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<strong>ROSTOCK</strong><br />
3. JAHRGANG · Winter · 4/2010 · € 4,-<br />
GESELLSCHAFTSMAGAZIN FÜR <strong>ROSTOCK</strong> UND UMGEBUNG<br />
Tradition<br />
Leben in Mecklenburger Bauernhäusern<br />
Begegnungen<br />
Franziska Troegner, Vicky Leandros,<br />
Peter-Michael Diestel u. a.<br />
Wintervergnügen<br />
Eissegeln, Reiten und Wellness<br />
Lebenswerk<br />
„Douglas-Vater” Jörn Kreke
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010<br />
Foto: J. R.<br />
EDITORIAL<br />
Liebe Leserin, lieber Leser,<br />
nanu, werden Sie sich möglicherweise fragen,<br />
wer sind denn bloß die Leute auf dem Titelbild<br />
des neuen Heftes von Rostock „delüx“?<br />
Dieses Ehepaar mit dem kessen Steppke,<br />
der so freundlich dreinblickt und dessen<br />
Mutter und Vater offenbar ziemlich stolz<br />
sind - nicht nur auf den süßen Zwerg - die<br />
kenne ich doch gar nicht, könnten Sie, liebe<br />
Leserinnen und Leser, grübeln.<br />
Ein kurzer Blick zurück. Die Septemberausgabe<br />
unseres Magazins hatte Stargeiger<br />
David Garrett mit laszivem Blick geziert.<br />
Udo Lindenberg hatten wir in einer früheren<br />
Ausgabe auf dem Titel, auch eine<br />
Strandschöne, die Solotänzerin des Friedrichstadtpalastes,<br />
Rocker Till Lindemann<br />
und dererlei andere Prominenz.<br />
Die, die diesmal unser Titelbild füllen, tragen<br />
den deutschen Allerweltsnamen Meyer, allerdings<br />
mit Y. Eigentlich Menschen wie „du und<br />
ich”. Aber vielleicht doch nicht so ganz! Sie<br />
wohnen nämlich in einem der ältesten Häuser<br />
Mecklenburg-Vorpommerns und stehen in<br />
der Titelgeschichte für Menschen, die hierzulande<br />
in historischen, auch rohrgedeckten<br />
Bauernhäusern wohnen. Eine bestimmte<br />
Lebensart mit „der anderen Wärme aus dem<br />
Kachelofen” möchten sie nicht missen. Es war<br />
interessant, sie zu treffen.<br />
Anderen Menschen bereitet es Vergnügen,<br />
über den winterlichen Strand zu reiten, im<br />
Segelschlitten über spiegelglattes Eis zu<br />
rasen oder Wellness von Kopf bis Fuß zu<br />
genießen.<br />
In den Tageslicht verkürzten Monaten, in<br />
den Wochen der früher einsetzenden winterlichen<br />
„blauen Stunde” findet sich Zeit<br />
für Besinnlichkeit, die zum guten Buch greifen<br />
lässt, vielleicht auch zu den Texten im<br />
vorliegenden Magazin.<br />
Große Namen sind diesmal im Heft: Vicky<br />
Leandros, Franziska Troegner, Peter-Michael<br />
Diestel oder Herbert Grönemeyer – mit viel<br />
Persönlichem, in Vorschau und Rückbesinnung.<br />
Ein Gespräch möchte ich Ihnen ans Herz<br />
legen – nicht, weil es von mir geführt<br />
wurde. Jörn Kreke, der „Douglas-Vater” steht<br />
einem Millionen-Imperium vor, und er<br />
bekennt in einer ellenbogenharten Zeit:<br />
„Handel mit Herz und Verstand heißt nicht<br />
nur Geld verdienen”.<br />
Also, es gibt wieder eine interessante Themenvielfalt.<br />
Viel Vergnügen beim Entdecken.<br />
Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, für 2011<br />
alles Gute, vor allem Gesundheit. Kommen<br />
Sie gut ins neue Jahr,<br />
Ihre Regina Rösler<br />
Leitende Redakteurin<br />
Bauernhäuser interessierten schon immer die Landschaftsmaler. In der Schwaaner Kunstmühle sind unter anderem diese Bilder von Wilhelm Facklam,<br />
Peter-Paul Draewing und Erick Venzmer (v. l.). anzuschauen. Fotos: Re. Rö.<br />
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<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010<br />
8<br />
4 Titel: Unterm Schilfdach<br />
Leben in alten Bauernhäusern<br />
8 Reiten im Winter<br />
Schnee untern den Hufen<br />
12 Franziska Troegner<br />
„Endlich eine, die aussieht wie wir“<br />
14 Unikate aus Rostock<br />
Johann-Gottfried Schmidt<br />
baut Orgeln<br />
18 Am Kamin<br />
Winter: Zeit guter Rotweine<br />
22 Kleine Karte, großer Genuss<br />
Zu Gast bei „Schimmel’s“<br />
in Wustrow<br />
12 18<br />
27 „EIKBOOM“ exklusiv<br />
Dekostoffe von Joop<br />
32- Paradiesisch<br />
37 Wellness im Winter<br />
40 Italien war schuld<br />
Atelierbesuch bei Lars Lehmann<br />
44 Powerfrau mit Modespleen<br />
Dr. Dagmar Braun<br />
46 Mecklenburger Adel<br />
Joachim von Levetzow<br />
49 Arbeit am nächsten Irrtum<br />
Schriftsteller Christoph Hein<br />
54 Wenn Tokana trommelt<br />
Medizin und Schamanismus<br />
Die nächste Ausgabe erscheint im März 2011.<br />
40 58 78<br />
Titelfoto: Annika und Eckard Meyer mit Söhnchen Julian-Albrecht vor ihrem<br />
Hallenhaus in Neu Karin, das den 30jährigen Krieg erlebte. Foto: Thomas Ulrich<br />
INHALT<br />
58 Starker Charakter<br />
Der Audi A 7 Sportback<br />
62 Meine Stadt:<br />
Revolte in Güstrow<br />
64 Seitensprung<br />
Segeln auf dem Eis<br />
68 Vicky Leandros<br />
„Ich möchte nicht mit meinen<br />
Töchtern konkurrieren“<br />
70 Treffpunkt<br />
Jazz Band Ball,<br />
Jahresköste der Kaufmannschaft<br />
78 Handel mit Herz und Verstand<br />
„Douglas-Vater“ Jörn Kreke<br />
3
4<br />
LEBENSART<br />
Fischers 200-jähriges Bauernhaus in Neu Wiendorf bei Schwaan.<br />
Meyer lebt mit<br />
Dreißigjährigem Krieg<br />
Freude im Stillen Winkel von Neu Karin. Für Eckard und Annika Meyer und für die Kinder ist der Traum vom<br />
Landleben nicht wie eine Seifenblase geplatzt.<br />
Ihre Häuser stehen zumeist in Gegenden, von<br />
denen es landläufig heißt, hier sagen sich Fuchs<br />
und Hase „Gute Nacht”.<br />
Den Tierarzt, die Architektin, den Orthopädie-<br />
Mechaniker, den Universitätsprofessor oder<br />
den Agraringenieur zu besuchen, braucht eine<br />
genaue Wegbeschreibung. Die Straßen zu<br />
ihnen werden schließlich immer enger, Katzenkopfpflasterung<br />
prüft die Funktionalität der<br />
Stoßdämpfer.<br />
Die Gehöfte der Besagten, ihre Bauernhäuser,<br />
sind in jedem Falle in die Jahre gekommen. Die<br />
Bauernhausbesitzer sind einstige Städter oder<br />
haben schon immer auf dem Lande gelebt. Oft<br />
spielt der Zufall eine Rolle, dass sie sich in baulicher<br />
Historie ansiedelten. Oft ist aber auch<br />
nachgeholfen worden.<br />
Eckard Meyer fuhr mit seinem NSU-Motorrad,<br />
Baujahr 1951, durch die Lande, suchte,<br />
wurde fündig in Neu Karin, nahe Kröpelin.<br />
Ganz am Ende des Dorfes. „Es hat nach uns<br />
gerufen, es wollte in die Hand genommen<br />
werden”, romantisiert der gelernte Möbeltischler<br />
seine erste Begegnung mit der lange<br />
leer gestandenen Vollbauernstelle, aus deren<br />
Dach damals Holunder-Äste wuchsen. Nun<br />
lugt ein vertraulich dichtes, ein nicht billiges<br />
Rohrdach über steinerne Trockenmauern,<br />
eine Wildhecke schirmt ab und gibt gleichzeitig<br />
den Blick frei.<br />
Der gebürtige Rostocker wohnt dort mit Ehefrau<br />
Annika und den kleinen Kindern Josephine-<br />
Marie und Julian Albrecht. Charlotte und Margarete,<br />
die 17-jährigen Zwillinge aus erster Ehe,<br />
besuchen ihn gern und oft. „Sie sind doch hier<br />
richtig hineingeboren worden”, findet Eckard<br />
Meyer, der die verlassene Vollbauernstelle 1989<br />
erwarb.<br />
Ganz anders, oder auch ebenso, die Ansiedlung<br />
von Hendrik und Sabine Kindermann in Penzin.<br />
Der Heilpraktiker mit einer Praxis in Rostock und<br />
seine Uni-beschäftigte Frau haben ihr großes<br />
Hallenhaus erst seit drei Jahren. „Warum Geld<br />
wegwerfen, wenn man was Eigenes haben<br />
kann”, begründet sie den Erwerb. Vorher hatte<br />
man zur Miete gewohnt, auch in einem Dorf.<br />
Die Nachbarin der Kindermanns ist Imke Thielk.<br />
Deren Bauernhaus existiert in Familien-Tradition,<br />
war schon 1978 vom Vater gekauft worden.<br />
Mit ihren fünf Brüdern hegt und pflegt sie den<br />
Besitz, der ihr auch das Lebens-Credo liefert. „In<br />
Rostock wohne ich, in Penzin lebe ich“, sagt die<br />
blonde Frau, die Landesbeauftragte der IG Bauernhaus<br />
ist und von den Verbandsmitgliedern<br />
als „die Seele vom Geschäft” bezeichnet wird.<br />
Auch das vergleichsweise kleine Büdnerhaus, das<br />
Hans-Wolf Fischer und seine Frau Rita in Neu<br />
Wiendorf bei Schwaan bewohnen, ist vor Jahrzehnten<br />
erworben worden. Man sieht es. Alles<br />
schmuck. Eins nach dem anderen gemacht.<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010
Hobby-Landwirt Eckard Meyer holt aus dem Ziehbrunnen das Wasser … … für seine 30 Gotlandschafe<br />
Der ehemalige Weltklasseschwimmer und<br />
Sportlehrer hat wahnsinnig viel eigene Arbeit in<br />
Wohnhaus und benachbarte Scheune gesteckt,<br />
letztens den Wohnraum neu gedielt.<br />
Bewerkenswert aber ist seine Arbeit am Dach.<br />
Beim Verlegen des selbstgeborgenes Rohres hat<br />
er inzwischen eine solche Meisterschaft erworben,<br />
dass die deutschlandweite Interessengemeinschaft<br />
Bauernhaus ihn mit der höchsten<br />
Auszeichnung, mit dem Julius-Kraft-Preis für<br />
Denkmalpflege würdigte, und Ehefrau Rita<br />
zurückgelehnt versichert: „Es macht überhaupt<br />
nichts, wenn die Störche im Frühjahr kommen<br />
und für den Nestbau das Rohr auch bei uns am<br />
First rausziehen”. Hans-Wolf hat Erfahrungen<br />
und Geschick, das wieder auszubügeln.<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010<br />
Fischers Bauernhaus ist, eigenen Angaben<br />
zufolge, rund 200 Jahre alt. Das von den Meyers<br />
in Neu Karin gut das Doppelte.<br />
Ein Riesengehöft, mit vielen Morgen Land<br />
drum herum.„Das ist eines der wenigen Häuser<br />
in Mecklenburg-Vorpommern, die schon<br />
den 30-jährigen Krieg erlebt haben“, versichert<br />
Eckard Meyer, und lässt sich nicht<br />
anmerken, dass er damit den Besucher schon<br />
ein wenig verblüfft.<br />
Die Zeitangabe ist nicht Spekulation. Dendrologische<br />
Untersuchungen, also Bohrkerne aus<br />
dem tragenden Eichenholz des Kerngerüsts,<br />
besagen, der Ursprung des Hauses im Stillen<br />
Winkel lässt sich auf die Jahre zwischen 1590<br />
und 1630 datieren.<br />
LEBENSART<br />
Annika Meyer-Kunz und die Zwillinge Charlotte und Margarete vor einem Bild von Karl Kunz, den die Nazis<br />
als „entarteten “ Künstler diskriminierten. Fotos: Thomas Ulrich<br />
Viele Generationen haben seitdem darin<br />
gewohnt, große Familie fanden Platz. Auch<br />
heute können schon mal 50 Geburtstagsgäste<br />
anrücken, wie jüngst, als Annika Geburtstag<br />
feierte.<br />
Kindermanns Hallenhaus in Penzin, nur halb<br />
so alt, war ein sogenanntes Rauchhaus, was<br />
auf die einstige, die hüstelnde Wärmeversorgung<br />
durch ziehende Rauchschwaden verweist.<br />
Rabenschwarz darum auch die Balken,<br />
und Hendrik Kindermann; „Die sind so hart,<br />
dass du keinen Nagel reinkriegst, aber auch<br />
keine Chance für den Holzwurm“.<br />
Immer wieder hat es im Laufe der Jahrhunderte<br />
in solchen Häusern bauliche Veränderungen<br />
5
6<br />
LEBENSART<br />
Hans-Wolf Fischer, erhielt 1993 für die Rohrdacharbeiten an seinen Bauernhaus den Julius-Kraft-Preis.<br />
Auf gute Nachbarschaft: Imke Thielk (rechts im Bild), die Landesvorsitzende der IG Bauernhaus, genießt in<br />
Penzin eine Arbeitspause mit Klein-Lilly und den Brüdern Jan und Knut. Links Hendrik und Sabine Kindermann.<br />
gegeben, nur die Deckenhöhe ist um die zwei<br />
Meter geblieben. „Darum lieben Kinder auch<br />
solche Häuser“, sagt Meyer,„sie kommen sich<br />
darin nicht so klein vor“. Der Puppenstubeneffekt.<br />
Für die Bauernhäuser ist es ein Glück, dass es<br />
Leute gibt, die sich für sie interessieren, und die<br />
es nicht leid sind, viel Geld, viel eigene Arbeit<br />
rein zu stecken. Die einstigen Hofstellen im<br />
Außenbereich sind oft zu groß, um sie sinnvoll<br />
zu nutzen.<br />
Gäbe es nicht Menschen, die um ihres eigenen<br />
Wohlbefindens willen, eines Glückgefühls sich<br />
einbringen, viele dieser rohrgedeckten Fachwerkhäuser<br />
mit Lehmwänden- und Decken<br />
wären platt, nicht mehr da.<br />
Zumeist wird Schritt für Schritt saniert, nur wenige<br />
sind in der Lage, aus der sogenannten Portokasse<br />
zu finanzieren. Darum auch ihr enges Verhältnis<br />
zum Besitz, zum Geschaffenen.<br />
Längst sorgt bei den Fischers eine Zentralheizung<br />
für Wärme. Der Kachelofen aber ist<br />
nicht abgerissen. Wenn die Holzscheite knistern,<br />
sagt Rita Fischer: „Das ist eine andere<br />
Wärme“. Baumaterial Lehm, ob nun zwischen<br />
strohgewickelten Schleten in den Wänden<br />
oder als Deckenschüttung, sorgt für ausgesprochen<br />
gutes Klima, kühlend im Sommer,<br />
die Wärme speichernd in der kalten Jahreszeit.<br />
„Wir kennen auch keinen Schimmel“,<br />
sagt Hendrik Kindermann, „weil Lehm<br />
atmet.“<br />
Bei ihnen in Penzin wird nun zum Winter ein<br />
sogenannter Franklin-Ofen mit 15 kW, die<br />
Kombination von gusseisernem Kamin, Ofen<br />
und Herd installiert. Das „Klamöttchen“, mit<br />
begehbarem Schrank, ist längst fertig. Es wird<br />
auch Kreativ-Zimmer genannt, weil Sabine<br />
darin malt und Handarbeit macht: „Selbstgestrickte<br />
Wollsocken sind hier hochgeschätzt“.<br />
Viel Leben findet bei ihnen draußen statt, wie<br />
bei den anderen. Das Haus ist Rückzug,„Es ist<br />
wie eine Glucke“, meint Eckard Meyer, nachdem<br />
er vom Brunnen, von der Sodwippe, am<br />
Trageholz die Eimer zur Tränke seiner<br />
Gotland-Schafe heran geschleppt hat. „Hier<br />
bietet sich uns Lebensraum, wie sonst nirgendwo“.<br />
Im Hause Kindermann sind vier Katzen, ein<br />
Hund und eine Schar Hühner, auch welche,<br />
die grüne Eier legen.„Die sind besonders cholesterin-freundlich<br />
versichert der heilpraktizierende<br />
Diplom-Psychologe, und drängt dem<br />
Besucher beim Abschied nachgerade die<br />
Beute frischer Nesträuberei auf.<br />
Hans-Wolf Fischer: „Es ist für uns ein Glücksmoment,<br />
über die weite Fläche hinter dem<br />
Haus zu sehen, wie die Sonne untergeht“. Auf<br />
dem Gartentisch steht dann eine Flasche Rotwein,<br />
und flugs finden sich auch die<br />
Schwarz‘ens aus der Nachbarschaft ein, die<br />
auch ein Bauernhaus besitzen und der IG<br />
angehören.<br />
Jedes Bauernhaus ist verschieden, ihre Besitzer<br />
auch, nennt man sie besondere Leute,<br />
stimmen sie zwar nicht zu, halten aber auch<br />
nicht dagegen. Spezis sind sie allemal, sie<br />
leben in der Natur, mit der Natur, für die<br />
Natur.<br />
„In unserem Verband haben wir in Mecklenburg-Vorpommern<br />
150 Mitglieder“, sagt Imke<br />
Thielk. Man könne auch beitreten, ohne<br />
schon ein Haus zu besitzen. Von den rund<br />
6000 IG-Mitgliedern in Deutschland leben<br />
unverhältnismäßig viele im deutschen Norden.<br />
„Der Verband ist uns ein wichtiges Netzwerk“,<br />
unterstreicht die Landes-Chefin,<br />
wegen Beratung, Exkursionen und Erfahrungsaustausch.<br />
Wichtig ist ihr: „Weil auch<br />
viele Kinder mit ihren Familien dabei sind, ist<br />
uns um unsere Zukunft nicht bange“.<br />
Die Nagelprobe von Neu Karin: In dem mittelalterlichen,<br />
mehr als 400 Jahre alten Hallenhaus<br />
der Meyers lebt auch der Jüngste, Julian<br />
Albrecht. Und der ist etwas mehr als 400 Tage<br />
alt. In die Nachbarschaft sind jüngst ein Berliner<br />
Kunsthändler und der Bildhauer Jan<br />
Wilde-Gropius gezogen. Einige Stellen sind<br />
noch vakant.<br />
Jürgen Rösler<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010
Leben auf Rostocks<br />
Holzhalbinsel<br />
Auf der Holzhalbinsel in Rostock<br />
wird fleißig gebaut. Kräne drehen<br />
sich scheinbar ununterbrochen<br />
und trotzen dem winterlichen<br />
Wetter. Nahezu täglich<br />
wächst dieses multifunktionale<br />
Gebiet, das zukünftig leben, wohnen<br />
und arbeiten unmittelbar an<br />
der Warnow verbinden will. Der<br />
Name: Karavelle-Quartier. Jüngst<br />
schwebte die Richtkrone über<br />
den ersten Bauabschnitt.<br />
Auf einer Baufläche von etwa<br />
40.000 Quadratmetern werden<br />
Wohnungen, Büros, Gewerbeflächen<br />
sowie ein Parkhaus entstehen.<br />
Investor ist die Delta Immobilienentwicklung<br />
mit Sitz in<br />
Düsseldorf.<br />
Das Projekt ist nach Angaben<br />
von Geschäftsführer Edwin Meijerink<br />
in insgesamt zwei Bauteile<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010<br />
unterteilt. Zum ersten<br />
Bauteil gehören Büro- und<br />
Einzelhandelsflächen, ein<br />
Parkhaus sowie 130 Senio-<br />
Freude bei Edwin Meijerink und Uwe<br />
Lutter (v.l.) über den Baufortschritt<br />
auf der Holzhalbinsel. Foto: Re. Rö.<br />
renwohnungen. „Im Sommer“,<br />
so hofft Meijerink, „können die<br />
ersten Mieter einziehen.“ Mit<br />
dem Vermietungsstand ist<br />
Geschäftspartner Uwe Lutter,<br />
Geschäftsführender Gesellschafter<br />
des gleichnamigen RostockerImmobilienunternehmens,<br />
äußerst zufrieden. „Edeka,<br />
Lidl, Rossmann haben sich unter<br />
anderem für den Standort Holzhalbinsel<br />
entschieden.“<br />
Besonders freut es ihn, dass<br />
durch seine Vermittlung für den<br />
Bauteil zwei auch bereits ein<br />
hochwertiges italienisches Restaurant<br />
mit dem Namen „Il Res-<br />
IMMOBILIEN<br />
Ein neues Tor Rostocks wächst an der Warnow.<br />
Das Karavelle Quartier.<br />
taurante“ zugesagt hat. „Vor<br />
allem viele Warnemünder werden<br />
Günter Mohr kennen,“<br />
schmunzelt Uwe Lutter. Sein<br />
Immobilien-Unternehmen ist<br />
übrigens auch für den Verkauf<br />
von exklusiven Eigentumswohnungen<br />
auf der Holzhalbinsel<br />
verantwortlich. „Alle Wohnungen,<br />
die eine Größe zwischen 60<br />
und 180 Quadratmetern haben<br />
werden, verfügen über Balkone<br />
oder Dachterrassen und sind mit<br />
Wasser-, Innenhof oder mit Altstadtblick<br />
angelegt,“ so Lutter. Zu<br />
Beratungsgesprächen sind er<br />
und seine Mitarbeiter jederzeit<br />
bereit.<br />
7
8<br />
FREIZEIT<br />
Schnee unter den Hufen<br />
Raus auf die Weide, rein ins Wintervergnügen – auch Pferde lieben das.<br />
„Der Winter wird lang und hart“,<br />
davon ist Claudia Krempien fest<br />
überzeugt. Die 30-Jährige lächelt<br />
verschmitzt und verrät dann: „Das<br />
weiß ich von meiner Stute Dancing<br />
Queen.“ Für gewöhnlich bekomme<br />
das Tier, obwohl es seine Tage<br />
grundsätzlich im Freien verbringt,<br />
auch in der kalten Jahreszeit keinen<br />
besonders dicken Pelz. Diesmal<br />
aber habe es schon im November<br />
entfernte Verwandtschaft zu einem<br />
Teddy erkennen lassen. Die Natur<br />
kümmert sich eben von ganz alleine<br />
um die passende Garderobe.<br />
Und Claudia Krempien freut sich<br />
darüber, denn bei klarem kaltem<br />
Wetter hat sie die Waldwege fast<br />
für sich allein, es nerven keine<br />
Insekten und der Blick kann noch<br />
ein Stückchen weiter durch das<br />
Geäst wandern als sonst.<br />
Die Frau ist Landesreitwegemeisterin.<br />
Im Auftrag des Tourismusverbandes<br />
und des Vereins Landurlaub<br />
kümmert sie sich um alle Themen<br />
rund um Reiturlaub in Mecklenburg-Vorpommern.<br />
Ihre Erfahrung:<br />
Pferdefreunde mögen die Nebensaison.<br />
Viel begehrter als der Hochsommer<br />
seien bei ihnen Frühling<br />
und Herbst. Aber auch die Wintermonate<br />
hätten hoch zu Ross ihren<br />
ganz besonderen Reiz, gerade wenn<br />
sie reichlich Schnee mit sich bringen.<br />
Versonnen lässt Claudia Krempien<br />
ihren Blick am Stall vorbei über<br />
die Weiden gleiten. „Die Pferde<br />
toben dann immer übermutig nach<br />
draußen, machen Bocksprünge,<br />
wälzen sich, um ihr Fell zu reinigen,<br />
und schlecken die Flocken mit der<br />
Zunge auf.“<br />
Im Sommer hat die Landesreitwegemeisterin<br />
oft tagelang im Sattel<br />
gesessen, um die Fernreitwege im<br />
Land zu testen. Schließlich muss sie<br />
wissen, was sie ihrer Kundschaft<br />
empfehlen kann. Bei Winterausritten<br />
dagegen gelten ganz andere<br />
Kriterien: „Wenn es kalt ist, reitet<br />
man nicht mehr ganz so weit. Dann<br />
interessiert vielmehr, ob es möglich<br />
ist, irgendwo zwischendurch mal<br />
eine Aufwärmpause einzulegen.“<br />
Gaststätten wie die Fuchsbar im<br />
Küstenwald bei Diedrichshagen<br />
Wintervergnügen in Warnemünde<br />
zum Beispiel, bei der es eigens eine<br />
Anbindemöglichkeit für die Tiere<br />
gibt, sind ein beliebter Reitertreff.<br />
Die Pferde bekommen eine dicke<br />
Decke über den Rücken, ihre Menschen<br />
setzen sich in Strandkörben<br />
und auf Holzbänken ans Lagerfeuer<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010
oder trinken im rustikalen Kaminzimmer<br />
einen heißen Punsch. Auch<br />
der Fischereihof Detlefsen im Hütter<br />
Wohld bei Parkentin gilt unter<br />
Reitern als Geheimtipp. Der eine<br />
Grund dafür ist der große Parkplatz,<br />
den es dort gibt und auf dem sich<br />
auch mal eine ganze Reitergruppe<br />
mit Autos und Pferdehängern treffen<br />
kann. Nach dem Ausladen geht<br />
es an den zugefrorenen Karpfenteichen,<br />
den einstigen Fischteichen<br />
des Zisterzienserklosters Doberan,<br />
vorbei direkt in das hügelige Wald-<br />
Emi macht überall Männchen, wenn Larissa Rückert das Komando gibt.<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010<br />
Barfußgänger, also Pferde, die nicht beschlagen sind, haben auch im Schnee einen sicheren Tritt.<br />
gebiet. Wer später mit frostigen<br />
Fingern zurückkommt, der sieht<br />
schon von weitem das warme Kerzenlicht<br />
im Restaurant der Familie<br />
Detlefsen – draußen stehen selbstverständlich<br />
Anbindestangen für<br />
die Rösser zur Verfügung.<br />
FREIZEIT<br />
Eine Empfehlung, die gerade Urlauber<br />
begeistert, die nicht so häufig<br />
an der Küste reiten können, ist die<br />
Rostocker Heide. Sie ist der Rest<br />
eines riesigen Urwaldes, der sich<br />
einst von den Niederlanden bis<br />
nach Pommern erstreckte, und fas-<br />
9
10<br />
FREIZEIT<br />
Die Pferdefreunde Ostseeküste werden auch beim nächsten Wintervergnügen wieder Flagge zeigen.<br />
ziniert durch die ungewöhnliche<br />
Nähe von Wald und Meer. Dort gibt<br />
es vom Stuthof aus eine ausgeschilderte<br />
Rundtour zum Pferdestrand<br />
am Stolper Ort, einem der<br />
wenigen Strände, an dem Reiter<br />
rund ums Jahr zu jeder Tageszeit<br />
direkt ans Meer galoppieren können.<br />
Wer dort einen Moment<br />
absteigen und sich die Füße vertreten<br />
möchte, der kann sein Pferd in<br />
den gerade erst errichteten Paddock,<br />
einen eingezäunten Auslauf,<br />
stellen. Für die kurze Teepause aus<br />
der Thermosflasche stehen sogar<br />
Bänke bereit. Und schließlich kann<br />
man die Strecke mit einigen wenigen<br />
Abweichungen auch mit der<br />
Kutsche fahren. Maik Tegtmeier<br />
aus Rövershagen bietet Touren mit<br />
dem Planwagen an – bei fast<br />
jedem Wetter. Der Mann kommentiert<br />
trocken: „Ab drei Meter<br />
Schnee fahr ich nicht mehr los.<br />
Alles andere kriegen wir hin.“<br />
(www.kremserfahrten-mv.de)<br />
Ein weiteres romantisches Abenteuer:<br />
Carsten Schmugler bietet<br />
Kutschfahrten zum Leuchtturm<br />
Bastorf, von dem aus man einen<br />
weiten Blick über die Ostsee<br />
genießen kann. Der weiß gefugte<br />
rote Backsteinbau bietet das<br />
höchste Leuchtfeuer auf einem<br />
deutschen Leuchtturm überhaupt<br />
– auch wenn das Gebäude<br />
selber mit gerade mal 20 Metern<br />
Höhe zu den kleinsten seiner Art<br />
zählt. Von dort aus kutschiert<br />
Carsten Schmuggler seine Gäste<br />
gerne durch die Kühlung, in der<br />
er alle Schleichwege und Rastplätze<br />
kennt. Oder weiter nach<br />
Rerik, um schließlich am Strand<br />
für sie zu grillen. Sollte der Winter<br />
tatsächlich wieder Bilderbuchqualität<br />
erreichen, dann<br />
Claudia Krempien freut sich jetzt schon auf die Winterzeit mit ihren Rössern.<br />
kann er sogar einen alten viersitzigen<br />
Pferdeschlitten aus dem<br />
Schuppen holen. (Tel. Carsten<br />
Schmuggler: 0162/9352951)<br />
Auch Mecklenburg-Vorpommerns<br />
Veranstaltungskalender hat für<br />
Pferdefreunde allerhand zu bieten.<br />
Es gibt Adventskutschfahrten und<br />
Neujahrsritte beispielsweise organisiert<br />
vom Broocker-Hof bei Demmin<br />
(www.broocker-hof.de). Die<br />
Jugendherberge Barth bietet vom<br />
31. Januar bis zum 5. Februar eine<br />
Kinderreiterfreizeit<br />
(www.barth.jugendherberge.de).<br />
Und am 5. Februar findet im Landgestüt<br />
Redefin die erste große<br />
Hengstpräsentation 2011 statt. Ein<br />
Highlight der kalten Jahreszeit soll<br />
schließlich auch in diesem Jahr<br />
wieder das Warnemünder Wintervergnügen<br />
werden. Wie schon bei<br />
der Premiere 2010 werden auch<br />
Fotos: Frank Hafemann<br />
diesmal wieder die Pferdefreunde<br />
Ostseeküste am 5. Februar mit<br />
ihren Tieren beim Umzug durch<br />
das Ostseebad dabeisein und am<br />
Strand Spiele, Kutschfahrten oder<br />
Ponyreiten für Kinder anbieten.<br />
Am liebsten hätten sie es, wenn<br />
der Sand dann wieder malerisch<br />
weiß überzuckert wäre. Der dichte<br />
Pelz der Stute „Dancing Queen“<br />
lässt hoffen.<br />
Katja Bülow<br />
Reiten in Mecklenburg-Vorpommern<br />
ist bei Urlaubern beliebt.<br />
Nach einer Marktanalyse des<br />
Instituts BTE Tourismusmanagement<br />
gehört MV bundesweit zu<br />
den Top 5 auf der Beliebtheitsskala<br />
deutscher Pferdefreunde.<br />
Landesreitwegemeisterin Claudia<br />
Krempien verweist auf<br />
immerhin 6200 Kilometer ausgewiesene<br />
Reitwege. Seenplatte,<br />
Griese Gegend, Uecker-Randowkreis...<br />
überall dort gebe es<br />
viel Waldboden, ideal für „Barfußgänger“,<br />
also unbeschlagene<br />
Pferde. Bei Ludwigslust wird<br />
eine DDR-Nostalgietour angeboten,<br />
bei der es während<br />
Museums- und Gaststättenbesuchen<br />
selbstverständlich auch<br />
Pferdebetreuung gibt. Und der<br />
Gestütsweg, der mit 170 Kilometern<br />
längste Reit- und Fahrweg<br />
Deutschlands, ziehe zwischen<br />
Redefin und Neustadt Dosse so<br />
viele Pferdeliebhaber an, dass<br />
man sich dort schon rechtzeitig<br />
um Quartiere bemühen müsse.<br />
Detaillierte Informationen<br />
sowohl für Wanderreiter als<br />
auch für Kinder und Eltern, die<br />
einfach an einem Ort Reitferien<br />
verbringen wollen, unter<br />
www.reiten-in-mv.de.<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010
Ein paar Meter entfernt von der<br />
Kanzlei Peter-Michael Diestels in<br />
Zislow am Plauer See steht ein<br />
Hochsitz. Eigentlich kein Hochsitz:<br />
Am Ende der Leiter findet sich kein<br />
Einmannschemel, sondern ein großer<br />
Tisch, an drei Seiten von einer<br />
Bank umgeben. Zehn Leute könnten<br />
dort sitzen und miteinander<br />
Wein trinken bis in eine schöne<br />
tiefe Sommernacht. Von hier oben<br />
kann man weit sehen. „Das ist für<br />
mich der schönste Teil der göttlichen<br />
Schöpfung. Ist es nicht herrlich<br />
hier?“ fragt Peter-Michael<br />
Diestel suggestiv.<br />
Ja, zum durchatmen. Mit einem<br />
Horizont, der das hektische Hirn<br />
wieder beruhigt, und ordentlich in<br />
oben und unten teilt. Herrlich, dieser<br />
weite Blick. „Das gehört alles<br />
mir“, stellt Peter-Michael Diestel<br />
sachlich fest. Genau solche Sätze<br />
sind es, die immer wieder dafür sorgen,<br />
dass der letzte Innenminister<br />
der DDR die Gemüter erhitzt. Wenn<br />
der passionierte Kraftsportler sich<br />
dann noch ungefragt in lutherischer<br />
Lautstärke zu seinem Glauben<br />
bekennt, haben selbst die evangelischen<br />
Christen zu schlucken:<br />
Muss der denn immer so ein Fass<br />
aufmachen!? Diestel sagt seine<br />
Sätze nicht nur ohne Bescheidenheit,<br />
sondern auch ohne Berechnung.<br />
Das passt so gar nicht zu<br />
einem erfolgreichen Anwalt. Aber<br />
die Liste derer, die Diestel früher für<br />
ein Arschloch hielten und heute<br />
seine Freunde sind, ist bemerkenswert<br />
lang. Woran das wohl liegt?<br />
Auf dem Hochsitz trifft er sich übrigens<br />
mit dem Drehbuchautor Wolfgang<br />
Kohlhaase und dessen Frau,<br />
der Grand Dame des Friedrichstadtpalastes<br />
Emöke Pöstenyi, öfter mal<br />
zum Skat.<br />
Wenn Diestel in letzter Zeit auch in<br />
ein paar Talkshows landete, dann<br />
deshalb, weil der letzte Innenminister<br />
der DDR nach zwanzig Jahren<br />
deutscher Einheit seine Position<br />
in einem Das-wird-man-dochnoch-sagen-dürfen-Buch<br />
deutlich<br />
gemacht hat: Friedliche Revolution<br />
und Mauerfall sind das Werk der<br />
Ostdeutschen. Die konnten sich<br />
nach den Verhandlungen der Siegermächte<br />
ihr Schicksal nicht aussuchen,<br />
sie haben das „Kreuz des<br />
Kommunismus“ für alle Deutschen<br />
getragen. Allein die Arbeit<br />
für oder mit der Stasi hat keine<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010<br />
Die Wilhelm-Pieck-Büste im Garten von Peter-Michael Diestel stammt aus dem Nachlass des 2006 verstorbenen<br />
Schauspielers Eberhard Esche. „Ich habe sein Erbe abgewickelt und der Pieck blieb übrig.“<br />
strafrechtliche Relevanz, deshalb<br />
dürfe man IMs und hauptamtliche<br />
Mitarbeiter heute weder pauschal<br />
diskriminieren noch vom aktiven<br />
und passiven Wahlrecht ausschließen.<br />
Für letzteres hat Diestel im<br />
September 2010 eine Bestätigung<br />
bekommen: Altbundeskanzler Helmut<br />
Schmidt schrieb in einem<br />
Brief an den Anwalt, dass er in dieser<br />
Beziehung mit ihm sehr einverstanden<br />
sei.<br />
Ganz anders stellt sich das dar,<br />
wenn Diestel bei Frau Maischberger<br />
- natürlich zufällig - neben dem<br />
Kämpfer für die gerechte Sache der<br />
Stasi-Enthüllungen Hubertus<br />
Knabe zu sitzen kommt: Als letzterer<br />
ihm - vordergründig beruhigend,<br />
hintergründig provokativ -<br />
an der Schulter tätschelt, reagiert<br />
Diestel unprofessionell aufbrausend<br />
- aber durchaus nicht unsympathisch.<br />
Auf seiner Lesereise füllt<br />
Diestel die Säle, das Buch stand auf<br />
der Bestsellerliste (Ost) im Oktober<br />
an siebenter Stelle und manchmal<br />
ist Diestel nach der Lesung<br />
erstaunt darüber, wie andächtig<br />
ihm zugehört wird. Er bauchmiezelt<br />
sein Publikum und wenn er<br />
Bemerkungen macht, die den alt<br />
gewordenen Linken nicht zu pass<br />
kommen, dann gehen sie mit<br />
einem Lächeln darüber hinweg: So<br />
ist er halt, unser Diestel. Seine<br />
reichlich vorhandenen politischen<br />
Gegner haben sich auf der Lesereise<br />
noch nicht eingefunden. Auch<br />
im Westen hat er Zuspruch.<br />
Für die Pausen hat er Zislow. Das<br />
Jagdgebiet ist gleich hinter dem<br />
Haus, der See auch nicht weit -<br />
Peter-Michael Diestel geht von<br />
März bis in den Oktober hinein<br />
schwimmen. Er füttert ein paar<br />
Wildschweine. Im Kraftraum hat er<br />
sich auch in den letzten Jahren<br />
täglich den Frust wegtrainiert, seit<br />
dem 11. November ist er geschieden.<br />
Dass die Super-Illu die Trennung<br />
noch am gleichen Tag vermelden<br />
kann, hat seinen Grund:<br />
Super-Illu-Chefreporter Hannes<br />
Hofmann hat Diestels Buch nach<br />
Tonbandprotokollen geschrieben.<br />
Auf dem Anwesen stehen Erinnerungen:<br />
Die Stalin-Büste hat er<br />
vom KGB für die gute Zusammenarbeit<br />
bekommen. „Mit der fotografieren<br />
mich die Spiegel-Reporter“,<br />
winkt er ab. In einem anderen<br />
Teil das Gartens eine Büste von<br />
Wilhelm Pieck. Sie stammt aus<br />
dem Nachlass des Schauspielers<br />
Eberhard Esche, der 2006 starb.<br />
„Ich habe sein Erbe abgewickelt,<br />
der Pieck blieb übrig.“ Auf einem<br />
PERSÖNLICH<br />
Auch im Westen<br />
gibt es Zuspruch<br />
der Schreibtische seine derzeitige<br />
Lektüre: „Frau Paula Trousseau“<br />
von Christoph Hein und „Verbrechen“<br />
von Ferdinand von Schirach.<br />
In der Frühstücksecke liegt der<br />
neueste Manufactum-Katalog -<br />
einige Seiten sind durch gelbe Zettel<br />
markiert. Diestels Häuser sind<br />
mit Antiquitäten eingerichtet: Bilder,<br />
Teppiche, Möbel.„Ja, wir haben<br />
die alten Möbel noch mal aufgearbeitet“,<br />
kokettiert Diestel. „Wenn<br />
ich mal zu Geld komme, richte ich<br />
mich bei IKEA ein.“ Nirgendwo ein<br />
Computer? „Doch, in meinen Kanzleien.<br />
Meine Mitarbeiter kennen<br />
sich damit aus. Ich komme mit<br />
meinem eigenen Computer aus“,<br />
sagt Diestel und tippt sich an den<br />
Kopf. „Das ist der einzige, den man<br />
auch vor Gericht verwenden kann.“<br />
Derzeit freuen sich nur die Terrier<br />
Eddie und Emma, wenn Peter-<br />
Michael Diestel nach Hause<br />
kommt: Ein Jack Russell und ein<br />
Deutscher Jagdterrier. „Unten bleiben!“<br />
herrscht Diestel sie an. Keine<br />
Chance: Immer wieder steigen sie<br />
an Diestels Markenjeans hoch,<br />
nachdem sie draußen durch den<br />
Schlamm getobt sind. Dann passiert<br />
es: Diestel gibt auf. Aber er<br />
lässt es sich nicht anmerken.<br />
Frank Schlößer (Text & Foto)<br />
11
12<br />
PERSÖNLICH<br />
Herbstliche Heimat: Franziska Troegner in einem Wald in Berlin-Köpenick, dem Stadtbezirk, in dem sie wohnt. Foto: Renate Gundlach<br />
„Endlich eine, die aussieht wie wir“<br />
Franziska Troegner ist seit langem<br />
im Schauspiel-Geschäft. 20<br />
Jahre stand sie auf der Bühne des<br />
Berliner Ensembles, für etwa 100<br />
Kino- und Fernsehfilme vor der<br />
Kamera und für mehr als 500 Hörspiele<br />
vor dem Mikrofon. 2004<br />
spielte sie neben Johnny Depp in<br />
einer Hollywood-Produktion –<br />
und vom 25. bis 28. Dezember ist<br />
sie jeden Abend in der Kleinen<br />
Komödie Warnemünde mit drei<br />
ihrer Soloprogramme zu Gast.<br />
Rostock „delüx“ traf sie in ihrer<br />
Heimatstadt Berlin.<br />
Frau Troegner, Sie arbeiten an den<br />
Festtagen. Am 25. und 26. Dezember<br />
stehen Sie mit Ihrem Programm<br />
„Grünkohl, Gänse und<br />
Geschenke“ auf der Bühne der<br />
Kleinen Komödie Warnemünde.<br />
Mögen Sie Weihnachten nicht?<br />
Weihnachten ist vor allem ein<br />
Fröhliche Weihnachten: In „Grünkohl, Gänse & Geschenke“ nimmt Franziska<br />
Troegner das Fest der Feste auf die Schippe. Foto: privat<br />
Fest für die Kinder. Da ich weder<br />
Kinder noch Enkel habe und auch<br />
gewohnt bin, Weihnachten zu<br />
arbeiten, macht es mir Spaß zu<br />
spielen, sonst würde ich mich ja<br />
ständig an den leckeren Weihnachtstellern<br />
vergreifen.<br />
Am 28. Dezember lesen Sie in<br />
Rostock aus Ihrer Autobiographie<br />
„Fürs Schubfach zu dick“. Haben<br />
Sie je mit Ihrer Figur gehadert?<br />
Als junges Mädchen habe ich es<br />
mit Diäten versucht. Aber irgendwann<br />
habe ich akzeptiert, dass ich<br />
so bin wie ich bin. Ich hätte nie als<br />
Schauspielerin bestehen können,<br />
wenn ich nicht zu mir gestanden<br />
hätte. Außerdem: Ich verkörpere<br />
einen Typus, der in Deutschland in<br />
der Überzahl ist. Oft höre ich:„Endlich<br />
eine, die aussieht wie wir.“ Und<br />
die besonders schönen Schauspielerinnen<br />
haben häufig mit Mitte<br />
Ihre Chefs wechseln, Schwester Gertrud bleibt: Franziska Troegner mit dem<br />
aktuellen „Landarzt“ Wayne Carpendale (freitags, 19.25 Uhr im Zweiten). Foto: ZDF<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010
30 Mühe, Rollen zu finden. Fürs<br />
junge Mädchen zu alt, für die Mutter<br />
zu jung. Da habe ich relativ viel<br />
Glück gehabt.<br />
Sie werden gelegentlich als Marianne<br />
Sägebrecht des Ostens<br />
bezeichnet.<br />
Wenn man mich so nennt, weil<br />
man außer ihrer Körperfülle auch<br />
ihre freundliche und warmherzigen<br />
Ausstrahlung mit mir in Verbindung<br />
bringt, dann freut es<br />
mich. Wenn Frau Sägebrecht<br />
damit leben kann, dass sie die<br />
Troegner des Westens ist, kann ich<br />
auch mit dem Vergleich leben.<br />
Aber schließlich möchte doch<br />
jeder Mensch und ein Schauspieler<br />
im Besonderen ein Unikat sein.<br />
Nach 20 Jahren am Berliner<br />
Ensemble – dort haben Sie schon<br />
Ihre Schauspielausbildung absolviert<br />
– wurde Ihr Vertrag 1993<br />
nicht verlängert. Seither stehen<br />
Sie viel mehr vor der Kamera als<br />
auf der Bühne. Warum?<br />
Einerseits ist das der Auftragslage<br />
geschuldet. Andererseits nimmt<br />
Theater heute oft eine Richtung,<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010<br />
die mir nicht gefällt. Ich erkenne<br />
manche Stücke nicht wieder. Da<br />
werden persönliche Befindlichkeiten<br />
genauer untersucht als der<br />
Text des Dichters, wird auf der<br />
Bühne oftmals nur noch geschrien,<br />
gepinkelt, gekackt. Oder stellen Sie<br />
sich das vor: Bei einer Aufführung<br />
am Deutschen Theater war der<br />
Hauptdarsteller heiser. Man hat<br />
kein Wort von ihm verstanden,<br />
trotzdem wurde die Vorstellung<br />
nicht abgesagt. Das ist nicht in<br />
Ordnung. Wäre ich heute jung,<br />
hätte ich wohl nicht mehr den<br />
Wunsch, unbedingt als Schauspielerin<br />
ans Theater zu wollen.<br />
Macht Ihnen Ihr Beruf keinen<br />
Spaß mehr?<br />
Oh doch. Vor allem, wenn ich<br />
mein eigener Herr sein kann wie<br />
in meinen Soloprogrammen. Ich<br />
stehe sehr gern auf der Bühne<br />
und freue mich, wenn ich fröhliche<br />
