Interprofessionalität in der Umsetzung - Pflegeportal
Interprofessionalität in der Umsetzung - Pflegeportal
Interprofessionalität in der Umsetzung - Pflegeportal
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Gabriele Schroe<strong>der</strong><br />
Pflegewirt<strong>in</strong> (FH) Gesundheits-<br />
und Pflegewissenschaften<br />
Careum Fachstelle<br />
Pestalozzistrasse 3<br />
8032 Zürich<br />
Schweiz<br />
Tel.: +41 (0) 43 222 50 54<br />
Fax: +41 (0) 43 222 50 55<br />
gabriele.schroe<strong>der</strong>@<br />
careum.ch<br />
www.fachstelle-careum.ch<br />
Schlüsselwörter<br />
Interdiszipl<strong>in</strong>arität<br />
<strong>Interprofessionalität</strong><br />
Pädagogik<br />
Projekte<br />
Lernen und Lehren<br />
Seite 18-23<br />
E<strong>in</strong>gereicht am: 02.10.2009<br />
Akzeptiert am: 02.10.2009<br />
<strong>Interprofessionalität</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
<strong>Umsetzung</strong><br />
Gabriele Schroe<strong>der</strong><br />
Sowohl <strong>in</strong> <strong>der</strong> schulischen als auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> beruflichen Praxis ist schon längstens<br />
<strong>der</strong> Bedarf für e<strong>in</strong>en <strong>in</strong>terprofessionellen Arbeitsalltag aufgezeigt. Alle Professionen<br />
haben <strong>in</strong> ihren Curricula und Bildungsplänen die Notwendigkeit verankert,<br />
<strong>in</strong>terprofessionelle Aspekte zu berücksichtigen und mit den <strong>in</strong>volvierten Berufspersonen<br />
zu kooperieren. Sowohl <strong>in</strong> den Institutionen <strong>der</strong> Bildung, als auch <strong>der</strong><br />
beruflichen Praxis wurden und werden verschiedene Projekte <strong>in</strong>itiiert, um die<br />
<strong>in</strong>terprofessionelle Zusammenarbeit zu för<strong>der</strong>n und gezielter zu gestalten.<br />
Bisher s<strong>in</strong>d diese Aktivitäten eher E<strong>in</strong>zelaktionen <strong>der</strong> Institutionen. Erreichte Erfolge<br />
bleiben auf die Institution begrenzt und e<strong>in</strong>e Außenwirkung deshalb eher<br />
zufällig. Dennoch sollte man diesen Projekten e<strong>in</strong>en hohen Stellenwert e<strong>in</strong>räumen,<br />
zeigen sie letztendlich die Relevanz des Themas auf und lassen e<strong>in</strong>en Paradigmenwechsel<br />
näher rücken.<br />
Das Thema <strong>Interprofessionalität</strong> und Interdiszipl<strong>in</strong>arität wird <strong>in</strong> <strong>der</strong> Zukunft des Gesundheitswesens<br />
noch mehr an Bedeutung gew<strong>in</strong>nen. Darauf weisen unterschiedliche Berichte, die<br />
e<strong>in</strong> Bild von <strong>der</strong> Zukunft des Gesundheitswesens zeichnen, h<strong>in</strong> (vgl. SAMW, 2007; Careum,<br />
2007).<br />
Als wichtigste Faktoren werden dabei genannt:<br />
• die demographische Entwicklung,<br />
• die Erhöhung <strong>der</strong> Komplexität <strong>der</strong> Erkrankungen,<br />
• neue Berufsgruppen,<br />
• die Zunahme des Fachwissens (lebenslanges Lernen),<br />
• die Spezialisierungen <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Profession,<br />
• e<strong>in</strong>e Fragmentierung <strong>der</strong> Arbeitsabläufe,<br />
• e<strong>in</strong>e Zunahme <strong>der</strong> ökonomischen Zwänge.<br />
Der Austausch <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Profession und professionenübergreifend, sowie das Zusammenfügen<br />
des Gesamtbildes des Patienten wird vor diesem H<strong>in</strong>tergrund zunehmend komplexer.<br />
Dies erfor<strong>der</strong>t e<strong>in</strong>e hohe Koord<strong>in</strong>ation und Kooperation <strong>der</strong> Berufe untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong>.<br />
Die Anfor<strong>der</strong>ungen, die das Gesundheitswesen <strong>der</strong> Zukunft damit an die Gesundheitsberufe<br />
stellt, muss demnach sowohl mit Projekten <strong>in</strong> <strong>der</strong> beruflichen Praxis, als auch mit konkreten<br />
Lern- und Lehr<strong>in</strong>halten auf theoretischer und praktischer Ebene im Bildungsbereich verankert<br />
werden.<br />
Def<strong>in</strong>itionen<br />
Im Sprachgebrauch <strong>der</strong> unterschiedlichen Gesundheitsberufe werden die Begriffe Interdiszipl<strong>in</strong>är<br />
und Interprofessionell oft synonym benutzt. Ganz generell versteht die Autor<strong>in</strong> unter<br />
dem Begriff <strong>Interprofessionalität</strong> die Zusammenarbeit verschiedener Professionen/Berufe<br />
(Pflege, Mediz<strong>in</strong>, Psychologie, etc.) und unter Interdiszipl<strong>in</strong>arität das Zusammenwirken<br />
von unterschiedlichen Diszipl<strong>in</strong>en/Fachwissenschaften (Geisteswissenschaften, Naturwissenschaften<br />
etc.).<br />
Im Speziellen def<strong>in</strong>iert Obrecht (2005) die <strong>in</strong>terprofessionelle Zusammenarbeit, als e<strong>in</strong>en<br />
sozialen Prozess, <strong>in</strong> dessen Rahmen Professionelle unterschiedlicher Art, im H<strong>in</strong>blick auf die<br />
Lösung komplexer praktischer Probleme zusammenarbeiten, die mit den Mitteln <strong>der</strong> e<strong>in</strong>zelnen<br />
beteiligten Professionen nicht zufrieden stellend bearbeitbar s<strong>in</strong>d.<br />
