Weiterbildung</strong> als e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>samesAnliegen betrachtet werden. Wenn diese<strong>in</strong> Tarifpartner wünscht, solle e<strong>in</strong> „geme<strong>in</strong>samesKomitee“ zu Fragen der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong>e<strong>in</strong>gerichtet werden. Aufgabe diesesKomitees müsste es se<strong>in</strong>, die bestehendenund künftigen Bildungsanforderungen zu identifizieren.Hierzu könnten Analysen über zu-6 Der Gastredner war Richard Sennet (Zusammenfassung se<strong>in</strong>es Vortrags: Sennett 2008).52


SCHWEDENkünftige Veränderungen hilfreich se<strong>in</strong>, um e<strong>in</strong>egute Planung der betrieblichen <strong>Weiterbildung</strong>zu erzielen. Die E<strong>in</strong>führung neuer <strong>Weiterbildung</strong>ssystemesolle <strong>in</strong> dem Komitee diskutiertwerden. Solche neuen <strong>Weiterbildung</strong>ssystemesollten u. a. dafür genutzt werden, auf die Anbieterstaatlicher beruflicher <strong>Weiterbildung</strong>E<strong>in</strong>fluss zu nehmen. Insgesamt sei es von herausragenderBedeutung, dass <strong>in</strong> den BetriebenLohn- und Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen bestehen,die die Beschäftigten ermuntern, kont<strong>in</strong>uierlichihre fachlichen Kenntnisse zu verbessern.Des Weiteren sollten alle Arbeitnehmer, unabhängigvon ihrer Stellung im Betrieb, <strong>in</strong> den Genussvon beruflicher <strong>Weiterbildung</strong> kommen,was <strong>in</strong>sbesondere für solche Arbeitnehmergilt, die e<strong>in</strong>en Nachholbedarf an beruflicherQualifizierung haben. Unter „<strong>in</strong>dividueller Entwicklung“wird verstanden, dass der jeweiligeArbeitnehmer die Möglichkeit hat, an <strong>in</strong>ternenoder externen <strong>Weiterbildung</strong>smaßnahmen teilzunehmen.„Individuelle Entwicklungspläne“könnten e<strong>in</strong> wichtiges Instrument se<strong>in</strong>, um dieseZiele zu erreichen, soweit e<strong>in</strong> solcher Entwicklungsplanvom Arbeitnehmer gewünschtwird. Solche Entwicklungspläne sollten sowohlunter dem Aspekt der Weiterentwicklung desArbeitnehmers diskutiert werden als auch unterdem Aspekt betrieblicher Erfordernisse.Auf Branchenebene haben Gewerkschaftenund Arbeitgeberverband e<strong>in</strong>en „Beirat zur <strong>in</strong>dustriellenKompetenzentwicklung“ (Verkstads<strong>in</strong>dustr<strong>in</strong>snämnd för kompetensfrågor)e<strong>in</strong>gerichtet, dessen Aufgabe es ist, sich mitFragen der beruflichen Aus- und <strong>Weiterbildung</strong>zu befassen, u. a.:die Betriebe zu ermuntern, sich verstärktum die Verbesserung des Qualifikationsniveausder Beschäftigten zu kümmern;das Interesse der Betriebe und der Arbeitnehmeran beruflicher <strong>Weiterbildung</strong> zu erhöhen,u. a. durch e<strong>in</strong>en kont<strong>in</strong>uierlichenErfahrungsaustausch;Qualifizierungsprojekte <strong>in</strong> der beruflichen<strong>Weiterbildung</strong> auf den Weg zu br<strong>in</strong>gen, e<strong>in</strong>eEvaluierung durchzuführen sowie e<strong>in</strong>en systematischenAustausch über zukünftige Anforderungen<strong>in</strong> der Branche zu pflegen;Analysen zu veranlassen, wie Kle<strong>in</strong>- undMittelbetriebe diesen Anforderungen gerechtwerden können;verstärkt geme<strong>in</strong>samen E<strong>in</strong>fluss zu nehmenauf die Anbieter öffentlicher Kurse beruflicher<strong>Weiterbildung</strong>, und zwar sowohl h<strong>in</strong>sichtlichder Inhalte als auch des Umfangsvon beruflicher <strong>Weiterbildung</strong>;Betriebe und Arbeitnehmer zu ermuntern,die Chancen dieser Tarifvere<strong>in</strong>barung <strong>in</strong>Anspruch zu nehmen.Diese Tarifvere<strong>in</strong>barung ähnelt denen, die <strong>in</strong>Deutschland abgeschlossen wurden. Es wirdauf Branchenebene e<strong>in</strong>e Rahmenvere<strong>in</strong>barungfür die Betriebe abgeschlossen, diese und dieArbeitnehmer werden ermuntert, die Möglichkeitendieser Vere<strong>in</strong>barung umzusetzen. E<strong>in</strong>eVerpflichtung zur Umsetzung gibt es nicht. IndividuelleEntwicklungspläne werden empfohlen,sofern e<strong>in</strong> Arbeitnehmer dies wünscht. DesWeiteren wird die E<strong>in</strong>richtung e<strong>in</strong>es entsprechendenKomitees vorgeschlagen. Auf Branchenebeneexistiert e<strong>in</strong> Beirat, der sich mit denBetriebliche Komiteeszur <strong>Weiterbildung</strong>53


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPABeirätezur <strong>in</strong>dustriellenKompetenzentwicklungaufBranchenebeneNotwendigkeiten betrieblicher <strong>Weiterbildung</strong>befasst. Aus deutscher Perspektive fallen zweiAspekte <strong>in</strong>s Auge. Erstens s<strong>in</strong>d die Betriebenicht verpflichtet, diese Tarifvere<strong>in</strong>barung umzusetzen,deshalb erfolgt zweitens e<strong>in</strong> mehrmaligerAppell an die Betriebe und die betrieblichenVertreter der Gewerkschaften, die Chancenzur Erhöhung der fachlichen Kompetenzder Beschäftigten zum Wohle der Arbeitnehmerwie der Betriebe doch zu nutzen. Diese Appellekönnen so verstanden werden, dass berufliche<strong>Weiterbildung</strong> tarifpolitisch angemessen geregeltist, während die Hauptprobleme solche derUmsetzung auf betrieblicher Ebene s<strong>in</strong>d. Damithätten wir e<strong>in</strong>e vergleichbare Situation wiebeispielsweise <strong>in</strong> der deutschen Metall<strong>in</strong>dustrie(Bahnmüller/Fischbach 2004). E<strong>in</strong>e schwedischeBesonderheit ist dar<strong>in</strong> zu sehen, dassBetriebe, die <strong>Weiterbildung</strong>spläne entwickelthaben, sich an staatliche E<strong>in</strong>richtungen, dieKurse <strong>in</strong> beruflicher <strong>Weiterbildung</strong> anbieten,wenden sollen, um Druck <strong>in</strong> ihrem S<strong>in</strong>ne auszuüben,und zwar sowohl h<strong>in</strong>sichtlich der Inhaltedieser Kurse wie des Umfangs. H<strong>in</strong>ter diesenForderungen stehen die starken Vorbehalte,die Gewerkschaften wie Arbeitgeberverbändeh<strong>in</strong>sichtlich der Qualität der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong>hegen, wenn sie von kommunalenTrägern angeboten wird.Allgeme<strong>in</strong> ist diese Vere<strong>in</strong>barung durchause<strong>in</strong> wichtiger tariflicher Beitrag zur beruflichen<strong>Weiterbildung</strong>, wie er so oder so ähnlich auchvon deutschen Gewerkschaften <strong>in</strong> den letztenJahren abgeschlossen wurde. Es werden allgeme<strong>in</strong>eRahmenbed<strong>in</strong>gungen für berufliche <strong>Weiterbildung</strong>formuliert, Verfahren, die die Zusammenarbeitzwischen den Tarifparteien regeln,sowie die Aufstellung <strong>in</strong>dividueller Entwicklungsplänevorgesehen. Insofern kann e<strong>in</strong>er<strong>Studie</strong> der Europäischen <strong>Stiftung</strong> zur Verbesserungder Lebensbed<strong>in</strong>gungen (Eironl<strong>in</strong>eSweden 2009) <strong>in</strong> Schweden aus dem Jahre 2009nicht gefolgt werden, <strong>in</strong> der bemängelt wird,dass es <strong>in</strong> Schweden <strong>in</strong> der Tarifpolitik seit2002 ke<strong>in</strong>e Entwicklung <strong>in</strong> der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong>gegeben hätte. Zwar ist es richtig,dass das Gesamtsystem <strong>in</strong> Schweden über„ke<strong>in</strong> koord<strong>in</strong>iertes System der beruflichen Bildung“verfügt (ebd.). Richtig ist auch, dass <strong>in</strong>der Tarifpolitik berufliche <strong>Weiterbildung</strong> ke<strong>in</strong>‚Topthema’ ist – das trifft aber für be<strong>in</strong>ahe sämtlicheeuropäischen Gewerkschaften zu. Außerdemist es fragwürdig, die Vere<strong>in</strong>barung derschwedischen Metallgewerkschaften von 2007aus e<strong>in</strong>er europäischen Perspektive sozusagen‚kle<strong>in</strong>zureden‘. Diese Tarifvere<strong>in</strong>barung wird <strong>in</strong>der <strong>Studie</strong> noch nicht e<strong>in</strong>mal erwähnt, sondernes wird vor allem auf e<strong>in</strong>e acht Jahre alte <strong>Studie</strong>von SACO, der Zentralorganisation SchwedischerAkademiker, Bezug genommen (Wennström2001). E<strong>in</strong>e differenzierte Betrachtungwäre hier angemessen gewesen.7.5 Zwischenresümee SchwedenSchweden bietet im H<strong>in</strong>blick auf die berufliche<strong>Weiterbildung</strong> ke<strong>in</strong> e<strong>in</strong>heitliches Bild. E<strong>in</strong>erseitshat sich das schwedische Modell mit demAbschluss des „Industrieabkommens“ von 1997e<strong>in</strong>deutig erholt, und das Land weist bei wichtigenmakroökonomischen Parametern weitausbessere Ergebnisse auf als Deutschland. Im54


SCHWEDENPolitikfeld der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong>herrscht zwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbändene<strong>in</strong> Höchstmaß an Übere<strong>in</strong>stimmung.Beide haben verschiedene Initiativenentwickelt, um die berufliche <strong>Weiterbildung</strong>zu verbessern. Trotz e<strong>in</strong>er Reihe bestehenderProbleme gehören die schwedischenBetriebe mit zu den ‚weiterbildungsfreundlichsten‘<strong>in</strong> <strong>Europa</strong>. Das Problem liegt <strong>in</strong> derbegrifflichen Abgrenzung. Viele Kurse, die vonArbeitnehmern <strong>in</strong> Anspruch genommen werden,gehören zur allgeme<strong>in</strong>en Erwachsenenbildungund zielen auf das Nachholen schulischerAbschlüsse. Solche Anstrengungenmüssten zwar auch die Betriebe <strong>in</strong> Deutschlandbegrüßen, aber hier gibt es vergleichbare Möglichkeitenfür erwachsene Beschäftigte garnicht. Das andere Problem liegt dar<strong>in</strong>, dass dieBetriebe vielfach nichts mit den Inhalten anfangenkönnen, die von öffentlichen Trägern derErwachsenenbildung angeboten werden.Anders ist die vehemente Kritik von Gewerkschaftenund Arbeitgeberverbänden an denstaatlichen Kursen der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong>nicht zu erklären.In Schweden liegt das Problem jedoch nichtso sehr <strong>in</strong> der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong>, sondernbeim Übergang von der schulischen zurberuflichen Bildung. Erstere ist <strong>in</strong> den Händendes Staates (vor allem der Kommunen), Letztere<strong>in</strong> denen der Sozialpartner. E<strong>in</strong>e Koord<strong>in</strong>ierunggibt es an dieser Schnittstelle bislangnicht. Solche Koord<strong>in</strong>ierungsdefizite werdenaber mit dafür verantwortlich gemacht, dassSchweden e<strong>in</strong>e der höchsten Jugendarbeitslosigkeitsquoten<strong>Europa</strong>s aufweist. Durch e<strong>in</strong>ebessere Vernetzung könnte dieses Problemgelöst werden. In Deutschland sieht die Situationanders aus, weil auf der Struktur-Ebenemit der dualen Berufsausbildung grundsätzliche<strong>in</strong>e Konstruktion zur Verfügung steht, dieAbschottungstendenzen <strong>in</strong>folge e<strong>in</strong>er mangelhaftenVernetzung zwischen staatlichem undprivatwirtschaftlichem Sektor vorbeugt. E<strong>in</strong>enähere Betrachtung zeigt, dass jedoch vor allem<strong>in</strong> der Berufsausbildung erheblicherNachholbedarf besteht, wie die Forderungender DGB-Gewerkschaften belegen. An dieserStelle geht es jedoch darum, dass Schwedenan e<strong>in</strong>er mangelnden Vernetzung zwischenstaatlichen und privatwirtschaftlichen Zuständigkeitenleidet, die sich zuungunsten von Jugendlichenauswirkt.Schwedens Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände,<strong>in</strong>sbesondere die exportabhängigeWirtschaft, vertreten geme<strong>in</strong>same Positionenund entwickeln geme<strong>in</strong>same Initiativen,um die Abschottung der staatlichen Berufsbildungzu überw<strong>in</strong>den. Die Initiative zur E<strong>in</strong>richtungvon Technik-Colleges wird von beiden Seitenals e<strong>in</strong> wichtiger Beitrag <strong>in</strong> diesem S<strong>in</strong>negesehen. Das Problem besteht dar<strong>in</strong>, dass dieTeilnahme an der Initiative freiwillig ist undnicht verallgeme<strong>in</strong>ert werden kann. Dadurchkönnte sich das Problem regionaler Disparitätenzwischen wirtschaftsstarken und wirtschaftsschwachenRegionen eher verschärfenals gelöst werden.Hohes Maß anGeme<strong>in</strong>samkeitenzwischen denSozialpartnern <strong>in</strong>der <strong>Weiterbildung</strong>Wichtigster Ansatz:Technik-Colleges55


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPA8. DänemarkNach 1945 Notwendigkeitder Qualifizierungbreiter Bevölkerungsschichten8.1 <strong>Berufliche</strong> <strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong> DänemarkÄhnlich wie <strong>in</strong> Schweden war die Nachkriegsentwicklung<strong>in</strong> Dänemark von e<strong>in</strong>em grundlegendenWandel der Gesellschaft und Volkswirtschaftgekennzeichnet, der dazu führte, dasssich das vormals agrarische Land <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Industrie-und Dienstleistungsgesellschaft verwandelte.Heute wohnen nur 15 Prozent der Bevölkerungaußerhalb von Städten, vor dem ZweitenWeltkrieg war das Verhältnis umgekehrt.Die Industrie benötigte qualifizierte Arbeitskräfte,aber die Beschäftigten aus der Landwirtschaftwaren oftmals ger<strong>in</strong>g qualifiziertund mussten daher nachqualifiziert werden.Gleichzeitig wurden verstärkt Frauen beschäftigt.Beide Effekte führten zu e<strong>in</strong>em frühen undstarken Ausbau der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong><strong>in</strong> Dänemark. Obwohl der Staat der entscheidendeAkteur war, wurde <strong>in</strong> der Erwachsenenbildungdie Rolle der Gewerkschaften und Arbeitgeberbewusst gestärkt. Zwar werden allewichtigen Regelungen vom Arbeits- und vomBildungsm<strong>in</strong>isterium festgelegt. Diese werdenaber von den Sozialpartnern vorbereitet und imE<strong>in</strong>vernehmen mit den M<strong>in</strong>isterien beschlossen.7 <strong>Berufliche</strong> <strong>Weiterbildung</strong> war <strong>in</strong> Dänemarkimmer e<strong>in</strong> wichtiges <strong>in</strong>nenpolitischesThema, über das aber kaum kontroverse Debattengeführt wurden, wie wir das aus Deutschlandkennen.Dänemark setzt sich sowohl im Bereich derArbeitsbeziehungen mit dem Konzept der „Flexicurity“8 als auch h<strong>in</strong>sichtlich der beruflichen<strong>Weiterbildung</strong> gerne von Schweden wie vonDeutschland ab. So verbr<strong>in</strong>gen die Schülermehr Zeit mit theoretischem Unterricht als imdeutschen dualen System der Berufsausbildung.Und im Gegensatz zu Schweden erhaltendie Schüler e<strong>in</strong>e stärkere praktische betrieblicheAusbildung (Undervisn<strong>in</strong>gs M<strong>in</strong>isteriet2008).Grundlage der Berufsausbildung ist derWechsel zwischen schulischen und betrieblichenAusbildungsperioden. Allgeme<strong>in</strong> dauerte<strong>in</strong>e Berufsausbildung höchstens vier Jahre,die Auszubildenden verbr<strong>in</strong>gen zwei Drittel derAusbildung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em oder mehreren Betrieben,die als Ausbildungsbetriebe anerkannt s<strong>in</strong>d.Die Ausbildung vermittelt nicht nur beruflicheund fachliche Qualifikationen, sondern auchQuerschnitts- und Allgeme<strong>in</strong>wissen und kannzu akademischen Qualifikationen führen. Charakteristischist e<strong>in</strong> starker E<strong>in</strong>fluss der Sozialpartnerauf das Berufsbildungssystem; sie s<strong>in</strong>dauf der nationalen und der lokalen Ebene diezentralen Akteure. „Diese herausragende Rolleder Sozialpartner ist e<strong>in</strong>zigartig im europäischenKontext“ (Cort 2002: 29). Prägend für dasSystem ist Konsensbildung, die auf allen Stufendes Bildungssystems anzutreffen ist (Grollmann/Gottlieb/Kurz2003).7 So verweist das Bildungsm<strong>in</strong>isterium auf die hohe Autonomie der Berufsschulen etwa h<strong>in</strong>sichtlich ihrer Budgethoheitund vor allem auf die starke Rolle der Sozialpartner. In diesem <strong>in</strong>stitutionellen Kontext nehme dasdänische Bildungsm<strong>in</strong>isterium bewusst e<strong>in</strong>e „unauffällige Rolle“ e<strong>in</strong>, http://pub.uvm.dk/2000/deutsch/hel.htm#3.8 Flexicurity (aus engl. flexibility und security): <strong>in</strong> der Arbeitsmarktpolitik e<strong>in</strong>e Kompromissformel für denInteressensausgleich zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern.56


DÄNEMARKDänemark ist bekannt für se<strong>in</strong> AusbildungsabgabesystemArbejdsgivernes Elevrefusion(AER), das gerade deutschen Gewerkschaftenals Vorbild für die Ausbildungsf<strong>in</strong>anzierunggilt. Jedes öffentliche und private Unternehmenzahlt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>en Fonds e<strong>in</strong>en Beitrag e<strong>in</strong>, bezogenauf die durchschnittliche Arbeitnehmerzahl imUnternehmen. Die Beiträge gehen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e <strong>Stiftung</strong>e<strong>in</strong>, die bereits 1977 auf Druck der Gewerkschaftengegründet wurde. Seit 2003 s<strong>in</strong>d dieBeiträge kont<strong>in</strong>uierlich gestiegen, um 2008 e<strong>in</strong>enSprung auf knapp 5000 Millionen dänischeKronen zu machen (AER 2007 und 2008). Es giltals unbestritten, dass dieses Umlagesystem diehohe Bereitschaft der dänischen Unternehmenerklärt, sich an der Ausgestaltung der beruflichenAusbildung an den Schulen zu beteiligen(Grollmann/Gottlieb/Kurz 2003: 8). Auch hiergibt es mittlerweile erheblich Veränderungen.So wurde ab 2004 das Rückerstattungssystemfür Arbeitgeber (AER) vom Staat übernommen,soweit es die F<strong>in</strong>anzierung der berufspraktischenAusbildung an der Schule angeht. DieArbeitgeber zahlen die Beiträge für die Teilnehmeran der beruflichen Aus- und <strong>Weiterbildung</strong>,die sogenannte VEU-Beihilfe (Voksen EfterUddannelse, Erwachsenenbildung). Damitübernehmen die „Unternehmen mehr Verantwortungfür die Fort- und <strong>Weiterbildung</strong>“ (Jørgensen2008: 114).Das dänische Berufsbildungssystem bef<strong>in</strong>detsich seit 2000 <strong>in</strong>sgesamt <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Umbruch,sodass von Experten sogar von e<strong>in</strong>em Paradigmawechselgesprochen wird (ebd.). Die Anfängegehen auf das Jahr 1982 zurück, als die Mitte-rechts-Regierunggebildet wurde. E<strong>in</strong> Zieldes damaligen liberal-demokratischen Bildungsm<strong>in</strong>isterswar die Elim<strong>in</strong>ierung sozialdemokratischerGleichheitsvorstellungen ausden 1970er Jahren und die Etablierung e<strong>in</strong>erneuen „Philosophie“ im Bildungssystem, die imWesentlichen auf dem Konzept des „New PublicManagements“ (NPM) fußte, der E<strong>in</strong>führungvon Dezentralisierung und marktförmigen Elementen<strong>in</strong> die Bildungspolitik (Lassen u. a.2006). Das Ergebnis war e<strong>in</strong> „Schwarm von Initiativen“(ebd.: 4), die bis <strong>in</strong> die Gegenwart reichen.Obwohl Anfang der 1990er wieder e<strong>in</strong>esozialdemokratische Regierung das Ruderübernahm, wurde die „Philosophie der Individualisierung“<strong>in</strong> der Bildungspolitik nicht abgeschafft(ebd.). E<strong>in</strong>e Regierungskommissionmachte Ende der 1990er Jahre weitreichendeReformvorschläge für e<strong>in</strong>e Bildungsreform, <strong>in</strong>deren Mittelpunkt die Reform der Erwachsenenbildungstand (VEU, Voksen Efter Uddannelse).Neben erheblichen Rationalisierungen undMittelkürzungen basiert das Erwachsenenbildungssystemnunmehr auf folgenden Elementen(s. Abb. 10):Allgeme<strong>in</strong>bildung für Erwachsene(liberal adult education),allgeme<strong>in</strong>e Erwachsenenbildung(general adult education),berufsorientierte Erwachsenenbildung(adult vocational oriented education).Am Pflichtschulsystem und den weiterführendenSchulen ist die Erwachsenenbildung unddie <strong>Weiterbildung</strong> orientiert, auf die wir hiere<strong>in</strong>gehen. Die Allgeme<strong>in</strong>bildung für Erwachsene– der englische Begriff „liberal adult educa-Berufsausbildungbasiert auf demWechsel zwischenschulischer undbetrieblicherAusbildung57