Leute entlasse. Das ist ein<br />
noch schöneres Gefühl als eine<br />
hohe Einschaltquote. Selbst nach<br />
einem tragischen Stück sollte<br />
man die Zuschauer mit einem<br />
Gefühl von Hoffnung entlassen.<br />
Und ihnen nicht noch an der Garderobe<br />
einen Strick aushändigen.<br />
Auf der Bühne waren Sie unter<br />
anderem die Polly Peachum in der<br />
„Dreigroschenoper“, die Grusche in<br />
„Der kaukasische Kreidekreis“. Sie<br />
waren Sketchpartnerin von Dieter<br />
Hallervorden und Diether Krebs,<br />
sind seit zehn Jahren die Sprechstundenhilfe<br />
Gertrud im ZDF-Seriendauerbrenner<br />
„Der Landarzt“,<br />
haben fünf Jahre „Sesamstraße“<br />
mitgemacht, waren für den Deutschen<br />
Filmpreis als beste Nebendarstellerin<br />
in „Heidi M.“ nominiert,<br />
haben in der Hollywood-Produktion<br />
„Charlie und die Schokoladenfabrik“<br />
mit Johnny Depp gespielt. Gibt<br />
es noch „Traumrollen“ für Sie?<br />
„Der Biberpelz“ von Gerhart<br />
Hauptmann. Und eine Komödie<br />
oder Tragikkomödie mit Jaecki<br />
Schwarz, Walter Plathe oder meinem<br />
„Landarzt“-Ehemann Gerd<br />
Olschewski als Partner. Und Herbert<br />
Olschok oder Volker Lechtenbrink<br />
als Regisseur.<br />
Gibt es Rollen, die Sie niemals<br />
spielen würden?<br />
PERSÖNLICH<br />
Die Gewalt verherrlichen oder<br />
gegen die Menschenwürde verstoßen.<br />
Ich würde nie Witze über<br />
Behinderte oder einen Stotterer<br />
machen. Da bin ich total altmodisch,<br />
ich weiß.<br />
Noch mal zurück zu Ihrem Dreh<br />
mit Johnny Depp. Wie war er?<br />
Ganz bescheiden, gar nicht spleenig.<br />
Wir haben 36 Tage zusammen<br />
gedreht, und da war nichts<br />
von Star-Klischees zu spüren. Er<br />
hatte deutsche Sätze für uns<br />
gelernt und wusste auch, was<br />
„Depp“ auf Deutsch bedeutet.<br />
Und ich war erstaunt, wie klein<br />
er ist.<br />
Aus der DDR nach Hollywood –<br />
Wahnsinn!<br />
Ja, in meinem Leben ist so viel<br />
passiert, mit dem ich nie gerechnet<br />
hätte. Als ich mich das erste<br />
Mal in einem Film gesehen habe,<br />
dachte ich, das geht gar nicht.<br />
Inzwischen habe ich mich an<br />
mich gewöhnt.<br />
Danke fürs Interview.<br />
Renate Gundlach<br />
13
14<br />
PASSION<br />
Schmidts Orgeln sind Unikate<br />
Eigentlich müsste es nach Holz riechen in der Werkstatt von Johann-Gottfried Schmidt. „Darf es gar nicht“,<br />
sagt der Rostocker. „Mein Rohstoff muss lange lagern, bevor ich ihn verarbeiten kann: Keine Spannungen,<br />
kaum Feuchtigkeit.“ Für den Klang der Truhenorgel ist es dabei unerheblich, ob das Holz von einer Buche,<br />
einer Kirsche oder einer Kiefer stammt: Anders als bei einer Violine soll in der Orgel nicht das Holz schwingen.<br />
„Eine Orgel hat keinen Resonanzkörper, ob die Pfeife aus Holz, Kupfer oder gar Beton ist - das spielt keine<br />
Rolle,“ sagt Johann-Gottfried Schmidt. „Das Holz muss nur haltbar, leicht und gut zu bearbeiten sein.“<br />
Verformungen oder gar Risse<br />
kann sich Johann-Gottfried<br />
Schmidt nicht leisten. Warum,<br />
das sieht man auf dem ersten<br />
Blick in eine fast fertige Truhenorgel:<br />
Alles muss bis auf den<br />
Millimeter passen und auch bei<br />
großen Klimaschwankungen an<br />
seinem Platz bleiben. Johann-<br />
Gottfried Schmidt ist einer der<br />
wenigen Orgelbauer in<br />
Deutschland, der die Kunst<br />
beherrscht, eine vollständig<br />
geschlossene Truhenorgel<br />
zu bauen: Die größte<br />
Orgelpfeife kann - entsprechend<br />
ihres tiefen<br />
Tones - gar nicht<br />
in diesen Kasten<br />
von 1,40 Meter<br />
Länge passen. Bei<br />
Johann-Gottfried<br />
Schmidt passt sie doch -<br />
als Bestandteil des<br />
anspruchsvollen „Gedackt 8-<br />
Fuß-Registers“. Alles an<br />
diesem Instrument ist<br />
handgefertigt. Alles, bis<br />
auf das elektrische Gebläse.<br />
Auch hier gibt es europaweit nur<br />
zwei Hersteller, die einen fast<br />
geräuschlosen Elektromotor<br />
bauen mit speziell geformten<br />
Rotoren. Sie erzeugen einen fast<br />
wirbelfreien Luftstrom, der in der<br />
Truhenorgel genauso gleichmäßig<br />
und geräuschlos über die<br />
so genannte Windlade und die<br />
Ventile weitergeleitet wird -<br />
dorthin, wo die Luftsäule schwingen<br />
soll: In den Pfeifen.<br />
Versteht sich von selbst, dass<br />
diese Orgeln Unikate sind. Es gibt<br />
keine Normen, keine vorgefertigten<br />
Baukästen. Jede Leiste, jede<br />
Taste wird von Hand auf die richtige<br />
Stärke und Länge gebracht,<br />
gefeilt, gehobelt, gebohrt,<br />
geklebt. Mindestens 1500<br />
Arbeitsstunden stecken in diesen<br />
Truhenorgeln. Jede sieht anders<br />
aus und auch ihr Innenleben ist<br />
immer wieder anders konstruiert.<br />
Die Kunden sprechen mit<br />
Johann-Gottfried Schmidt ab,<br />
was die Orgel leisten soll - musikalisch<br />
und praktisch. Denn diese<br />
Instrumente begleiten Chöre auf<br />
ihren Tourneen, sie sollen klangvoll<br />
und einfach zu stimmen sein<br />
und bei Bedarf auch so bemessen,<br />
dass sie in einen Kombi passen.<br />
In so einem Fall spaziert<br />
Johann-Gottfried Schmidt schon<br />
mal mit dem Zollstock ins Autohaus,<br />
um Maß zu nehmen.<br />
Was in der Truhe im Kleinen<br />
funktioniert, damit kennt sich<br />
Johann-Gottfried Schmidt auch<br />
im Großen aus: Die Rostocker Kirchen<br />
von St. Marien, St. Nikolai,<br />
die Heiligen-Geist-Kirche und die<br />
Kirche Warnemünde rufen ihn<br />
an, wenn sie wieder mal „eine<br />
Stimmung brauchen.“ Allein die<br />
manchmal extremen Schwankungen<br />
der Temperatur und der<br />
Luftfeuchtigkeit in der Kirche sorgen<br />
dafür, dass Johann-Gottfried<br />
Schmidt regelmäßig Außentermine<br />
hat. Die Faszination für die<br />
Arbeit seiner Kollegen in vergangenen<br />
Jahrhunderten hat dabei<br />
nicht nachgelassen: „Spätestens<br />
ab Mitte des 19. Jahrhunderts<br />
waren die Orgeln so aufwändig<br />
konstruiert, dass sie heute mit<br />
einem einfachen Computer vergleichbar<br />
sind: Die Register programmieren<br />
den Klang, die<br />
Tasten öffnen und schließen die<br />
Ventile, die letztlich die Melodie<br />
erzeugen. Wie in einem Prozessor.<br />
Nur dass eben Luft fließt und<br />
kein Strom.“<br />
Bei seinem Vater hatte er zunächst<br />
den Cembalobau gelernt. Als<br />
Martin-Christian Schmidt vor zehn<br />
Jahren starb, verlor die Stadt nicht<br />
nur einen versierten Instrumentenbauer,<br />
sondern auch einen<br />
erfahrenen Restaurator. In der DDR<br />
hatte er die Musikinstrumente des<br />
Berliner Kunstgewerbemuseums<br />
Schloss Köpenick angenommen.<br />
Wer sich in der DDR der alten<br />
Musik und ihrer historischen Aufführungspraxis<br />
zuwandte, der kam<br />
an Martin-Christian Schmidt nicht<br />
vorbei. Wenn heute die Berliner<br />
„Akademie für Alte Musik“ ihr 25jähriges<br />
Jubiläum feiert, dann erinnert<br />
sie sich auch an Martin-<br />
Christian Schmidt als einen der<br />
Väter der „Originalklangbewegung“.<br />
Sie will Musik so zu Gehör<br />
bringen, wie die Komponisten sie<br />
gehört haben müssen, lange vor<br />
der Professionalisierung des<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010
Orgelbauer Johann-Gottfried Schmidt.<br />
Instrumentenbaus Anfang des 20.<br />
Jahrhunderts. „Als Bach seine Klaviermusik<br />
schrieb, gab es noch<br />
keine Klaviere,“ bringt Johann-<br />
Gottfried Schmidt das Problem auf<br />
den Punkt. „Er unterschied beim<br />
Komponieren nicht einmal zwischen<br />
einem Spinett und einem<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010<br />
Cembalo.“ Erst viel später wurde<br />
die Produktion der Instrumente<br />
standardisiert und perfektioniert:<br />
„Heute kann man an einem Flügel<br />
Baugruppen auswechseln wie<br />
beim Auto“, sagt Johann-Gottfried<br />
Schmidt. „Mit diesen Instrumenten<br />
wurde der Klang perfektio-<br />
niert, er sollte reproduzierbar werden.<br />
Aber dabei ging auch viel von<br />
seiner Individualität verloren.“ Ein<br />
Weg, der übrigens von den Orgelbauern<br />
zuerst beschritten wurde:<br />
Kein geringerer als der berühmte<br />
sächsische Orgelbauer Gottfried<br />
Silbermann (1683-1753) vervollkommnete<br />
das historische Hammerklavier<br />
seines Kollegen Bartolomeo<br />
Christofori. Johann<br />
Gottfried Schmidt hat mit seinem<br />
Vater viele dieser historischen<br />
Cembali, Clavicorde und Spinette<br />
untersucht, einige auch nachgebaut.<br />
Als Martin-Christian Schmidt 1988<br />
am Rostocker Tannenweg, in den<br />
Ställen der ehemaligen Trabrennbahn,<br />
seine „Werkstatt für historische<br />
Tasteninstrumente“ gründete,<br />
war der Sohn Johann-Gottfried<br />
selbstverständlich dabei. Selbst<br />
ausgekochte Rinderknochen dienten<br />
damals als Elfenbein-Ersatzrohstoff<br />
für die Tastenbelege. Drei<br />
Jahre lang arbeitete Johann-Gottfried<br />
Schmidt bei seinem Vater<br />
mit, dann erlernte er den Orgelbau<br />
PASSION<br />
in der Firma Scheffler in Sieversdorf<br />
bei Frankfurt Oder. Es folgten<br />
Praktika bei den Cembalobauern<br />
in Süddeutschland. Der Vater stellte<br />
1995 den Orgelbauer Karl Friedrich<br />
Wieneke ein, arbeitete sich in<br />
die neue Materie ein und begann<br />
mit dem Bau der Truhenorgeln.<br />
Doch Martin-Christian Schmidt<br />
blieb nicht mehr viel Zeit.<br />
2003 wagt Sohn Johann-Gottfried<br />
Schmidt den Neuanfang, mit dem<br />
Wissen und dem Werkzeug des<br />
Vaters.<br />
Große Orgeln, kleine Orgeln, Spinette<br />
und Cembali - sind das<br />
nicht ein paar zu viele Hochzeiten,<br />
auf denen Johann-Gottfried<br />
Schmidt heute tanzt? Er zuckt<br />
lächelnd mit den Schultern: „Die<br />
beiden Handwerke ergänzen sich<br />
ganz gut. Ob es nun Flöten oder<br />
Saiten sind - es ist doch immer<br />
das Gleiche: Die großen für die<br />
tiefen Töne, die kleinen für die<br />
hellen.”<br />
Frank Schlößer (Text & Fotos)<br />
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15
16<br />
Das bisschen Haushalt… ist bei einer so großen Familie wie den Möllers beachtlich.<br />
Neben Wäschewaschen, Kochen, Kindergroßziehen schafft Annett Möller es<br />
ziemlich gelassen auch noch, einen Beruf auszuüben, ihre Ehe und viele Freundschaften<br />
zu pflegen und auch eigene Bedürfnisse wie Sporttreiben oder mal<br />
schick ausgehen.Wichtigstes Arbeitsmittel: der Familienplaner, in dem alle Aufgaben<br />
und Termine eingetragen werden.<br />
Alles eine Frage der<br />
ORGANISATION<br />
Vier Kinder, Beruf, ein Mann, der<br />
sich neben seiner Arbeit sozial<br />
und politisch engagiert, großes<br />
Haus, viele Freunde, eigene<br />
Bedürfnisse – Annett Möller<br />
kriegt das unter einen Hut. „Alles<br />
eine Frage der Organisation“, so<br />
ihr Motto.<br />
Wer Annett und Stefan Möller<br />
besuchen will, wird sie äußerst<br />
selten allein antreffen. Nesthäkchen<br />
Lukas (7) ist natürlich fast<br />
immer da, meist auch mindestens<br />
eines der drei erwachsenen Kinder,<br />
mit Partner im Schlepptau.<br />
Oft die „Großmutti“ und in der<br />
Regel hat vor einem schon<br />
jemand anderes aus dem riesigen<br />
Freundes- und Bekanntenkreis im<br />
Hochparterre des Dreifamilienhauses<br />
im Hansaviertel geklin-<br />
FAMILIE<br />
gelt. Bei Familie Möller ist immer<br />
was los. Dass dies nie in Chaos<br />
ausartet, dafür sorgt Annett Möller.<br />
Seit 27 Jahren – da wurde ihr<br />
erstes Kind geboren.<br />
„Ich war 18. Eigentlich wollte ich<br />
nicht vor Mitte 20 Kinder haben,<br />
erst mal die Ausbildung fertig<br />
machen“, sagt die schmale 1,64-<br />
Meter-Frau. Doch manchmal<br />
kommt es anders … und so setzt<br />
sie ihr Studium zur Grundschullehrerin<br />
nach der Geburt von<br />
Tochter Sophie fort. Zur Prüfung,<br />
mit 22, ist Sohn Jakob im<br />
Anmarsch, eineinhalb Jahre später<br />
Sohn Johannes. Neben dem<br />
Kinderkriegen und -erziehen<br />
absolviert sie eine Ausbildung zur<br />
Musiktherapeutin sowie zwei<br />
Studiengänge, Sozialpädagogik<br />
und Erziehungswissenschaften.<br />
Insgesamt zehn Jahre, in denen<br />
sie früh die Kinder fertig macht<br />
für Kindergarten und Schule, zur<br />
Uni geht, mittags kocht, nachmittags<br />
wieder zur Uni geht und sich<br />
abends wieder um den Nachwuchs<br />
kümmert. Ihr Mann,<br />
gelernter Kfz-Meister, kümmert<br />
sich in diesen Jahren nach der<br />
Wende intensiv um den Aufbau<br />
einer eigenen Firma. Zudem<br />
engagiert er sich ehrenamtlich in<br />
der Behindertenhilfe und im<br />
Rotary-Klub. Dass er wenig zu<br />
Hause war, ist für seine Frau „völlig<br />
in Ordnung. Er verdiente<br />
schließlich das Geld, mit dem wir<br />
so gut leben konnten.“<br />
Einen Haushalt mit kleinen Kindern<br />
zu führen, hat Annett Möller<br />
früh gelernt: Nachdem ihre sehr<br />
viel ältere große Schwester das<br />
Haus verlassen hatte, musste sie<br />
die berufstätige Mutter im Haushalt<br />
und beim Betreuen der zwei<br />
jüngeren Halbgeschwister unterstützen.„Alles<br />
eine Frage der Organisation“,<br />
sagt sie. „Klare Strukturen<br />
und Regeln müssen sein“, so<br />
ihr Konzept. Das A und O ihrer<br />
Haushaltsführung – der Familienplaner.<br />
Darin steht, wer für den<br />
Müll zuständig ist, wer den<br />
Geschirrspüler ein- und ausräumt,<br />
wer die Treppe säubert. Auch wenn<br />
eine Reinigungskraft im Haushalt<br />
hilft, müssen die Kinder Aufgaben<br />
übernehmen. „Und wer sein Zimmer<br />
nicht aufräumt, bekommt<br />
kein Taschengeld“ – da ist die Mutter<br />
der Möller-Kinder rigoros.<br />
Inzwischen läuft das Unternehmen<br />
„Reha-Technik Möller“ – und<br />
die drei Kinder sind aus dem<br />
Gröbsten raus. „Mein Mann merkte,<br />
dass er wenig von ihnen gehabt<br />
hat. Er wünschte sich noch ein<br />
Kind“ – und seine Frau willigte<br />
gern ein, unter der Bedingung,<br />
„dass wir uns die Arbeit teilen.“<br />
Sie, inzwischen Leiterin einer evangelischen<br />
Grundschule, will nach<br />
kurzem Aussetzen zurück in ihren<br />
Beruf. 2003 wird Lukas geboren,<br />
„und bevor ich wieder anfing zu<br />
arbeiten, haben wir uns alle<br />
zusammen hingesetzt und einen<br />
Plan gemacht: Einkaufen, Kochen,<br />
Wäsche, Spüler … – ich habe gnadenlos<br />
verteilt.“ Vormittags kümmert<br />
sich ihr Mann um den Jüngsten,<br />
sie, wenn Lukas aus der Kita<br />
kommt. Dennoch ist die Anfangszeit<br />
nicht leicht: Zu einer Vollzeitstelle<br />
und den vier Kindern im<br />
Haus gesellt sich eine mexikanische<br />
Austauschschülerin mit<br />
wenig Deutschkenntnissen und<br />
viel Temperament. Und stets auch<br />
der Freundeskreis, für den Möllers<br />
Haus und Garten zentrale „Begegnungsstätte“<br />
sind.<br />
„Ein offenes Haus, das haben wir<br />
immer so gewollt“, sind sich die<br />
Möllers einig. „Manchmal ist das<br />
alles ganz schön viel. Aber unsere<br />
Freunde haben uns auch sehr<br />
geholfen“, sagt Frau Möller. Indem<br />
sie ihnen etwa die Kinder abnahmen,<br />
damit die Eltern mal Zeit zu<br />
zweit verbringen konnten. Dass all’<br />
dies nur zu wuppen ist, wenn beide<br />
Ehepartner an einem Strang ziehen,<br />
ist klar. „Zwischen uns<br />
herrscht eine unausgesprochene<br />
Regel: Jeder von uns versucht, den<br />
anderen bestmöglich in seinen<br />
Wünschen zu unterstützen und<br />
nicht, sie zu verhindern. Das funktionierte,<br />
als mein Mann vor zwei<br />
Jahren beschloss, sich bei den Grünen<br />
engagieren zu wollen. Und<br />
wenn ich beschlösse, ich möchte<br />
jetzt Harfe spielen lernen, würde er<br />
mir helfen die Freiräume dafür zu<br />
schaffen.“ Wobei Harfespielen kein<br />
abstraktes Beispiel ist: „Ich fand<br />
Harfenmusik immer toll. Als Stefan<br />
und ich uns näher kamen, habe ich<br />
ihm das erzählt“, erinnert sich<br />
Annett Möller fröhlich. „Er hat<br />
gedacht: Oje, da ist nun eine, die<br />
mir wirklich gefällt. Aber Shantys,<br />
das geht gar nicht.“ Das Missverständnis<br />
hat sich zum Glück<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010
schnell geklärt. Und Stefan Möller<br />
hätte vermutlich auch Seemannsmusik<br />
in Kauf genommen, als er<br />
nach einigen Jahren geduldigen<br />
Wartens endlich bei seiner Verehrten<br />
zum Ziel kam:„Ich habe mich in<br />
der siebenten Klasse in Annett verliebt.<br />
Sie war das schönste Mädchen<br />
der ganzen Schule.“ Längst<br />
hat er weitere Seiten an ihr schätzen<br />
gelernt: „Sie setzt mich und<br />
niemanden unter Druck, sondern<br />
sie lebt einen Anspruch vor, dem<br />
ich gerne gerecht werden möchte.<br />
Sie liebt mich, so wie ich bin. Und<br />
sie hat einen unglaublich langen<br />
Atem.” 2011 feiern die beiden Silberhochzeit<br />
– und eine nach wie<br />
vor glückliche Ehe. „Natürlich gibt<br />
es Höhen und Tiefen. Wir wissen<br />
aber, dass wir auf unsere Beziehung<br />
achten müssen. Nur wenn es<br />
den Eltern gut geht, geht es auch<br />
den Kindern gut“, bringt Annett<br />
Möller es auf den Punkt. Verschnaufpause<br />
sind immer wieder<br />
mal Wochenenden, die das Ehepaar<br />
allein oder auch mit Lukas<br />
weg fährt.<br />
„Wir haben auch jeder Zeit für sich.<br />
Montags singe ich in der Kantorei<br />
der Marienkirche und treffe mich<br />
danach mit Freundinnen, während<br />
mein Mann den Abend mit Lukas<br />
verbringt“, erzählt die 46-Jährige.<br />
„Donnerstags trifft er sich mit<br />
Freunden und ich nutze die Zeit,<br />
wenn Lukas im Bett ist, um Sport zu<br />
machen, ein Buch zu lesen oder in<br />
der Sauna zu entspannen.“ Auch<br />
bei den nicht seltenen Partys im<br />
Freundeskreis sind Möllers fast<br />
immer dabei, häufig gleich selbst<br />
die Gastgeber. „Ich feiere gern. Ich<br />
will mein Leben genießen, so viel<br />
rausholen, wie nur geht“, sagt<br />
Annett Möller. Dass sie mit sechs<br />
Stunden Schlaf pro Nacht auskommt,<br />
ist da praktisch. „Dafür halten<br />
wir am Wochenende stets Mittagsschlaf.“<br />
Gelegentlich müsse sie<br />
auch Abstriche machen, „aber das<br />
ist doch für die Familie“, zu der in<br />
weiterem Sinne auch die zehn<br />
Patenkinder der Möllers zählen.<br />
Ihr großes Vorbild sei „Mamilein“,<br />
eine Freundin ihrer Schwiegermutter.<br />
„Sie hat in einem SOS-Kinderdorf<br />
bei Bielefeld neun Kinder<br />
betreut, darunter Problemkinder,<br />
die Drogen nahmen oder die Schule<br />
abgebrochen haben. Ich habe<br />
gesehen, wie sie allein diese Familie<br />
managt, wie sie es mit Glauben,<br />
Großmut, Geduld und Konsequenz<br />
geschafft hat. Wenn ich mal nicht<br />
weiter weiß, dann frage ich sie.“<br />
So wie „Mamilein“ Stütze im<br />
katholischen Glauben findet, ist es<br />
für Möllers der evangelische.„Dass<br />
alle Menschen von Gott gewollt<br />
sind, trägt mich durch den Tag.“ Es<br />
sind pathetische Worte, die Annett<br />
Möller ganz nüchtern vorträgt.<br />
Und dann stimmt sie ein Lied an,<br />
dass sie nach eigenem Bekunden<br />
sehr mag: „Du bist kein Kind des<br />
Zufalls, keine Laune der Natur…<br />
Sondern ein Gedanke Gottes...“<br />
„Auch, wenn ich jemanden mal<br />
nicht so mag, versuche ich, dahinter<br />
zu gucken. Irgendwo gib es<br />
immer eine zarte Seite, die man<br />
Ganz schön viele: Annett und Stefan Möller mit ihren Kindern Johannes, Jakob, Lukas, Sophie und Enkelin Marie Anais (v.l.).<br />
Fotos: Renate Gundlach<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010<br />
mögen kann. Ich glaube, man soll<br />
Menschen an ihren guten Seiten<br />
packen, sie ermutigen, in dem gut<br />
und stark zu sein, was sie können.“<br />
Das gilt auch und vor allem für<br />
ihre Kinder. „Meine beiden großen<br />
Jungs waren nicht brav und die<br />
Schule lief eher so nebenbei.“<br />
Dafür lernten sie ein Instrument<br />
spielen, waren im Sportverein<br />
aktiv, durften stets ihre Freunde<br />
mit nach Hause bringen. „Es war<br />
klar, ein Schulabschluss muss her,<br />
aber es mussten nicht Einsen und<br />
Zweien sein. Sie sollten rundum<br />
fürs Leben gerüstet sein und in der<br />
Lage, auf eigenen Beinen zu stehen.<br />
Dazu gehört auch soziale<br />
Kompetenz.“ Nie wurde ihnen ihre<br />
große Schwester vorgehalten, die<br />
eher brave Musterschülerin.<br />
„Gerecht sein heißt für mich nicht,<br />
dass man alle gleich behandelt.<br />
Sondern dass man jedem gerecht<br />
wird“, so die Devise ihrer Mutter.<br />
FAMILIE<br />
Offenbar hat sie prima funktioniert:<br />
Auch heute, mit eigenen<br />
Berufen, Partnern, Wohnungen,<br />
kommen die drei erwachsenen<br />
Kinder oft und gern in ihr Elternhaus:<br />
„Meine Mutti ist natürlich<br />
die tollste, schickste, klügste,<br />
erfahrenste und beste auf der<br />
Welt. Hält alles zusammen und<br />
macht, dass der Sonntagskaffee<br />
gemütlich wird. Dazu weiß ich,<br />
dass sie die wünschenswerteste<br />
Schwiegermutti ist“, lobt Jakob, ihr<br />
Ältester. Sein Bruder Johannes<br />
schätzt „die Konsequenz, mit welcher<br />
sie für das Erreichen meiner<br />
Ziele sorgt. Ich liebe die Streicheleinheiten,<br />
die Geborgenheit, den<br />
Rückhalt und das schöne Gefühl,<br />
immer in offene Arme zu fallen.<br />
Meine Mutter gibt mir das Gefühl,<br />
stets das Beste für mich zu wollen.<br />
Und ich glaube, jedes meiner<br />
Geschwister denkt genau so, wie<br />
auch immer sie das schafft.“<br />
„Meine Mutter ist immer für mich<br />
da. Ohne sich aufzudrängen, uneitel<br />
und gelassen“, sagt Sophie, seit<br />
drei Monaten selber Mutter.<br />
„Dass ich jetzt Großmutter bin,<br />
war anfangs gewöhnungsbedürftig“,<br />
gibt Annett Möller zu. „Als<br />
Mütter spielen wir noch in einer<br />
Liga und die Rolle der Großmutter<br />
ist bei uns durch meine Schwiegermutter<br />
fest besetzt. Aber ich<br />
freue mich riesig, dass Sophie jetzt<br />
eine eigene Familie hat. Und mit<br />
27 ist das ja auch höchste Zeit.“<br />
Zu Weihnachten ist natürlich die<br />
ganze Familie im Möllerschen Haus<br />
versammelt. Und wenn die Eltern<br />
mit ihren Kindern am Heiligen<br />
Abend von der Nachtvesper in der<br />
Johanniskirche heimkehren, warten<br />
in ihrem Haus schon wieder<br />
viele Freunde, „so zwischen 20 und<br />
30.“ Ein Ritual, dass sich jedes Jahr<br />
wiederholt: Rostocker, die weg<br />
gezogen sind und über die Feiertage<br />
ihre Eltern besuchen, kommen<br />
ebenso wie welche, die keine Familie<br />
haben. Dann diejenigen, die als<br />
Singles bei Möllers „Familienanschluss“<br />
fanden und die Tradition<br />
beibehalten, auch wenn sie nicht<br />
mehr allein sind. Wieder andere<br />
bringen ihre Angehörigen einfach<br />
mit. Für Annett Möller kein Grund,<br />
in Panik zu verfallen: „Och, das ist<br />
doch schön. Und alles nur eine<br />
Frage der Organisation.“<br />
Renate Gundlach<br />
17
18<br />
Die Zeit für einen guten Rotwein ist gekommen. Foto: gettyimages<br />
Norbert Wendt, Rostocker<br />
Rechtsanwalt und Partner<br />
der Kanzlei Schulz,<br />
Noack, Bärwinkel, ist ein Kenner<br />
des Weines.<br />
Für Rostock „delüx“ empfiehlt er<br />
diesmal gute Rotweine für die<br />
dunkle Jahreszeit.<br />
Die großen europäischen Weinbaunationen<br />
Frankreich, Italien und<br />
Spanien sind die Heimat der<br />
bekanntesten Rotweinrebsorten. In<br />
Frankreich sind dies die Rebsorten<br />
Cabernet Sauvignon, Merlot und<br />
Pinot Noir. Italien steht für Sangiovese<br />
und Nebbiolo und Spanien für<br />
den Tempranillo. Während sich<br />
Cabernet Sauvignon und Merlot in<br />
fast allen etablierten Weinanbaunationen<br />
der Welt durchgesetzt<br />
haben, bleibt es den Rebsorten Sangiovese,<br />
Nebbiolo und Tempranillo<br />
überwiegend vorbehalten, in den<br />
für sie typischen Herkunftsländern<br />
angebaut zu werden.<br />
Cabernet Sauvignon<br />
und Merlot<br />
Die wohl bekanntesten Rotweinsorten<br />
sind Cabernet Sauvignon<br />
und Merlot. Beide Rebsorten<br />
gehören zu den so genannten<br />
Rostocker Weinkenner:<br />
Norbert Wendt. Foto: privat<br />
internationalen Sorten, da sie mittlerweile<br />
auf der ganzen Welt angebaut<br />
werden. Am bekanntesten<br />
sind die Weine aus Bordeaux – der<br />
Wiege des Cabernet Sauvignon.<br />
Auf der westlichen Seite der Gironde,<br />
der Halbinsel Medoc, dominiert<br />
der Cabernet Sauvignon. Hier werden<br />
französische Spitzenweine der<br />
allerersten Güte, die so genannten<br />
Premier Grand Cru wie Château<br />
Mouton-Rothschild, Château Lafi-<br />
GENUSS<br />
te-Rothschild, Château Margaux,<br />
Château Latour und Château Haut-<br />
Brion erzeugt.<br />
Östlich von Bordeaux, sozusagen<br />
auf dem „rechten Ufer“, liegen so<br />
bekannte Anbaugebiete wie St.<br />
Emilion und Pomerol. Sowohl in<br />
den Cuveés von St. Emilion als<br />
auch im Pomerol dominiert die<br />
Rebsorte Merlot. Am bekanntesten<br />
ist der Château Pétrus – ein nahezu<br />
reinsortiger Merlot und einer der<br />
angesehensten und teuersten<br />
Weine der Welt.<br />
Außerhalb von Frankreich wird<br />
insbesondere die Rebsorte Cabernet<br />
Sauvignon u. a. in zahlreichen<br />
Weinanbaunationen der Neuen<br />
Welt, wie Kalifornien, Südafrika und<br />
Australien angebaut. Der wohl<br />
Winter<br />
bekannteste Rotwein ist der Opus<br />
One aus dem kalifornischen Napa<br />
Valley. Er wurde als Joint-Venture<br />
von den inzwischen verstorbenen<br />
Weinlegenden Baron Philippe de<br />
Rothschild und Robert Mondavi im<br />
Jahre 1979 mit dem Ziel gegründet,<br />
um in Kalifornien einen Wein nach<br />
Art eines Bordeaux herzustellen.<br />
Der Opus One besteht aus 80 %<br />
Cabernet Sauvignon, 16 % Cabernet<br />
Franc und 4% Merlot und entspricht<br />
somit von seiner Zusammensetzung<br />
etwa einem Bordeaux<br />
vom linken Ufer der Gironde.<br />
Pinot Noir<br />
Die Heimat des Pinot Noir ist das<br />
Burgund, oder die Bourgogne, wie<br />
die Franzosen sagen. Ein klangvoller<br />
Name, mit drei der besten<br />
Weinanbaugebiete Frankreichs.<br />
Am berühmtesten ist die Côte<br />
d’Or, die wiederum aus der Côte de<br />
Nuits im Norden und der Côte de<br />
Beaune im Süden besteht.<br />
Mit seinen Grands Crus umfasst<br />
die Côte de Nuits eine Rebfläche<br />
von 3000 ha. Es ist das Paradies des<br />
Pinot Noir, denn nirgendwo sonst<br />
auf der Welt werden aus dieser<br />
Rebsorte derartige Qualitäten<br />
erzeugt. Dafür sprechen so<br />
bekannte Weinbaudörfer wie<br />
Gevrey-Chambertin, Morey-Saint-<br />
Denis, Vosne-Romanée oder Vougeot<br />
mit so klangvollen Weinen<br />
wie dem Clos de Vougeot oder dem<br />
Nuits-Saint-Georges.<br />
Auch der Pinot Noir wird inzwischen<br />
in vielen Weinbauländern<br />
angebaut, u.a. als Spätburgunder in<br />
Deutschland und als Blauburgunder<br />
in Südtirol. Auch in diesen Ländern<br />
gibt es mittlerweile Spitzenqualitäten,<br />
die es mit dem einen<br />
oder anderen „echten“ Pinot Noir<br />
aufnehmen können. So erzeugen<br />
deutsche Winzer wie Fürst, Keller<br />
oder Bercher Große Gewächse vom<br />
Spätburgunder und die Blauburgunder<br />
von Hofstätter, Gottardi<br />
- Zeit guter Rotweine<br />
und Haas aus Südtirol müssen sich<br />
ebenfalls nicht verstecken.<br />
Tempranillo<br />
Tempranillo ist die bedeutendste<br />
rote Rebsorte in Spanien, dem Land<br />
mit der größten Rebanbaufläche<br />
der Welt. Etwa 1,2 Mio. ha Rebanbaufläche<br />
werden von etwa<br />
150.000 Winzern bewirtschaftet.<br />
Tempranillo wird häufig mit der<br />
Rebsorte Garnacha verschnitten,<br />
zum Beispiel beim Rioja. Dieser<br />
große spanische Rotwein besteht<br />
typischerweise aus bis zu 90% Tempranillo-<br />
Trauben, besticht durch<br />
eine tiefrote Farbe, ist würzig und<br />
sehr lange lagerfähig. Das Weinbaugebiet<br />
Rioja gehört zu den<br />
bedeutendsten in Europa. Ein Rioja<br />
allererster Güte ist der Castillo Ygay<br />
aus dem gleichnamigen Weingut<br />
des Marques de Murrieta.<br />
Sangiovese und Nebbiolo<br />
Sangiovese und Nebbiolo sind die<br />
beiden großen Rebsorten Italiens.<br />
Aus ihnen entstehen u. a. die beiden<br />
italienischen Vorzeigeweine<br />
Brunello di Montalcino und Barolo.<br />
Beide Rebsorten sind typisch für<br />
die Regionen aus der sie stammen.<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010
Während der Sangiovese überwiegend<br />
in der Toskana wächst, hat<br />
der Nebbiolo seine Heimat im Piemont.<br />
Aus beiden Trauben werden<br />
auch zahlreiche andere Weine<br />
gekeltert, allerdings erreicht keiner<br />
der Weine einen Bekanntheitsgrad<br />
wie der Brunello oder der Barolo.<br />
Der Sangiovese bringt zahlreiche<br />
unterschiedliche Klone hervor.<br />
Rund um die Gemeinde Montalcino<br />
in der südlichen Toskana wird<br />
hauptsächlich Sangiovese Grosso<br />
angebaut. Es ist das Verdienst der<br />
Familie Biondi Santi, Ende des 19.<br />
Jahrhunderts einen der besten italienischen<br />
Weine gezüchtet zu<br />
haben. Heute steht der Brunello<br />
zweifelsohne auf einem Spitzenplatz<br />
unter den großen Rotweinen<br />
der Welt. Namen wie Collosorbo,<br />
Poggio di Sotto oder Fuligni stehen<br />
für höchste Ansprüche. Besonders<br />
erwähnenswert ist auch der<br />
Cepparello vom Weingut Isole e<br />
Olena – zwar kein Brunello, aber<br />
ein reinsortiger Sangiovese allererster<br />
Qualität, zuweilen auch der<br />
Haut-Brion der Toskana genannt.<br />
Der Barolo steht mit Abstand an der<br />
Spitze der italienischen Rotweine,<br />
der edelste Wein, der aus der Nebbiolo-Traube<br />
hergestellt wird. Er ist<br />
nach dem gleichnamigen Dorf in<br />
den Langhe, einer Region im Piemont,<br />
benannt. Am Ortsrand von<br />
Barolo findet man die Lage Cannubi,<br />
die wohl berühmteste Lage des<br />
Piemont. Der Barolo schmeckt nach<br />
den unterschiedlichsten Waldbeeren.<br />
Seine Tannine sind in eine ausgewogene<br />
Säure eingebettet. Die<br />
bekanntesten Weinbaugemeinden<br />
sind neben Barolo die Städtchen La<br />
Morra, Serralunga und Monforte.<br />
Zu den bekanntesten Winzern<br />
zählen Giacomo Conterno, Comm.<br />
G.B. Burlotto, Bruno Giacosa und<br />
Pio Cesare.<br />
Kenner empfehlen<br />
Im Restaurant „Wilhelmshöhe“<br />
schwört Inhaber Wolfgang Soyk<br />
auf einen 2006er Chateauneuf du<br />
Pape vom Weingut Domaine les<br />
Couversets, eine Cuvée aus<br />
Grenache, Cinsault, Mourvédre,<br />
Syrah. Ein rubinroter, klarer Wein<br />
mit noch leichten violett Reflexen<br />
und einem vielfältigen Aroma nach<br />
Kräutern Beerenfrucht, Holz und<br />
Lakritze. Der noch junge Wein entfaltet<br />
bereits jetzt im Gaumen eine<br />
außergewöhnliche Geschmackvielfalt<br />
u.a. mit Zimt, Vanille und<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010<br />
Gewürznuancen, begleitet von voller<br />
Frucht und voluminöser Tiefe.<br />
Der Chateauneuf du Pape ist zweifellos<br />
der König unter den Weinen<br />
der südlichen Rhone. Selten findet<br />
man Weine mit einer ähnlichen<br />
Komplexität, mit einer vergleichbaren<br />
Mischung aus Kraft und Feinheit,<br />
aus Feuer und Zurückhaltung.<br />
Kaum ein anderer Wein eignet sich<br />
zum Téte á Téte am Kaminfeuer<br />
ebenso perfekt wie - ganz leicht<br />
gekühlt - zur sommerlichen Grillparty.<br />
Im „Samtrot” in der Langen Straße<br />
serviert Weinwirtin Sabine Thalmann<br />
zu Tranchen vom Gamsschlegel<br />
in Weinsauce mit Rosenkohl<br />
und Serviettenknödeln den<br />
2007er Pannobile von Claus Preisinger<br />
aus dem Burgenland, eine<br />
Cuvée aus 90 % Zweigelt und 10 %<br />
Blaufränkisch. Der Wein präsentiert<br />
sich in dunklem Rubingranat<br />
mit violetten Reflexen. In der Nase<br />
findet man dunkle Beeren, Nuancen<br />
von Heidelbeeren, Herzkirschen,<br />
feinem Nougat und etwas<br />
Honig. Am Gaumen geben eine<br />
angenehme Extrasüße und präsente<br />
runde Tannine dem Wein die<br />
nötige Länge.<br />
Michael Schepp aus der „Weinwirtschaft“<br />
des Steigenberger<br />
Hotel „Sonne“ empfiehlt in den<br />
kühlen Monaten des Jahres zu<br />
einer rosa gebratenen Entenbrust<br />
mit Rahmwirsing und Schupfnudeln<br />
als Begleitung den „ Us de la<br />
meng“ vom Weingut Meyer-Näkel<br />
von der Ahr. Bei dieser Cuveé aus<br />
Spätburgunder, Dornfelder und<br />
Frühburgunder handelt es sich um<br />
einen harmonischen, fruchtigen<br />
Rotwein mit runden Tanninen. In<br />
der Nase als auch am Gaumen<br />
dominieren Pflaume, Heidelbeere<br />
und Brombeere in Kombination<br />
mit Gewürzen wie Nelke, Zimt und<br />
Lorbeer mit einem Hauch Zartbitterschokolade.<br />
Er sollte bei 15-17<br />
Grad Celsius zu herzhaft-deftigen<br />
Gerichten gereicht werden.<br />
Ich empfehle übrigens zum Fest<br />
einen Brasato al Barolo, den Piemonteser<br />
zum Ochsenschmorbraten<br />
geben! Zu diesem kräftigen<br />
Rinderbraten passt hervorragend<br />
ein Cascina Francia 2001 von Giacomo<br />
Conterno, ein Barolo der herausragenden<br />
Art.<br />
In diesem Sinne - wohl bekomm‘s!<br />
Ihr Norbert Wendt<br />
Junge frische Küche<br />
Die Welt der Weine auf dem Teller<br />
Saisonal, regional und international<br />
GENUSS<br />
Armin Neumann von „Weine & Mehr“ in Rostock empfiehlt: 2007er Vino Nobile di<br />
Montepulciano vom Weingut Avignonesi aus der Toskana. Der Wein besteht überwiegend<br />
aus der Sangiovesetraube. Er lagert 24 Monate im Eichenfass, dann sechs<br />
Monate in der Flasche. Der Vino Nobile ist granatrot; sein Bukett ist delikat und<br />
intensiv; es ist ein trockener leicht tanniniger Wein. Foto: Re. Rö.<br />
Lange Straße 9<br />
18055 Rostock<br />
Veranstaltungstipps 2011<br />
Neujahrs-Brunch 02.01.2011,10-14.30 Uhr<br />
Alles inklusive mit Sekt, Kaffee etc. pro Pers. 20,11 €<br />
Feuerzangenbowle 28.01.2011, 19 Uhr<br />
Film, Buffet, Bowle pro Pers. 19,44 €<br />
Winzertreff 26.02.2011, 19 Uhr<br />
Alles inklusive,<br />
Degustationsmenü, Weine, Getränke pro Pers. 55,00 €<br />
„Südafrikanische Weinlese” 19.03.2011<br />
Reservierungen möglich unter:<br />
kontakt@samtrot-rostock.de oder telefonisch 0381 - 877 299 60<br />
19
20<br />
GENUSS<br />
Bekanntlich, ein guter Ruf verpflichtet.<br />
Das gilt auch für Rostock,<br />
auch für das Kaufmannshaus<br />
in der Großen Wasserstraße<br />
30. Es fanden sich Menschen,<br />
die sich solcher Pflicht<br />
stellen und die in der östlichen<br />
Altstadt die mittelalterliche<br />
Immobilie Krahnstöver zu<br />
neuem Leben erweckten.<br />
Da steht nun Tradition, die<br />
gepflegt sein will und die<br />
vielschichtigen Genuss<br />
garantiert.<br />
Die seit 1692 in Rostock<br />
ansässige Familie<br />
Krahnstöver hatte über<br />
sieben Generationen die<br />
wirtschaftliche und<br />
politische Entwicklung<br />
der Hansestadt maßgeblich<br />
mitbestimmt.<br />
Über 300 Jahre sind seitdem<br />
Bestand, Aufblühen<br />
und auch Verfall des<br />
Hauses. Es gab Tiefen<br />
und Höhen.<br />
In dieses Erbe ist Anfang<br />
2010 die Krahnstöver GmbH &<br />
Co. KG eingetreten. Zu Maibeginn<br />
startete sie eine Bautätigkeit, die<br />
das Wertvolle, das Unverzichtbare<br />
in dem denkmalgeschützten Haus<br />
wahrt. Ergebnis der Sanierung ist,<br />
dass abschnittsweise eine Stätte<br />
für Gaumen – und Kunstgenuss<br />
entstand.<br />
Am 5. August war<br />
Wiedereröffnung, seitdem<br />
brilliert anspruchsvolle Vielfalt.<br />
„Wir haben komplett in die<br />
bestehende Bausubstanz gebaut”,<br />
sagt Joachim Meier, einer der<br />
Geschäftsführer, und „wir sind<br />
offen für Gäste aus dem In- und<br />
Ausland, denen historisches<br />
Ambiente am Herzen liegt.”<br />
Sie sollen Gefallen finden am<br />
Gourmet-Restaurant „Krahnstöver“,<br />
am Französischen Restaurant<br />
„Le Cosy”, im „Weineck”, an den<br />
Darbietungen auf der Veranstaltungsdiele<br />
oder in der Bier- und<br />
Probierstube. Erstmals in der Jahrhundert-Geschichte<br />
ist eine Hotelpension<br />
eingefügt, deren fünf<br />
Doppelzimmer – auf Vier-Sterne-<br />
Veranstaltungen Dezember 2010<br />
• 01. bis 26.12. ab 11.30 Uhr – Kleiner Weihnachtsmarkt<br />
– hausgemachte Leckereien/Glühwein<br />
• 19.12. 11.00 bis 14.00 Uhr – Klassik-Brunch mit Live-Musik (Nur auf Bestellung)<br />
• 25. bis 26.12. ab 11.30 Uhr – Festliches Weihnachtsgourmet<br />
• 31.12 - 01.01. ab 19.00 Uhr – Grosses Silvesterdinner mit Musik<br />
Anzeige<br />
Kleinod in Rostocks Zentrum<br />
Ein Geschwisterpaar: Mathias und Beatrice Harder, Chefkoch und Serviceleiterin im „Krahnstöver”.<br />
Foto: Rostock „delüx“<br />
Niveau - individuell im Florentiner<br />
Stil gestaltet sind. Die „Altenteiler-<br />
Suite“ oder das Hochzeitszimmer<br />
sind etwas Besonderes.<br />
Die ebenerdige Brasserie wartet<br />
auf kleiner Speisekarte mit Frischeprodukten<br />
auf, keine<br />
Geschmacksverstärker, nicht<br />
Farbstoffe, keine Fußnoten. Eine<br />
Etage darüber, im Gourmet-<br />
Restaurant, richtet seit November<br />
Chefkoch Mathias Harder ein<br />