Sie zielt auf die koord<strong>in</strong>ierte, systemische statt sektorielle Bearbeitung <strong>der</strong> Situation von<br />
Patienten. Die Zusammenarbeit soll sowohl die Effektivität wie auch die Effizienz erhöhen.<br />
Abläufe bzw. Arbeitsprozesse müssen nach ihrer Ansicht aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong> abgestimmt werden.<br />
Von Interprofessioneller Ausbildung redet die Autor<strong>in</strong>, wenn mehr als e<strong>in</strong> Gesundheitsberuf<br />
geme<strong>in</strong>sam Lernen und Tra<strong>in</strong>ieren.<br />
18 Pflegewissenschaft 01/10
Title<br />
Implementation of Interprofessional<br />
concepts<br />
Abstract<br />
Both <strong>in</strong> school and <strong>in</strong> professional<br />
practice the requirements<br />
for an <strong>in</strong>ter-professional work<strong>in</strong>g<br />
are well demonstrated.<br />
All professions have <strong>in</strong>cluded<br />
these topics <strong>in</strong> their curricula<br />
and educational plans, the<br />
need for <strong>in</strong>terprofessional aspects<br />
as well as to cooperate<br />
with the <strong>in</strong>volved professional<br />
people. Both <strong>in</strong> the <strong>in</strong>stitutions<br />
of education, as well as<br />
the professional practice and<br />
different projects have been<br />
<strong>in</strong>itiated to promote <strong>in</strong>terprofessional<br />
collaboration.<br />
Previously, these activities<br />
are ma<strong>in</strong>ly specific actions of<br />
<strong>in</strong>stitutions. Achieved successes<br />
rema<strong>in</strong> limited to the<br />
<strong>in</strong>stitution.<br />
Interprofessionelle Zusammenarbeit<br />
Bildungsebene<br />
Organisation Ausbildung/<br />
Studium<br />
Qualifikation<br />
Interprofessionelle<br />
Zusammenarbeit<br />
Qualifikation<br />
Organisationsentwicklung<br />
Übergreifende<br />
Veranstaltungen<br />
Abb. 1: Quelle: Careum Fachstelle<br />
Keywords<br />
Interdiscipl<strong>in</strong>arity<br />
Interprofessionality<br />
Education<br />
Projects<br />
Learn<strong>in</strong>g and teach<strong>in</strong>g<br />
<strong>Interprofessionalität</strong> schlägt nach Careum (2005) die Brücke zwischen <strong>der</strong> Professionalität <strong>der</strong><br />
Berufsgruppen über die Reflexion geme<strong>in</strong>samer Grundwerte, Ethik, Wissen sowie Fertigkeiten<br />
und Fähigkeiten und <strong>der</strong>en Anwendung im jeweiligen beruflichen Kontext.<br />
Um auf Basis dieser Def<strong>in</strong>ition Projekte zum Thema <strong>in</strong>terprofessionelles Lernen und Arbeiten<br />
umsetzen zu können ist es s<strong>in</strong>nvoll, zum e<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>en Blick auf die <strong>der</strong>zeitige <strong>Umsetzung</strong> des<br />
<strong>in</strong>terprofessionellen Lernens und Arbeitens <strong>in</strong> Institutionen zu werfen, zum an<strong>der</strong>en erfolgreiche<br />
Projekte vertiefter zu betrachten.<br />
E<strong>in</strong>flussfaktoren<br />
Studien zeigen auf, dass Erschwernisse für e<strong>in</strong>e erfolgreiche <strong>Umsetzung</strong> von <strong>in</strong>terprofessionellem<br />
Lernen und Arbeiten <strong>in</strong> verschiedenen Bereichen anzutreffen s<strong>in</strong>d. Beispielsweise zeigt<br />
sich, dass die Zusammenarbeit <strong>der</strong> Berufsgruppen untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong> nicht durch die persönlichen<br />
Werte, son<strong>der</strong>n eher durch die Werte <strong>der</strong> Profession <strong>der</strong> man angehört, geprägt wird<br />
(vgl. Streuli 2003). Streuli (2003) führt aus, dass die traditionellen Muster von Berufsangehörigen<br />
<strong>der</strong> Naturwissenschaft die Zusammenarbeit mit Berufsangehörigen <strong>der</strong> Sozialwissenschaften<br />
massiv bee<strong>in</strong>flusst. In <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> von Projekten im Kontext <strong>in</strong>terprofessioneller<br />
Zusammenarbeit fand dieser Aspekt bisher zu wenig Berücksichtigung. Auch positionale<br />
Ungleichheiten (Macht, Status, Weisungsbefugnis) bee<strong>in</strong>trächtigen Interaktionen unter den<br />
Professionellen. Beispielsweise ist e<strong>in</strong> Mediz<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>er Pflegefachfrau HF weisungsbefugt, umgekehrt<br />
aber nicht. Dies kann die För<strong>der</strong>ung e<strong>in</strong>er partnerschaftlich geprägten Zusammenarbeit<br />
nachteilig bee<strong>in</strong>flussen. Häufig bestehen zudem noch unzureichende Kenntnisse über<br />
das Aufgabengebiet und das Fachwissen <strong>der</strong> Kooperationspartner. O<strong>der</strong> die strukturellen<br />
Rahmenbed<strong>in</strong>gungen erschweren das Implementieren von entsprechenden Konzepten. E<strong>in</strong><br />
weiterer Aspekt ist e<strong>in</strong> mögliches Konkurrenzverhalten <strong>der</strong> Professionen untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong> bzw.<br />
die Angst, dass etwas aus ihrem Aufgabenbereich <strong>in</strong> den Verantwortungsbereich e<strong>in</strong>er an<strong>der</strong>en<br />
Berufsgruppe übergehen könnte.<br />
