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ADEL<br />
Inzwischen tut sich auch kulturell einiges im Ort.<br />
Abgesehen von einem Sack voll<br />
Zucker, Mehl und einer Speckseite,<br />
die unter den Windeln des<br />
Kleinsten mit im Kinderwagen<br />
lag, besaßen die Levetzows<br />
nichts mehr, als sie in Niedersachsen<br />
ankamen. Die Mutter<br />
fand Arbeit in einer Chemiefabrik<br />
Ein guter Kuchen für die Bauarbeiter,<br />
das gehört dazu.<br />
bei Verden an der Aller, der Vater<br />
schlug sich als Vertreter durch,<br />
alle Kinder machten später eine<br />
Lehre. Auch für Joachim begann<br />
das Berufsleben mit einem Knochenjob:<br />
Er wurde Betonbauer.<br />
Mit Akkordarbeit in den Semesterferien<br />
schaffte er es jedoch,<br />
sich das Fachhochschulstudium<br />
zu finanzieren und Bauingenieur<br />
zu werden, um später noch ein<br />
Studium als Diplomkaufmann<br />
draufzusetzen.<br />
In verschiedenenGesellschaften<br />
der<br />
Baustoffindustrie<br />
war von<br />
Levetzow späterGeschäftsführer.<br />
Er engagierte<br />
sich<br />
deutschlandund<br />
europaweit in der Verbandsarbeit<br />
und wurde Vater von zwei<br />
Söhnen. Wie es dazu kam, dass er<br />
nach der Wende ins Land seiner<br />
Urahnen zurückkehrte? „Ich wollte<br />
meinen Kindern gerne so etwas<br />
wie ein richtiges Elternhaus bieten<br />
können und hatte die romantische<br />
Vorstellung, dass Lelkendorf, wo<br />
immerhin 800 Jahre Familiengeschichte<br />
geschrieben wurden, so<br />
etwas sein könnte.“ Mit rund 100<br />
000 DM Sanierungskosten hatte<br />
er nach einem ersten, oberflächlichen<br />
Blick auf das Anwesen<br />
gerechnet. Tatsächlich investierte<br />
er inzwischen rund vier Millionen<br />
Euro. Sein Finanzierungsmodell: Er<br />
teilte das Schloss kurzerhand in elf<br />
Wohnungen auf, von denen zehn<br />
bereits verkauft sind und teilweise<br />
als Ferienwohnungen vermietet<br />
werden. Weitere sieben Quartiere<br />
entstehen gerade oben unterm<br />
Dach. Der Baron atmet erleichtert<br />
auf: „Wenn wir die auch noch an<br />
den Mann gebracht haben, dann<br />
sind wir schuldenfrei.“<br />
Bei allem Trubel, den die Sanierung<br />
eines solchen Bauwerks mit<br />
sich bringt, waren die zurückgekehrten<br />
Schlossherren in den ver-<br />
gangenen<br />
Jahren auch<br />
noch Mitbegründer eines kleinen<br />
Tierparks, in dem Haustierrassen,<br />
die nicht mehr profitabel sind,<br />
trotzdem als Genpool erhalten<br />
werden. Und sie hoben den Kulturförderverein<br />
Lelkendorf mit<br />
aus der Taufe, der derweil etwa 50<br />
Mitglieder hat und regelmäßig<br />
Musik, Theater und Ausstellungen<br />
aufs Land holt. Ihr Hintergedanke:<br />
Wenn man aufs Land zieht,<br />
dann muss man selber etwas tun,<br />
um Abwechslung in den Alltag zu<br />
bringen. Die Besucherzahlen bei<br />
ihren Veranstaltungen geben den<br />
Vereinsgründern Recht.<br />
Nur ein kleines Stück vom<br />
Schloss, eine 90 Quadratmeter-<br />
Wohnung im Seitenflügel, hat<br />
Joachim von Levetzow nach all<br />
der Arbeit für sich und seine Frau.<br />
Doch er ist zufrieden: „Ich finde,<br />
wir leben hier ein Luxusleben. Ich<br />
kann in die Natur hinausgehen,<br />
Pilze und Beeren sammeln und<br />
wenn mir so ist, dann greif ich zu<br />
meinem Jagdgewehr und schieß<br />
mir das Stück Fleisch, das ich<br />
haben will.“<br />
Katja Bülow (Text & Fotos)<br />
Das Wappen:<br />
Das Familienwappen der<br />
mecklenburger Uradelsfamilie<br />
von Levetzow zeigt ein<br />
rotes Drillgatter aus sieben<br />
spitzen Pfählen und zwei Balken.<br />
Schon im 13. Jahrhundert<br />
taucht dieses Wappen in<br />
Mecklenburg als Siegel auf.<br />
Die dazu gehörige Sage entstand<br />
erst deutlich später. Sie<br />
erzählt, wie so viele dieser<br />
Geschichten, von einem Knappen,<br />
der seinen Herrn aus dem<br />
Hinterhalt gerettet hat. Im<br />
deutsch-schwedischen Krieg,<br />
so heißt es, sei eine Delegation<br />
zu Verhandlungen in eine<br />
Stadt geladen worden. Freies<br />
Geleit war den Männern<br />
zugesichert, doch als sie das<br />
drehbare Stadttor gerade passiert<br />
hatten, sollte dieses<br />
geschlossen werden. Besagter<br />
Knappe bemerkte die Finte,<br />
schlug Alarm und hielt mit all<br />
seiner Kraft das Tor geöffnet,<br />
bis sein Herr entkommen war.<br />
Er wurde noch mit blutigen<br />
Schultern zum Ritter geschlagen<br />
und durfte fortan das Tor<br />
als Symbol seines Mutes auf<br />
dem Schilde tragen. „Levet so!<br />
Lebet so!“, lautete der Spruch,<br />
der ihm dazu ins Wappen<br />
geschrieben wurde. Joachim<br />
von Levetzow in Lelkendorf<br />
kommentiert diese Sage:<br />
„Mein Großvater hat schon<br />
immer beteuert, dass eine<br />
Geschichte nicht unbedingt<br />
wahr sein muss, sie muss nur<br />
gut erzählt sein.“<br />
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