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L E H R P L A N - Brueder Grimm Schule

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L E H R P L A N____________________________________________________________________________E T H I KGymnasialer BildungsgangJahrgangsstufen 5 bis 13Hessisches Kultusministerium


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach EthikInhaltsverzeichnisSeiteTeil A Grundlegung für das Unterrichtsfach Ethik in den Jahrgangsstufen 5 bis 131 Aufgaben und Ziele des Faches 22 Didaktisch - methodische Grundlagen 43 Umgang mit dem Lehrplan 43.1 Jahrgangsstufen 5 - 10 43.2 Jahrgangsstufen 11 - 13 5Teil BUnterrichtspraktischer TeilÜbersicht der verbindlichen Themen 7Der Unterricht in der Sekundarstufe I 91 Die verbindlichen und fakultativen Unterrichtsinhalte der Jahrgangsstufen 5 bis 10 91.1 Die Jahrgangsstufe 5 91.2 Die Jahrgangsstufe 6 171.3 Die Jahrgangsstufe 7 231.4 Die Jahrgangsstufe 8 311.5 Die Jahrgangsstufe 9 371.6 Die Jahrgangsstufe 10 412 Übergangsprofil von Jahrgangsstufe 10 in die gymnasiale Oberstufe 48Der Unterricht in der Sekundarstufe II 503 Die verbindlichen und fakultativen Unterrichtsinhalte der Jahrgangsstufen 11 bis 13 503.1 Die Jahrgangsstufe 11 503.1.1 11.1 503.1.2 11.2 533.2 Die Jahrgangsstufe 12 563.2.1 12.1 563.2.2 12.2 593.3 Die Jahrgangsstufe 13 613.3.1 13.1 613.3.2 13.2 644 Abschlussprofil am Ende der Qualifikationsphase 651


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach EthikTeil AGrundlegung für das Unterrichtsfach Ethik in den Jahrgangsstufen 5 bis 131 Aufgaben und Ziele des FachesEthikunterricht ist gemäß Hessischem Schulgesetz für Schülerinnen und Schüler eingerichtet, die amkonfessionell gebundenen Religionsunterricht nicht teilnehmen wollen oder können. Zur Teilnahmeverpflichtet ist, wer sich vom Religionsunterricht aus Gewissensgründen abgemeldet hat oder aus anderenGründen nicht an einem eingerichteten Religionsunterricht teilnehmen muss.Der Unterricht in Ethik dient der Erziehung zur ethischen Urteilsbildung und zum ethisch reflektiertenHandeln. Er vermittelt das Verständnis für Wertvorstellungen und ethische Grundsätze und er eröffnetden Zugang zu ethischen, philosophischen und religionskundlichen Fragen. Er orientiert sich an denGrundwerten, wie sie in der Verfassung des Landes Hessen und im Grundgesetz der BundesrepublikDeutschland zum Ausdruck kommen. Dazu gehören insbesondere Menschenwürde, Freiheit, Toleranzund Gerechtigkeit. Der Ethikunterricht achtet die Pluralität der Bekenntnisse und Orientierungenim weltanschaulich neutralen Staat als Ausdruck der freiheitlichen Wertbasis offener Gesellschaften.In der Reflexion über Ethos, Moral und Sittlichkeit soll der Ethikunterricht die Schülerinnen und Schülerzur Urteilsbildung in Fragen ihres privaten und öffentlichen Lebens befähigen und die Bereitschaftwecken und einfordern, diese Urteile in der Auseinandersetzung mit anderen Auffassungen sachkundigund im Wissen um die Bedürfnisse und Interessen der anderen zu begründen. Er soll die Schülerinnenund Schüler zu einem verantwortungsbewussten Verhalten sich selbst wie auch anderen gegenübermotivieren und qualifizieren. Mit der Förderung ethischer Urteilsbildung und sozialer Kompetenzwill er zur Persönlichkeitsbildung der Schülerinnen und Schüler beitragen.Gegenstand des Ethikunterrichts sind die normativen Überzeugungen und Urteile der Schülerinnenund Schüler selbst und die Auseinandersetzung mit den philosophischen (und religiösen) Grundlagenmenschlichen Selbst- und Weltverständnisses. Er führt in die Arbeitsweisen und in die Methodik derpraktischen Philosophie ein und zeigt die Möglichkeiten und Grenzen menschlichen Erkenntnis- undUrteilsvermögens auf.Der Ethikunterricht thematisiert die Normgebundenheit menschlichen Handelns. Dieses Handeln stehteinerseits im Kontext der Geschichte, der religiösen und der kulturellen Tradition, der Sozialisationund der persönlichen Erfahrungen des Handelnden, andererseits steht es - soweit es dem Handelndenverantwortlich zuzurechnen ist - unter dem Urteil von Selbstverpflichtungen, denen sich der Handelndenicht nur aus Klugheit oder Opportunismus, sondern in bewusster Wahl des ethisch Vertretbarenund Geforderten unterstellen sollte.Der Ethikunterricht sieht das Handeln der Menschen als personaler und sozialer Wesen unter demAnspruch situationsübergreifender Normen und überindividueller Problemsituationen. Daher beziehtsich der Ethikunterricht neben der eigentlichen Bezugswissenschaft Philosophie - soweit praktischeFragen behandelt werden - auch auf Bereiche der politischen Philosophie, der Rechts-, WirtschaftsundSozialphilosophie, der Religionswissenschaften sowie auf die philosophisch-ethischen Implikationender zunehmend bedeutsamer werdenden Naturwissenschaften (insbesondere Biologie, Medizin,Informationswissenschaften etc.). Auch Erkenntnisse der historischen Wissenschaften und der Soziologieder Moral und der Ethik selbst sind in den Unterricht einzubeziehen.Der Ethikunterricht thematisiert gleichwohl die Bezugswissenschaften im Rahmen der für ihn spezifischenFragestellungen, die sowohl die Personalität des Menschen, seine Fähigkeit zur verantwortlichen,wertbezogenen Entscheidung voraussetzen als auch seine Verpflichtung und Fähigkeit zur ethischenReflexion von vorgegebenen Sachverhalten. Dies dispensiert den Ethikunterricht nicht vonSachkenntnis, sondern verpflichtet ihn vor dem Anspruch verantwortlicher Urteilsbildung geradezudazu; es ist aber auch seine Aufgabe zu zeigen, dass ethische Urteilsbildung selbst von den Einzelwissenschaftennicht geleistet werden kann.Verantwortliches Handeln und die Auseinandersetzung darüber sind in unserem Kulturkreis von derchristlichen und humanistischen Tradition sowie der Tradition der klassischen Philosophie und derAufklärung geprägt, was neben den letztgenannten säkularen Ethiken das Einbeziehen theologischer2