Ger<strong>in</strong>ge Zusammenarbeit, e<strong>in</strong> <strong>in</strong>tensiver Wettbewerb und Angst s<strong>in</strong>d e<strong>in</strong> Milieu, <strong>in</strong> dem es<br />
we<strong>der</strong> Vertrauen noch Innovationen geben kann (Misstrauenskultur, opportunistisches Verhalten,<br />
Vermeiden von Verantwortung).<br />
Dies s<strong>in</strong>d nur e<strong>in</strong>ige zentrale Aspekte, die für e<strong>in</strong>e erfolgreiche <strong>Umsetzung</strong> <strong>in</strong>terprofessionellen<br />
Lernens und Arbeitens berücksichtigt werden müssen.<br />
Berufliche Praxis<br />
Konzepte<br />
Organisationsstrukturen<br />
Sensibilisierung<br />
Prozesse begleiten<br />
Gabriele Schroe<strong>der</strong>: <strong>Interprofessionalität</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong><br />
Ansatzmöglichkeiten<br />
Wie die Vergangenheit zeigt, wird <strong>in</strong>terprofessionelles Lernen<br />
im deutschsprachigen Raum eher stiefmütterlich behandelt.<br />
Aktivitäten zur För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> <strong>in</strong>terprofessionellen Zusammenarbeit<br />
werden meist <strong>in</strong> <strong>der</strong> beruflichen Praxis umgesetzt.<br />
Es muss also ganz klar die For<strong>der</strong>ung gestellt werden, wenn<br />
das Gesundheitswesen <strong>der</strong> Zukunft Zusammenarbeitskompetenzen<br />
for<strong>der</strong>t, müssen diese sowohl <strong>in</strong> <strong>der</strong> beruflichen<br />
Praxis als auch im Bildungsbereich umgesetzt, bzw. gelernt<br />
werden. Kaba-Schönste<strong>in</strong> et al. (1999) haben <strong>in</strong>nerhalb ihres<br />
Forschungsprojektes Mesop (Mediz<strong>in</strong>, Soziale Arbeit und<br />
Pflege) genau diese Erkenntnis gewonnen. „Interprofessionelle<br />
Kooperation kann nur dann gel<strong>in</strong>gen, wenn sowohl<br />
im Bildungsbereich, als auch auf <strong>der</strong> Organisationsentwicklungsebene<br />
angesetzt werden kann.“<br />
In <strong>der</strong> beruflichen Praxis liegen aus Sicht <strong>der</strong> Autor<strong>in</strong> die<br />
Ansatzmöglichkeiten unter an<strong>der</strong>em im Bereich von verb<strong>in</strong>dlichen<br />
Konzepten und Richtl<strong>in</strong>ien, die e<strong>in</strong>e Kooperation und<br />
Koord<strong>in</strong>ation <strong>der</strong> unterschiedlichen Berufsgruppen untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />
regeln. Flankierend dazu müssen Organisationsstrukturen geschaffen werden, die<br />
e<strong>in</strong>e <strong>Umsetzung</strong> för<strong>der</strong>n. E<strong>in</strong>e kont<strong>in</strong>uierliche Begleitung des gesamten Prozesses und weitere<br />
begleitende Maßnahmen, wie beispielsweise e<strong>in</strong>e Sensibilisierung aller Berufsgruppen<br />
für das Thema o<strong>der</strong> Kenntnisse über das Fachwissen, die Aufgabengebiete und Rollen <strong>der</strong><br />
an<strong>der</strong>en Berufsgruppen, müssten für e<strong>in</strong>e erfolgreiche <strong>Umsetzung</strong> <strong>in</strong>terprofessioneller Zusammenarbeit<br />
ergriffen werden. Auf <strong>der</strong> Bildungsebene lässt sich auf zwei Ebenen ansetzen,<br />
um das Thema <strong>Interprofessionalität</strong> zu för<strong>der</strong>n. Zum e<strong>in</strong>en kann dies <strong>in</strong> <strong>der</strong> Organisation <strong>der</strong><br />
Ausbildung/des Studiums selbst, beispielsweise durch geme<strong>in</strong>same Lernveranstaltungen, geme<strong>in</strong>sames<br />
Tra<strong>in</strong>ieren von Skills etc. umgesetzt werden, zum an<strong>der</strong>en durch die zu lernenden<br />
Inhalte und Qualifikationen im Bereich Konzepte <strong>in</strong>terprofessioneller Zusammenarbeit, Organisationsentwicklung<br />
aus <strong>in</strong>terprofessioneller Sicht etc. Übergreifende Veranstaltungen<br />
können den Bildungsbereich mit <strong>der</strong> beruflichen Praxis verb<strong>in</strong>den.<br />
19 Pflegewissenschaft 01/10
Gabriele Schroe<strong>der</strong>: <strong>Interprofessionalität</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong><br />
Um <strong>in</strong>terprofessionelles Lernen und Arbeiten erfolgreich implementieren zu können, muss<br />
übergeordnet die For<strong>der</strong>ung nach<br />
• e<strong>in</strong>er größeren Gewichtung des Erlernens von Zusammenarbeitskompetenzen<br />
• e<strong>in</strong>er e<strong>in</strong>deutigeren, klareren und gezielteren Kommunikation<br />
• e<strong>in</strong>er Klärung <strong>der</strong> eigenen Berufsrolle im Gesamtprozess (vgl. Careum These 3, 2007)<br />
• Respekt für die Bedürfnisse <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Berufsgruppen<br />
gestellt werden.<br />
Es wird weiter deutlich, dass neue Modelle für <strong>in</strong>terprofessionelles und <strong>in</strong>terdiszipl<strong>in</strong>äres<br />
Lernen und Arbeiten entwickelt werden müssen. In diesem Kontext ist e<strong>in</strong>e neue Def<strong>in</strong>ition<br />
<strong>der</strong> Verantwortlichkeiten und Kompetenzen im Gesundheitssystem erfor<strong>der</strong>lich.<br />
Aspekte e<strong>in</strong>er erfolgreichen <strong>Umsetzung</strong><br />
Wenn man Projekte, die <strong>in</strong> <strong>der</strong> Fachwelt als erfolgreich angesehen werden, näher anschaut,<br />