Sieben-Gänge-Menü an, mit<br />
Kaviar vom Stör oder heimischem<br />
Hirsch. „Im Winter sind<br />
die Trüffel am besten”, versichert<br />
der erst 25-Jährige. Oberes Preisniveau<br />
der Mittelklasse ist angesetzt.<br />
Auf Empfehlung von Sommelier<br />
Frank Schollenberger<br />
wurde einer der weltbesten Rotweine,<br />
der australische „Run Rig“,<br />
ins Weinlager aufgenommen.<br />
Mit diesem Tropfen vom 160-jährigen<br />
Rebstock lässt sich gut auf das<br />
Wiederbeleben eines Hauses<br />
anstoßen, aus dem lange vor der<br />
amerikanischen Braun-Brause das<br />
Ur-Cola-Rezept kam und in dem<br />
Julius Krahnstöver dereinst den<br />
Liqueur „Anti-Kater” zur Legende<br />
machte. Unter neuen Eigentümern<br />
wurde das Gotische Giebelhaus in<br />
Zentrumsnähe wieder zum Kleinod.<br />
Es schmückt Rostock.<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010
Anzeige<br />
Knusprig gebratene Ente<br />
mit Rotkohl und Klößen.<br />
Etwas Deftig-Kräftigendes,<br />
jawohl, das ist es!! Die düsteren,<br />
nebligen Tage fordern gleichsam<br />
zu einem guten,<br />
gehaltvollen Essen heraus. Das<br />
tut Leib und Seele gut. Ganz<br />
bestimmt! Die mögliche Kalorienzählung<br />
kann derzeit ruhig<br />
mal außen vor bleiben. Zu der<br />
Ente dann noch ein Gläschen<br />
köstlichen Rotweins, und das<br />
alles am besten gleich heute<br />
Abend im eigenen Heim.<br />
Ein Wintertraum, der ganz<br />
schnell wahr werden kann.<br />
Die Weinwirtschaft im Rostocker<br />
Steigenberger Hotel Sonne hilft,<br />
und zwar gleich und unmittelbar.<br />
Das Ganze heißt dann „Ente to<br />
go“, also Ente zum Mitnehmen.<br />
Zubereitet wird „der Vogel“ im<br />
Ofen, ganz auf bodenständige<br />
Art. „Wir füllen die Ente klassisch<br />
mit Äpfeln und Zwiebeln, geben<br />
Beifuß, Thymian und Rosmarin<br />
bei, genau so, wie man sie in<br />
Mecklenburg am liebsten mag.<br />
Und dann wird sie langsam und<br />
schonend im Ofen gegart,“<br />
erzählen David Steinmüller und<br />
Sebastian Droneberg. Steinmüller<br />
ist Chefkoch des Steigenberger<br />
Hotel Sonne, Droneberg<br />
zeichnet für die Küche der Weinwirtschaft<br />
im Hause verantwortlich.<br />
Den beiden bei der Zubereitung<br />
über die Schulter zu<br />
schauen, lässt das Wasser im<br />
Munde zusammen laufen.<br />
Nachdem die Ente gar ist, wird sie<br />
fachgerecht ausgelöst, die leckeren,<br />
natürlich frisch zubereiteten<br />
Klöße und die Soße kommen<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010<br />
Ente to go<br />
Ente zum Mitnehmen: David Steinmüller (li.) und Sebastian<br />
Droneberg machen es möglich.<br />
genauso dazu wie der hausgemachte<br />
Rotkohl. „Wir verpacken<br />
die Ente gut, so dass sie zu Hause<br />
nur noch mal kurz zum knusprig<br />
machen in den Backofen geschoben<br />
werden müsste“, erklärt<br />
Sebastian Droneberg. „Die Gäste<br />
können die Ente also zu Hause<br />
genauso essen, wie bei uns im<br />
Restaurant.“ Auch den passenden<br />
guten Tropfen, der nun einmal zur<br />
Ente gehört,<br />
kann in der<br />
Weinwirtschaft<br />
für die „Ente to go“<br />
gekauft werden. Michael<br />
Schepp, Chef der Weinwirtschaft,<br />
empfiehlt in diesem Jahr<br />
einen Spätburgunder, Jahrgang<br />
2009, vom Weingut Klumpp aus<br />
dem Badischen. „Es ist ein leicht<br />
kirschiger, säurebetonter Wein, der<br />
GENUSS<br />
hervorragend zur Ente oder zur<br />
Gans passt,“ erklärt Michael<br />
Schepp. Übrigens, auf Anfrage<br />
wird im Steigenberger Hotel<br />
Sonne auch gerne „Gans to go“<br />
vorbereitet.<br />
Wer für ein Winter-Picknick kulinarische<br />
Hilfe braucht, der findet sie<br />
ebenfalls in der Weinwirtschaft.<br />
Vielleicht ein Picknick mit mediterranen<br />
Köstlichkeiten vor dem heimischen<br />
Kamin? Warum eigentlich<br />
nicht! Im Korb ließen sich dann italienischer<br />
Landschinken, Antipasti,<br />
Rauchentenscheiben, Tapa Flammkuchen,<br />
frisches Obst und Wein -<br />
unter anderem - entdecken. Aber<br />
auch ein Korb mit regionalen Köstlichkeiten<br />
kann jederzeit gepackt<br />
werden, vielleicht für ein Winter-<br />
Picknick in der Natur. Auch in dieser<br />
Jahreszeit soll ja ab und an die<br />
Sonne zu sehen sein…<br />
Auf den Geschmack gekommen?<br />
Dann einfach anrufen, und<br />
zwar<br />
unter der Rufnummer<br />
0381/4973249. Dann steht der<br />
ofenfrischen Ente im eigenen<br />
Heim oder gar einem winterlichen<br />
Picknick nichts mehr im Weg.<br />
21
22<br />
GENUSS<br />
Wer gutes Essen liebt, für<br />
den haben meist auch<br />
Küchen eine magische<br />
Anziehungskraft. Genuss weckt<br />
Neugier: Wer kocht da eigentlich?<br />
Wo bekommen die Profis am Herd<br />
ihre Zutaten her? Und wie schaffen<br />
sie es, daraus Kunstwerke zu kreieren,<br />
die einem schon beim Ansehen<br />
das Wasser im Munde zusammenlaufen<br />
lassen? Rostock delüx<br />
ist zu Gast bei Mecklenburger<br />
Köchen, die mit den Produkten aus<br />
der Region zu zaubern verstehen.<br />
Als Ralph Schulze noch ein kleiner<br />
Junge war, bekam er ein Geschenk,<br />
das sein Leben bestimmen sollte:<br />
Ein Kinderkochbuch. „Damit hab<br />
ich immer rumexperimentiert“,<br />
erinnert sich der 35-Jährige, der<br />
heute im Wustrower Restaurant<br />
„Schimmel’s“ mit gehobener Landhausküche<br />
die Gäste begeistert.<br />
Schelmisch blitzen seine dunkelbraunen<br />
Augen, wenn er von seinen<br />
Kreationen aus Kindertagen<br />
erzählt: „Hinterher gab’s immer<br />
Mecker von der Mama, weil die<br />
Küche komplett geputzt werden<br />
musste.“<br />
Noch umhüllt dichter Nebel das<br />
orangerote Kapitänshaus in der<br />
Wustrower Parkstraße. Das Kopfsteinpflaster<br />
draußen vor der Tür<br />
glänzt unter einer Morgentau-<br />
Decke, aus den Butzenfenstern<br />
des Restaurant leuchtet warmes<br />
Licht. Frühstückszeit bei „Schimmel´s”.<br />
Während die Pensionsgäste<br />
Croissants und selbstgemachte<br />
Marmelade genießen, setzt<br />
sich Ralph Schulze an den großen<br />
Tisch, von dem aus man gut in die<br />
Küche sehen kann. „Exzellenter<br />
Koch“ steht vorne auf seinem Kaffeepott.<br />
Der gebürtige Dresdner<br />
versichert: „Ich wollte nie etwas<br />
anderes werden.“<br />
Im Privathotel Lindner in Hamburg-Harburg,<br />
das sich vor allem<br />
auf Tagungsgäste spezialisiert<br />
hat, absolvierte er seine Lehre,<br />
heuerte dann bei der Marine in<br />
Kiel an, auf deren Schiffen er im<br />
Schnitt 360 Mann bekochte, und<br />
fasste danach am Timmendorfer<br />
Strand in Schleswig-Holstein Fuß.<br />
Im Wellnesshotel Landhaus Carstens<br />
lernte der Sachse das Saisongeschäft<br />
kennen, machte<br />
erste Erfahrungen mit dem<br />
Kochen á la Carte. Und dort traf er<br />
Bietet gehobene Landhausküche: Das „Schimmel´s” in Wustrow.<br />
Küchenkünstler (4): Ralph Schulze,„Restaurant Schimmel’s“<br />
Kleine Karte, großer Genuss<br />
Ralph Schulze in seiner kleinen Küche.<br />
auch Maren Schimmelpfennig,<br />
die gerade ihre Ausbildung zur<br />
Restaurantfachfrau im Landhaus<br />
abgeschlossen hatte. Ein knappes<br />
Jahr verging, bis die beiden<br />
gemeinsam an den Leeberghof<br />
nach Oberbayern wechselten. Ein<br />
Paar waren sie damals zwar noch<br />
nicht, doch der auf einem Berggipfel<br />
über dem Tegernsee gelegene<br />
alte Bauernhof weckte in<br />
ihnen den Sinn für Romantik.<br />
Zum ersten Mal durfte Ralph<br />
Schulze im Leeberghof in einer<br />
sterngekrönten Küche mitarbeiten.<br />
Eine vollkommen neue Erfahrung,<br />
die ihm auch weiterhalf, als<br />
er mit seiner Maren anderthalb<br />
Jahre später in den Norden zurückkehrte,<br />
wo er gemeinsam mit<br />
Küchenchef Dirk Luther gleich zwei<br />
Sterne für das Seehotel Töpferhaus<br />
in Rendsburg erkochte.<br />
Im Lauf der Zeit aber wurde der<br />
Wunsch, sich selbstständig zu<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010
machen, nicht mehr 14 bis 16 Stunden<br />
täglich für andere zu arbeiten,<br />
immer größer. Die beiden verbrachten<br />
monatelang ihre<br />
Wochenenden mit der Suche nach<br />
einer geeigneten Immobilie – bis<br />
schließlich das Häuschen von<br />
Maren Schimmelpfennigs<br />
Großmutter in Wustrow ins<br />
Gespräch kam. Nachdem die Oma<br />
pflegebedürftig geworden und<br />
schließlich gestorben war, stand es<br />
leer. Die Enkelin bedauert: „Das<br />
Dach war schon eingeknickt, die<br />
Wände feucht. Wir hatten keine<br />
andere Wahl als abzureißen.“<br />
Anhand alter Bilder aus den 30er<br />
und 40er Jahren des vorigen Jahrhunderts<br />
bauten sie allerdings<br />
alles so originalgetreu wie möglich<br />
wieder auf. Die Schwarz-Weiß-<br />
Fotografien von damals hängen<br />
heute im Restaurant an der Wand,<br />
gleich daneben ein Porträt der<br />
Malerin Hedwig Wöhrmann von<br />
Großmutter und Mutter.<br />
Reminiszenzen an vergangene Zeiten<br />
pflegt Ralph Schulze auch in<br />
seiner Küche. Traditionelle nordische<br />
Speisen prägen seine Menükarte.<br />
Wobei er die Klassiker gerne<br />
so arrangiert, dass seine Gäste<br />
immer wieder überrascht sind. Bohnen,<br />
Birnen und Speck zum Beispiel<br />
waren früher ein schlichtes Eintopfgericht.<br />
Bei „Schimmel“s“ hingegen<br />
Zutaten für 4 Personen:<br />
2 Meeräschenfilets, 4 Kochbirnen<br />
(oder reife, feste Birnen), 1 l<br />
kräftiger Kalbsfond, 16 hauchdünne<br />
Scheiben durchwachsener,<br />
geräucherter Speck, 150 g<br />
Butter, 2 Schalotten, 200 g grüne<br />
Bohnen, 1 Bund Bohnenkraut, 2 El<br />
Apfelessig, Räuchermehl<br />
Zubereitung:<br />
Meeräschenfilets in kräftig<br />
gesalzenem kaltem Wasser mit<br />
etwas Zucker einlegen, ca. 1<br />
Stunde ziehen lassen. Bohnen<br />
blanchieren und anschließend<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010<br />
Hausherrin Maren Schimmelpfennig.<br />
kommen sie so edel drapiert und<br />
mit geräucherter Meeräsche<br />
gekrönt daher, dass man einen<br />
Moment zögert, das schöne Werk<br />
mit Messer und Gabel zu zerstören.<br />
Noch immer arbeiten die Gastronomen<br />
fast rund um die Uhr, haben<br />
„Schimmel´s Ralph“ empfiehlt:<br />
Geräucherte Meeräsche auf Birnen,<br />
Bohnen und Speck<br />
kurz in kaltes Wasser tauchen.<br />
Birnen schälen, in Kalbsfond<br />
weich kochen, abtropfen lassen.<br />
Anschließend aushöhlen, je<br />
nach Fantasie in Form bringen<br />
und mit einer Scheibe Speck<br />
umwickeln. Eine geschälte<br />
Schalotte, etwas Speck und die<br />
Birnenabschnitte in einem Topf<br />
mit etwas Butter anschwitzen,<br />
mit dem Kalbsfonds auffüllen<br />
und köcheln lassen.<br />
Fischfilet aus der Lake nehmen,<br />
abspülen und halbieren. Den<br />
Ofen auf 74 Grad vorheizen. In<br />
eine alte Pfanne das Räuchermehl<br />
geben, mit Alufolie<br />
den Ostseestrand im gesamten<br />
Sommer nur zweimal gesehen.<br />
Neben Omas Kapitänshaus kauften<br />
sie jüngst noch ein weiteres<br />
Gebäude, in dem sie nun mit<br />
Mutters Hilfe auch noch vier<br />
zusätzliche<br />
abdecken und auf<br />
dem Herd erhitzen bis es den<br />
Rauchpunkt erreicht hat. Die<br />
Filets auf ein Gitter legen und<br />
mit der rauchenden, von der<br />
Alufolie befreiten Pfanne in den<br />
Ofen schieben. Ca. 15 Minuten<br />
gar ziehen. Keine Sorge: Die<br />
Küche duftet anschließend<br />
zwar würzig, der Rauch hält sich<br />
aber in Grenzen.<br />
Etwas Öl in eine Pfanne geben,<br />
die mit Speck umwickelten Birnen<br />
anbraten und warm stellen.<br />
Zweite Schalotte und restlichen<br />
Speck in Würfel schneiden, im<br />
Topf anschwitzen, kleinge-<br />
GENUSS<br />
Appartements und einen Feinkostladen<br />
betreiben. Doch Maren<br />
Schimmelpfennig ist zufrieden:<br />
„Wir sind nach Hause gekommen.“<br />
Für ihren Mann bedeutet das vor<br />
allem eines: Er kann abends um<br />
zehn noch bei Fischer Michael<br />
Unger anrufen und acht Boddenzander<br />
bestellen. Wenn er Ostseefisch<br />
braucht, klopft er kurzerhand<br />
bei Uwe Pagel aus Prerow an. Und<br />
das Wild holt er sich direkt vom<br />
Jäger in Trinwillershagen.<br />
Bevor Schulze seine Kaffeetasse<br />
zur Seite schiebt und zum Schnippeln<br />
rüber in die Küche geht, klopft<br />
er kurz auf die Speisekarte. „Wir<br />
haben nur eine kleine Karte. Ein<br />
Menü, zwei Vorspeisen, zwei Suppen,<br />
zwei Zwischengänge. Dazu<br />
gibt es zwei Fisch-, zwei Fleischgerichte<br />
und zwei Desserts. Mehr<br />
schaffe ich in der kleinen Küche<br />
und mit den begrenzten Lagermöglichkeiten<br />
nicht. Dafür kann<br />
ich aber immer garantieren, dass<br />
alles wirklich frisch auf den Teller<br />
kommt.“ Der Erfolg gibt ihm Recht:<br />
Im Gastronomieführer Michelin<br />
hat das „Schimmel’s“ 2010 einen<br />
„Bib-Gourmand“, eine Auszeichnung<br />
für gute, bezahlbare Küche<br />
bekommen.<br />
Katja Bülow (Text & Fotos)<br />
schnittene<br />
Bohnen<br />
dazu geben und mit Salz<br />
abschmecken. Die Speckbirnen<br />
mit dem Bohnenragout füllen<br />
und in einen tiefen Teller geben.<br />
Darauf die geräucherten Fischfilets<br />
anrichten. Den reduzierten<br />
Fonds mit den Schalotten,<br />
Speck und Birnenabschnitten in<br />
einen Mixer geben, das Grün<br />
vom Bohnenkraut (ohne Stiele)<br />
und die restliche Butter hinzugeben<br />
und durchmixen. Schaumigen<br />
Sud mit Apfelessig und<br />
Salz abschmecken und in den<br />
tiefen Teller gießen.<br />
Wohl bekomm’s!<br />
23
24<br />
GENUSS<br />
Carsten Loll serviert Köstlichkeiten aus der Region, diesmal Bienenbrot mit Ziegenkäse und bitterem Löwenzahn.<br />
Kulinarische Ursprünglichkeit<br />
In seinen großen Händen hält<br />
Carsten Loll vorsichtig zwei kleine<br />
weiße Teller. „Bienenbrot mit<br />
Ziegenkäse und bitterem Löwenzahn“<br />
hat der Chefkoch und<br />
Inhaber des Rostocker Restaurants<br />
Carlo 615 darauf angerichtet.<br />
Den Käse ziert ein Mecklenburg-Vorpommern-Fähnchen<br />
aus Papier. Carsten Loll ist überzeugt:<br />
„Die Gastronomie erlebt<br />
gerade eine Renaissance der<br />
regionalen Genüsse.“ Ein Trend,<br />
von dem die Wirtschaft hierzulande<br />
gleich mehrfach profitieren<br />
könne.<br />
Der Grundgedanke ist simpel:<br />
Wenn sich herumspricht, dass<br />
man an der Ostsee nicht nur<br />
baden, sondern auch den kulinarischen<br />
Norden in seiner ganzen<br />
Ursprünglichkeit genießen kann,<br />
dann lockt das weitere, durchaus<br />
auch besser betuchte Urlauber<br />
an und hilft Hotellerie, Gastronomie<br />
und Ernährungswirtschaft<br />
gleichermaßen. Im August taten<br />
sich deshalb der Tourismusver-<br />
Nadine Schilling, Projektmanagerin<br />
Kulinarik bei Tourismusverband<br />
und Agrarmarketing-Verein.<br />
band und der Verein Agrarmarketing<br />
M-V zu einem auf<br />
zwei Jahre angelegtenGemeinschaftsprojekt<br />
zusammen. „Wir<br />
wollen gar nicht viel<br />
Neues erfinden, sondern vorhandene<br />
Initiativen zusammenfassen, die<br />
Kommunikation untereinander und<br />
das Marketing für die Sache stärken“,<br />
erklärt Bernd Fischer,<br />
Geschäftsführer des Tourismusverbandes.<br />
Immerhin hätten bei der<br />
jüngsten Urlauberbefragung 83<br />
Prozent der Gäste angegeben, dass<br />
sie in ihren Ferien regionaltypische<br />
Küche kennen lernen wollen. 16 Prozent<br />
gaben an, sich sogar eigens auf<br />
kulinarische Entdeckungsreisen zu<br />
begeben. Fischer hört das gern,<br />
bedauert aber: „In der Sterneküche<br />
hat sich die regionale Ausrichtung<br />
längst etabliert, im<br />
mittleren Preissegment<br />
ist<br />
das leider noch<br />
nicht der Fall.“<br />
Um Appetit zu machen auf<br />
typisch mecklenburgische Kost,<br />
haben sich hiesige Köche in den<br />
vergangenen fünf Jahren schon<br />
vieles einfallen lassen. Von den<br />
Kühlungsborner Gourmettagen<br />
über die Doberaner Wildwochen<br />
bis hin zum „Grand Schlemm“,<br />
einer exquisiten Strandwanderung<br />
durch die Kaiserbäder Usedoms,<br />
reicht die Palette der derzeit<br />
etwa 30 Veranstaltungen.<br />
Zugleich aber wundert sich<br />
Agrarmarketing-Chefin Jarste<br />
Weuffen, dass andere, ebenfalls<br />
gut besuchte Events den kulinarischen<br />
Aspekt bisher vollkommen<br />
außen vor lassen. Wer beispielsweise<br />
beim Baltic-Fashion-<br />
Award auf Usedom schöne Kleider<br />
bewundert, der möchte<br />
anschließend auch edel speisen.<br />
Die Akteure im Land künftig<br />
enger zusammenzubringen<br />
und Ideen voranzutreiben, das<br />
ist nun Aufgabe der Projektmanagerin<br />
Nadine Schilling. Zur<br />
Zeit bereitet sie gerade die<br />
„Mecklenburg-Vorpommern-<br />
Wochen“ vor, mit denen das<br />
Land im Frühjahr in Betriebsrestaurants<br />
in Nordrheinwestfalen,<br />
Hessen, Bayern und Baden-<br />
Württemberg für die gute<br />
Ostseeküche werben will.<br />
Außerdem soll es ab Januar<br />
einen kulinarischen Kalender<br />
im Internet geben, der Auskunft<br />
darüber gibt, welche Produkte<br />
gerade Saison haben,<br />
welcher Produzent sie anbietet<br />
und was sich aus ihnen zaubern<br />
lässt. Und schließlich ist<br />
auch geplant, eine Kinderspeisekarte<br />
als Vorschlag für<br />
Gastronomen zu entwickeln,<br />
die den jüngsten Gästen mehr<br />
als Pommes und Spaghetti vorsetzen<br />
möchten. Der Rostocker<br />
Koch Carsten Loll kommentiert:<br />
„Regionales auf der Karte anzubieten,<br />
das gehört heute einfach<br />
dazu. Die Leute wollen<br />
Müritzlamm, Kartoffeln und<br />
Wrucken.“ Er allerdings kombiniert<br />
die Steckrübe mit spanischer<br />
Salami oder Anchovis –<br />
damit bei aller Bodenständigkeit<br />
keine Langeweile aufkommen<br />
kann.<br />
Text & Fotos:<br />
Katja Bülow<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010
Heimat: „ländlichfein“<br />
Sauerampfer - Wildblütentorte oder gar Sauerampfer-Pralinen. Kein<br />
Witz, es gibt sie. Und sie schmecken allesamt. Ute Alm-Linke zaubert<br />
diese Köstlichkeiten – unter anderem. In Rosenow, am „Arm“ der Welt,<br />
auf dem platten Land, kurz vor den Toren unserer Landeshauptstadt.<br />
In ihrem kleinen, aber unheimlich<br />
gemütlichen Restaurant „De oll<br />
Dörpschaul“ kann man dies und<br />
noch viel mehr mecklenburgische<br />
Ursprünglichkeit probieren. Mittenmang<br />
von Schulheften, Büchern,<br />
Schulbänken oder Schiefertafeln.<br />
Sämtliche Gerichte auf der kleinen,<br />
aber feinen Speisekarte sind frisch<br />
zubereitet. Kräuter und auch<br />
Gemüse kommen größtenteils aus<br />
ihrem eigenen Garten. Fisch und<br />
Fleisch kauft Ute Alm-Linke bei<br />
Öko- und Bioerzeugern aus unserer<br />
Region.„Bei mir ist alles handzubereitet,<br />
es gibt keine Fertigprodukte.<br />
Jedes Gericht wird frisch gekocht.“<br />
Und das alles auf einem herkömmlichen<br />
Gasherd. Ländlich fein<br />
schmeckt es bei Frau Alm-Linke im<br />
wahrsten Sinne. Unter eben diesem<br />
Slogan „ländlich fein“ haben<br />
sich jüngst Gastronomen und<br />
Lebensmittelproduzenten aus<br />
Mecklenburg-Vorpommern zusammengetan<br />
und werben für Produkte<br />
aus unserem Land. Bislang<br />
schlossen sich bereits mehr als 20<br />
Unternehmen diesem Netzwerk an.<br />
Unter anderem große Hotels wie<br />
die Yachthafenresidenz Hohe Düne<br />
aus Warnemünde, das Seehotel<br />
Großherzog von Mecklenburg aus<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010<br />
Boltenhagen oder kleine, familiengeführte<br />
Häuser wie das Hotel<br />
Haferland oder das Walfischhaus<br />
auf dem Darß. Zu der Gruppe der<br />
Erzeuger gehören die LandWert<br />
Manufakturen aus Stahlbrode oder<br />
Thönes Natur aus Bollewick ebenso<br />
wie die Müritzfischer aus Waren.<br />
Nicole Knappstein knüpft die<br />
Fäden des neuen „ländlichfein“ -<br />
Netzwerkes.<br />
„De oll Dörpschaul“ ist übrigens<br />
landesweit das erste Restaurant,<br />
das von Landesagrarminister Till<br />
Backhaus die „ländlichfein“- Plakette<br />
überreicht bekam. „Wir haben in<br />
unserem Land wunderbare Produzenten,<br />
die gute heimische Produkte<br />
herstellen, verarbeiten und zu<br />
Genussfreuden vorbereiten. Wir<br />
Köche sind angehalten, diese schönen<br />
Produkte genussvoll an den<br />
Gast zu bringen. Immer im Wandel<br />
der Jahreszeiten, immer nach Angebot,<br />
genauso bunt, wie unsere Heimat<br />
ist, “ bringt die „Schulchefin“<br />
das „ländlichfein“- Anliegen auf<br />
den Punkt. „Esst Heimat, Heimat ist<br />
gesund und Heimat schmeckt,“ lautet<br />
der Appell von Ute Alm-Linke.<br />
„Ländlichfein soll unserem Land ein<br />
Gesicht als Genussland geben,“<br />
beschreibt Tillmann Hahn, Sternekoch<br />
und Mitinitiator der neuen<br />
Marke, das Anliegen. Die Kriterien<br />
für „ländlichfein“ seien klar definiert.<br />
„Alle beteiligten Restaurants<br />
müssen eine ländlichfeine Speise-<br />
GENUSS<br />
Ute Alm-Linke, Inhaberin und Köchin des Restaurants „De oll Dörpschaul“ in Rosenow<br />
bei Schwerin, kann mit der „ländlichfein“- Plakette werben. Glückwunsch<br />
dafür von Landesagrarminister Till Backhaus (li.) und Sterne-Koch Tillmann Hahn.<br />
karte bieten, deren Gerichte in ihren<br />
Hauptkomponenten aus regionaler,<br />
ökologischer Qualitäts-Erzeugung<br />
sind“, so definiert Nicole Knappstein.<br />
Sie knüpft sozusagen die Fäden<br />
für dieses neue landesweite Netzwerk,<br />
das vom Landwirtschaftsministerium<br />
des Landes genauso<br />
unterstützt wird wie vom Landesmarketing<br />
MV. „Und keine aufgedrückte<br />
Idee ist, sondern aus der<br />
Branche selbst kommt,“ so Nicole<br />
Knappstein.<br />
In MV sind 1010 Betriebe der Landund<br />
Ernährungswirtschaft nach der<br />
EU-Ökoverordnung zertifiziert.<br />
Etwa 781 Ökolandbetriebe bewirtschaften<br />
122 700 Hektar.<br />
Mehr Informationen unter<br />
www.laendlichfein.de<br />
Re. Rö. (Text & Fotos)<br />
25
26<br />
HANDEL<br />
Wünsche<br />
wahr werden lassen<br />
„Höhepunkt des zu Ende gehenden Geschäftsjahres<br />
war auf jeden Fall die Runderneuerung<br />
unseres Hauses“. Erwin Ruzek, Geschäftsführer<br />
der Galeria Kaufhof in Rostocks Langer Straße,<br />
blickt in der Hoch-Zeit des diesjährigen Weihnachtsgeschäftes<br />
schon mal ein wenig zurück.<br />
Medizin-Studentin Susan Matthes hilft derzeit beim<br />
Weihnachtseinpack-Service der Galeria Kaufhof.<br />
Im Herbst wurde unter anderem die erste Etage<br />
des Hauses in ein ausgesprochenes Textilreich<br />
für Damen und Herren verwandelt, das sich mit<br />
erfrischendem Charme und neuen Offerten bei<br />
den Kunden inzwischen äußerster Beliebtheit<br />
erfreut. „Eine ganz neue Fashion-Welt für Sie<br />
und Ihn ist in unserem Hause entstanden,“ so<br />
Ruzek und zählt Marken wie Betty Barcley,<br />
Taifun, Comma und Hallhuber für die Damen<br />
auf, die unter anderem neu hinzu kamen. Für die<br />
Herren sind die Top-Marken wie Hugo Boss<br />
Black, Joop und Tommy Hilfiger bei Herrenwäsche,<br />
Daniel Hechter und Fynch Hatton bei<br />
Strickmoden neu im Hause.<br />
Auch Kinderkonfektion und Spielwaren in der<br />
zweiten Etage, wo eine großzügige Kinderwelt<br />
entstanden ist, erfreuen sich regen Kundenzuspruchs.<br />
„Unser Umbau war ein phänomenaler Erfolg“,<br />
resümiert der Kaufhofchef.<br />
Aber nun sei Weihnachten dran. Neuerdings<br />
können sich die Kunden in der Galeria mit hauseigenen<br />
Weihnachtskisten und Papier die<br />
Dieser mit Wunschzetteln geschmückte<br />
Weihnachtsbaum steht in der oberen<br />
Etage der Rostocker Galeria Kaufhof.<br />
Geschenke und Aufmerksamkeiten zum bevorstehenden<br />
Fest gratis verpacken lassen. In der<br />
zweiten Etage ist extra für diesen Galeria Kaufhof-Service<br />
ein Weihnachtshäuschen aufgebaut<br />
worden. Eine Dienstleistung, die garantiert gern<br />
und dankend angenommen wird.<br />
In der Vorweihnachtszeit wandelt auch ein<br />
stattlicher Nikolaus durch die Einkaufswelt der<br />
Galeria Kaufhof. Immer samstags ist er anzutreffen.<br />
Weihnachtsmusik wird im Hause erklingen.<br />
Nicht über Lautsprecher, sondern live von<br />
einem eigens aufgestellten Flügel in der ersten<br />
Etage.<br />
Entspannte und anheimelnde Einkaufsatmosphäre<br />
wolle man unter dem Dach der Galeria<br />
Kaufhof schaffen.<br />
In der oberen Etage des Hauses fällt ein besonders<br />
großer Weihnachtsbaum auf. Er dient<br />
einem guten Zweck. Es ist ein Charity-Weihnachtsbaum,<br />
geschmückt mit Wunschzetteln.<br />
Absender sind psychisch und psychosomatisch<br />
gestörte Kinder aus der Rostocker Heinrich-<br />
Hoffmann-Schule, die in ihrer Freizeit vom Klinik-<br />
und Schulverein „5 vor 12“ betreut werden.<br />
„Wir hoffen natürlich, dass viele Kunden unseres<br />
Hauses sich der Wunschzettel annehmen,“<br />
sagt Kaufhofchef Erwin Ruzek, dessen großer<br />
Wunsch es ist, die Kinder, die zum Teil aus<br />
sehr zerrütteten Familienverhältnissen kommen,<br />
zur Weihnachtszeit mit einer Überraschung<br />
aus der Galeria Kaufhof zu erfreuen.<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010
f<br />
„EIKBOOM“ -Chef Torsten Klement: „Im klassischen Sinne sind wir ein moderner, komplexer Dienstleister.“<br />
Foto: Thomas Ulrich<br />
Exklusiv:<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010<br />
Dekostoffe von Joop<br />
Im tiefsten Herzen sei er Kaufmann, sagt Torsten<br />
Klement, Geschäftsführer der Rostocker<br />
„EIKBOOM“ GmbH. Kein Einrichter, kein Windanlagenbauer.<br />
Nein, Kaufmann. „Es steht mir<br />
nicht zu, mich auf eine Seite zu schlagen,“<br />
lächelt der 55-Jährige. „In so einem ‚Gemischtwarenladen‘<br />
muss man in erster Linie Kaufmann<br />
sein und ganz nüchtern die Zahlen sehen.<br />
Sonst verzettelt man sich.“<br />
Zwei Säulen prägen sein mittelständisches<br />
Unternehmen: Raumausstattung und Herstellung<br />
von Formteilen aus Kunststoff und damit<br />
vor allem Zulieferer für große Windanlagenhersteller.<br />
Die 50 Mitarbeiter und ihr Chef feierten vor einigen<br />
Wochen ihr 20jähriges GmbH-Jubiläum. Im<br />
eigentlichen Sinne hat „EIKBOOM“ bereits gut<br />
30 Jahre mehr „auf dem Buckel“, denn bereits<br />
1956 wurde das Unternehmen zunächst als PGH<br />
Frieden gegründet, zwei Jahre später, 1958,<br />
wurde „EIKBOOM“ daraus.<br />
Das ist lange her, aber Geschichte, die prägend<br />
auch für das Hier und Heute gewesen sei, so<br />
Klement. „Da ist der gute Stamm von Mitarbeitern,<br />
die unternehmerisch mitdenken.“ Er könne<br />
seinen Leuten, die Verantwortung für die einzelnen<br />
Bereiche tragen, vertrauen, denn die Arbeit<br />
im Hause sei einfach zu vielschichtig. Und wie-<br />
der schmunzelt er. „Der Sprung zwischen Gardine<br />
und Windanlage ist doch ziemlich groß.“ Im<br />
Raumausstatterbereich habe er gleich drei Meister,<br />
die eine wirklich gute Ausbildung haben.<br />
Entscheidend ist aber auch das Geschick jener<br />
Leute, die in der Produktion direkt arbeiten, ob<br />
nun Näherin, Polsterer, Fußbodenleger. „Fördernd<br />
wirkt natürlich die eigene Berufsausbildung<br />
im Unternehmen.“<br />
Akquise, Werbung von Neukunden, Pflege der<br />
Bestandskunden, das gemeinsame Gespräch zu<br />
suchen, genaue Wünsche, Vorstellungen und<br />
Vertrauen der Kunden zu erschließen, das sei<br />
schon seine „Frontaufgabe“. Technisch gradlinig<br />
gehe es eher im Kunststoffbereich zu. „Die Techniker<br />
kommen schnell auf den Punkt“, so Torsten<br />
Klements Erfahrung.<br />
In der Raumausstattung sehe er sein Unternehmen<br />
eher in der Funktion des Verkäufers von<br />
Zeitgeist - mitunter zum Spagat herausfordernd.<br />
„Manche Kunden bevorzugen sachliche<br />
Schlichtheit, andere lieben es romantisch-historisch,<br />
die nächsten wieder mögen einen guten<br />
Mix.“ Dies alles passend zu machen, sei schon<br />
spannend. „Wichtig, der Kunde, für den wir einrichten,<br />
soll sich wiedererkennen. Wir führen<br />
ihn,“ bringt Klement die Philosophie seines Einrichtungshauses<br />
rüber. „Im klassischen Sinne<br />
sind wir ein moderner, komplexer Dienstleister.“<br />
UNTERNEHMEN<br />
Die Liste der „EIKBOOM“- Einrichtungskunden<br />
ist umfangreich. Ob das Ausstatten und Einrichten<br />
von Kreuzfahrtschiffen, großen Hotels in<br />
naher und fernerer Umgebung oder aktuell für<br />
den Rostocker Barocksaal. Wandbespannungsarbeiten<br />
und Fensterdekorationen sind hier<br />
abgeschlossen. Torsten Klement gibt sich dennoch<br />
bescheiden. Es kommt nur ein kurzes<br />
„Na ja.“<br />
Äußerst wichtig sind dem Geschäftsmann<br />
natürlich auch die Privatkunden.<br />
„Viele sind seit vielen Jahren mit unserem Haus<br />
verbunden. Für sie besuchen wir die wichtigsten<br />
Raumausstattermessen in Frankfurt/Main und<br />
München, um uns dort über die neuesten<br />
Trends zu informieren, um die neuen Stoffe und<br />
Muster in unserem Hause anbieten zu können“.<br />
Exklusiv werden bei der „EIKBOOM“ GmbH zum<br />
Beispiel die Deko-Stoffkollektion von Joop<br />
angeboten.<br />
Manche Krise habe sein Unternehmen auch<br />
miterlebt. Die Werftenkrise zum Beispiel, die<br />
habe ihm schon Schlaflosigkeit bereitet. „Ich<br />
beneide, die Leute, die zum Feierabend die Tür<br />
schließen können. Das geht bei mir nicht.“ Zum<br />
Ausgleich suche er deshalb schon den Sport.<br />
Tennis einmal in der Woche und wenn Zeit ist,<br />
gemeinsame Nordic-Walking-Runden im Warnemünder<br />
Küstenwald mit Ehefrau Petra.<br />
Seinen persönlichen Einrichtungs-Geschmack<br />
sieht der „EIKBOOM“-Chef eher etwas historisch.<br />
Die alten, zum Teil goldgerahmten Bilder<br />
in seinem Büro lassen darauf schließen.„Biedermeier<br />
mit modernem Design oder Stoffen<br />
gepaart, diese Synthese ist für mich schön.“<br />
Um die Zukunft der Rostocker „EIKBOOM“<br />
GmbH ist Torsten Klement nicht bange. „Ein<br />
paar Vorkehrungen für den Generationswechsel<br />
sind geschaffen.“ Sein Bestreben sei, die Firma<br />
doch ein wenig familiärer zu führen. So leitet<br />
der Bruder Meyk Rohde den 2. Betriebsteil in der<br />
Koppelsollstraße. Sohn Gunnar arbeitet zur Zeit<br />
in einem Institut in Kansas / USA und soll künftig<br />
auch Aufgaben bei der „EIKBOOM“ GmbH<br />
übernehmen. So die langfristige Familien- und<br />
Unternehmensplanung. „Seine Vorstellungen<br />
für dieses Unternehmen sind ziemlich gefestigt,“<br />
sagt Vater Klement. Und dann ist ja auch<br />
noch der jüngste Sohn Björn, auch ein Kaufmann.<br />
Eichen, die mag Torsten Klement. Natürlich.<br />
„Ihre Kraft, ihre Stärke. Die Symbolik für unser<br />
Unternehmen, die hat schon was.“ Natürlich<br />
gab es auch schon einen Betriebsausflug zu den<br />
1000jährigen Ivenacker Eichen. Anlässlich des<br />
GmbH-Jubiläums wurde der Stadt Rostock eine<br />
Eiche geschenkt. Sie hat ihren Platz vor der hansestädtischen<br />
Stadthalle gefunden.<br />
Regina Rösler<br />
27
28<br />
UNTERNEHMEN<br />
Vorstandsvorsitzender Rügen Fisch Klaus Peper und Anja Czerwinski, zuständig für Neuentwicklungen.<br />
Verkaufsschlager: Nackte Möpse<br />
„Shoprite“, ein Supermarkt in<br />
Windhoeck, Namibia, Afrika. Im<br />
Regal stapeln sich Rügen Fisch<br />
Dosen. Die fallen sofort ins Auge,<br />
weil, die kennt man von Zuhause.<br />
Und die sehen hier genauso aus.<br />
Heringsfilets in Tomate oder in<br />
Senfsauce – alles da.<br />
Ein paar Tausend Kilometer weiter<br />
um die halbe Erdkugel in Dunedin,<br />
Neuseeland. Gleiches Bild. Auch da<br />
hat der Supermarktchef den Fischkonserven<br />
von Deutschlands größter<br />
Insel einen gebührenden Platz<br />
eingeräumt. In den USA ist der<br />
namhafte deutsche Fischverarbeiter<br />
längst die Nummer eins bei den<br />
Importeuren.<br />
Entdeckt: Rügenfischdosen<br />
in einem Supermarkt in<br />
Windhoeck, Namibia.<br />
„Kein Wunder. Wir sind Exportweltmeister<br />
im Land. Kein anderes<br />
Unternehmen in Mecklenburg-<br />
Vorpommern unterhält zu 102<br />
Nationen weltweit Handelskontakte.<br />
In Europa gibt es kaum noch<br />
einen weißen Fleck. Und das haben<br />
wir in nicht einmal 20 Jahren<br />
geschafft“, erklärt Klaus Peper mit<br />
sichtbarem Stolz. Als der heute 60-<br />
Jährige kurz vor der Wende den<br />
Kutter- und Küstenfischern auf der<br />
Warnemünder Mittelmole als<br />
Fangleiter Tschüss sagte, um auf<br />
den Chefsessel der Rügen Fisch<br />
nach Sassnitz zu wechseln, konnte<br />
er in seinen kühnsten Träumen<br />
nicht voraussehen, dass er heute<br />
dem inzwischen größten deut-<br />
schen Fischverarbeitungsverbund<br />
vorsteht.<br />
Wobei, so ganz reibungslos verlief<br />
das alles nicht. Als der umtriebige<br />
VEB Direktor gerade dabei war, den<br />
zwar erst 1949 völlig neu errichteten,<br />
aber zwischenzeitlich ziemlich<br />
heruntergekommenen größten<br />
DDR-Fischverarbeitungsbetrieb<br />
umfangreich zu sanieren, entstand<br />
mit der Wende plötzlich eine völlig<br />
neue Situation.<br />
Schnell hatte die Treuhand entschieden,<br />
dass Heringsfilets in<br />
Tomatensauce aus Sassnitz künftig<br />
keine Chance auf dem neuen<br />
gesamtdeutschen Markt haben.<br />
Doch freiwillig<br />
wollte der<br />
damals<br />
40-Jährige den Platz nicht räumen.<br />
Mit Hawesta in Schlutup nahe<br />
Lübeck präsentierte Peper einen<br />
Fischkonservenhersteller, unter<br />
dessen Namen er weiter produzieren<br />
konnte. Und die wechselfreudigen<br />
Ostdeutschen haben völlig<br />
unbewusst mitgeholfen, dass es<br />
auch eine Erfolgsgeschichte<br />
wurde. „Die haben fortan kräftig<br />
Hawesta-Konserven gekauft, ohne<br />
zu ahnen, dass sie eigentlich genau<br />
das weiter essen, was sie schon<br />
40 Jahre lang auf dem Tisch hatten.<br />
Bis zu jenem Tag, als wir endlich<br />
unter der eigenen Marke<br />
Rügen Fisch die heiß begehrten<br />
Dosen produzieren konnten“,<br />
erzählt Peper.<br />
Es gehört zur deutsch-deutschen<br />
Nachwendegeschichte, dass das<br />
traditionsreiche Schlutuper Unternehmen<br />
seit vergangenem Herbst<br />
zum Rügen-Fisch-Verbund gehört.<br />
Als Hawesta just im 100. Jahr seines<br />
Bestehens nach anhaltender<br />
Krise 2009 unmittelbar vor dem<br />
Aus stand, war es Klaus Peper, der<br />
den einstigen Marktführer bei<br />
Fischdosen in sein expandierendes<br />
Imperium holte und rettete. Statt<br />
fortschreitendem Arbeitsplatzabbau<br />
konnten zuletzt wieder 30<br />
Frauen und Männer neu eingestellt<br />
werden.<br />
Doch Peper, der sich im Zuge der<br />
Übernahme gegen mehrere Mitwettbewerber<br />
durchsetzte, will<br />
sich den Erfolg nicht allein gut<br />
schreiben. Mit dem ehemaligen<br />
Geschäftsführer des Lübecker<br />
Fischkonservenherstellers Heyco,<br />
Hans Moczarski, holte er vorübergehend<br />
einen Experten mit Insiderwissen<br />
ins Boot. Moczarski war<br />
mit seiner Firma einst selbst von<br />
Hawesta geschluckt worden und<br />
sollte jetzt schnellstmöglich den<br />
ehemaligen Konkurrenten aus der<br />
Krise führen. Und das gelang mit<br />
Erfolg. Moczarski hat allen in der<br />
Branche noch einmal gezeigt, wie<br />
es geht. Inzwischen genießt der<br />
nach vier Jahren Ruhestand kurzzeitig<br />
aktivierte Fischexperte<br />
wieder sein Rentnerdasein.<br />
Anstelle seiner hat Pepers Sohn<br />
Uwe die Geschäfte bei Hawesta<br />
übernommen.<br />
Bei Sassnitz Fisch, einem wei teren<br />
Tochterunternehmen schwingt<br />
Ehefrau Gudrun das Zepter. Trotz-<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010
Ehefrau Gudrun Peper steht dem Tochterunternehmen<br />
Sassnitz Fisch vor.<br />
dem will sich Klaus Peper deshalb<br />
noch lange nicht als Familienunternehmen<br />
einstufen lassen. Dass<br />
sich der Verbund unter dem Dach<br />
der Rügen Fisch AG unterdessen<br />
mopsfidel fühlt, diese Aussage will<br />
der Chef von inzwischen immerhin<br />
sechs Tochterunternehmen im Inund<br />
Ausland aber durchaus gelten<br />
lassen. Und das aus gutem Grund.<br />
Spezialität bei Sassnitz Fisch sind<br />
neben Matjes nackte Möpse. Die<br />
hat Peper selbst so getauft. Die<br />
gehäuteten Rollmöpse, die fangfrisch<br />
um eine Gurke gerollt und so<br />
ins Fass gesteckt werden, sind<br />
längst zu einem Verkaufsschlager<br />
geworden. Und wer Erfolg hat,<br />
fühlt sich wohl, halt mopsfidel.<br />
Und so soll es weitergehen.<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010<br />
Erst im Oktober hat<br />
Peper die Berliner<br />
Norfisk gekauft. Der<br />
ins Schlingern geratene<br />
Experte für<br />
frisch verarbeitete<br />
Lachsprodukte hatte<br />
jüngst noch mit<br />
neuen innovativen<br />
Produkten unter der<br />
Marke Käfer eine<br />
letzte Absatzoffensive<br />
gestartet. Ohne<br />
den erhofften Erfolg<br />
einzufahren. Nun<br />
will es Peper richten.<br />
Wieder einmal.<br />
Dass der Erfolgsmanager<br />
selbst noch am<br />
Markt ist, ist allerdings<br />
eher einer<br />
Reihe von Zufällen und seinem<br />
unbeugsamen Durchsetzungsvermögen<br />