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach EthikEthiken erfordert, vor allem der christlichen Sozialethik. Weil in zunehmender Zahl Menschen in unsererGesellschaft sich an nichtchristlichen religiösen Sinndeutungen und Normensystemen orientierenoder auch auf religiöse Bezüge ganz verzichten, ist die Vermittlung grundlegender Kenntnisse der anderenWeltreligionen und die Kenntnisnahme von Positionen der Religionskritik erforderlich. Zu bedenkenist jedoch, dass auch die Kenntnis der christlichen Religion bei einem Großteil der Schülerinnenund Schüler nicht mehr vorausgesetzt werden kann und in die Vermittlung einbezogen werdenmuss. Allgemeine Erkenntnisse der Religionswissenschaft sollen wiederum eine Annäherung anstrukturelle Eigenschaften religiöser Deutungssysteme überhaupt ermöglichen.Pluralisierungs- und lndividualisierungstendenzen in der modernen Gesellschaft lassen allgemeinverbindliche Antworten auf letzte Sinnfragen, insbesondere auf die Frage nach dem gelingenden Leben,nicht mehr zu. Die Fülle der unterschiedlichen Lebensentwürfe der Gegenwart zeigt, dass dieseAntworten mehr und mehr individuell bestimmt werden. Ethikunterricht kann zur Klarheit im individuellenOrientierungsprozess beitragen, indem er Traditionen aufzeigt, mit Wertekonzepten bekanntmacht und Hilfestellung bei der Entwicklung von Entscheidungskriterien leistet. Die Neutralität im Hinblickauf letzte Fragen bedeutet keine Beliebigkeit Werten gegenüber, sondern ist selbst Ausdruck derAchtung des Rechts auf Selbstbestimmung, aber auch der Verantwortung in letzten Sinn- und Orientierungsfragen.Zu diesen Fragen gehört eine verantwortliche Reflexion der Stellung des Einzelnenzur Gesellschaft. Hier ist es Aufgabe des Ethikunterrichts, die Schülerinnen und Schüler zu befähigen,die Bedeutung der Werteordnung des Grundgesetzes und der Verfassung des Landes Hessen zu erkennen,anzuerkennen und für sich und andere umzusetzen.Weltweite lndustrialisierungs- und Modernisierungsprozesse führen zu globalen Herausforderungenund Entscheidungssituationen. Sie zeichnen sich dadurch aus, dass Handlungen getan und Entscheidungengetroffen werden müssen, deren Folgen sowohl irreversibel sind als auch lokal und zeitlichvertraute Grenzen überschreiten. Diese Veränderungen führen überdies dazu, dass auch folgenreichesHandeln häufig nicht mehr personal zuzuordnen ist, der Begriff der Verantwortung also anSchärfe zu verlieren droht. Zugleich gewinnen auch kontroverse ethische Positionen jeweils für sichan Plausibilität. Merkmal der damit verbundenen Unübersichtlichkeit, aber auch Zeichen für ein geschärftesethisches Problembewusstsein ist die zunehmende gesellschaftliche Diskussion wertbezogenerund folgenorientierter Fragen, etwa durch Ethik-Kommissionen und Diskussionsforen in politischenund gesellschaftlichen Bereichen. Der Ethikunterricht soll hier die Schülerinnen und Schülerermutigen, auch zunächst unübersichtlich erscheinende Situationen als Teil ihrer Lebenswelt zu begreifenund sowohl ihre Lebensgestaltungschancen als auch ihre Verantwortung in dieser Welt undfür die Zukunft zuversichtlich wahrzunehmen. Er soll den Schülerinnen und Schülern helfen, auch vorkomplexen Situationen und Konflikten zwischen möglicherweise gleichrangigen ethischen Wertennicht zurückzuschrecken, sondern sie als der rationalen Analyse und der Verständigung über Lösungenzugänglich zu begreifen.Das Fach Ethik soll- zur Diskursfähigkeit über ethische Fragestellungen und zur Reflexion und Findung philosophischoder religiös begründeter Urteile beitragen,- damit einen Beitrag zur Persönlichkeitsreifung der Schülerinnen und Schüler leisten,- die Normativität menschlichen Handelns in individueller Hinsicht und auch auf sozialem, politischem,rechtlichem oder wirtschaftlichem Gebiet beleuchten,- zum Reflektieren über Ethos, Moral und Sittlichkeit anregen und anleiten,- die Schülerinnen und Schüler in die Lage versetzen, sich in praktischen Lebensfragen sowiein Belangen des öffentlichen Lebens ein Urteil zu bilden und dieses Urteil im Widerstreit derInteressen zu begründen und zur Diskussion zu stellen,- aufzeigen, dass Handlungsentscheidungen nicht nur dem positiven Recht unterliegen, sondernauch jeweils eine bewusste Entscheidung des Einzelnen sind,- im Umgang mit Normen und Werten Transparenz und Objektivität wahren und unter Berücksichtigungder christlichen Tradition sowie der Tradition der Aufklärung der Pluralität philosophischerDiskurse Rechnung tragen,- das Ethos einer freien, demokratischen Gesellschaft vermitteln und nahe bringen.3


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach Ethik2 Didaktisch-methodische GrundlagenDie Didaktik des Fachs ist über das vermittelbare Wissen hinaus an das Ziel der Persönlichkeitsbildungder Schülerinnen und Schüler gebunden und an das Ziel der Mitgestaltung ihres Gemeinwesensmit dem Blick auf den Erfahrungshorizont und die Gestaltungsmöglichkeiten der jeweiligen Altersstufe.Der Ethikunterricht kann dabei auf vorhandene ethische Wertvorstellungen zurückgreifen, derenErgänzung, Korrektur, aber auch Stärkung er fördert. Er ist sich bewusst, dass die persönlichkeitsbildendeund erzieherische Funktion des Ethikunterrichts in den jüngeren Jahrgangsstufen sichtbarer,unmittelbarer und auch von den Schülern selbst stärker gefordert ist. Von der Bindung an bestimmteJahrgangsstufen unabhängig ist jedoch das Ziel der Selbsttätigkeit im ethischen Entwicklungsprozess.In diesem Sinn ist der Ethikunterricht schülerorientiert: Im Kontext der Stufen moralischer Urteilsfähigkeitund der allmählichen Erweiterung des Wahrnehmungs- und Reflexionshorizonts sollen die Schülerinnenund Schüler selbst in den Prozess ethischer Urteilsbildung eintreten. Schülerorientierung bedeutetdaher auch für die Schülerinnen und Schüler, sich der Anforderung ethischer Selbsttätigkeit zustellen.Dementsprechend stellt sich der Ethikunterricht unter methodischen Gesichtspunkten dar als mehrstufiger,sich entwickelnder Prozess ethischer Urteilsbildung. Er orientiert sich am Ethos des Grundgesetzes,während seine Unterrichtsgegenstände Wertsysteme und Einstellungen, Normen und Verhaltensweisen,Erfahrungen und Handlungen und schließlich die ethischen Urteile selbst sind, die inder Auseinandersetzung mit diesen entstehen, sich entwickeln und bewähren. Der Gegenstand desEthikunterrichts konstituiert sich in diesem Sinn auch durch seine Methode, durch einen Unterrichtsstil,der die Entwicklung eines eigenverantwortlichen ethischen Urteils und das nachdenkliche Diskutierenüber Moral und Sittlichkeit ermöglicht.Der Ethikunterricht ist dementsprechend gekennzeichnet durch- Offenheit der Urteilsbildung, die sich im Unterrichtsgeschehen selbst reflektieren und klärenkann,- Gegenstände, die erst im Unterricht selbst ihre Bedeutungsvielfalt gewinnen, indem sie nichtzuletzt an die Erfahrungen und Traditionen der Schülerinnen und Schüler gebunden werden,- eine Zielsetzung, die auf Bewährung ethischer Urteile in praktischer Reflexion gerichtet ist.3 Umgang mit dem Lehrplan3.1 Jahrgangsstufen 5 - 10Die Auswahl der Rahmenthemen dieses Plans orientiert sich an der ethischen Basis des Grundgesetzesund vertraut bei allem Wissen um die plurale Deutbarkeit auch seiner Grundbegriffe auf den inihm verankerten ethischen Konsens. Dies gilt auch für die didaktische Akzentuierung, die der Plan mitseinen Rahmenthemen vornimmt.Bei den Rahmenthemen Freiheit, Gewissen, Gerechtigkeit, Würde des Menschen und Wahrhaftigkeithandelt es sich um spezifisch ethische Gegenstandsbereiche, also Bereiche, die der praktischenPhilosophie im engeren Sinn zugehören. In die Rahmenthemen sind jedoch auch Gegenstandsbereicheaufgenommen, die ihr Zentrum nicht unmittelbar im Bereich des Ethischen haben, mitihm jedoch verwandt sind, ihn transzendieren und / oder in einem Spannungsverhältnis zu ihm stehen:Dazu gehören die Themen Liebe, Religion, Menschenbilder, Wahrheit und Erkenntnis. Beiihrer Behandlung sollte eine strikte Reduktion auf ethische Fragen vermieden und ihr weitergehenderexistentieller und philosophischer Horizont gewahrt bleiben, ohne dass damit die ethische Dimensionwiederum ausgeschaltet werden müsste.Die Didaktik des Plans geht von einem aufbauenden Lernprozess aus, der von einer eher individualisierendenPerspektive auf den Nahbereich und die Erfahrungen des eigenen Ich zum Wissen um dieBedeutung der anderen übergeht, um schließlich die Dimension der Teilhabe am politischen und gesellschaftlichenGeschehen und seinen Institutionen in den Blick zu rücken.4