zeigt sich, dass die Basis e<strong>in</strong>er guten Zusammenarbeit häufig ähnlich ist. Zusammenarbeit<br />
funktioniert potentiell gut <strong>in</strong> langfristigen, sich wie<strong>der</strong>holenden Beziehungen; mit gegenseitigen,<br />
sich stützenden Transaktionen. Wichtig sche<strong>in</strong>t auch zu se<strong>in</strong>, dass alle Beteiligten<br />
e<strong>in</strong> Maß an Unabhängigkeit bewahren und über Verhandlungen, Dialog und e<strong>in</strong>en breiten<br />
Informationsaustausch die Zusammenarbeit regeln.<br />
Parallel dazu muss erkennbar se<strong>in</strong>, dass <strong>in</strong>terprofessionelles Lernen und Arbeiten <strong>in</strong> <strong>der</strong> Institution<br />
e<strong>in</strong>e wichtige Bedeutung e<strong>in</strong>nimmt. Das heißt, übergeordnet muss e<strong>in</strong>e Kultur <strong>der</strong><br />
<strong>in</strong>terprofessionellen Zusammenarbeit etabliert und gepflegt werden, es müssen Organisationsstrukturen<br />
und Rahmenbed<strong>in</strong>gungen geschaffen werden, <strong>in</strong> denen <strong>in</strong>terprofessionelles<br />
Lernen und Arbeiten stattf<strong>in</strong>den kann. Innerhalb <strong>der</strong> Institutionen wird zu diesem Zweck<br />
sowohl berufsgruppen-spezifischen Weiterbildungen, als auch <strong>in</strong>terprofessionellem Lernen<br />
e<strong>in</strong>en Platz e<strong>in</strong>geräumt.<br />
Auch Ängste jeglicher Art stellen e<strong>in</strong> großes H<strong>in</strong><strong>der</strong>nis für e<strong>in</strong>e konstruktive, <strong>in</strong>terprofessionelle<br />
Zusammenarbeit dar. Durch das geschickte E<strong>in</strong>führen neuer Lern<strong>in</strong>halte <strong>in</strong> <strong>der</strong> Aus- und<br />
Weiterbildung können Vorbehalte und Ängste m<strong>in</strong>imiert werden. Interprofessionelle Projekte,<br />
die <strong>in</strong>itiiert s<strong>in</strong>d, können nur am Leben erhalten werden, wenn sie durch e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>terprofessionelle<br />
Arbeitsgruppe, <strong>in</strong> welcher alle Berufsgruppen vertreten s<strong>in</strong>d, begleitet werden.<br />
E<strong>in</strong>e gute <strong>in</strong>terprofessionelle Zusammenarbeit verbessert nicht nur das Arbeitsklima, bündelt<br />
Wissen und Kompetenzen, son<strong>der</strong>n kann erheblich zu e<strong>in</strong>er Erhöhung <strong>der</strong> Patientensicherheit<br />
beitragen. Innerhalb von Institutionen wird für die Entwicklung und das Gel<strong>in</strong>gen <strong>in</strong>terprofessioneller<br />
Zusammenarbeit unter an<strong>der</strong>em folgende Vorgehensweise aufgezeigt:<br />
Zunächst wird e<strong>in</strong>e Analyse <strong>der</strong> aktuell gelebten <strong>Interprofessionalität</strong> anhand von verschiedenen<br />
Aspekten empfohlen. Zentrale Fragen können dabei se<strong>in</strong>:<br />
• Wer ist beteiligt?<br />
• Wie verstehen die Beteiligten den Auftrag?<br />
• Welche(s) Ziel(e) verfolgen die Beteiligten?<br />
• Wer hat welchen Auftrag zu erledigen?<br />
Auf Basis <strong>der</strong> Ist-Analyse werden die Bereiche <strong>in</strong>terprofessioneller Zusammenarbeit herausgefiltert,<br />
welche als unbefriedigend erlebt werden.<br />
Die Projektgruppe ist nach Möglichkeit <strong>in</strong>terprofessionell zusammengesetzt und verständigt<br />
sich im ersten Schritt über ihr unterschiedliches Problem- und Problemlösungsverständnis.<br />
Grundlage dafür ist e<strong>in</strong>e strukturelle Gleichberechtigung, die Ausgangslage für das Gel<strong>in</strong>gen<br />
von <strong>in</strong>terprofessioneller Zusammenarbeit ist. Nach dem Beschreiben e<strong>in</strong>es geme<strong>in</strong>samen<br />
Bezugsrahmens, kann anhand <strong>der</strong> unbefriedigenden <strong>in</strong>terprofessionellen Bereiche <strong>der</strong> wichtigste<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Erfolg versprechendste Bereich bestimmt werden sowie geme<strong>in</strong>sam Ziele<br />
und Handlungspläne entwickelt und umgesetzt werden. Die Projektgruppe begleitet den<br />
E<strong>in</strong>führungsprozess und <strong>in</strong>itiiert Verbesserungen auf Basis e<strong>in</strong>er Evaluation.<br />
Projekte zum Thema Interprofessionelles<br />
Lernen und Arbeiten<br />
Careum, e<strong>in</strong>e Stiftung welche Bildung im Gesundheitswesen unterstützt, hat sich zum Ziel<br />
gesetzt <strong>in</strong>nerhalb <strong>der</strong> Bildung <strong>der</strong> Gesundheitsberufe die Studierenden auf den späteren, <strong>in</strong>terprofessionellen<br />
Berufsalltag vorzubereiten. E<strong>in</strong>erseits durch das För<strong>der</strong>n von Kompetenzen<br />
<strong>der</strong> Zusammenarbeit, aber auch durch das Lernen und Lehren geme<strong>in</strong>samer Wissensbau-<br />
20 Pflegewissenschaft 01/10
Gabriele Schroe<strong>der</strong>: <strong>Interprofessionalität</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong><br />
ste<strong>in</strong>e bzw. im Entwickeln e<strong>in</strong>es geme<strong>in</strong>samen Verständnisses über die kulturellen, ethischen<br />
und philosophischen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen zur Berufsausübung (vgl. Careum, 2007).<br />