zu verdanken.<br />
Der von der Treuhand nicht erwartete<br />
Erfolg als Lohnunternehmen<br />
für Hawesta, hatte die Chefsanierer<br />
1993 erneut aktiviert. Sie setzten,<br />
mitten in die Aufwärtsentwicklung<br />
hinein, einen<br />
Westberliner Investor auf den<br />
Chefsessel. Der verstand zwar<br />
nichts von Fisch, dafür wohl etwas<br />
von Hubschraubern. Vereinzelte<br />
Besuche der Firma erfolgten so<br />
fortan aus der Luft. Bis zum<br />
zwangsläufigen Absturz in den<br />
Konkurs. Der nächste von der Treuhand<br />
auf den Chefsessel gehobene<br />
Investor konzentrierte sich vor<br />
allem auf Immobiliengeschäfte.<br />
Und legte so ebenfalls eine Bruchlandung<br />
hin.<br />
1999 durfte Peper dann wieder<br />
selbst ran. Gemeinsam mit dem<br />
Rostocker Insolvenzverwalter<br />
Bertold Brinkmann und dem<br />
Lüneburger Unternehmer Thies<br />
Pickenpack als Gesellschafter an<br />
seiner Seite, brachte der von der<br />
Treuhand zwischenzeitlich ausgebootete<br />
Erfolgsmanager die<br />
Firma schnell wieder ins richtige<br />
Fahrwasser.<br />
Schon zwei Jahre später wurde<br />
eine für 47 Millionen Euro völlig<br />
neu errichtete Produktionshalle<br />
eröffnet, die das Gesicht des Sassnitzer<br />
Hafens mit ihren blau-rotweißen<br />
Farben heute maßgeblich<br />
prägt.<br />
Anja Czerwinski, Vorstandsmitglied<br />
und zuständig für Neuentwicklungen,<br />
ist gerade dabei,<br />
Erzeugnisse für einen weiteren<br />
Partner in Asien zu entwickeln.<br />
Im Gewerbegebiet Rostock-Bentwisch<br />
errichtet das Unternehmen<br />
für 16 Millionen Euro derzeit<br />
eine Kalträucherei. Im kommenden<br />
Herbst soll alles fertig sein,<br />
60 neue Mitarbeiter ihre Arbeit<br />
aufnehmen. Dann werden im<br />
Verbund fast 1.000 Frauen und<br />
Männer beschäftigt sein, der Jahresumsatz<br />
auf über 150 Millionen<br />
Euro steigen. Eine Verdoppelung<br />
innerhalb von nur zehn Jahren.<br />
UNTERNEHMEN<br />
„Mit dem Neubau verfügen wir<br />
dann über die gesamte Palette<br />
der Möglichkeiten bei der Fischverarbeitung.<br />
Die Neue Ostseefisch<br />
in Rostock gehört ja seit<br />
2005 auch zu uns. Dort hatte<br />
man sich zusammen mit einem<br />
österreichischen Gesellschafter<br />
verspekuliert. Jetzt läuft es auch<br />
da wieder bestens. Wir haben<br />
gerade neue Öfen gekauft. Alles<br />
wird heiß geräuchert, von Sprotte<br />
bis Lachs. Und dann haben wir<br />
noch ein Werk im litauischen Kretinga.<br />
Das ist vor allem auf die<br />
Produktion von Fisch in Aspik<br />
ausgerichtet “ macht Peper sein<br />
Angebot komplett.<br />
Angst, dass bei all den Steigerungsraten<br />
eines Tages der Fisch<br />
knapp werden oder gar ausgehen<br />
könnte, hat der Erfolgsmanager<br />
nicht. „Wir sägen doch nicht an<br />
dem Ast auf dem wir sitzen. Bei<br />
uns kommt inzwischen fast ausschließlich<br />
nur noch zertifizierter<br />
Fisch aus nachhaltiger Fischerei in<br />
die Verarbeitung“, gibt sich Peper<br />
weiterhin erfolgsorientiert. Das<br />
blau-weiße Siegel mit dem drei<br />
großen Buchstaben MSC, sie stehen<br />
für Marine Stewardship Council“,<br />
prangt inzwischen nahezu auf<br />
allen Dosen, Gläsern und sonstigen<br />
Verpackungen. Zudem wird<br />
zunehmend Fisch aus Aquakultur<br />
verarbeitet. Insgesamt sind es<br />
inzwischen fast 40.000 Tonnen im<br />
Jahr. Tendenz steigend.<br />
Text/Fotos: Jürgen Drewes<br />
29
30<br />
HANDWERK<br />
Bäckermeister Jürgen Gottschalk aus Graal-Müritz<br />
backt Brötchen mit Kaiserstempel.<br />
Jürgen Gottschalk drückt seinen Brötchen den<br />
Stempel auf. Einen standesgemäßen Kaiserstempel.<br />
So heißt die Brötchenform, die mit ihren fünf<br />
geschwungenen Trennlinien an eine Kinderwindmühle<br />
erinnert. Mohn- und Sesambrötchen<br />
werden so gebacken, viele regionale Spezialitäten<br />
und – Nachtkerzenbrötchen. Die hat Jürgen<br />
Gottschalk aus Graal-Müritz gerade neu „erfunden“.<br />
Der 58-Jährige ist mit nunmehr 37 verschiedenen<br />
Brötchensorten ein wahrer Meister seines<br />
Fachs. Seine jüngste Kreation hat er gemeinsam<br />
mit Ingo Sander entwickelt.<br />
Der Biobauer aus Tarnow bei Bützow stellt<br />
höchst außergewöhnliche Kulturen ins Feld.<br />
Neben Nachtkerzen, auch Saflor, Schwarzkümmel<br />
und Leinöl. Nach jahrzehntelanger Pause ist<br />
er der erste, der zudem wieder Mohn erntet.<br />
„Und das ist gut so“, reibt sich Jürgen Gottschalk<br />
die teigverklebten Hände. Gerade hat er ein paar<br />
Mohnzöpfe geformt. Beim Bäckerhandwerk geht<br />
es nach wie vor im wahrsten Sinne des Wortes<br />
hand-werklich zu. Unter Zugabe von Rohstoffen,<br />
die – auch das ist Tradition – fast ausschließlich<br />
aus der unmittelbaren Region kommen. „Dass<br />
sich sogar Nachtkerzen zum Backen eignen,<br />
hätte ich gar nicht geglaubt. In Tarnow wird Öl<br />
aus den Samenkörnern gepresst und zurück<br />
bleibt der sogenannte Presskuchen mit vielen für<br />
eine optimale Verdauung interessanten Inhaltsstoffen.<br />
Und genau so etwas wollen die Leute<br />
zunehmend. Das bieten nur wir, kein Großbetrieb“,<br />
erklärt der experimentierfreudige Meister.<br />
Olaf Jaretzke aus Teterow hat neue Weihnachtsstollen<br />
kreiert.<br />
„Unsere Stärken sind Vielseitigkeit, Frische und<br />
Unverwechselbarkeit“, macht sich Landes -<br />
innungsmeister Thomas Müller für das Bäckerhandwerk<br />
stark. Der 48-Jährige, der in Ribnitz-<br />
Damgarten die seit Generationen familiengeführte<br />
Bäckerei aufwendig modernisiert hat, verweist<br />
gleichzeitig auf den sich ständig verschärfenden<br />
Wettbewerb innerhalb der Branche.<br />
Immer größer werdende Bäckereiunternehmen<br />
setzen im Zusammenspiel mit den Discountern<br />
die Handwerksunternehmen vor allem preislich<br />
unter Druck. „Da können wir schon lange nicht<br />
mehr mithalten. Von einst knapp 1.000 Bäckereien<br />
in Mecklenburg-Vorpommern unmittelbar<br />
nach der Wende sind gerade noch 260 übrig<br />
geblieben“, verweist der Landesinnungschef auf<br />
den anhaltenden Verdrängungswettbewerb.<br />
Olaf Jaretzke aus Teterow hat gerade ein paar<br />
neue Kunden hinzugewonnen. Eigens zum Weihnachtsgeschäft<br />
hat er neue Ministollen kreiert.<br />
Lediglich 250 Gramm schwer sind die mit<br />
Mohn/Mandel, Pistazien oder auch Rumtopf<br />
gefüllt. So etwas gab es bislang weit und breit<br />
noch nicht. „Das hat sich wie ein Lauffeuer herumgesprochen.<br />
Plötzlich wollen alle meine Ministollen“,<br />
freut sich der Bäckermeister und reicht<br />
das nächste Exemplar über den Ladentisch.<br />
„Auch uns ist kein Weg zu weit, um die Verbraucher<br />
von unserer Qualität, unseren Vorteilen zu<br />
überzeugen“, verweist Thomas Müller auf ein<br />
ganz persönliches Erlebnis aus diesem Sommer.<br />
Als der Bäckermeister an seinem Schau -<br />
ba ckofen auf dem Fischland-Darß-Zingst<br />
demonstrierte, wie nach guter alter Tradition<br />
mit Natursauerteig sein „Opa Willi<br />
Brot“ entsteht, genau so, wie es schon<br />
sein Großvater gebacken hat, da musste<br />
er sich von einem Zuschauer<br />
anhören, dass so eine Vorführung und<br />
die Arbeit zu Hause in der Bäckerei wohl<br />
Landesinnungsmeister für das Bäckerhandwerk<br />
in M-V: Thomas Müller.<br />
Nachtkerzenbrötchen und Opa-Willi-Brot<br />
Foto: www.pixelio.de<br />
zwei paar Schuhe seien. „Der Mann meinte, da<br />
würde ich auch nur zu Fertigteigmischungen<br />
greifen und den Rest erledigt die Technik. Den<br />
habe ich am Arm gepackt, in mein Auto gesetzt<br />
und bin mit ihm in meine Backstube nach Ribnitz-Damgarten<br />
gefahren. Der ist gar nicht<br />
mehr aus dem Staunen raus gekommen, wie<br />
viel Arbeit in so einem Brot steckt, wie viel Zeit<br />
wir uns dafür nehmen. Heute ist er Stammkunde<br />
bei mir“, gibt der Chef von derzeit lediglich<br />
noch 117 Innungsbetrieben in Mecklenburg-Vorpommern<br />
die künftige Marschrichtung hin zu<br />
mehr Öffentlichkeitsarbeit vor. Ein Selbstläufer,<br />
wie zu jenen Zeiten, als es die Konkurrenz der<br />
Großbäckereien noch gar nicht gab, sind die<br />
Handwerksbetriebe schon längst nicht mehr.<br />
Unterdessen drängt sich ein Vergleich mit den<br />
Brauern auf. Das Reinheitsgebot von 1516 setzt<br />
allein auf Hopfen, Malz und Wasser. Bei den<br />
Bäckern geht es mit Sauerteig, Mehl, Schrot und<br />
Wasser genauso rein zu. Auch hier sind Zusatzstoffe<br />
verpönt. So sie auf Tradition setzen.<br />
Das gilt nicht zuletzt auch in der Vorweihnachtszeit.<br />
„Wer einmal mit den Pfeffernüssen, dem<br />
Stollen von seinem Bäcker zufrieden war, wird<br />
dort immer wieder kaufen. Und regionale Spezialitäten<br />
sind ohnehin nur beim Handwerksbetrieb<br />
zu haben,“ gibt sich Thomas Müller namens der<br />
Branche selbstbewusst, wenn es um die<br />
Zukunftsaussichten geht.<br />
„Kleine Betriebe, kleine Stückzahlen, große<br />
Betriebe, große Mengen. Am Ende muss der Verbraucher<br />
entscheiden, was er will - preisgünstige<br />
Masse oder handwerklich gefertigte Klasse,“<br />
hofft die vergleichsweise kleine Gruppe der verbliebenen<br />
familiengeführten Bäckereien sich<br />
auch weiterhin am Markt behaupten zu können.<br />
Jürgen Drewes (Text/Fotos)<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010
32<br />
Paradies<br />
Was für ein<br />
Die Strandhotels „Fischland“ und „Dünenmeer“<br />
im Ostseebad Dierhagen<br />
Der Wind peitscht über die<br />
Dünen, die krummen Kiefern<br />
ducken sich, scheinen regelrecht<br />
vor ihm zu flüchten. Jetzt spä -<br />
testens weiß man, warum eben<br />
diese Kiefern hinter den Ostsee-<br />
Dünen entlang von Fischland,<br />
Darß und Zingst auch Windflüchter<br />
genannt werden.<br />
Beobachten kann man derlei<br />
Windspiele im Strandhotel „Fischland“<br />
im Ostseebad Dierhagen,<br />
warm und geschützt zum Beispiel<br />
im Wintergarten des Hauses. Hier<br />
sitzt man regelrecht mittendrin.<br />
Und wenn man sich bei diesem<br />
winterlich-stürmischem Wetter<br />
hinaus wagt, sich bei einem<br />
Strandspaziergang ein wenig<br />
durchpusten lassen möchte,<br />
besteht die Chance, auch im nur<br />
einen knappen Kilometer entfernten<br />
Strandhotel „Dünenmeer“<br />
dem Spiel der Windflüchter weiterhin<br />
zu zuschauen. Bei einem<br />
heißen Tee und wunderbarem<br />
Kuchen aus der hauseigenen<br />
Patisserie oder gar im Panoramapool<br />
dieses Vier-Sterne-Superior-<br />
Hauses im benachbarten Ortsteil<br />
Neuhaus.<br />
„Wir infizieren jeden Gast“, sagt<br />
Isolde Heinz, Direktorin der beiden<br />
Strandhotels „Fischland“ und<br />
„Dünenmeer“. Der Virus der Häuser<br />
lasse die Gäste nicht so schnell<br />
los. „Denn diese Art möchte man<br />
auch gar nicht so schnell abschütteln“,<br />
lächelt die gebürtige Heidelbergerin.<br />
Von dem hiesigen Kraftpaket<br />
Natur sei sie immer noch<br />
infiziert. „Eigentlich wollte ich gar<br />
Hoteldirektorin Isolde Heinz.<br />
nicht her. Aber als ich vor drei Jahren<br />
das erste Mal in Dierhagen<br />
war, dachte ich, mein Gott, was für<br />
ein Paradies. Hier, gleich hinter den<br />
Dünen, zieht der komplette Alltag<br />
an einem vorbei,“ erzählt Isolde<br />
Heinz voller Begeisterung. Und so<br />
Anzeige<br />
scheine es auch ihren Gästen zu<br />
ergehen. „Meistens stehen die Koffer<br />
noch gar nicht richtig im Zimmer,<br />
dann geht der Gast auch<br />
schon an die Ostsee. Dieses<br />
Ankommen bei uns hat immer<br />
etwas mit dem Kontakt zum Meer<br />
Der Panorama-Pool im<br />
Strandhotel „Dünenmeer“.<br />
zu tun.“ Das absolute Bedürfnis<br />
nach Ruhe und Erholung sei in beiden<br />
Strandhotels spürbar. Dafür<br />
werde von den Mitarbeitern auch<br />
alles getan. „Bei uns kann man gut<br />
essen, Sport treiben, Spa- und<br />
Beauty-Behandlungen inmitten<br />
von Dünen und mit dem Blick aufs<br />
Meer genießen – kurzum es sich<br />
einfach gut gehen lassen.“ Im<br />
eigentlichen Sinne geschehe bei<br />
den Gästen von „Fischland“ und<br />
„Dünenmeer“ eine Reduktion aufs<br />
Wesentliche. „Unsere Gäste tauchen<br />
ein in diese Ruhe, die wir bieten.<br />
Es ist schon faszinierend, wie<br />
die Gäste spüren, dass die Uhren<br />
bei uns langsamer ticken.“ Hier<br />
sei man auf der Sonnenseite des<br />
Lebens - auch in den Wintermonaten.<br />
Wie wahr.<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010
Anzeige<br />
Wellness für die Sinne<br />
im HOHE DÜNE SPA<br />
Die Yachthafenresidenz Hohe<br />
Düne in Warnemünde erwartet<br />
ihre Gäste mit 368 liebevoll eingerichteten<br />
Zimmern und Suiten,<br />
elf Restaurants und einer<br />
4.200 qm großen Wellnesslandschaft,<br />
dem HOHE DÜNE SPA.<br />
Wellness-Liebhaber begeben<br />
sich auf eine Entdeckungsreise<br />
zu den schönsten Behandlungsmethoden<br />
und Badekulturen der<br />
Welt. Wohltuende Massagen<br />
und traumhafte Kosmetik-<br />
Behandlungen bringen Körper<br />
und Geist in Einklang. Tempelmassagen<br />
aus Hawaii, ayurvedische<br />
Ölbehandlungen sowie<br />
thailändische Kräuterstempel<br />
laden in der kalten Jahreszeit ein<br />
zum Genießen und Entspannen<br />
und lassen die Gäste in eine Welt<br />
der Harmonie und des Wohlgefühls<br />
eintauchen.<br />
Tempelmassagen<br />
aus Hawaii<br />
Passionierte Wasserratten können<br />
sich im großen Schwimmbad<br />
(22 x 10 Meter) mit Separee und<br />
offenem Kamin sowie Warm-<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010<br />
becken und Kinderpool tummeln.<br />
Sauna-Freunde kommen in der<br />
Wohlfühlwelt des HOHE DÜNE<br />
SPA voll auf ihre Kosten. Im Innenbereich<br />
locken die Bio- und Finnische<br />
Sauna mit wohltuenden<br />
Aufgüssen. Im Außenbereich<br />
genießen die Gäste das seltene<br />
Erlebnis, in einer Kelo-Sauna im<br />
Blockhaus-Stil oder einer urigrustikalen<br />
Erdsauna zu schwitzen.<br />
Zum Herz-Kreislauf-Training eignet<br />
sich der Fitnessbereich mit<br />
modernsten Sportgeräten.<br />
Exklusive<br />
Kinesis-Geräte<br />
Mit den exklusiven Kinesis-Geräten<br />
lässt sich das innovative Free-<br />
Movement-Training erleben, das<br />
auf dem Widerstand im dreidimensionalen<br />
Raum basiert und<br />
bei dem sich natürliche Bewegungsabläufe<br />
mit einem ebenso<br />
exklusiven wie harmonischen<br />
Raumdesign paaren.<br />
Ein Tagesausflug in die Wohlfühlwelt<br />
des HOHE DÜNE SPA bietet<br />
die perfekte Möglichkeit neue<br />
Kraft für die dunkle Jahreszeit zu<br />
tanken. Mit einem Day Spa Ticket<br />
nutzen die Tagesgäste das<br />
Schwimmbad, die Saunen sowie<br />
den Fitnessbereich. Ein besonderes<br />
Angebot gibt es am Donnerstagabend.<br />
Bei Kerzenschein und<br />
Kaminfeuer lädt das SPA zum<br />
Candle-Night-Schwimmen. Ab<br />
19.00 Uhr stehen den Gästen<br />
Schwimmbad und Saunen zum<br />
Entspannen zur Verfügung.<br />
Saunieren wird zum<br />
besonderen Erlebnis<br />
Ausgesuchte Aromen, angepasst<br />
an das Thema der Wellnessweltreise,<br />
durchströmen während der<br />
Aufgüsse die urige Kelo-Sauna.<br />
Der Duft der japanischen Orchidee,<br />
der indonesischen Mango<br />
oder des karibischen Kaffees entführt<br />
Sauna-Liebhaber zu exotischen<br />
Zielen und macht sie zum<br />
Greifen nah. Diejenigen, die es<br />
etwas kühler mögen, finden in<br />
der Bio-Sauna eine mildere Alternative.<br />
Bei 65 Grad und einer<br />
Luftfeuchtigkeit von 50% ist sie<br />
schonend für den Kreislauf und<br />
gut verträglich.<br />
Ein Tagesticket für das HOHE<br />
DÜNE SPA erhält man Montag<br />
bis Donnerstag (10.00 – 22.00<br />
Uhr) für 38 Euro pro Person und<br />
am Sonntag (15.00 – 22.00 Uhr)<br />
für 30 Euro pro Person. Darin enthalten<br />
sind Bademantel- und<br />
Handtuchleihgabe, die freie Nutzung<br />
der Fitnessgeräte, des<br />
Saunabereiches, die Nutzung des<br />
Schwimmbades und des Außenbereiches:<br />
Kelo- und Erd-Sauna,<br />
Außenpool und Kneippbecken.<br />
Kontakt & Reservierung<br />
Yachthafenresidenz<br />
Hohe Düne<br />
Am Yachthafen 1<br />
18119 Rostock-Warnemünde<br />
Tel. 0381 / 50 40 – 0<br />
E-Mail: info@yhd.de<br />
www.hohe-duene.de<br />
33
34<br />
Wellness-Weltreisen<br />
IFA Hotel Graal-Müritz<br />
In diesen dunklen Tagen macht sich<br />
bei vielen von uns Sehnsucht nach<br />
Momenten des Ausspannens breit,<br />
einfach Seele und Körper etwas<br />
Gutes tun. Solcherart Auszeiten lassen<br />
sich im IFA Hotel Graal-Müritz<br />
genießen.<br />
Das erste Haus im Ostseebad,<br />
gelegen zwischen Meer, Düne und<br />
Wald, hält eine Menge Wohlfühlangebote<br />
bereit, um einen<br />
wirklichen Mehrwert für das eigene<br />
Wohlbefinden zu schaffen.<br />
Da ist zum Beispiel das wunderbare<br />
Schwimmbad. Immer freitags<br />
von 19 bis 23 Uhr kann man sich<br />
dort im Licht der Kerzen treiben<br />
lassen, Ruhe und Entspannung<br />
beim Candlelight-Schwimmen<br />
finden. Vielleicht vorher bei einem<br />
Spaziergang auf der Promenade<br />
oder am Strand noch ein wenig<br />
vom Seewind durchpusten lassen<br />
und dann im 30 Grad warmen<br />
Meerwasser erholen. Wunderbar!<br />
Wen um diese Jahreszeit das<br />
Fernweh treibt, auch der ist im IFA<br />
Hotel Graal-Müritz genau richtig.<br />
Das 4-Sterne Superior Haus bietet<br />
nämlich Wellness-Weltreisen,<br />
die unter anderem nach Ägypten,<br />
Asien, Türkei, Hawaii oder Frankreich<br />
entführen. Massagen vielerlei<br />
Art, Bäder, Gesichtspflegen lassen<br />
Körper und Sinne regelrecht<br />
um die Welt reisen. Einen Hauch<br />
des Zaubers von Hawaii ist zum<br />
Beispiel bei der Lomi Lomi-Massage<br />
zu genießen. Lomi Lomi ist eine<br />
Kombination aus Bindegewebsmassage,<br />
energetischer Körperar-<br />
beit und sanfter Gelenklockerung<br />
- eine Ganzkörpermassage, die<br />
das innere Gleichgewicht fördert<br />
und zugleich den Körper reinigt.<br />
Absolutes Balsam für stressgeplagte<br />
Menschen.<br />
Auch kulinarisch kann man sich<br />
IFA Hotel Graal-Müritz verwöhnen<br />
lassen. Bei vielen Fischlieb -<br />
habern ist das Internationale<br />
Fischbuffet legendär. Das 141. sei-<br />
Anzeige<br />
ner Art findet übrigens am<br />
28. Januar 2011 statt. Natürlich<br />
begleitet wieder der bekannte<br />
Shantychor „De Klaashahns“<br />
musikalisch durch den Abend und<br />
der Haus-DJ lädt zum Tanz.<br />
„Gans lecker“ lautet das Motto<br />
der dezemberlichen Gaumen-<br />
freuden. Eine besondere Offerte<br />
ist das 4-Gang-Candlelight Dinner<br />
und Feuerzangenbowle am<br />
24. Dezember. Natürlich schaut<br />
auch der Weihnachtsmann vorbei.<br />
Zu einer kulinarischen Reise<br />
nach Afrika wird im Januar 2011<br />
eingeladen.<br />
Mehr Informationen unter<br />
www.ifa-graal-mueritz-hotel.com<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010
Anzeige<br />
Auf dem<br />
richtigen<br />
„Dampfer”<br />
Hotel Hübner Warnemünde<br />
Geschützt hinter den Dünen,<br />
direkt an der Strandpromenade<br />
gelegen, befindet sich Warnemündes<br />
kleine feine Adresse –<br />
das Strand-Hotel Hübner.<br />
Nach dem Betreten der Hotelhalle<br />
werden Sie es gleich merken, dass<br />
Sie auf dem richtigen „Dampfer“<br />
sind: Helle, freundliche Farben,<br />
natürliche Materialien. Damit Sie<br />
bis zum Horizont schwimmen kön-<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010<br />
nen, wurde hier der Wellnessbereich<br />
einfach mal auf’s Dach<br />
gesetzt. Im Schwimmbad und<br />
unter der Glaskuppel gibt es nicht<br />
nur die grandioseste Aussicht auf<br />
den Strand, das Meer oder den<br />
Sternenhimmel, sondern auch ein<br />
traumhaftes Angebot an Wellness -<br />
anwendungen und eine wahrlich<br />
wohltuende Saunalandschaft. Hier<br />
oben auf dem „Panoramadeck“<br />
wird Entspannung zum Genuss.<br />
Ob bei sanften Massagen, Fitness -<br />
training, einem Sauna- und<br />
Kneippgang, einem Sonnenbad<br />
oder bei frisch gepressten Säften<br />
im Deckchair – hier werden Sie sich<br />
wirklich wohlfühlen.<br />
Genau gegenüber, direkt am<br />
Kurpark gelegen, heißt Sie das<br />
Park-Hotel Hübner herzlich willkommen.<br />
Auf zwei Etagen bietet Ihnen hier<br />
der 500 qm große, lichtdurchflutete<br />
Wellnessbereich einen wunderschönen<br />
Ort für Entspannung und<br />
Ruhe. Mit Ausblick auf einen<br />
eigens gestalteten wunderschönen<br />
Naturgarten erwarten Sie täglich<br />
ein Schwimmbad sowie eine<br />
Saunalandschaft mit Dampf-,<br />
Trocken- und Finnischer Sauna.<br />
Das Massageangebot reicht von<br />
Teilkörpermassage, Fußreflexzonenbehandlung<br />
bis zur verwöhnenden<br />
Aromaölmassage. Oder Sie<br />
genießen ein warmes Bad in der<br />
Wellnesswanne. Mit verwöhnenden<br />
Aromazusätzen wird hier das<br />
Badeerlebnis zu einem Fest der<br />
Sinne.<br />
Verstärkung in Sachen „Schönheit“<br />
bekommt das Hübner-Team von<br />
Christine Heide, welche mit ihrem<br />
Team das Angebot um den Bereich<br />
Kosmetik erweitert.<br />
Ob als Hotel- oder Tagesgast, wer<br />
einmal die Seele baumeln lassen<br />
oder verspannte Muskeln<br />
gelockert haben möchte, ist bei<br />
„Hübner“ genau richtig.<br />
Unser Tipp:<br />
Wohlfühlen zum<br />
Verschenken<br />
„Kuscheltag…“<br />
…im Strand-Hotel Hübner<br />
Genießen Sie einen Tag der Entspannung<br />
über den Dächern<br />
von Warnemünde.<br />
Nutzung des Schwimmbades<br />
mit Meerblick, Saunalandschaft<br />
und Cardio-Fitness, Teilkörpermassage<br />
oder Fußreflexzonenbehandlung<br />
(25 min), Menü der<br />
leichten Art mit Begrüßungscocktail<br />
im Restaurant „Hübner“<br />
pro Person 84,50 Euro<br />
„Kleine<br />
SeelenRuhe…“<br />
…im Park-Hotel Hübner<br />
Gönnen Sie sich einen entspannenden<br />
Wellnesstag.<br />
Nutzung von Schwimmbad und<br />
Saunalandschaft, kuscheliger<br />
Bademantel und Saunatuch zur<br />
Nutzung während Ihres Aufenthaltes<br />
sowie ein Vitalgetränk<br />
(0,5 l), 1 stärkendes Gute-Laune-<br />
Bad, 1 Teilkörpermassage (25<br />
min), 4-gängiges Tapas-Vital-<br />
Menü im „Gutmannsdörfer“<br />
pro Person 79,00 Euro<br />
(ganzjährig, außer an Feiertagen)<br />
35
36<br />
Die Leichtigkeit des Seins - es gibt<br />
sie wirklich. Zu erfahren, ja zu<br />
erleben im Hotel Neptun Warnemünde.<br />
Wie? Ganz einfach:<br />
Von Kopf bis Fuß Thalasso<br />
genießen. Und dabei mit den<br />
Augen die sturmgepeitschten<br />
Wellen der Ostsee begleiten.<br />
Wohlgefühl vom Feinsten macht<br />
sich breit, das im wahrsten Sinne<br />
unter die Haut geht. Da kann die<br />
dunkle Jahreszeit einem absolut<br />
nichts anhaben. Mehr für Seele<br />
und Körper geht kaum.<br />
Leise Entspannungsmusik und<br />
freundliche Therapeuten empfangen<br />
den Gast im Original-<br />
Thalasso-Zentrum des Hotel<br />
Neptun. Aus den einzelnen Therapieräumen<br />
öffnet sich ein weiter<br />
Blick auf die Ostsee mit ihrem<br />
weißen, breiten Strand.<br />
Vor dem Meerwasserbad in der<br />
Hydrowanne gibt es ein professionelles<br />
Meersalz-Peeling für<br />
die Haut. Dann duschen und ab<br />
geht’s in die große Wanne zu<br />
einem ausgedehnten Hydromassage-Vollbad<br />
im frisch gepumpten<br />
Ostseewasser, das natürlich<br />
erwärmt wird. Aus feinen Düsen<br />
dringen Meerwasserstrahlen, die<br />
prickelnd tief an Armen, Händen,<br />
Oberschenkeln, Rücken, Schulter<br />
für intensive Durchblutung des<br />
Körpers sorgen. Dem Salzwasser<br />
wird ein Algengemisch zugefügt.<br />
Eine absolute Wohltat.<br />
Anschließend wird es rundherum<br />
Genießen<br />
mit Thalasso<br />
Hotel Neptun in Warnemünde<br />
warm bei einer Algen-Packung.<br />
Eine mikropulverisierte Algenmasse<br />
wird angerührt und über den<br />
gesamten Körper verteilt. Unter<br />
einer Wärmedecke fühlt man<br />
anschließend, wie die Masse, die<br />
aus 45 Prozent Braunalgen, 45 Prozent<br />
Rotalgen und zehn Prozent<br />
Korallenalgen besteht, den Körper<br />
entspannt. Es wird wohlig warm,<br />
die Hautporen weit, man schwitzt.<br />
Gifte und Schlacken werden regelrecht<br />
herausgetrieben. Nachdem<br />
Fotos: Hotel Neptun<br />
die braune Masse abgeduscht ist,<br />
heißt es in einem weichen kuscheligen<br />
Bademantel auf der Wärmebank<br />
ausruhen bei einer<br />
wohlschmeckenden Tasse Entschlack<br />
ungstee mit Blick auf die<br />
tosende Ostsee vor der Haustür.<br />
Die Medizin aus dem Meer wirkt<br />
Wunder. Auch wenn Meerwasserbad<br />
und Meeralgenbehandlung<br />
nur ein Kurzprogramm des Original-Thalasso-Angebotes<br />
im Hotel<br />
Neptun sind, man fühlt sich nach<br />
Anzeige<br />
diesen gut zwei Stunden frisch<br />
und wohl - ja wie neugeboren.<br />
Probieren Sie es aus, die Therapeuten<br />
des Hauses beraten<br />
bestens.<br />
Neu ist in dem 5-Sterne-Hotel die<br />
Thalasso-Gesundheitswoche, die<br />
mit ganz individuellen Zielen<br />
und Programmen gebucht werden<br />
kann.<br />
Übrigens, schon die Ägypter, Griechen<br />
und Römer schätzen die<br />
Urkraft des Meeres zur Heilung<br />
von Krankheiten und zur Förderung<br />
der Gesundheit. Vor Jahrtausenden<br />
behandelten sie Rheumaoder<br />
Ischiaspatienten. Aus diesen<br />
Erfahrungen erwuchs die Thalassotherapie,<br />
denn „thalassa” bedeutet<br />
übersetzt das Meer.<br />
Das Warnemünder Hotel Neptun<br />
ist das erste Original-Thalasso-<br />
Zentrum Deutschlands.<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010
Anzeige<br />
Sanftes Durchatmen<br />
Golf- und Wellnesshotel Schloss Teschow<br />
„Wellness hat auch etwas mit<br />
loslassen zu tun,“ sagt Ralf<br />
Fränkel, Direktor des Golf- und<br />
Wellnesshotels Schloss Teschow.<br />
Diese, seine Philosophie, spürt<br />
der Gast schon bei der Anreise.<br />
Wohltuende Ruhe empfängt<br />
ihn, wenn er die Gutshofallee<br />
zum Schloss hinauffährt und im<br />
Schlosspark seinem Auto ent-<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010<br />
steigt. Sanftes Durchatmen.<br />
Und eben diese Sanftheit ist es<br />
auch, die den Gast begleitet, hier<br />
an diesem Ort, inmitten der<br />
Mecklenburgischen Schweiz,<br />
etwas für die Seele, fürs eigene<br />
Wohlbefinden zu tun.<br />
Freundlichkeit und Wärme<br />
umgarnen den Gast beispielsweise<br />
im großzügigen Wellness-<br />
und SPA-Bereich des Hauses.<br />
Wer möchte, kann ab sofort<br />
auch als Tagesgast abtauchen in<br />
den Innenpool des Hauses, der<br />
mit dem zum Schlosspark gelegenen<br />
Außenpool verbunden<br />
ist. Hier finden die Gäste Ruhe<br />
und können Ihrem Alltag entfliehen.<br />
Zum angeschlossenen<br />
Dampfbadbereich gehören ein<br />
römisches Schwitzbad, ein<br />
RUBRIK<br />
Das besondere Angebot<br />
im Winter<br />
• Innen- und Außenpool mit<br />
150 m² Wasserfläche, 29°C<br />
Wassertemperatur<br />
• Saunalandschaft<br />
• Wellness-Lounge<br />
mit Wasserbetten<br />
• Handtücher inklusive<br />
Ticket für einen<br />
Wellnesstag (für 6 Stunden)<br />
15,00 € pro Person<br />
Ticket für einen<br />
Wellnessmonat<br />
60,00 € pro Person<br />
Ticket für<br />
3 Wellnessmonate<br />
150,00 € pro Person<br />
Bei Abschluss eines Vertrages<br />
über einen oder drei Monate<br />
warten viele weitere Vorteile auf<br />
Sie im Golf- und Wellnesshotel<br />
Schloss Teschow.<br />
Aroma-Dampfbad sowie ein<br />
Kaltbaderaum. Neben einer Finnischen<br />
Sauna steht den Gästen<br />
auf Schloss Teschow auch die<br />
mit Wasserbetten neu eingerichtete<br />
„Wellness-Lounge“ zur<br />
Verfügung. Das vielfältige Angebot<br />
an Massage- und Kosmetikanwendungen<br />
runden einen<br />
erholsamen Wohlfühltag auf<br />
Schloss Teschow ab.<br />
37
38<br />
LIFESTYLE<br />
Draußen wird´s kalt,<br />
drinnen gemütlich<br />
Blütenzauber<br />
Der nächste Frühling kommt bestimmt.<br />
Eine Vorahnung bringen kandierte Blüten im<br />
Proseccoglas oder auf der Torte. 10 Euro/Box<br />
www.mutterland.de<br />
Herzerwärmend<br />
Die Wärmflasche von heute ist<br />
nicht nur heiß, sondern auch<br />
herzig anzusehen. Schurwolle.<br />
Giesswein, 70 Euro.<br />
Zum Verduften<br />
Ihren Lieblings-Raumduft<br />
verteilen Sie am<br />
schönsten mit einem<br />
Aromalicht wie diesem<br />
von Blomus. Edelstahl,<br />
32 Euro.<br />
Badepralinen<br />
schmelzen nicht im Mund,<br />
sondern im heißen Badewasser.<br />
Mit pflegender<br />
Kakao- und Sheabutter.<br />
Knapp 4 Euro/Stück<br />
www.lashuma.com<br />
Bettgefährten<br />
Einfach mal im Bett bleiben? Nichts<br />
lieber als das mit Luxus-Bettwäsche<br />
von Christian Fischbacher, der z. B.<br />
filigrane Schmetterlinge auf feinen<br />
Satin sticken lässt. Set „Butterfly“<br />
aus Kissen- und Deckenbezug,<br />
728 Euro, gesehen bei<br />
www.bedandroom.com<br />
Kuscheldecke<br />
„Valentina“<br />
aus reiner Schurwolle.<br />
Giesswein, 240 Euro.<br />
Leuchtendes Beispiel<br />
Kein dunkler Wintertag<br />
ohne warmes Kerzenlicht,<br />
z. B. auf dem Teelichthalter-Set<br />
„Edo“. Edelstahl, 48 Euro.<br />
www.blomus.de<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010
Heißmacher<br />
Österreicher wissen, was<br />
kalte Winter wärmer macht:<br />
leckere Trinkschokolade von<br />
klassisch-dunkel bis exotisch<br />
mit Ingwer und Kokos von<br />
Zotter, ca. 6 Euro/Packung.<br />
Samtplatz<br />
Das perfekte Lümmelsofa,<br />
um bei Kerzenschein, Heißgetränke<br />
und einem spannenden Buch dem<br />
Winter zu entfliehen: Samt-Recamiére ”Gaudi”<br />
von Bretz, ab 1435 Euro.<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010<br />
Zarte Hülle<br />
Hauchzart und doch wärmend:<br />
Häkel-Umhang mit<br />
Mohairwolle von Missoni.<br />
680 Euro, gesehen bei<br />
www.net-a-porter.com<br />
Hand in Hand<br />
Wenn die Hände nicht mehr<br />
warm werden wollen –<br />
nichts wie rein in den<br />
kuscheligen Lammfell-Muff<br />
von Paul & Joe. 359 Euro.<br />
gesehen bei<br />
www.mytheresa.com
40<br />
KUNST<br />
Lars Lehmann in seinem Güstrower Atelier.<br />
Wer Lars Lehmann in<br />
Güstrow besucht, der<br />
wird erst einmal auf die<br />
schönen Sachen der Keramik-Kollegen<br />
aufmerksam gemacht: Die<br />
zauberhaft unnützen Keramikdöschen<br />
und aufklappbaren Walfi-<br />
sche von Alexander Lazarewitsch,<br />
unter anderem. Erst nach einem<br />
Arbeitsbesuch bei Federico Barocci<br />
(1526-1612) landet man im Atelierzimmer<br />
von Lars Lehmann. Hier<br />
entstehen nicht nur die Stillleben<br />
von Milchtüten, Tomatenmarkdo-<br />
sen und Klopapierrollen. Sondern<br />
auch Landschaften und Blumenbilder.<br />
Übrigens auch gern mal zur<br />
Musik der amerikanischen Trash-<br />
Metal-Band Slayer. Hier in der Ecke<br />
stand auch die Leiter, auf der Ölkanister<br />
und Gießkanne, Verkehrsschild,<br />
Radkappe, Pappkiste,<br />
Muschel, Einkaufstüte, Schnuller,<br />
Blume und der ganze andere<br />
Krempel aufgeschichtet war:<br />
„Babylon“, Öl auf Hartfaser, 208 x<br />
150 Zentimeter. Was soll danach<br />
noch kommen von dem Stilllebenmaler<br />
Lars Lehmann? Wie gelangte<br />
er dahin? Lehmann zuckt<br />
lächelnd mit den Schultern und<br />
beginnt endlich, von sich zu<br />
erzählen.<br />
Wieder mal ist Italien schuld. Lars<br />
Lehmann hatte 1993, während<br />
eines Studiums an der Berliner<br />
Hochschule der Künste, ein Eras-<br />
mus-Austausch-Stipendium nach<br />
Ravenna bekommen. Für drei heilsame<br />
Monate war er raus aus dem<br />
Zirkus der Eitelkeiten. Natürlich<br />
sah er sich die frühchristlichen<br />
Mosaiken und die Bilder der großen<br />
Italiener an. Aber was in ihm<br />
begann zu arbeiten, war etwas<br />
anderes: Ein Haus und ein Turm vor<br />
einem Berg mit einem Baum.<br />
Bis zu diesem Zeitpunkt hatte sich<br />
das Leben von Lars Lehmann in<br />
Zickzackbahnen bewegt. Nach der<br />
Polytechnischen Oberschule (POS)<br />
in Ribnitz-Damgarten folgt das<br />
Abitur auf der Arbeiter- und Bauernfakultät<br />
in Halle, im Internat.<br />
Mit Ungarisch-Unterricht, denn<br />
das Ziel ist ein Studium als Holzgestalter<br />
in Sopron. Doch nach den<br />
Prüfungen folgen erst einmal<br />
anderthalb Jahre im Kontrolldurchlass<br />
eines Versorgungsstützpunktes<br />
der Volksmarine in Sassnitz.<br />
„Ich verlor jegliche Illusion<br />
über die Diktatur des Proletariats“,<br />
erinnert sich Lars Lehmann. „Wenn<br />
ich dort nicht begonnen hätte zu<br />
malen, wäre ich verblödet.“ Er malt<br />
alles: Blumen, Landschaften, Stillleben.<br />
Obwohl es verboten ist, akzep-<br />
Italien<br />
war schuld<br />
Druckerei Weidner<br />
195 x 85<br />
tieren die Vorgesetzten, dass der<br />
Matrose Lehmann immer Papier<br />
und Stift dabei hat. Ob es wirklich<br />
gut ist, was er da zeichnet, kann<br />
ihm niemand sagen.<br />
Nach der Armee geht es vorerst<br />
planmäßig weiter nach Sopron.<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010
Doch nur, um mal das freie Ungarn<br />
zu schnuppern und dann das Studium<br />
zu schmeißen. Das geht ganz<br />
leicht. Der Rektor fragt nur: „Haben<br />
Sie sich das gut überlegt?“ Lars<br />
Lehmann antwortet „Ja“. Und wird<br />
geext. Was man ihm nicht sagt:<br />
Wer in der DDR einmal ein Studium<br />
schmeißt, der bekommt so<br />
schnell kein neues. Das kriegt Lars<br />
Lehmann schnell zu spüren: Er<br />
zieht nach Berlin in den Prenzelberg,<br />
knackt sich eine Wohnung<br />
und jobbt kurzzeitig als Kulissenschieber<br />
in einem Operettenhaus.<br />
Seine beiden Aufnahmeprüfungen<br />
1988 und 1989 an der Kunsthochschule<br />
Weißensee fallen desaströs<br />
aus: Er habe ja so gar kein Talent,<br />
wird ihm gesagt.<br />
Lars Lehmann ist bei den Demos<br />
im Herbst 89 dabei, aber das zelebrierte<br />
Dissidententum um die<br />
Zionskirche bleibt ihm suspekt.<br />
Aber er zeichnet, und der freischaffende<br />
Maler Dieter Zander bestätigt<br />
Lars Lehmann, dass er Talent<br />
hat. Und dass wohl eher sein abgebrochenes<br />
Studium schuld ist an<br />
den beiden gescheiterten Aufnahmeprüfungen.<br />
Alle paar Wochen<br />
diskutiert er mit ihm seine Bilder.<br />
Die Mauer fällt, und ein paar<br />
Monate später besteht er die Aufnahmeprüfung<br />
an der Hochschule<br />
der Künste im Westteil Berlins. Lars<br />
Lehmann versucht sich wieder in<br />
Stillleben. Bis die Worte fallen: „Na,<br />
du willst wohl ein zweiter Morandi<br />
werden.“ Das sitzt. Stilllebenmaler<br />
Giorgio Morandi ist seit 30 Jahren<br />
tot. „Zu sein wie dieser oder jener<br />
- das war der schlimmste Vorwurf,<br />
den man damals jemandem<br />
machen konnte.“<br />
Lars Lehmann hat noch kein dickes<br />
Fell. Konzeptkunst ist angesagt,<br />
verrückte Installationen und Performances.<br />
Lars Lehmann kleckst<br />
ungegenständlich drauflos und<br />
gehört trotzdem zu den Konservativen:<br />
Schließlich arbeitet er immer<br />
noch mit Farben und Pinseln. Wie<br />
lächerlich traditionell!<br />
Doch dann: Italien. Lars Lehmann<br />
sieht: Ein Haus und ein Turm vor<br />
einem Berg mit einem Baum. Er<br />
reduziert das Bild auf Farben und<br />
Formen, was ihm mit den Acrylfarben,<br />
die er von der Kunsthochschule<br />
Ravenna geschenkt bekommen<br />
hatte, ganz gut gelingt: „Mir gefiel,<br />
was ich malte. Das hatte ich bis<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010<br />
„Babylon“, Öl auf Hartfaser, 208 x 150 Zentimeter.<br />
dahin noch nicht erlebt. Nur den<br />
Umgang mit dem Licht beherrschte<br />
ich nicht.“<br />
Als Lars Lehmann zurückkommt<br />
nach Berlin, wechselt er den Lehrer:<br />
„Ich brauchte einen, der mir das<br />
Licht beibringen konnte.“ Er<br />
schreibt sich bei Volker Stelzmann<br />
ein. Das ist sehr uncool, denn Stelzmann,<br />
DDR-sozialisiert, malt Menschen<br />
und ausgerechnet der weithin<br />
bekannte Georg Baselitz hat<br />
ihn sich als Gegner ausgesucht.<br />
„Aber das war mir egal. Stelzmann<br />
ist bis heute einer der größten<br />
figürlichen Maler. Weltweit.“ Hinter<br />
diesem Satz steckt mehr als<br />
Sympathie: Lars Lehmann hat sich<br />
entschieden. Gerade mit „Babylon“<br />
hat er ein großes, sorgfältig gearbeitetes,<br />
freches, humorvolles,<br />
modernes und grundsätzliches<br />
Statement für die figürliche Malerei<br />
abgegeben: Farbe, Pinsel,<br />
Gegenstände. Dafür wird er von<br />
KUNST<br />
den Menschen nicht gemocht, von<br />
denen er nicht gemocht werden<br />
will. „Stillleben - das hatten wir<br />
doch schon.“ Sagen die Kuratoren<br />
und Kunstwissenschaftler. „Kunstwissenschaftler<br />
und Kuratoren<br />
hatten wir auch schon.“ Sagt Lars<br />
Lehmann.<br />
Aber was kommt nach „Babylon“?<br />
Lars Lehmann feixt: „Ein großes<br />
Bild. Arbeitstitel: Finale.“<br />
Frank Schlößer (Text & Fotos)<br />
41
42<br />
KUNST<br />
Klosterformat,<br />
Curios Bilder<br />
und Hempels Kuh<br />
Jede Galerie hat Besonderes, ist einzig, wohl unverwechselbar. Das<br />
jedenfalls ist Anspruch. Wer in Rostocks Innenstadt, links der imposanten<br />