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPAAbbildung 10:Das dänische BildungssystemBildungs-/Ausbildungsjahre9-1010-12(3, 5)13-1413-1513-17GrundbildungPrimär- unduntereSekundarstufe I<strong>Berufliche</strong> BildungAllgeme<strong>in</strong>e undberufliche BildungSekundarstufe IIKurzstudiumHochschulstudiummittlerer DauerBachelorHochschulstudiumvon langerDauerErwachsenenbildungBerufsorientierteErwachsenenbildungAllgeme<strong>in</strong>eErwachsenenbildungVorbereitendeErwachsenenbildung<strong>Berufliche</strong> <strong>Weiterbildung</strong>sprogramme (CTV)und berufliche Erwachsenenbildung (AMU) (4)Allg. und beruflicheErwachsenenbildung(VEUO) (VEUD) (1)Sonderunterricht für ErwachseneDänisch als zweite Sprache (5)Erwachsenengrundbildung(GVU) (1)HöhereVorbereitungsprüfung(HF)Allgeme<strong>in</strong>eErwachsenenbildungErwachsenenfortbildung(1,2)Diplom (1)Master (1)Allgeme<strong>in</strong>bildungfür ErwachseneAbendschulen (3)Tagesvolkshochschulen (3)Volkshochschulen (3)H<strong>in</strong>weis: Die Zahl macht lediglich die Stufen, aber nicht den Umfang der Aktivitäten deutlich. In den heller unterlegten Feldern s<strong>in</strong>d die mit der Reform derberuflichen Bildung e<strong>in</strong>geführten Änderungen dargestellt.(1) Offener Unterricht außerhalb des Systems der Grundbildung(2) E<strong>in</strong>geführt 2001 im Rahmen der Reform der Erwachsenenbildung (die dänische Abkürzung für Erwachsenenbildung lautet VU).(3) Die Stufe lässt sich nicht genau angeben.(4) Nur für dieses Bildungsprogramm ist das Arbeitsm<strong>in</strong>isterium zuständig, während die übrigen Stufen der Bildungsprogramme <strong>in</strong> den Zuständigkeitsbereich desBildungsm<strong>in</strong>isteriums fallen.(5) Bildung für Ausländer. Die dänische Abkürzung für die allgeme<strong>in</strong>e Erwachsenenausbildung lautet AVU, diejenige für vorbereitende Erwachsenenbildung FVU.Quelle: Lassen u. a. 2006/Jørgensen 2008.58


DÄNEMARKtion“ ist hier aufschlussreicher – fällt <strong>in</strong> dieZuständigkeit der Geme<strong>in</strong>den, die große Gestaltungsmöglichkeiten<strong>in</strong> Bezug darauf haben,ob und <strong>in</strong>wieweit sie Mittel für diese Art derErwachsenenbildung zur Verfügung stellen.Wichtige Kriterien s<strong>in</strong>d Wahlfreiheit bei denFächern, allgeme<strong>in</strong>er Zugang, Eigenverantwortungsowie die Freiheit, die Lehrer selbst auszusuchen(ebd.: 8). Die allgeme<strong>in</strong>e Erwachsenenbildunghat dagegen die Aufgabe, Basisfertigkeitenwie Lesen, Rechnen, Schreiben undgrundlegende mathematische Kenntnisse zustärken. Die Bildungse<strong>in</strong>richtungen müssenAbschlusstests anbieten. Die Teilnahme an denKursen ist kostenlos.Bei der berufsorientierten Erwachsenenbildunggibt es Grundkurse (GrundlæggendeVoksenuddannelse, GVU), die Kenntnisse vermitteln,wie sie üblicherweise <strong>in</strong> normalenSchulgängen erworben werden, verknüpft mitberufsorientierten Inhalten. Sie enden mit e<strong>in</strong>emformalen Fachabschluss. Die Abschlussprüfungens<strong>in</strong>d dieselben, wie sie Jugendlicheabsolvieren müssen. Vor dem E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> dieKurse wird e<strong>in</strong>e Art <strong>in</strong>dividueller Evaluierungoder E<strong>in</strong>schätzung („Kompetenzbewertung“)vorgenommen, um festzustellen, welche Kursefür den e<strong>in</strong>zelnen Arbeitnehmer die richtigens<strong>in</strong>d. Auf dieser Basis legt die Schule e<strong>in</strong>en<strong>in</strong>dividuellen Bildungsplan vor, der Wissens<strong>in</strong>halteund fachliche Kenntnisse des E<strong>in</strong>zelnenauflistet, die aufzuarbeiten s<strong>in</strong>d, um zue<strong>in</strong>em erfolgreichen Abschluss zu kommen.Berücksichtigung f<strong>in</strong>den die bisher abgelegtenAbschlüsse sowie die beruflichen Erfahrungen(ebd.).Diese Reform führte zu drastischen Kürzungen<strong>in</strong> der staatlichen Förderung der Berufsbildung,weil davon ausgegangen wurde, dass diejeweiligen E<strong>in</strong>richtungen (Unternehmen, Geme<strong>in</strong>den),aber auch die Arbeitnehmer sich dieF<strong>in</strong>anzierung teilen. Die Arbeitnehmer habenjedoch die Möglichkeit, staatliche Berufsbildungsförderung<strong>in</strong> Anspruch zu nehmen, abhängigdavon, welche Kurse besucht werden (ebd.).Parallel zur Berufsbildungsreform wurdee<strong>in</strong>e Reform der F<strong>in</strong>anzierung der beruflichen<strong>Weiterbildung</strong> beschlossen. Es wurde e<strong>in</strong> sogenannterArbeitsmarktbeirat zur <strong>Weiterbildung</strong>sf<strong>in</strong>anzierung(Arbejdsmarkedets UddannelsesF<strong>in</strong>ansier<strong>in</strong>g, AUF) e<strong>in</strong>gerichtet, der vonden Sozialpartnern gelenkt wird. Diese habendie Möglichkeit, Vorschläge für die <strong>in</strong>haltlicheWeiterentwicklung der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong>vorzulegen, aber sie haben ke<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>flussauf die F<strong>in</strong>anzierung, weil der Staat e<strong>in</strong>enHöchstbetrag für die berufliche <strong>Weiterbildung</strong>festsetzt. Wird dieser Betrag überschritten,muss e<strong>in</strong>e Ko-F<strong>in</strong>anzierung entweder über dieUnternehmen oder den e<strong>in</strong>zelnen Arbeitnehmeroder von beiden erfolgen (ebd.: 13) – abernicht durch den Staat. Auch bei fortgeschrittenenKursen der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong> wurdee<strong>in</strong>e Ko-F<strong>in</strong>anzierung durch den e<strong>in</strong>zelnenArbeitnehmer festgeschrieben.Im Zentrum der berufsorientierten Erwachsenenbildungsteht nach wie vor die Arbeitsmarktausbildung(Arbejdsmarkedsuddannelserne,AMU), für die das Arbeitsm<strong>in</strong>isteriumzuständig ist (die anderen <strong>Weiterbildung</strong>sbereichefallen <strong>in</strong> die Zuständigkeit des Bildungsm<strong>in</strong>isteriums).Die sogenannten AMU-CenterBerufsorientierteErwachsenenbildungArbeitsmarktausbildung(AMU)steht imMittelpunkt59


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPAF<strong>in</strong>anzierungder Arbeitsmarktausbildunghaben sich seit den 1960er Jahren neben denBerufsschulen zu den wichtigsten <strong>Weiterbildung</strong>se<strong>in</strong>richtungenentwickelt (JobConsult<strong>in</strong>g-Plus/IG Metall 2008). Sie gehen auf das gewerkschaftlicheKonzept der Abendschulen zurück,das von der Gewerkschaft der Un- und AngelerntenSpecialarbejderforbundet <strong>in</strong> Danmark(SiD) <strong>in</strong> den 1940er Jahren für Gewerkschaftsmitgliederentwickelt wurde. Diese Specialarbejder-Skolerboten für ihre Mitglieder e<strong>in</strong>Kurssystem zur beruflichen Aus- und <strong>Weiterbildung</strong><strong>in</strong> berufsbegleitenden Kursen an, das aufUn- und Angelernte abgestellt war. Aufgrund derWirtschaftskrise <strong>in</strong> der Fischerei und der Landwirtschaftwurden 1960 die gewerkschaftlichenAMU-Center gesetzlich verankert. Heute gibt es<strong>in</strong> den AMU-Centern für fast alle Beschäftigtengruppene<strong>in</strong> flächendeckendes Angebot. DieKursteilnahme ist kostenlos und steht allen Dänenüber 18 Jahren offen (Cort 2002).Nach dem Arbeitsmarktausbildungsgesetzvon 1995 hat AMU folgende Ziele:die Vermittlung, Aufrechterhaltung undVerbesserung der beruflichen Kompetenzender Ausbildungsteilnehmer, dieden Bedürfnissen der Unternehmen,des Arbeitsmarktes und der e<strong>in</strong>zelnenArbeitnehmer entsprechen sollen undim E<strong>in</strong>klang mit der technologischenund gesellschaftlichen Entwicklung erfolgen;die kurzfristige Behebung von Umstellungs-und Anpassungsproblemen aufdem Arbeitsmarkt;die Förderung e<strong>in</strong>er allgeme<strong>in</strong>en Anhebungdes Qualifikationsstands der Erwerbsbevölkerungauf lange Sicht(Cort 2002).Die F<strong>in</strong>anzierung der Arbeitsmarktausbildungsowie der Betriebskosten für die AMU-Centererfolgt über e<strong>in</strong>e Arbeitsmarktabgabe, e<strong>in</strong>eBruttosteuer von 8 Prozent, die von allen Arbeitnehmernzu entrichten ist. Es gibt etwa2000 verschiedene Lehrgänge im Rahmen derArbeitsmarktausbildung. Die Teilnehmer habenwährend e<strong>in</strong>er beruflichen <strong>Weiterbildung</strong>Anspruch auf f<strong>in</strong>anzielle Vergütung (sog. Voksen-og Efter Uddannelse godtgørelse – VEUgodtgørelse),die der Arbeitslosenunterstützungentspricht (90 Prozent des Lohns). Die Arbeitgeberstocken diesen Betrag häufig auf(ebd.). Die Kosten für das gesamte beruflicheAus- und <strong>Weiterbildung</strong>ssystem <strong>in</strong> Dänemarkbeliefen sich im Jahre 2006 auf über e<strong>in</strong>e MilliardeEuro (Cedefop 2008: 47). AMU-Schulungens<strong>in</strong>d Teil e<strong>in</strong>es Systems zur Anhebung desQualifikationsstands des E<strong>in</strong>zelnen durch modularaufe<strong>in</strong>ander abgestimmte Kurse. In zahlreichenBerufen ermöglicht die Absolvierungsolcher Kurse an- und ungelernten Teilnehmerndie Aneignung von beruflichen Qualifikationen,das Ablegen der Facharbeiter- bzw. Gesellenprüfungoder den Abschluss anrechnungsfähigerAusbildungse<strong>in</strong>heiten für e<strong>in</strong>en weiterenBerufsbildungsgang. Die Schulungen lassensich <strong>in</strong> fünf Hauptgruppen e<strong>in</strong>teilen:Lehrgänge, die formale Qualifikationenvermitteln, bilden den Grundstock des Arbeitsmarktausbildungssystems;es s<strong>in</strong>d re-60


DÄNEMARKAbbildung 11:Organisation der staatlichen beruflichen <strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong> DänemarkNationalerArbeitsmarktratArbeitsm<strong>in</strong>ister/Arbeitsm<strong>in</strong>isteriumInstitution zurVerwaltung desAus- und <strong>Weiterbildung</strong>sf<strong>in</strong>anzierungsfondsdes ArbeitsmarktesArbeitsmarktbehördeNationalerAusbildungsrat14 regionaleArbeitsmarkträte14 Arbeitsamtsregionen24 AMU-ZentrenBerufsschulen15 <strong>Weiterbildung</strong>sausschüsseOrgane mit Vertretern der SozialpartnerAMU: Dänische Abkürzung für berufliche ErwachsenenbildungQuelle: Cort 2002.lativ kurze berufliche Schulungen, die biszu sechs Wochen dauern, die als zusammenhängendeVollzeitausbildung, als Teilzeitausbildungoder <strong>in</strong> Form von Abendkursenabsolviert werden können;<strong>in</strong>tegrierte AMU-Lehrgänge (sammenhængendeuddannelsesforløb) s<strong>in</strong>d beruflicheBildungsmaßnahmen längerer Dauer, diesich auf Beschäftigte, Arbeitslose oderFlüchtl<strong>in</strong>ge/E<strong>in</strong>wanderer beziehen;der „<strong>in</strong>dividuellen Kompetenzfeststellung“dienen Kurse, die darauf ausgerichtet s<strong>in</strong>d,die beruflichen und allgeme<strong>in</strong>en Qualifikationene<strong>in</strong>es Arbeitnehmers zu überprüfen,um die Voraussetzungen für e<strong>in</strong>e spätereTeilnahme an allgeme<strong>in</strong>er oder beruflicher<strong>Weiterbildung</strong> zu ermitteln. Solche Kompetenzfeststellungskurserichten sich an Arbeitsloseund Beschäftigte;unternehmensspezifische Schulungen(virksomhedstilpassede kurser) decken diekonkreten Aus- und <strong>Weiterbildung</strong>sbedürfnissebestimmter Unternehmen ab;Lehrgänge an „AMU-Übungsschulen“ (træn<strong>in</strong>gsskolensarbejdsmarkedsuddannelser)zielen auf junge Menschen (18 bis 25 Jahre),die persönliche und soziale Anpassungsschwierigkeitenhaben. Die Kurse sollendie sozialen, arbeitsbezogenen und persönlichenKompetenzen der Teilnehmer erhöhenund ihre Wiedere<strong>in</strong>gliederung <strong>in</strong> dasreguläre Bildungssystem ermöglichen(ebd.: 31).Starke Rolle derSozialpartner61


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPASeit 2001Dezentralisierung derZuständigkeitenE<strong>in</strong> wesentliches Element des dänischen Berufsbildungssystemsist die aktive Beteiligungder Sozialpartner. Die Darstellung des AMU-Systems <strong>in</strong> Abbildung 11 zeigt, dass die Sozialpartnerauf nationaler wie auf regionaler undlokaler Ebene <strong>in</strong> verschiedene Gremien e<strong>in</strong>gebundens<strong>in</strong>d, die für die Steuerung des Gesamtsystemswichtig s<strong>in</strong>d. Die dunkleren Kästenmarkieren jene Gremien, <strong>in</strong> denen die Sozialpartner<strong>in</strong>volviert s<strong>in</strong>d. Wie bereits erwähnt,hält sich das Bildungsm<strong>in</strong>isterium als Akteurbewusst im H<strong>in</strong>tergrund, wodurch die Bedeutungder Sozialpartner über die formale Ebeneh<strong>in</strong>aus noch e<strong>in</strong>mal gestärkt wird.Das neue AMU-KonzeptE<strong>in</strong> wesentlicher Bestandteil der Reform derErwachsenenbildung 2001 war die Stärkungdes Nachfragemanagements im beruflichen<strong>Weiterbildung</strong>ssystem. Zwar gab es schonvorher so etwas wie e<strong>in</strong> Nachfragemanagementder Sozialpartner auf nationaler Ebene bei derVerwaltung des Aus- und <strong>Weiterbildung</strong>sf<strong>in</strong>anzierungsfonds(vgl. Abb. 11, S. 61). Dort hattendie Sozialpartner geme<strong>in</strong>sam die Aufgabe, denBedarf der Unternehmen zu ermitteln und neueKurssysteme zu entwickeln. Diese Konstruktionkann als e<strong>in</strong> klassisches Beispiel für denKorporatismus des dänischen Sozialstaates alterPrägung gelten (Lassen u. a. 2006: 18).Allerd<strong>in</strong>gs wurde dieses erfolgreiche Modelldurch das „neue AMU-Konzept“ mehr oder wenigerabgeschafft und die Rolle der nationalenE<strong>in</strong>richtungen geschwächt. Letztere haben nurnoch die Aufgabe, sehr allgeme<strong>in</strong> gehalteneAnforderungsprofile festzulegen (fælles kompetencebeskrivelser, FKBs), die sich an englischenVorbildern orientieren. Das <strong>Weiterbildung</strong>sangebotwird stärker von den Unternehmenkontrolliert, wozu e<strong>in</strong>e Dezentralisierungder Zuständigkeiten notwendig war. Es g<strong>in</strong>gaber nicht nur um die Stärkung des E<strong>in</strong>flussesder Unternehmen, sondern auch um e<strong>in</strong>e Art‚Abrechnung‘ mit dem alten dänischen Systemdes Korporatismus <strong>in</strong> der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong>(ebd.).E<strong>in</strong> Problem des neuen Konzepts liegt dar<strong>in</strong>,dass nur wenige Unternehmen <strong>in</strong> Dänemarke<strong>in</strong> halbwegs professionelles Nachfragemanagementbetreiben. Die größeren Unternehmenhaben e<strong>in</strong>e solche Bedarfsanalyse auchschon vor der Reform vorgenommen, währendsie für die Kle<strong>in</strong>- und Mittelbetriebe kaum Änderungengebracht hat (ebd.).Diese Reformen <strong>in</strong> der Erwachsenenbildungund der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong> verdeutlichene<strong>in</strong>e Verschiebung der politischen Gewichte,<strong>in</strong> deren Verlauf sich der Staat mehrKompetenzen aneignet als <strong>in</strong> der Vergangenheitund sich nicht mehr damit begnügt, dasHandeln den Sozialpartnern zu überlassen.Zuvor war e<strong>in</strong> ähnlicher Wandel <strong>in</strong> der Berufsausbildungfeststellbar. Dort wurde als e<strong>in</strong> Nebeneffektdie Rolle des Staates zulasten derjenigender Gewerkschaften und Arbeitgeberverbändegestärkt, <strong>in</strong>dem er nun auch e<strong>in</strong>seitigVeränderungen auf dem Verordnungswege veranlassenkann (Jørgensen 2008: 115). Die wichtigsteÄnderung <strong>in</strong> der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong>ist e<strong>in</strong>e verstärkte E<strong>in</strong>führung von marktförmigenElementen, zu der auch die Erhebungvon Beiträgen der Arbeitnehmer gehört.62


DÄNEMARKEntsprechend den neuen Vorgaben habendie Sozialpartner Kompetenzbedarfsanalysenfür etwa 130 Branchen durchgeführt. Auf dieserBasis wurden mehr als 2000 fachliche Kurse mite<strong>in</strong>er Dauer von e<strong>in</strong>em bis dreißig Tagen ausgearbeitet.Zielgruppe dieser Kurse s<strong>in</strong>d ungelernteund qualifizierte Arbeitskräfte. Trotz dererwähnten E<strong>in</strong>führung marktförmiger Elemente<strong>in</strong> die <strong>Weiterbildung</strong>, ist die F<strong>in</strong>anzierungsolcher kurzen Kurse im europäischen Vergleichrecht attraktiv. Die Teilnahmegebührenbetragen zwischen 15 und 20 Euro am Tag, eswerden etwa 13 Euro pro Teilnehmerstunde alsTeilnehmerunterstützung gezahlt. Diese Unterstützungkann dem Arbeitgeber des Teilnehmersausgezahlt werden, wenn dieser den gewöhnlichenArbeitslohn während des Kursesweiterzahlt (Christensen 2009). Jedes Jahr nehmen15 bis 20 Prozent der Arbeitnehmer an e<strong>in</strong>erAMU-Maßnahme teil. Wie <strong>in</strong> anderen Ländernauch nutzen die größeren UnternehmenAMU-Angebote stärker als Kle<strong>in</strong>- und Mittelunternehmen.Das Nachfragemanagement dieserUnternehmen, e<strong>in</strong> wesentlicher Bauste<strong>in</strong> derursprünglichen Reform, gilt nach wie vor als unterentwickelt.„Auch <strong>in</strong> Dänemark ist es e<strong>in</strong>Problem, dass sich die kle<strong>in</strong>eren Unternehmender durch AMU (arbeitsmarktorientierte Fortbildung)möglichen Entwicklungsperspektivenzu wenig bewusst s<strong>in</strong>d“ (ebd.).Die Reform der AMU sowie der Erwachsenenbildung<strong>in</strong>sgesamt werden <strong>in</strong> Dänemark kritischdiskutiert. E<strong>in</strong>erseits sei die Konstruktionvon den jeweiligen parlamentarischen Mehrheitenabhängig und könne zu e<strong>in</strong>er Politisierungder Berufsbildung führen, was dem dänischenSystem eher fremd ist. Das zweite Argumentbetrifft die Gewerkschaften (aber auch dieArbeitgeber). Zwar erhielten die Sozialpartnermit dem Arbeitsmarktbeirat weitgehende Befugnisse,die F<strong>in</strong>anzierung ist hiervon allerd<strong>in</strong>gsausgenommen; hier wird jeweils e<strong>in</strong> Festbetragvon der Regierung beschlossen. TretenProbleme auf, dürften die Sozialpartner dafürverantwortlich gemacht werden, obwohl sie aufdie Höhe der F<strong>in</strong>anzierung gerade ke<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>flusshaben (ebd.).Die Veränderung des Berufsbildungssystemswurde von den konservativen Parteien <strong>in</strong>Gang gesetzt, aber auch mächtige Arbeitgebergruppendrängten auf e<strong>in</strong>e Reform des dualenBerufssystems. Ziel war e<strong>in</strong>e Verkürzung derAusbildungszeiten zugunsten e<strong>in</strong>es modularisiertenSystems mit kürzeren Ausbildungszeitenund Stufenprogrammen. Wesentlicher Bestandteilist die Kompetenzbewertung jedes Jugendlichen,die Aufstellung <strong>in</strong>dividueller Ausbildungspläneund <strong>in</strong>dividueller Tätigkeitsprofile.Ziel ist die Erhöhung der Zahl der Auszubildenden,die e<strong>in</strong>en Berufsabschluss erwerben,und e<strong>in</strong>e Reduzierung der hohen Abbrecherquoten(ebd.: 121). Allerd<strong>in</strong>gs wird befürchtet,dass die Reduzierung der Ausbildungszeitenauf e<strong>in</strong>em kurzfristigen Denkenberuht und die Qualität der Programme s<strong>in</strong>kenwird. Auf der Strecke bliebe die Fähigkeit derAuszubildenden „zum eigenständigen Handeln,Denken und zur <strong>in</strong>teraktiven Nutzung derWerkzeuge oder auch zur Arbeit <strong>in</strong> Teams odersozialen Gruppen“. Das Ergebnis wäre dann„e<strong>in</strong>e verschärfte Polarisierung und Elitedenken“(ebd.). Dass <strong>Weiterbildung</strong> unter kurzfris-KritischeDiskussionen überdie AMU-Reformen<strong>in</strong> Dänemark63