Pädagogische Grundlagen<br />
Beim Erarbeiten <strong>der</strong> Inhalte werden nach Möglichkeit die Grundaspekte des pädagogischen<br />
Konzeptes Problem basiert Lernen zugrunde gelegt. Übergeordnet geht es dabei um das<br />
Erlernen anwendungsrelevanter beruflicher Kompetenz, Wissen, das Behalten wird und<br />
situationsgerecht abgerufen werden kann. Ziel ist es, bereits <strong>in</strong> <strong>der</strong> Ausbildungssituation<br />
anhand von realitätsnahen Bil<strong>der</strong>n <strong>der</strong> beruflichen Praxis, e<strong>in</strong> vernetztes Verständnis für die<br />
Situationen des beruflichen Alltags zu entwickeln. Es wird zum e<strong>in</strong>en notwendiges Wissen<br />
erarbeitet um die beruflichen Situationen verstehen und begründen zu können, zum an<strong>der</strong>en<br />
notwendiges Handeln und Verhalten so weit wie möglich im Skillslab vorbereitend auf die<br />
Praxissituation tra<strong>in</strong>iert.<br />
Als Partner für die <strong>Umsetzung</strong> schließt sich Careum mit <strong>der</strong> mediz<strong>in</strong>ischen Fakultät <strong>der</strong> Universität<br />
Zürich zusammen und verabschiedet e<strong>in</strong> Konzept „Interprofessionelles Lernen für<br />
Gesundheitsberufe“. Als geme<strong>in</strong>sames Vorgehen wird festgelegt, die Aktivitäten im ersten<br />
Schritt auf die Professionen Pflege und Mediz<strong>in</strong> zu begrenzen.<br />
Interprofessionelle Arbeitsgruppe<br />
Für das Festlegen des Bezugsrahmens, <strong>der</strong> Ziele und konkreter <strong>Umsetzung</strong>smöglichkeiten wird<br />
e<strong>in</strong>e <strong>in</strong>terprofessionelle Arbeitsgruppe gebildet. Diese def<strong>in</strong>iert entsprechende Lern<strong>in</strong>halte<br />
(Themen) und das zu bearbeitende Komplexitätsniveau (entsprechend dem Ausbildungsstand<br />
<strong>der</strong> Studierenden bei<strong>der</strong> Professionen). Die Entscheidung welche Themen für die <strong>in</strong>terprofessionelle<br />
Praxis zu lernen und zu tra<strong>in</strong>ieren s<strong>in</strong>d, wird geme<strong>in</strong>sam getroffen. Die daraus<br />
resultierende Entwicklung <strong>der</strong> Lern- und Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs<strong>in</strong>halte werden geme<strong>in</strong>sam entwickelt.<br />
Die <strong>in</strong>terprofessionelle Arbeitsgruppe beschäftigt sich mit Fragen, wie<br />
• Wo s<strong>in</strong>d die verb<strong>in</strong>denden Wissenselemente <strong>der</strong> beiden Professionen?<br />
• Welche Themen machen S<strong>in</strong>n geme<strong>in</strong>sam gelernt zu werden?<br />
• An welchen Stellen kann <strong>in</strong>terprofessionelle Zusammenarbeit praktisch geübt werden?<br />
• Welches Wissen zum Thema <strong>Interprofessionalität</strong> müssen die zukünftigen Berufsangehörigen<br />
mitbr<strong>in</strong>gen, um die berufliche Praxis entsprechend <strong>der</strong> Anfor<strong>der</strong>ungen mitgestalten<br />
zu können?<br />
Zunächst wird e<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sames Grundgerüst entwickelt, das aufzeigt <strong>in</strong> welchen Bereichen<br />
Kompetenzen und Wissen potentiell erworben werden können bzw. welche für die zukünftigen<br />
<strong>in</strong>terprofessionellen Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> beruflichen Praxis entwickelt werden müssen.<br />
Als wichtig werden beispielsweise angesehen: Entwicklung e<strong>in</strong>es geme<strong>in</strong>samen Wertesystems<br />
und <strong>in</strong>terprofessioneller ethischer Pr<strong>in</strong>zipien, e<strong>in</strong>e positive Haltung zu an<strong>der</strong>en Professionen<br />
und zur Zusammenarbeit, Zusammenarbeitsfähigkeiten <strong>in</strong>klusive Umgang mit Fehlern und<br />
geme<strong>in</strong>samer Entscheidungsf<strong>in</strong>dung, Flexibilität <strong>in</strong> Bezug auf wechselnde Teamkonstellationen,<br />
Fähigkeit die persönliche Berufsrolle <strong>in</strong> unterschiedlichen Teams zu adaptieren,<br />
Kenntnisse über das Rollenverständnis von an<strong>der</strong>en Berufsgruppen und <strong>in</strong>terprofessionelle<br />
Kommunikation (vgl. McNair, 2005).<br />
Planung <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong><br />
Auf Basis des Grundgerüstes werden verschiedene konkrete <strong>Umsetzung</strong>smöglichkeiten erarbeitet.<br />
Als oberstes Pr<strong>in</strong>zip wird festgelegt, dass nach Möglichkeit die Infrastruktur und<br />
Synergien <strong>der</strong> Schnittstellen geme<strong>in</strong>sam genutzt werden. Des Weiteren wird beschlossen,<br />
Lernmodule zu entwickeln und umzusetzen, <strong>in</strong> denen die Studierenden bei<strong>der</strong> Berufsgruppen<br />
geme<strong>in</strong>sam lernen und üben. Es entsteht e<strong>in</strong>e Sammlung von Themen, die für beide<br />
Berufsgruppen relevant s<strong>in</strong>d (z. B. Kommunikation, Gewalt, Schmerz, Alter, Hygiene, Notfallsituation).<br />
Zusätzlich werden extra-curriculäre Veranstaltungen angedacht, wie beispielsweise<br />
gegenseitige Hospitationen (Pflegevisite, ärztliche Visite), Möglichkeit geme<strong>in</strong>samer<br />