Vorderfront der Universität, durch den Torbogen den Klosterhof<br />
betritt, über knöchelspannendes Kopfsteinpflaster die<br />
sogenannten Professorenhäuser passiert und zum „Kloster zum<br />
Heiligen Kreuz“ findet, der trifft dort auf eben eine solche Galerie:<br />
Klosterformat.<br />
Hempels Holz-Kuh „bewacht“ den<br />
Galerieeingang. Christiane und<br />
Jochen Lamberz stoßen mit dem<br />
klosterformatierten Kaffee-Pott auf<br />
Genuss und Geschäft an.<br />
Der Galerie-Winzling mit<br />
gerade mal 90 Quadratmetern<br />
auf drei Etagen bis<br />
hoch in den Spitzenboden bietet<br />
dem Besucher einen wahren Taumel<br />
künstlerischer Vielfalt. Viel<br />
Keramik, was sicher der Passion<br />
und dem Beruf der Galeristin entspricht,<br />
immer wieder Bilder - zur<br />
Zeit die der Usedomer Malerin<br />
Sabine Curio - die im achtwöchigen<br />
Wechsel gehängt werden.<br />
Künstlern aus der Region, auch<br />
deutschlandweit, und sogar aus<br />
Neuseeland, Japan, den USA und<br />
aus Schweden ist ein geschätztes<br />
Forum gegeben.<br />
Dass Sabine Curio bereits zum<br />
zweiten Mal im „Klosterformat“<br />
ausstellt, ist sicher auch der Tatsache<br />
geschuldet, dass sie und die<br />
Galeristin Christiane Lamberz miteinander<br />
gut können. Sie kennen<br />
sich seit 40 Jahren. „Ihre Beständigkeit<br />
und die Fähigkeit, das eigene<br />
Werk auch anzuzweifeln“,<br />
schätzt Lamberz an der Malerin.<br />
Die ihrerseits befindet, dass es toll<br />
ist, was die andere in der winzigen<br />
Galerie macht, und „ dass es für sie<br />
keine halben Sachen gibt“.<br />
Das Haus Nr. 5 bezogen der<br />
freischaffende Mathematiker<br />
Jochen Lamberz als Galerieinha-<br />
ber und Ehefrau Christiane, als<br />
„künstlerische Seele“, vor acht<br />
Jahren. „Für die Rostocker ist<br />
unser Haus eine Oase“, vermerkt<br />
Christiane Lamberz. Die Gegend<br />
um das „Heilige Kreuz“ sei „Entdeckungsort“,<br />
und „die Touristen<br />
gehen sowieso in die Seiten -<br />
straßen“.<br />
Das dreistöckige Häuschen in<br />
urgemütlicher Cafè-Nachbarschaft<br />
beherbergt ständig rund<br />
1000 Stücke von Malerei, Grafik,<br />
Keramik, Schmuck, Plastik, Holz<br />
und dererlei „Kleinkunst“. Touristen<br />
sind auf qualitative Mitbringsel<br />
aus, die nicht sperrig sein dürfen.<br />
Da ist in den Galerie-Etagen<br />
Bereits zum zweiten Mal stellt die Usedomer Malerin Sabine Curio (links im Bild)<br />
ihre Bilder bei Christiane Lamberz aus.<br />
eine Enge, die Treppen sind mehr<br />
Stiegen, Vitrinen drängen einander<br />
und die Ablagebords sind<br />
übervoll.<br />
Christiane Lamberz ist seit Jahrzehnten<br />
eine anerkannte Keramikerin,<br />
in Sanitz steht ihr Brennofen,<br />
an dem sie regelmäßig<br />
einmal in der Woche arbeitet. Der<br />
Plan von der „Schauwerkstatt“<br />
im ehemaligen „Professoren-<br />
Häuschen“ , das in Wirklichkeit<br />
dereinst Obdach für Stiftsdamen<br />
war, scheiterte an dieser Enge.<br />
Natürlich bietet sie eigene<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010
Sachen in der Galerie „Klosterformat“<br />
an. Renner sind die „krummen“<br />
Kaffeepötte, deren Asymmetrie<br />
schon wieder die satte<br />
Harmonie ist. Gute, richtige<br />
Kunst muss nicht teuer sein. Zwischen<br />
4 Euro für den Winzling<br />
Sahnebecher und 78 Euro für die<br />
lange Krippe bewegen sich die<br />
Preise ihrer gebrannten Ton-<br />
Kunstwerke<br />
Offen ist die Galeristin natürlich<br />
auch anderen Berufskollegen<br />
gegenüber, Werke von 60 Künstlern<br />
hat sie in den Jahren angeboten.<br />
Dietmar Schramm war<br />
jüngst Gelegenheit gegeben,<br />
seine vorzüglichen Bilder und<br />
Grafiken zu zeigen, jetzt also<br />
Sabine Curio. „Von der haben wir,<br />
mein Mann und ich, zu Hause<br />
‚Malven am Fenster‘ hängen“ ,<br />
sagt die Gefäßgestalterin, so ihre<br />
eigene Bezeichnung.<br />
Oft wagen Besucher nur<br />
zögernd, die von Hempels-Holzkuh<br />
flankierte Galeriestufe zu<br />
überschreiten. Unsichere, verlegene<br />
Blicke. „Ich lauf‘ nicht hinterher,<br />
die sollen alleine gucken“,<br />
sagt Christiane Lamberz, „wer<br />
entscheidet sich schon, wenn er<br />
meinen Atem im Nacken spürt“.<br />
„Klosterformat“ ist in der Klein-<br />
Galerie gegenüber der Rostocker<br />
Uni-Kirche allgegenwärtig, steht<br />
für die Namensgebung des<br />
Kunsthäuschen und viele der<br />
Lamberz’schen Kunstprodukte.<br />
Die Eigenwilligkeit, weil Un -<br />
verwechselbarkeit, hat ihren<br />
Ursprung im historischen Ziegelstein<br />
des Mittelalters, im Klosterformat,<br />
den damals die Maurer –<br />
ob des Gewichts – „Gelenkbrecher“<br />
nannten. Vor der Erfindung<br />
des leichteren Reichsformats<br />
sind solche Schwergewichte zu<br />
Bauten aufgetürmt worden, die<br />
noch heute Bestand haben.<br />
An einem der tragenden Balken<br />
im Galeriehaus sind Postkarten<br />
angepinnt, die Freunde und<br />
dankbare Käufer schrieben. Auf<br />
einer steht der provokante Satz:<br />
„Dieses Geschäft arbeitet ohne<br />
Gewinn“, handschriftlicher<br />
Zusatz der Galeristin: „Aber mit<br />
Genuss“.<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010<br />
Jürgen Rösler (Text & Fotos)<br />
Painting to remember<br />
Vor zwei Jahren stellte Alexender<br />
Dettmar seine Bilder zerstörter<br />
Synagogen in der Güstrower Wollhalle<br />
aus. Nachdem sie auch in<br />
Westfalen und New York zu sehen<br />
waren, gibt es sie jetzt in Buchform:<br />
„Painting to remember –<br />
gemalt als Erinnerung“ ist ein<br />
prächtiger, großformatiger Bildband,<br />
eine einzigartige Übersicht<br />
über den kulturellen und moralischen<br />
Verlust, den sich das deutsche<br />
Volk mit der Reichspogromnacht<br />
am 8. November 1938<br />
zufügte. Indem Alexander Dettmar<br />
die Architektur der Synagogen<br />
wieder aufleben lässt, klagt er<br />
nicht nur die Verbrechen der<br />
Nationalsozialistischen Dikatur<br />
an – er macht auch die unbeschreibliche<br />
Dummheit deutlich,<br />
die hinter dem organisierten<br />
„Volkszorn“ steckte. Ob<br />
prächtig oder schlicht: Die Synagogen<br />
gehörten in die deutschen<br />
Städte, die Lücken an diesen Stellen<br />
sind bis heute Wunden. Ein<br />
Artikel von Thomas Ridder zur<br />
Bedeutung der Synagoge im jüdischen<br />
Leben und ein Abriss zu<br />
deutschen Synagogenbauten aus<br />
drei Jahrhunderten von Veit Veltzke<br />
verleihen dem zweisprachigen<br />
Buch (deutsch / englisch) außerdem<br />
das Format eines Standardwerkes<br />
in Sachen jüdischer Architektur<br />
in Deutschland.<br />
KUNST<br />
Alexander<br />
Dettmar „Painting to<br />
remember“ erschien 2010 im<br />
Hirmerverlag München. 200 leinengebundene<br />
Seiten im Hochglanzdruck<br />
kosten 39.90 Euro.<br />
FS<br />
43
44<br />
PERSÖNLICH<br />
Aus den Händen von Bundespräsident Christian Wulf erhielten Dagmar und Norbert Braun<br />
im September dieses Jahres das Bundesverdienstkreuz am Bande. Foto: Bundespräsidialamt<br />
„Ich bin den Berg hochgestiegen…“<br />
Diese Frau verkörpert pures Leben. Und dieser erste Eindruck liegt nicht nur an ihrem kräftig roten Kostüm und den dazu passenden ebenso<br />
roten Velourstiefeln. Dr. Dagmar Braun lacht. Ihren Modetick, den sie absolut und unumwunden zugibt, akzeptiert schließlich auch ihr Mann<br />
nach 32 Jahren Ehe. „Deine Entscheidungen, was Du so alles anziehst, sind zumindest immer sehr auffällig,“ zitiert sie ihn.<br />
Die studierte Ärztin und Pädagogin Dagmar<br />
Braun ist gemeinsam mit ihrem Mann<br />
Geschäftsführerin der Braun Beteiligungs<br />
GmbH in Greifswald, ein Unternehmen, dem<br />
Mehrheitsanteile verschiedenster Firmen vor<br />
allem im Vorpommerschen gehören, unter<br />
anderem Rügen-Feinkost, Greifenfleisch,<br />
Riemser Arzneimittel AG, drei Hotels und zwei<br />
Modehäuser. „Letzteres ist sicher auch meinem<br />
Modespleen geschuldet. Aber die Läden<br />
laufen heute“, sagt die 54-Jährige.<br />
Die Braun Beteiligungs GmbH schaffte bzw.<br />
sichert nach eigenen Angaben etwa 1300<br />
Arbeitsplätze. Durch ihre Beteiligungen half<br />
Familie Braun auch mehreren Unternehmern,<br />
deren Firmen bereits vor der Insolvenz standen<br />
oder erwarben die Firmen nach der Insolvenz<br />
und ermöglichten deren Weiterführung.<br />
In Vorpommern begann die Zeit für Familie<br />
Braun 1992. Das damals im Frankfurter Raum<br />
beheimatete Unternehmerehepaar erwarb<br />
zu jener Zeit von der Treuhandanstalt die Tier-<br />
arzneiherstellung auf der Insel Riems mit einst<br />
30 Mitarbeitern. Heute beschäftigt die Riemser<br />
Arzneimittel AG ca. 600, erwirtschaftet<br />
einen Jahresumsatz von über 100 Millionen<br />
Euro.<br />
„Für dieses Ziel haben wir von morgens bis<br />
abends gearbeitet. Wir hatten Glück, es zu<br />
schaffen,“ schaut Dagmar Braun zurück. Harte<br />
Jahre waren‘s, denn mit offenen Armen seien<br />
beide, sie, die in Hessen aufgewachsene und<br />
er, der gebürtige Bremer, beim ersten Besuch<br />
nicht auf „dem Riems“ empfangen worden.<br />
„Ihr seid doch auch bloß Kapitalisten, hieß es<br />
damals“. Ein Vorwurf, der Norbert Braun herausforderte.<br />
„Lass uns mal ein bisschen Farbe<br />
in die triste Gegend bringen, sagte mein<br />
Mann damals.“ Überhaupt, er sei schon der<br />
Antreiber in ihrer Ehe. „Und ich bin meist der<br />
Abarbeiter, besonders im technischen und<br />
naturwissenschaftlichen Bereich,“ setzt sie<br />
nach. Was folgt, ist eigentlich eine Liebeserklärung:<br />
„Ich habe gekauft und viele Schwierigkeiten<br />
hast du danach hinter mir aus dem<br />
Weg geräumt. Ich hatte den Kopf frei für neue<br />
Sachen,“ sagt Norbert Braun zu seiner Frau.<br />
Dagmar Braun steht eine gewisse Nachdenklichkeit<br />
im Gesicht.<br />
„Was zu Beginn so aussah, als könnte man<br />
extern von Hessen die Geschäftsleitung auf<br />
dem Riems erledigen, erwies sich als überholt,<br />
als wir 1997 Produkte zur Anwendung am<br />
Menschen hinzukauften, um das Unternehmen<br />
auf eine breitere Basis zu stellen und die<br />
Produktion besser auszulasten.“<br />
1998 standen die Umzugswagen in Merzhausen<br />
vor der Tür. „Keine einfache Entscheidung,<br />
denn wir waren dort gut etabliert und gesellschaftlich<br />
engagiert.“ Auch für die heranwachsenden<br />
beiden Kinder damals schwierig.<br />
„Sebastian war 18, Bianca 15. Aber wir wurden<br />
vor Ort, auf dem Riems, gebraucht.“<br />
Der Schritt war richtig. Ihr Unternehmen entwickelte<br />
sich in den folgenden Jahren zum<br />
größten pharmazeutischen Betrieb Mecklen-<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010
urg-Vorpommerns und hat deutschland- und<br />
europaweit Anerkennung gefunden. Norbert<br />
Braun war vor allem für den kaufmännischwirtschaftlichen<br />
Bereich verantwortlich, seine<br />
Ehefrau, die Medizinerin, kümmerte sich vorrangig<br />
um Einkauf, Produktion, Zulassung,<br />
Forschung und Entwicklung, übernahm 2001<br />
dafür die Leitung im Vorstand. Im Dezember<br />
2008 und Juni 2009 gab das Ehepaar nacheinander<br />
geplant die Unternehmensleitung ab.<br />
Heute hält die Familie über die Braun Hanse<br />
Holding 60 Prozent am Unternehmen.<br />
Vor zwei Jahren, 2008, stand das Leben von<br />
Dagmar Braun unter keinem guten Stern. „Ich<br />
hatte Brustkrebs. Beim Screening in Greifswald<br />
hatte man mich herausgefischt.“ Jetzt geht es<br />
der 54-Jährigen wieder gut. „Ich lebe, freue mich<br />
über jedes Jahr, in dem es mir gut geht.“ Und<br />
ordentlich zugenommen habe sie auch. „Konfektionsgröße<br />
44“. Jetzt lacht sie wieder, geht<br />
sehr offen mit der Erkrankung um und fordert<br />
nachdrücklich immer alle Mitarbeiterinnen und<br />
Geschäftspartner zur Wahrnehmung des Screenings<br />
auf.<br />
Ob nun in Hessen oder in Mecklenburg-Vorpommern,<br />
bei Brauns ist es üblich, über den<br />
Tellerrand zu schauen, soll heißen, sich gesellschaftlich<br />
einzubringen.<br />
„Ich denke, ich sollte nicht nur für mich schaffen,<br />
sondern auch für andere.“ 25 bis 30 Prozent<br />
ihrer Zeit habe sie schon immer fürs<br />
Ehrenamt eingesetzt. „So haben wir auch<br />
unsere Kinder erzogen.“ Sohn Sebastian war<br />
in seiner Jugend bei der Freiwilligen Feuerwehr,<br />
Tochter Bianca im Jugendrotkreuz.<br />
„Ehrenamt gehört für meinen Mann und<br />
mich zu einem normalen Leben.“ Beim Ehepaar<br />
Braun ist die Liste der Ehrenämter ziemlich<br />
umfänglich. So war Dagmar Braun bis<br />
Mitte dieses Jahres Vorstandsmitglied im<br />
Bundesverband der Pharmazeutischen Industrie<br />
und sie ist Vorsitzende der Landesverbands<br />
M-V im Verband deutscher Unternehmerinnen<br />
(VDU). Seit 2009 ist sie auch<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010<br />
stellvertretende Vorsitzende des Biotechnologie-Netzwerkes<br />
BioCon Valley e.V. Unter anderem!!<br />
Norbert Braun ist gewähltes Mitglied<br />
der Greifswalder Bürgerschaft und hat noch<br />
eine große Zahl weiterer Ehrenämter in Aufsichtsräten<br />
und sonstigen Kontrollgremien.<br />
Dagmar Braun wirkt stark. Auf die Frage,<br />
woher sie ihre Kraft nehme, antwortet sie nur<br />
knapp: „Weiß ich nicht, irgendwo ist sie da.<br />
Aber ich bin sehr dankbar dafür, dass ich sie<br />
habe.“ Die Zeit sei zu kurz, um darüber nachzugrübeln.<br />
Dagmar Braun spricht schnell, was<br />
Dagmar Braun liebt ihren Computer und ihre<br />
„geordnete“ Unordnung auf ihrem Schreibtisch.<br />
Foto: Re. Rö.<br />
auf eine Schnelldenkerin schließen lässt. Sie<br />
nickt. „Ich bin auch schnell unterfordert.“ Was<br />
durchaus auf einen höheren IQ hinzuweisen<br />
scheint…<br />
Neuerdings lehrt Dr. Braun auch noch an der<br />
Fachhochschule Idstein im Taunus. Ihre braunen<br />
Augen blinzeln. „Ich muss etwas für<br />
meine „vier Buchstaben“ tun. Es macht sich<br />
auf dem Grabstein besser, wenn dort Professor<br />
steht.“ In einem internationalen Studiengang<br />
unterrichtet sie Pharmaökonomie. „Es<br />
trifft meine Intention, denn ich habe als junge<br />
Frau in Göttingen in Neuropharmakologie<br />
PERSÖNLICH<br />
promoviert und freue mich, meine Erfahrungen<br />
in der Wirtschaft an junge Leute aus der<br />
ganzen Welt weitergeben zu können.“ Außerdem<br />
müssten ja ihre zwei Staatsexamina in<br />
Medizin und Pädagogik nützlich sein. Im<br />
Dezember wird sie eine Gastvorlesung über<br />
mittelständische Forschung an bekannten<br />
Wirkstoffen an der University of Cardiff halten.<br />
„Mein Hobby ist die Arbeit,“ sagt Dagmar<br />
Braun. Inzwischen vielleicht auch ein bisschen<br />
die drei Enkelkinder. Da kamen sogar<br />
längst vergrabene Häkel- und Strickkenntnisse<br />
wieder an den Tag. „Meine Kinder schienen<br />
vom Glauben abzufallen. Die kannten mich in<br />
meiner freien Zeit nur mit Fachliteratur auf<br />
dem Sofa.“ Ach ja, und schwimmen. Im Gützkower<br />
Badesee zum Beispiel. „So an die 1000<br />
Meter sind das Pensum, das mein Mann und<br />
ich im Sommer drei bis fünf Mal die Woche<br />
dort absolvieren.“ Auch gemeinsame Radtouren<br />
mögen beide sehr, besonders auch Fernradwege,<br />
die mit Gepäck abgeradelt werden.<br />
Und das Reisen in ferne Länder. „Zu Weihnachten<br />
sind wir in Vietnam.“ Das sei schon<br />
schön. „Urlaub am Strand, viel Sonne, herrlich<br />
relaxen und für mich dann Tauchen.“ Oder<br />
gut Essen gehen. „Wobei wir das fast jeden<br />
Abend tun, weil ich nicht kochen kann,“<br />
gesteht sie. Und hat auch einen aktuellen<br />
Geheimtipp für das nahe Grimmen parat:<br />
„Markt 7“. „Müssen Sie unbedingt hin. Großartig.“<br />
Stolz, das Wort mag Dagmar Braun. „Aber<br />
nicht Stolz von oben herab. Ich bin den Berg<br />
hochgestiegen, und sage, ja, du hast es<br />
geschafft.“ Und weil Dagmar und Norbert<br />
Braun eben diesen Berg bezwungen haben,<br />
wurden sie am 6. September dieses Jahres<br />
von Bundespräsident Christian Wulf mit dem<br />
Bundesverdienstkreuz am Bande geehrt.<br />
Die Eheleute Braun sind sich einig, dass ihre<br />
Entscheidung für die Insel Riems vor 18 Jahren<br />
und den Aufbau Ost richtig war. „Ost und<br />
West, das ist für uns kein Thema mehr.“<br />
Regina Rösler<br />
Krischanweg 7 · D-18069 Rostock · Tel.: 0381 80182-0 · Fax: 0381 80182-99 · www.eikboomgmbh.de<br />
45
46<br />
ADEL<br />
Schloss<br />
Ein kleines Stück vom<br />
Mecklenburger Adelswappen (8): Das blutrote Drehtor<br />
Seit 20 Jahren sanieren die Levetzows ihr Schloss - und sind noch lange nicht fertig.<br />
Fische, Hasen, Störche, verschnörkelte<br />
Schlüssel oder auch<br />
mal ein schief hängendes<br />
Drehtor... wer Adelswappen aus<br />
Mecklenburg betrachtet, findet<br />
manches Detail, das Rätsel aufgibt.<br />
Dahinter stecken oft abenteuerliche<br />
Erzählungen, in jedem<br />
Falle reichlich bunte Historie, die<br />
in dieser Serie erzählt werden<br />
soll. Denn Geschichte wird erst<br />
dann lebendig, wenn man etwas<br />
über die Menschen weiß, die sie<br />
mit geschrieben haben.<br />
Gummistiefel stehen im Wohnungsflur<br />
von Mechthild und<br />
Joachim von Levetzow. An der<br />
Garderobe hängt eine grüne<br />
Wachsjacke, an den Wänden das<br />
Gemälde einer Jagdszene, umgeben<br />
von etlichen alten Porträts.<br />
Während der Hausherr gerade<br />
irgendwo unten im Keller herumwerkelt,<br />
backt seine Frau Kuchen<br />
für die Handwerker. Sie macht<br />
eine Geste nach oben: Zur Zeit<br />
wird das Dach neu gedeckt. Seit<br />
die Levetzows vor 20 Jahren das<br />
Lelkendorfer Schloss gekauft<br />
haben, sind sie es gewohnt, dass<br />
ständig irgendwo gehämmert,<br />
gebohrt oder gesägt wird. Denn<br />
das von einem großen Park<br />
Mechthild und Joachim von Levetzow.<br />
umgebene Gemäuer am nördlichen<br />
Rand der Mecklenburgischen<br />
Schweiz hat schon viele<br />
Jahre auf dem Buckel und wurde<br />
nicht immer nur pfleglich be -<br />
handelt.<br />
Nach den Wurzeln seiner Familie<br />
gefragt lächelt der Hausherr und<br />
stellt die Gegenfrage: „Wie weit<br />
soll ich zurückgehen?“ Dann<br />
erzählt er von einem germanischen<br />
Stamm, den Burgundern,<br />
die zu Beginn der Völkerwanderung,<br />
also etwa zu Beginn des<br />
fünften Jahrhunderts, westlich<br />
von Danzig an der Ostsee zuhause<br />
waren. Die seien von den Slawen<br />
verdrängt worden und<br />
zunächst ins heutige Elsass, dann<br />
weiter die Rhone hinunter bis in<br />
jenen Landstrich gezogen, der<br />
jetzt als das Burgund bekannt ist.<br />
Ahnenforscher mutmaßen, dass<br />
die Levetzows bei dieser Wanderung<br />
mit dabei waren, denn ganz<br />
in der Nähe, in den südfranzösischen<br />
Cevennen, gebe es ein Teilgebirge<br />
mit dem Namen Monte<br />
Levetzouw. „Eine Cousine von mir<br />
hat nach der Wende mal Nachforschungen<br />
angestellt und ist<br />
auf eine Familie gestoßen, die<br />
dort seit dem 6. Jahrhundert auf<br />
einer Burg Levetzow beheimatet<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010
Drei Baustile vereint das alte Gemäuer.<br />
Das Familienwappen prangt über dem Haupteingang.<br />
ist“, berichtet Joachim von Levetzow.<br />
Der 67-jährige Mann mit<br />
dem schneeweißen Haarschopf<br />
trägt Jeans und Lodenjoppe.<br />
Während er die Wege seiner Vorfahren<br />
schildert, lehnt er sich<br />
genüsslich im Sessel zurück.<br />
Dann zuckt er kurz mit den<br />
Schultern und vermutet: „Einer<br />
aus der Familie muss gesagt<br />
haben, hier gehör ich nicht hin,<br />
ich will wieder zurück in den Norden.“<br />
Im Jahr 890 nämlich taucht<br />
in Bremen ein Bischof von Levetzow<br />
auf. Und als 1190 die ersten<br />
Kreuzritter aus dem Bistum<br />
Lübeck/Bremen nach Mecklenburg<br />
zogen, könnte einer seiner<br />
Söhne dabei gewesen sein. Joachim<br />
von Levetzow schmunzelt<br />
und kommentiert: „Das ist natürlich<br />
alles nur Spekulation und<br />
alles was noch davor war, ist bei<br />
der Sintflut verloren gegangen.“<br />
Fest steht: Im Schloss Lelkendorf<br />
hatte die Familie bereits 1225<br />
ihren Sitz. Im Keller sieht man<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010<br />
noch heute die Grundmauern<br />
und drei Tonnengewölbe aus<br />
jener Zeit. Alles übrige wurde<br />
1629 von Wallensteins Truppen<br />
niedergebrannt – die adeligen<br />
Bewohner hatten den Fehler,<br />
nicht katholisch, sondern evangelisch-lutherisch<br />
zu sein. Joachim<br />
von Levetzow steht aus<br />
dem Sessel auf, holt ein dickes<br />
Buch aus dem Regal und packt es<br />
auf den Tisch. Während er mit<br />
dem Finger auf einen Stammbaum<br />
zeigt, spottet er: „Das<br />
Kuriose war, dass Wallenstein mit<br />
einer Gräfin Harrach verheiratet<br />
war. Und hier sieht man, dass<br />
meine Großmütter mütterlicherseits<br />
und väterlicherseits auch<br />
aus diesem Geschlecht stammten.<br />
Hätte er gewusst, dass er da<br />
seine spätere Verwandtschaft<br />
brandschatzt, dann hätte er das<br />
Schloss vielleicht verschont.“<br />
Wenn von Levetzow an den<br />
30jährigen Krieg denkt, dann verfinstert<br />
sich seine Mine. Im<br />
benachbarten Neukalen, das<br />
damals schon Stadtrecht besaß,<br />
hätte es nach den Feldzügen nur<br />
noch acht lebende Menschen<br />
gegeben. Er schüttelt den Kopf<br />
und erklärt: „Die Truppen sind<br />
hier hin und her gezogen, raubten<br />
den Bauern alles, was sie hatten<br />
und nahmen die Mädchen<br />
gleich auch noch mit, weil sie ja<br />
unterwegs was für ihre sexuelle<br />
Lust brauchten. Das war ziemlich<br />
rüde. Aber alles passierte natürlich<br />
immer im Namen Christi.“<br />
Aus der Familie von Levetzow<br />
überlebte nur ein männlicher<br />
Nachfahre mit Namen Friedrich.<br />
Von dem stammen heute alle<br />
norddeutschen Levetzows ab.<br />
Und er war es auch, der das<br />
Schloss doppelt so groß wie<br />
zuvor im Renaissance-Stil neu<br />
errichtete. Doch Bauen ist<br />
Modesache. Spätere Generationen<br />
hatten andere Vorstellungen<br />
von einem repräsentativen Herrschaftssitz<br />
und wandelten 1889<br />
alles noch einmal im damals<br />
aktuellen Tudorstil um, verpass -<br />
ten dem Bauwerk einen Turm<br />
und erweiterten die Eingangshalle<br />
durch einen Vorbau im<br />
Sezessionsstil.<br />
Joachim von Levetzow selbst<br />
erblickte im Schloss 1943 das<br />
Licht der Welt. Für seine Eltern<br />
war das freudige Ereignis umso<br />
wichtiger, als es nach drei<br />
Mädchen nun endlich auch einen<br />
Stammhalter gab. Am liebsten<br />
hätten sie sofort die Familienfar-<br />
ADEL<br />
ben Rot und Weiß gehisst, sorgten<br />
sich aber, ob es Ärger geben<br />
könnte, wenn nicht zugleich<br />
auch die Hakenkreuzfahne am<br />
Giebel weht. So kam es, dass der<br />
Wimpel der von Levetzows nur<br />
ganz verstohlen über Nacht<br />
hochgezogen und am Morgen<br />
schnell wieder eingeholt wurde.<br />
Zwei Jahre später, als vom „Endsieg“<br />
der Nationalsozialisten niemand<br />
mehr sprach, wären die<br />
Lelkendorfer Schlossherren am<br />
liebsten frühzeitig geflohen,<br />
doch schon die Vorbereitung<br />
eines Trecks war damals unter<br />
Androhung der Todesstrafe verboten.<br />
Joachim von Levetzow<br />
blickt zurück: „Als am 8. Mai die<br />
Russen mit ihren Panzern kamen,<br />
ist meine Mutter ihnen mit der<br />
weißen Fahne in den Händen<br />
entgegengegangen.“ Im November<br />
dann kam der Ausreisebefehl,<br />
die Adeligen wurden in Malchin<br />
auf Viehwagen verladen und von<br />
dort nach Altenburg gebracht. 14<br />
Tage dauerte der Transport. Mit<br />
im Zug war unter anderem auch<br />
die Familie von Hahn aus Basedow.<br />
„Deren Haushälterin hatte<br />
einen Nachtstuhl mitgebracht<br />
und so hatten wir in unserem<br />
Waggon wenigstens so etwas<br />
wie eine Toilette.“<br />
Reichtümer konnte auf diese<br />
Reise niemand mitnehmen. Die<br />
Mutter war an Gelbsucht<br />
erkrankt, ihre Kinder waren eins,<br />
zwei, sieben und acht Jahre alt.<br />
47
48<br />
ADEL<br />
Inzwischen tut sich auch kulturell einiges im Ort.<br />
Abgesehen von einem Sack voll<br />
Zucker, Mehl und einer Speckseite,<br />
die unter den Windeln des<br />
Kleinsten mit im Kinderwagen<br />
lag, besaßen die Levetzows<br />
nichts mehr, als sie in Niedersachsen<br />
ankamen. Die Mutter<br />
fand Arbeit in einer Chemiefabrik<br />
Ein guter Kuchen für die Bauarbeiter,<br />
das gehört dazu.<br />
bei Verden an der Aller, der Vater<br />
schlug sich als Vertreter durch,<br />
alle Kinder machten später eine<br />
Lehre. Auch für Joachim begann<br />
das Berufsleben mit einem Knochenjob:<br />
Er wurde Betonbauer.<br />
Mit Akkordarbeit in den Semesterferien<br />
schaffte er es jedoch,<br />
sich das Fachhochschulstudium<br />
zu finanzieren und Bauingenieur<br />
zu werden, um später noch ein<br />
Studium als Diplomkaufmann<br />
draufzusetzen.<br />
In verschiedenenGesellschaften<br />
der<br />
Baustoffindustrie<br />
war von<br />
Levetzow späterGeschäftsführer.<br />
Er engagierte<br />
sich<br />
deutschlandund<br />
europaweit in der Verbandsarbeit<br />
und wurde Vater von zwei<br />
Söhnen. Wie es dazu kam, dass er<br />
nach der Wende ins Land seiner<br />
Urahnen zurückkehrte? „Ich wollte<br />
meinen Kindern gerne so etwas<br />
wie ein richtiges Elternhaus bieten<br />
können und hatte die romantische<br />
Vorstellung, dass Lelkendorf, wo<br />
immerhin 800 Jahre Familiengeschichte<br />
geschrieben wurden, so<br />
etwas sein könnte.“ Mit rund 100<br />
000 DM Sanierungskosten hatte<br />
er nach einem ersten, oberflächlichen<br />
Blick auf das Anwesen<br />
gerechnet. Tatsächlich investierte<br />
er inzwischen rund vier Millionen<br />
Euro. Sein Finanzierungsmodell: Er<br />
teilte das Schloss kurzerhand in elf<br />
Wohnungen auf, von denen zehn<br />
bereits verkauft sind und teilweise<br />
als Ferienwohnungen vermietet<br />
werden. Weitere sieben Quartiere<br />
entstehen gerade oben unterm<br />
Dach. Der Baron atmet erleichtert<br />
auf: „Wenn wir die auch noch an<br />
den Mann gebracht haben, dann<br />
sind wir schuldenfrei.“<br />
Bei allem Trubel, den die Sanierung<br />
eines solchen Bauwerks mit<br />
sich bringt, waren die zurückgekehrten<br />
Schlossherren in den ver-<br />
gangenen<br />
Jahren auch<br />
noch Mitbegründer eines kleinen<br />
Tierparks, in dem Haustierrassen,<br />
die nicht mehr profitabel sind,<br />
trotzdem als Genpool erhalten<br />
werden. Und sie hoben den Kulturförderverein<br />
Lelkendorf mit<br />
aus der Taufe, der derweil etwa 50<br />
Mitglieder hat und regelmäßig<br />
Musik, Theater und Ausstellungen<br />
aufs Land holt. Ihr Hintergedanke:<br />
Wenn man aufs Land zieht,<br />
dann muss man selber etwas tun,<br />
um Abwechslung in den Alltag zu<br />
bringen. Die Besucherzahlen bei<br />
ihren Veranstaltungen geben den<br />
Vereinsgründern Recht.<br />
Nur ein kleines Stück vom<br />
Schloss, eine 90 Quadratmeter-<br />
Wohnung im Seitenflügel, hat<br />
Joachim von Levetzow nach all<br />
der Arbeit für sich und seine Frau.<br />
Doch er ist zufrieden: „Ich finde,<br />
wir leben hier ein Luxusleben. Ich<br />
kann in die Natur hinausgehen,<br />
Pilze und Beeren sammeln und<br />
wenn mir so ist, dann greif ich zu<br />
meinem Jagdgewehr und schieß<br />
mir das Stück Fleisch, das ich<br />
haben will.“<br />
Katja Bülow (Text & Fotos)<br />
Das Wappen:<br />
Das Familienwappen der<br />
mecklenburger Uradelsfamilie<br />
von Levetzow zeigt ein<br />
rotes Drillgatter aus sieben<br />
spitzen Pfählen und zwei Balken.<br />
Schon im 13. Jahrhundert<br />
taucht dieses Wappen in<br />
Mecklenburg als Siegel auf.<br />
Die dazu gehörige Sage entstand<br />
erst deutlich später. Sie<br />
erzählt, wie so viele dieser<br />
Geschichten, von einem Knappen,<br />
der seinen Herrn aus dem<br />
Hinterhalt gerettet hat. Im<br />
deutsch-schwedischen Krieg,<br />
so heißt es, sei eine Delegation<br />
zu Verhandlungen in eine<br />
Stadt geladen worden. Freies<br />
Geleit war den Männern<br />
zugesichert, doch als sie das<br />
drehbare Stadttor gerade passiert<br />
hatten, sollte dieses<br />
geschlossen werden. Besagter<br />
Knappe bemerkte die Finte,<br />
schlug Alarm und hielt mit all<br />
seiner Kraft das Tor geöffnet,<br />
bis sein Herr entkommen war.<br />
Er wurde noch mit blutigen<br />
Schultern zum Ritter geschlagen<br />
und durfte fortan das Tor<br />
als Symbol seines Mutes auf<br />
dem Schilde tragen. „Levet so!<br />
Lebet so!“, lautete der Spruch,<br />
der ihm dazu ins Wappen<br />
geschrieben wurde. Joachim<br />
von Levetzow in Lelkendorf<br />
kommentiert diese Sage:<br />
„Mein Großvater hat schon<br />
immer beteuert, dass eine<br />
Geschichte nicht unbedingt<br />
wahr sein muss, sie muss nur<br />
gut erzählt sein.“<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010
Christoph Hein.<br />
Foto: Sven Paustian/Suhrkamp-Verlag<br />
Für Literaten und Schöngeister<br />
galt Deutschlands ältestes Seebad<br />
schon immer als ein anmutiger<br />
Ort. An dieser Tradition will Heiligendamm<br />
festhalten, kulturelle<br />
Begegnungen ganz eigener Art<br />
werden neu- bzw. wiederentdeckt.<br />
Aktuell die im Herbst stattgefundene<br />
LiteraturZeit, vorbereitet<br />
und geleitet von der Rostocker<br />
Publizistin und Herausgeberin<br />
Lydia Reich und dem Verleger<br />
Elmar Faber vom Faber & Faber<br />
Verlag Leipzig.<br />
„Die Idee, ein Literaturfest mit<br />
dem Namen Heiligendammer LiteraturZeit<br />
zu begründen stammt<br />
von meinem verstorbenen Mann“,<br />
erklärt Lydia Reich. „Es ist mir ein<br />
Bedürfnis und eine Verpflichtung<br />
zugleich, diese Idee nach dem Tod<br />
meines Mannes weiterzuführen<br />
und gemeinsam mit dem Grand<br />
Hotel die LiteraturZeit als festen<br />
Bestandteil im Kulturprogramm<br />
des Hotels zu etablieren.“ Lydia<br />
Reich gründete 1990 gemeinsam<br />
mit ihrem Mann den Konrad Reich<br />
Verlag, der seit einigen Jahren zum<br />
Hinstorff-Verlag Rostock gehört.<br />
Anspruchsvolle Lesungen, lebhafte<br />
Diskussionen sowie literarischmusikalische<br />
und kulinarische Veranstaltungen<br />
schmückten die ausgesprochen<br />
erlesene LiteraturZeit.<br />
Auch im nächsten Herbst wird es<br />
im Heiligendammer Grand Hotel<br />
eine LiteraturZeit geben, verspricht<br />
Lydia Reich.<br />
Die diesjährige Heiligendammer<br />
LiteraturZeit eröffnete der vielfach<br />
ausgezeichnete Schriftsteller<br />
Christoph Hein und las aus seinem<br />
2004 erschienenen Roman „Landnahme“.<br />
Heins Werke sind bislang<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010<br />
Respekt vor dem weißen Blatt Papier<br />
in 35 Sprachen übersetzt worden.<br />
Auch international gehört der<br />
heute 66-Jährige zu den meistgelesenen<br />
Autoren der Gegenwart.<br />
Rostock „delüx“ fand Gelegenheit<br />
für ein kurzes Interview mit<br />
Christoph Hein.<br />
Christoph Hein, Ihr Roman „Landnahme“<br />
spiegelt die Geschichte<br />
eines schlesischen Umsiedlerkindes<br />
wider, das versucht, in<br />
Deutschland Fuß zu fassen, ja<br />
Land zu bekommen. Ein wenig<br />
Ihre eigene Geschichte, denn auch<br />
Sie sind gebürtiger Schlesier?<br />
Nein. Die Hauptfigur Bernhard<br />
Haber ist älter als ich. Es gibt<br />
sicher vergleichende Dinge und<br />
Momente, aber auch dann wieder<br />
ganz unterschiedliche.<br />
Wie lange schreiben Sie an einem<br />
solchen Roman? Möglicherweise<br />
sind Sie ein Schnellschreiber. Ich<br />
habe mal nachgerechnet, im Schnitt<br />
haben Sie in Ihrem bisherigen<br />
Schriftstellerleben so etwa alle zwei<br />
Jahre ein neues Buch veröffentlicht.<br />
Also, ich bin absolut kein Schnellschreiber.<br />
An so einem Roman<br />
wie „Landnahme“ arbeite ich<br />
schon mehrere Jahre. Wenn man<br />
jeden Tag artig schreibt, kommt<br />
eben viel zusammen. Aber es<br />
sind ja nicht nur Bücher von mir<br />
rausgekommen, sondern auch<br />
Theaterstücke, Essays und so<br />
weiter. Ich bemühe mich, schon<br />
fleißig zu sein.<br />
Wann fließt es Ihnen am besten aus<br />
der Feder, morgens oder abends?<br />
Mein berühmter und geschätzter<br />
Kollege Garcia Marquez hat auf<br />
diese Frage mal geantwortet: Ich<br />
arbeite wie ein Buchhalter. Und<br />
da steckt viel Wahres drin. Wenn<br />
man freischaffend tätig ist und<br />
sein eigener Chef ist, dann müssen<br />
die Arbeitszeiten auch eingehalten<br />
werden.<br />
Woher kommen Ihre Ideen, ihr<br />
Schreibstoff?<br />
Meistens aus meinem Leben,<br />
das, was ich gesehen, erlebt und<br />
erfahren habe. Ich tue vielleicht<br />
noch die eine oder andere Idee<br />
dazu. Ein russischer Schriftsteller<br />
des 19. Jahrhunderts sagte übrigens,<br />
dass Schreiben aus einem<br />
Prozent Inspiration und 99 Prozent<br />
Transpiration besteht.<br />
(Lacht) Vielleicht ist es bei mir<br />
noch ein bisschen mehr Transpiration….<br />
Kunst ist sehr schön,<br />
macht aber viel Arbeit.<br />
Jakob, der jüngere Ihrer beiden<br />
Söhne, ist sowohl Psychiater als<br />
auch Schriftsteller. Sind Sie ihm<br />
ein Vorbild?<br />
Nun, ich glaube nicht, dass ich<br />
Vorbild für Jakob bin. Wir gehen<br />
wie Vater und Sohn miteinander<br />
um. Genauso ist es mit meinem<br />
großen Sohn. Beide Söhne sind<br />
verheiratet, ich habe Enkel. Wir<br />
sind eine gute Familie.<br />
Arbeiten Sie und Jakob gemeinsam?<br />
Wir zeigen schon einander die<br />
Texte vor dem Erscheinen und<br />
sagen etwas dazu. Aber das ist<br />
keine Kritik. Es ist schon erstaunlich,<br />
wie gut der Jakob schreibt.<br />
Wie erleben Sie die heutige Zeit?<br />
Es ist heute alles etwas spannender<br />
und bunter geworden. Der<br />
Umbruch für die Ostdeutschen<br />
Christoph Hein erzählt die Lebensgeschichte Bernhard Habers über fast<br />
fünfzig Jahre aus der Sicht und mit den Stimmen von fünf Wegbegleitern.<br />
Es ist der Lebenslauf eines Außenseiters in der Provinz, der mit der<br />
großen Geschichte scheinbar nichts zu tun hat und doch den Verlauf<br />
deutscher Geschichte vom zweiten Weltkrieg bis zur Jahrtausendwende<br />
exemplarisch spiegelt.<br />
„ ‚Landnahme‘ ist ein großartiger Roman… Selten zuvor hat der Autor<br />
Hein im Übrigen so komische Episoden und Nebengeschichten zu bieten<br />
gehabt, ob das nun die wilde Ballonfahrt eines wunderbar verrückten<br />
Alten ist, eine sommerliche Käferplage oder die Mühsal mit<br />
der Liebe…“ (Volker Hage, „Der Spiegel“)<br />
Erschienen im Suhrkamp Verlag, ISBN 978-3-518-45729-0.<br />
LITERATUR<br />
hat vor allem das Leben für sie<br />
total verändert, ihr Leben nach<br />
der DDR-Langeweile reizvoll<br />
gemacht.<br />
Und wie ist es bei Ihnen? Was hat<br />
sich denn für Sie nach Ihrer Rede<br />
auf der legendären Berliner Großdemonstration<br />
am 4. November<br />
1989 verändert?<br />
Eigentlich wenig. Ich stehe<br />
immer noch früh auf, gehe an<br />
meinen Schreibtisch und nehme<br />
ein weißes Blatt Papier. Da geht‘s<br />
einem nicht immer so gut.<br />
Warum denn das?<br />
Ein weißes Blatt Papier ist was<br />
ganz Schreckliches, man begegnet<br />
ihm mit Angst und Respekt.<br />
Das hat sich bei mir durch die<br />
Wende leider nicht gewendet.<br />
Sie schreiben doch nicht etwa mit<br />
der Hand?<br />
Ja, auch. Meistens aber mit der<br />
Schreibmaschine. Früher mit<br />
einer mechanischen, wenn die<br />
schwieg, schwieg ich auch. Jetzt<br />
habe ich eine elektrische, sie<br />
surrt nur leise. Einen Computer<br />
besitze ich auch. Der ist ganz gut<br />
zum Abschreiben.<br />
Woran arbeiten Sie aktuell?<br />
Da antworte ich Ihnen mit Brecht:<br />
An meinem nächsten Irrtum.<br />
Der möge Ihnen natürlich gelingen.<br />
Danke für das Interview.<br />
Regina Rösler<br />
49
50<br />
ANZEIGE<br />
In Zierow an der Wismarbucht<br />
kann dieser Traum verwirklicht<br />
werden. Leben in der Natur und<br />
mit der Natur ist der Wahlspruch<br />
des Investors. Und das kann man<br />
zumindest für die Ferienzeit mit<br />
einem der angebotenen Häuser<br />
verwirklichen.<br />
Zierow ist eine Gemeinde im<br />
Landkreis Nordwestmecklenburg.<br />
Das Gemeindegebiet Zierows<br />
grenzt an die Hansestadt Wismar<br />
(ca. 6 km), der Stadt mit Weltkulturerbestatus<br />
und liegt direkt an<br />
der Wismarer Bucht<br />
gegenü̈ber<br />
den Inseln<br />
Poel und Walfisch.<br />
Die Gemeinde hat einen etwa<br />
zwei Kilometer langen Ostseeküstenabschnitt<br />
an der Eggers Wiek.<br />
Nur 35 km von Zierow entfernt<br />
liegt die Landeshauptstadt<br />
Schwerin.<br />
Vielfältige Freizeitangebote, wie<br />
Surfen, Segeln, Golfen, Reiten findet<br />
der Urlauber in der direkten<br />
Umgebung von Zierow.<br />
Die De Poeler Drift Grundstücksgesellschaft<br />
errichtet auf einem<br />
Terrain von fast 80.000 qm, direkt<br />
am Meer gelegen, Ferienhäu- ser<br />
mit Wohlfühlatmosphäre und<br />
unverbaubarem Ostseeblick. Nach<br />
ca. 10 Minuten erreicht man fußläufig<br />