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPAHauptakteur aufSeiten der Industriegewerkschaftenist der Dachverband„Co-<strong>in</strong>dustri“tigen Verwertungsaspekten betrachtet wird, istke<strong>in</strong> dänisches Sonderproblem, sondern auchund gerade <strong>in</strong> der deutschen <strong>Weiterbildung</strong>sdebatteauszumachen.Trotz der Schwächung des E<strong>in</strong>flusses derSozialpartner nehmen diese nach Angaben desDänischen Instituts für berufspädagogischeLehrerausbildung (Cort 2002) nach wie vor zentraleAufgaben wahr:die Verwaltung des Aus- und <strong>Weiterbildung</strong>sf<strong>in</strong>anzierungsfondsfür den Arbeitsmarkt,Beratung der Arbeits- und Unterrichtsm<strong>in</strong>isterh<strong>in</strong>sichtlich des Gesamtbedarfsan beruflicher Aus- und beruflicher<strong>Weiterbildung</strong>;Beratung des nationalen Ausbildungsrats <strong>in</strong>Bezug auf sämtliche Maßnahmen der Arbeitsmarktausbildung;Steuerung der <strong>Weiterbildung</strong>sausschüsseh<strong>in</strong>sichtlich der Abstimmung der branchenspezifischenArbeitsmarktausbildung aufdie Bedürfnisse des Arbeitsmarkts;Beratung des nationalen Arbeitsmarktrats,vor allem des Arbeitsm<strong>in</strong>isters <strong>in</strong> der Arbeitsmarktpolitik;beratende Funktionen gegenüber den regionalenArbeitsmarkträten, vor allem denArbeitsämtern (ebd.).Die dänische Regierung hat ambitionierte Pläneund will bis zum Jahre 2015 erreichen, dass95 Prozent der Jugendlichen mit dem Niveauder Sekundarstufe II abschließen (Danish M<strong>in</strong>istryof Education 2007). Gleichzeitig soll auchdas <strong>Weiterbildung</strong>ssystem verbessert werden.Problematisch ist hier, dass trotz optimalerRahmenbed<strong>in</strong>gungen die Abbrecherquotenhoch s<strong>in</strong>d; sie betragen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnen Programmenbis zu 50 Prozent (Johansen 2007). DesWeiteren soll der Druck auf die Betriebe erhöhtwerden, mehr Ausbildungsplätze zur Verfügungzu stellen.Ähnlich wie <strong>in</strong> Schweden weist das <strong>Weiterbildung</strong>ssysteme<strong>in</strong>e hohe Flexibilität auf, diesich gerade auf das Nachholen formaler (Hoch-)Schulabschlüsse bezieht, was wir aus Deutschlandnicht kennen. Der wesentliche Unterschiedzum schwedischen System besteht <strong>in</strong> e<strong>in</strong>erbesseren Verzahnung der beruflichenErstausbildung mit den Unternehmen, was dazuführt, dass Dänemark e<strong>in</strong>e der niedrigsten Jugendarbeitslosigkeitsquoten<strong>in</strong> <strong>Europa</strong> aufweist(vgl. Abb. 5, S. 39).Das dänische <strong>Weiterbildung</strong>ssystem hatgewerkschaftliche Wurzeln (AMU), die Sozialpartnernehmen nach wie vor e<strong>in</strong>en erheblichenE<strong>in</strong>fluss auf se<strong>in</strong>e Ausgestaltung. DieserE<strong>in</strong>fluss wird allerd<strong>in</strong>gs seit Anfang der 1980erJahre durch verschiedene Reformen konservativerParteien und der Arbeitgeberverbändezugunsten stärker marktförmiger Strukturenzunehmend e<strong>in</strong>geschränkt. Vor diesem H<strong>in</strong>tergrundist die Bedeutung von tariflichen Vere<strong>in</strong>barungenzur beruflichen <strong>Weiterbildung</strong> gestiegen.8.2 Tarifpolitik und berufliche<strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong> DänemarkDie Industriegewerkschaften s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Dänemark<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Dachverband (Co-<strong>in</strong>dustri) zusammengeschlossen.Dieser versteht sich als „Gewerk-64


DÄNEMARKschaftskartell“ mit e<strong>in</strong>er fast ungebrochenenOrganisationsgeschichte von über 100 Jahren(Co-<strong>in</strong>dustri 2005). Co-<strong>in</strong>dustri ist auch die Tarifvertragspartei,die für die Beschäftigten <strong>in</strong>der dänischen Industrie Tarifvere<strong>in</strong>barungenabschließt. In der letzten Rahmenvere<strong>in</strong>barungaus dem Jahre 2007 spielte die berufliche <strong>Weiterbildung</strong>e<strong>in</strong>e zentrale Rolle.Es wurden e<strong>in</strong>e Vere<strong>in</strong>barung für die Beschäftigten,e<strong>in</strong> Industrieabkommen (IndustriensFunktionæroverenskomst), e<strong>in</strong>e sogenannteOrganisationsvere<strong>in</strong>barung (IndustriensOverenskomst) sowie e<strong>in</strong>e Vere<strong>in</strong>barung übere<strong>in</strong>en Industriellen Kompetenzentwicklungsfonds(Industriens Kompetenceudvikl<strong>in</strong>gsfond)abgeschlossen. Wir konzentrieren uns hier aufdiesen Kompetenz- oder <strong>Weiterbildung</strong>sfonds,der den Kern der Veränderungen im Bereichder beruflichen <strong>Weiterbildung</strong> markiert.Die <strong>Weiterbildung</strong>sf<strong>in</strong>anzierung überFonds ist ke<strong>in</strong>e neue Entwicklung <strong>in</strong> Dänemark.Der Gewerkschaftsdachverband LO hatte schon1973 e<strong>in</strong>en Aus- und <strong>Weiterbildung</strong>sfonds vere<strong>in</strong>bart.Nach zähen Verhandlungen wurde2008 zwischen LO und dem dänischen Arbeitgeberverband(DA) e<strong>in</strong> neuer Fonds <strong>in</strong>s Lebengerufen (Oplysn<strong>in</strong>gs- og Uddannelsesfonden,DA/LO 2008). Davon unberührt s<strong>in</strong>d die Aktivitätenauf Branchenebene. Hier kommt den Vere<strong>in</strong>barungen<strong>in</strong> der Industrie traditionell e<strong>in</strong>eVorreiterrolle zu.Im Industrieabkommen (Industriens Funktionæroverenskomst)gibt es e<strong>in</strong>e besondereKlausel über die „Kompetenzentwicklung“ derArbeitnehmer. Danach stehen jedem Beschäftigten14 Tage pro Jahr für <strong>Weiterbildung</strong> zu.Das Ziel ist die Stärkung der Wettbewerbsfähigkeitder Betriebe und e<strong>in</strong>e Verbesserung derqualifikatorischen Möglichkeiten der Arbeitnehmer.In den Betrieben sollen „Kompetenzentwicklungspläne“abgeschlossen werden;diese können unterschiedliche Formen der<strong>Weiterbildung</strong> umfassen (Tarifverträge Dänemark[Co-<strong>in</strong>dustri/DI] Tarifvertrag für die Beschäftigten<strong>in</strong> der Industrie 2007; § 25). DieKosten trägt der Arbeitgeber, es sei denn, siewerden von anderen öffentlichen und/oder privatenTrägern übernommen. Den Arbeitnehmernwird bei der Auswahl der Kurse und derenTräger relativ große Freiheit gegeben; die Inhaltemüssen lediglich <strong>in</strong> irgende<strong>in</strong>er Form relevantfür die Branche, nicht jedoch unbed<strong>in</strong>gtfür den jeweiligen Betrieb se<strong>in</strong>.Im Jahre 2008 wurde e<strong>in</strong> neuer Qualifizierungsfondsvere<strong>in</strong>bart, der „Industrielle Kompetenzentwicklungsfonds“(Industriens Kompetenceudvikl<strong>in</strong>gsfond).Um diesen neuenFonds wurde lange gerungen, bis e<strong>in</strong>e gesonderteVere<strong>in</strong>barung getroffen werden konnte(Organisationsaftale om Industriens Kompetenceudvikl<strong>in</strong>gsfond).Danach zahlt der Arbeitgeberpro Stunde für die Beschäftigten 0,285dänische Kronen (0,038 Euro); e<strong>in</strong>estufenweise Erhöhung bis auf 0,31 Kronen(0,042 Euro) ist vorgesehen. E<strong>in</strong> wesentlicherStreitpunkt war, ob nur Gewerkschaftsmitglieder<strong>in</strong> den Genuss dieser großzügigen <strong>Weiterbildung</strong>sregelungenkommen sollten oder dieBeschäftigten der Branche <strong>in</strong>sgesamt. Der Arbeitgeberverbandlehnte die Forderung der Gewerkschaftennach Ausschluss von Nichtgewerkschaftsmitgliedernmit der BegründungHauptbestandteil:F<strong>in</strong>anzierung übere<strong>in</strong>en Ausbildungsfonds65


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPAAbbildung 12:<strong>Berufliche</strong> <strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong> dänischen Betrieben 2005 (<strong>in</strong> Prozent)Unternehmen mit <strong>in</strong>ternenAngebotenUnternehmen mit externenAngebotenUnternehmen mitKursangebotenUnternehmen mit anderen<strong>Weiterbildung</strong>sangebotenke<strong>in</strong>e<strong>Weiterbildung</strong>sangebote0 20 40 60 80100Quelle: Statistics Denmark.Es besteht ke<strong>in</strong>eVerpflichtungzur Umsetzung vonTarifverträgen <strong>in</strong>der <strong>Weiterbildung</strong>,dies ist aberallgeme<strong>in</strong> üblichab, dass es sich um e<strong>in</strong>en Branchentarifvertraghandle, der alle Beschäftigten umfassen müsse(Eironl<strong>in</strong>e Denmark 2007). E<strong>in</strong> weiterer Streitpunktwar das ‚Management‘ dieses Fonds unddie Sitzverteilung im Steuerungsgremium.Das Ergebnis ist der Industriens Kompetenceudvikl<strong>in</strong>gsfond,der erwähnte IndustrielleKompetenzentwicklungsfonds (TarifverträgeDänemark [Co-<strong>in</strong>dustri/DI]: IndustriellerKompetenzentwicklungsfonds [IndustriensKompetenceudvikl<strong>in</strong>gsfond] vgl. http://www.ikuf.dk).Diese Regelungen spiegeln den hohen Stellenwertwider, den die berufliche <strong>Weiterbildung</strong>sowohl bei den Gewerkschaften als auchbei den Arbeitgebern e<strong>in</strong>nimmt. Amtliche Statistikenzeigen, dass die meisten dänische Betriebeberufliche <strong>Weiterbildung</strong> durchführen(s. Abb. 12). Nur weniger als 20 Prozent betreibenke<strong>in</strong>e <strong>Weiterbildung</strong>smaßnahmen. Es zeigtsich, dass e<strong>in</strong>e Mehrzahl der Betriebe auf externeAnbieter zurückgreift.H<strong>in</strong>sichtlich der <strong>Weiterbildung</strong>steilnahmekönnen sich die Gewerkschaften durchaus behaupten.Zwar wird das Feld der beruflichen<strong>Weiterbildung</strong> von privaten Anbietern dom<strong>in</strong>iert(vgl. Tabelle 2), allerd<strong>in</strong>gs rangierten dieGewerkschaften mit knapp 30.000 Teilnehmernpro Halbjahr 2008 und 2009 konstant auf demzweiten Platz – weit vor der Konkurrenz ausden Wirtschaftsverbänden. Wobei zu beachtenist, dass die Gewerkschaften sich massiv auch<strong>in</strong> der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong> engagierenund nicht nur politische Bildung anbieten, wiedas bei den meisten Gewerkschaften <strong>in</strong>Deutschland der Fall ist.66


DÄNEMARKTabelabelle e 2:Teilnahme an privaten <strong>Weiterbildung</strong>skursen nach Anbietern 2007/20082008, 1.Halbj. 2009, 1.Halbj.Private, kommerzielle Anbieter 49.765 45.916Arbeitgeber- und Wirtschaftsverbände 19.436 16.300Gewerkschaften 29.771 29.458Akademiker-Gewerkschaften 9167 7751Non-Profit-Organisationen, Selbsthilfegruppen u. a. 17.245 2770Verbände für Erwachsenenbildung 1510 3039Quelle: Statistics Denmark.In der Tarifpolitik wird die berufliche <strong>Weiterbildung</strong>auf Branchenebene durch e<strong>in</strong>e Vere<strong>in</strong>barunggeregelt, die auf betrieblicher Ebeneumzusetzen ist. Verpflichtend s<strong>in</strong>d solcheMaßnahmen für die Betriebe nicht. Vergleichbaretarifliche Konstruktionen <strong>in</strong> der beruflichen<strong>Weiterbildung</strong> kennen wir auch ausDeutschland und Schweden. Die für beide Seitenattraktiven Möglichkeiten führen allerd<strong>in</strong>gszu e<strong>in</strong>er hohen <strong>Weiterbildung</strong>stätigkeitder dänischen Betriebe. Die F<strong>in</strong>anzierung übere<strong>in</strong>en Fonds ist e<strong>in</strong> wesentliches Element <strong>in</strong> dendänischen Austauschbeziehungen, das aufe<strong>in</strong>e über dreißigjährige Geschichte zurückblickenkann. Hier<strong>in</strong> ist e<strong>in</strong>e historisch gewachseneBesonderheit der dänischen Situation zusehen.8.3 Zwischenresümee DänemarkDänische Sozialwissenschaftler bezeichnenihr System der kollektiven Austauschbeziehungenals e<strong>in</strong> System „par excellence“ (Due/Madsen2008). Nach der Aussage e<strong>in</strong>es Vertretersvon Co-<strong>in</strong>dustri (auf e<strong>in</strong>er Konferenz der Bertelsmann<strong>Stiftung</strong>) wird das Geheimnis des Erfolgsdar<strong>in</strong> gesehen, dass die Akteure ihre Aufgabeunideologisch und pragmatisch wahrnehmen(Bundvad 2005). E<strong>in</strong>e etwas genauere Betrachtungzeigt, dass das dänische System weitdavon entfernt ist, ‚Modell‘ für andere Länderzu se<strong>in</strong>, <strong>in</strong>sbesondere nicht für Deutschland.Vergleichbare Regelungen konnten sich nichte<strong>in</strong>mal im benachbarten Schweden durchsetzen.Das gilt <strong>in</strong> der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong><strong>in</strong>sbesondere für die Option, diese über FondsBegrenzteMöglichkeiten derÜbertragbarkeitdes dänischenModells67


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPASeit 2000: verstärkteE<strong>in</strong>führung marktförmigerElemente <strong>in</strong> die<strong>Weiterbildung</strong>zu f<strong>in</strong>anzieren. Dänemark verfügt über e<strong>in</strong>e langeTradition gewerkschaftlicher Organisationen.‚Bauste<strong>in</strong>artige‘ Übernahmen <strong>in</strong> andere‚Welten der Tarifpolitik‘ scheitern deshalb, weilsich kollektive Interaktionen zwischen Arbeitgebernund Gewerkschaften <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em gewachsenenpolitisch-ökonomischen Milieu vollziehen.E<strong>in</strong>e Rolle spielen auch bestimmte Rahmendaten,z. B. hat Dänemark e<strong>in</strong> Brutto<strong>in</strong>landsprodukt,das noch nicht e<strong>in</strong>mal an das von Hessenoder Niedersachsen heranreicht. Das Land hatnur halb so viele E<strong>in</strong>wohner wie Baden-Württemberg.Dänemark wird vor allem vom GroßraumKopenhagen dom<strong>in</strong>iert, und nur 15 Prozent derdänischen Bevölkerung leben nicht <strong>in</strong> Städten.Diese geografischen, politischen und <strong>in</strong>stitutionellenRahmenbed<strong>in</strong>gungen prägen die historischgewachsenen Austauschbeziehungen zwischenArbeitgebern und Gewerkschaften.In der Berufsbildung wurden seit 2000 Veränderungen<strong>in</strong> Angriff genommen, die teilweisee<strong>in</strong>e Abkehr vom erfolgreichen alternierendenBerufsbildungssystem bedeuten. Die Vorteilewerden <strong>in</strong> der Chance gesehen, mehr Jugendlichene<strong>in</strong>e Ausbildung zu verschaffen. Alsproblematisch wird die verstärkte E<strong>in</strong>führungmarktförmiger Elemente <strong>in</strong> die <strong>Weiterbildung</strong>betrachtet, die den E<strong>in</strong>fluss der Unternehmenerhöhen. Zudem entsteht die Gefahr, dass <strong>in</strong>den kürzeren, modularen Stufensystemen e<strong>in</strong>e<strong>in</strong>haltliche Verflachung E<strong>in</strong>zug hält, die auf dieVermittlung unmittelbar für die Betriebe verwertbarerFertigkeiten setzt und Breitenqualifikationenvernachlässigt. E<strong>in</strong>e solche Entwicklungstellt aber nicht nur e<strong>in</strong> dänisches Problemdar, sondern e<strong>in</strong> europaweites.Diese Reformen werden als Umsetzung deseuropäischen Konzepts lebenslangen Lernensverstanden, und hier nimmt Dänemark e<strong>in</strong>eVorreiterrolle e<strong>in</strong>. Mit dem Konzept des lebenslangenLernens und des e<strong>in</strong>heitlichenQualifikationsrahmens setzen sich <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>neue Begriffe <strong>in</strong> der Berufs- und <strong>Weiterbildung</strong>durch. Besonders auffällig ist e<strong>in</strong> neuertechnokratischer Jargon, der <strong>in</strong> die nationalenBildungspläne E<strong>in</strong>zug gehalten hat. Dazu gehörtu. a. e<strong>in</strong> <strong>in</strong>flationärer Gebrauch angelsächsischerBegriffe wie „Skills“ oder „Competence“.Dabei erfährt <strong>in</strong>sbesondere derKompetenzbegriff e<strong>in</strong>e Umdeutung: Im Deutschens<strong>in</strong>d mit Kompetenz Personenmerkmalegeme<strong>in</strong>t, im Englischen Arbeitsplatzmerkmaleim S<strong>in</strong>ne von Zuständigkeit (Straka 2007).Dieser neue technokratische Jargon ist abernur e<strong>in</strong> Merkmal e<strong>in</strong>er problematischen Entwicklung,die sich an angelsächsischen Standardsorientiert. Dabei entsteht die Gefahr,dass bewährte nationale Berufsbildungs<strong>in</strong>stitutionengewissermaßen ‚gekippt‘ werden.Das dänische System war erfolgreich durchse<strong>in</strong> alternierendes Berufsbildungssystem;gleichwohl wurde es mit Verweis auf die europäischeBerufsbildungspolitik durch konservativeParteien und Arbeitgeberverbände erheblichverändert. Ähnliche Entwicklungendürften Deutschland und den anderen Mitgliedsländernnoch bevorstehen. Vor diesemH<strong>in</strong>tergrund der europäischen Dynamik s<strong>in</strong>dtarifvertragliche Regelungen besonders wichtig,um eigene Standards zu setzen.Das Beispiel Dänemarks enthält weitereElemente, die für Deutschland h<strong>in</strong>sichtlich der68


DÄNEMARKberuflichen <strong>Weiterbildung</strong> und der Tarifpolitik<strong>in</strong>teressant s<strong>in</strong>d. E<strong>in</strong> zentrales Element des dänischenErfolgs ist die starke E<strong>in</strong>beziehung vonGewerkschaften und Arbeitgeberverbänden <strong>in</strong>die Ausgestaltung der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong>.E<strong>in</strong>e tragfähige Politik <strong>in</strong> der beruflichen<strong>Weiterbildung</strong> wird auch <strong>in</strong> Deutschland nurunter starker E<strong>in</strong>flussnahme der Tarifparteienmöglich se<strong>in</strong>.In Bezug auf die tarifpolitische Ausgestaltungweisen die Regelungen <strong>in</strong> Dänemark jeneGrundmuster auf, die wir aus Deutschland kennenoder für Schweden dargelegt haben. Dietariflichen Regelungen verweisen implizit aufe<strong>in</strong>e Reihe von Problemen, die auch <strong>in</strong> Deutschlandrelevant s<strong>in</strong>d. Dänemark verfügt über e<strong>in</strong>hervorragend ausgebildetes öffentliches Systemder beruflichen <strong>Weiterbildung</strong>. Gleichzeitigmöchten sich aber Gewerkschaften und Arbeitgebernicht ausschließlich auf dieses Systemverlassen und errichten eigene Fonds aufBranchenebene. Die feststellbare starke Ausrichtungauf An- und Ungelernte hat nicht nurhistorische Gründe, sondern verweist darauf,dass nach erfolgreichem Beenden schulischerAbschlüsse offenbar die Notwendigkeit vonNachqualifizierungsmaßnahmen besteht, wiedas auch <strong>in</strong> Schweden der Fall ist. Die langeVerweildauer <strong>in</strong> den Ausbildungsgängen führtzu teilweise hohen Abbrecherquoten (Johansen2007: 7). Es dürften vor allem diese Problemlagengewesen se<strong>in</strong>, die <strong>in</strong> Dänemark dazu geführthaben, dass sich Gewerkschaften und Arbeitgeberauf neue, branchenspezifische Regelungenfür die berufliche <strong>Weiterbildung</strong> gee<strong>in</strong>igthaben.Zentral:F<strong>in</strong>anzierungüber Fonds aufBranchenebene69


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPA9. NorwegenIn Norwegen lebendie glücklichstenMenschen der Welt9.1 <strong>Berufliche</strong> <strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong> NorwegenIn Norwegen leben (nach e<strong>in</strong>er <strong>Studie</strong> der Vere<strong>in</strong>tenNationen, Human Development Report)die glücklichsten Menschen der Welt. Der Beg<strong>in</strong>ndieses kollektiven Glückzustands lässtsich be<strong>in</strong>ahe exakt festlegen. Im Jahre 1969wurde vor den Küsten Norwegens Erdöl entdeckt,1972 konnte die Regierung die erstenE<strong>in</strong>nahmen aus der Erdölförderung verbuchen.Nach der zweiten Erdölkrise Ende der 1970erJahre entwickelte sich Norwegen <strong>in</strong>nerhalb vonzwanzig Jahren zu e<strong>in</strong>em der reichsten Länderder Welt und ließ mühelos die anderen skand<strong>in</strong>avischenLänder h<strong>in</strong>ter sich. Aus e<strong>in</strong>em kle<strong>in</strong>enLand mit e<strong>in</strong>em eher bescheidenen Wohlstandnach dem Zweiten Weltkrieg war derdrittgrößte Erdöl- und Gaslieferant der Weltgeworden. Der sogenannte nationale Petroleumfondsbeträgt heute knapp 190 MilliardenEuro – bei noch nicht e<strong>in</strong>mal 5 Millionen E<strong>in</strong>wohnern.Diese Entwicklung veränderte Norwegen <strong>in</strong>wenigen Jahren rasant. Norwegen war zu ke<strong>in</strong>emZeitpunkt e<strong>in</strong>e „Industriegesellschaft“ imklassischen S<strong>in</strong>ne mit e<strong>in</strong>er starken Industriearbeiterschaft,sondern war lange von der Fischereiund Landwirtschaft geprägt, währendder Reichtum des Landes immer auf Rohstoffenbasierte. Heute arbeiten nur etwa 20 Prozentder Arbeitnehmer <strong>in</strong> der Erdöl<strong>in</strong>dustrie oder imverarbeitenden Gewerbe, während über 75 Prozentim öffentlichen Dienst und im privatenDienstleistungssektor beschäftigt s<strong>in</strong>d.Ke<strong>in</strong> anderes Land <strong>Europa</strong>s kann e<strong>in</strong>e vergleichbareEntwicklung aufweisen. Auch dieF<strong>in</strong>anzkrise konnte Norwegen durch se<strong>in</strong>enErdölreichtum mühelos überw<strong>in</strong>den, <strong>in</strong>dem dieFördermengen erhöht wurden. Dieser Wohlstandbee<strong>in</strong>flusst die Austauschbeziehungenzwischen Gewerkschaften und Arbeitgeberverbändensowie die Ausgestaltung von beruflicher<strong>Weiterbildung</strong>.Unabhängig von diesem Erdölreichtum hatNorwegen, ähnlich wie die anderen skand<strong>in</strong>avischenLänder, e<strong>in</strong>e lange korporatistischeTradition, <strong>in</strong> der neben dem Staat Gewerkschaftenund Arbeitgeberverbände entscheidendenE<strong>in</strong>fluss auf die Entwicklung der Gesellschaftnahmen. Was die E<strong>in</strong>flussnahme derGewerkschaften angeht, resultiert diese nicht<strong>in</strong> erster L<strong>in</strong>ie aus e<strong>in</strong>er rechtlich abgesichertenTeilnahme. Informelle E<strong>in</strong>flusskanäle prägendas öffentliche Leben, aber auch die eigentlicheMacht der Gewerkschaften nebender formalen Ebene gesetzlicher Regelungen.Hierzu zählt vor allem die Zusammenarbeitder Gewerkschaften mit der regierenden sozialdemokratischenArbeiterpartei (Arbeiterpartiet,Ap), die traditionell sehr eng ist.Daneben tritt die Kooperation mit NAV, derNorwegischen Arbeits- und Wohlfahrtsagentur,über die alle sozialstaatlichen Leistungenabgewickelt werden: die Zahlung des Arbeitslosengeldes,die Lohnfortzahlung im Krankheitsfallbis zu e<strong>in</strong>em Jahr (wenn die Erkrankunglänger als 16 Tage dauert), Rehabilitationsmaßnahmen,e<strong>in</strong>e staatliche Krankenkasse,die Rentenzahlungen sowie sonstigeAnsprüche der sozialen Sicherung. GewerkschaftlicheE<strong>in</strong>flussnahme auf diese Institutionenund Strukturen erfolgt durch rechtlich70