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach EthikDie acht RahmenthemenFreiheitWürde des MenschenReligionWahrheit und Erkenntnis / Wahrhaftigkeit und LügeGewissen und IdentitätLiebeRecht und GerechtigkeitMenschenbildersind, wie auch aus der Übersicht ersichtlich, in obiger Gruppierung auf zwei Jahrgangsstufen verteilt,wiederholen sich also im Sinn eines Spiralcurriculums, welches das jeweilige Thema erweitert undvertieft.Verbindlich sind die Rahmenthemen in ihrer jeweiligen Formulierung und die Verteilung derRahmenthemen auf die Jahrgangstufen.Die für die Jahrgangstufen benannten Themen müssen bearbeitet werden. So soll der spiralförmigaufbauende Prozess ethischer Urteilsbildung gewährleistet werden. Innerhalb einer Jahrgangsstufekann jedoch nach Beschluss der Fachkonferenz die Reihenfolge der Themen variiert werden.Verbindlich sind die Unterrichtsinhalte, die die Themen inhaltlich näher bestimmen (linke Spalte).Sie formulieren den Kern des ethischen Wissens, der in der entsprechenden Unterrichtseinheit erworbenwerden soll.Verbindlich ist der mit den Stichworten gegebene Rahmen zur Ausgestaltung der Unterrichtsinhalte(rechte Spalte).Die Stichworte müssen nicht vollständig abgedeckt werden. Innerhalb des von ihnen vorgegebenenRahmens können Schwerpunkte gesetzt, Ergänzungen vorgenommen, Materialien vorgeschlagenwerden.Anregungscharakter haben die fakultativen Themen. Sie können und müssen ergänzt oder auchersetzt werden durch für das Fach Ethik häufig bedeutsame aktuelle Themen.Anregungscharakter habe ebenfalls die Bemerkungen zu Arbeitsmethoden der Schülerinnen undSchüler/Hinweise und Erläuterungen.Auf die Nennung von Autoren und Texten aus Philosophie und philosophischer Ethik wurde im Planfür die Sekundarstufe I weitgehend verzichtet, da sich hier ethische Urteilsbildung nicht aus der Theorie,sondern aus praktischen Erfahrungs- und Problemzusammenhängen jüngerer Schülerinnen undSchüler entwickeln soll. Die Kenntnis philosophisch-ethischer Autoren und Positionen und die Erschließungentsprechender Texte ist Gegenstand des Oberstufenunterrichts. Wo dennoch Autorengenannt sind, soll dies eine Bezugnahme vor allem für den Unterrichtenden ermöglichen. Dies bedeutetjedoch nicht eine systematische Erarbeitung der entsprechenden Position im Unterricht.Für die Rahmenthemen ist jeweils ein Zeitrahmen von 12 bis 14 Unterrichtsstunden (6 bis 7 Unterrichtswochenmit je zwei Unterrichtsstunden) angesetzt. Bei vier Rahmenthemen pro Jahrgangsstufe(ca. 52 Std.) lässt dieser Zeitrahmen noch Spielraum für fakultative und/oder aktuelle Themen. Darüberhinaus kann die Fachkonferenz nach Maßgabe ihrer Schwerpunktsetzungen im Bereich derStichworte und unter Wahrung des verbindlichen Kerns den Zeitrahmen für das jeweilige Thema nachden Bedürfnissen des schulinternen Curriculums gestalten. Oberste Orientierung ist hier jedoch dasÜbergangsprofil für die Jahrgangsstufe 11.Dies gilt auch für die Fälle, in denen Ethikunterricht nicht kontinuierlich durch die ganze Sekundarstufehindurch garantiert ist. Maßstab für die dann notwendigen Kürzungen und Schwerpunktsetzungensollte die Fähigkeit zur Teilnahme am Ethikunterricht der Oberstufe sein, verstanden als Kompetenzsowohl in ethischem Wissen als auch in selbsttätiger ethischer Urteilsbildung.3.2 Jahrgangsstufen 11 –13Die Begründungen für die Halbjahresthemen entfalten jeweils den didaktischen Rahmen und denProblemkontext des Themas. Die Didaktik des Oberstufenplans geht dabei von einer ähnlichen Pro-5


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach Ethikgression der ethischen Reflexion aus wie der Sekundarstufenplan und erschließt vom individuellenErfahrungshorizont der Schülerinnen und Schüler ausgehend die Ebene der anthropologischen undmoralphilosophischen Selbstverständigung um schließlich die Dimension der reflektierten Teilhabeam politischen und gesellschaftlichen Geschehen, an seinen Institutionen, Herausforderungen undEntscheidungsprozessen in den Blick zu rücken, - dies nunmehr jedoch auf der Basis vertiefterKenntnisse der philosophisch – ethischen Reflexion in Tradition und Gegenwart.Für den Umgang mit dem Oberstufenplan gelten die gleichen Grundsätze wie für den Sekundarstufenplan:Verbindlich sind die Themen in ihrer jeweiligen Formulierung und in ihrer Abfolge. (Im Unterschiedzum Lehrplan der Sekundarstufe kann die Abfolge innerhalb einer Jahrgangsstufe nicht getauschtwerden.)Verbindlich sind die Unterrichtsinhalte, die die Themen inhaltlich näher bestimmen (linke Spalte).Sie formulieren den Kern des ethischen Wissens, der in der entsprechenden Unterrichtseinheit erworbenwerden soll.Die Stichworte stecken den Rahmen zur Ausgestaltung der Unterrichtsinhalte ab (rechte Spalte). Siemüssen jedoch nicht vollständig abgedeckt werden. Innerhalb des von ihnen vorgegebenen Rahmenskönnen Schwerpunkte gesetzt, Ergänzungen vorgenommen, Materialien vorgeschlagen werden.Anregungscharakter haben die fakultativen Themen, die Bemerkungen zu Arbeitsmethoden /Hinweise und Erläuterungen.6


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach EthikTeil BUnterrichtspraktischer TeilÜbersicht der verbindlichen ThemenLfd. Nr. Verbindliche Unterrichtsthemen Stundenansatz5.1 Freiheit I: Der Mensch lebt in Abhängigkeit 145.2 Würde des Menschen I: Pflichten gegen sich selbst und Pflichten gegen andere125.3 Religion I: Die großen Erzählungen der Religionen 145.4 Wahrheit und Erkenntnis / Wahrhaftigkeit und Lüge I: Täuschungen 126.1 Gewissen und Identität I: Das Gute und das Böse 146.2 Liebe I: Freundschaft 126.3 Recht und Gerechtigkeit I: Gleiches gleich, Ungleiches ungleich 146.4 Menschenbilder I: Wer bin ich? 127.1 Freiheit II: Freiheit im Widerstreit der Interessen 137.2 Würde des Menschen II: Der Mensch als Mittel und Zweck 137.3 Religion II: Riten – Ausdrucksformen der Religionen 147.4 Wahrheit und Erkenntnis / Wahrhaftigkeit und Lüge II: Prüfungen 128.1 Gewissen und Identität II : Sich selbst finden – Ich und die anderen 148.2 Liebe II: Sexualität und Liebe 128.3 Recht und Gerechtigkeit II: Das Recht / Freiheit und Gleichheit der Rechte 148.4 Menschenbilder II: Das Interesse an der Welt 129.1 Freiheit III: Freiheit bedeutet Selbstbestimmung aller Menschen unter demAnspruch der Vernunft129.2 Würde des Menschen III: Die Sicherung und Einlösung der Menschenrechte 149.3 Religion III: Menschen- und Weltverständnis 149.4 Wahrheit und Erkenntnis / Wahrhaftigkeit und Lüge III: Lösungsmodelle 127