Studien zum <strong>in</strong>terprofessionellen Lernen, Impulsveranstaltungen etc.<br />
<strong>Umsetzung</strong><br />
Konkrete <strong>Umsetzung</strong>smaßnahmen werden auf unterschiedlichen Ebenen realisiert.<br />
21 Pflegewissenschaft 01/10
Abb. 2: (Quelle: Careum Stiftung)<br />
Abb. 3: (Quelle: Doris Fanconi, Tagesanzeiger)<br />
Gabriele Schroe<strong>der</strong>: <strong>Interprofessionalität</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong><br />
Mediz<strong>in</strong>bibliothek und<br />
Studienlandschaft<br />
Auf räumlicher Ebene entsteht e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Bibliothek für die<br />
Studierenden <strong>der</strong> Gesundheitsberufe <strong>in</strong>klusive <strong>der</strong> Studierenden <strong>der</strong><br />
Mediz<strong>in</strong>. Es wird e<strong>in</strong>e Studienlandschaft mit E<strong>in</strong>zel- und Gruppenarbeitsplätzen<br />
dar<strong>in</strong> <strong>in</strong>tegriert, um die Möglichkeit für Begegnungen<br />
<strong>der</strong> Studierenden <strong>der</strong> unterschiedlichen Professionen zu ermöglichen<br />
bzw. e<strong>in</strong>en berufsübergreifenden Austausch zu <strong>in</strong>itiieren. Dieser <strong>in</strong>terprofessionelle<br />
Austausch wird <strong>der</strong>zeit nicht durch weitere Maßnahmen<br />
unterstützt. Ob und <strong>in</strong> welchem Umfang er stattf<strong>in</strong>det,<br />
müsste durch e<strong>in</strong>e Evaluation überprüft werden.<br />
Interprofessionelle Module<br />
Wie Studien aus dem englischsprachigen Raum zeigen (McNair,<br />
2005), werden die Studierenden <strong>der</strong> Gesundheitsberufe <strong>in</strong>sgesamt<br />
schlecht auf ihre zukünftige Rolle im Gesundheitsteam vorbereitet.<br />
Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite steht aber die Erkenntnis, dass Curricula, die<br />
e<strong>in</strong> <strong>in</strong>terprofessionelles Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g <strong>in</strong> die Ausbildung <strong>in</strong>tegrieren, e<strong>in</strong>e<br />
hohe Wahrsche<strong>in</strong>lichkeit haben, damit auch positive Auswirkungen<br />
<strong>in</strong> Bezug auf die <strong>in</strong>terprofessionelle Zusammenarbeit, das Verhalten<br />
bzw. die Patientenversorgung bewirken. Unter an<strong>der</strong>em auf diesem<br />
H<strong>in</strong>tergrund basiert die Idee e<strong>in</strong> <strong>in</strong>terprofessionelles Modul zu realisieren.<br />
Dies wird auf <strong>der</strong> curricularen Ebene zum Thema Notfallsituationen<br />
umgesetzt.<br />
Die <strong>in</strong>terprofessionelle Arbeitsgruppe aus beiden Berufsgruppen<br />
(Pflege und Mediz<strong>in</strong>) verständigt sich zur Erarbeitung des Moduls auf<br />
das übergeordnete Ziel: Vone<strong>in</strong>an<strong>der</strong>, mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong> und übere<strong>in</strong>an<strong>der</strong><br />
lernen im E<strong>in</strong>schätzen, Beurteilen, Entscheiden und Handeln <strong>in</strong><br />
Notfallsituationen und <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>in</strong>terprofessionellen Zusammenarbeit,<br />
sowie Kommunikation <strong>in</strong> Notfallsituationen.<br />
Anhand von e<strong>in</strong> bis zwei Szenarien tra<strong>in</strong>ieren die Studierenden <strong>der</strong><br />
Pflege und Mediz<strong>in</strong> geme<strong>in</strong>sam das <strong>in</strong>terprofessionelle Handeln und<br />
Kommunizieren <strong>in</strong> Notfallsituationen.<br />
Jede Profession bereitet sich selbst auf diesen E<strong>in</strong>satz vor. Als geme<strong>in</strong>samer E<strong>in</strong>stieg <strong>in</strong> das<br />
Skillstra<strong>in</strong><strong>in</strong>g f<strong>in</strong>det e<strong>in</strong>e Vorlesung zum Thema „<strong>Interprofessionalität</strong> im Notfall“ statt. Im<br />
Anschluss daran erhalten die Studierenden e<strong>in</strong>en kurzen Überblick über den Ablauf des Sett<strong>in</strong>gs<br />
und die Beschreibung des „Falles“.<br />
Innerhalb des Sett<strong>in</strong>gs tra<strong>in</strong>ieren e<strong>in</strong>e Studierende HF Pflege und e<strong>in</strong>e Studierende Mediz<strong>in</strong><br />
an e<strong>in</strong>er „Reanimationspuppe“ das <strong>in</strong>terprofessionelle Handeln im Notfall. Je e<strong>in</strong>e Studierende<br />
und Skillstra<strong>in</strong>er<strong>in</strong> <strong>der</strong> Professionen Pflege und Mediz<strong>in</strong> beobachten die Situation. Die<br />
Durchführung des Skillstra<strong>in</strong><strong>in</strong>gs wird gefilmt. Im Anschluss reflektieren die Studierenden ihr<br />
Handeln anhand <strong>der</strong> Kriterien: Wie habe ich die Handlung durchgeführt? Ist die <strong>in</strong>terprofessionelle<br />
Zusammenarbeit und Kommunikation gelungen? Im Anschluss erhalten sie Feedback<br />
von ihren beobachtenden Mitstudierenden.<br />
Nach <strong>der</strong> Reflexion erfolgt e<strong>in</strong> Fachgespräch mit den Skillstra<strong>in</strong>er<strong>in</strong>nen <strong>der</strong> Mediz<strong>in</strong> und<br />
Pflege <strong>in</strong> Bezug auf die Durchführung, fachliche Interventionen, <strong>in</strong>terprofessionelle Kommunikation<br />