NORWEGENgeregelte Mitbestimmung sowie über e<strong>in</strong> engesNetz <strong>in</strong>formeller Kanäle außerhalb dieserrechtlichen Regelungen. Dieser Zusammenhangist auch bei den Reformen <strong>in</strong> der Bildungspolitikzu berücksichtigen (Cedefop/Norway 2009: 29).H<strong>in</strong>sichtlich der rechtlichen Partizipation<strong>in</strong> der Bildungspolitik haben Gewerkschaftenund Arbeitgeberverbände <strong>in</strong> den tripartistischenBeratungsgremien meistens e<strong>in</strong>e Zweidrittelmehrheit.Auf nationaler Ebene ist dasvor allem der Nationale Beirat für Berufsbildung(Samarbeidsrådet for yrkesopplær<strong>in</strong>g,SRY), <strong>in</strong> dem die zentralen Rahmenrichtl<strong>in</strong>ienfestgelegt werden. Dieser Beirat berät das Bildungsm<strong>in</strong>isteriumh<strong>in</strong>sichtlich der allgeme<strong>in</strong>enAusgestaltung von <strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong> Norwegen.Auf der fachlichen Ebene treten verschiedenesogenannte <strong>Weiterbildung</strong>sfachbeiräteh<strong>in</strong>zu (Faglige råd). Auf der regionalenEbene s<strong>in</strong>d es die Regionalbeiräte für <strong>Weiterbildung</strong>(Yrkesopplær<strong>in</strong>gsnemnda), die die<strong>Weiterbildung</strong>sbelange <strong>in</strong> den Regionen regeln.Die Planungen und die Entscheidungsprozesseim Nationalen Beirat für Berufsbildunghängen im hohen Maße von den Anregungenund Empfehlungen ab, die Gewerkschaften undArbeitgeber aus den Privatsektoren geben.Durch diese <strong>in</strong>formelle wie formelle E<strong>in</strong>flussnahmenehmen die Sozialpartner auch <strong>in</strong> der<strong>Weiterbildung</strong> entscheidenden E<strong>in</strong>fluss auf dieAusgestaltung der nationalen <strong>Weiterbildung</strong>sstruktur,die Entwicklung der nationalen Rahmenpläne,die Beratung auf regionaler Ebene,auf den Umfang von <strong>Weiterbildung</strong>smaßnahmensowie auf die Zertifizierung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnenBerufen (Gesellenbriefe).Weitere wichtige Besonderheiten des norwegischen<strong>Weiterbildung</strong>ssystems s<strong>in</strong>d dasFehlen von Altersbeschränkungen beim Zugangzu <strong>Weiterbildung</strong>smaßnahmen sowie die Tatsache,dass von öffentlichen <strong>Weiterbildung</strong>s<strong>in</strong>stitutionenke<strong>in</strong>e Gebühren erhoben werden. DieKosten privater Anbieter werden häufig vomArbeitgeber übernommen. Für die f<strong>in</strong>anzielleUnterstützung gibt es je nach Bildungsniveauund Art der <strong>Weiterbildung</strong> verschiedene F<strong>in</strong>anzierungse<strong>in</strong>richtungen(Cedefop/Norway 2009:47). <strong>Weiterbildung</strong> war und ist mehrfach Gegenstandunterschiedlicher Programme gewesen,um die Teilnehmerzahlen an <strong>Weiterbildung</strong>smaßnahmenzu erhöhen.Das Bildungssystem hat seit Ende der1990er Jahre erhebliche Änderungen erfahren.In Norwegen schließt sich nach der neunjährigenSchulpflicht e<strong>in</strong>e vierjährige Lehre an, dienach dem sogenannten 2+2-Modell organisiertist, d. h. die Auszubildenden verbr<strong>in</strong>gen zweiJahre <strong>in</strong> der Berufsschule und zwei Jahre <strong>in</strong> e<strong>in</strong>emoder mehreren Betrieben. Ähnlich wie <strong>in</strong>den anderen skand<strong>in</strong>avischen Ländern habenErwachsene die Möglichkeit, allgeme<strong>in</strong>e schulischeAbschlüsse nachzuholen, was bildungspolitischgewünscht ist und durch e<strong>in</strong>e breitePalette von Erwachsenenbildungs<strong>in</strong>stitutionenermöglicht wird.Im Zentrum der Veränderungen steht diesogenannte „Kompetenzreform“ (Kompetansereformen),die sich über e<strong>in</strong>en Zeitraum vonfast fünf Jahren erstreckte und mehrere Gesetzeumfasst. Diese Reform war e<strong>in</strong> Ergebnis derKe<strong>in</strong>e altersabhängigenBeschränkungenbeim Zugang zu<strong>Weiterbildung</strong>smaßnahmen71


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPAUmfassende Bildungsreformenseit 1999(„Kompetenzreform“)Tarifause<strong>in</strong>andersetzungen im Jahre 1999, <strong>in</strong>deren Verlauf die Regierung, Gewerkschaftenund Arbeitgeber die Notwendigkeit hervorhoben,dass e<strong>in</strong>e gut qualifizierte Bevölkerunge<strong>in</strong>e der zentralen Herausforderungen für dieZukunft Norwegens darstelle (Eurofound/Norway2009). Grundpr<strong>in</strong>zipien des Bildungssystemsseien Gleichheit und Wahlfreiheit. Ziel seies, „von der Wiege bis zur Bahre“ Bildungsund<strong>Weiterbildung</strong>sangebote zu machen, dieden <strong>in</strong>dividuellen Bedürfnissen und den Erfordernissene<strong>in</strong>er Wissensgesellschaft gleichermaßenentsprechen (Cedefop/Norway 2009:14). H<strong>in</strong>sichtlich der allgeme<strong>in</strong>en <strong>Weiterbildung</strong>ist e<strong>in</strong> wesentlicher Aspekt, dass jederErwachsene e<strong>in</strong> gesetzlich verbrieftes Rechthat, e<strong>in</strong>en qualifizierten Schulabschluss nachzuholen.E<strong>in</strong> Arbeitnehmer hat des Weiterendas Recht, wenn er drei Jahre im Berufslebengestanden hat, bis zu drei Jahre (Voll- oder Teilzeit)an <strong>Weiterbildung</strong>skursen teilzunehmen.Daneben wurden die <strong>Weiterbildung</strong>smöglichkeitenfür e<strong>in</strong>zelne Gruppen verbessert,<strong>in</strong>sbesondere für Beh<strong>in</strong>derte oder für Erwachsenemit schwachen schulischen Leistungen,um Lese- und Schreibschwächen zu beheben.Außerdem soll über <strong>Weiterbildung</strong> E<strong>in</strong>wanderern,deren Zahl kont<strong>in</strong>uierlich steigt, die Integration<strong>in</strong> die norwegische Gesellschaft ermöglichtwerden. Hierzu wurde 2006 e<strong>in</strong> Programmaufgelegt, das Grundkenntnisse für den E<strong>in</strong>tritt<strong>in</strong>s Erwerbsleben vermittelt, damit die Anforderungenim Arbeitsleben erfüllt werden können.Der E<strong>in</strong>fluss der Gewerkschaften auf dieseBildungsgesetzgebung ist erheblich (Cedefop/Utdann<strong>in</strong>gsdirektoratet 2008: 16). Wie erwähnt,haben die Gewerkschaften und Arbeitgeberverbändeentscheidenden E<strong>in</strong>fluss aufsämtliche Ebenen der Berufsbildung und <strong>Weiterbildung</strong>,auf deren Weiterentwicklung undEvaluierung sowie auf die Ausgestaltung aufnationaler und regionaler Ebene und im Betrieb(ebd.). Auch wenn sich die Gewerkschaftenim Zuge der Kompetenzreformen nicht mitallen ihren Forderungen durchsetzen konnten,beispielsweise mit derjenigen nach e<strong>in</strong>er umfassenderenF<strong>in</strong>anzierung von <strong>Weiterbildung</strong>,s<strong>in</strong>d die Gewerkschaften e<strong>in</strong> strategischer Akteur.Nach dem Abschluss der Kompetenzreformliegt heute der Schwerpunkt auf dem Erhalt,der Sicherung und Erhöhung von beruflichenGrundqualifikationen sowie auf e<strong>in</strong>er Verbesserungder Beschäftigungsmöglichkeiten vonE<strong>in</strong>wanderern (Vox-Mirror 2008). 9 E<strong>in</strong> Schwerpunkt<strong>in</strong> der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong> (im Berichtszeitraum2006/2007) waren daher Kursezur Verbesserung der Schreib- und Lesefertigkeiten,Kurse für angewandte Mathematik undComputerkurse (ebd.: 35).Aufgrund dieser gut ausgebauten Systemehat Norwegen e<strong>in</strong>e hohe Teilnahmequote an<strong>Weiterbildung</strong>smaßnahmen. Nach e<strong>in</strong>er <strong>Studie</strong>9 Im Rahmen der Kompetenzreformen wurde e<strong>in</strong> Institut für Erwachsenenbildung (Vox) gegründet, das jährlichüber die Teilnahme von Erwachsenen an <strong>Weiterbildung</strong>smaßnahmen berichtet, vgl. u.a. Vox-Mirror 2008; Vox-Mirror 2009.72


NORWEGENvon Eurostat, an der Norwegen teilnahm, bieten86 Prozent der norwegischen Unternehmen<strong>Weiterbildung</strong>skurse an, wie das statistischeZentralamt berichtete (http://www.ssb.no/opbed_en/, zuletzt abgerufen am 09.09.2010).Insgesamt nimmt die Hälfte der Beschäftigtenan <strong>Weiterbildung</strong>skursen teil. E<strong>in</strong>e <strong>Studie</strong> desForschungs<strong>in</strong>stitutes Fafo (Dæhlen/Nyen 2009)kommt allerd<strong>in</strong>gs zu e<strong>in</strong>er kritischen E<strong>in</strong>schätzung.Die <strong>Studie</strong> analysiert das Konzept lebenslangenLernens anhand der Kompetenzreformenseit 1999. Zwar seien die Teilnahmequoten<strong>in</strong> der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong> im europäischenVergleich hoch, allerd<strong>in</strong>gs bliebendie Daten h<strong>in</strong>ter den Erwartungen zurück, diedie Gewerkschaften ursprünglich hatten. AlsHauptgrund wird angeführt, dass man sich nichtauf e<strong>in</strong>en F<strong>in</strong>anzierungsmodus e<strong>in</strong>igen konnte.Dem Gewerkschaftsdachverband schwebtee<strong>in</strong>e nationale Fondslösung vor, die im Wesentlichenvon den Arbeitgebern zu f<strong>in</strong>anzieren gewesenwäre. Die Arbeitgeber lehnten diesenVorschlag vehement ab. Es wurde zwar e<strong>in</strong>eweitere Kommission e<strong>in</strong>gesetzt, die unterschiedlicheF<strong>in</strong>anzierungsvarianten vorschlug;diese scheiterten jedoch am Widerstand des ArbeitgeberdachverbandesNHO (Eurofound/Norway2009). In der Tarifpolitik dagegen konntendie Gewerkschaften e<strong>in</strong>en vergleichbarenFonds durchsetzen (vgl. Abschnitt 9.2). Danachhat die norwegische Regierung verschiedenegesetzliche Freistellungsregelungen verabschiedet,<strong>in</strong>sbesondere das Recht, als Erwachsenerhöhere Schulabschlüsse nachzuholen.Die F<strong>in</strong>anzierung erfolgt <strong>in</strong> Norwegen über e<strong>in</strong>eArt ‚BaföG für Erwachsene‘ (Statens Lånekasse).Außerdem wurden die Möglichkeitenzum nachträglichen Erwerb dieser Abschlüsseerweitert, etwa durch die Anerkennung sogenannten<strong>in</strong>formellen Lernens.Das Zentralproblem liegt auch <strong>in</strong> Norwegenauf der <strong>in</strong>haltlichen Ebene, dem Übergang vonder schulischen Bildung zur beruflichen Bildungbzw. <strong>Weiterbildung</strong>. Die langen Ausbildungszeitenersche<strong>in</strong>en vielen jungen Menschennicht als attraktiv; häufig brechen siee<strong>in</strong>e begonnene Ausbildung ab. Das führt <strong>in</strong>Norwegen nicht notwendigerweise zu <strong>in</strong>dividuellenProblemen, da Jugendliche auch ohnequalifizierten Ausbildungsabschluss häufig e<strong>in</strong>enArbeitsplatz f<strong>in</strong>den können. Für die Sozialpartnerwie die Regierung ist aber die Reduzierungdieser Abbrecherquote (‚Drop-outs‘) e<strong>in</strong>Hauptanliegen. Auch <strong>in</strong> der Bildungsstrategieder Regierung spielt daher die Reduzierung derAbbrecherquoten e<strong>in</strong>e zentrale Rolle (NorwegianM<strong>in</strong>istry of Education and Research 2009).Hohe Abbrecherquoten seien aber nicht nur e<strong>in</strong>Problem junger Menschen, vielmehr sei diesesProblem auf allen Ebenen des Bildungssystemsanzutreffen (ebd.). Die norwegische Gesellschaftmüsse e<strong>in</strong> vitales Interesse an e<strong>in</strong>emhohen Bildungsniveau haben, um die Zukunftsaufgabenzu meistern. Analysen des norwegischenStatistikamtes weisen darauf h<strong>in</strong>, dassder Abbruch e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>mal begonnenen Ausbildungauch e<strong>in</strong> soziales Phänomen (und Problem)darstellt (The Norwegian Directorate forEducation and Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g/The Education Mirror2009).Aufgrund der oben dargestellten Problemezielt der Mehrzahl der Programme <strong>in</strong> der beruf-Hauptproblem:Übergang von derschulischen Bildungzur beruflichenBildung und <strong>Weiterbildung</strong>73


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPABezugspunkt allerTarifverträge: dasArbeitsschutzgesetzvon 1977lichen Aus- und <strong>Weiterbildung</strong> nicht primär aufErwachsene, sondern auf junge Arbeitnehmerab. Das hat u. a. damit zu tun, dass die Arbeitslosenquoteunter den Jugendlichen zwischen20 und 24 Jahren am höchsten ist, sowie damit,dass e<strong>in</strong>e sich verschlechternde Wirtschaftsentwicklung<strong>in</strong>sbesondere diese Gruppe treffenwürde (Cedefop/Norway 2009: 25).9.2 Tarifpolitik und berufliche <strong>Weiterbildung</strong><strong>in</strong> NorwegenNeben den umfangreichen Bildungs- und <strong>Weiterbildung</strong>sgesetzensowie den zahlreichen Erwachsenenbildungsorganisationenist die berufliche<strong>Weiterbildung</strong> außerdem durch Vere<strong>in</strong>barungender Gewerkschaften und Arbeitgeberverbändegeregelt. Die wichtigste Vere<strong>in</strong>barungist der Hauptvertrag (hovedavtalen),der für e<strong>in</strong>e Laufzeit von vier Jahren abgeschlossenwird. Gemäß der traditionellen Unterscheidungvon blue collar workers und whitecollar workers gibt es e<strong>in</strong> Hauptabkommen fürArbeiter und e<strong>in</strong>es für Angestellte. Das ist notwendig,weil es Angestellten- und Akademikergewerkschaftengibt, so die AngestelltengewerkschaftHandel og Kontor i Norge und diefür Techniker bzw. technische Angestellte (Forbundetfor Ledelse og Teknikk). Zusammen mitdiesen beiden Gewerkschaften hat die DachgewerkschaftLO e<strong>in</strong>en gesonderten Hauptvertragmit dem Arbeitgeberdachverband (Nær<strong>in</strong>gslivetsHovedorganisasjon, NHO) abgeschlossen(LO-FLT-HK-NHO Hovedavtalen 2008). 10 Die zentralenBestandteile der verschiedenen Abkommenunterscheiden sich aber kaum; das betrifft<strong>in</strong>sbesondere den allgeme<strong>in</strong>en Teil, <strong>in</strong> demauch die Freistellungsregelung für <strong>Weiterbildung</strong>enthalten ist.Zu diesen Hauptabkommen treten die Branchentarifverträgeh<strong>in</strong>zu. Die größte Metallgewerkschaftist Fellesforbundet. Neben den vierjährigenHauptverträgen gibt es Lohnverträge,die <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em zweijährigen Rhythmus abgeschlossenwerden; auch diese können Regelungenzur beruflichen <strong>Weiterbildung</strong> enthalten.Die Tarifverträge s<strong>in</strong>d <strong>in</strong>e<strong>in</strong>ander verschränkt.So ist der erste Teil des Hauptabkommenszwischen LO und den Arbeitgebern automatischBestandteil der Branchentarifverträge,während die folgenden Teile branchenspezifischeRegelungen enthalten. Der erste Teil umfasstdie Organisationsrechte der den Vertragabschließenden Parteien, die Friedenspflicht,das Verfahren bei Konflikten, Informationspflichten,Zusammenarbeitsregelungen undMitbestimmung (LO-NHO Hovedavtalen 2006,Del A). Diese Regelungen werden <strong>in</strong> den Branchentarifverträgennicht gesondert verhandelt.In der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong> ist dasHaupt<strong>in</strong>strument das Ausmaß der Freistellungfür diese Zwecke (Utdann<strong>in</strong>gspermisjon). Hierbeziehen sich alle Tarifverträge auf das Arbeitsschutzgesetz(Arbeidsmiljøloven). Danachhat e<strong>in</strong> Arbeitnehmer, der drei Jahre im Berufslebensteht, davon zwei beim selben Arbeitge-10 Norwegische Mitglieder beim Europäischen Metallgewerkschaftsbund s<strong>in</strong>d neben Fellesforbundet und Handelog Kontor i Norge (HK), NITO, die Gewerkschaft für Ingenieure und Techniker, sowie Tekna für wissenschaftlichesPersonal.74


NORWEGENber, das Recht auf Freistellung zum Zwecke beruflicher<strong>Weiterbildung</strong> bis zu drei Jahren(§ 33 D Arbeitsschutzgesetz). Diese Regelunggeht auf e<strong>in</strong> Gesetz zurück, das die Gewerkschaftenbereits im Jahre 1977 durchsetzenkonnten und das noch heute das wichtigste<strong>Weiterbildung</strong>s<strong>in</strong>strument darstellt. Die Tatsache,dass <strong>in</strong> den Tarifverträgen auf das Arbeitsschutzgesetzvon 1977, das 1999 unwesentlichverändert wurde, Bezug genommenwird, unterstreicht die Bedeutung der gewerkschaftlichenE<strong>in</strong>flussnahme auf die Gesetzgebung,die dann wiederum <strong>in</strong> die Tarifverträgee<strong>in</strong>fließt. Die jeweiligen Anträge werden vone<strong>in</strong>em Betriebsausschuss (Bedriftsutvalgetsarbeidsområde) beraten.Seit den Bildungsreformen (Kompetansereformen)ab dem Jahre 1999 enthalten alle TarifverträgeRegelungen zur Kompetenzerweiterungder Beschäftigten. Im Hauptabkommenzwischen der Dachorganisation LO und den Arbeitgebern(für Arbeiter) wird auf die hohe Bedeutungder Kompetenzentwicklung für die e<strong>in</strong>zelnenBeschäftigten, für die Betriebe wie auchfür die Gesellschaft <strong>in</strong>sgesamt h<strong>in</strong>gewiesen.Das betreffe alle Bildungsstufen, Allgeme<strong>in</strong>bildung,Berufsbildung, Erwachsenenbildung undUmschulung (LO-NHO Hovedavtalen 2006,§ 16-1). Dabei sei die berufliche <strong>Weiterbildung</strong>besonders wichtig; die Arbeitnehmer müsstensystematisch und kont<strong>in</strong>uierlich qualifiziertwerden, um ihren Aufgaben gerecht zu werden(ebd.: § 16-2).Wie bereits erwähnt, scheiterten die Gewerkschaftenim Zuge dieser Kompetenzreformmit ihrer Forderung, e<strong>in</strong>en nationalen Fonds für<strong>Weiterbildung</strong> durchzusetzen. Allerd<strong>in</strong>gs gelanges ihnen im Jahre 2008, e<strong>in</strong>en vergleichbarenFonds als Bestandteil der Tarifpolitik zuerkämpfen. Es handelt sich um den <strong>Weiterbildung</strong>s-und Entwicklungsfonds (Opplysn<strong>in</strong>gsogutvikl<strong>in</strong>gsfond), hierzu haben die DachgewerkschaftLO und der Arbeitgeberverbande<strong>in</strong>e gesonderte Tarifvere<strong>in</strong>barung abgeschlossen(NHO-LO Opplysn<strong>in</strong>gs- og utvikl<strong>in</strong>gsfond2008), die <strong>in</strong> sämtliche seit 2008 geschlossenenTarifverträge als Anhang e<strong>in</strong>geflossenist. Insofern konnte sich die LO mit e<strong>in</strong>igerZeitverzögerung doch durchsetzen, sodass<strong>in</strong> Norwegen gegenwärtig e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>heitliche F<strong>in</strong>anzierungsstrukturvon beruflicher <strong>Weiterbildung</strong>durch e<strong>in</strong>en Tariffonds besteht.Im Zentrum des <strong>Weiterbildung</strong>s- und Entwicklungsfondssteht die F<strong>in</strong>anzierung. Hauptkriteriumhierbei ist nicht die Größe des Betriebes,sondern die durchschnittliche wöchentlicheArbeitszeit pro Arbeitnehmer. Diese Regelungerfolgte wohl deshalb, weil es <strong>in</strong> Norwegenviele kle<strong>in</strong>e Betriebe mit Arbeitnehmerngibt, die nicht auf Vollzeitstellen arbeiten. 11Nach dieser Unterscheidung wurden die Betriebe<strong>in</strong> drei Gruppen e<strong>in</strong>geteilt und e<strong>in</strong> Quartalsbeitragpro Beschäftigtem festgelegt. Die Arbeitnehmerentrichten, soweit nichts anderesvorgesehen ist, e<strong>in</strong>en kle<strong>in</strong>en, eher symbolischenBeitrag.Nach langem R<strong>in</strong>gen:F<strong>in</strong>anzierung der<strong>Weiterbildung</strong> übere<strong>in</strong>en Tariffondsseit 200811 Norwegen hat noch nicht die <strong>in</strong> der EU übliche Unterscheidung von Kle<strong>in</strong>-, Mittel- und Großbetrieben übernommen.Nach der amtlichen Statistik Norwegens ist beispielsweise e<strong>in</strong> Betrieb e<strong>in</strong> „Großbetrieb“, wenn er durchschnittlichzehn Beschäftigte umfasst, vgl. Aa-registeret.75