den Strand. In Anlehnung<br />
an den Traum von einer eigenen<br />
Insel entstehen Häuser mit den<br />
klangvollen Namen Poel, Rügen,<br />
Samsø, Gotland, Usedom und<br />
Reetdachhäuser an der Ostsee<br />
Das Haus am Wasser ist der Traum vieler Menschen<br />
Rømø und dem Markenzeichen<br />
des Nordens – den Reetdächern.<br />
Die nicht unterkellerten Gebäude<br />
werden in massiver Bauweise<br />
unter Beachtung der behördlichen<br />
und bauphysikalischen<br />
Bestimmungen errichtet. Hochwertige,<br />
wohngesunde Baumaterialien<br />
und Ausbauelemente<br />
garantieren eine gesunde Wohnqualität.<br />
Die neue Energieeinsparverordnung<br />
2009 wird erfüllt. Grundlage<br />
für die Bauausführung sind die<br />
beurkundeten und genehmigten<br />
Bauzeichnungen,<br />
Lagepläne<br />
und Vereinbarungen.<br />
Im Bereich der Haustechnik werden<br />
neue Wege beschritten. So<br />
erfolgt die Beheizung des Gebäudes<br />
in der Grundlast über eine<br />
Luft-Wasser-Wärmepumpe und<br />
wird ergänzt durch die Anwendung<br />
modernster Wärmewellenheizungen,<br />
um das höchste<br />
Wohlbefinden des Nutzers zu<br />
erreichen.<br />
Es entsteht ein abwechslungsreiches<br />
und aufeinander abgestimmtes<br />
Ensemble, bestehend<br />
aus 6 verschiedenen Haustypen,<br />
die in Form und Farbe das typische<br />
Küstenflair reflektieren.<br />
Einrichtung und Außengestaltung<br />
sind nicht Bestandteil des<br />
Leistungsumfangs, so dass der<br />
Individualität hier keine Grenzen<br />
gesetzt sind. Für Ihre Wünsche<br />
Zwischen dem Ort Zierow und dem Strand wird die Poeler Drift erschlossen.<br />
Die Bebauung erfolgt mit typischen reetgedeckten Häusern unterschiedlicher Größe.<br />
Die Architekten haben sich eng an den traditionellen Stil des Nordens angelehnt.<br />
haben die Mitarbeiter von Immo-<br />
Konzepte ein offenes Ohr.<br />
Jeden Sonntag „Tag der offenen<br />
Tür“ von 13 - 17 Uhr.<br />
Schlossstraße 29, 19053 Schwerin<br />
Tel. 03 85-30 20 06-0<br />
www.immo-konzepte.de<br />
info@immo-konzepte.de<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010
52<br />
Fotos: privat<br />
HISTORISCHES<br />
Omas Schrift<br />
ist wieder gefragt<br />
Wenn Daniel Lothar Faustmann ein altes, ein<br />
richtig altes Buch aufschlägt, dann zelebriert<br />
er das mit allen Sinnen.<br />
Der 31-Jährige schwärmt: „Das ist ein ganz<br />
eigener Geruch, das Papier fühlt sich anders<br />
an und es finden sich Gedankenwelten darin,<br />
die in alten Schriften verschlüsselt sind.“ Jene<br />
Schriften, die heute fast niemand mehr<br />
beherrscht, haben es dem Studenten der<br />
Geschichte und der Lateinistik seit langem<br />
angetan. An der Rostocker Volkshochschule<br />
gibt er Kurse in Kurrentschrift, bringt den Teilnehmern<br />
das Lesen und Schreiben der antiquierteren<br />
Art bei – und stößt auf große<br />
Nachfrage.<br />
Die Gründe für das Interesse sind bunt. „Ich<br />
habe Briefe gefunden, die mein Großvater an<br />
meine Großmutter geschrieben hat“, erzählt<br />
beispielsweise Annegret Schum. Sie lacht und<br />
gesteht: „Die waren über hundert Jahre alt,<br />
mich interessierte brennend, was drin steht,<br />
aber ich konnte sie einfach nicht lesen.“ Petra<br />
Büttner, eine andere Teilnehmerin, befasst<br />
sich mit Ahnenforschung und allem, was<br />
damit zu tun hat. Sie versichert:<br />
„Von Beruf bin ich<br />
eigentlich Maschinenbauingenieurin,<br />
aber das hier ist<br />
für mich so etwas wie innere<br />
Berufung.“ Eine Arzthelferin<br />
berichtet von einem alten<br />
Kochbuch, das sie magisch<br />
anzog und doch zunächst<br />
mit sieben Siegeln gesichert<br />
war. Andere, wie die beiden<br />
Herren aus dem Katasteramt<br />
oder die Dame aus dem<br />
Doberaner Stadtarchiv, besuchen<br />
den Kurs, weil sie das<br />
dort vermittelte Wissen für<br />
ihre tägliche Arbeit brauchen.<br />
Ein Semester lang haben sie<br />
sich miteinander gemüht.<br />
Sie haben sich Buchstabe für<br />
Buchstabe durch alte Schriftstücke<br />
gekämpft und sich in<br />
sogenannten 3-R-Schreiblernheften<br />
geübt, also in Heften<br />
mit drei Orientierungs-<br />
Linien pro Zeile. „Wenn man<br />
selber mal geschrieben hat,<br />
kann man beim Lesen viel<br />
leichter die Details unterscheiden“,<br />
meint Daniel<br />
Faustmann. Und einen Blick fürs Detail benötigt<br />
man in der Tat. Das W oder das V beispielsweise<br />
kommen in so unterschiedlicher<br />
Form vor, dass der Unkundige schnell daran<br />
verzweifelt. Die Kursteilnehmer sind inzwischen<br />
schon ein gutes Stück weiter.<br />
Daniel Faustmann würde gerne die Paläografie,<br />
die Lehre von den alten Schriften, als Spezial -<br />
gebiet an der Uni weiter betreiben.<br />
Zum Abschluss des Lehrgangs treffen sie sich<br />
im ehemaligen Michaeliskloster, in den Sondersammlungen<br />
der Universitätsbibliothek.<br />
Fasziniert beugen sie sich über die alten<br />
Dokumente, die dort auf einem großen Tisch<br />
für sie ausgebreitet sind – und schaffen es<br />
tatsächlich, viele von ihnen zu entziffern.<br />
In lateinische Buchstaben übersetzte historische<br />
Quellen sind für Daniel Faustmann so<br />
etwas wie Kaffee, der zum zweiten Mal aufgegossen<br />
wurde. Wer die ursprünglichen Lettern<br />
nicht entziffern kann, der sei nun einmal<br />
auf Gedeih und Verderb auf die Interpretation<br />
des Vermittlers angewiesen. Der Student vergleicht:<br />
„Jede neue Sprache, die wir lernen,<br />
zeigt uns eine neue Welt, ähnlich ist es mit<br />
den Schriften. Man kann plötzlich Dinge<br />
sehen, die einem vorher verschlossen blieben.“<br />
Die Kurrentschrift, um die es in dem Rostocker<br />
Volkshochschulkurs geht, war bis Mitte des<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010
An der Rostocker Volkshochschule wird ein Kurs in Kurrentschrift angeboten.<br />
20. Jahrhunderts gebräuchliche Verkehrsschrift<br />
in Deutschland. Ein häufiger Irrtum:<br />
Oft werden sämtliche deutschen Schreibschriften<br />
als Sütterlin bezeichnet. Dabei stellt<br />
die von Ludwig Sütterlin entwickelte Schriftart<br />
lediglich eine Sonderform der deutschen<br />
Kurrentschrift dar. Alle beide waren den<br />
Nationalsozialisten ein Dorn im Auge und<br />
wurden 1941 kurzerhand verboten. Wenn<br />
Rechtsextremisten ihre Plakate und Schriftstücke<br />
heutzutage gerne wieder mit den<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010<br />
Buchstaben von einst schmücken, dann kann<br />
Daniel Faustmann darüber nur den Kopf<br />
schütteln. „Das ist ein bisschen blind. Die<br />
Nazis haben ja gerade diese Schrift als Judenlettern<br />
diffamiert. Und ihre Wochenzeitung<br />
,Der Stürmer’ war sogar eines der ersten<br />
Blätter, die in lateinischer Schrift gedruckt<br />
wurden.“<br />
Dass alte Schriften auch in anderen Bereichen<br />
gerade wieder im Trend liegen, kommentiert<br />
HISTORISCHES<br />
Faustmann gelassen als banale Modeerscheinung.<br />
Jugendliche aus der Gothic-Szene beispielweise<br />
bedienen sich gerne der Frakturschriften<br />
aus dem angelsächsischen Bereich,<br />
wobei sie zumeist nur einige wenige Elemente<br />
kopieren – gerade so, dass es ein bisschen<br />
geheimnisvoll aussieht.<br />
Ein Job an der Universität – für Daniel Faustmann<br />
wäre das die Krönung seines Studiums.<br />
Gerade die Paläografie, die Lehre von den<br />
alten Schriften, würde er gerne als Spezialgebiet<br />
weiter betreiben. Seine Überzeugung:<br />
„Wenn das Wissen in diesem Bereich schwindet,<br />
dann geht damit ein guter Teil unserer<br />
Geschichte verloren.“ Schon jetzt durfte er als<br />
studentische Hilfskraft bei einem ganz speziellen<br />
Werk Korrektur lesen: Dem Landesgrundgesetzlichen<br />
Erbvergleich von 1755,<br />
jenem Papier, das einst das Kräfteverhältnis<br />
zwischen dem Herzog und den Ständen<br />
Mecklenburgs festlegte, und das von Prof. Dr.<br />
Ernst Münch neu herausgegeben wurde. Der<br />
31-Jährige hatte seinen Spaß an der Arbeit.<br />
Sollte aus der Universitätskarriere trotzdem<br />
nichts werden, hat er allerdings noch einen<br />
zweiten Plan im Hinterkopf: Veranstaltungsmanagement.<br />
Abgesehen von Kursen über<br />
Kurrentschrift bietet er gelegentlich auch<br />
Schulungen zum Thema mittelalterliches<br />
Kochen an und organisiert Mittelalterfeste<br />
mit allem, was dazu gehört. Auch dies sei ein<br />
Markt, der selbst im 21. Jahrhundert noch<br />
viele Kunden anziehe.<br />
Katja Bülow<br />
53
54<br />
Bereits Bianka Meyers Mutter war Heilerin.<br />
Tam, tam, tam, tam - in präziser Folge<br />
lässt Bianka Meyer den Schlegel auf<br />
ihrer flachen Trommel tanzen. Etwa 30<br />
Frauen und Männer lauschen in entspannter<br />
Haltung mit geschlossenen Augen. Jetzt geht<br />
die 53-Jährige mit ihrem Instrument auf<br />
die Stuhlreihen zu: Der Klang wird lauter,<br />
intensiver, um mit zunehmenden Abstand<br />
von den Sitzenden wieder in den monotonen<br />
Rhythmus zu verfallen.<br />
Das Trommelkonzert gehört zu einem Vortrag<br />
mit dem Titel ,,Medizin und Schamanismus“.<br />
Die Referentin stellt sich als schamanische Heilerin<br />
mit dem ,spirituellen Namen „Tokana“ und<br />
gleichnamiger Naturheilakademie und -praxis<br />
in Rostock vor. Wie sich später herausstellen soll,<br />
sind unter dem Publikum außer etlichen Ruheständlern<br />
und Hausfrauen auch eine Historikerin,<br />
ein Beamter der Stadtverwaltung, ein Informatiker,<br />
ein Bauingenieur mit eigener Firma,<br />
eine im Forschungsbereich tätige Pharmakologin,<br />
eine Röntgenassistentin, ein Tierarzt und<br />
drei Humanmediziner(innen) aus diversen Kliniken<br />
- eine noch vor einigen Jahren undenkbare<br />
Konstellation angesichts des zu unseren materialistisch<br />
geprägten Denkschemata konträren<br />
und somit absurd erscheinenden Metiers.<br />
Historiker nehmen an, dass es sich beim Schamanismus<br />
um eine der ältesten Formen religiösen<br />
Verhaltens des Menschen handelt.<br />
Der Amerikaner Joseph Campbell (1904 - 1987),<br />
Religionswissenschaftler, Mythenforscher und<br />
Autor zahlreicher Bücher, bezeichnet Schamanen<br />
,,als Dolmetscher und Vermittler zwischen<br />
dem Menschen und den Mächten hinter dem<br />
Schleier der Natur . . .“ Doch dieser Schleier ist<br />
mittlerweile von den Wissenschaften ein<br />
ganzes Stück weit gelüftet – rasend schnell in<br />
den letzten Jahren, und trotzdem erleben das<br />
schamanische und anderes alternatives Heilen<br />
,,eine Art Renaissance“.<br />
LEBENSGEFÜHL<br />
Tokana<br />
Die berufliche Zusammensetzung des Vortragspublikums<br />
von Bianka Meyer und nach ihren<br />
Worten auch die des Klientels in ihrer Praxis,<br />
lässt eher vermuten: Das Interesse am Schamanismus<br />
ist so einfach nicht zu erklären.<br />
In seinem Begleitbuch zu der Fernsehdokumentation<br />
,,Das Geheimnis der Heilung“ konstatiert<br />
der Fernsehjournalist Joachim Faulstich, dass<br />
Methoden, die noch vor kurzem als unwissenschaftlich<br />
ignoriert wurden, nun von Medizinern<br />
anerkannt werden, ,,einfach weil sie offensichtlich<br />
wirken“. An konkreten Beispielen<br />
beschreibt der Autor bzw. zeigt der 45minütige<br />
Film, eine Produktion des Hessischen Rundfunks<br />
mit einem beachtlichen Marktanteil von 7,2 Prozent,<br />
wie medizinisches Personal das Handauflegen<br />
– eine auch im Schamanismus übliche<br />
Technik – erlernt und erfolgreich praktiziert.<br />
Ein besonders prominentes Beispiel: Prof. Dr.<br />
Waldemar Uhl. Deutschlands führender Experte<br />
für Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse<br />
und Direktor der Klinik für Allgemein- und<br />
Viszeralchirurgie im St. Josef-Hospital Bochum,<br />
Klinikum der Ruhr-Universität, setzt auf Ganzheitlichkeit<br />
bzw. einer Kombination von Therapieansätzen.<br />
Aus diesem Grunde arbeitet er<br />
unter bestimmten Prämissen mit dem Heiler<br />
Wolfgang Maly zusammen. Dieser praktiziert in<br />
einem Kloster nahe der holländischen Grenze<br />
Bei der Arbeit mit der Klangschale in der Praxis.<br />
Wenn<br />
trommelt…<br />
mittels der (Heil)Kraft des Glaubens, verbunden<br />
mit Meditation und Handauflegen. In Faulstichs<br />
Buch bzw. im Film wird in diesem Zusammenhang<br />
die erfolgreiche Behandlung einer<br />
42-jährigen Patientin, Mutter einer sechsjährigen<br />
Tochter, mit einem schwer zu operierenden<br />
Karzinom an der Bauchspeicheldrüse mit mehrfachen<br />
Metastasen in der Leber beschrieben<br />
und zum Ausdruck gebracht, dass die klassische<br />
Medizin, sprich Schulmedizin, allein solchen<br />
Ob Wunschbeutel helfen?<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010
Patienten keine guten Überlebenschancen<br />
zugesteht. ,,Dank Parallelbehandlungen nach<br />
einer initialen guten und sicheren Operation<br />
und postoperativen Chemotherapie sowie mittels<br />
pflanzlicher Mittel, Meditation und Auflegen<br />
der Hände im Bereich der Leber stabilisierte<br />
sich der Zustand dieser Patientin wie durch ein<br />
Wunder, so das sie jetzt, auch nach zweieinhalb<br />
Jahren, ohne Tumorrezidiv in der Familie lebt.<br />
„Ein völlig unerwartetes Ergebnis“, so Prof. Uhl<br />
gegenüber Rostock „delüx“. Bei der Behandlung<br />
von Tumorpatienten müsse ein ganzheitliches<br />
Konzept vorgenommen werden.<br />
Prof. Uhl: ,,Ziel ist es, dass sich der Patient nicht<br />
auf die Schulmedizin allein verlässt, gewissermaßen<br />
in deren Netz fallen lässt. Vielmehr soll<br />
er seine Tumorerkrankung akzeptieren und den<br />
Kampf dagegen aufnehmen, um Selbst -<br />
heilungskräfte zu aktivieren. Meditation insbesondere<br />
fördert die dazu nötige Konzentration<br />
darauf.<br />
Positiven Einfluss auf die Seele, das Unbe -<br />
wusste, und damit auf die anderen Teile besagten<br />
Netzwerkes zu nehmen, darin sieht Bianka<br />
Meyer ihre Aufgabe.<br />
Mehr Dialog mit der menschlichen scheint<br />
immer wichtiger: Burnoutsyndrom, Depressionen<br />
und weitere negative Folgen unserer<br />
Leistungsgesellschaft sind auf dem Vormarsch.<br />
,,Die Heilung der Seele könnte eine wundervolle<br />
Vorsorge sein für Erkrankungen des Körpers“,<br />
sagt die Schamanin, will jedoch ausdrücklich<br />
betont wissen, dass sie ,,keine Wunder“ bewirke,<br />
sondern durch die Aktivierung unterschwelliger<br />
Kräfte ,,Hilfe zur Selbstheilung“ leiste. Und mit<br />
einem Augenzwinkern: ,,Die Krankenkassen<br />
müssten unsereins eigentlich dankbar sein.“<br />
Lakonisch: ,,Die Pharmaindustrie weniger!“ In<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010<br />
LEBENSGEFÜHL<br />
dem Vortrag und gegenüber den Klienten ihrer<br />
Praxis stellt sie nachdrücklich klar, dass ihre<br />
Behandlung ,,niemals den Arztbesuch ersetzen<br />
darf“. Sei es im akuten Fall oder zur Vor- oder<br />
Nachsorge. ,,Für etliche Hilfesuchende bin ich<br />
allerdings ohnehin die letzte Anlaufstelle.“Für<br />
traumatisierte Unfall- oder Verbrechensopfer<br />
beispielsweise.<br />
Bis auf die Briten, die ihren Druiden jüngst<br />
staatlicherseits das Amt eines Priesters ein -<br />
schließlich aller Steuer- und anderen Vergünstigungen<br />
zuerkannten, stehen die Mitteleuropäer<br />
schamanischen Praktiken in der Regel<br />
skeptisch gegenüber. Rituale, Weihrauch sowie<br />
Gebet und Versenkung in den ,,etablierten“ Religionen<br />
werden akzeptiert. Doch Praktiken wie<br />
Traumreisen, Krafttieranalysen, Schwitzhüttenrituale,<br />
Hausreinigungen, Bewusstseinserweiterungen<br />
aber wirken befremdlich.<br />
Der Trommelschlag von Bianka Meyer tut seine<br />
Wirkung. Auf die Frage ans Publikum nach Empfindungen<br />
dabei kommen erstaunliche Antworten.<br />
,,Ich hab’ heut’ den ganzen Tag irgendwie<br />
gefröstelt, doch nun ist mir warm“, sagt eine<br />
junge Frau, Verwunderung in der Stimme. Ihre<br />
Nachbarin hat ,,Farben in spiraligen Mustern“<br />
wahrgenommen. Ein Mittvierziger bedauert,<br />
,,gar nichts gespürt oder gesehen“ zu haben, der<br />
Mann zwei Sitze weiter wiederum fühlte sich<br />
,,auf einmal sehr wohl“. ,,Rätselhaft“, konstatiert<br />
er. Für die Schamanin jedoch liegt der Grund auf<br />
der Hand. Die Trommel kommuniziere mit unserem<br />
Unterbewusstsein, ihr Klang assoziiere dort<br />
den Herzschlag der Mutter vor unserer Geburt<br />
und damit verbunden: Geborgenheit, Wohlfühlen,<br />
Wärme. ,,Manchmal jedoch ist die Kommunikation<br />
blockiert“, sagt sie zu dem Mann,<br />
den der Trommelklang nicht berührt hat. Und<br />
wie zum Trost: ,,Blockaden - auch des Energie -<br />
flusses im Körper - können Signale für ein<br />
Wenn Bianka Meyer trommelt...<br />
Ungleichgewicht und Vorboten oder erste<br />
Symptome einer Erkrankung sein. Bei Mensch<br />
und Tier. Ich kann bei der Auflösung der Blockierung<br />
helfen.“ Das spirituelle Wissen sei ihr von<br />
der Mutter übergeben worden, die Heilerin war.<br />
Natürlich habe sie auch etliche Ausbildungen<br />
absolviert, darunter als Reiki-Meisterin und<br />
Tierheilpraktikerin. Die Berufung als Schamanin<br />
jedoch sei ihr von anderen Schamanen bestätigt<br />
worden. Darunter von Mohan Rai aus Nepal.<br />
Der Begründer des Institute for Shamanistic<br />
Studies of Nepal in Kathmandu als Zentrum<br />
schamanischer Kultur im Himalaya spricht zehn<br />
Sprachen, war der erste offiziell von der nepalesischen<br />
Regierung ernannte Bergführer und hat<br />
Reinhold Messner häufig begleitet.<br />
Angela Golz (Text & Fotos)<br />
55
56<br />
LEBENSART<br />
Oldtimersammler Ulrich Kettner und sein offener<br />
Adler, Baujahr 1930.<br />
Auch Tochter Susanne bereitet das Einsteigen<br />
kein Problem. Dem König der<br />
Lüfte gleich, gleitet sie in dem inzwischen<br />
80 Jahre alten Gefährt mit Heiratswilligen<br />
an Bord regelmäßig Richtung Standesamt.<br />
Mit einigen Gästen inzwischen schon<br />
mehrmals. Weil, Liebe kann - muss aber nicht<br />
- unbedingt ewig halten. „Autoliebe rostet<br />
unterdessen nie“, verweist Vater Ulrich auf<br />
inzwischen 70 Jahre Lebens- und 50 Jahre<br />
Oldtimererfahrung.<br />
Die alten Limousinen, das war und ist für ihn<br />
stets Liebe auf den ersten Blick. Auch wenn es<br />
mitunter geraume Zeit dauerte, bis er eine<br />
neue „Auserwählte“ nach Hause fahren durfte.<br />
Inzwischen stehen über 100 in der Garage.<br />
„Der genaue Überblick ist mir verloren<br />
gegangen“, lächelt Ulrich Kettner vielsagend<br />
und schwingt sich mit kühnem Schwung<br />
hinter einen Nash, der in der familiengeführten<br />
freien Kfz-Werkstatt in Stäbelow gerade<br />
einer Generalüberholung unterzogen wird.<br />
Das 1928 in den USA gebaute Fahrzeug<br />
scheint für den sympathischen Autosammler<br />
hinsichtlich seines Platzangebots, anders<br />
als beim Adler, maßgeschneidert zu sein.<br />
Eine auch hinsichtlich ihrer auffallenden<br />
Holzspeichenräder wahrhaft majestätische<br />
Karosse. So war das 60 PS starke Mobil denn<br />
auch viele Jahre für das dänische Königshaus<br />
unterwegs. Ob Margrethe II. und ihr<br />
seit 1967 angetrauter französischer Graf<br />
auch mal höchstpersönlich damit gefahren<br />
sind, ist nicht überliefert…<br />
Ulrich Kettner versucht stets die Geschichte<br />
seiner Fahrzeuge rückzuverfolgen, wenngleich<br />
sich das oft schwierig gestaltet.<br />
Wie aus dem Ei gepellt<br />
Rostocker besitzt größte Oldtimerflotte im Nordosten<br />
Ulrich Kettner versucht es sich hinterm Lenkrad seines knallroten „Adler“ bequem zu machen.<br />
So ganz will ihm das aber nicht gelingen. Zwischen Lenkrad und Fahrersitz ist es eng. Der offene<br />
Oldtimer aus dem Jahr 1930 scheint eher für auffallend schlanke Menschen konstruiert worden<br />
zu sein. So, wie für ein namhaftes Rostocker Tanzlehrerehepaar, von dem der gelernte<br />
Schlosser das reparaturbedürftige Mobil einst erworben hat.<br />
Susanne Kettner und Lebensgefährte Tilo Lange teilen ebenfalls die Liebe zu gepflegten Oldtimern.<br />
Namen sind mitunter Schall und Rauch, und<br />
auch die Geschichte des Automobils selbst<br />
nicht immer eindeutig.<br />
Was wurde und wird noch immer darüber<br />
gestritten, welche denn nun die älteste Automarke<br />
der Welt ist. Mercedes als Antwort, ist<br />
Experten zu einfach und wohl tatsächlich<br />
ungenau. Weil Daimler und Benz nicht von<br />
Anfang an eine gemeinsame Marke, die Entwicklungsväter<br />
Carl und Gottlieb vielmehr<br />
Konkurrenten waren. Was insofern auch verbietet,<br />
jeden Mercedes als Benz zu bezeichnen.<br />
Autofanatiker drohen bei allzu laxem<br />
Umgang mit dem „Sammelnamen“ Mercedes<br />
auch schon mal Prügel mit dem Wagenheber<br />
an.<br />
Fakt ist: Als erstes Automobil der Welt, was<br />
eher wie ein Fahrrad aussah, war 1886 ein<br />
Benz Patent Motorwagen unterwegs. Fast<br />
zeitgleich mit einem wirklich die Bezeichnung<br />
Auto verdienenden Marcus Wagen mit<br />
Benzinmotor des Österreichers Siegfried<br />
Marcus. Das nicht einmal ein PS starke<br />
Gefährt steht seit 1915 im technischen Museum<br />
in Wien. Beide Fahrzeuge blieben Einzel-<br />
modelle. Damit präsentieren sie eigentlich<br />
noch keine Automarke. Verdient dieses Prädikat<br />
nun Peugeot oder doch eher Tatra?<br />
Sowohl in Frankreich als auch in Nesseldorf,<br />
das damals zur österreichisch-ungarischen<br />
Monarchie und heute zu Tschechien gehört,<br />
begann 1897 die Serienproduktion. Als Witz<br />
hingegen darf abgetan werden, Ford als<br />
älteste Automarke der Welt zu führen. Wer<br />
das mit dem Hinweis begründet, dass bereits<br />
Adam und Eva „in einem (F)for(d)t sündigten“,<br />
darf schon mal mit Hinweis auf<br />
mangelnde Orthographiekenntnisse zurückgewiesen<br />
werden.<br />
Nach seinem ältesten Oldtimer gefragt, muss<br />
Ulrich Kettner unterdessen lange überlegen.<br />
Eher fallen ihm Geschichten ein, woher er<br />
seine vielen Autos hat. Zu DDR-Zeiten musste<br />
der Mann, der sich nach der Wende mit einer<br />
Schlosserei, die inzwischen Sohn Thomas<br />
führt, selbstständig machte, einiges einfallen<br />
lassen. Mal war es ein Arzt, der ihm von einer<br />
Vortragsreise ein Modell mitbrachte, ein<br />
anderes Mal wurde er sich mit französischen<br />
Bauexperten handelseinig, die in Poppendorf<br />
ein Düngemittelwerk errichteten. Zumeist<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010
waren es Schrottautos. Monate, wenn nicht<br />
Jahre, hat Ullrich Kettner in seiner Freizeit<br />
damit verbracht, sie wieder in altem Glanz<br />
erstrahlen zu lassen. Die meisten Ersatzteile<br />
hat er dabei in aufwendiger Handarbeit<br />
selbst nachgefertigt.<br />
Tochter Susanne springt ihrem Vater mit dem<br />
für sie schönsten Auto aus der umfangreichen<br />
Familiensammlung zur Seite: Ein Merce-<br />
des-Benz, Modell W 187 (220), ein so genannter<br />
Adenauer-Mercedes. Die deutsche<br />
Staatslimousine schlechthin. Neben dem<br />
Bundeskanzler fuhren auch viele ausländische<br />
Regierungschefs das auf einem Vorkriegs-Chassis<br />
basierende Modell. So die<br />
jeweilige Nation nicht über eine eigene Automarke<br />
verfügt, versteht sich.<br />
Und noch ein kurzer Blick zurück. Weil sich in<br />
der DDR auch beim besten Willen aus Trabant<br />
und Wartburg keine schneidigen Regierungsli-<br />
mousinen basteln ließen, setzten Honecker<br />
und Co. auf sozialistische Brudermodelle aus<br />
der UdSSR und der CSSR und zuletzt auch gern<br />
auf Volvo und Citroen. Bei Ulrich Kettner fallen<br />
vor allem die chromblitzenden Sonderausführungen<br />
der Marken SIL und Tschaika aus den<br />
Gorkowski Awtomobilny Sawod ins Auge, ein<br />
zwei-Tonnen Schwergewicht, von dem aus<br />
auch dem Papst Begleitschutz gewährt wurde.<br />
Bis der sich ein selbstschützendes Papamobil<br />
Die deutsche Staatslimousine schlechthin. Ein Mercedes-Benz, Model W 187, ein so genannter Adenauer-Mercedes.<br />
Ein roter Präsidenten-Lincoln gehört ebenfalls zur<br />
Kettnerschen Sammlung.<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010<br />
konstruieren ließ. Auch dieses erste Modell ist<br />
längst ein Oldtimer. In der Tradition der US-Präsidenten<br />
Mobile stehen ganz weit oben neben<br />
Cadillac und Town Car auch Lincoln-Sonderausführungen,<br />
rollende Festungen, deren Details<br />
vom Secret Service bis heute unter Verschluss<br />
gehalten werden. Wenngleich der offene dunkelblaue<br />
Continental X-100 von John F. Kennedy<br />
insofern traurige Berühmtheit erfuhr, als dass<br />
der Präsident in eben diesem Auto 1961 in Dallas<br />
erschossen wurde.<br />
Wenn sich Ulrich Ketter in seinen roten und<br />
nicht etwa blauen Präsidenten-Lincoln setzt,<br />
denkt er weniger über die Vergangenheit,<br />
stattdessen vielmehr über die Zukunft nach.<br />
Zu welchem großen Oldtimermarkt, zu welcher<br />
Versteigerung er fahren sollte. Oder, ob<br />
es nicht doch angeraten ist, sich selbst von<br />
dem einen oder anderen Modell wieder zu<br />
trennen. Auf dem zu Jahresbeginn vom<br />
Dresdner Thomas Szymkowiak erstmals organisierten<br />
Oldtimer- Markt in der Rostocker<br />
Hanse Messe – im Januar 2011 wird es eine<br />
Neuauflage geben – konnte er sich vor Angeboten<br />
jedenfalls kaum retten. Aber dem einst<br />
eigenen Auto eines Tages hinterherzufahren,<br />
LEBENSART<br />
Kettners Hochzeitscabrio: Eine Mercedes, Baujahr 1956.<br />
fällt natürlich schwer. Selbst wenn Millionengewinne<br />
locken, wie zuletzt in London beim<br />
Verkauf eines Ferrari, oder des ältesten Rolls-<br />
Royce, ein HP 10 aus dem Jahr 1904.<br />
Allein Formel 1 Chef Bernie Ecclestone scheint<br />
da aus anderem Holz geschnitzt zu sein. Der<br />
ließ aus seinem mehrere Hundert Fahrzeuge<br />
umfassenden Oldtimerbestand 2007 gleich<br />
über ein Dutzend versteigern und kaufte sich<br />
postwendend aus dem Erlös gemeinsam mit<br />
Ex-Renault Teamchef Flavio Briatore den englischen<br />
Fußballclub Queens Park Rangers.<br />
Über ein Engagement bei Hansa Rostock, hat<br />
sich bei den Kettners noch keiner Gedanken<br />
gemacht. Eher darüber, wie man selbst künftig<br />
noch mehr Gas geben kann. Zum knallroten<br />
Adler und dem inzwischen auch schon<br />
60 Jahre alten 170 S-Cabrio Mercedes sollen<br />
weitere Traumkutschen zur Fahrt ins Glück<br />
hinzukommen. Auch zum Hochzeits-Rahmenprogramm<br />
will sich die gelernte Landschaftsgärtnerin<br />
Susanne Kettner, die inzwischen<br />
auch die Autowerkstatt ihres Vaters<br />
führt, noch einiges einfallen lassen. Lebensgefährte<br />
Tilo Lange testet unterdessen schon<br />
mal das eine oder andere Fahrzeug aus dem<br />
umfangreichen Fuhrpark hinsichtlich seiner<br />
Gebrauchseigenschaften als rollendes<br />
Gefährt für außergewöhnliche Anlässe. Privat<br />
ist er im Polo unterwegs, Partnerin Susanne<br />
fährt am liebsten in ihrem alten Käfer, steigt<br />
für größere Touren aber auch schon mal in<br />
den Passat um. Wann die beiden 38-Jährigen<br />
ihre eigenen Gäste im Luxusoldtimer Richtung<br />
Standesamt sein werden, diese Frage<br />
blieb beim Besuch in Stäbelow als einzige –<br />
noch – unbeantwortet.<br />
Text/Fotos: Jürgen Drewes<br />
57
58<br />
AUTO<br />
Charakter<br />
Starker<br />
Der Audi A7 Sportback<br />
Mit dem A7 Sportback positioniert sich Audi<br />
in einer sehr kleinen und feinen Lücke des<br />
Marktes. Er bringt Spannung in die deutsche<br />
Oberklasse als viertüriges Coupe. Als direkten<br />
Artverwandten gab es bislang nur einen: den<br />
CLS von Mercedes-Benz. Der Pionier dieser<br />
Autogattung wird in Kürze in zweiter Generation<br />
erwartet. BMW besetzt die schicke<br />
Nische bis jetzt am ehesten mit seinem 5er<br />
GT. Der bietet wuchtige Kombi-Art. Ein Grand<br />
Coupe der Sechser Reihe soll in zwei Jahren<br />
seine Aufwartung machen.<br />
Alle drei suchen im Fließheck die Verbindung<br />
von Kombi, Limousine und natürlich Coupe.<br />
Der alte Satz wird widerlegt: bei einem Coupe<br />
gibt es für mehr Geld weniger Auto. Hier<br />
ergibt das Beste aus drei Welten eine luxuriöse<br />
Versuchung.<br />
Und so sind die Erwartungen gesteckt:<br />
Understatement auf höchstem Niveau. Der<br />
A7 sucht durch Interieur-Anmutung in Manufaktur-Qualität<br />
des A8 zu begeistern. Die<br />
klare und weiche Form seiner äußeren<br />
Gestalt sitzt auf der Plattform des künftigen<br />
A6. Er ist sogar länger und breiter als der A6<br />
Avant.<br />
Beim ersten Anblick ist die Vorgabe für den<br />
A7-Auftritt zu spüren: seine Linienführung<br />
und die Balance der Flächen sind sehr elegant,<br />
stimmig und ausgearbeitet. Das Design<br />
des A7 spricht das Auge nachhaltiger an, als<br />
bei Audi gewohnt. Dezent mutig wirkt das<br />
breite Heck mit seinem schönen Bootsabschluss.<br />
Die A7-Silhouette ist sehr klar<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010
fließend und klassisch sportlich gezeichnet.<br />
Es ist eine Freude, den schlanken und puristischen<br />
Linien seiner Form nachzuspüren.<br />
Diese Lust setzt sich im Inneren des A7 fort. Er<br />
zieht gekonnte Design-Kreise um Fahrer und<br />
Beifahrer. Das Cockpit hat eine starke Präsenz.<br />
Das Niveau der Anzeigen, Displays und des<br />
zur Begrüßung ausfahrenden Monitors bleiben<br />
wohl für die meisten Menschen ein unerreichter<br />
Traum für das Wohnzimmer. Aber<br />
wird die Mehrheit der künftigen A7-Fahrer in<br />
der Lage sein, sich ein so stilsicheres Zuhause<br />
selbst zu schaffen? In der Gemütlichkeit wird<br />
der A7 sicher keine Konkurrenz für das Heim.<br />
Als Fahrplatz hat er eine sehr gelungene Ergonomie.<br />
Wichtiger sind aber seine luxuriösen<br />
Antriebslösungen und Assistenzsysteme.<br />
Besonders beeindruckt der Spurhalteassistent.<br />
Er gibt bei instabilen Fahrsituationen<br />
über das Lenkrad an den Fahrer Lenkempfehlungen<br />
und führt das Auto in seinen Kurs<br />
zurück. Die Verbindung von präziser Lenkung<br />
und serienmäßigem Allradantrieb relativiert<br />
die gefahrene Geschwindigkeit nach oben.<br />
Die neueste Generation des quattro-Antrie-<br />
bes mit selbstsperrendem Mitteldifferenzial<br />
sorgt für:<br />
– einzeln angesteuerte Antriebskräfte an<br />
jedem Rad,<br />
– Sperren der Achsen über Lamellen auch beiextremen<br />
Anfahrkräften,<br />
– neuartiges ESP durch Beschleunigung<br />
des Rades, das dem Rad mit Traktions -<br />
problemen gegenüber liegt.<br />
Dieser Antrieb führt mit den 3,0-Liter-Sechszylinder-V-Motoren<br />
als Diesel und Benziner<br />
zu begeisternder Leichtigkeit beim Fahren.<br />
Trotz Mechanik im Überfluss bleibt das Auto<br />
extrem leise in allen Fahrsituationen.<br />
Über die etwas hohe Ladekante haben Sie<br />
Zugang zu einem großzügigen und variablen<br />
Kofferraum, der für den Alltag üppig ist. Der<br />
Ladeplatz eines Kombi, die fast mutige Eleganz<br />
einer Limousine sowie die sichtbare und<br />
erfahrbare Leichtigkeit eines Coupes führen<br />
drei Eigenschaftslinien zu einem starken Charakter.<br />
Peter-Paul Reinmuth, p-p-r.com (Text/Fotos)<br />
AUTO
60<br />
AUTO<br />
Der neue Mercedes Viano<br />
Schnittiger Auftritt des neuen Viano<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010<br />
Foto: ©2010 Daimler AG (2)
Freunde der forscheren Fahrweise<br />
sollten sich in den kommenden<br />
Wochen und Monaten darauf<br />
einstellen, auf der linken<br />
Spur der Autobahn ein neues<br />
Gesicht im Rückspiegel zu sehen.<br />
Der neue Mercedes Viano ist am<br />
Start. In die Neuauflage des<br />
Großraumwagens hat Mercedes-<br />
Benz alles gepackt, was dem<br />
aktuellen Stand der Technologie<br />
entspricht und noch ein bisschen<br />
mehr.<br />
Im Viano ist praktisch alles neu,<br />
was neu sein kann. Moderne<br />
Motoren und innovative Getriebe<br />
sorgen für eine noch bessere<br />
Umweltbilanz als da bislang<br />
schon der Fall war. Und auch<br />
beim Komfort hat Mercedes mit<br />
dem Fahrwerk des Viano einen<br />
Schritt nach vorne getan. Im Mittelpunkt<br />
stehen jedoch die neu<br />
entwickelten Aggregate, wobei<br />
das Augenmerk hier auf den<br />
bärenstarken Dreiliter Diesel<br />
gerichtet sein soll. 224 PS lassen<br />
den Fahrer vergessen, dass er in<br />
einem Wagen sitzt, der gut über<br />
zwei Tonnen auf die Waage<br />
bringt. Bei sparsamer Fahrweise<br />
kommt der Viano mit der großen<br />
Dieselmaschine mit 7,2 Litern auf<br />
100 Kilometer aus und das bei<br />
einem CO2-Ausstoß von 224<br />
g/km. Soll es dann doch etwas<br />
zügiger vonstatten gehen,<br />
beschleunigt der Viano in gerade<br />
mal neun Sekunden auf 100<br />
km/h. Der Vortrieb wir erst bei<br />
einer Höchstgeschwindigkeit<br />
jenseits der 200 beendet. Selbstverständlich<br />
erfüllt der Motor die<br />
Abgasstufe EU 5.<br />
Doch hört Fahrfreude bekanntlich<br />
ja nicht bei reinen Zahlen und<br />
Daten des Aggregats auf. Auch das<br />
Interieur des Viano lässt zumindest<br />
für den Fahrer kaum auf ein<br />
Großraumfahrzeug schließen. Wie<br />
von Mercedes gewohnt sind alle<br />
wichtigen Schalter, Hebel und<br />
Knöpfe übersichtlich angeordnet.<br />
Und es ist im Cockpit noch genügend<br />
Platz für die vielen nützlichen<br />
kleinen Helferchen. Und davon<br />
sind in der Aufpreisliste – auch da<br />
bleibt Mercedes-Benz sich treu –<br />
eine ganze Menge zu finden.<br />
Auf die anhaltende Diskussion<br />
über die Sicherheit von Kleintransportern<br />
und Vans reagiert Merce-<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010<br />
des auf die firmentypisch innovative<br />
Art und Weise. Der Viano<br />
besteht aus einer hochfesten Fahrgastzelle<br />
mit einer äußerst belastbaren<br />
Trägerstruktur. Das bedeutet,<br />
dass sowohl bei einem<br />
frontalen als auch bei einem seitlichen<br />
Aufprall die in Bruchteilen<br />
von Sekunden auftretende Energie<br />
über die Karosserie abgeleitet wird<br />
und so das Risiko schwerer Verformungen<br />
und damit die Verletzungsgefahr<br />
für die Insassen sinken.<br />
Nun ist es schön, zu wissen, dass<br />
man in einem äußerst sicheren<br />
Auto sitzt, doch wird sich wohl niemand<br />
täglich darüber Gedanken<br />
machen. Im Alltagsbetrieb sind da<br />
eher die großen Schiebetüren von<br />
Bedeutung. Leider gibt es beim<br />
Viano die Schiebetür auf der Fahrerseite<br />
nur für einen Aufpreis von<br />
785 Euro. Serienmäßig ist sie erst in<br />
der gehobenen Ausstattungsvariante<br />
AMBIENTE EDITION. Familienfreundlich<br />
ist anders.<br />
Die Karosserie bietet Mercedes in<br />
drei Varianten an. Kompakt, lang<br />
und extralang. Auswirkungen hat<br />
das vor allem auf die Größe des<br />
Kofferraums. Die vierköpfige Familie<br />
wird sicher in der Kompakt-Variante<br />
keine Platznot leiden, wenn<br />
nicht gerade der Konzertflügel mit<br />
in Urlaub muss. Mit den optional<br />
erhältlichen Sitzbänken wird der<br />
Viano zum Achtsitzer. Dann sollte<br />
es allerdings die extralange Variante<br />
werden, sonst wird´s eng.<br />
Natürlich hat das bei Mercedes<br />
alles seinen Preis. Für den Viano<br />
CDI 3.0 liegt der Grundpreis der<br />
kompakten Variante bei 44.934,40.<br />
Die extralange Karosserie ist rund<br />
1.600 Euro teurer. Und die Aufpreisliste<br />
ist bei Mercedes-Benz<br />
bekanntlich auch extralang.<br />
Christian Moeller<br />
Datenblatt:<br />
Mercedes-Benz Viano CDI 3.0<br />
Trend (Kompakt)<br />
Hubraum: 2.987 ccm<br />
Leistung: 165 kW (224 PS)<br />
Verbrauch: 8,6 l Diesel/100 km<br />
(kombiniert)<br />
CO2-Emission: 224 g/km<br />
Preis: ab 44.934,40 Euro<br />
Wohlfühlen auf hohem Niveau – das Cockpit des Viano<br />
AUTO<br />
Foto: ©2010 Daimler AG<br />
Großzügiges Platzangebot im neuen Viano. Fotos: Christian Moeller (3)<br />
61
62<br />
MEINE STADT<br />
Vor elf Minuten hat die alte Standuhr<br />
elf wohl tönende Schläge<br />
durch das Bürgermeisterzimmer<br />
von Güstrow geschickt. Die fünfte<br />
Jahreszeit beginnt und Arne<br />
Schuldt sitzt am Laptop, beantwortet<br />
E-Mails und telefoniert.<br />
Durch das offene Fenster dringt<br />
Stimmungsmusik aus der Konserve,<br />
zwei Schulklassen singen zwischen<br />
den Ständen des Wochenmarktes<br />
ein paar Lieder. Helau,<br />
Helau, Helau. Dass es in Güstrow<br />
Karneval gibt, liegt am Engagement<br />
weniger Unentwegter –<br />
wenn die verhindert sind, dann<br />
fällt der „Sturm auf das Rathaus“<br />
auch mal aus. Arne Schuldt hat<br />
den großen symbolischen Rathausschlüssel<br />
aus der Schublade<br />
geholt, dazu eine Narrenkappe.<br />
Eine große Tüte Bonbons liegt<br />
auf dem Schreibtisch bereit.<br />
„Aus meinem Verfügungsfond<br />
bezahlt“, sagt er lächelnd. Sieben<br />
Mal hat Arne Schuldt diesen Tag<br />
schon als Bürgermeister erlebt,<br />
vor wenigen Wochen wurde er<br />
wiedergewählt, jetzt hat er bis<br />
2018 weitere sieben närrische<br />
Machtübernahmen vor sich.<br />
