Mitt. Verb. dt. Höhlen- u. Karstforscher 59 (3) 80-87 München 2013Sinterbecken an der Firste? Folia – eine ungewöhnliche Sinterformaus der Riesenberghöhle, Süntel, NiedersachsenvonSTEFAN MEYER und LUKAS PLANZusammenfassungFolia sind Speläotheme, die an überhängenden Wandpartienwachsen und kleinen, auf dem Kopf stehenden Sinterbeckenähneln. Das aktuelle Entstehungsmodell geht von einer Bildungunter Wasser aus, wo sich infolge Entgasung aufsteigende CO 2-Bläschen bilden. Weltweit sind sie nur aus rund zwei DutzendHöhlen bekannt, wobei es sich bis auf ganz wenige Ausnahmenum hypogene Höhlen handelt. Nach dem ersten Nachweis vonFolia im deutschsprachigen Raum in der Odelsteinhöhle (Steiermark,Österreich; PLAN & DE WAELE 2011) wird das erste Vorkommenvon typisch ausgebildeten, calcitischen Folia in Deutschlandaus der Riesenberghöhle im Süntel (Niedersachsen) beschrieben.Die Morphologie und die Sedimente dieser Höhle weisenrecht eindeutig auf eine epigene Entstehung hin. Die Herkunftdes CO 2bleibt somit spekulativ. Es werden schlaufen- und wellenartiggeformte „Sinterleisten“ beschrieben und ein Zusammenhangmit Folia vermutet.Normalerweise beträgt ihre Breite weniger als 10 cm und dieStärke weniger als 1 cm (HILL & FORTI 1997: 72-73, AUDRA et al.2009).Während HILL & FORTI (1997) neben den meist calcitischen Foliaauch solche aus elementarem Schwefel, Halit oder Lehm beschreiben,schlagen AUDRA et al. (2009) vor, den Terminus „Folia“auf calcitische Bildungen zu beschränken, da die nichtcalcitischenFormen morphologische Unterschiede aufweisen undeine andere Entstehung haben.Obwohl Folia erstmals bereits von EMERSON (1952) aus einerHöhle Nevadas (USA) beschrieben wurden, werden ihreEntstehungsbedingungen nach wie vor diskutiert. Man ist sicheinig, dass sie unter phreatischen oder epiphreatischen Bedingungenrelativ nahe oder am Wasserspiegel entstehen. Einerseitsgingen ältere Modelle davon aus, dass Folia im Schwankungs-AbstractFolia are speleothems resembling small inverted rimstone damson overhanging cave walls. The present model assumes a genesisbelow the water table by degassing of CO 2that leads to risingbubbles. Worldwide, they are only known from some two dozencaves, almost all of them of hypogenic origin. After the firstevidence of Folia in the German-speaking countries in theOdelsteinhöhle, Austria (PLAN & DE WAELE 2011) the first typicalcalcitic Folia from Germany in the Riesenberghöhle in the SüntelHills (Lower Saxony, Germany) are described. Morphology andsediments of the cave give clear indications for epigeneticformation. The origin of the CO 2thus remains speculative. Loopsand wavy „sintered strips“ are described and a connection to theFolia-sintering is suspected.RésuméLes folia sont des spéléothèmes qui se développent sur des paroisen surplomb et ressemblent à des petits gours à l’envers. Lemodèle actuel est fondé sur la remontée de bulles de dégazagede CO 2en milieu subaquatique. Dans le monde, ils ne sont connusque d’environ deux douzaines de grottes, qui sont, à quelquesexceptions près, des cavités hypogènes. Après la premièredécouverte de folia en région germanophone dans l’Odelsteinhöhle(Styrie, Autriche, Plan & De Waele 2011), unepremière occurrence de folia de type qualifié de calcitique enAllemagne est décrite dans la Riesenberghöhle, Süntel (Basse-Saxe, Allemagne). La morphologie et les remplissages de la grottemontrent une origine clairement épigénétique. L’origine du CO 2reste donc problématique. On y rencontre des formes en boucleset en vagues rassemblées en barres verticales et une relation estsupposée avec les folia.Was sind Folia?Folia sind Speläotheme an überhängenden Wandpartien in Formvon welligen Lamellen. Sie ähneln auf dem Kopf stehenden kleinenSinterbecken bzw. kleinen Baumschwämmen mit fast horizontalemRand und wachsen dicht neben- bzw. übereinander.Abb. 1: Entstehung von Folia-Sinter an der Höhlenwand,Zeichnung verändert nach AUDRA et al. (2009)Fig. 1: Formation of folia on cave walls, drawing modified afterAUDRA et al. (2009)80