und Zusammenarbeit. Auf Basis des Fachgespräches werden weitere Lernschritte<br />
formuliert und die Studierenden tra<strong>in</strong>ieren e<strong>in</strong> zweites Mal die Situation.<br />
Die anschließende Evaluation zeigt, dass das Modul „Interprofessionelles Handeln im Notfall“<br />
von den Studierenden bei<strong>der</strong> Professionen überaus geschätzt wird. Auch die Evaluation<br />
seitens <strong>der</strong> Skillstra<strong>in</strong>er<strong>in</strong>nen bei<strong>der</strong> Professionen zeigen e<strong>in</strong> sehr positives Ergebnis und den<br />
Wunsch nach Fortführung des Moduls. Inzwischen kam das Modul bereits zum zweiten Mal<br />
zum E<strong>in</strong>satz.<br />
Es zeigt sich, dass <strong>in</strong>terprofessionelle Lernangebote das Verständnis und die Wertschätzung<br />
<strong>der</strong> verschiedenen Berufsgruppen untere<strong>in</strong>an<strong>der</strong> för<strong>der</strong>n, aber auch dass Pr<strong>in</strong>zipien e<strong>in</strong>er<br />
effektiven Zusammenarbeit gelernt werden können. Aufgenommen beispielsweise im Tra<strong>in</strong>ieren<br />
von Skills <strong>in</strong> <strong>der</strong> beruflichen Praxis, bzw. durch die Integration <strong>der</strong> Studierenden <strong>in</strong><br />
<strong>in</strong>terprofessionelle Gesundheitsteams, kann die Wirkung daraus noch potenziert werden.<br />
Welche konkreten Auswirkungen das auf die geme<strong>in</strong>same berufliche Praxis haben wird, kann<br />
zu <strong>der</strong> Zeit nur vermutet werden. Fest steht jedoch, dass das geme<strong>in</strong>same Lernen, Lehren<br />
und Arbeiten weiter ausgebaut werden muss und die <strong>Umsetzung</strong> von <strong>Interprofessionalität</strong><br />
e<strong>in</strong>e geme<strong>in</strong>same Aufgabe <strong>der</strong> Bildungs<strong>in</strong>stitutionen und <strong>der</strong> Institutionen <strong>der</strong> beruflichen<br />
Praxis ist.<br />
22 Pflegewissenschaft 01/10
Literatur<br />
Careum (2005), Konzept <strong>Interprofessionalität</strong><br />
(unveröffentlicht)<br />
Careum (2007), Grenzen aufheben<br />
– Thesen zur Zukunft <strong>der</strong><br />
Ausbildung für Gesundheitsberufe,<br />
Verlag Careum<br />
Mc Nair, R. (2005), The case for<br />
educat<strong>in</strong>g health care students<br />
<strong>in</strong> professionalism as the core<br />
content of <strong>in</strong>terprofessional<br />
education, Medical EDUCATION<br />
(39), S.456-464<br />
Obrecht (2005), Interprofessionelle<br />
Kooperation als professionelle<br />
Methode, Vortrag an <strong>der</strong><br />
Fachtagung „Soziale Probleme<br />
und <strong>in</strong>terprofessionelle Kooperation“,<br />
Zürich.<br />
SAMW Projekt (2007) Die zukünftigen<br />
Berufsbil<strong>der</strong> von Ärzt<strong>in</strong>nen/<br />
Ärzten und Pflegenden <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />
ambulanten und kl<strong>in</strong>ischen Praxis,<br />
Schweizerische Ärztezeitung;<br />
S.1942-1952<br />
Kaba-Schönste<strong>in</strong> L., Kälble K.,<br />
Schmerfeld K., Stößel U., Troschke<br />
J v (1999), Das Projekt MESOP<br />
– Interdiszipl<strong>in</strong>äre Zusammenarbeit<br />
im Gesundheitswesen Das<br />
Gesundheitswesen, A105-A106<br />
Streuli Rita-Lena (2003), Die<br />
Bedeutung <strong>der</strong> <strong>in</strong>terprofessionellen<br />
Kommunikation für die<br />
Qualität zwischenmenschlicher<br />
Kommunikationsbeziehungen <strong>in</strong><br />
Unternehmen, Diplomarbeit<br />
Kurzbiografie<br />
Gabriele Schroe<strong>der</strong><br />
Pflegewirt<strong>in</strong> (FH)<br />
Diplom-Pflegefachfrau<br />
Studium Pflege- und Gesundheitswissenschaften,<br />
EFH<br />
Darmstadt<br />
Berater<strong>in</strong>, Dozent<strong>in</strong> Qualitätssicherung<br />
und -entwicklung<br />
Dozent<strong>in</strong>, Höhere Fachausbildungen<br />
Mitarbeiter<strong>in</strong> <strong>der</strong> Careum<br />
Fachstelle, Zürich<br />
Projektleiter<strong>in</strong> Interprofessionelles<br />
Lernen und Arbeiten<br />
Derzeit ist bereits e<strong>in</strong> zweites <strong>in</strong>terprofessionelles Modul zum Thema „Interprofessionelle<br />
Kommunikationsprozesse – schwierige Gesprächssituationen“ <strong>in</strong> Entwicklung. Im Zentrum<br />
steht das geme<strong>in</strong>same Lernen und Tra<strong>in</strong>ieren <strong>der</strong> Professionen Pflege und Mediz<strong>in</strong> zum<br />
Thema Kommunikation mit e<strong>in</strong>em Simulationspatienten. Aller Voraussicht nach wird es im<br />
Frühsommer 2010 zum E<strong>in</strong>satz kommen.<br />
Netzwerk Pädagogik und Impulsgespräche<br />
Auf übergeordneter Ebene wurden zwei <strong>in</strong>terprofessionelle Gefäße <strong>in</strong>stalliert:<br />
Das Netzwerk Pädagogik für Gesundheitsberufe, das <strong>in</strong>teressierten, mit Bildung beauftragten<br />
Personen die Möglichkeit bietet e<strong>in</strong>en fachlichen Austausch über die eigenen Berufsgrenzen<br />
h<strong>in</strong>weg zu pflegen.<br />
Die Dialogreihe „Impulsgespräche“, welche unterschiedliche berufsgruppenübergreifende<br />
Themen aufnimmt und sich sowohl an Studierende wie auch Berufsangehörige unterschiedlicher<br />