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach Ethik10.1 Gewissen und Identität III: Ethische Identität und Verantwortung 1310.2 Liebe III: Ehe / Partnerschaft als Lebens- und Rechtsform in Gesellschaftund Staat1310.3 Recht und Gerechtigkeit III: Persönliches Glück und Gemeinwohl 1310.4 Menschenbilder III: Der Mensch als soziales Wesen 1410.5 Was ist Ethik? (fakultativ)11.1 Glück: Eudaimonistische Begründungen verantwortlichen Handelns 2311.2 Religiöse Sinngebung des Lebens: Begründungen verantwortlichen Handelnsin den Religionen2312.1 Menschenbilder in Philosophie und Wissenschaft: Anthropologische Voraussetzungenverantwortlichen Handelns12.2 Vernunft und Gewissen: Normsetzende Begründungen verantwortlichenHandelns363613.1 Recht und Gerechtigkeit in Gesellschaft, Staat und Staatengemeinschaft:Gerechtigkeitsbezogene Begründungen verantwortlichen Handelns13.2 Natur und Technik: Zukunftsorientierte Begründungen verantwortlichenHandelns36248


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach EthikDer Unterricht in der Sekundarstufe I1 Die verbindlichen und fakultativen Unterrichtsinhalte der Jahrgangsstufen 5 bis 101.1 Die Jahrgangsstufe 55.1 Freiheit I: Der Mensch lebt in Abhängigkeiten Std.: 14Begründung:Die Handlungsfreiheit des Menschen entfaltet sich im Rahmen seiner Bedürftigkeit: Er schafft sichHandlungsspielräume und nutzt sie.Verbindliche Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Freiheit gewinnt ihre Bedeutung im Wissenum die Bedürftigkeit des Menschen, die fürsein Denken und Handeln zugleich Grenzensetzt und Raum schafft.Als bedürftiges Wesen ist der Mensch angewiesenauf materielle und immaterielle Voraussetzungenseiner Existenz.Die natürliche und soziale Abhängigkeit desMenschen bindet ihn ein in ein Gemeinschaftshandeln,das in der Kultivierung zurKooperations- und Solidargemeinschaftführt. Diese Einbindung erweist sich auf längereSicht nicht nur als Begrenzung, sondernvielmehr als Erweiterung seiner Handlungsmöglichkeiten.Nahrung, Kleidung, WohnungGesunde UmweltPersönliche Zuwendung und soziale EinbindungAbhängigkeiten- von natürlichen Ressourcen (Lebensmittel, Gesundheit)- von anderen Menschen (Eltern, Familie, Freunde,Mitarbeiter, Vorgesetzte, Arbeitgeber)- von der Geschichte und Tradition (Kultur, Religion,Sozialisation, Erziehung)Familie:- Geburt, Kindheit, Erwachsenwerden, AlterGehorsam gegenüber Eltern, Erwachsenen, Lehrerinnenund Lehrern, VorgesetztenKranken- und AltersfürsorgeObdachlosigkeit, NotArbeitsteilungVorratshaltungSpielräume des Handelns sind an Bedingungengeknüpft:- Jeder braucht jemanden, der seine Sorgenund Freuden mit ihm teilt, freundlich mit ihmspricht und Rücksicht auf ihn nimmt.- Jeder braucht, um leben zu können, andere,die ihm für diese Dienste entsprechendeDienste abverlangen.- Jeder Mensch braucht eine gesunde Umwelt.Fakultative Unterrichtsinhalte/Aufgaben:LiebeFürsorge, ZuwendungAnerkennungVerständnisKooperationLeistung - GegenleistungArbeitNatur des Menschen:- animalische Natur und Sozialnatur- Sprache und Geschichte- Willkür und HandlungsfreiheitKörperliche und geistige Behinderungen undGebrechen von Geburt an, durch Krankheit,durch einen Unfall schränken den Entfaltungsraum,die Handlungs- und Bewegungsfreiheitder davon betroffenen Menschenein. Hieraus erwächst ein Anspruchauf eine dem Grad der Behinderung angemesseneHilfe und Unterstützung.Menschen, die auf Hilfe angewiesen sind:- Umgang mit körperlich oder geistig Behinderten- Unfallopfer, Kranke, Alte, Gebrechliche9


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach EthikArbeitsmethoden der Schülerinnen und Schüler/Hinweise und Erläuterungen:Lebenssituation Behinderter erkunden; Ergebnisse als Wandzeitung dokumentierenInformationen zur Situation Alter und Kranker zusammentragen(Video-)Dokumentation erstellen „Der Mensch als Gestalter und Veränderer der Umwelt“Querverweise:Berücksichtigung von Aufgabengebieten (§6 Abs. 4 HSchG):Ökologische Bildung und Umwelterziehung10


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach Ethik5.2 Würde des Menschen I: Pflichten gegen sich selbst und Pflichtengegen andereStd.: 12Begründung:Pflichten sind freiwillig übernommene Aufgaben im Gegensatz zu den durch äußere Gewalt oder innereNotwendigkeit erzwungenen Handlungen. Der Mensch hat Würde, weil er Pflichten aus Freiheit übernehmenkann.Verbindliche Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Die vielschichtige Abhängigkeit des Menschenvon Natur, Gesellschaft und Geschichtebindet den Einzelnen ein in einenhistorisch gewachsenen Zusammenhang,aus dem ihm verbindliche Aufgaben (Pflichten)zuwachsen, die unauflöslich mit derFreiheit seiner Person - mit der Würde desMenschen - verbunden sind. Verpflichtbar istnur der freie Mensch, der durch sein GewissenRechenschaft geben kann.Pflichten artikulieren die Idee eines nichtdurch äußeren Zwang, sondern durch Freiheitund Vernunft - durch Autonomie(Selbstgesetzgebung) - regulierten Zusammenlebensder Menschen, das ohne persönlichenEinsatz nicht zu erreichen ist.Beispiele „gelungener“ Lebensentwürfe verweisenauf eine Motivationslage, in der dieOrientierung am Wohl des anderen oder dasHandeln aus Pflicht leitend für die Praxiswird.Heranwachsenden wird ein zunehmendesMaß an Freiheit und Selbstverantwortung inder individuellen Biografie zugestanden; damitsind erhöhte Erwartungen von außenverbunden, aber auch die Fähigkeit, selbstVerpflichtungen einzugehen.Verbindliche Aufgaben (Pflichten) in begrenzten sozialenZusammenhängen, aufgezwungene und selbst auferlegtePflichten:- Familie, Verwandte- <strong>Schule</strong>- Freunde, Verwandte, Fremde- Verein- Jugendgruppe (Pfadfinder)- LeistungssportFreiheit und WürdeGewissen und VernunftÄußerer Zwang und innere NotwendigkeitSpielregelnPflicht und Fürsorge: Umgang mit TierenPflichten, verdienstvolle Handlungen, Wege zur Erlösungin den ReligionenGelübde christlicher und buddhistischer MöncheReligiöse Pflichten„Wohltäter der Menschheit“Pflichten gegen sich selbst:- Hygiene, Gesundheit, Lauterkeit, Selbsterkenntnis,Selbstdisziplin, Ausbildung der eigenen Kräfte,AusdauerPflichten gegen andere:- Wahrhaftigkeit, Wohlwollen, Achtung, Fairness,Wohltätigkeit, Dankbarkeit, Teilnahme, Mitleid,HilfeleistungPflicht und Neigung:- Rechte und Pflichten- Konventionen und RegelnWege zur Regelfindung und Regelvereinbarung11


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach EthikFakultative Unterrichtsinhalte/Aufgaben:In ihrer zunehmend selbstständiger werdendenTeilnahme am Straßenverkehr erfahrenKinder und Jugendliche sich als ständig gefährdeteMitwirkende in einem Regelsystem,dessen Notwendigkeit und allgemeine Nützlichkeitprinzipiell fraglos akzeptiert ist, dasaber dennoch in der Erwartung individuellenNutzens permanent übertreten wird.Formalismus und Automatismus von Regeln (Ampel,Verkehrszeichen, Verkehrsleitsysteme)Allgemeinverbindlichkeit(Selbst- und Fremd-)Gefährdung bei RegelverletzungenArbeitsmethoden der Schülerinnen und Schüler/Hinweise und Erläuterungen:Interviews mit Autofahrerinnen und Autofahrern: „Freie Fahrt für freie Bürger?“Querverweise:Fairness: Spo, DUmwelt und Verkehr: Ek, Bio 5.1Tiere: F, E, Bio 5.2, Ku 5.2, Rka5.2, Rev 5.2Berücksichtigung von Aufgabengebieten (§6 Abs. 4 HSchG):RechtserziehungVerkehrserziehung12