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPAHervorragendeInfrastruktur <strong>in</strong>der beruflichen<strong>Weiterbildung</strong>Auf Branchenebene werden zusätzlich Fragender fachlichen <strong>Weiterbildung</strong> geregelt (Fagopplær<strong>in</strong>gog videreutdann<strong>in</strong>g). Im Wesentlichenwird aber auf das Bildungsgesetz und denallgeme<strong>in</strong>en Teil des Hauptabkommens zwischenLO und NHO Bezug genommen, wie diebeispielhaft herangezogenen Vere<strong>in</strong>barungenfür das Kfz-Handwerk (Biloverenskomsten2008) und für die Textil<strong>in</strong>dustrie (Teko-Overenskomsten2008), die beide 2008 abgeschlossenwurden, belegen. Es ergibt sich damit e<strong>in</strong>e Hierarchievon gesetzlichen Regelungen, an derenerster Stelle die Freistellungsregelung steht,die schon vor über 30 Jahren festgelegt wurde.Im Zuge der Kompetenzreformen konnten sichGewerkschaften und Arbeitgeberverbände, wieerwähnt, zwar nicht über die F<strong>in</strong>anzierung derberuflichen <strong>Weiterbildung</strong> e<strong>in</strong>igen, doch wurdewenige Jahre später e<strong>in</strong> Fonds für berufliche<strong>Weiterbildung</strong> e<strong>in</strong>gerichtet, der Bestandteilsämtlicher Tarifverträge ist.9.3 Zwischenresümee NorwegenNorwegen verfügt über e<strong>in</strong>e gut ausbaute Infrastruktur<strong>in</strong> der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong>.Die wichtigsten Punkte s<strong>in</strong>d per Gesetz geregelt,die F<strong>in</strong>anzierung der <strong>Weiterbildung</strong> wurdenach vorübergehenden Unstimmigkeitenmit Zeitverzögerung tariflich vere<strong>in</strong>bart. Die<strong>Weiterbildung</strong> ist gesetzlich wie tarifvertraglichzentralistisch organisiert, auch wenn diee<strong>in</strong>zelnen Regionen und Branchengewerkschaftengewisse Freiheiten bei der Umsetzunghaben.Trotz dieser guten Infrastruktur weist dasnorwegische System e<strong>in</strong>e Reihe von Problemenauf, die auch <strong>in</strong> den anderen skand<strong>in</strong>avischenGesellschaften anzutreffen s<strong>in</strong>d. Das Hauptproblemist der Übergang von der schulischen zurberuflichen Bildung bzw. die lange Dauer derBerufsausbildung (vier Jahre), die zu hohenAbbrecherquoten führt. Deren Reduzierungwird mittlerweile als das zentrale Anliegen derReform der beruflichen Bildung betrachtet. Diegute Infrastruktur führt zu hohen Teilnehmerquoten<strong>in</strong> der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong>, dieaber die bekannten Schieflagen aufweist: QualifizierteArbeitnehmer nehmen wesentlichhäufiger an <strong>Weiterbildung</strong>skursen teil als wenigerqualifizierte, junge Arbeitnehmer häufigerals ältere, Arbeitnehmer aus entwickeltenIndustrieregionen häufiger als solche ausschwach entwickelten Regionen, Beschäftigtedes öffentlichen Dienstes s<strong>in</strong>d stark überrepräsentiert,während beispielsweise das verarbeitendeGewerbe weniger stark vertreten ist(Dæhlen/Nyen 2009).76


ANKNÜPFUNGSPUNKTE FÜR GEWERKSCHAFTLICHE POLITIK IN DEUTSCHLAND10. Anknüpfungspunkte für gewerkschaftliche Politik<strong>in</strong> DeutschlandWenn wir uns die Unterschiede und Geme<strong>in</strong>samkeitenzwischen den skand<strong>in</strong>avischen Ländernund Deutschland betrachten, überwiegendie Unterschiede. Das beg<strong>in</strong>nt mit der Geschichteund der Sozialstruktur dieser Länder.Bei den skand<strong>in</strong>avischen Ländern handelt essich um kle<strong>in</strong>e Gesellschaften, die nach demZweiten Weltkrieg e<strong>in</strong>en wirtschaftlichen Aufschwungund Strukturwandel durchliefen, derim höheren Maße qualifizierte Arbeitskräfteerforderte. Da es ke<strong>in</strong>e relevante Arbeitsmigrationgab, war von e<strong>in</strong>em sehr frühen Zeitpunktan die Qualifizierung der erwerbstätigenBevölkerung von entscheidender Bedeutung.H<strong>in</strong>zu trat die Mobilisierung der Frauen für denArbeitsmarkt. Beide Aspekte formierten e<strong>in</strong>starkes geme<strong>in</strong>sames Interesse von Staat, Gewerkschaften,Arbeitgeberverbänden und Unternehmenh<strong>in</strong>sichtlich der Ausgestaltung derberuflichen <strong>Weiterbildung</strong>. Die Gewerkschaftenverstanden es, diesen Qualifizierungsbedarfmit eigenen politischen Forderungen erfolgreichzu verknüpfen und diese durchzusetzen.Teilweise wurden bestehende Regelungenaus der Gewerkschaftstradition übernommen,wie das Konzept der Abendschulen der dänischenGewerkschaft der Un- und AngelerntenSpecialarbejderforbundet <strong>in</strong> Danmark aus den1940er Jahren. Politisch ist die enge Verknüpfungvon Gewerkschafts- und Regierungspolitikentscheidend, die <strong>in</strong> den skand<strong>in</strong>avischen Ländernüber Jahrzehnte von den sozialdemokratischenParteien bestimmt wurde und bis heutezu e<strong>in</strong>er engen konzeptionellen und personellenVerzahnung von Regierungs- und Gewerkschaftspolitikführte. Auf dieser Basis erhiel-ten die Sozialpartner <strong>in</strong> der Ausformulierungdes skand<strong>in</strong>avischen Wohlfahrtsstaates im Allgeme<strong>in</strong>enund <strong>in</strong> der <strong>Weiterbildung</strong>spolitik imBesonderen weitgehende Zuständigkeiten,häufig folgten die Regierungen den geme<strong>in</strong>samvon Gewerkschaften und Arbeitgebern erarbeitetenVorschlägen. Im Zuge dieser Entwicklungkonnten weitgehende soziale Anspruchsrechtedurchgesetzt werden, die zu hohenTeilnahmequoten an <strong>Weiterbildung</strong>smaßnahmenführten.Nicht unwichtig ist zudem die allgeme<strong>in</strong>eBildungstradition, die sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>heitlichen Bildungsgesetzenniederschlug, <strong>in</strong> denen sämtlicheBildungsbereiche von der Vorschulbildungbis zur beruflichen <strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Bildungsgesetzgeregelt wurden. Das bedeutetee<strong>in</strong>erseits, dass berufliche Bildung als <strong>in</strong>tegralerBestandteil von Bildung konzipiert war, undandererseits, dass dadurch e<strong>in</strong>e Marg<strong>in</strong>alisierungvon beruflicher Bildung verh<strong>in</strong>dert wurde.E<strong>in</strong>e solche rechtliche Konstruktion ist Deutschlandbis heute fremd geblieben.Auf dieser politischen, sozialstrukturellenund rechtlichen Basis konnten die tarifpolitischenInitiativen zur beruflichen <strong>Weiterbildung</strong>aufbauen. Aufgrund des Strukturwandels <strong>in</strong> derNachkriegszeit und des hohen Bedarfs an qualifiziertenArbeitskräften existierten zwischenGewerkschaften und Arbeitgebern große Interessenüberschneidungenh<strong>in</strong>sichtlich der beruflichen<strong>Weiterbildung</strong>. Der vielleicht wesentlichsteUnterschied zu Deutschland ist dar<strong>in</strong> zusehen, dass sich e<strong>in</strong>e gesellschaftlich akzeptierte‚<strong>Weiterbildung</strong>skultur‘ entwickelte, <strong>in</strong>der weitgehende <strong>Weiterbildung</strong>sansprücheAuffällig ist dasstarke geme<strong>in</strong>sameInteresse von Staat,Gewerkschaften,Arbeitgeberverbändenund Unternehmenbei der Ausgestaltungder beruflichen<strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong>Skand<strong>in</strong>avien77


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPAIn Deutschland:enge Zusammenarbeitzwischen Gewerkschaftenund sozialdemokratischenLänderregierungennur <strong>in</strong> den erstenNachkriegsjahrenvon Staat, Gewerkschaften, Arbeitgeberverbändenund Betrieben begrüßt und unterstütztwerden. Es gab ke<strong>in</strong>e ordnungspolitischen Diskussionendarüber, ob beispielsweise dieBranche der richtige Ort für weiterbildungspolitischeInitiativen sei, wie das heute noch <strong>in</strong>Deutschland zu beobachten ist (Moraal 2007).<strong>Weiterbildung</strong> war zudem ke<strong>in</strong> Thema, das e<strong>in</strong>randständiges Dase<strong>in</strong> führte, sondern e<strong>in</strong> wichtigesMittel, um e<strong>in</strong>e erfolgreiche Bewältigungdes Strukturwandels zu gewährleisten.Von diesen allgeme<strong>in</strong>en Bed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong>den skand<strong>in</strong>avischen Ländern unterscheidetsich die Entwicklung <strong>in</strong> Deutschland erheblich.E<strong>in</strong>e vergleichbar enge Zusammenarbeit zwischenGewerkschaften und sozialdemokratischenRegierungen gab es nur <strong>in</strong> e<strong>in</strong>zelnenBundesländern für e<strong>in</strong>e kurze Periode unmittelbarnach 1945. Durch die geburtenstarkenJahrgänge hatten die Betriebe e<strong>in</strong>e breite Auswahlan qualifiziertem Nachwuchs. Ab den frühen1960er Jahren setzte zudem e<strong>in</strong>e steigendeArbeitsmigration e<strong>in</strong>. Diese Veränderungenführten dazu, dass <strong>in</strong> den ersten beiden Jahrzehntennach dem Zweiten Weltkrieg berufliche<strong>Weiterbildung</strong> ke<strong>in</strong> zentrales Thema <strong>in</strong> derGewerkschaftspolitik war. Die ersten tarifpolitischenInitiativen setzten Mitte der 1960er Jahree<strong>in</strong>, als die skand<strong>in</strong>avischen Gewerkschaftenbereits über zwanzigjährige Erfahrungen <strong>in</strong>diesem Politikfeld verfügten.Darüber h<strong>in</strong>aus existierte im Gegensatz zuden skand<strong>in</strong>avischen Ländern im Nachkriegsdeutschlandke<strong>in</strong>e enge Zusammenarbeit zwischender Bundesregierung und den Gewerkschaften,vielmehr überwogen ordnungspolitischeKontroversen zwischen den ersten CDU/CSU-Regierungen und den Gewerkschaften, diedie Chancen der deutschen Gewerkschaftenbegrenzten, ihre Forderungen auf gesetzlichemWege durchzusetzen. Zudem erwies sichauf der rechtlichen Ebene die Kulturhoheit derLänder als Hemmschuh für die Durchsetzungweitergehender Anspruchsrechte der Arbeitnehmer.Denn die Schul- und Bildungspolitikist für die Bundesländer e<strong>in</strong> zentrales Politikfeld,auf dem politische Kontroversen via Bildungspolitikausgetragen werden können. Dasführte <strong>in</strong> Deutschland zu e<strong>in</strong>er zurückhaltendenRolle des Staates <strong>in</strong> Bezug auf die berufliche<strong>Weiterbildung</strong>. Das Ergebnis ist e<strong>in</strong>e weitgehendeNichtregulierung dieses Bereiches sowiedie Etablierung e<strong>in</strong>es „<strong>Weiterbildung</strong>smarktes“mit über 20.000 höchst unterschiedlichen<strong>Weiterbildung</strong>strägern.<strong>Berufliche</strong> <strong>Weiterbildung</strong> war aber auch <strong>in</strong>den Gewerkschaften bis <strong>in</strong> die 1960er Jahre h<strong>in</strong>e<strong>in</strong>ke<strong>in</strong> zentrales Thema der Tarifpolitik. Paradoxerweisewar die Qualität der dualen Berufsausbildungschuld an dieser Entwicklung.Über lange Zeit dom<strong>in</strong>ierte die Vorstellung,dass die wichtigsten Kenntnisse <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Berufwährend der Berufsausbildung erworbenwürden, was dann e<strong>in</strong> Leben lang ausreiche.Zwar liegen die ersten tarifpolitischen Initiativender Gewerkschaften <strong>in</strong> Bezug auf <strong>Weiterbildung</strong>über 40 Jahre zurück, diese hattenaber <strong>in</strong> der Gewerkschaftspolitik nie den zentralenStellenwert, den sie für die skand<strong>in</strong>avischenGewerkschaften haben mussten. Fürdiese war die <strong>Weiterbildung</strong> e<strong>in</strong> Politikfeld,auf dem sie, neben der Lohnpolitik, ihre78


ANKNÜPFUNGSPUNKTE FÜR GEWERKSCHAFTLICHE POLITIK IN DEUTSCHLANDMachtbasis verbeitern konnten. Das geschahdurch geme<strong>in</strong>same E<strong>in</strong>flussnahme mit den Arbeitgebernauf die <strong>Weiterbildung</strong>spolitik sowiedurch unterschiedliche Formen geme<strong>in</strong>samenHandelns (Tariffonds, geme<strong>in</strong>same <strong>Weiterbildung</strong>se<strong>in</strong>richtungenetc.). In Deutschlandfehlte gewissermaßen e<strong>in</strong> vergleichbarerpolitischer Anreiz der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong>für die Gewerkschaften. Die weiterbildungspolitischenAktivitäten ab Mitte der1960er Jahre schlossen an allgeme<strong>in</strong>e politischeDiskussionen an, denen die Gewerkschaftentarifpolitisch zu begegnen versuchten(Bahnmüller 2002).Diese grundlegenden Unterschiede zwischenden skand<strong>in</strong>avischen Ländern undDeutschland setzen e<strong>in</strong>er unmittelbaren Übernahmee<strong>in</strong>zelner tarifpolitischer Regelungenenge Grenzen. Es ist s<strong>in</strong>nvoll im S<strong>in</strong>ne deswechselseitigen Lernens, den Austausch vonExperten im Gewerkschaftslager oder auf europäischerEbene zu pflegen. Tarifpolitik istaber ke<strong>in</strong> Feld, das isoliert betrachtet werdenkann; es ist <strong>in</strong> e<strong>in</strong> ‚Sett<strong>in</strong>g‘ gesellschaftlicherStrukturen und Institutionen e<strong>in</strong>gebettet, diesich über e<strong>in</strong>e lange Zeit politischer Klassenause<strong>in</strong>andersetzungen,über Vere<strong>in</strong>barungenmit Arbeitgebern und Kooperation mit Regierungendurchgesetzt haben. Diese politischenAuse<strong>in</strong>andersetzungen folgten nationalenMustern und Eigenheiten, die selten übertragbars<strong>in</strong>d.Gleichzeitig gibt es aber e<strong>in</strong>e Reihe vonGeme<strong>in</strong>samkeiten <strong>in</strong> den Problemstellungen,vor denen die Gewerkschaften <strong>Europa</strong>s stehen.Für deren Lösung kann e<strong>in</strong> Vergleich mit anderenLändern hilfreich se<strong>in</strong>. Wenn wir uns dieErgebnisse der <strong>Weiterbildung</strong>spolitik <strong>in</strong> denskand<strong>in</strong>avischen Ländern betrachten, fallenfolgende Aspekte besonders auf:Allgeme<strong>in</strong>e ProblemlagenEs existieren gewisse Schieflagen <strong>in</strong> der beruflichen<strong>Weiterbildung</strong>, die <strong>in</strong> allen betrachtetenGesellschaften anzutreffen s<strong>in</strong>d: QualifizierteArbeitnehmer nehmen wesentlich häufiger an<strong>Weiterbildung</strong>skursen teil als weniger qualifizierte,junge Arbeitnehmer häufiger als ältere,Arbeitnehmer aus entwickelten Industrieregionenhäufiger als solche aus schwach entwickeltenRegionen, außerdem s<strong>in</strong>d Beschäftigte desöffentlichen Dienstes überrepräsentiert. DieseSchieflagen s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den skand<strong>in</strong>avischen Ländernnicht so ausgeprägt wie <strong>in</strong> Deutschland,existieren dort aber ebenfalls.Hoher Bedarf an NachqualifizierungSämtliche Programme des Staates bzw. Regelungen,auf die sich die Sozialpartner <strong>in</strong> dennordischen Ländern verständigt haben, enthaltenumfangreiche Angebote zur beruflichenNachqualifizierung <strong>in</strong> Basisfächern (Lesen,Rechnen, Schreiben). Auf die Ursachen könnenwir hier nicht näher e<strong>in</strong>gehen, für unsere Zweckeist entscheidend, dass der berufliche Nachqualifizierungsbedarfe<strong>in</strong> Phänomen ist, das <strong>in</strong>vielen europäischen Gesellschaften anzutreffenist. In jedem Fall handelt es sich nicht ume<strong>in</strong> s<strong>in</strong>guläres Phänomen schulischer Ausbildung<strong>in</strong> Deutschland.<strong>Weiterbildung</strong> ke<strong>in</strong>zentrales Thema <strong>in</strong>der Tarifpolitik79


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPAHauptproblem <strong>in</strong>allen Ländern: dieF<strong>in</strong>anzierung„Wer zahlt?“Trotz der breiten Übere<strong>in</strong>stimmung, die zwischenGewerkschaften, Arbeitgebern und Staat<strong>in</strong> den skand<strong>in</strong>avischen Ländern h<strong>in</strong>sichtlichder <strong>Weiterbildung</strong> herrscht, ist die Kostenübernahmee<strong>in</strong> zentraler Konfliktgegenstand: „Werzahlt?“ Selbst im reichen Norwegen verh<strong>in</strong>dertendie Arbeitgeber zunächst e<strong>in</strong>e weitreichendenationale Regelung zur <strong>Weiterbildung</strong>. Erstnach acht Jahren Verhandlungszeit wurde e<strong>in</strong>etarifpolitische E<strong>in</strong>igung erreicht, die allerd<strong>in</strong>gsh<strong>in</strong>ter den ursprünglichen Forderungen der Gewerkschaftenzurückblieb.Ke<strong>in</strong>e Verpflichtung zur <strong>Weiterbildung</strong>Die tarifpolitischen und gesetzlichen Regelungenverpflichten im Regelfall die Betriebe nicht,<strong>Weiterbildung</strong>skurse durchzuführen. Deshalbgibt es teilweise umfangreiche Motivationskampagnender Sozialpartner, die vere<strong>in</strong>barten<strong>Weiterbildung</strong>sregelungen <strong>in</strong> Anspruch zu nehmen.In größeren Betrieben werden häufig geme<strong>in</strong>same<strong>Weiterbildung</strong>skomitees errichtet,die aber ke<strong>in</strong>e verpflichtenden Kompetenzenhaben. Aufgrund der <strong>Weiterbildung</strong>straditionexistieren solche Komitees <strong>in</strong> den meisten Betrieben<strong>in</strong> den nordischen Ländern, soweit diesdie Tarifregelungen vorsehen (wie <strong>in</strong> Schwedenund Norwegen).Dom<strong>in</strong>anz von UmsetzungsproblemenDie deutschen und skand<strong>in</strong>avischen Gewerkschaftenteilen die Probleme bei der Umsetzungvere<strong>in</strong>barter Rahmenregelungen <strong>in</strong> der<strong>Weiterbildung</strong>, die lokal und betrieblich ausgeführtwerden müssen. Das ist e<strong>in</strong> zentralesProblem nicht nur <strong>in</strong> Deutschland (L<strong>in</strong>derkamp2005; Bahnmüller/Fischbach 2004). Wie <strong>in</strong>Deutschland setzt die Tarifpolitik e<strong>in</strong>en branchenspezifischenRahmen, während die Umsetzung<strong>in</strong> den Betrieben erfolgt. H<strong>in</strong>sichtlichder Umsetzung vere<strong>in</strong>barter Regelungen bestehte<strong>in</strong>e signifikante Geme<strong>in</strong>samkeit zwischendiesen Ländern. Die Inanspruchnahmeist <strong>in</strong> der Regel von der Unternehmensgrößeabhängig: Je größer die Unternehmen, destohöher die Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit der Inanspruchnahmevon <strong>Weiterbildung</strong>smaßnahmen; jekle<strong>in</strong>er die Unternehmen, desto ger<strong>in</strong>ger dieTeilnahmequoten.Hohe Geme<strong>in</strong>samkeit bei dentarifpolitischen InstrumentenZur Förderung von <strong>Weiterbildung</strong> gibt es e<strong>in</strong>eReihe von Instrumenten, u. a.die Ausweitung von <strong>Weiterbildung</strong>sansprüchen:Diese können gesetzlich wie tarifvertraglichgeregelt se<strong>in</strong>;die Stärkung <strong>in</strong>dividueller Ansprüche: Inden Tarifverträgen wird seit den 1990er Jahrenverstärkt auf die <strong>in</strong>dividuellen Bedürfnissedes E<strong>in</strong>zelnen abgestellt. Dabei sollenzwar auch die betrieblichen Erfordernis-80