Bevor der parteilose Arne Schuldt<br />
im Januar 2004 auf der Liste<br />
der SPD auch die Stichwahlen<br />
gewann, lag die Krone der Stadt in<br />
der Gosse: Drei Jahre lang hatte die<br />
Stadt keinen Bürgermeister. Hans-<br />
Erich Höpner (SPD) war 2001 nach<br />
Betrugsvorwürfen durch die Stadt-<br />
Revolte in Güstrow<br />
… und dann ruft die „närrische“ Pflicht.<br />
vertretung suspendiert worden.<br />
Trotzdem wurde er wiedergewählt.<br />
Erst mit einem gerichtlichen Vergleich<br />
im September 2003 war die<br />
leidige „Bürgermeister-Affäre“ beigelegt.<br />
Auswirkungen hat diese<br />
Schlammschlacht bis heute: Die<br />
Wahlbeteiligung lag bei gerade 30<br />
Prozent. Sein einziger Herausforderer<br />
Thomas Duve war ebenfalls als<br />
Einzelkandidat angetreten.<br />
Parteilos. Das klingt, als ob Arne<br />
Schuldt nicht wüsste, wo er hingehöre.<br />
Für ihn ist jedoch dieses Attribut<br />
ein biografisch begründetes<br />
Schnell am Laptop noch ein paar Mails beantworten…<br />
politisches Programm. Schon für<br />
seinen Vater, selbstständiger Elektromeister,<br />
kam die Mitgliedschaft<br />
in einer Partei nicht in Frage - sei es<br />
nun „die“ Partei oder eine ihrer<br />
Blockflöten. Arne Schuldt wurde<br />
deshalb nicht zum Abitur zugelassen.<br />
Er erzählt das ohne Bitternis.<br />
Das Jahreskontingent sei eben voll<br />
gewesen mit denen, die ihre<br />
Staatsnähe offiziell zum Ausdruck<br />
gebracht hätten. So wurde er Elektriker,<br />
holte das Abitur nach seiner<br />
Armeezeit auf dem zweiten Bildungsweg<br />
nach und studierte<br />
schließlich Elektrotechnik. Danach<br />
folgte ein zweites Ingenieurstudium<br />
Hochbau. Später war er angestellt<br />
beim „VEB WAB“ - wie damals<br />
die kommunalen Versorgungsbetriebe<br />
hießen. Arne Schuldt erinnert<br />
sich: „Es gab keine Pumpen<br />
mehr und keine Ersatzteile. Wir<br />
haben uns gegenseitig die Planerfüllung<br />
vorgelogen und niemand<br />
hat den Mund aufgemacht, um die<br />
Jahresendprämien nicht zu gefährden.<br />
Die Kollegen brauchten das<br />
Geld. Und dann diese Kommunalwahlen<br />
im Mai 89...“ Arne Schuldt<br />
winkt ab. Weil das innere Exil auf<br />
Dauer keine Antwort sein konnte,<br />
machte er beim Neuen Forum mit.<br />
Reisefreiheit, Redefreiheit, Wahlfreiheit<br />
– das waren die Werte, für<br />
die es sich zu kämpfen lohnte.<br />
„Auch wenn von der Freiheit, nicht<br />
zur Wahl zu gehen, heute zu viel<br />
Gebrauch gemacht wird.“ Als die<br />
Bürgerbewegung des Neuen<br />
Forums in eine Partei mit Zwängen<br />
und Statuten mündete, trat er aus.<br />
Seine Entscheidung, dennoch in<br />
die Politik zu gehen, sei „Zufall“<br />
gewesen: Sein Betriebsleiter habe<br />
1990 für die SPD am Runden Tisch<br />
gesessen. Dem sei ein Kandidat für<br />
die Leitung des neuen Landkreises<br />
plötzlich erkrankt und er habe<br />
daher Arne Schuldt an einem Freitag<br />
angefragt, ob er einspringen<br />
könnte. Am Montag wurde er ausgewählt.<br />
Es ist inzwischen 11.17 Uhr, als energisch<br />
an die Tür des Bürgermeistersekretariats<br />
geklopft wird. Arne<br />
Schuldt schreibt am Laptop seinen<br />
Satz zu Ende. Dann hängt er sich<br />
seinen Karnevalsorden um und<br />
greift sich den großen Rathausschlüssel.<br />
Die Narrenkappe wiegt<br />
er kurz in der Hand, dann lässt er<br />
sie in der Tasche seines Jacketts<br />
verschwinden. Isabell Peters poltert<br />
ins Zimmer, flankiert von zwei<br />
Mariechen aus der Funkengarde<br />
des „Güstrower Carnevalsclubs“.<br />
Die Musiklehrerin wird bei den<br />
Faschingssitzungen im nächsten<br />
Jahr wieder als „Putze aus dem Rathaus“<br />
in die Bütt steigen. Jetzt feiern<br />
sie zusammen die alljährliche<br />
Revolte, Arne Schuldt schmeißt die<br />
Bonbons vom Rathausbalkon, freut<br />
sich über die „doch so vielen<br />
Güstrower“ auf dem Marktplatz<br />
und ärgert sich ein wenig, dass so<br />
viele Kamellen auf den Dächern<br />
der Verkaufswagen liegen geblieben<br />
sind.<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010
Das gehört einfach dazu. Wie auch<br />
die persönlichen Besuche zu den<br />
runden Geburtstagen ab dem 90.<br />
und die Glückwünsche zu den<br />
Hochzeiten ab der „Diamantenen“<br />
einfach zu den Pflichten eines Bürgermeisters<br />
gehören. Auf seinen<br />
Wegen durch die Stadt treffen ihn<br />
die Güstrower immer auf dem Rad<br />
an. Manchmal fährt er mit der<br />
Bahn nach Rostock und Schwerin -<br />
und allein mit dieser Sichtbarkeit<br />
in der Stadt fällt ein großer Teil der<br />
Popularität ab, die ein Amtsinhaber<br />
braucht, wenn er wieder<br />
gewählt werden möchte. Alles<br />
andere ist Arbeit.<br />
Arne Schuldt ist Ingenieur geblieben:<br />
Welche Ziele erreiche ich mit<br />
welchen Mitteln unter welchen<br />
Gegebenheiten? Dass Güstrow<br />
eine schrumpfende Stadt ist,<br />
erwähnt er als sachliche Feststellung<br />
in einem Nebensatz. Erst auf<br />
eine Nachfrage hin stellt er klar:<br />
„Die 2500 neuen Arbeitsplätze,<br />
die Anfang der 70er Jahre im „VEB<br />
Landmaschinenbau“ geschaffen<br />
wurden, waren kein natürliches<br />
Wachstum. Die war eine planwirtschaftliche<br />
Anordnung des<br />
Politbüros. Trotz dieser Ansiedlung<br />
verfiel die Innenstadt immer<br />
mehr.“ Nach der Abwicklung des<br />
Kombinatsbetriebes war die<br />
Schließung der modernen und<br />
leistungsfähigen Zuckerfabrik<br />
fast schwerer zu verkraften.<br />
Schließlich hatten sich die umliegenden<br />
Landwirtschaftsbetriebe<br />
schon seit Jahrzehnten auf die<br />
Zuckerrübe verlegt. Aber gegen<br />
die Entscheidung der EU aus dem<br />
Jahre 2005, ihre Zuckerexporte zu<br />
begrenzen, war kein Kraut<br />
gewachsen.<br />
Die 10.000 Einwohner, die Güstrow<br />
seit der Wende verloren hat, resultieren<br />
aus diesen Gegebenheiten.<br />
Derzeit wohnen rund 30 000 Einwohner<br />
in Güstrow.<br />
„Uns wurden für dieses Jahr auch<br />
schon 26 000 Einwohner prognostiziert“,<br />
sagt Arne Schuldt. „Und<br />
gelästert, dass wir im Natur- und<br />
Umweltpark schon die Wölfe und<br />
Bären züchten, die irgendwann in<br />
den Wäldern leben sollen.“ Aber<br />
darauf kommt es für Arne Schuldt<br />
nicht an: „Die Stadt kann schöner<br />
und lebenswerter werden, ohne<br />
dass sie größer wird.“ Das Ziel<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010<br />
„Güstrow – umweltgerechte Stadt“<br />
stammt nicht von ihm, auch das<br />
Bioenergiekraftwerk von der<br />
NAWARO AG hat er nicht „hergeholt“.<br />
Aber er hat dafür gesorgt,<br />
dass den Investoren die Entscheidung<br />
für den Standort Güstrow<br />
leicht gefallen ist. Der Inselsee-<br />
Kanal wurde frei gebaggert und<br />
ermöglicht jetzt eine touristische<br />
Rundfahrt mit dem elektrisch<br />
betriebenen Fahrgast-Kutter. Der<br />
Natur- und Umweltpark präsentiert<br />
sich als preiswerte Alternative zum<br />
Rostocker Zoo und seit ein paar<br />
Wochen ist auch der Künstler Ernst<br />
Barlach Ehrenbürger der Barlachstadt<br />
- wie Güstrow sich schon offiziell<br />
seit 2006 nennt. Auch als Bildungsstandort<br />
des Landes hat sich<br />
Güstrow etabliert. Die Fachhochschule<br />
für öffentliche Verwaltung,<br />
Polizei und Rechtspflege sowie das<br />
Berufsschulzentrum für grüne<br />
Berufe und das Landeszentrum für<br />
Hörgeschädigte nutzen die günstige<br />
Lage der Stadt am Eisenbahnkreuz<br />
zwischen Schwerin und Neubrandenburg,<br />
Rostock und Berlin.<br />
Die Sanierung der Güstrower Altstadt<br />
geht voran - auch hier setzt<br />
Arne Schuldt eher auf Solidität als<br />
auf Schnelligkeit. Schließlich weiß<br />
er, welches Kleinod die Stadt mit<br />
diesen 62 Hektar besitzt: Geschichte<br />
trifft auf Natur, Kunst auf Bildung.<br />
„Für eine Familie mit Kindern<br />
ist Güstrow ein sehr guter Ort zum<br />
Leben.“ Arne Schuldt sagt es ohne<br />
Pathos, aber gerade deshalb auch<br />
sehr überzeugend.<br />
Inzwischen sind auch die Pressefotos<br />
von der närrischen Revolution<br />
im Kasten. Arne Schuldt hat in seiner<br />
kurzen Ansprache der Büttenrednerin<br />
Isabell Peters auch gleich<br />
den ersten Gag zugespielt: Die<br />
letzten Taler aus der Stadt hätten<br />
sich in Bonbons verwandelt. „Kein<br />
Wunder, wenn das Stadtsäckel leer<br />
ist, wenn die Taler so vom Balkon<br />
runtergeschmissen werden!“<br />
Beide lachen über den gemeinsamen<br />
Witz.<br />
„Was machen wir jetzt mit dem<br />
Rathausschlüssel?“ fragt Arne<br />
Schuldt. Isabell Peters winkt ab:<br />
„Warum sollte ich den jetzt mitschleppen?“<br />
Arne Schuldt nickt<br />
und zieht seine Schublade auf: Bis<br />
zum nächsten elften Elften.<br />
Frank Schlößer (Text & Fotos)
64<br />
SEITENSPRUNG<br />
Eissegeln versetzt in einen Geschwindigkeitsrausch.<br />
„Wir werden in den kommenden<br />
Monaten mit eiskalter Polarluft<br />
überschüttet“, so die Prognose<br />
des Meteorologen Dominik Jung.<br />
Auch andere Wetterprofis halten<br />
es für möglich, dass der kälteste<br />
Winter seit 100 Jahren bevorsteht.<br />
Grund für den Kältealarm<br />
soll die Ölkatastrophe vom April<br />
im Golf von Florida sein. Um das<br />
Öl zu neutralisieren, wurden 7,5<br />
Millionen Liter einer Chemikalie<br />
ins Meer gekippt, die jetzt den<br />
Golfstrom beeinträchtigen soll,<br />
der sonst Mitteleuropa vor dem<br />
klirrenden Frost schützt. Es soll<br />
also kalt werden und somit ideale<br />
Bedingungen – zumindest für<br />
Hans-Heinz Schmidt. Der Mann<br />
ist 75 Jahre alt und kann es noch<br />
immer nicht lassen: „Ich segle<br />
aber nur noch spazieren“, betont<br />
der Klassensekretär der mecklenburgischen<br />
Eissegler. „Mit über<br />
einhundert Sachen in den Sonnenschein,<br />
dass schaffe ich nicht<br />
mehr“, erzählt der Ex-Berliner,<br />
Ex-Holsteiner und seit 1990 in<br />
Warnemünde lebende Schmidt.<br />
Den früheren Finn- und späteren<br />
Dias-Segler hat die Leidenschaft<br />
für das Eis bereits Anfang der<br />
80er Jahre gepackt. Und um<br />
„Spazierfahrten“ ging es damals<br />
nun wirklich nicht: „Wenn wir<br />
uns am Wochenende zu einer<br />
Regatta treffen wollten, haben<br />
wir uns am Donnerstag davor<br />
verabredet. Ob die Meisterschaft<br />
dann aber in Deutschland, Dänemark<br />
oder Schweden stattfand,<br />
wussten wir bis zu diesem Zeit-<br />
Faszination<br />
Eissegeln<br />
Für alle, die es auch im Winter nicht lassen können<br />
punkt noch nicht endgültig“.<br />
Hunderte Kilometer weiter und<br />
endlich auf der Regatta-Bahn<br />
angekommen, konnte es passieren,<br />
dass das Eis zu „rubbelig“<br />
war: „Dann denkst du, der Schlitten<br />
fällt dir auseinander oder es<br />
ist einfach zu viel Schnee auf<br />
dem Eis – dann geht gar nichts.<br />
Dann bist du die Riesenstrecke<br />
umsonst gefahren“. Trotzdem –<br />
Eissegeln besitzt eine unglaubliche<br />
Faszination. Und das bereits<br />
seit fast einhundert Jahren.<br />
Das Eissegeln selber kann auf<br />
eine jahrhundertlange Tradition<br />
zurückblicken. Bereits im 16. Jahrhundert<br />
montierten holländische<br />
Fischer geschmiedete Kufen<br />
unter ihre Boote. Damit war das<br />
Eissegeln geboren. Durch Holländische<br />
Emigranten entwickelte<br />
sich das Eissegeln auch in den<br />
USA, insbesondere in Detroit.<br />
Dort erlebte das sportliche Eissegeln<br />
dann auch seine eigentliche<br />
Geburt: 1865 entstand am Hudson<br />
River der erste Eissegelclub<br />
der Welt. Da es aber noch keine<br />
einheitliche Bootsklasse gab,<br />
schrieb die „Detroit News“ (DN)<br />
im Jahr 1930 einen Konstrukteurswettbewerb<br />
aus. Die DN<br />
(Detroit News)-Klasse erblickte<br />
1937 das Licht der Welt und ist bis<br />
heute die Einheitsklasse für<br />
internationale Wettkämpfe. Seitdem<br />
sind Gewicht, Länge und<br />
Breite der Eissegelschlitten vorgeschrieben.<br />
Weltweit gibt es ca.<br />
1500 aktive Eissegler in der DN-<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010
Klasse. Man kennt sich, man<br />
schätzt sich – man ist wie eine<br />
große, internationale Familie. Die<br />
Segler kommen aus den USA und<br />
Kanada, aus Russland, Schweden,<br />
Finnland, Polen und Deutschland.<br />
Gerade in Russland erfreut<br />
sich das Eissegeln in jüngster<br />
Vergangenheit größerer Beliebtheit<br />
und in Leistungszentren trainieren<br />
ca. 60 Nachwuchssegler.<br />
Von solchen Idealbedingungen<br />
ist man in MV sicherlich weit entfernt.<br />
„Rund 40 Eissegler sind<br />
in Mecklenburg-Vorpommern<br />
registriert, doch nur 25 von ihnen<br />
nehmen auch regelmäßig an<br />
Regatten teil“, bedauert der hiesige<br />
Klassenchef. Dabei gibt es<br />
wirklich gute Reviere: „Am besten<br />
sind natürlich flache Gewässer,<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010<br />
die schnell zufrieren. Dazu<br />
zählen bei uns der Schweriner<br />
See, der Goldberger See, die<br />
Müritz, das Achterwasser und die<br />
Bodden um Rügen“ erklärt der<br />
Flottensekretär Nordost – wie die<br />
offizielle Bezeichnung von Hans-<br />
Heinz Schmidt lautet. Wann und<br />
wo das beste Eis, möglichst in<br />
einer Stärke von 12 cm und ohne<br />
Schnee, zu finden ist, darüber<br />
können sich die Mitglieder der<br />
Eissegelflotte in der Saison<br />
jeweils ab Donnerstag 19 Uhr<br />
unter einer Telefonhotline<br />
(06979-124 35 98) oder im Internet<br />
informieren. Und dann geht<br />
es los. Mit der gesamten Familie.<br />
Sorgfältige Vorbereitung am Start der DN-Klasse.<br />
„Der Reiz dieser Sportart liegt in<br />
der Geschwindigkeit. Und darin,<br />
dass es eine sehr familiäre Angelegenheit<br />
ist. Anders als beim<br />
Segeln kann die gesamte Familie<br />
direkt teilhaben und selber auf<br />
dem Eis aktiv werden. Meist gibt<br />
es auch immer heißen Grog oder<br />
Glühwein, es ist schon eine tolle<br />
Atmosphäre“ beschreibt Hans-<br />
Heinz Schmidt den Eissegel- Spirit.<br />
Deutschlandweit gibt es noch<br />
weitere Reviere, die nahezu ideale<br />
Bedingungen bieten – zum<br />
Beispiel der Rangsdorfer See,<br />
zirka 20 Kilometer südlich des<br />
Berliner Zentrums, direkt am Ber-<br />
SEITENSPRUNG<br />
liner Autobahnring. Neben dem<br />
Eissegeln gibt es aber noch andere<br />
Gründe, hier mal das Eis zu<br />
testen: „Der Rangsdorfer See ist<br />
flach, hat kaum Strömung, keinen<br />
Schiffs- oder Bootsverkehr,<br />
der Wind weht häufig und regelmäßig“,<br />
schwärmt Stefan<br />
Rothen, Leiter des dortigen<br />
Europäischen Eissegelmuseums.<br />
Der Standort ist bewusst<br />
gewählt, denn Rangsdorf hat Tradition:<br />
In den 30er-Jahren des<br />
vergangenen Jahrhunderts sollten<br />
dort die olympischen Wettbewerbe<br />
ausgetragen werden.<br />
Zwar ist Eissegeln bis heute<br />
(noch) nicht olympisch, aber<br />
der Standort ist ein Zentrum<br />
des Eissegelsports geblieben.<br />
„Die ersten zwei Stunden bist du<br />
nass vom Adrenalinschub“,<br />
begeistert sich der „Commodore“<br />
und Herr über 4000 Dokumente,<br />
ein Yachtregister, 1000 historische<br />
Fotos und Ehrenmedaillen.<br />
„Mit den Einheitsschlitten<br />
können bei guter Witterung<br />
und buckelfreiem Eis knapp<br />
160 km/h erreicht werden, der<br />
Weltrekord liegt bei unglaublichen<br />
238 km/h – Geschwindigkeiten,<br />
von denen Segler im<br />
Sommer nur träumen können –<br />
die bei 15 Knoten über Grund<br />
schon in einen Tempo rausch<br />
verfallen“.<br />
Die DN-Klasse ist bis heute Einheitsbootsklasse für internationale Wettkämpfe. Fotos: Landessportbund Eissegeln; Jens Lochmann<br />
65
66<br />
SEITENSPRUNG<br />
Uralte Peekschlitten auf dem Saaler Bodden. Der Althäger Hafen ist beliebter Start für Eissegelregatten.<br />
Trotz dieser enormen Geschwindigkeiten<br />
braucht man zum Eissegeln<br />
keinen speziellen Eis-<br />
Segel-Schein. Es gibt ihn trotzdem<br />
und einige Versicherungen<br />
wollen diesen auch sehen<br />
(unkomplizierte Prüfung über<br />
den Eisseglerverband). Schließlich<br />
rasen bei einer Regatta die<br />
Eissegler, eingeteilt in Gruppen<br />
von maximal 50 Seglern, über 1,5<br />
km bis 2,5 km langen Rundkurse.<br />
Da die Rennen mindestens über<br />
6,44 km (4 Meilen) gehen müssen,<br />
werden die Runden mehrmals<br />
absolviert. Gestartet wird –<br />
wie beim Bobfahren – mittels<br />
Anschieben des Schlittens. Und<br />
genau wie beim Fahren in der<br />
Eisrinne ist die Startphase damit<br />
besonders entscheidend.<br />
„Alle sagen, dass es einen tollen<br />
und knackigen Winter geben<br />
wird. Das wäre nach den letzten<br />
drei Jahren auch mal wieder an<br />
DER NEUE CITROËN C4<br />
Positive Power<br />
der Zeit“ freut sich Schmidt. Und<br />
lädt alle, die sich für diese eiskalte<br />
und schnelle Sportart interessieren,<br />
ein, vorbeizuschauen<br />
beim Stützpunkt der Eissegler<br />
aus MV auf dem Inselsee bei<br />
Güstrow (Clubgelände des WSV<br />
Güstrow 1928) – und für stärker<br />
ambitionierte: Die Deutschen<br />
Meisterschaften 2011 finden am<br />
07. Januar bis zum 09. Januar<br />
statt. So der Plan. Und wo? Natürlich<br />
dort, wo das Eis am schnell-<br />
Rostock-Elmenhorst · Hauptstr. 103<br />
täglich 24h-Hotline 03 81 77 83 40<br />
www.franzosen-meyer.de<br />
sten ist. Konkretes dann am<br />
Donnerstag davor.<br />
Ganz billig ist der Sport nicht: Die<br />
Preise für einen Schlitten samt<br />
Kufen reichen von 1500 Euro bis zur<br />
High- End-Lösung im preislichen<br />
Bereich eines Mittelklassewagens.<br />
Also selber bauen? Wenn schon ein<br />
Neubau, dann sollte der möglichst<br />
den offiziellen Vermessungsvorschriften<br />
entsprechen, weil<br />
dadurch der Wiederverkaufswert<br />
Erleben Sie ein Auto – auffallend anders,<br />
mit einer serienmäßigen Ausstattung<br />
die Sie anderswo lange suchen…<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010
wesentlich höher liegt und die ausgefeilte<br />
Konstruktion eine selbige<br />
ist. Im Internet gibt es u. a. einen<br />
59-seitigen Bauplan, auf dessen<br />
Grundlage der Eissegler vermessungsfähig<br />
ist und so auch auf offiziellen<br />
Regatten eingesetzt werden<br />
kann. Auf Grund seiner<br />
Abmessungen und seines geringen<br />
Gewichtes kann der DN Schlitten<br />
problemlos auf einem Autodach<br />
transportiert werden.<br />
Es geht aber auch ganz anders –<br />
gemütlicher, preiswerter und mit<br />
wesentlich weniger Aufwand verbunden<br />
ist das traditionelle Eissegeln<br />
auf dem Saaler Bodden. Mitte<br />
des 19. Jahrhunderts wurden hier<br />
mehr als 280 Eissegler gezählt. Ein<br />
Mann, der am Saaler Bodden die<br />
Tradition alter Holzboote schon<br />
seit einigen Jahren am Leben hält,<br />
ist Jens Lochmann. Seit einigen<br />
Jahren kann man sich in Althagen<br />
nicht nur etwas Historisches zum<br />
Segeln für lauschige Sommertouren<br />
ausleihen, sondern auch im<br />
Winter, wenn es friert: „Die Schlitten<br />
besitzen ein bis zu 3,5m langes<br />
Deck aus Nadelholz, nur die Kap-<br />
Der nächste Sommerurlaub naht. Viele Menschen,<br />
besonders Familien entscheiden im Januar, wohin es<br />
in den nächsten Sommerferien geht. Die Rostocker<br />
bzw. mecklenburgischen Reiseprofis helfen mit<br />
ihren Angeboten, das optimale Reiseziel zu finden.<br />
Ob über Lokalmatadoren wie Flughafen Rostock<br />
Laage mit mehreren Reisebüros und Fluglinien<br />
vertreten und den Reisedienst Schröder aus<br />
Rostock oder internationale Fremdenverkehrsämter<br />
wie das der Türkei oder Tschechiens – im<br />
Grunde ist auf der Messe die ganze Welt buchbar.<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010<br />
pen (Kufen) bestehen aus Eichenholz,<br />
das vom Dorfschmied mit<br />
Eisen eingefasst wurde“, erzählt<br />
der begeisterte Bootsbauer. „Mast<br />
und Takelage stammen von den<br />
kleinen Fischerbooten. Die Leinenbzw.<br />
Baumwollsegel haben eine<br />
durchschnittliche Größe von 10 bis<br />
18 qm.“. Der Retter vieler alter<br />
Arbeits- und Fischerboote lebt und<br />
arbeitet in dem „Cyrus-Haus“ (18.<br />
Jahrhundert, nach dem ersten<br />
hauptamtlichen Seefahrtslehrer<br />
der Insel) und geht von einem<br />
Bestand von „ca. 45 Schlitten“ aus.<br />
Ein anderes Transport- und Fortbewegungsmittel<br />
nannte sich Peekschlitten<br />
oder auch Peiksläden,<br />
Diese kleineren Schlitten haben<br />
eine Länge zwischen ein und zwei<br />
Metern. Um diese Art der Schlitten<br />
vor dem Holzwurm und dem Vergessen<br />
zu bewahren, veranstaltet<br />
der „Verein der Holzbootfreunde<br />
Fischland e. V.“ seit 2002 kleinere<br />
Wettfahrten vor dem Althäger<br />
Hafen. Auf einem kurzen Kurs von<br />
etwa 120 Metern finden sich bei<br />
entsprechendem Wetter mehr als<br />
zwanzig Teilnehmer ein, wobei die<br />
ältesten fast 80 Jahre alt sind.<br />
Nach „langem Kampf“ können sich<br />
die Sieger schließlich über die<br />
wärmende Flasche Rum freuen,<br />
die letztendlich in gemeinsamer<br />
Runde immer für gute Stimmung<br />
sorgt. Der älteste Peekschlitten hat<br />
bereits 120 Jahre auf dem Buckel.<br />
Hier auf dem Saaler Bodden wie<br />
auch auf allen anderen Eisflächen<br />
ist eine Sache besonders<br />
wichtig: Gute Thermokleidung<br />
und zudem Skibrille, Helm, Handschuhe<br />
und Rennschuhe mit Spikes.<br />
Außerdem: zeitliche Flexibilität<br />
und ein Höchstmaß an<br />
Abenteuerlust, denn neben der<br />
hohen Geschwindigkeit ist diese<br />
Sportart vor allem durch seine<br />
exotischen Randbedingungen<br />
geprägt. Wer sich vorstellen<br />
kann, seine Wochenenden an<br />
abgeschiedenen Orten an der<br />
Russisch-Finischen Grenze zu<br />
verbringen und am Tage mit<br />
extremen Geschwindigkeiten<br />
über das Eis zu rasen um abends<br />
dann in einfachsten Blockhütten<br />
mit seinen Segelgefährten über<br />
den Kick beim übers Eis rasen zu<br />
philosophieren - für den ist<br />
VIVA Touristika & Caravaning<br />
Reisen – Fahrrad – Caravaning stehen im Mittelpunkt der beliebten Reisemesse in Rostock.<br />
Vom 21.-23. Januar 2011 präsentieren lokale, nationale und internationale Touristiker<br />
ihre Angebote für die kommende Feriensaison in der Hansemesse.<br />
Neu im Programm ist das Thema „FAHRRAD“.<br />
Bekannte Händler aus Rostock und Mecklenburg,<br />
aber auch große Hersteller wie „BERGAMONT“<br />
zeigen viele Marken, Zubehör und geben Tipps<br />
und Empfehlungen für Fahrradreisen. Der ADFC<br />
Rostock unterstützt und berät das Messeteam von<br />
expotec, damit die Besucher umfassend und<br />
kompetent beraten werden.<br />
Auf einem Testparcour von 1.000 m² Größe<br />
können alle Räder unter fachkundiger Anleitung<br />
ausprobiert werden.<br />
SEITENSPRUNG<br />
Eissegeln d i e Adrenalinalternative<br />
im Winter. Wer’s einmal<br />
macht, so behaupten die Eissegler,<br />
hängt sowieso am Haken.<br />
Jo Lüdemann<br />
Kontakte:<br />
• Historisches Eissegeln<br />
Fischland- Darß- Zingst:<br />
Darß- Museum,<br />
18375 Prerow, Waldstr. 48,<br />
Tel: 03 82 33 - 697 50 oder<br />
Jens Lochmann,<br />
18347 Althagen,<br />
Althägerstr. 40<br />
Tel.: 03 82 20 - 806 19,<br />
www.alteboote.de<br />
• Landessportbund Eissegeln,<br />
www.eissegeln.de<br />
• Förderverein Europäisches<br />
Eissegelmuseum e.V.,<br />
Am Strand 1, 15834 Rangsdorf<br />
Tel.: +49 33708 21 624,<br />
www.eissegelmuseum.de<br />
• Selbstbaupläne DN- Schlitten,<br />
www.tecpaper-group.com<br />
Komplettiert wird das Ferienangebot traditionell<br />
durch die Individualisten der Branche, durch<br />
Caravans, Wohnmobile und Campingangebote.<br />
Übrigens: Das Messethema „BOOT“ wurde<br />
auf vielfachen Wunsch der Aussteller und<br />
Besucher in eine eigene Messe überführt.<br />
Vom 01.-03. April 2011 können Bootsbegeisterte<br />
in der Hansemesse und auf der Außenstelle in<br />
Schmarl an der Warnow (LIKEDELER)<br />
zahlreiche Aussteller begrüßen.<br />
67
68<br />
PROMINENT<br />
Im Duett:<br />
Vicky Leandros<br />
und Ben Becker.<br />
Foto: Walter Kober /<br />
Universal Music<br />
Vicky Leandros: Einen Koffer<br />
in Hamburg und zwei in Berlin<br />
Ohne Zweifel, diese Frau ist ein<br />
Weltstar: Vicky Leandros. Die<br />
heute 58-Jährige schrieb mit 55<br />
Millionen verkauften Alben internationale<br />
Musikgeschichte. Seit 35<br />
Jahren steht die gebürtige Griechin,<br />
die jetzt, wie sie sagt, ihren<br />
ersten Wohnsitz in Berlin hat, auf<br />
der Bühne. Zur Jubiläumstournee<br />
2010/2011 ist sie durchgestartet,<br />
ihr aktuelles Album „Zeitlos“ in<br />
der Gunst ihres Publikums.<br />
Am 3. März 2011 gastiert Vicky<br />
Leandros in der Rostocker Stadthalle.<br />
Rostock „delüx“ traf sich mit ihr<br />
auf einen Capuccino im Hamburger<br />
Hotel „Atlantik“.<br />
Frau Leandros, Ihr neues Album<br />
trägt den Titel „Zeitlos“. Warum?<br />
Weil die Melodien auf der aktuellen<br />
CD einfach zeitlos sind. Dazu<br />
gehören zum Teil alte französische<br />
Lieder, aber Welterfolge. Sie haben<br />
die Zeit überdauert, sind eben zeitlos.<br />
Es hat mich gereizt, meine<br />
eigenen Kompositionen neben<br />
Klassiker zu stellen, die seit vielen<br />
Jahren nicht mehr interpretiert<br />
worden sind. Ich bin dabei auf<br />
neue Variationen gestoßen und<br />
könnte mir gut vorstellen, mich<br />
künftig wieder intensiver mit dem<br />
Chanson zu beschäftigen.<br />
Mit „Gerede, Gerede“ ist eine Neuauflage<br />
von „Paroles, Paroles“ zu<br />
hören. Damals, 1973, stritten Dalida<br />
und Alain Delon über die Liebe. 2010<br />
tun Sie es mit Ben Becker. Wie kam<br />
es zu dieser musikalischen Nähe?<br />
Es war an einem Abend im Berliner<br />
Borchardt. Ich traf dort Udo Lindenberg,<br />
später setzte sich Ben zu<br />
uns, auch ein paar Leute von den<br />
Scorpions kamen. Wir hatten einen<br />
wirklich lustigen Abend. Natürlich<br />
redet man in so einer Runde auch<br />
über die nächsten Projekte. Ich war<br />
gerade bei der Produktion für das<br />
neue Album, und grübelte damals,<br />
wer den Text für ‚Gerede, Gerede‘<br />
sprechen könnte. Und weil Ben<br />
eben diese wunderbare Stimme<br />
hat, habe ich ihn gefragt. Er hat<br />
zugesagt und dann waren wir<br />
auch schon im Studio. Den Titel<br />
haben wir perfekt und schnell produziert.<br />
Ben ist schon ein Profi.<br />
Und das, was raus gekommen ist,<br />
bringt wirklich leichtes Gänsehautgefühl<br />
rüber. Was ist Ben Becker<br />
eigentlich für ein Typ?<br />
Er ist auf der einen Seite unkompliziert,<br />
auf der anderen, weiß er<br />
ganz genau, was er will. Ich<br />
meine, er ist ein Perfektionist.<br />
Mit dem Titel „Berlin“ ist auf dieser<br />
CD auch von einer Liebeserklärung<br />
an Berlin zu hören. Wie<br />
kommt‘s?<br />
Im vergangenen Jahr gab es eine<br />
Fernsehsendung zum Thema 20<br />
Jahre Mauerfall in Berlin, in der<br />
das Lied „Das ist die Berliner<br />
Luft…“ von allen Mitwirkenden<br />
angestimmt wurde. Ich dachte,<br />
nee, das kann es nicht sein. Klar,<br />
es gibt auch noch eins von Hildegard<br />
Kneef mit dem Titel „Ich<br />
habe noch einen Koffer in Berlin“.<br />
Ich meinte aber, ich müsste ein<br />
neues Lied, ein modernes schreiben,<br />
dass die Stadt mit all ihren<br />
Liebenswürdigkeiten aber auch<br />
ihren Krallen zeigt. Und dann<br />
habe ich daran gearbeitet. Ich<br />
denke, es ist gelungen.<br />
Was lieben Sie an Berlin?<br />
Berlin ist innovativ, sehr charmant.<br />
Die Stadt ist international,<br />
ja einfach rasant. Berlin bietet<br />
mir persönlich sehr viel. Ich gehe<br />
gern in die Museen, in die<br />
Theater, zu Ausstellungseröffnungen,<br />
sitze aber genauso gern<br />
in einem Cafe` in Berlin Mitte.<br />
Sie sind in Griechenland, auf Korfu,<br />
geboren. Ihre Heimat ist wo?<br />
Hamburg ist meine Heimat. Dort<br />
bin ich aufgewachsen. Dort habe<br />
ich meine ältesten Freunde. Gut, in<br />
Griechenland auch. Aber ehrlich, in<br />
Griechenland könnte ich nicht das<br />
ganze Jahre leben. Das gebe ich zu.<br />
Das kann ich nur in Berlin und in<br />
Hamburg. Ich sage mal so, ich habe<br />
immer noch einen Koffer in Hamburg<br />
und jetzt zwei in Berlin.<br />
Aber in Griechenland ist es wärmer<br />
als in Deutschland…<br />
Stimmt. Ich habe versucht, dort<br />
ständig zu leben, als ich in die Politik<br />
kam. Aber ich denke auch, weil<br />
meine Kinder in Deutschland<br />
geboren sind, fühle ich mich hier<br />
zu Hause. Obwohl, in Griechenland<br />
habe ich einen Teil meiner<br />
Familie. Mein Vater zum Beispiel.<br />
Er ist heute 85 und lebt in Athen.<br />
Sie merken, es ist nicht ganz leicht,<br />
Ihre Frage zu beantworten.<br />
Haben Sie festgestellt, dass Ihre<br />
Ausflüge in die griechische Politik<br />
nichts für eine Künstlerin sind?<br />
In der Praxis ist es natürlich so,<br />
dass die Politik ein knallharter<br />
und zeitaufwändiger Job ist. Zu<br />
jener Zeit war ich in der Woche<br />
im Rathaus in Piräus und an den<br />
Wochenenden musste ich reisen,<br />
um zu singen. Das wurde mit der<br />
Zeit sehr, sehr anstrengend. Und<br />
beiden Jobs nicht gerecht zu werden,<br />
ist nicht gut. Und dann<br />
wurde die Situation in Griechenland<br />
ziemlich unübersichtlich.<br />
Und das war auch ein Grund für<br />
meinen Rücktritt.<br />
Sind Sie vielleicht zu dünnhäutig für<br />
die Politik?<br />
Ach wissen Sie, ich glaube mich<br />
ganz gut durchsetzen zu können.<br />
Mit meinen Teams habe ich auch<br />
einige Projekte verwirklicht. Vielleicht<br />
trieb mich auch das Heimweh<br />
nach Deutschland…<br />
Diese Frage wird Ihnen garantiert<br />
häufig gestellt. Ich muss sie auch<br />
stellen: Wie halten Sie sich fit? Sie<br />
sehen, mit Verlaub, auch zeitlos aus,<br />
scheinen nicht älter zu werden.<br />
(Lacht) Ich weiß auch nie, was ich<br />
darauf antworten soll….<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010
Ich habe gehört, Sie können auch<br />
essen, ohne die Kalorien zu zählen?<br />
Na ja, ich versuche mich ausgewogen<br />
zu ernähren. Diäten mache ich<br />
nicht. Ich habe übrigens als junge<br />
Frau viele Diäten gemacht, weil ich<br />
sehr schnell zunahm. Aber nach<br />
den Kindern hat sich alles verändert.<br />
Natürlich mache ich Sport.<br />
Ballett, manchmal Powerwalk,<br />
Pilates. Je nach Zeit, zwei bis vier<br />
Mal in der Woche, gemeinsam mit<br />
einer Trainerin.<br />
Sie sind 58, verheimlichen es auch<br />
nicht. Wie gehen Sie mit dem älter<br />
werden um?<br />
Natürlich freue ich mich nicht<br />
über jede Falte mehr, aber es ist<br />
nun mal so, dass wir alle älter<br />
werden. Und sich darüber aufzuregen,<br />
bringt einfach nichts.<br />
Ein ziemlich gelassener Umgang.<br />
Ich möchte nicht mit meinen<br />
Töchtern konkurrieren. Und von<br />
Schönheitsoperationen halte ich<br />
nichts. Ich habe auch noch keine<br />
gemacht. Ich habe nun mal ein<br />
gelebtes Leben und möchte nicht<br />
wie eine Plastikpuppe aussehen.<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010<br />
Haben Sie schon mal gezweifelt<br />
und gedacht, ich höre mit der<br />
Musik auf`?<br />
Musik ist meine Leidenschaft,<br />
sowohl singen als auch schreiben<br />
und produzieren. Meine Kinder<br />
sind aus dem Haus. Natürlich<br />
muss ich nicht mehr singen, und<br />
könnte mich wunderbar vergnügen,<br />
auf Reisen gehen, Freunde<br />
besuchen und so weiter. Aber<br />
irgendwann ist man dessen leid.<br />
Meinen Beruf weiterzuführen,<br />
das ist mein Inhalt und dafür bin<br />
ich dankbar.<br />
Sie haben erwachsene Kinder,<br />
einen Sohn und zwei Töchter. Wie<br />
ist das Miteinander?<br />
Ein sehr enges, meine ich. Wir<br />
telefonieren täglich, sehen uns<br />
sehr oft. Ob sie mich als Freundin<br />
sehen, da bin ich mir nicht<br />
sicher, vielleicht. Wir sprechen<br />
gemeinsam über sehr viele Themen,<br />
insofern vielleicht auch<br />
Freundin. Was ich bin, ich bin<br />
eine stolze Mutter, denn alle drei<br />
Kinder haben bisher viel<br />
erreicht, haben ihre Studien<br />
super abgeschlossen.<br />
Was haben Ihre Kinder studiert?<br />
Meine großen Kinder möchten<br />
nicht, dass ich darüber erzähle. Nur<br />
meine jüngste Tochter, Sandra, die<br />
auch als Schauspielerin arbeitet,<br />
möchte es. Sie hat gerade ihr Studium,<br />
neueste Geschichte an der<br />
Humboldt-Universität Berlin,<br />
abgeschlossen.<br />
Weihnachten verbringen Sie wo?<br />
In den Bergen, mit Freunden und<br />
der ganzen Familie. Nur zum Ski<br />
laufen komme ich dann nicht, weil<br />
ich meistens koche. (Lacht) Ist auch<br />
ganz gut so, ich laufe viel zu<br />
schlecht Ski.<br />
Wie kochen Sie?<br />
Ich meine einen Mix aus griechischer,<br />
französischer und italienischer<br />
Küche. Manchmal koche<br />
ich auch ein bisschen deutsch, Wild<br />
zum Beispiel.<br />
Sie sehen so zart aus. Ich kann Sie<br />
mir am Herd gar nicht so recht vorstellen.<br />
Doch, ich stehe oft lange am Herd,<br />
koche für Freunde. Das macht mir<br />
Freude. Manchmal bis zu 60 Perso-<br />
PROMINENT<br />
nen, und das bei mir zu Hause.<br />
Aber, ich koche gern alleine, denn<br />
ich habe es nicht so gern, wenn<br />
sich beim Kochen jemand einmischt.<br />
Kritik am Essen, das geht<br />
gar nicht (lacht).<br />
Am 3. März gastieren Sie in Rostock.<br />
Finden Sie während so einer Tournee<br />
überhaupt Zeit, sich auch ein wenig<br />
in der Stadt umzuschauen?<br />
Kaum. Häufig ist es so, dass wir<br />
gerade um 17 Uhr zum Soundcheck<br />
eintreffen. In Rostock hatte<br />
ich übrigens immer sehr schöne<br />
Konzerte. Aber viel von der Stadt<br />
gesehen, nein, das habe ich nicht.<br />
Das empfinde ich als schade.<br />
Was wird zu hören sein?<br />
Natürlich stelle ich mein neues<br />
Album vor, aber auch ältere Lieder<br />
werde ich singen, unter anderem<br />
„Ich liebe das Leben“ oder<br />
Après toi. Das muss sein.<br />
Frau Leandros, Rostock freut sich<br />
auf Sie am 3. März 2011 um 20 Uhr<br />
in der Stadthalle.<br />
Regina Rösler<br />
69
70<br />
TREFFPUNKT<br />
Jazz ,<br />
Andreas Martens, Vorsitzender des Jazzclubs Rostock<br />
mit Ehefrau Antje. „Ich habe einen großen<br />
Anspruch“, sagt der 46-Jährige. Diese Einstellung<br />
scheint ihm Recht zu geben. Der Ball war rappelvoll<br />
besucht, ausverkauft. Übrigens, der Jazzclub Rostock<br />
führt monatlich zwei aktuelle Veranstaltungen<br />
durch, die im Carlo 615 stattfinden, direkt im<br />
Rostocker Stadthafen. Aktuelle Informationen dazu<br />
gibt es unter www.jazzclub-rostock.de.<br />
Rigmor Gustafsson aus Schweden begeisterte als Stargast nicht nur Big Band-Chef Andreas Pasternack. Die<br />
Ballgäste lauschten andächtig und klatschten euphorisch. Übrigens, das aktuelle Album Rigmor Gustafssons<br />
heißt „Calling you“.<br />
Band Ball: Viele<br />
Wiederholungstäter<br />
Dass es tatsächlich zehn Jazz Band Bälle werden,<br />
so recht hatte es Andreas Martens wohl vor zehn<br />
Jahren, als der Vorstand des Rostocker Jazzclubs<br />
beschloss, solch ein Event auf die Beine zu stellen,<br />
nicht geglaubt. Und nun ist der 10. seiner Art<br />
bereits Geschichte, der Termin für den 11. Jazz<br />
Band Ball steht auch schon fest, und zwar für den<br />
15. Oktober 2011. „Am 1. Dezember dieses Jahres<br />
beginnt schon der Vorverkauf“, verrät Andreas<br />
Martens, Vorsitzender des Jazzclub Rostock.<br />
„Auch der Stargast hat bereits zugesagt. Es wird<br />
Caroline Henderson aus Dänemark sein.“<br />
Das Rostocker Ehepaar Thomas und Christine<br />
Jastram freuen sich vor allem über die lockere Ballstimmung.<br />
„Eine willkommene Abwechslung von<br />
der Atelierarbeit“, schmunzelt der Bildhauer, zudem<br />
auch Chef Rostocks Technischer Kunstschule.<br />
Der diesjährige Jazz Band Ball im gastgebenden<br />
Warnemünder Hotel Neptun war ausverkauft.<br />
Das freute den veranstaltenden Jazzclub. „Wir<br />
machen es wohl richtig,“ so Martens. Die Organisatoren<br />
hatten auf Bewährtes gesetzt, die<br />
Pasternack Big Band, die sogar einen Eröffnungswalzer<br />
hinzauberte, der kaum einen Gast<br />
des Abends auf den Stühlen hielt. Und es schien,<br />
nur wenige Paare verließen das Tanzparkett des<br />
Bernsteinsaales, bis auf eine Pause am Büffet<br />
oder das eine oder andere Los für die Tombola zu<br />
kaufen. Großartige Ballstimmung.<br />
Sie haben ihre Galerie in Steinwurfnähe des Hotel<br />
Neptun, an Warnemündes Altem Strom, doch zum<br />
Jazz Band Ball haben es Ulrike-Sabine Möller und<br />
Ehemann Peter erst in diesem Jahr zum ersten Mal<br />
geschafft.<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010
Fotos: Thomas Ulrich, www.ulrich-fotodesign.com<br />
Peter und Sylvia Bartsch (v. r..) haben noch keinen Jazz<br />
Band Ball verpasst. Dieses Mal kamen sie gemeinsam mit<br />
Christian und Elke Luckmann (.v. l.). „Tanzbare Jazzmusik<br />