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach Ethik5.3 Religion I: Die großen Erzählungen der Religionen Std.: 14Begründung:In den großen Erzählungen ihrer heiligen Bücher erschließen Religionen Welt- und Selbstdeutungen.Verbindliche Unterrichtsinhalte/Aufgaben:In religiösen Zusammenhängen wird das Lebeneiner Gesellschaft, einer Gruppe oderEinzelner nicht nur durch Regeln (Geboteund Verbote) bestimmt, sondern auch durchErzählungen, die die Beziehungen zwischenGott und den Menschen, den HeilswillenGottes, die Fehlbarkeit des Menschen sowiedie Konsequenzen von Regelgehorsam oderRegelverletzung anschaulich vor Augen stellen.Die abendländische Kultur besitzt inhaltlicheBezüge zur griechisch-römischen Mythologie;sie ist überdies geprägt von den Erzählungender jüdischen und christlichen Religion,wie sie im Alten und Neuen Testamentund auch im Koran überliefert sind.Die Erzählungen anderer Kulturen und ReligionenMythen gewinnen ihre Bedeutung durch- ihre überzeugende Auslegung menschlichenDaseins- ihre Symbolhaftigkeit für göttliche undmetaphysische Bezüge- ihren Vorbildcharakter- ihre Beispielhaftigkeit als Bilder für dasWesen der ErscheinungenDie griechische Mythologie erzählt in dichterischer Gestaltung(Homer, Hesiod) von den anfänglichen Formungender Welt aus vorhandenen Elementen, von Kämpfenzwischen den Göttern, von der Schöpfung der Menschen,der einzigartigen und gefährdeten Natur derMenschen (Prometheus, Ödipus, Ikarus).Das Judentum erzählt im Kanon seiner Schriften von derSchöpfung, von der Auflehnung des Menschen gegenGott, vom Bund Gottes mit dem Volk Israel und von dessenGeschichte, von der Erwartung der Erlösung durchdas Kommen des von Gott gesandten Messias.Das Christentum berichtet im Neuen Testament von Leben,Lehre und Heilsdeutung des Jesus von Nazaret, indessen Gestalt Gott in die Geschichte der Menscheneintritt und einen neuen Bund mit allen Menschenschließt. Der Islam nimmt die jüdische und christlicheBotschaft im Koran auf, der von den Muslimen als weiterführendeund abschließende Selbstoffenbarung Gottesverstanden wird, die dem Propheten Muhammadvermittelt wurde.Schöpfungsmythen, GottesvorstellungenBilder und Erzählungen von Göttern und HalbgötternDie Erzählungen der BagavadgitaSzenen aus dem Leben der Religionsgründer:- das Leben Siddharta Gautamas, des Buddha- das Leben Muhammads, des ProphetenBild, Symbol und BedeutungMythische Erzählungen und Realgeschichte13


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach EthikFakultative Unterrichtsinhalte/Aufgaben:In allen Kulturkreisen ist das Leben der Menschengeprägt vom Wechsel zwischen demAlltag einerseits und Zeitabschnitten besondererBedeutung andererseits: Zeiten desFeierns, der Besinnung, der Ruhe. Auch Ü-bergangssituationen sind vielfach festlich ritualisiert.Der Jahreskreis in den Religionen (am Beispiel von Judentum,Christentum oder Islam), seine Verbindungenzum natürlichen Rhythmus der JahreszeitenDer jüdische und der islamische KalenderÜbergangsriten:- Geburt, Pubertät / Erwachsenwerden, Hochzeit, TodArbeitsmethoden der Schülerinnen und Schüler/Hinweise und Erläuterungen:Unterrichtsgänge: Synagoge, Kirche, Moschee - Befragung von Vertretern der ReligionenErstellen religiöser Jahreskreise als Wandzeitung, FestkalenderRecherche: Selbstdarstellung der WeltreligionenVorbereitung eines FestesQuerverweise:Mythos und Religion: L, D, Rka5.2, Rev 5.2Schöpfung: Rka 5.2, Rev 5.2Berücksichtigung von Aufgabengebieten (§6 Abs. 4 HSchG):Kulturelle Praxis14


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach Ethik5.4 Wahrheit und Erkenntnis – Wahrhaftigkeit und Lüge I:TäuschungenStd.: 12Begründung:Die menschliche Erkenntnisfähigkeit beruht auf sinnlicher Wahrnehmung und Verstand. Für gelingendeKommunikation ist Wahrhaftigkeit eine notwendige Bedingung.Verbindliche Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Im Bemühen, uns in der Welt orientieren undmit anderen Menschen umgehen zu können,sind wir auf unsere Sinne angewiesen. Ausderen Signalen verwendbare Informationenzu entnehmen und diese auf die Wirklichkeitanzuwenden, ist Ergebnis eines Lernprozessesund überdies fehleranfällig.Gelingende Kommunikation erfordert zutreffendeMitteilungen. Aus unterschiedlichenGründen geben Menschen nicht immer vollständigeund zutreffende Informationen. Vonder Pflicht zur Wahrhaftigkeit als Forderung,dass das Gesagte wahr sei, ist die Frage zuunterscheiden, ob in jeder Situation die ganzeWahrheit mitgeteilt werden muss.Sich selbst kennen zu lernen erfordert Ehrlichkeitim Umgang mit sich selbst und in derWahrnehmung eigener Stärken und Schwächen,Fähigkeiten und Defizite. Eine realistischeSelbstwahrnehmung sichert die Grundlagewahrheitsverpflichteter Kommunikationmit anderen.Optische Täuschungen, „Kippbilder“Wie orientieren sich Menschen, denen Sinnesorganefehlen bzw. deren Sinnesorgane defizient sind: Blinde,Taube?Wir nehmen nur wahr, wofür wir Sinnesorgane besitzen:- Teilbereiche der WirklichkeitNotwendige Begrenzung unserer WahrnehmungsfähigkeitWeltwahrnehmung einer Fledermaus, Biene, eines TiefseefischsElektrizität, Strahlung als Beispiele nicht unmittelbarwahrnehmbarer Teilbereiche der WirklichkeitWahrhaftigkeit und LügeTäuschen, Flunkern, Tratsch, AngebereiNotlügeGegensätzliche Gründe für unwahre bzw. unvollständigeMitteilungen:- Egoismus, Übervorteilen anderer- Eigener Nutzen, fremder Schaden- Angst vor unerfreulichen Folgen- Rücksichtnahme (verletzende Wahrheit): mitleidigeLügeSelbst- und Fremdwahrnehmung„Gute Vorsätze“Wahrhaftigkeitspflicht gegenüber:- sich selbst- der Familie / Freunden- Fremden, der ÖffentlichkeitFakultative Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Der Schein trügt:Rollen und Regeln können im Zusammenhangmit Festen ihren Inhalt ändern und sichfür einen begrenzten Zeitraum ins Gegenteilverkehren.Literatur lässt vielfach bewusst eine „verkehrteWelt“ erstehen.Fasching / KarnevalLügengeschichtenMärchen, FabelnSein und ScheinenArbeitsmethoden der Schülerinnen und Schüler/Hinweise und Erläuterungen:PhantasiereisePerspektivenwechsel, Körper- und Weltwahrnehmung unter verfremdeten Bedingungen15


Bildungsgang GymnasiumQuerverweise:Tiere: F, E, Bio 5.2, Ku 5.2, Rka5.2, Rev 5.2Unterrichtsfach EthikBerücksichtigung von Aufgabengebieten (§6 Abs. 4 HSchG):Informations- und kommunikationstechnische Grundbildung undMedienerziehung16