ANKNÜPFUNGSPUNKTE FÜR GEWERKSCHAFTLICHE POLITIK IN DEUTSCHLANDse <strong>in</strong> Rechnung gestellt werden, zw<strong>in</strong>gendist das aber nicht (so <strong>in</strong> Dänemark);die F<strong>in</strong>anzierung über e<strong>in</strong>en Fonds der Sozialpartner:Die Fonds können auf nationalerEbene <strong>in</strong>stalliert se<strong>in</strong> (wie <strong>in</strong> Dänemark)oder auf Branchenebene (wie <strong>in</strong> der deutschenTextil<strong>in</strong>dustrie);die Errichtung geme<strong>in</strong>samer <strong>Weiterbildung</strong>se<strong>in</strong>richtungen:Diese werden <strong>in</strong> derRegel auf Branchenebene etabliert, es gibtsie <strong>in</strong> allen betrachteten Ländern. InDeutschland existieren <strong>in</strong> der chemischenIndustrie seit den 1970er Jahren geme<strong>in</strong>same<strong>Weiterbildung</strong>se<strong>in</strong>richtungen der Sozialpartner;<strong>in</strong> der Metall- und Elektro<strong>in</strong>dustrieBaden-Württembergs wurde ebenfallse<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Institution errichtet. InSchweden gibt es das Konzept der Technik-Colleges. 12Entwicklungs- oder Kompetenzgespräche:Zur Stärkung <strong>in</strong>dividueller Ansprüche hatsich als e<strong>in</strong> wesentliches Instrument dasEntwicklungs- oder Kompetenzgesprächdurchgesetzt. Auffällig <strong>in</strong> den Tarifverträgender nordischen Länder ist die Bestimmung,dass solche Entwicklungsgesprächenur dann zu führen s<strong>in</strong>d, wenn e<strong>in</strong> Arbeitnehmerdies ausdrücklich wünscht.Geme<strong>in</strong>samkeit europäischerGewerkschaften: F<strong>in</strong>anzierungüber e<strong>in</strong>en FondsE<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Position haben alle Gewerkschaften<strong>in</strong> den hier betrachteten Ländern: dieF<strong>in</strong>anzierung beruflicher <strong>Weiterbildung</strong> überFonds. Diese Position vertreten auch die meistenDGB-Gewerkschaften (GEW/IG Metall/Ver.di 2008). In Dänemark ist das Modell weitgehenddurchgesetzt; <strong>in</strong> Norwegen wurde e<strong>in</strong>eallgeme<strong>in</strong>e Fondslösung für alle Berufe vonden Arbeitgeberverbänden zunächst abgelehnt,acht Jahre später konnte e<strong>in</strong>e ‚abgespeckte‘Version tarifvertraglich durchgesetztwerden; <strong>in</strong> Schweden lehnen die Arbeitgeberdie F<strong>in</strong>anzierung über e<strong>in</strong>en Fonds ab. Ähnlichist die Situation <strong>in</strong> den meisten BranchenDeutschlands. Die Tariffonds <strong>in</strong> der Textil<strong>in</strong>dustrieund bei der Telekom bilden hier eher dieAusnahme. Die <strong>in</strong>haltlichen Begründungen derGewerkschaften für e<strong>in</strong>en (im Regelfall) aufBranchenebene angesiedelten <strong>Weiterbildung</strong>sfondss<strong>in</strong>d durchweg identisch: die gleicheErfassung sämtlicher Beschäftigtengruppensowie die Vermeidung bildungsspezifischerUngleichgewichte bei der Wahrnehmungvon <strong>Weiterbildung</strong>sangeboten. Alle <strong>in</strong> Betrachtkommenden Unternehmen sollten e<strong>in</strong>en M<strong>in</strong>-<strong>Europa</strong>sGewerkschaftenbevorzugen e<strong>in</strong>eF<strong>in</strong>anzierung übernationale oderBranchenfonds12 E<strong>in</strong>e nur sche<strong>in</strong>bar unwichtige Nebensächlichkeit s<strong>in</strong>d statistische Verzerrungen bei der Meldung von <strong>Weiterbildung</strong>smaßnahmen.In den skand<strong>in</strong>avischen Ländern ist die <strong>Weiterbildung</strong> stark bürokratisiert, auch kle<strong>in</strong>ste<strong>Weiterbildung</strong>saktivitäten werden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em nicht unerheblichen Meldewesen registriert, während es <strong>in</strong>Deutschland e<strong>in</strong>e seit Jahren zu beobachtende Diskussion über die Bürokratisierung unternehmerischen Handelnsgibt, die die ‚Meldediszipl<strong>in</strong>‘ der Betriebe bei <strong>Weiterbildung</strong>smaßnahmen eher schmälert als beflügelt.Vergleichbare Diskussionen fehlen aufgrund der langen <strong>Weiterbildung</strong>stradition <strong>in</strong> den skand<strong>in</strong>avischen Ländernvöllig.81


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPAGeme<strong>in</strong>samkeit <strong>in</strong>allen Ländern: Gibt esTarifverträge, dannwerden sie auch <strong>in</strong>Anspruch genommendestsatz entrichten. Unterschiede s<strong>in</strong>d lediglichh<strong>in</strong>sichtlich der Bezugsgröße vorgesehen(Umsatz, Gew<strong>in</strong>n oder Beschäftigtenzahl).Tarifverträge erhöhen die Sensibilitätfür <strong>Weiterbildung</strong>E<strong>in</strong>e starke Geme<strong>in</strong>samkeit <strong>in</strong> der <strong>Weiterbildung</strong>ist die Tatsache, dass Tarifverträge, wennsie denn existieren, auch <strong>in</strong> Anspruch genommenwerden. Tarifverträge zur beruflichen <strong>Weiterbildung</strong>mobilisieren die Akteure auf Branchenebeneund vor allem auf betrieblicher Ebene.Diese Effekte s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> den nordischen Ländernstärker ausgeprägt als <strong>in</strong> Deutschland.Immerh<strong>in</strong> zeigen die Analysen bestehender Tarifverträge<strong>in</strong> Deutschland, dass diese zu e<strong>in</strong>erSensibilisierung der Akteure führen, wenngleichdie E<strong>in</strong>schätzungen zwischen Managementund Betriebsräten häufig divergieren.Hier<strong>in</strong> drückt sich u. a. die fehlende Unterstützungskultur<strong>in</strong> Sachen <strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong>Deutschland aus.Dieser Zusammenhang kann verallgeme<strong>in</strong>ertwerden: <strong>Weiterbildung</strong> entfaltet dann positiveEffekte, wenn Gewerkschaften und Arbeitgeberverbände,aber auch Foren der <strong>in</strong>nerbetrieblichenZusammenarbeit und staatliche<strong>Weiterbildung</strong>sagenturen beteiligt werden(Crouch 1999). Die Art und Weise, wie <strong>Weiterbildung</strong>organisiert, f<strong>in</strong>anziert und durchgeführtwird, hängt im hohen Maße davon ab, obe<strong>in</strong> gutes gesellschaftliches „<strong>Weiterbildung</strong>sklima“herrscht, was wiederum stark von denBeziehungen zwischen den Gewerkschaftenund den Betrieben bzw. Arbeitgeberverbändenabhängt. Gerade hieran krankt es <strong>in</strong> Deutschland.Während noch darüber gestritten wird, obe<strong>in</strong> Branchen-Tarifvertrag das richtige Instrumentund die Branche der ‚richtige‘ Ort ist, umberufliche <strong>Weiterbildung</strong> zu regeln, s<strong>in</strong>d vieleeuropäische Länder längst erfolgreich diesenWeg gegangen. In der <strong>Weiterbildung</strong>sforschungist man sich e<strong>in</strong>ig, dass es am günstigstenwäre, wenn E<strong>in</strong>zelpersonen, die Wirtschaft,die Geme<strong>in</strong>den, der Staat und andere an der<strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong>teressierte Gruppen Verantwortungfür Investitionen <strong>in</strong> die <strong>Weiterbildung</strong>übernehmen, um e<strong>in</strong>e „nachhaltige Lernkultur“zu schaffen (Nisar 2004: 8).Zentraler Unterschied:Klima pro <strong>Weiterbildung</strong>E<strong>in</strong> zentraler Unterschied ergibt sich aus deroben geschilderten Bedeutung, die <strong>Weiterbildung</strong><strong>in</strong> der gewerkschaftlichen Politik wie <strong>in</strong>den Gesellschaften <strong>in</strong>sgesamt hat. Diese Entwicklungführte <strong>in</strong> den skand<strong>in</strong>avischen Ländernzu e<strong>in</strong>em unterstützenden Klima für <strong>Weiterbildung</strong><strong>in</strong> den Betrieben, den Verbändenund seitens des Staates. Das war <strong>in</strong> Deutschlandüber Jahrzehnte nicht der Fall und ist <strong>in</strong>vielen Betrieben auch heute noch so. <strong>Weiterbildung</strong>hatte über lange Zeit den Charakter e<strong>in</strong>erGratifikation, die von Vorgesetzten gewährtund weniger nach Kriterien e<strong>in</strong>es systematischenbetrieblichen <strong>Weiterbildung</strong>skonzeptsangegangen wurde. Die vielen kle<strong>in</strong>en Ause<strong>in</strong>andersetzungenzwischen den betrieblichenAkteuren nach dem Abschluss von Tarifverträgenmachen deutlich, dass dieses fehlende un-82


ANKNÜPFUNGSPUNKTE FÜR GEWERKSCHAFTLICHE POLITIK IN DEUTSCHLANDterstützende Klima für <strong>Weiterbildung</strong> e<strong>in</strong>es derzentralen Probleme der Umsetzung darstelltund weniger die richtige Handhabung der vere<strong>in</strong>bartenInstrumente.E<strong>in</strong> Resümee der tarifpolitischen Regelungenzur <strong>Weiterbildung</strong> zeigt, dass es <strong>in</strong> denskand<strong>in</strong>avischen Ländern ke<strong>in</strong>e Instrumenteoder ‚Bauste<strong>in</strong>e‘ zur beruflichen <strong>Weiterbildung</strong>gibt, die nicht <strong>in</strong> der e<strong>in</strong>en oder anderenForm auch <strong>in</strong> Deutschland anzutreffen s<strong>in</strong>d.Insofern s<strong>in</strong>d Unterschiede <strong>in</strong> der Weiterbil-dung nicht so sehr auf der Ebene der Instrumenteoder ‚Bauste<strong>in</strong>e‘ der Tarifpolitik zu f<strong>in</strong>den,sondern auf e<strong>in</strong>er ‚Zwischenebene‘, diedadurch gekennzeichnet ist, ob und <strong>in</strong>wieweit<strong>in</strong> den Betrieben (und den Gesellschaften<strong>in</strong>sgesamt) e<strong>in</strong> unterstützendes Klimaherrscht, das die Inanspruchnahme von <strong>Weiterbildung</strong>smaßnahmenfördert oder restriktivhandhabt. Hier<strong>in</strong> besteht der zentrale Unterschiedzwischen den nordischen Ländernund Deutschland.E<strong>in</strong> wichtiger Unterschied:In Deutschlandfehlt e<strong>in</strong> unterstützendesKlima für die<strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong> denBetrieben83


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPA11. Technik-CollegesTechnik-Collegeskönnten die <strong>Weiterbildung</strong>slandschaftDeutschlands partiellregulieren11.1 Technik-Colleges: Modell für Deutschland?E<strong>in</strong> besonderes Konzept <strong>in</strong> der skand<strong>in</strong>avischen<strong>Weiterbildung</strong>slandschaft ist die E<strong>in</strong>richtungder Technik-Colleges (TC) <strong>in</strong> Schweden.Sie ist unter den hier diskutierten Tarifverträgenund Initiativen zur Förderung der<strong>Weiterbildung</strong> e<strong>in</strong>e der wichtigsten Neuerungender letzten Jahre. Mit der Errichtung vonTechnik-Colleges reagierten die Sozialpartnerauf ausgeprägte Defizite im staatlichenSchulsektor, der den veränderten Bedürfnissen<strong>in</strong> der beruflichen Aus- und <strong>Weiterbildung</strong>nicht angemessen nachkam. Das Konzeptkann allerd<strong>in</strong>gs verallgeme<strong>in</strong>ert werden: Wiedie Sozialpartner <strong>in</strong> Schweden auf Defizitedes staatlichen Berufsbildungssystems reagieren,so wäre e<strong>in</strong>e vergleichbare Initiative<strong>in</strong> Deutschland e<strong>in</strong> Ansatz, um die unübersichtliche,von privaten Anbietern dom<strong>in</strong>ierte<strong>Weiterbildung</strong>slandschaft zum<strong>in</strong>dest partiellzu regulieren. E<strong>in</strong>e solche Initiative würdeaber nur dann funktionieren, wenn sich Gewerkschaften,Arbeitgeberverbände und dieBetriebe auf e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Plattform e<strong>in</strong>igenkönnten, die sowohl die Interessen derBetriebe wie diejenigen der Arbeitnehmer angemessenberücksichtigte.Technik-Colleges s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> Akkreditierungssystem,an dem Arbeitgeber und Gewerkschaftennicht nur beteiligt s<strong>in</strong>d, sondern dessen Kriteriensie bestimmen. E<strong>in</strong>e Übertragung desModells „Technik-College“ wäre <strong>in</strong> Deutschlandals e<strong>in</strong> berufliches Qualifizierungskonzeptzu betrachten, das unterschiedliche <strong>Weiterbildung</strong>smaßnahmenumfasst. Die Basis e<strong>in</strong>ersolchen <strong>Weiterbildung</strong>s<strong>in</strong>itiative wärenverpflichtende Kriterien, auf die sich die Sozialpartnere<strong>in</strong>igen. Öffentliche und private<strong>Weiterbildung</strong>s<strong>in</strong>stitutionen könnten Anträgefür die Bewilligung bestimmter Qualifizierungskursean die Sozialpartner richten, diebei erfolgreicher Bewerbung den Titel „Technik-College“erhalten.Der Vorteil e<strong>in</strong>er Übernahme des Konzeptsder Technik-Colleges bestünde dar<strong>in</strong>, dass ke<strong>in</strong>eneue <strong>Weiterbildung</strong>se<strong>in</strong>richtung geschaffenwürde. Vielmehr kooperierten die Sozialpartnermit den existierenden staatlichen und privaten<strong>Weiterbildung</strong>strägern. Diese müsstenbestimmte Ausbildungsgänge entwickeln undkönnten den Titel „Technik-College“ erwerben.Hierzu müssten sie sich e<strong>in</strong>em Bewerbungsverfahrenunterziehen und bestimmte Kriterienerfüllen, auf die sich die Sozialpartner zuvorgee<strong>in</strong>igt haben. Bei erfolgreicher Bewerbungvergeben die Sozialpartner für bestimmte Ausund<strong>Weiterbildung</strong>sgänge den Titel „Technik-College“. Danach würde e<strong>in</strong>e regelmäßigeÜberprüfung ausschließlich durch die Sozialpartnererfolgen.In Deutschland könnten die Gewerkschaftendie Initiative für e<strong>in</strong> vergleichbares <strong>Weiterbildung</strong>skonzeptergreifen. Welche Bedeutungkönnte e<strong>in</strong>e solche Initiative für die Diskussionhierzulande haben? Folgende Aspekte sprechendafür, dass sich auch die deutschen Gewerkschaftenfür e<strong>in</strong>e solche Initiative starkmachen sollten:Konzept: Gewerkschaften und Arbeitgebere<strong>in</strong>igen sich autonom auf die Errichtung ei-84


TECHNIK-COLLEGESnes Konzepts für deutsche „Technik-Colleges“<strong>in</strong> der Metall- und Elektro<strong>in</strong>dustrie.Ke<strong>in</strong>e neue Institution: Es wird ke<strong>in</strong>e neueBildungse<strong>in</strong>richtung geschaffen, vielmehrbedienen sich die Sozialpartner der bestehenden<strong>Weiterbildung</strong>sstrukturen, d. h. derstaatlichen Schulen, Fachschulen und Fachhochschulen,der privaten Bildungsträgerund natürlich der jeweiligen Qualifizierungsmaßnahmender Bundesagentur fürArbeit und sonstiger <strong>Weiterbildung</strong>sprogramme,die die Bundesländer <strong>in</strong>itiieren.Ziel: Das Ziel ist e<strong>in</strong>e Qualifizierung jüngererund älterer Arbeitnehmer, die sowohlMaßnahmen der Nachqualifizierung alsauch der vorausschauenden Qualifizierungumfasst; dies können kurzfristige Anpassungsmaßnahmense<strong>in</strong> sowie systematische<strong>Weiterbildung</strong>smaßnahmen, die zuformellen Abschlüssen führen.Kosten: Es entstehen nur ger<strong>in</strong>ge Kosten fürdie Betriebe bei der Errichtung von Technik-Colleges, da ke<strong>in</strong>e neue Bildungse<strong>in</strong>richtungenzu schaffen s<strong>in</strong>d, sondern mit denbestehenden E<strong>in</strong>richtungen kooperiertwird.Regional- und branchenspezifische Ausrichtung:Technik-Colleges s<strong>in</strong>d ke<strong>in</strong>e allgeme<strong>in</strong>enBildungse<strong>in</strong>richtungen, sondern werdenfür e<strong>in</strong>e Branche und e<strong>in</strong>e Region errichtet(etwa für die Metall- und Elektro<strong>in</strong>dustrieBerl<strong>in</strong>-Brandenburg-Sachsen); dadurchwird es vor allem Kle<strong>in</strong>- und Mittelbetrieben(KMU) ermöglicht, e<strong>in</strong>e stärkereProfessionalisierung vorausschauenderwie praxisnaher <strong>Weiterbildung</strong> durchzuführen,wozu den KMUs häufig die Ressourcenfehlen.Wer kann Technik-College werden? Jede<strong>Weiterbildung</strong>se<strong>in</strong>richtung (öffentlicheSchulen, Fachschulen, Fachhochschulen,private <strong>Weiterbildung</strong>sträger) kann e<strong>in</strong>enAntrag zur Erlangung des Titels „Technik-College“ e<strong>in</strong>reichen.Kriterien: Gewerkschaften und Arbeitgebere<strong>in</strong>igen sich auf verpflichtende Kriterien,die e<strong>in</strong>gereichte <strong>Weiterbildung</strong>skonzepteerfüllen müssen, um den Titel „Technik-College“zu erhalten; diese Kriterien orientierensich am Bedarf der Unternehmen e<strong>in</strong>erRegion, den Qualifizierungs<strong>in</strong>teressen derArbeitnehmer sowie der Arbeitslosen <strong>in</strong> derRegion und Branche.Fächer: Der Schwerpunkt liegt auf anwendungsorientierten,naturwissenschaftlichenFächern, aber auch auf der Nachqualifizierungim Bereich des Basiswissens (Lesen,Rechnen, Schreiben); fachliche Ziele s<strong>in</strong>ddie Vertiefung fachlicher Kenntnisse undder Erwerb formaler Qualifikationen, soweitdie Bildungse<strong>in</strong>richtungen dazu autorisierts<strong>in</strong>d; h<strong>in</strong>zu treten übergeordnete Orientierungenwie sozialverantwortlichesund ethisches Handeln von Unternehmen.Wer bestimmt die Inhalte? Die Inhalte werdenvon den Gewerkschaften und den Arbeitgeberverbändenmit den Betrieben e<strong>in</strong>erRegion geme<strong>in</strong>sam entwickelt; derenE<strong>in</strong>haltung wird kontrolliert.Evaluierung: Gewerkschaften und Arbeitgeberverbändeüberprüfen die anerkanntenTechnik-Colleges <strong>in</strong> regelmäßigen Abstän-85


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPATechnik-Colleges als„Exzellenz<strong>in</strong>itiativevon unten“den darauf h<strong>in</strong>, ob die <strong>in</strong> der Bewerbungausgewiesenen <strong>Weiterbildung</strong>smaßnahmentatsächlich umgesetzt wurden.Öffentliche Unterstützung: Im Gegensatz zuSchweden wäre <strong>in</strong> der Gründungs- undStartphase <strong>in</strong> Deutschland e<strong>in</strong>e öffentlicheUnterstützung durch die jeweiligen Bundesländerund die Bundesagentur für Arbeitwünschenswert.Fachlich stehen, wie erwähnt, bei den Technik-Colleges angewandte naturwissenschaftlicheFächer, aber auch die Vermittlung oder das Auffrischenvon Grundlagenwissen (Lesen, Rechnen,Schreiben) im Vordergrund. Allgeme<strong>in</strong>kommen für e<strong>in</strong> deutsches Technik-College folgendeBildungsbereiche <strong>in</strong> Betracht:sämtliche E<strong>in</strong>richtungen der beruflichenAus- und <strong>Weiterbildung</strong>;arbeitsmarktbezogene Aus- und <strong>Weiterbildung</strong>smaßnahmen,die von der Bundesagenturfür Arbeit <strong>in</strong>itiiert werden, sowieProgramme der Bundesländer und des Bundes;Maßnahmen der privaten <strong>Weiterbildung</strong>sträger;berufsspezifische Kurse auf Fachschulniveausowieweiterführende Qualifikationen auf Fachhochschulniveau.Es handelt sich hier um e<strong>in</strong> sehr vere<strong>in</strong>fachtesModell, das vor allem die verschiedenen Ebenenvon <strong>Weiterbildung</strong>, die Träger und möglicheAbschlüsse verdeutlichen soll. Bei e<strong>in</strong>ersolchen Initiative nehmen Gewerkschaften wieArbeitgeber, ähnlich wie beim Abschluss derTarifverträge zur beruflichen <strong>Weiterbildung</strong>,das Heft des Handelns <strong>in</strong> die eigenen Hände.Sie def<strong>in</strong>ieren autonom die Ausgestaltung derTechnik-Colleges und die Kriterien der Bewilligungvon Anträgen.Technik-Colleges sollten auch <strong>in</strong> Deutschlandals etwas Besonderes ausgewiesen werden,als e<strong>in</strong>e Art „Exzellenz<strong>in</strong>itiative“ <strong>in</strong> derberuflichen <strong>Weiterbildung</strong>. Vergleichbare Programmemit erheblichen F<strong>in</strong>anzvolum<strong>in</strong>a gibtes bislang nur für die Universitäten (Exzellenz<strong>in</strong>itiativedes Bundes und der Länder zur Förderungvon Wissenschaft und Forschung an deutschenHochschulen). Deren Ziel ist e<strong>in</strong>e stärkereElitenförderung und wurde von oben (‚topdown‘)<strong>in</strong>s Werk gesetzt. Solche Programmesollten aber nicht nur für die Elitenförderungorganisiert, sondern für breite Teile der Arbeitnehmerschaftund der Arbeitslosen konzipiertwerden. Hier könnten die Sozialpartner aktivwerden und als e<strong>in</strong>e Qualifizierungs<strong>in</strong>itiativevon unten (‚bottom-up‘) die Technik-Colleges<strong>in</strong>s Leben rufen. Insofern wären Technik-Collegese<strong>in</strong>e Art demokratisierter Exzellenz<strong>in</strong>itiative.Angesichts der gesellschaftspolitischenBedeutung wäre es auch angemessen, wenne<strong>in</strong>e solche Qualifizierungs<strong>in</strong>itiative staatlichgefördert würde. Dabei müsste aber <strong>in</strong> jedemFall die Unabhängigkeit des Konzepts gewahrtbleiben.E<strong>in</strong>e wichtige Frage ist, ob dieser Vorschlage<strong>in</strong> ‚exotisches‘ Beispiel darstellt, das auf diebesonderen Bed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> Schweden abstelltund daher für die Problemlagen <strong>in</strong> Deutschlandund <strong>in</strong>sbesondere Ostdeutschland nicht geeig-86