Professionen wendet und dadurch die Bildungsebene mit <strong>der</strong> beruflichen Praxis vernet-<br />
zen möchte. Nach e<strong>in</strong>em E<strong>in</strong>stiegsreferat, das die Sicht unterschiedlicher Professionen durch<br />
die Profession selbst darlegt, diskutieren die Teilnehmenden mite<strong>in</strong>an<strong>der</strong>. Dabei geht es beispielsweise<br />
um die Themen „ethisch moralische Entscheidungen <strong>in</strong> <strong>der</strong> Praxis“, o<strong>der</strong> „wie sich<br />
<strong>in</strong>terprofessionelle Zusammenarbeit mit unterschiedlichen Berufsgruppen gestalten kann“.<br />
Beide Gefäße werden von den Berufsangehörigen aller teilnehmenden Professionen geschätzt<br />
und als s<strong>in</strong>nvoll erachtet. Es kann von den Erfahrungen <strong>der</strong> jeweils an<strong>der</strong>en Berufsgruppe<br />
profitiert bzw. durch das Kennenlernen an<strong>der</strong>er Sicht- und Vorgehensweisen e<strong>in</strong> Verständnis<br />
für an<strong>der</strong>e Berufsangehörige entwickelt werden.<br />
Schlussbetrachtung<br />
Die <strong>Umsetzung</strong> verschiedener Projekte auf unterschiedlichen Ebenen und die positive Resonanz<br />
<strong>der</strong> Akteure darauf, zeigt deutlich, dass <strong>der</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> Literatur beschriebene Bedarf an<br />
<strong>in</strong>terprofessionellem Lernen und Arbeiten <strong>in</strong> <strong>der</strong> heutigen Berufswelt se<strong>in</strong> Pendant hat.<br />
Ob und <strong>in</strong> welchem Umfang die umgesetzten Projekte e<strong>in</strong>en positiven Ausfluss auf die berufliche<br />
Praxis haben werden, muss die Zukunft erst zeigen. Die beteiligten Personen schätzen<br />
die Lernwirkung auf die Berufsangehörigen und die daraus resultierende abgestimmte<br />
Zusammenarbeit und damit e<strong>in</strong>en positiven Nutzen für den Patienten <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er Situation als<br />
bedeutend e<strong>in</strong>.<br />
Es wäre sicher s<strong>in</strong>nvoll diese E<strong>in</strong>schätzung mit Forschungsbestrebungen zu untersuchen. Forschungen<br />
<strong>in</strong> diesem Bereich müssten <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e die Ergebnisse anschauen, die das Verhalten<br />
<strong>der</strong> <strong>in</strong>terprofessionell geschulten Berufsangehörigen <strong>der</strong> entsprechenden Berufsgruppen,<br />
den Behandlungsprozess selbst und die Auswirkungen auf <strong>der</strong> Patientenseite zeigen.<br />
Neben <strong>der</strong> Initiierung von Forschungsaktivitäten kann das Angebot auf <strong>der</strong> curricularen<br />
Seite ausgebaut werden. Beispielsweise mit Lern<strong>in</strong>halten, wie Pr<strong>in</strong>zipien <strong>in</strong>terprofessioneller<br />
Zusammenarbeit, Teamwork und den verschiedenen Rollen im <strong>in</strong>terprofessionellen Gesundheitsteam.<br />
Ebenso können das geme<strong>in</strong>same Lernen des Grundwissens, aber auch Angebote,<br />
wie <strong>in</strong>terprofessionelle Module o<strong>der</strong> geme<strong>in</strong>sames Skillstra<strong>in</strong><strong>in</strong>g zum E<strong>in</strong>satz kommen.<br />
Da feststeht, dass die Qualität <strong>der</strong> <strong>in</strong>terprofessionellen Zusammenarbeit e<strong>in</strong> wichtiger Aspekt<br />
im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Patientenbetreuung ist, müssten diese Bestrebungen <strong>in</strong><br />
<strong>der</strong> beruflichen Praxis ihre Fortführung f<strong>in</strong>den. Hierzu s<strong>in</strong>d noch vernetzende Konzepte<br />
umzusetzen.<br />
Wichtige Ansatzmöglichkeiten zur Weiterentwicklung von <strong>Interprofessionalität</strong> s<strong>in</strong>d aus Sicht<br />
<strong>der</strong> Autor<strong>in</strong> <strong>in</strong> vier Bereichen anzusiedeln:<br />
1. Schaffen e<strong>in</strong>es wachsenden Bewusstse<strong>in</strong>s für die bestehenden Schwierigkeiten im <strong>in</strong>terprofessionellen<br />
Sett<strong>in</strong>g und die Rollen und Aufgaben <strong>der</strong> beteiligten Berufsangehörigen.<br />
2. Vorantreiben von Bildung und Tra<strong>in</strong><strong>in</strong>g im <strong>in</strong>terprofessionellen<br />
Sett<strong>in</strong>g.<br />
3. Schaffen e<strong>in</strong>er <strong>in</strong>terprofessionellen Excellence und<br />
PrInterNet Community<br />
Sie f<strong>in</strong>den weitere Informationen zu<br />
diesem Artikel unter<br />
www.pr<strong>in</strong>ternet.<strong>in</strong>fo/detail.asp?id=895<br />
Gabriele Schroe<strong>der</strong>: <strong>Interprofessionalität</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong><br />
4. Entwickeln e<strong>in</strong>er entsprechenden Infrastruktur auf allen Ebenen.<br />
Daraus resultierend muss ganz klar die For<strong>der</strong>ung unterstützt<br />
werden, dass e<strong>in</strong>e erfolgreiche und kont<strong>in</strong>uierliche För<strong>der</strong>ung<br />
und <strong>Umsetzung</strong> von <strong>Interprofessionalität</strong> sowohl im Bildungsbereich<br />
als auch <strong>in</strong> <strong>der</strong> beruflichen Praxis <strong>in</strong>itiiert werden muss.<br />
23 Pflegewissenschaft 01/10