und gute Künstler, das ist wohl das Geheimnis des gefragten<br />
Jazz Band Balls“, meint Peter Bartsch.<br />
Klaus Wenzel und Roswitha Salabaschew (v. l.) wurden<br />
freudig von Guido Zöllick, heutiger Generalmanager des<br />
Warnemünder Hotel Neptun begrüßt.<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010<br />
Petra und Jochen<br />
Bruhn lieben Jazz und<br />
auch zu diesen Rhythmen<br />
zu tanzen. „Gründe,<br />
warum wir kaum<br />
einen Jazz Band Ball<br />
in den letzen Jahren<br />
ausgelassen haben“,<br />
lächelt der Chef der<br />
Rostocker Versorgungund<br />
Verkehrsholding<br />
GmbH.<br />
Bezeichnen sich als Jazz Band Ball-Wiederholungstäter:<br />
Sarah Litschke, Gunnar Weiß, Maren Johansen und Björn<br />
Wilsdorf (v. l.) . „Auch weil man sich mal richtig schön in<br />
Schale werfen kann,“ sagt Sarah Litschke. „Solche Anlässe<br />
gibt es in Rostock einfach zu selten“, unterstreicht Maren<br />
Johansen.<br />
Anja Schiller, Joachim Kühl, Frauke und Wolfgang Rathold<br />
(v. l.) aus Rostock sind Freunde seit vielen Jahren. Also<br />
genießen sie auch gemeinsam den Jazz Band Ball. Wolfgang<br />
Rachold jazzt übrigens auch in seiner Freizeit. Beim Hot<br />
Licks-Jazztrio ist er der Mann am Klavier.<br />
Die Tanzfläche im Bernsteinsaal des Warnemünder Neptun<br />
Hotel war selten leer. Die Künstler des 10. Jazz Band Ball<br />
bewiesen: Guter Jazz ist nicht nur etwas für die Ohren. Er<br />
kann durchaus in die Beine gehen.<br />
Ein Jazz Band Ball ohne den Sänger der Pasternack Big Band,<br />
Larry Harms, unvorstellbar. Und wie man sieht, Charmeur<br />
Harms genoss den diesjährigen Ball…<br />
TREFFPUNKT<br />
Was haben sie da bloß zu tuscheln,<br />
Oberbürgermeister Roland Methling<br />
und Grafiker Feliks Büttner? „Nun, im<br />
Juni 2018 feiern wir 800 Jahre Rostock.<br />
Vielleicht kann ich Feliks Büttner überzeugen,<br />
für dieses große Ereignis und für<br />
Rostock etwas Kunstvolles anzufertigen“,<br />
verrät Methling. Der Künstler<br />
allerdings hüllte sich an diesem Abend<br />
zu diesem Thema noch etwas in Schweigen.<br />
Aber vielleicht…. Immerhin hat<br />
Feliks Büttner bislang zu jedem der zehn<br />
Jazz Band Bälle die wundervoll farbenfrohen<br />
Plakate gezeichnet.<br />
Dr. Frank Sander und Partnerin Birgitt<br />
Holland aus Rostock zählen zu den<br />
Stammgästen des Jazz Band Balls.<br />
Angeli und Heinz Peters aus Rostock<br />
besuchten zum ersten Mal den Jazz<br />
Band Ball. „Die Atmosphäre hier<br />
gefällt uns sehr,“ so das Ehepaar.<br />
71
72<br />
TREFFPUNKT<br />
Champagner und ein kleines Musikstück. Gemeinsamer<br />
Beginn der Jahresköste der Kaufmannschaft zu<br />
Rostock e. V. im Festsaal des Rostocker Rathauses.<br />
Öllermann Reinhard Wolfgramm, für ein Jahr<br />
gewähltes Oberhaupt der Jahresköste der Kaufmannschaft<br />
zu Rostock, mit Gattin Friederike.<br />
Andreas Kleinert, Mercedes Benz Centerleiter<br />
Rostock, Lebenspartnerin Andrea Schimanski und<br />
Manfred Lehde, Geschäftsführer EADS Rostock (v. l.).<br />
Feine Tradition<br />
„Wer die Vergangenheit liebt, liebt das Leben“,<br />
besagt ein altes Sprichwort. Eine Weisheit, die<br />
die 125 Mitglieder der Jahresköste der Kaufmannschaft<br />
zu Rostock e. V. pflegen. Garantiert<br />
einmal im Jahr, nämlich immer am ersten Freitag<br />
nach Erntedank. Dann trifft sich traditionell die<br />
hansestädtische Kaufmannschaft, sozusagen<br />
die „Top 100“ aus der Wirtschaft an der Warnow.<br />
Die Herren im Smoking, die Damen in feinster<br />
Abendgarderobe.<br />
Zunächst kamen die Paare gemeinsam auf ein<br />
Glas Champagner, lauschten einem kleinen<br />
Musikstück und einer kurzen Rede des diesjährigen<br />
Öllermanns Reinhard Wolfgramm,<br />
Geschäftsführer der Rostocker Gesellschaft für<br />
Stadterneuerung, Stadtentwicklung und Wohnungsbau<br />
mbH (RGS), im Festsaal des Rathauses.<br />
Doch dann trennten sich beider Wege, so<br />
wie es eben die hanseatische Tradition seit Jahrhunderten<br />
verlangt.<br />
Während die Herren den kurzen Weg ins benachbarte<br />
Steigenberger Hotel Sonne nahmen, um<br />
anschließend bei Ochsenschwanzsuppe, Mecklenburger<br />
Rippenbraten, und Beerengrütze –<br />
auch dieses Mahl gehört seit Generationen dazu<br />
– über die aktuelle Lage der Hansestadt zu<br />
debattieren, brachte ein Bus die Damen in den<br />
Lokschuppen des Rostocker Stadthafens. Hier<br />
war eigens für sie ein Damenprogramm organisiert.<br />
Im historischen Ambiente der liebevoll eingerichteten<br />
Restauration ließen sie es sich bei<br />
einem leichten mediterranen drei-Gang-Menü<br />
gut gehen. Niveauvolle musikalische Begleitung<br />
boten Stipendiatinnen des Vereins Yehudi<br />
Menuhin „Live Music now“ Rostock e. V.. Ein<br />
feiner Abend, den die Damen sichtlich genossen.<br />
Feine Tropfen begleiteten übrigens beide kulinarische<br />
Runden. Bereits auf der Sitzung des Vorstandes<br />
der Jahresköste im Juni wurde der<br />
Köstewein gewählt.<br />
Ein Novum in diesem Jahr, so war zu hören,<br />
denn die Kösteweine mussten in einer Blind -<br />
verkostung aus fünf Rot- und fünf Weißweinen<br />
herausgefunden werden.<br />
Bei den Weißen schmeckte in diesem Jahr der<br />
Grauburgunder Kabinett vom Jechtinger Eichert<br />
hervorragend. Bei den Rotweinen bestimmte<br />
einer aus Südtirol den Geschmack, und zwar der<br />
Lagrein vom Untermoserhof.<br />
Tradition des Festmahls der männlichen<br />
Kaufmannschaft ist es, eine Sammlung für<br />
einen gemeinnützigen Zweck in der Hansestadt<br />
Rostock durchzuführen. In diesem Jahr<br />
soll das Geld vornehmlich für die Schaffung<br />
neuer Parkmöglichkeiten an der Rostocker<br />
Kunsthalle am Schwanenteich verwendet<br />
werden.<br />
Übrigens, gegen 22.30 Uhr trafen dann die<br />
Damen ihre Herren im Steigenberger Hotel<br />
Sonne wieder. Freudige Stimmung – ungetrübt<br />
auf beiden Seiten.<br />
Re. Rö.<br />
Fotos: Thomas Ulrich, www.ulrich-fotodesign.com<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010
„Die Jahresköste der Rostocker Kaufmannschaft ist seit Jahren<br />
ein fester Punkt in meinem Terminkalender,“ sagt Dr.<br />
Peter Schulz (rechts). Der Vater des gebürtigen Rostockers war<br />
übrigens von 1945 bis 1949 Oberbürgermeister in Rostock.<br />
1989/90 arbeitete Dr. Peter Schulz in seiner Heimatstadt als<br />
juristischer Berater und half beim Wiederaufbau der SPD an<br />
Warnow. Sebastian Schröder, Staatssekretär im Ministerium<br />
für Verkehr, Bau und Landesentwicklung Mecklenburg-Vorpommern,<br />
freute sich über das Wiedersehen mit dem<br />
langjährigen Familienfreund.<br />
Dr. Klaus Michelsen, Geschäftsführer SER Schiffselektronik<br />
Rostock GmbH, und Ehefrau Christa.<br />
Rechtsanwalt Dr. Gerd Schäfer und Lars M. Clasen, Geschäftsführer<br />
der A-Rosa Flussschiff GmbH (v. l.).<br />
Reiner Dallmann, Schatzmeister der Jahresköste, plauderte<br />
mit Dieter Floto möglicherweise über den in Teutendorf bei<br />
Sanitz geborenen Friedrich von Flotow, in dessen Geburtshaus<br />
heute Dieter Floto lebt. „Allerdings endet mein Name<br />
wirklich ohne W,“ schmunzelt Floto.<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010<br />
Dr. Klaus-Hermann Knüppel, Mitglied der Geschäftsleitung<br />
Windpark GmbH Rostock und Co. Stuthof, freute sich<br />
über das Wiedersehen mit Jürgen Clement, Geschäftsführer<br />
Clement Yacht Harbour Systems Rostock (v. l.).<br />
Dr. Waltraud und Peter Bretzger reisten aus Heidenheim<br />
an. Beide kamen auf Einladung von Voith Turbo Marine<br />
Engineering GmbH & Co. KG Rostock. Frau Dr. Bretzger<br />
arbeitet als Stadträtin im baden-württembergischen<br />
Heidenheim und freute sich sehr, mal wieder an der<br />
Ostsee zu sein.<br />
Gepflegte, behagliche Atmosphäre fürs Damenprogramm im Lokschuppen.<br />
TREFFPUNKT<br />
Professor Christfried Göckeritz, Rektor der<br />
Rostocker Hochschule für Musik und<br />
Theater, und Ehefrau Adelheid Göckeritz.<br />
Andreas Wigger, Geschäftsführer des<br />
gleichnamigen Rostocker BMW Auto -<br />
hauses und Benedikt von der Decken,<br />
geschäftsführender Gesellschafter der<br />
Creditreform Mecklenburg-Vorpommern<br />
von der Decken KG (v. l.).<br />
73
74<br />
Herbert Grönemeyer: „Ich bin ein Rennpferd. Am<br />
liebsten stehe ich auf der Bühne.“ Am 31. Mai<br />
beginnt seine neue Tour im Rostocker IGA-Park.<br />
Foto: Agentur<br />
Während Grönemeyer von damals<br />
erzählt, sitzt er in der Bootshalle der<br />
Yachthafenresidenz Hohe Düne. Vor<br />
ihm halten Journalisten aus ganz Deutschland,<br />
Österreich und der Schweiz ihre Mikrofone<br />
und Stifte gezückt. Pressekonferenz zur<br />
Tournee 2011, die am 31. Mai im Rostocker IGA-<br />
Park beginnen soll. Grund dafür, dass er gerade<br />
diesen Startpunkt auswählte, sei zum<br />
einen jene alte Beziehung zu den Menschen<br />
hier. Zum anderen biete ihm die Stadt ganz<br />
einfach die seltene Möglichkeit, in Ruhe zu<br />
arbeiten. Die Yachthafenresidenz stellt Probenräume<br />
zur Verfügung, die Stadt ihr einstiges<br />
Gartenschau-Gelände. Grönemeyer<br />
erklärt: „Wir müssen ja erst mal die Produktion<br />
aufbauen. Bis man alles eingeleuchtet und<br />
eingerichtet hat, das dauert Tage. Für so lange<br />
Zeit einen Platz zu bekommen, ist sonst gar<br />
nicht so einfach.“<br />
Sein neues Album will „Herbert“ auf der Tour<br />
mit insgesamt 14 Konzerten präsentieren.<br />
Wesentlich gitarrenlastiger, elektronischer<br />
und druckvoller als die letzte Platte soll es<br />
werden, so sagt er. In kunstvoll auf abgewetzt<br />
gestylter Jeans, grauem T-Shirt und schwarzem<br />
Sakko lümmelt sich der 54-Jährige im<br />
braunen Ledersessel. Von dort aus räumt er<br />
TREFFPUNKT<br />
Rendezvous<br />
mit dem Osten<br />
„Es war so, als ob man sich nach einer langen Briefbeziehung zum ersten Mal trifft.“ Herbert<br />
Grönemeyer erinnert sich gerne an sein erstes Konzert im Osten Deutschlands. 1991 war das, in<br />
Rostock. Schon seit den 80er Jahren, als der Bochumer Sänger mit Titeln wie „Musik nur, wenn<br />
sie laut ist“ erstmals die Charts stürmte, hatte er reichlich Fanpost aus der damaligen DDR<br />
bekommen, sich aber immer geweigert, dort aufzutreten. Hintergrund: Seine Anhänger hatten<br />
ihn ausdrücklich darum gebeten, denn sie wussten genau, dass sie ohnehin nie an Karten kommen<br />
würden. Jetzt endlich stand der Sänger auf der Bühne des Ostseestadions und er gesteht:<br />
„Ich war aufgeregt wie vor einem Rendezvous.“<br />
ein: „Die Musik ist schon fertig, jetzt muss ich<br />
mich an den Schreibtisch setzen und texten.“<br />
Man sieht ihm an, das letzteres nicht zu seinen<br />
allergrößten Vorlieben gehört. „Ich bin<br />
ein Rennpferd. Am liebsten stehe ich auf der<br />
Bühne.“ Auch das Komponieren sei etwas<br />
Lustbetontes, wohingegen das Setzen der<br />
Worte echte Arbeit bedeute. Grönemeyer<br />
zuckt die Schultern und erzählt: „Manchmal<br />
schreibe ich zu einer Musik fünf Texte zu<br />
unterschiedlichen Themen, aber sie gelingen<br />
mir nicht und ich schreib noch einen sechsten.“<br />
Schon sein Vater zog ihn immer mit dieser<br />
Schwäche auf. Doch zum Glück gibt es ja<br />
von außen gesetzte Termine: Am 18. Februar<br />
muss die Platte fertig sein.<br />
Vor den Journalisten plaudert Grönemeyer<br />
über persönliche Vorlieben für Klimaanlagen<br />
und alles was sonst noch rauscht, schwärmt<br />
von Musikern wie der britischen Band<br />
Elbow oder der Popsängerin Lily Allen. Und er<br />
versichert: „Das einzige, was ich wirklich werden<br />
wollte, war Fußballer. Dieses Gefühl,<br />
wenn man aus der Garderobe raus auf den<br />
frisch gemähten Rasen läuft... das kann man<br />
nicht toppen. Das ist einfach ein Gefühl von<br />
Leben.“ Doch der große Junge aus dem Ruhrgebiet<br />
hatte Pech: Seine Ambitionen als<br />
Kicker wurden im Keim erstickt, als seine<br />
Mannschaft gegen die A-Jugend des VFL-<br />
Bochum mit 22:0 Toren haushoch verlor. Und<br />
so wurde er notgedrungen ein erfolgreicher<br />
Musiker.<br />
13,5 Millionen verkaufte Scheiben hat Grönemeyer<br />
mittlerweile in seiner Bilanz stehen,<br />
dazu etliche Goldene und Platin-Platten. Ging<br />
er am Abend vor seinem ersten Rostock-Konzert<br />
noch in den Studentenkeller, um ein Bierchen<br />
zu trinken, so würde er dort heute wohl<br />
keinen entspannten Abend mehr verbringen<br />
können. „Es ist schade, aber man guckt die<br />
Leute irgendwann nicht einmal mehr an, weil<br />
sie sofort glauben, man will mit ihnen reden.“<br />
Selbst im Restaurant sei er immer froh, wenn<br />
er seinen Platz erreicht hat, ohne angesprochen<br />
zu werden - die Nachteile des Prominentendaseins.<br />
Wie Herbert Grönemeyer 20 Jahre nach der<br />
Wiedervereinigung über die deutsch-deutsche<br />
Vergangenheit denkt? Er springt in<br />
Gedanken von der Küste ins altmärkische<br />
Uchtspringe. Dort ist der Musiker Schirmherr<br />
einer forensischen Klinik, hat sich viel mit dessen<br />
Leiter über die erste Zeit nach der sogenannten<br />
Wende unterhalten. Der Mann<br />
erzählte ihm von jenen Westdeutschen, die<br />
mit ihrem „Hartgeld“ und der für immer<br />
gepachteten Weisheit im Gepäck über die<br />
Grenze strömten. Grönemeyer schüttelt den<br />
Kopf und bedauert: „Man hätte mal eine Fernsehsendung<br />
machen müssen, die sich<br />
wöchentlich mit einem Thema der Zeit<br />
beschäftigt und dazu grundsätzlich beide Seiten<br />
– die west- und die ostdeutsche – zu Wort<br />
kommen lässt.“ Dann, so glaubt er, hätten<br />
mehr Menschen verstanden, dass es verschiedene<br />
Lösungsansätze und Denkarten gibt. In<br />
der ihm eigenen, etwas schnodderigen Art<br />
kommentiert der Sänger: „Das ist wie in einer<br />
Beziehung. Wenn der eine immer sagt, Du hast<br />
nicht so viel Ahnung, ich erklär Dir das Leben,<br />
dann sagt der andere irgendwann: ,Der ging<br />
mir schon immer auf den Keks.’“<br />
Mittlerweile habe sich aber immerhin das<br />
Bild geändert, das Ausländer von den Deutschen<br />
haben. Grönemeyer, der seit Jahren seinen<br />
Zweitwohnsitz in London hat, amüsiert<br />
sich: „Die Engländer nennen uns ja immer die<br />
nervous germans, weil wir uns schon aufregen,<br />
wenn die Frisur nicht richtig sitzt.“ In<br />
jüngster Zeit allerdings würden die Briten<br />
verblüfft feststellen, dass die Deutschen lässiger<br />
geworden und nicht mehr so schnell aus<br />
der Ruhe zu bringen sind. Grönemeyer<br />
schmunzelt. „Wer weiß, vielleicht haben wir<br />
ja doch aus der Vergangenheit ein bisschen<br />
was gelernt.“<br />
Katja Bülow<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010<br />
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76<br />
TREFFPUNKT<br />
Peer-Arne Böttcher gründete in Hamburg den ersten Business Club. Jetzt gibt es auch einen Kooperationsvertrag<br />
Region Rostock Marketing Initiative e. V. . Foto: Angelika Heim<br />
„Marktplatz der Entscheider“<br />
Ein erstes Baltic Business Meeting gab‘s im<br />
Frühherbst in der Yachthafenresidenz Hohe<br />
Düne. Einlader waren sowohl die Region<br />
Rostock Marketing Initiative e. V. als auch der<br />
Business Club Hamburg GmbH. Die gemeinsame<br />
Arbeit wolle man forcieren, war einer<br />
der Gründe. Rostock „delüx“ sprach mit Peer-<br />
Arne Böttcher, Geschäftsführer des Hamburger<br />
Business Clubs.<br />
Herr Böttcher, Sie haben vor gut zwei Jahren<br />
den Business Club Hamburg gegründet. Was<br />
bewog Sie?<br />
Ich bin jetzt 33 und habe in meiner bisherigen<br />
Berufspraxis erfahren, wie wichtig Kontakte<br />
und Netzwerke sind. Hinzu kommt, dass in<br />
der heutigen Zeit Substanz entscheidend ist.<br />
Substanz ist ohne Netzwerk nichts wert.<br />
Ihr Club trägt den Untertitel Marktplatz der<br />
Entscheider.<br />
Wir verstehen uns wirklich als ein solcher. Auf<br />
einem Markt ist immer viel los, die Angebote<br />
sind frisch und reichhaltig, er ist aber auch ein<br />
Zentrum der direkten Kommunikation. Und<br />
dieses Bild gilt auch für uns. Kontakte knüpfen<br />
und ausbauen, Informationen austauschen,<br />
Erfahrungen weitergeben, Strategien<br />
und Erfolgskonzepte nicht nur aus zweiter,<br />
sondern vielmehr aus erster Hand erfahren,<br />
wertvolles Wissen sammeln und gezielt<br />
weitergeben und vor allem verlässliche<br />
Beziehungen eingehen – das sind die Determinanten,<br />
die das Geschäftsleben mittlerweile<br />
bestimmen.<br />
Hinzu kommt, dass unsere Mitglieder ausgesprochen<br />
aktiv sind. Bei uns wird wirklich zwischen<br />
Angebot und Nachfrage auf kurzem<br />
Wege vermittelt. Geschäfte per Handschlag,<br />
wie hanseatisch üblich, gelten bei uns noch<br />
etwas.<br />
Klingt sehr bodenständig.<br />
Ist es auch. Unsere Mitglieder kommen aus<br />
den unterschiedlichsten Bereichen. Wir haben<br />
sowohl Freiberufler bei uns als auch Chefs von<br />
Unternehmen, die zehn- oder dreißigtausend<br />
Mitarbeiter haben. Funktion schlägt bei uns<br />
Konvention. Immer mehr unserer Mitglieder<br />
kommen von weiter her, aus München, Frankfurt,<br />
sehr viele aus dem Ausland. Unser Business<br />
Club ist natürlich vor allem für solche<br />
Geschäftsleute interessant, die noch keinen<br />
Depandancen in Hamburg haben. Wir bieten<br />
sozusagen den ersten Anlaufpunkt für sie. Ihre<br />
Kontakte können sie über unseren Club weiter<br />
ausbauen, weil wir auch die notwendige Infrastruktur<br />
bieten können, unter anderem Konferenzräume.<br />
Das ist ein spannender Wachstumsmotor<br />
für den Club.<br />
Zum Club-Leben in der „Plangeschen Villa“ an<br />
der Elbchaussee gehören die unterschiedlichsten<br />
Veranstaltungen. Jeden Montag morgen<br />
um 8 Uhr lädt Ihr Haus beispielsweise sogar<br />
zum Business Tai Chi. Wie kam es denn dazu?<br />
Durch Eigendynamik, durch die eigene Aktivität<br />
unserer Mitglieder. Diese Aktion entstand<br />
glatt aus einer Laune heraus, abends im Club<br />
an der Bar. Inzwischen wächst die Tai Chi-<br />
Gruppe. Auch eine Davidoff-Lounge gibt es<br />
bei uns. Will sagen, unsere Mitglieder nutzen<br />
unseren Marktplatz, unsere Rahmenbedingungen,<br />
um eigene Aktivitäten zu entfalten.<br />
Und das ist wunderbar.<br />
Wo haben Sie Ihre Fähigkeit zum „Netz -<br />
werken“ gelernt?<br />
Angefangen hat alles 1993, damals habe ich<br />
eine Schülerzeitung in Hamburg herausgegeben.<br />
Ich beispielsweise einfach Prominente<br />
angesprochen, einen Leuchtturm für unsere<br />
Zeitung zu zeichnen. 300 Promis nahmen<br />
daran teil, vom damaligen Bundespräsidenten<br />
bis zu Beate Uhse. Später wurden durch<br />
uns die Bilder versteigert, unter anderem für<br />
Mutter Theresa oder den Hamburger Michel,<br />
und sogar ein Buch ist herausgegeben, das<br />
im Schweriner Stock und Stein-Verlag<br />
erschien. Das Buch wird jetzt übrigens in<br />
Mexiko im Deutschunterricht verwendet. So<br />
hat sich das alles entwickelt. Entscheidend<br />
sind die Kontakte, und die müssen so genutzt<br />
werden, dass die Kontakte auch etwas davon<br />
haben. Dann kann man sie immer wieder<br />
ansprechen. Und so ein Netzwerk ist von<br />
Bestand.<br />
Und wie kam es nun zur Zusammenarbeit mit<br />
der Marketinginitiative Region Rostock? Sie<br />
haben doch sicherlich in Hamburg genug zu tun.<br />
Sie haben Recht. Man neigt als Hamburger<br />
schon dazu, immer nur innerhalb der Stadtgrenzen<br />
zu denken. Es geht uns aber darum, in<br />
Regionen zu denken, und da ist Rostock naheliegend,<br />
denn die Dynamik, mit der sich hier<br />
alles entwickelt, ist einfach toll. Jetzt müssen<br />
wir schauen, was wir gemeinsam tun können.<br />
Das geht natürlich am besten über Themen.<br />
Und so war die erste Veranstaltung, in der es<br />
um Windenergie ging, ein wichtiger Schritt.<br />
Inzwischen gibt es einen Kooperationsvertrag.<br />
Kooperiert der Business Club Hamburg noch<br />
mit anderen Regionen?<br />
Der Fokus beginnt sich langsam zu weiten,<br />
zum Beispiel mit Düsseldorf und Frankfurt/Main.<br />
Auch international wollen wir<br />
kooperieren. Ich kann mir schon vorstellen,<br />
dass sich da einfach eine Menge entwickelt,<br />
auch mit und für Rostock.<br />
Na dann, viel Erfolg, wünscht Regina Rösler<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010
Dr. Michael Foth, Inhaber Dr. Foth Business Consulting, Helmuth Dudek,<br />
Geschäftsführer DMR Mechanische Werkstätten GmbH, John Herzberg,<br />
Geschäftsführer AHLMANN-ZERSSEN GMBH + CO. KG (v.l.).<br />
Arno Friedrichs während seines äußerst<br />
interessanten Vortrages.<br />
John Herzberg im Dialog mit Christian<br />
Weiß, Geschäftsführer Region Rostock<br />
Marketing Initiative e.V. und Rostock<br />
Business (v.l.).<br />
Dr. Christine Grünewald, Geschäftsführerin<br />
IHK zu Rostock, mit Christian<br />
Schmoll, Geschäftsführer TAMSEN<br />
MARITIM GmbH.<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010<br />
Kompetent und exklusiv<br />
Über 60 geladenen Geschäftsführer<br />
und Vorstände von Unternehmen<br />
und Institutionen trafen sich<br />
erneut zum spannenden Informationsaustausch<br />
im Admiral´s Club<br />
der Yachthafenresidenz Hohe<br />
Düne. Die Unternehmer folgten<br />
dem äußerst interessanten Vortrag<br />
von Arno Friedrichs,<br />
Geschäftsführender Gesellschafter<br />
der Hartmetall GmbH & Co.<br />
KG. Herr Friedrichs referierte zum<br />
Thema „Eine bayerische Erfolgsgeschichte<br />
aus Lütten-Klein” und<br />
gewährte dem Auditorium interessante<br />
Einblicke in sein Unter-<br />
nehmen. Beim vierteljährlich<br />
stattfindenden Rostock Business<br />
Club treffen sich kompetente Entscheider<br />
der Rostocker Wirtschaft<br />
und tauschen sich mit Geschäftsführern<br />
nationaler oder internationaler<br />
Unternehmen zu aktuellen<br />
Themen aus. So entstehen in<br />
exklusiver Atmosphäre und auf<br />
höchstem Niveau wertvolle Kontakte<br />
und Anbahnungen von<br />
gemeinsamen Projekten. Dieser<br />
Abend wurde von der REGION<br />
<strong>ROSTOCK</strong> Marketing Initiative in<br />
Kooperation mit Invest in MV ausgerichtet.<br />
Fotos: Rostock Business/Angelika Heim<br />
TREFFPUNKT<br />
Arno Friedrichs, Geschäftsführender Gesellschafter Arno Friedrichs Hartmetall<br />
GmbH & Co. KG, Professor Wolfgang Schareck, Rektor der Universität Rostock, und<br />
Professor Egon Hasse, Dekan der Fakultät für Maschinenbau und Schiffstechnik<br />
der Universität Rostock (v.l.).<br />
Rainer Strunk, Geschäftsführer Ostsee-<br />
Zeitung GmbH & Co. KG und Christian<br />
Schmoll (v.l.).<br />
Der Admiral's Club der Yachthafenresidenz Hohe Düne bietet das exklusive Umfeld für den vierteljährlichen Treff des Rostock Business Club.<br />
77
78<br />
PERSÖNLICH<br />
„Douglas-Vater“ Jörn Kreke: „Ich bin durch<br />
Millionen Deutsche kaufen Parfüm bei<br />
Douglas, Bücher bei Thalia, Süßwaren bei<br />
Hussel, Schmuck bei Christ oder Damenmode<br />
bei AppelrathCüpper. Was viele nicht wissen:<br />
Alle diese Fachgeschäfte gehören zur<br />
Douglas Holding AG. Und die ist vor allem das<br />
Werk eines Mannes: Jörn Kreke, dem<br />
langjährigen Konzernchef und heutigem<br />
Vorsitzenden des Aufsichtsrates der Douglas<br />
Holding AG. Jörn Kreke weilte jüngst in<br />
Rostock, um in der Thalia Universitätsbuchhandlung<br />
sein Buch „Die Douglas-Story“ vorzustellen.<br />
Natürlich nutzte Rostock „delüx“<br />
die Chance, mit einem der erfolgreichsten<br />
deutschen Einzelhändler zu einem Gespräch.<br />
Herr Kreke, wie kaufen Sie eigentlich ein?<br />
Dafür ist meine Frau Gisela verantwortlich. Ihr<br />
macht es Spaß, sie ist modisch sehr interessiert,<br />
hat Freude an schönen Dingen. Sie geht gerne in<br />
Geschäfte. Wenn ich für mich selbst einkaufe,<br />
gehe ich meistens ganz gezielt in Läden, die ich<br />
kenne. Und das Einkaufen geht dann schnell.<br />
Ist wohl typisch Mann . . . Hören Sie gerne auf<br />
Ihre Frau? Sie scheint, so ist‘s auch Ihrem Buch<br />
zu entnehmen, Ihnen eine wichtige und kluge<br />
Ratgeberin zu sein.<br />
Meine Frau hat ein absolutes Gespür für Trends.<br />
Sie ist zwar keine Unternehmerin, sondern<br />
gelernte Säuglingsschwester, in Chemnitz<br />
geboren. Übrigens, sie war es auch, die uns den<br />
Tipp für die nun inzwischen ziemlich erfolgreiche<br />
Zusammenarbeit mit Jette Joop gab.<br />
Die Unterzeile Ihres Buches lautet ‚Handel mit<br />
Herz und Verstand‘. Hätte ja auch ‚Handel ist<br />
Wandel‘ lauten können…<br />
Den Untertitel habe ich ganz bewusst gewählt,<br />
denn Mitarbeiter und Kunden sind ebenso<br />
wichtig, wie das Handelsgeschäft als solches.<br />
Dieses Motto ist entscheidend für unseren Konzern.<br />
Handel mit Herz und Verstand heißt nicht<br />
nur Geld verdienen. Wir müssen unsere Mitarbeiter<br />
begeistern, dass sie diese, unsere Philosophie<br />
umsetzen und an unsere Kunden weiter<br />
geben. Wenn sich Mitarbeiter unter Druck<br />
gesetzt, gar bevormundet oder rumgeschubst<br />
fühlen, dann drückt das die eigene Leistung,<br />
bremst eigene Ideen. Das hat natürlich negative<br />
Auswirkungen auf unsere Kunden. Mein Buch<br />
ist auch so etwas wie ein Spiegel unserer Firmenkultur.<br />
Führungskräfte und Mitarbeiter<br />
müssen das wissen, verstehen und verinnerlichen.<br />
Der Slogan setzt voraus, dass man<br />
tatsächlich auch Fehlertoleranz praktiziert. Das<br />
ist einer der Gründe, warum ich auch offen über<br />
die Fehler, die ich gemacht habe, berichte.<br />
Stimmt, es fällt auf, dass Sie in Ihrem Buch sehr<br />
offen eigene Flops darlegen. Sie packen richtig<br />
aus.<br />
Das ist Teil meines Anliegens, nämlich Handel<br />
mit Herz und Verstand. Fehler anderen zuzuschieben,<br />
ist schlecht fürs Klima im Unternehmen.<br />
Es funktioniert nur mit Offenheit, Respekt<br />
und Toleranz. Ich möchte, dass die Leute wissen,<br />
wir sind berechenbar.<br />
Ein Managermagazin bezeichnete Sie als Edelkrämer.<br />
Haben Sie eine Krämerseele?<br />
Ich kann mich in das Denken und Fühlen eines<br />
Verkäufers rein versetzen, weil ich deren Position<br />
auch einmal ausgeübt, selbst auch hinterm<br />
Ladentisch gestanden habe. Und ich weiß, dass<br />
Kunden es gut finden, auch mal beim Einkauf zu<br />
lachen. Ich bin durch und durch Einzelhändler,<br />
und wenn das einer Krämer nennt, ist es mir<br />
auch recht. Ich sehe das ganz entspannt. (Lacht)<br />
Unter Ihrem Konzerndach sind aktuell unter<br />
anderem Parfümerien, Bücher und Schmuck<br />
vereint. Wie kam es zu diesen Käufen? Hatten<br />
Sie immer das richtige Gespür, das richtige<br />
Händchen?<br />
Wissen Sie, es waren in Wirklichkeit ja noch viel<br />
mehr Experimente, die wir gemacht haben. Sie<br />
könnten also genauso gut fragen, warum haben<br />
wir dieses oder jenes nicht mehr…(Schmunzelt)<br />
Es soll hier also nicht der Eindruck entstehen, ich<br />
oder wir hätten immer ins Schwarze getroffen.<br />
Ich lag auch häufig daneben. Und habe immer<br />
den Mut gehabt, mich dazu zu bekennen und<br />
konsequent Schluss zu machen.<br />
Welche Rolle spielt Ihr Bauchgefühl?<br />
Keine; eher wohl die Freude am Handel.<br />
Wie verträgt sich denn dieses, salopp gesagt,<br />
Sammelsurium von Firmen?<br />
Das verträgt sich nur dadurch, dass dies kein<br />
Sammelsurium ist, sondern konsequent strukturierte<br />
Betriebe, die nebeneinander arbeiten,<br />
jeweils mit ganz eigenem Management. Da, wo<br />
sich manche Dinge bündeln lassen, werden sie<br />
auf Holding-Ebene vernetzt.<br />
Was hat Sie getrieben, zu expandieren? War es<br />
das Streben nach Profit?<br />
Nein. Ich bin geprägt durch den Senior Eklöh,<br />
der in Europa einst die Selbstbedienungsläden<br />
einführte. Ich selbst wollte im Handel<br />
etwas aufbauen, um meine eigene Spur zu<br />
hinterlassen. Und daraus hat sich dann dieser<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010
und durch Einzelhändler“<br />
Fachgeschäftskonzern entwickelt. Natürlich<br />
müssen wir als Aktiengesellschaft darauf<br />
achten, dass die Zahlen stimmen. Ohne Geld,<br />
das generiert wird, können wir nicht wachsen.<br />
Aber das Entscheidende ist Freude an der<br />
Aufgabe, an den Ideen, etwas aufzubauen,<br />
woran auch die Mitarbeiter Spaß haben. Und<br />
wenn man dann erfolgreich ist, dann verdient<br />
man auch Geld.<br />
Sechs Jahre haben Sie in jungen Jahren in Amerika<br />
gelebt und studiert, kehrten voller Begeisterung<br />
zurück, sind auch heute noch oft dort. Aber<br />
investiert haben Sie nicht in Amerika. Oder?<br />
Wir haben in Amerika mit Douglas-Läden investiert.<br />
Das weitere Wachstum war aber zu risikoreich<br />
geworden. Und alles auf eine Karte setzen,<br />
das wollten wir nicht.<br />
Der Douglas-Konzern hat immer noch eine<br />
familiengeprägte Struktur. Ihr Sohn Henning<br />
steht nun seit zehn Jahren dem Konzern vor.<br />
Sie selbst Herr Kreke, sind seitdem Vorsitzender<br />
des Aufsichtsrates der Douglas Holding. Wie ist<br />
das Miteinander von Vater und Sohn?<br />
Wir haben das große Glück, dass wir uns gut<br />
verstehen, was ja nicht immer selbstverständlich<br />
ist. Henning ist mein Sohn, aber in<br />
erster Linie guter Partner und Freund. Ich<br />
mische mich nicht in seine Entscheidungen<br />
ein. Ich diskutiere mit ihm darüber, was ich<br />
Neues gesehen habe, dann greift er es auf<br />
oder nicht. Ich frage aber auch nicht groß<br />
nach. Man darf nicht - und dazu neigen manche<br />
westfälische Unternehmer - so tun, als<br />
ziehe man sich zurück, aber in Wirklichkeit<br />
will man alle Fäden in der Hand behalten. Das<br />
funktioniert nicht.<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010<br />
Fotos: Thomas Ulrich<br />
Manager oder Unternehmer - was sind Sie?<br />
Unternehmer.<br />
Und Ihr Sohn Henning?<br />
Mehr der Manager, das ist dieser heutigen<br />
Zeit und der Größe des Unternehmens<br />
geschuldet. Es wird absolut professionelles<br />
Management verlangt.<br />
Es fällt auf, Sie sprechen häufig in der Wir-<br />
Form. Warum?<br />
Ohne das Team um mich herum, hätte ich das<br />
Erreichte nie geschafft. Außerdem hatte ich<br />
das große Glück, im richtigen Moment auf die<br />
richtigen Leute zu stoßen. Insofern wäre es<br />
nicht korrekt, vom ich zu sprechen.<br />
Herr Kreke, man sagt Ihnen nach, Sie können<br />
Leute begeistern, mitreißen. Wie motivieren Sie<br />
Mitarbeiter?<br />
Aus meiner Sicht ist Loben und positiv mit<br />
den Mitarbeitern reden wichtiger und erfolgversprechender,<br />
als an ihnen rumzunörgeln.<br />
Ich habe gerne fröhliche Menschen um mich<br />
herum und versuche auch immer eine entsprechende<br />
Atmosphäre zu schaffen. Außerdem<br />
bin ich beeindruckt von dem, was unsere<br />
Mitarbeiter draußen in den Läden leisten.<br />
Das ist schon nicht ohne. Jüngst mussten<br />
auch einmal die Mitarbeiter aus der Hagener<br />
Zentrale draußen in den Läden arbeiten,<br />
damit sie wissen, um was es geht und<br />
nicht denken, sie verwalten nur Papier.<br />
Es geht um Menschen und ihre Leistung.<br />
Diese Aktion stieß übrigens auf große<br />
Begeisterung, auf beiden Seiten. Seither<br />
ist der Umgang miteinander verständnis -<br />
voller.<br />
PERSÖNLICH<br />
Was empfehlen Sie jungen Leuten, wenn diese<br />
ein eigenes Unternehmen gründen?<br />
Einfach machen, aber nicht Kopf und Kragen riskieren.<br />
Langen Atem haben. Partner sind wichtig.<br />
Ich habe in meinem Leben immer mit<br />
Partnern zusammengearbeitet. Das setzt natürlich<br />
auch voraus, dass man mit anderen Leuten<br />
zurecht kommt und tolerant ist.<br />
Hat der Internethandel eine Zukunft?<br />
Ja, absolut. Manche Bereiche mehr, manche<br />
weniger. Für Mode und Parfümerie vermutlich<br />
eher weniger. Die große Chance für uns ist die<br />
Verknüpfung zwischen stationärem Einzelhandel<br />
und dem Netz. Das auszubauen ist unser<br />
großes Ziel. Deshalb ist die DOUGLAS-Gruppe<br />
zum Beispiel auch Mehrheitsgesellschafter bei<br />
Buch.de geworden.<br />
Sie sind 50 Jahre mit Ihrer Frau zusammen. Wie<br />
funktioniert das?<br />
Ich kann Ihnen das auch nicht sagen. Vielleicht<br />
weil, meine Frau mich zu nehmen weiß… Wir<br />
haben uns immer etwas zu sagen und lachen,<br />
unternehmen viel gemeinsam, sind tolerant.<br />
Aber, Glück kann man nicht zwingen.<br />
Jörn Kreke, vielen Dank für das Gespräch, sagt<br />
Regina Rösler<br />
In dem Buch „Die Douglas-Story“ erzählt Jörn<br />
Kreke, langjähriger Vorstandsvorsitzender<br />
der Douglas Holding AG, wie er seine Erfolge<br />
erzielt, aber auch manchen Rückschlag überwunden<br />
hat. Wie der heute 70-Jährige die<br />
familiär geprägte Struktur des Douglas-Konzerns<br />
bewahrt und den Generationswechsel<br />
vollzogen hat. Ein interessantes Porträt eines<br />
wohl außergewöhnlichen Unternehmers.<br />
Der „Douglas-Vater“ Jörn Kreke wird von<br />
Hugo Müller-Vogg in Form eines Gespräches<br />
befragt.<br />
„Die Douglas-Story“ ist bei Hoffmann und<br />
Campe erschienen.<br />
ISBN 978-3-455-50172-8<br />
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80<br />
VERANSTALTUNG<br />
„Unerhörtes entdecken!“<br />
Festspiele Mecklenburg-Vorpommern 2011<br />
Mit 50 Veranstaltungen präsentiert<br />
das drittgrößte Musikfestival<br />
Deutschlands auch 2011 ein<br />
umfangreiches Programm und verspricht<br />
vom 10. Juni bis zum 11. September<br />
bedeutende Konzertereignisse<br />
mit vielen internationalen<br />
Spitzenmusikern und den besten<br />
Nachwuchskünstlern unserer Zeit.<br />
„Unerhörtes entdecken!“ heißt die<br />
neue Devise, mit der die Festspiele<br />
MV in die neue Saison starten. Im<br />
Eröffnungskonzert am 10. Juni in<br />
der Wismarer Georgenkirche wird<br />
der Festspielbesucher auf das<br />
Gesicht und den Klang der Saison<br />
aufmerksam gemacht. Der Cellist<br />
Li-Wei Qin tritt dort das erste Mal<br />
als Preisträger in Residence in<br />
Erscheinung und interpretiert<br />
zusammen mit dem NDR Sinfonieorchester<br />
unter Jakub Hra Haydns<br />
Violoncellokonzert Nr. 1.<br />
Preisträger in Residence Li-Wei Qin,<br />
Ausnahmecellist und Preisträger<br />
des 11. Internationalen Tschaikow -<br />
sky Wettbewerb 2001, wird in den<br />
Sommermonaten als Preisträger in<br />
Residence 2011 mit seinem großen<br />
und satten Celloklang für ganz<br />
erlesene Konzerterlebnisse sorgen.<br />
2001 wurde er für die fulminantvirtuose<br />
Darbietung der „Rokoko-<br />
Variationen“ Tschaikowskis mit<br />
dem Solistenpreis der Festspiele<br />
MV ausgezeichnet. In der Festspielscheune<br />
Ulrichshusen hat der<br />
Besucher am 23. Juli erneut die<br />
Gelegenheit, dieses Werk in der<br />
beeindruckenden Interpretation<br />
von Li-Wei Qin zu erleben – diesmal<br />
„Es war nicht alles schlecht“<br />
Seit 20 Jahren musizieren sie<br />
gemeinsam: „Die Prinzen“.<br />
Foto: Go-on-Promotion<br />
Li-Wei Qin, Preisträger<br />
in Residence 2011 bei<br />
den Festspielen<br />
Mecklenburg-<br />
Vorpommern.<br />
Foto: Festspiele MV,<br />
Jan Northoff<br />
zusammen dem Hangzhou Philharmonic<br />
Orchestra unter Yang Yang.<br />
Traditionell wird es auch in der Saison<br />
2011 wieder ein programmatisch<br />
vielseitiges Kammermusikfest<br />
der Preisträger in Hasenwinkel und<br />
„Die Prinzen“ schauen auf zwanzig<br />
bewegte, rastlose und vor allem<br />
sehr erfolgreiche Jahre zurück – und<br />
sie lassen keinen Zweifel, dass auch<br />
in Zukunft mit ihnen zu rechnen ist.<br />
Der Erfolg der sieben Musiker, die<br />
allesamt Thomaner und Kruzianer<br />
waren, besteht darin, dass sie sich<br />
permanent reiben, enthusiastisch<br />
sind und den gemeinsamen Willen<br />
zum bestmöglichen Ergebnis<br />
haben. „Es geht nicht nur um die<br />
beiden bunten Vögel, die vorn stehen“,<br />
sagt Sebastian Krumbiegel.<br />
„Wir sind eine Band, die aus fünf<br />
Sängern und zwei Instrumentalis -<br />
ten besteht. Wenn einer ausfällt,<br />
sind ‘Die Prinzen’ nicht mehr ‘Die<br />
Prinzen’ .“<br />
Ulrichshusen geben, in diesem Jahr<br />
unter der Leitung von Li-Wei Qin<br />
(8.bis 10. Juli).<br />
Mehr Informationen zum gesamten<br />
Konzertprogramm unter<br />
www.festspiele-mv.de<br />
Unser Zusammengehörigkeitsgefühl<br />
pflegen wir bewusst“, erklärt<br />
Tobias Künzel.<br />
Längst sind „Die Prinzen“ zu einer<br />
Institution in der deutschsprachigen<br />
Musik geworden, 2011 feiert<br />
das Septett seinen 20. Geburtstag.<br />
Dies feiern „Die Prinzen“ mit einer<br />
ausgedehnten Tournee und ihrem<br />
neuen Album „Es war nicht alles<br />
schlecht“. Ihr neues Werk enthält<br />
19 Klassiker und vier neue Songs.<br />
Unter anderem können sich die<br />
Fans über die Fortsetzung der<br />
Geschichte von „Gabi und Klaus“<br />
freuen.<br />
„Die Prinzen“ – am 12. April 2011<br />
gastieren sie in der Rostocker<br />
Stadthalle.<br />
<strong>ROSTOCK</strong> delüx 4/2010