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach Ethik1.2 Die Jahrgangsstufe 66.1 Gewissen und Identität I: Das Gute und das Böse Std.: 14Begründung:Das Gewissen wird als innerer Anspruch erfahren, das Gute zu tun und das Böse zu lassen. Geboteund Verbote unterscheiden Gutes und Böses im sozialen Kontext.Verbindliche Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Das Gewissen meldet sich als gutes oderschlechtes Gewissen. Es wird als innereStimme erfahren, die das Gute gebietet unddas Böse verbietet.Das Gute erscheint zunächst als das, wasLohn, das Böse als das, was Strafe einbringt.Diese Bestimmung ist jedoch nachrangig.Die Frage ist, warum das eine bestraft,das andere belohnt wird: Gebote undVerbote sind im Rahmen eines rationalenArgumentationszusammenhangs begründungsbedürftig.Im eigenen Verhalten antwortet der Menschauf die Anmutungen der Gebote und Verbotedurch ein Spektrum an Verhaltensweisen,das von Unterordnung und Anpassung biszu Widerspruch und Widerstand reicht. Auchdiese Verhaltensweisen bedürfen der Prüfungund Rechtfertigung.Gut und Böse im Urteil der Schülerinnen und SchülerDas Gute als das,- was die Eltern, Freunde, Vorgesetzte und Pfarrer fürgut halten oder was Gesetze regeln- was anderen Menschen nicht schadet- was mir selbst nützt, ohne anderen zu schaden- was allen anderen nützt, ohne mir zu schadenDas Gewissen- als innere Stimme- als Stimme Gottes- als Stimme der Natur- als Stimme der Erzieher- als Stimme der ErfahrungDas schlechte GewissenGewissensirrtümerSchuld, Strafe und Sühne; EntschuldigungBeichte und BeichtgeheimnisDie Weisungen und Warnungen der Weltreligionen:- Judentum, Christentum, Islam- Hinduismus und BuddhismusSoziale Praxis in unterschiedlichen KulturenGewissen als Stimme der AllgemeinheitDen Religionen gemeinsame Gebote und Verbote:- z. B. im Hinblick auf Töten, Lügen, Ehebruch u.a.Für das Abendland ungewöhnlichen Gebote, Verboteund Üblichkeiten:- z. B. Speisevorschriften im Judentum, Kastenvorschriftenim Hinduismus; Polygamie im Islam u. a.Geschlechtsspezifische Gebote und Verbote:- was Jungen dürfen, aber Mädchen nichtGeltungsbereiche des Gewissens:- Ich und mein Gewissen - Worin besteht derUnterschied?Allgemeinheit des Guten:- das Gute als etwas, das für alle gut sein sollFakultative Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Aus der Fragilität der äußeren Lebensbedingungendes Menschen und seinem gesellschaftlichenBezug ergibt sich die Verpflichtunggewissenhaft und verantwortungsbewusstmit Umwelt und Mitwelt umzugehen,um sie zu erhalten.UmweltschutzNachhaltigkeitNatur als „Haus des Lebens"17


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach EthikArbeitsmethoden der Schülerinnen und Schüler/Hinweise und Erläuterungen:Empirische Untersuchungen zum Umweltverhalten in der <strong>Schule</strong>RollenspieleFallbeispiele aus Zeitungen/Jugendzeitschriften analysierenQuerverweise:Berücksichtigung von Aufgabengebieten (§6 Abs. 4 HSchG):Ökologische Bildung und Umwelterziehung18


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach Ethik6.2 Liebe I: Freundschaft Std.: 12Begründung:Liebe zeigt sich in der Freundschaft als das Wollen des Guten für den anderen und um des anderenwillen.Verbindliche Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Freundschaft ist aus dem Erfahrungsbereichder Schülerinnen und Schüler als eine durchgemeinsame Vorlieben, gegenseitige Anerkennung,Achtung und Zuneigung gekennzeichnetesoziale Beziehung aufzunehmen.Freundschaften sind auch politisch wirksam.Wer viele Freunde hat, gewinnt an Einfluss.Auch wächst der Zusammenhalt einer Gruppe,wenn sie von Freundschaft getragenwird. Für eine demokratische, auf derGleichheit aller basierende Gesellschaftkönnen Freundschaftsbeziehungen im öffentlichenRaum Gefahren bergen; sie werdendeshalb dem Privaten zugeordnet.Freundschaft und soziale PositionKennzeichen von FreundschaftsbeziehungenOffenheit und Wahrhaftigkeit gewährleistenFreundschaft.Freunde darf man nicht zu eigennützigenZwecken missbrauchen.Freunde erweisen sich in der Not.Die Unterscheidung- von Freund, Gegner, Feind u. a.- von Bekannten, Spielkameraden und Freunden- von eigennütziger und uneigennütziger Freundschaft- zwischen Abhängigkeit (Hörigkeit) und durch Vernunftgeleiteter FreundschaftEinfühlung, EmpathieFalsche Freundschaften: Kumpanei, Hörigkeit, GefolgschaftSchöne Erlebnisse und Enttäuschungen in FreundschaftenStreit, Konflikt und FriedensschlussFreundschaft- zwischen Arm und Reich- zwischen „Herr und Knecht“- zwischen Chef und UntergebenemFreundschaft im Zwiespalt zwischen Vernunft und GefühlAchtung voreinanderUneigennützigkeitEhrlichkeit, VertrauenBeständigkeit, Zuverlässigkeit, VerbundenheitDankbarkeitFakultative Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Freundschaften über unterschiedliche Lebensgewohnheitenund Kulturkreise hinwegkönnen in besonderer Weise sowohl fordernals auch bereichern.Fremd und vertrautMinderheiten und VorurteileRassismusArbeitsmethoden der Schülerinnen und Schüler/Hinweise und Erläuterungen:Bilder „lesen“ lernen: Wie werden Beziehungen zwischen Menschen in den Medien / in der Werbungdargestellt?Kurze Szenen schreiben / spielenQuerverweise:Freundschaft: D, Rka 6.1+3, Rev6.1Berücksichtigung von Aufgabengebieten (§6 Abs. 4 HSchG):Kulturelle PraxisFriedenserziehung19


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach Ethik6.3 Recht und Gerechtigkeit I:Gleiches gleich, Ungleiches ungleichStd.: 14Begründung:Subjektiv verletzende Erfahrungen evidenter Ungerechtigkeiten verweisen auf den Anspruch der Gerechtigkeit,ein Kriterium für das Gleiche unter von Natur aus Ungleichen zu finden und daran die Zuweisungvon Vorteilen und Nachteilen zu orientieren.Verbindliche Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Das Vorbild des gerechten Richters bestimmtdas Bild von der Gerechtigkeit. Esgibt keine Gerechtigkeit ohne eine Beurteilungder Lage, die den Betroffenen in ihrerEigenheit, ihren Möglichkeiten und Grenzengerecht wird.Stets sind dabei zwei Seiten zu beachten:die gebotene Gleichheit der Behandlung unddie Unvergleichbarkeit der Individuen. Nurwas gleich ist, kann auch gleich behandeltwerden.Die Forderung nach Gerechtigkeit bindet denEinzelnen auch an den von ihm gestelltenAnspruch. Durch die Forderungen, die er erhebt,setzt er zugleich ein Maß, an dem ergemessen werden will.Die „austeilende Gerechtigkeit“,- die ihren Maßstab in der Würdigkeit des Empfängershat.Die „ausgleichende Gerechtigkeit“,- die das Gleichgewicht herstellt zwischen angebotenenGütern oder zugefügtem Schaden.Relativität der Güter und WerteRelativität der LeistungenMaßstäbe der GerechtigkeitIhre Kriterien in Vergangenheit und GegenwartDer Prozess der RechtsfindungDie allgemeinen Lebensbedingungen einer Gruppe, einersozialen Schicht oder einer ganzen Gesellschaft alsMaßstab:- Jäger, Nomaden, Industriearbeiter, z.B. Bedeutung desGoldes für die Inkas einerseits und die spanischenEroberer andererseits- Ansprüche, gemessen an dem, was „alle haben“Die Fähigkeiten, die Anstrengungen oder die erzieltenErgebnisse als Maßstab:- Notengebung- Tennisprofi / Popstar, Schichtarbeiter im Walzwerk,Facharbeiter / Angestellter, ManagementGeschlechtsspezifische Relativität:- Werden Jungen und Mädchen gleich beurteilt?In welchen Zusammenhängen und inwiefern könnengleiche Erwartungen an beide Geschlechter gehegt werden?Zur Diskussion bieten sich u. a. folgende miteinanderkonkurrierende Prinzipien an:Jedem das Seine!Jedem das Gleiche!Jedem nach seinen Leistungen!Jedem nach seinen Bedürfnissen!Jedem nach seinen Fähigkeiten!Jedem nach seinem Verdienst!Inwiefern ist Ungerechtigkeit mitteilbar, mitfühlbar?20