TECHNIK-COLLEGESnet ist. Auf diese sehr wichtige Frage wollenwir <strong>in</strong> diesem und im nächsten Unterkapitel etwasgenauer e<strong>in</strong>gehen. Zunächst unterscheidenwir zwischen zwei Entwicklungen: Vere<strong>in</strong>barungen<strong>in</strong> der Vergangenheit sowie aktuellenRegelungen, die zwischen Gewerkschaftenund Arbeitgeberverbänden geschlossen wurden.E<strong>in</strong> wichtiges Beispiel für e<strong>in</strong>e den Technik-Colleges vergleichbare Regelung wurde <strong>in</strong> den1960er Jahren <strong>in</strong> der westdeutschen Mieder<strong>in</strong>dustrie<strong>in</strong>s Leben gerufen. 13 In der Mieder<strong>in</strong>dustrieWestdeutschlands wurde im Jahre 1963zwischen Arbeitgebern und der zuständigenGewerkschaft Textil-Bekleidung (GTB) e<strong>in</strong> Tarifvertragabgeschlossen, der die Gründung des„Vere<strong>in</strong>s zur Berufs- und Lebenshilfe für die Arbeitnehmerder Mieder<strong>in</strong>dustrie“ vorsah. DieF<strong>in</strong>anzierung erfolgte mit 2,5 Prozent der jährlichenBruttolohnsumme durch die Arbeitgeber(die später sukzessive auf 4 Prozent erhöhtwurden). Auf dieser Basis wurde im Dezember1964 die „<strong>Stiftung</strong> zur Förderung von Bildungund Erholung der Arbeitnehmer der Mieder<strong>in</strong>dustrie“gegründet, die aus Mitteln des Vere<strong>in</strong>szur Berufs- und Lebenshilfe f<strong>in</strong>anziert wurde.Ziel war die <strong>Weiterbildung</strong> von gewerkschaftlichenFunktionsträgern, Lehrgänge für spezielleBerufsgruppen (kaufmännische und technischeAngestellte), aber auch Grund- und Aufbaulehrgängefür, heute würde man sagen: bildungsferneSchichten (Müller-Neumann/Schenk 1983: 14 ff.). Auf der Basis dieser tarifvertraglichenVere<strong>in</strong>barungen wurde im Januar1977 die „Kritische Akademie Inzell“ gegründet,der die Aufgabe der <strong>Stiftung</strong> übertragenwurde und die mittlerweile auf e<strong>in</strong>e über 30-jährige Geschichte zurückblicken kann (Naff<strong>in</strong>2002). Zwar standen bei der Errichtung dieser<strong>Weiterbildung</strong>se<strong>in</strong>richtung zeitgeschichtlicheAspekte im Vordergrund, die damals mit Begriffenwie „Bildungskatastrophe“ und „Reformeuphorie“umschrieben wurden. Unabhängig vondiesen zeitgeschichtlichen und branchenspezifischenAspekten (Dom<strong>in</strong>anz durch e<strong>in</strong> großesIndustrieunternehmen) zeigt dieses Beispielaber doch, dass es <strong>in</strong> der Vergangenheit tarifvertraglicheRegelungen gegeben hat, die zurErrichtung geme<strong>in</strong>samer Bildungswerke führten.Insofern kann man nicht sagen, dass e<strong>in</strong>eVere<strong>in</strong>barung über Technik-Colleges e<strong>in</strong>en tarifpolitischenFremdkörper darstellen würde.H<strong>in</strong>zu kommt, dass unabhängig von den allgeme<strong>in</strong>enImpulsen, die zur Errichtung der KritischenAkademie Inzell geführt haben, m<strong>in</strong>destense<strong>in</strong> Kriterium heute bereits als ‚übererfüllt‘betrachtet werden muss: nämlich die „Bildungskatastrophe“bei den Fachkräften, die<strong>in</strong>sbesondere die Entwicklung <strong>in</strong> Ostdeutschlandkennzeichnet. Es fehlt allerd<strong>in</strong>gs e<strong>in</strong>e „Reformeuphorie“,vor allem aufseiten der Arbeitgeber,die aber notwendig ist, um zu <strong>in</strong>novativenRegelungen zu gelangen.Aus anderen Branchen kennen wir ähnlichetarifliche Vere<strong>in</strong>barungen. So hatte die IG Chemieschon <strong>in</strong> den 1970er Jahren e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sa-Es gibt ähnlicheRegelungen <strong>in</strong> derTarifgeschichteaus Deutschland;des Weiterenbestehen solcheE<strong>in</strong>richtungen <strong>in</strong>unterschiedlichenBranchen13 Die folgenden Ausführungen basieren auf Informationen, die der Autor von Barbara Jentgens und Bernd Kassebaumvom Hauptvorstand der IG Metall erhalten hat, für die sich der Autor ausdrücklich bedankt.87


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPAGeme<strong>in</strong>sameE<strong>in</strong>richtungen vonArbeitgebern undGewerkschaftens<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> Ausdruckvon Interessenüberschneidungenmes Bildungswerk mit den Arbeitgebern (<strong>Weiterbildung</strong>s-<strong>Stiftung</strong>,WBS) errichtet, das seit2009 unter dem Namen „Chemie-<strong>Stiftung</strong> Sozialpartner-Akademie“(CSSA) firmiert. Diesewird geme<strong>in</strong>sam von der IGBCE und dem chemischenArbeitgeberverband BAVC getragen (vgl.u. a. CSSA 2009).Solche Beispiele reihen sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Entwicklunge<strong>in</strong>, <strong>in</strong> der, neben dem ‚Kerngeschäft‘der Lohnpolitik, <strong>in</strong> anderen Bereichen Schnittmengengeme<strong>in</strong>samer Interessen zwischen Arbeitgebernund Gewerkschaften identifiziertwerden. Diese Schnittmengen bilden dann dieBasis für e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same E<strong>in</strong>richtung. Dazuzählt beispielsweise die geme<strong>in</strong>same <strong>Weiterbildung</strong>sagentur<strong>in</strong> Baden-Württemberg, diemit dem Qualifizierungstarifvertrag <strong>in</strong> der Metall-und Elektro<strong>in</strong>dustrie e<strong>in</strong>gerichtet wurde(Bahnmüller/Fischbach 2004: 41). Deren Aufgabebesteht <strong>in</strong> der Schlichtung von Konfliktenund der Motivierung der Betriebe und der Beschäftigtenzur ständigen Qualifizierung undzur Nutzung der Qualifikationspotenziale.Allerd<strong>in</strong>gs wird der Qualifizierungstarifvertrag<strong>in</strong> Baden-Württemberg und die geme<strong>in</strong>same<strong>Weiterbildung</strong>sagentur von Betriebsräten undPersonalleitern extrem unterschiedlich bewertet.So bewerten die Personalleiter die Wirkungendes Tarifvertrags wesentlich kritischer alsdie Betriebsräte (Bahnmüller/Fischbach 2004:41). Hier ist e<strong>in</strong>e merkwürdige Kont<strong>in</strong>uität beideutschen Unternehmen feststellbar, denn diezuvor erwähnte Kritische Akademie Inzell wurdezunächst auch sehr skeptisch beurteilt. ÄhnlichePhänomene lassen sich <strong>in</strong> Ostdeutschlandfeststellen. So stimmen beispielsweise Arbeitgeberund Gewerkschaften <strong>in</strong> der Regel h<strong>in</strong>sichtlichdes Befundes e<strong>in</strong>es Fachkräftemangelsübere<strong>in</strong>. Dieses Defizit wird <strong>in</strong> GesamtundOstdeutschland seit über e<strong>in</strong>em Jahrzehntdiagnostiziert, allerd<strong>in</strong>gs hat sich das Ausbildungs-und <strong>Weiterbildung</strong>sverhalten der Unternehmennicht oder nur unwesentlich verändert.Es dom<strong>in</strong>iert e<strong>in</strong>e fast kle<strong>in</strong>karierte Betrachtungberuflicher <strong>Weiterbildung</strong> unter unmittelbarenErfolgskriterien, die erfolgreich abgeschlossene<strong>Weiterbildung</strong>smaßnahmen <strong>in</strong> dieserKurzfristigkeit häufig nicht nachweisenkönnen. Unabhängig von solch negativen Bewertungenwollen wir an dieser Stelle nur hervorheben,dass es <strong>in</strong> der Geschichte der Tarifpolitikimmer Initiativen gegeben hat, <strong>in</strong> denene<strong>in</strong> gewisses Maß an Interessenüberschneidungenexistierte, die <strong>in</strong>stitutionalisiert wurden,was <strong>in</strong> der Regel <strong>in</strong> Gestalt geme<strong>in</strong>samerE<strong>in</strong>richtungen erfolgte.Das letzte prom<strong>in</strong>ente Beispiel e<strong>in</strong>er solchenEntwicklung s<strong>in</strong>d die Regelungen zur sogenanntenRiester-Rente. Die rot-grüne Bundesregierungstellte die Weichen mit dem „Altersvermögensergänzungsgesetz“,weil es dieE<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>er kapitalgedeckten Zusatzvorsorgevorsah („Riester-Rente“). Dabei wurdeden Tarifparteien e<strong>in</strong>e neue Funktion <strong>in</strong> den sozialenSicherungssystemen zugewiesen (Dör<strong>in</strong>g2002: 121). Die Regelung hatte Auswirkungenauf das System der Arbeitsbeziehungen <strong>in</strong>Deutschland <strong>in</strong>sgesamt (Schroeder/We<strong>in</strong>ert2003). Vor diesem H<strong>in</strong>tergrund vere<strong>in</strong>barten imSeptember 2001 die IG Metall und die Arbeitgeberder Metall<strong>in</strong>dustrie e<strong>in</strong>en Tarifvertrag, derdie Möglichkeit vorsieht, e<strong>in</strong>en Teil des Tarif-88


TECHNIK-COLLEGESlohns e<strong>in</strong>es Beschäftigten zur privaten Altersvorsorgeumzuwandeln („MetallRente“). ZurDurchführung wurde e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same E<strong>in</strong>richtunggeschaffen, die sichere Anlagemöglichkeitenanbieten sollte. Mit dieser Neuregelungwurden zum ersten Mal Fragen der Alterssicherungtarifvertraglich geregelt. Zur Umsetzungwurde von beiden Verbänden e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>sameInstitution errichtet, e<strong>in</strong> sogenanntes „Versorgungswerk“,das Angebote von F<strong>in</strong>anzdienstleisterne<strong>in</strong>holt und den Unternehmen anbietet.Mit der Errichtung e<strong>in</strong>er klassenübergreifendenInstitution wird faktisch e<strong>in</strong>e neueHandlungsarena der Tarifpolitik <strong>in</strong>stitutionalisiert,womit sich für Gewerkschaften und Arbeitgeberverbändee<strong>in</strong> neuer Gestaltungsspielraumeröffnet (ebd.).Wir wollen mit diesen Bespielen deutlichmachen, dass es <strong>in</strong> der bundesdeutschen Tarifgeschichteimmer geme<strong>in</strong>same E<strong>in</strong>richtungenvon Gewerkschaften und Arbeitgebern gegebenhat. Diese Entwicklung hat sich <strong>in</strong> den letztenJahren eher verstärkt, als das sie an Bedeutunge<strong>in</strong>gebüßt hätte. E<strong>in</strong>e Tarifvere<strong>in</strong>barung zurE<strong>in</strong>richtung von Technik-Colleges würde sich <strong>in</strong>diese Entwicklungen e<strong>in</strong>reihen. Technik-Collegesstellen e<strong>in</strong>e Möglichkeit dar, e<strong>in</strong>e neueDynamik <strong>in</strong> die Diskussion um die Weiterentwicklungder beruflichen <strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong>Gang zu setzen. Es wäre e<strong>in</strong>e neue Option, dieneben bestehende Regelungen (wie Tarifverträge)tritt. Technik-Colleges könnten damit diePalette möglicher Optionen der Ausgestaltungvon <strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong> Deutschland für Gewerkschaftenerweitern. In Schweden ‚reißen‘ sichmittlerweile die Schulen darum, den Titel„Technik-College“ zu erhalten. Gewerkschaftenund Arbeitgeberverbände haben e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>sameDachorganisation gegründet, um dievielfältigen Ansätze zu koord<strong>in</strong>ieren. E<strong>in</strong>e solcheBelebung benötigt die deutsche <strong>Weiterbildung</strong>slandschaft,um <strong>in</strong>sbesondere die von denDGB-Gewerkschaften mehrfach aufgezeigtenProbleme des „<strong>Weiterbildung</strong>snotstands“ zubeheben.11.2 Technik-Colleges für Ostdeutschland?Welche Bedeutung könnten die Technik-Collegesfür Ostdeutschland haben? Unter dem Aspektder regionalen Förderung von <strong>Weiterbildung</strong>s<strong>in</strong>d die skand<strong>in</strong>avischen Länder für deutscheRegionen, <strong>in</strong>sbesondere für schwach entwickelteRegionen wie Ostdeutschland, nur bed<strong>in</strong>gtals Referenzpunkt geeignet. In Deutschlandist die Tarifpolitik regional strukturiert,die Tarifverhandlungen auf bezirklicher Ebene<strong>in</strong> der Metall- und Elektro<strong>in</strong>dustrie stellen aufdie Besonderheiten der Branche <strong>in</strong> den Regionenab. In den skand<strong>in</strong>avischen Ländern ist Tarifpolitikh<strong>in</strong>gegen zentralisiert. Zwar habendie Regionen e<strong>in</strong>e gewisse Eigenständigkeit <strong>in</strong>der Ausfüllung zentral verhandelter Standards,sie haben aber nicht die Autonomie, diebeispielsweise <strong>in</strong> der IG Metall den Bezirkenzufällt, <strong>in</strong>sbesondere h<strong>in</strong>sichtlich der Tarifpolitik.Die Technik-Colleges fallen <strong>in</strong> Schwedengewissermaßen aus dem Rahmen, weil sie e<strong>in</strong>endezidiert regionalen Ansatz verfolgen. Gewerkschaften,Arbeitgeberverbände und Unternehmenentwickeln regionalspezifische Kon-Welche Bedeutungkönnten dieTechnik-Collegesim Besonderenfür Ostdeutschlandhaben?89


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPAVorteil fürOstdeutschland:Gewerkschaften,Arbeitgeberverbändeund UnternehmenentwickelnregionalspezifischeKonzepte für dieberufliche Aus- und<strong>Weiterbildung</strong>Die Herstellunge<strong>in</strong>er „belastbarenVertrauensbasis“ist erforderlichzepte für die berufliche Aus- und <strong>Weiterbildung</strong>.E<strong>in</strong> solcher Ansatz wäre gerade für dieProblemlagen <strong>in</strong> Ostdeutschland anschlussfähig.Das Hauptproblem Ostdeutschlands liegt<strong>in</strong> dem sich abzeichnenden Fachkräftemangel.Burkart Lutz hat verschiedene Ansatzpunkteaufgezeigt, wie durch gezielte Maßnahmen derberuflichen <strong>Weiterbildung</strong> positive Effekte beider Begrenzung des Fachkräftemangels erzieltwerden könnten. E<strong>in</strong> Ansatzpunkt bezieht sichauf bestimmte Bevölkerungsgruppen, die heuteam Rande des Beschäftigungssystems stehen.Diese könnten durch gezielte Maßnahmenals <strong>in</strong>dustrielle Fachkräfte qualifiziert und gewonnenwerden. Es s<strong>in</strong>d die vielen jungen Männerund Frauen aus den geburtenstarken Jahrgängen,die zwischen dem Ende der 1970er unddem Ende der 1980er Jahre geboren wurden,die es aber nicht schafften, Zugang zu e<strong>in</strong>er„normalen“ Erwerbstätigkeit zu f<strong>in</strong>den (Lutz2010: 81). Diese Gruppe sei quantitativ bedeutend,denn von den bis zu 2,4 Millionen Männernund Frauen dieser Geburtsjahrgänge hätten25 bis 30 Prozent zwar e<strong>in</strong>e zehnklassigeSchulbildung durchlaufen und häufig e<strong>in</strong>e Berufsausbildungabgeschlossen. Allerd<strong>in</strong>gsmisslangen alle Bestrebungen, im BeschäftigungssystemFuß zu fassen. Diese Gruppe bezeichnetLutz als „verlorene Generation“. Dieseverlorene Generation gelte es für den erstenArbeitsmarkt zu gew<strong>in</strong>nen. „Gezielte Maßnahmenfür diese Gruppe s<strong>in</strong>d allerd<strong>in</strong>gs nur denkbarals Ergebnis e<strong>in</strong>er nachdrücklichen politischenKampagne, die mit starken Argumenten<strong>in</strong> Gang gesetzt und von e<strong>in</strong>em hohen Konsensaller Beteiligten getragen werden muss“(ebd.). Selbst bei e<strong>in</strong>em nur gedämpften Optimismuskönnten gezielte <strong>Weiterbildung</strong>smaßnahmender ostdeutschen Industrie mehrereZehntausend zusätzlicher Arbeitskräfte zuführen(ebd.).H<strong>in</strong>sichtlich der Organisation beruflicher<strong>Weiterbildung</strong> spricht sich Lutz für Maßnahmenaus, die sich auf bestimmte Regionen und bestimmteBranchen und/oder bestimmte Zielgruppenkonzentrieren. Denn <strong>in</strong> den jeweiligenRegionen, Branchen und Zielgruppen existiertenähnliche Problemlagen und ähnliche Interessenkonstellationen,die wiederum durch„netzwerkförmige Formen von Kooperation,von Pool-Lösungen, von Clustern und Verbünden“<strong>in</strong> Angriff genommen werden könnten(ebd.: 80). Wichtig sei auch e<strong>in</strong>e gute „gesellschaftlicheE<strong>in</strong>bettung“ von Kooperationen undNetzwerken. Hierzu müssten lokale bzw. regionaleInteressenkonstellationen nutzbar gemachtund e<strong>in</strong> Wissens- und Erfahrungsaustausch<strong>in</strong> Gang gesetzt werden (ebd.).Lutz spricht zudem e<strong>in</strong>en zentralen Aspektan, der e<strong>in</strong>e wichtige Differenz zwischen denskand<strong>in</strong>avischen Ländern und Deutschland darstellt:Der Aufbau solcher Netzwerke und Clustermüsste auf e<strong>in</strong>er „belastbaren Vertrauensbasis“stehen. Das ist <strong>in</strong> den vielen <strong>Weiterbildung</strong>smaßnahmender skand<strong>in</strong>avischen Länderselbstverständlich, während e<strong>in</strong>e solche Basis<strong>in</strong> vielen Teilbereichen <strong>in</strong> Deutschland fehlt.Auch die Auswertung e<strong>in</strong>er Befragung über denam weitesten gehenden Tarifvertrag zur beruflichen<strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong> Baden-Württembergergibt e<strong>in</strong>e extrem heterogene Bewertungdurch betriebliche Interessenvertreter und Per-90


TECHNIK-COLLEGESsonalvorstände (Bahnmüller/Fischbach 2004).„Vertrauen zu bilden kostet jedoch Zeit“, me<strong>in</strong>tLutz (2010: 80). In Deutschland würden aberMaßnahmen der beruflichen <strong>Weiterbildung</strong>nach wie vor von Orientierungen dom<strong>in</strong>iert, dieauf schnelle, sichtbare und messbare Ergebnisseabzielten. Unabhängig davon, wie berufliche<strong>Weiterbildung</strong> organisiert wird, liegt hiere<strong>in</strong> Feld brach, das von den Tarifparteiengewissermaßen zunächst ‚beackert‘ werdenmuss.Die von Lutz vorgeschlagenen regionalenNetzwerke, das Vernetzen gerade von kle<strong>in</strong>erenund mittleren Unternehmen, die nicht dieRessourcen haben, um eigene <strong>Weiterbildung</strong>smaßnahmendurchzuführen, bietet sich für dieKlientel <strong>in</strong> Ostdeutschland an.Zu e<strong>in</strong>em ähnlichen Ergebnis kommtScheuple<strong>in</strong> bei se<strong>in</strong>er Analyse der Förderungdes ostdeutschen Automobilbaus. Für die Erhöhungder automobilbezogenen Innovationskapazität<strong>in</strong> Ostdeutschland sollten <strong>in</strong>sbesondereAnsätze der Kompetenzfeld- und Clusterförderunggenutzt werden, so se<strong>in</strong> Vorschlag (Scheuple<strong>in</strong>2007: 152). Des Weiteren sollten die branchenorientiertenNetzwerke <strong>in</strong> der Automobil<strong>in</strong>dustriedurch die e<strong>in</strong>zelnen Bundesländersowie auf der Ebene Ostdeutschlands durch dieBundesregierung verstärkt und besser unterstütztwerden (ebd.). Scheuple<strong>in</strong> betont die Notwendigkeitder Gestaltung im Bereich der Arbeitspolitik.Das bezieht sich <strong>in</strong>sbesondere aufdie Sicherung des Fachkräftenachwuchses unddarauf, Jugendliche stärker für das ‚KompetenzfeldAutomobil‘ zu gew<strong>in</strong>nen. Fachlichgehe es um die Vermittlung komplexer Kenntnissesowie um personenbezogene, soziale Fähigkeiten,die auch e<strong>in</strong>e neuartige <strong>in</strong>nerbetrieblicheund zwischenbetriebliche Arbeitsorganisationerfordert. BetriebsübergreifendeProjektarbeit entlang von Wertschöpfungskettenkönnte Verbünden e<strong>in</strong>e erhöhte Sozial-,Personal- und Methodenkompetenz vermitteln(Scheuple<strong>in</strong> 2007: 154).Berka u. a. (2007) kommen <strong>in</strong> Bezug auf denostdeutschen Masch<strong>in</strong>enbau zu ähnlichen Vorschlägen:E<strong>in</strong>e strategische Personalplanungund -entwicklung sollte durch e<strong>in</strong>e bessereAusgestaltung betrieblicher <strong>Weiterbildung</strong> vorangetriebenwerden, wie das durch „<strong>Weiterbildung</strong>sverbünde“im Masch<strong>in</strong>enbau <strong>in</strong> Chemnitzbereits erfolgreich praktiziert worden sei(Berka u. a. 2007: 96). Sie plädieren zudem füre<strong>in</strong> verstärktes Engagement der Hochschulenals Weiterbildner für Ingenieure. „Erforderlichsche<strong>in</strong>t e<strong>in</strong> zielgruppenorientiertes <strong>Weiterbildung</strong>sangebotfür junge und ältere Ingenieureauch zur Sicherung des Erfahrungstransfersund zur Weiterentwicklung der Innovationsfähigkeitälterer Fachkräfte sowiee<strong>in</strong>e stärkere E<strong>in</strong>beziehung arbeitswissenschaftlicherund arbeitsorganisatorischer Inhalte<strong>in</strong> die <strong>Weiterbildung</strong>“ (ebd.). Ähnlich wieLutz plädieren Berka u. a. für e<strong>in</strong>e verbesserteBeschäftigung älterer Fachkräfte und denAusbau der Möglichkeiten zum Know-how-Transfer zwischen älteren und jüngeren Beschäftigten(ebd.: 96).Resümieren wir die Vorschläge aus denBranchenstudien der <strong>Otto</strong> <strong>Brenner</strong> <strong>Stiftung</strong> unterdem Gesichtspunkt der Abwendung bzw.Bekämpfung des sich abzeichnenden Fachkräf-OBS-Branchen-Analysen kommenzu ähnlichenErgebnissen91


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPATechnik-Collegeskönnen die Diskussionum berufliche <strong>Weiterbildung</strong>mit e<strong>in</strong>emneuen Ansatz belebentemangels, dann ergibt sich folgendes Bild: Vordem H<strong>in</strong>tergrund der vielen kle<strong>in</strong>en und mittlerenUnternehmen <strong>in</strong> Ostdeutschland plädierenalle Autoren für e<strong>in</strong>e Regionalisierung der beruflichen<strong>Weiterbildung</strong>, e<strong>in</strong>e Fokussierung aufZielgruppen, <strong>in</strong>sbesondere die Wiedergew<strong>in</strong>nungder „verlorenen Generation“. Dies wirdnur durch überbetriebliche Clusterbildungen,durch den Aufbau von <strong>Weiterbildung</strong>sbündenmöglich se<strong>in</strong>. Die Technik-Colleges bieten sichhier als e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>teressante Gestaltungsoptionan, weil unter ihrem Dach die hier gestelltenForderungen optimal gelöst werden könnten.Es würde Arbeitgeberverbände, Gewerkschaftenund Unternehmen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e starke Positionversetzen, weil sie an diesen E<strong>in</strong>richtungennicht nur beteiligt s<strong>in</strong>d, sondern die Kriteriendef<strong>in</strong>ieren, die für die Bekämpfung des Fachkräftemangelswesentlich s<strong>in</strong>d. Über die Bedeutsamkeitvon <strong>Weiterbildung</strong> s<strong>in</strong>d sich dieAkteure ja durchaus e<strong>in</strong>ig. UnterschiedlicheAuffassungen gibt es h<strong>in</strong>sichtlich der Organisationund des möglichen Ertrags von <strong>Weiterbildung</strong>.Wenn die Unternehmen und die Arbeitgebernicht nur zahlen, sondern <strong>Weiterbildung</strong>selbst def<strong>in</strong>ieren, entsteht möglicherweise e<strong>in</strong>völlig neuer Anreiz für die Unternehmen, sichpro Technik-Colleges zu engagieren.Allerd<strong>in</strong>gs ist gesunde Skepsis angebracht.Die Auswertungen bestehender tariflicher Vere<strong>in</strong>barungenzeichnen e<strong>in</strong> eher nüchternesBild, <strong>in</strong> dem e<strong>in</strong>e extrem verengte Vorstellungvon <strong>Weiterbildung</strong> dom<strong>in</strong>iert, der zufolge Letzteresich ganz schnell ‚<strong>in</strong> kl<strong>in</strong>gender Münze‘auszahlen müsse. Außerdem gibt es im Gestaltungsfeldberuflicher <strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong> Ostdeutschlande<strong>in</strong>e nicht unwichtige Barrieremangelnden Vertrauens, auf die Burkard Lutzzu Recht h<strong>in</strong>weist. Technik-Colleges böten e<strong>in</strong>geeignetes Dach, um auf diesem wichtigen Gestaltungsfeldvertrauensbildend wirken zu können.92