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach EthikFakultative Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Historische Unterdrückungs- und Abhängigkeitsstrukturensowie ungleichgewichtige Beziehungenin der Gegenwart bilden dieGrundlage für ungerechte Verhältnisse imVerhältnis zwischen armen und reichen Regionender Welt.ArbeitsmigrationFairer HandelKinderarbeitRechte für KinderHunger und ÜberflussArbeitsmethoden der Schülerinnen und Schüler/Hinweise und Erläuterungen:Workshop „Dritte Welt“Befragungen: Jugendrichter, Polizei und Jugendamt zu Jugendkriminalität; Präsentation der ErgebnisseQuerverweise:Der gerechte Richter: D, Rka 6.1,Rev 6.2-3Berücksichtigung von Aufgabengebieten (§6 Abs. 4 HSchG):RechtserziehungErziehung zur GleichberechtigungFriedenserziehung21


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach Ethik6.4 Menschenbilder I: Wer bin ich? Std.: 12Begründung:Verantwortliches Handeln sich selbst gegenüber bedeutet die Vielfalt unterschiedlicher Fähigkeiten, mitdenen die Menschen ausgestattet sind, zu vervollkommnen.Verbindliche Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Die Möglichkeiten des Menschen sind in denGegebenheiten seiner physischen Existenzfundiert. Sie zu entfalten folgt jedoch nichtinstinktiven Programmen, sondern erfordertAnstrengung und bewusste Entscheidung.Hierbei gilt es Misserfolge zu verkraften undmit Erfolgen angemessen umgehen zu lernen.Mit dem Heranwachsen übernehmen dieMenschen mehr und mehr die Verantwortungfür ihr eigenes Leben und für das vonMitmenschen. Freiheit und Selbstverantwortungwachsen mit zunehmender Reife.Für die eigene Gesundheit Verantwortung zuübernehmen ist nicht nur nützlich, sondernVerpflichtung sich selbst gegenüber.Selbstverantwortung bedeutet auch zu lernen,aus den vielfältigen Angeboten undMöglichkeiten der Konsum- und Medienweltkritisch auszuwählen.Physische Möglichkeiten und Grenzen von Mensch undTierSelbstdisziplin gegen InstinktVerzicht aus freier EntscheidungRollenverhalten von Mädchen und Jungen„Wer will ich sein? Wo liegen meine Stärken? Wo kannich besser werden?“Glück oder Erfolg?Eigenverantwortlichkeit und deren Grenzen:- auf dem Schulweg, in der <strong>Schule</strong>, in der Freizeit- im Umgang mit dem Taschengeld- bei der Wahl der Freunde- in der Erledigung von Pflichten und AufgabenPräventive und kurative medizinische Behandlung: „Vorbeugenist besser als Heilen“Gesunde Ernährung, HygieneBedeutung von Idolen und VorbildernFernsehen: Wer bestimmt über die eigenen Konsumgewohnheiten?Fakultative Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Die vielfältigen äußeren Bedingungen für eingelingendes Leben hat der Mensch (im Gegensatzzu seiner Fähigkeit moralisch zuhandeln) nicht im Griff. Dennoch wirken Vorstellungenvom Glück prägend für seinen eigenenLebensentwurf.Träume vom GlückGlück und ZufallGlück und GeschickGlück und LeidWas will ich werden?Wer will ich werden?Arbeitsmethoden der Schülerinnen und Schüler/Hinweise und Erläuterungen:Collage „Glücksversprechen in der Werbung“Umfrage in der <strong>Schule</strong>: „Mein Leben in zehn Jahren“Querverweise:Berücksichtigung von Aufgabengebieten (§6 Abs. 4 HSchG):GesundheitserziehungInformations- und kommunikationstechnische Grundbildung undMedienerziehung22


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach Ethik1.3 Die Jahrgangsstufe 77.1 Freiheit II: Freiheit im Widerstreit der Interessen Std.: 13Begründung:Freiheit bedeutet Entfaltung der eigenen Möglichkeiten und Interessen. Die Freiheit der anderen istzugleich Chance und Grenze für die eigene Freiheit.Verbindliche Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Freiheit bedeutet die Entfaltung der eigenenMöglichkeiten und Interessen auf unterschiedlichenWegen und mit unterschiedlichenZielen. Zum Zusammenleben in Freiheitgehören daher Interessenkonflikte.Freiheit hat ihre Grenze an der Freiheit desanderen (GG, Art. 2).Toleranz und Kompromissbereitschaft sindAusdruck der Anerkennung der Freiheit deranderen.Gewalt ist ein Eingriff in Würde und Freiheitder Person. Grundgesetzlich gebundeneGewalt schützt Freiheit, Würde und zivileUmgangsformen.Gewaltfreie Konfliktlösungen entsprechendem Eigeninteresse, dem Wissen um die potentielleBegrenztheit der eigenen Positionund der Achtung vor der Freiheit des anderen.Sie setzen Kompromissbereitschaft undToleranzbereitschaft auf beiden Seiten voraus.Die Normalität von Interessenkonflikten:- in der <strong>Schule</strong> (Klassenfahrt, Sitzordnung)- in der Gesellschaft (Parteien, Gewerkschaften,Verbände)Möglicher Umgang mit Konflikten:- Aussprache, Diskussion, vertrauensbildende Maßnahmen,Fairness- Entscheidungsregeln (Mehrheitsentscheidung undMinderheitenschutz)- Gerichtsverfahren- Absprachen, Verträge, GesetzeGewaltmonopol des Staats: PolizeiBindung an Recht und GesetzUrsachen von und Umgang mit GewaltGrundhaltungen für gewaltfreie Konfliktlösungen: Offenheit(auch der Kritik) und Sachlichkeit, Wahrhaftigkeit,Bereitschaft zur Selbstkritik, Sicherheit in der Wertbindung,Geduld, Zielstrebigkeit, KompromissbereitschaftFakultative Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Auch die Sprache ist ein Indiz für den Umgangmit Gewalt und Konflikten. Der oft unmerklicheÜbergang von verbalem Spiel inverbale Verletzung bedarf der Reflexion undder AufmerksamkeitsschulungBeispiele aus Umgangssprache und JugendspracheUnterscheiden zwischen Sagen und Meinen, zwischen„Spaß“ und Ernst im RedenSprache zwischen Jungen und MädchenSprache der SexualitätArbeitsmethoden der Schülerinnen und Schüler/Hinweise und Erläuterungen:Rollenspiele zu schulischen InteressenkonfliktenEinübung von DiskussionsregelnSprachanalyse: Schlagwörter, Redewendungen, Witze23


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach EthikQuerverweise:Streitkultur: D, Rka 7.1, Rev 7.1,Sk 7.1Berücksichtigung von Aufgabengebieten (§6 Abs. 4 HSchG):Friedenserziehung24