LITERATURLiteraturDie Literatur und die Berichte, Analysen von Gewerkschaften, Arbeitgeberverbänden, Regierungen, Unternehmen,Interessenorganisationen haben e<strong>in</strong> fast unüberschaubares Ausmaß angenommen. Die Literaturlistewurde daher auf die wesentlichsten Veröffentlichungen begrenzt; soweit möglich wurde bei denerwähnten Dokumenten der Internetzugriff angegeben (zuletzt aufgerufen im April 2010). Regierungsberichtes<strong>in</strong>d alphabetisch e<strong>in</strong>sortiert. Tarifverträge der jeweiligen Länder f<strong>in</strong>den sich unter „Tarifverträge“ <strong>in</strong>der alphabetischen Ordnung.Aa-registeret (Arbeidstaker-/arbeidsgiverregisteret), http://www.ssb.no/kortsys/om.html.AER (Arbejdsgivernes Elevrefusion) 2007: Årsrapport 2007, Kopenhagen, http://www.atp.dk/X5/wps/wcm/connect/911d098049076cddbb37bb17a3ab04d9/AER_aarsrapport+2007.pdf?MOD=AJPERES&CACHEID=911d098049076cddbb37bb17a3ab04d9.AER (Arbejdsgivernes Elevrefusion) 2008: Årsrapport 2008. Kopenhagen, http://www.atp.dk/X5/wps/wcm/connect/225655804dc651fb91629b42a73597c7/AER_aarsrapport+2008.pdf?MOD=AJPERES&CACHEID=225655804dc651fb91629b42a73597c7.Allespach, Mart<strong>in</strong> 2002: Betriebliche Qualifizierung und Kompetenzentwicklung: Voraussetzung undBed<strong>in</strong>gung für e<strong>in</strong>e moderne, solidarische Arbeitspolitik, <strong>in</strong>: Dehnbostel, Peter u. a. (Hg.), VernetzteKompetenzentwicklung. Alternative Positionen zur <strong>Weiterbildung</strong>. Berl<strong>in</strong>: edition sigma: 305-319.Allespach, Mart<strong>in</strong> 2005: Bildungsplanung: Mit oder ohne die Beschäftigten? Projekt KOMPASS erprobtneue Wege, <strong>in</strong>: Berufsbildung <strong>in</strong> Wissenschaft und Praxis (BWP) 6: 48-51.Allespach, Mart<strong>in</strong>/Novak, Hermann 2002: KOMPASS: E<strong>in</strong> Projekt zur Unterstützung der E<strong>in</strong>führung undAusgestaltung des Tarifvertrags zur Qualifizierung <strong>in</strong> Baden-Württemberg; <strong>in</strong>: Gewerkschaftliche Bildungspolitik1/2, http://www.bw.igm.de/downloads/artikel/attachments/ARTID_179_0pG5C4?name=artikel.html.Ambos, Ingrid 2005: Nationaler Report. Ger<strong>in</strong>gqualifizierte und berufliche <strong>Weiterbildung</strong> – empirischeBefunde zur <strong>Weiterbildung</strong>ssituation <strong>in</strong> Deutschland. Deutsches Institut für Erwachsenenbildung,http://www.die-bonn.de/esprid/dokumente/doc-2005/ambos05_01.pdf.Arbeids- og Sosialdepartement 2004: Om lov om arbeidsmiljø, arbeidstid og still<strong>in</strong>gsvern mv (arbeidsmiljøloven),ot.prp. nr. 49, http://www.regjer<strong>in</strong>gen.no/Rpub/OTP/20042005/049/PDFS/OTP200420050049000DDDPDFS.pdf.Bäckström, Urban 2000: The first year with the new executive board. Speech of the Governor of theRiksbank on the congress of the Swedish Economics Association, 4. Mai, www.riksbank.se.Baden, Christian/Schmidt, Alfons 2008: Betriebliche <strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong> Hessen. Bestandsanalyse undMöglichkeiten zur Etablierung e<strong>in</strong>es „Informationssystems <strong>Weiterbildung</strong>“ <strong>in</strong> Hessen, http://www.iwakfrankfurt.de/documents/Informationssystem.pdf.Baethge, Mart<strong>in</strong>/Wieck, Markus 2009: Präsentation: Berufsbildung und <strong>Weiterbildung</strong>, SOFI Gött<strong>in</strong>gen,http://www.bildungsbericht.de/ftbb08/Forum_Berufsbildung.pdf.93


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LITERATURTeknikcollege 2006: A Swedish Cooperation: Tekknikcollege. Work related advanced technical education,http://www.teknikcollege.se/download/18.69db0ca011e0a95db2380007659/TC_<strong>in</strong>_english.pdf.Teknikcollege 2007: Riksfören<strong>in</strong>gen Teknikcollege, http://www.teknikcollege.se/39.html.Teknikcollege 2008: Teknikutbildn<strong>in</strong>g för dagens och framtidens <strong>in</strong>dustri-kompetenscentra för effektivresursanvändn<strong>in</strong>g, http://www.teknikcollege.se/download/18.46d8812211a06b927e7800016/TC-folder2008.pdf.Teknikcollege 2009: Stadgar för Riksfören<strong>in</strong>gen Teknikcollege Sverige, http://www.teknikcollege.se/download/18.3e8d58c211f8378233080007297/RevSTADGAR-RTS2009.pdf.Teknikcollege 2009a: Teknikutbildn<strong>in</strong>g för dagens och framtidens <strong>in</strong>dustri-kompetenscentra för effektivresursanvändn<strong>in</strong>g. Stockholm.The Norwegian Directorate for Education and Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g/The Education Mirror 2009.Thelen, Kathleen 2000: Why German employers cannot br<strong>in</strong>g themselves to dismantle the German model,<strong>in</strong>: Iversen, Torben/Pontusson, Jonas/David Soskice (Hg.): Unions, employers, and central banks.Macroeconomic coord<strong>in</strong>ation and <strong>in</strong>stitutional change <strong>in</strong> social market economies. Cambridge: CambridgeUniversity Press: 138-169.TNS Infratest 2008: <strong>Weiterbildung</strong>sbeteiligung <strong>in</strong> Deutschland. Eckdaten zum BSW-AES 2007. München:Infratest, http://www.bmbf.de/pub/weiterbildungsbeteiligung_<strong>in</strong>_deutschland.pdf.Trappmann, Vera/Draheim, Susanne 2009: Lebenslanges Lernen: Gewerkschaften und Kompetenzentwicklungim aktivierenden Sozialstaat, <strong>in</strong>: WSI-Mitteilungen 10: 533-539.Undervisn<strong>in</strong>gs M<strong>in</strong>isteriet 2008: Das dänische Berufsbildungssystem, http://pub.uvm.dk/2000/deutsch/hel.htm#3.Urban, Hans-Jürgen 2004: Eigenverantwortung und Aktivierung – Stützpfeiler e<strong>in</strong>er neuen Wohlfahrtsarchitektur?,<strong>in</strong>: WSI-Mitteilungen 9: 467-473.Ure, Bjørn Odd 2007: Life-long learn<strong>in</strong>g <strong>in</strong> Norway. A deflat<strong>in</strong>g policy balloon or an act of piecemealimplementation? Fafo-Report 2007: 30, http://www.fafo.no/pub/rapp/20030/20030.pdf.Utdann<strong>in</strong>gs- og Forsn<strong>in</strong>gsdepartementet (Norwegisches Bildungs- und Forschungsm<strong>in</strong>isteriuem) 2009:The Competence Reform, http://www.regjer<strong>in</strong>gen.no/upload/KD/Vedlegg/Kompetanse/The_Competence_reform_brochure.pdf.Ver.di 2004: <strong>Berufliche</strong> <strong>Weiterbildung</strong> – e<strong>in</strong> Schwerpunkt für die Ver.di-Tarifpolitik? Was spielt sich eigentlich<strong>in</strong> den Ver.di-Branchen ab? E<strong>in</strong>e erste geme<strong>in</strong>same Diskussion. Workshop 11. Oktober <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>.Ver.di/IG Metall (Hg.) 2005: <strong>Berufliche</strong> <strong>Weiterbildung</strong> – E<strong>in</strong>e Gestaltungsaufgabe für Tarifverträge. E<strong>in</strong>egeme<strong>in</strong>same Diskussion von Ver.di und IG Metall. Workshop. 10./11. Februar <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>. Berl<strong>in</strong>, Frankfurt/M.: Ver.di und IG Metall.105


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPAVer.di/IG Metall (Hg.) 2006: Mehr und bessere <strong>Weiterbildung</strong> für alle – Das ist die neue soziale Frage. Erste<strong>Weiterbildung</strong>skonferenz von Ver.di und IG Metall am 30./31. Januar <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong>. Berl<strong>in</strong>, Frankfurt/M.: Ver.diund IG Metall.Ver.di/IG Metall (Hg.) 2008: Berufs-Bildungs-Perspektiven 2008. Solidarität und geme<strong>in</strong>same Verantwortung.Bildungspolitik zwischen falschem Zentralismus und falschem Föderalismus. Berl<strong>in</strong>, Frankfurt/M.:Ver.di und IG Metall.Vox (Norwegisches Institut für Erwachsenenbildung)-Mirror 2008: Adult participation <strong>in</strong> education andtra<strong>in</strong><strong>in</strong>g <strong>in</strong> Norway, http://www.vox.no/upload/7322/Vox_mirror2008_SEC.pdf.Vox (Norwegisches Institut für Erwachsenenbildung)-Mirror 2009: Kompetanse og rekrutter<strong>in</strong>g i norskevirksomheter, http://www.vox.no/upload/8809/Vox-barometer_virksomheter2009SEC.pdf.Walden, Günter 2009: <strong>Berufliche</strong> <strong>Weiterbildung</strong>: „Neue Standards für den Markt?“ BMBF-Konferenz „DemografischerWandel –Zukunft der beruflichen Aus-und <strong>Weiterbildung</strong>“. Potsdam, 29.-30. Juni.We<strong>in</strong>ert, Ra<strong>in</strong>er 1994: Das Ende der Geme<strong>in</strong>wirtschaft. Gewerkschaften und geme<strong>in</strong>wirtschaftliche Unternehmenim Nachkriegsdeutschland. Frankfurt/M.: Campus.We<strong>in</strong>ert, Ra<strong>in</strong>er 1999: E<strong>in</strong>flußfaktoren auf die Akzeptanz flächentarifvertraglicher Regelungsstandardsund Austauschmuster <strong>in</strong> Ostdeutschland. OBS-Arbeitsheft 6.We<strong>in</strong>ert, Ra<strong>in</strong>er 2001: Zwangs-Europäisierung europäischer Nationalgewerkschaften, <strong>in</strong>: Soziale Welt 52:323-339.We<strong>in</strong>ert, Ra<strong>in</strong>er 2009: Die Rolle der Gewerkschaften <strong>in</strong> der europäischen Sozialpolitik. Was die offeneMethode der Koord<strong>in</strong>ierung bedeutet. Berl<strong>in</strong>: edition sigma.Wennström, Ossian 2001: Inventer<strong>in</strong>g av kollektivavtal om kompetensutveckl<strong>in</strong>g, http://www.saco.se/upload/Dokumentarkiv/Skrifter/2001_<strong>in</strong>venter<strong>in</strong>gkomputv.pdf.Wiekert, Ingo 2007: Wild blühende Landschaften? Strukturelle Merkmale der ostdeutschen <strong>Weiterbildung</strong>strägerlandschaft,<strong>in</strong>: Berger, Klaus/Grünert, Holle (Hg.): Zwischen Markt und Förderung. Wirksamkeitund Zukunft von Ausbildungsplatzstrukturen <strong>in</strong> Ostdeutschland. Bielefeld: W. Bertelsmann Verlag:139-166.Wiener, Bett<strong>in</strong>a 2008: Demographische Turbulenzen führen von der Arbeitsplatz- zur Fachkräftelücke.Expertise im Auftrag des Qualifizierungsförderwerks Chemie GmbH, QFC-Beiträge 3, http://www.zshonl<strong>in</strong>e.de/fileadm<strong>in</strong>/PDF-Dokumente/demographische_turbulenzen.pdf.W<strong>in</strong>dolf, Paul 1996: Die Transformation der ostdeutschen Betriebe, <strong>in</strong>: Berl<strong>in</strong>er Journal für Soziologie 6:467-488.106


TABELLEN UND ABBILDUNGENVerzeichnis der Tabellen und AbbildungenVerzeichnis der TabellenTabelle 1: Mitgliederentwicklung <strong>in</strong> Schwedens Gewerkschaften 2003-2008 (Seite 31)Tabelle 2: Teilnahme an privaten <strong>Weiterbildung</strong>skursen nach Anbietern 2007/2008 (Seite 67)Verzeichnis der AbbildungenAbbildung 1: Aufwendungen für berufliche <strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong> Deutschland (Seite 12)Abbildung 2:Abbildung 3:<strong>Berufliche</strong> <strong>Weiterbildung</strong> 1995-2005: Große Unterschiede zwischen den Ländern(Seite 13)Teilnehmerquote bezogen auf die Unternehmen, die <strong>Weiterbildung</strong>skurseanbieten (Seite 14)Abbildung 4: Das schwedische Bildungssystem (Seite 34)Abbildung 5:Gesamtarbeitslosenquote und Jugendarbeitslosenquote,1. Quartal 2009 (Seite 39)Abbildung 6: Erwachsenenbildung <strong>in</strong> Schweden (Seite 40)Abbildung 7: Anteil weiterbildender Unternehmen <strong>in</strong> <strong>Europa</strong> 2005 (Seite 43)Abbildung 8: Organisation der Technik-Colleges <strong>in</strong> Schweden (Seite 45)Abbildung 9: Verteilung der anerkannten Technik-Colleges <strong>in</strong> Schweden (Seite 48)Abbildung 10: Das dänische Bildungssystem (Seite 58)Abbildung 11: Organisation der staatlichen beruflichen <strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong> Dänemark (Seite 61)Abbildung 12: <strong>Berufliche</strong> <strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong> dänischen Betrieben 2005 (<strong>in</strong> Prozent) (Seite 66)107


BERUFLICHE WEITERBILDUNG IN EUROPAAbkürzungverzeichnisATBEBGCYCZDEDKEEELESFIFRHUIEITLTLULVMTNLNOPLPTROSESISKUKÖsterreichBelgienBulgarienZypernTschechische RepublikDeutschlandDänemarkEstlandGriechenlandSpanienF<strong>in</strong>nlandFrankreichUngarnIrlandItalienLitauenLuxemburgLettlandMaltaNiederlandeNorwegenPolenPortugalRumänienSchwedenSlowenienSlowakeiGroßbritannienEU25 Alle oben aufgeführten Ländermit Ausnahme Norwegens,Bulgariens, RumäniensEU27 Alle oben aufgeführten Länder mitAusnahme NorwegensEZ16 AT, BE, CY, FI, FR, DE, EL, IE, IT, LU,MT, NL, PT, SK, SI, ES108


Die <strong>Otto</strong> <strong>Brenner</strong> <strong>Stiftung</strong> …... ist die geme<strong>in</strong>nützige Wissenschaftsstiftungder IG Metall.Sie hat ihren Sitz <strong>in</strong> Frankfurt amMa<strong>in</strong>. Als Forum für gesellschaftlicheDiskurse und E<strong>in</strong>richtungder Forschungsförderung ist siedem Ziel der sozialen Gerechtigkeitverpflichtet. BesonderesAugenmerk gilt dabei dem Ausgleichzwischen Ost und West.... <strong>in</strong>itiiert den gesellschaftlichenDialog durch Veranstaltungen,Workshops und Kooperationsveranstaltungen(z. B. imHerbst die OBS-Jahrestagungen),organisiert <strong>in</strong>ternationaleKonferenzen (Mittel-Ost-<strong>Europa</strong>-Tagungenim Frühjahr), lobtjährlich den „<strong>Brenner</strong>-Preis fürkritischen Journalismus“ aus,fördert wissenschaftliche Untersuchungenzu sozialen, arbeitsmarkt-und gesellschaftspolitischenThemen, vergibt Kurzstudienund legt aktuelle Analysenvor.… macht die Ergebnisse dergeförderten Projekte öffentlichUnterstützen Sie unsere Arbeit,z. B. durch e<strong>in</strong>e zweckgebundene Spende<strong>Otto</strong><strong>Brenner</strong><strong>Stiftung</strong>zugänglich und veröffentlichtz. B. die Ergebnisse ihrer Forschungsförderung<strong>in</strong> der Reihe„OBS-Arbeitshefte“. Die Arbeitsheftewerden, wie auch alle anderenPublikationen der OBS,kostenlos abgegeben. Über dieHomepage der <strong>Stiftung</strong> könnensie auch elektronisch bestelltwerden. Vergriffene Hefte haltenwir als PDF zum Download bereit.… freut sich über jede ideelle Unterstützungihrer Arbeit. Aberwir s<strong>in</strong>d auch sehr dankbar,wenn die Arbeit der OBS materiellgefördert wird.… ist zuletzt durch Bescheid desF<strong>in</strong>anzamtes Frankfurt amMa<strong>in</strong> V (-Höchst) vom 20. März2009 als ausschließlich und unmittelbargeme<strong>in</strong>nützig anerkanntworden. Aufgrund der Geme<strong>in</strong>nützigkeitder <strong>Otto</strong> <strong>Brenner</strong><strong>Stiftung</strong> s<strong>in</strong>d Spenden steuerlichabsetzbar bzw. begünstigt.Spenden erfolgen nicht <strong>in</strong> den Vermögensstock der <strong>Stiftung</strong>, sie werdenausschließlich und zeitnah für die Durchführung der Projekte entsprechenddem Verwendungszweck genutzt.Bitte nutzen Sie folgende Spendenkonten:Für Spenden mit zweckgebundenem Verwendungszweck zur Förderungvon Wissenschaft und Forschung zum Schwerpunkt:• Förderung der <strong>in</strong>ternationalen Ges<strong>in</strong>nung unddes VölkerverständigungsgedankensKonto: 905 460 03 161 010 000 0BLZ: 500 500 00 oder 500 101 11Bank: HELABA Frankfurt/Ma<strong>in</strong> SEB Bank Frankfurt/Ma<strong>in</strong>Für Spenden mit zweckgebundenem Verwendungszweck zur Förderungvon Wissenschaft und Forschung zu den Schwerpunkten:• Angleichung der Arbeits- und Lebensverhältnisse <strong>in</strong> Ost- undWestdeutschland (e<strong>in</strong>schließlich des Umweltschutzes)• Entwicklung demokratischer Arbeitsbeziehungen <strong>in</strong> Mittel- undOsteuropa• Verfolgung des Zieles der sozialen GerechtigkeitKonto: 905 460 11 198 736 390 0BLZ: 500 500 00 oder 500 101 11Bank: HELABA Frankfurt/Ma<strong>in</strong> SEB Bank Frankfurt/Ma<strong>in</strong>Geben Sie bitte Ihre vollständige Adresse auf dem Überweisungsträgeran, damit wir Ihnen nach E<strong>in</strong>gang der Spende e<strong>in</strong>e Spendenbesche<strong>in</strong>igungzusenden können. Oder bitten Sie <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em kurzen Schreiben andie <strong>Stiftung</strong> unter Angabe der Zahlungsmodalitäten um e<strong>in</strong>e Spendenbesche<strong>in</strong>igung.Verwaltungsrat und Geschäftsführung der <strong>Otto</strong> <strong>Brenner</strong><strong>Stiftung</strong> danken für die f<strong>in</strong>anzielle Unterstützung und versichern, dassdie Spenden ausschließlich für den gewünschten Verwendungszweckgenutzt werden.Aktuelle Ergebnisse der Forschungsförderung<strong>in</strong> der Reihe „OBS-Arbeitshefte“OBS-Arbeitsheft 66Ra<strong>in</strong>er We<strong>in</strong>ert<strong>Berufliche</strong> <strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>Was Deutschland von nordeuropäischen Ländern lernen kannOBS-Arbeitsheft 65Burkart Lutz unter Mitwirkung von Holle Grünert,Thomas Ketzmerick und Ingo WiekertFachkräftemangel <strong>in</strong> OstdeutschlandKonsequenzen für Beschäftigung und InteressenvertretungOBS-Arbeitsheft 64Brigitte Hamm, Hannes KochSoziale und ökologische VerantwortungZur Umsetzung des Global Compact <strong>in</strong> deutschenMitgliedsunternehmenOBS-Arbeitsheft 63Hans-Jügen Arlt, Wolfgang StorzWirtschaftsjournalismus <strong>in</strong> der KriseZum massenmedialen Umgang mit F<strong>in</strong>anzmarktpolitikOBS-Arbeitsheft 62Ingeborg WickSoziale Folgen des liberalisierten Weltmarkts fürTextil und BekleidungStrategien von Gewerkschaften und FrauenorganisationenOBS-Arbeitsheft 61Hajo Holst, Oliver Nachtwey, Klaus DörreFunktionswandel von LeiharbeitNeue Nutzungsstrategien und ihre arbeits- undmitbestimmungspolitischen FolgenOBS-Arbeitsheft 60Peter Förster, Yve Stöbel-Richter, Hendrik Berth, Elmar BrählerDie deutsche E<strong>in</strong>heit zwischen Lust und FrustErgebnisse der »Sächsischen Längsschnittstudie«OBS-Arbeitsheft 59Thorsten Ludwig, Florian Smets, Jochen TholenSchiffbau <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>– Panelstudie 2008 –OBS-Arbeitsheft 58Jörg Hennersdorf, Gregor Holst, Walter KrippendorfDie Elektro<strong>in</strong>dustrie <strong>in</strong> OstdeutschlandEntwicklung 1995-2006 und Ansatzpunkte e<strong>in</strong>erarbeitsorientierten BranchenstrategieKurzfassungOBS-Arbeitsheft 57Ulrich Jürgens, Mart<strong>in</strong> Krzywdz<strong>in</strong>skiVerlagerung nach Mittelosteuropa und Wandel derArbeitsmodelle <strong>in</strong> der Automobil<strong>in</strong>dustrieKonsequenzen aktueller Entwicklungen für Beschäftigung undInteressenvertretung <strong>in</strong> der Metall- und Elektro<strong>in</strong>dustrieDiese und weitere Publikationen der OBS f<strong>in</strong>den Sie unter www.otto-brenner-stiftung.de<strong>Otto</strong> <strong>Brenner</strong> <strong>Stiftung</strong> | Wilhelm-Leuschner-Straße 79 | D-60329 Frankfurt/Ma<strong>in</strong>


OBS-Arbeitsheft 66<strong>Berufliche</strong> <strong>Weiterbildung</strong> <strong>in</strong> <strong>Europa</strong>www.otto-brenner-stiftung.de

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