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach Ethik7.2 Würde des Menschen II:Der Mensch als Mittel und als ZweckBegründung:Std.: 13Die Würde des Menschen gebietet, ihn niemals nur als Mittel, sondern immer zugleich als Zweck zu behandeln.Verbindliche Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Die Abhängigkeiten des Menschen von Natur,Gesellschaft, Geschichte zwingen ihn inVerhältnisse, in denen er als Mittel zu Zweckengebraucht wird. Die Würde des Menschengebietet, dass diese Verhältnisse nurdann vertretbar sind, wenn darin der Einzelnezugleich als Zweck behandelt wird,d.h. wenn er sie auch um seiner selbst willeneingehen, ihnen also aus eigenem Willenund um seiner Selbstbestimmung willen zustimmenkönnte. Man verstößt gegen seineWürde, wenn gegen seine (faktische oderpotentielle) Zustimmung über ihn verfügtwird und er bloßes Objekt anderer Interessenwird.Würde ist variabel und invariabel: Jeder hateinen - verschiedenen - Kern, der - um denPreis der Entwürdigung und Selbstentwürdigung- nicht angetastet werden darf. ImRaum der Öffentlichkeit überlagern sich legitimeund illegitime Informationsbedürfnisse,legitime und illegitime Selbstdarstellungsbedürfnisse,die die Integrität der Person antastenkönnen.Verhältnisse, in denen der Mensch mit seiner potentiellenZustimmung als Mittel gebraucht wird (Schulpflicht -zum Zweck der Ausbildung; Arbeit - zum Zweck der Reproduktion;Wehrdienst - zum Zweck der Sicherheit )Der Zweck der Erziehung – MündigkeitVerhältnisse, in denen der Mensch entwürdigt wird:- Sklaverei, Leibeigenschaft, Zwangsarbeit,entwürdigende Arbeitsverhältnisse, Kinderarbeit,Situation von Verschleppten, Gefangenen, Geiseln;Erpressung, Folter, Zwangsverhältnisse für Frauen,sexuelle Gewalt, Diskriminierung und Ausgrenzungvon Minderheiten (Fremdenhass)Medien und Würde: Presserecht / Recht auf Information /Recht auf Integrität der Person und Schutz der PrivatsphäreIdole, Vorbilder, öffentliche Personen und Grade der Offenheit,der Preisgabe und der (freiwilligen) Selbstpreisgabein der MedienöffentlichkeitFakultative Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Auch Wahrhaftigkeit ist Ausdruck der Achtungdes anderen.Der Schutz vor unerwünschter Informationist ein Schutz der Selbstbestimmung.Lüge als Störung der reziproken Achtung in der Kommunikation,Lüge als Form, den anderen als Mittel zu benutzenRecht auf informationelle Selbstbestimmung / DatenschutzArbeitsmethoden der Schülerinnen und Schüler/Hinweise und Erläuterungen:Analyse von Fallbeispielen aus Geschichte, Zeitgeschichte und Literatur(Internet-)Recherche: MenschenrechtsorganisationenAnalyse von Selbstdarstellungsangeboten und von Veröffentlichungen der Privat- und Intimsphäre imFernsehenErstellen von Regeln für die Schülerzeitung25


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach EthikQuerverweise:Die Würde der Person: D, Sk 7.1,Rka 7.1, Rev 7.1Berücksichtigung von Aufgabengebieten (§6 Abs. 4 HSchG):Informations- und kommunikationstechnische Grundbildung undMedienerziehungRechtserziehung26


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach Ethik7.3 Religion II: Riten – Ausdrucksformen der Religionen Std.: 14Begründung:Der Ritus trennt das Heilige vom Profanen und verleiht dem inneren Bekenntnis eine äußere, anschaulicheGestalt.Verbindliche Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Riten und Rituale geben dem Menschen Sicherheit.Im Bereich der Religion sind Riten formalisiertesymbolische Handlungen, die einemGeschehen Gewicht verleihen, indem sie esaus dem Kreis des Alltäglichen herausheben.Das Verständnis für die Besonderheiten derverschiedenen Religionen kann hier seinenAusgang nehmen.Der Ritus gibt einer inneren Anschauung desHeiligen eine äußere Gestalt. Er konstituiertals „heilige Handlung“ die Liturgie und denGottesdienst. Obwohl veränderbar (Synoden,Konzilien) kommt ihm als dem Ausdruckdes Althergebrachten, Gewohnten inallen Religionen eine große Bedeutung zu.Er vermittelt als solcher den Gläubigen Sicherheit,Geborgenheit und Orientierung. Erermöglicht gemeinsames Tun und bestärktdas Gemeinschaftsgefühl. Er steht für Kontinuitätund vermittelt den Gläubigen das Bewusstsein,in einer großen und langen Traditionzu stehen.Bekanntschaft mit rituellen Handlungen, die ihren Ursprungin der Religion haben: Taufe, Hochzeit, BeerdigungChristliche Riten:- Gottesdienst, Abendmahlsfeier, Taufe, Hochzeit,BeerdigungVergleich mit Riten in anderen Religionen (vor allem Judentumund Islam)Riten und religiöse FesteRituale in säkularen Bereichen (<strong>Schule</strong>, Sport, Politik)Funktion von Riten:- Trennung des Heiligen vom Profanen- Versammlung der Gläubigen zu einer Gemeinde- Heiligung eines Gegenstands, Orts oder einerHandlung, um sie dem Vergessen zu entreißen- Verehrung einer über den Menschen stehenden Macht(Gott)Fakultative Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Sekten schließen sich rituell und organisatorischpointiert nach außen ab. Sie zeigen unterschiedlicheErscheinungsformen. Es gibtSekten, die sich durch autoritäre Strukturen,besondere Betonung von Riten, exklusiveGemeindebildung und autoritäre Gläubigkeitauszeichnen.Gemeindebildungen in SektenFormen der AnwerbungHierarchien und fraglose AutoritätenBedeutung von RitenBedeutung von Dogmen27


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach EthikArbeitsmethoden der Schülerinnen und Schüler/Hinweise und Erläuterungen:Unterrichtsgänge, Gespräche mit Vertretern der Religionen; Erfahrungsberichte und Referate zu religiösenRitenDokumentation: Ritenvergleich mit Schwerpunktsetzungen (Auffassung des Heiligen, Taufe, Hochzeit,Beerdigung)Analyse von Selbstpräsentation und Erfahrungsberichten aus SektenQuerverweise:Riten und Mythen: Rka 7.1+4, Rev7.5, Sk 7.1, L, E, D, SpaBerücksichtigung von Aufgabengebieten (§6 Abs. 4 HSchG):Kulturelle Praxis28


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach Ethik7.4 Wahrheit und Erkenntnis – Wahrhaftigkeit und Lüge II: Prüfungen Std.: 12Begründung:Wir suchen nach Wahrheit, indem wir bereit sind, unsere Vermutungen über die Wirklichkeit zu überprüfen.Gegenüber uns selbst wie gegenüber unseren Mitmenschen sind wir auf Wahrhaftigkeit angewiesen.Verbindliche Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Die Frage nach der Wahrheit bezieht sichauf unser Verhältnis zur Wirklichkeit.Die Frage nach der Wahrhaftigkeit betrifftunser Verhältnis zu uns selbst und zu denMitmenschen.Unsere Erklärungen für Vorgänge in derWirklichkeit sind geprägt von Vorerwartungen,Gewohnheiten, Erlerntem. UnsereHypothesen bedürfen der Überprüfung ander Wahrnehmung anderer und an Erfahrungen,die wir selbst machen. So könnenwir hoffen, uns der Wahrheit anzunähern.Unterscheiden lernen zwischen Wahrheit und WahrhaftigkeitWie kann ich feststellen, ob eine Erklärung (für ein Ereignis,für einen Vorgang in der Natur) wahr ist, ob essich so oder so abgespielt hat?Aufklärung von Sachverhalten, von unklaren Vorfällen inder KlasseJustizfälle; Täuschungen in Wirklichkeit und MedienVerlässlichkeit und Überprüfung von ZeugenaussagenMethoden der Tatsachenfeststellung; Erklärungen undBeobachtungen in naturwissenschaftlichen Versuchen;Unterscheiden zwischen Sachverhalten und Wertungen„Jeder sieht alles anders“. Die Frage nachder Wahrheit bezieht sich auf unsere Wahrnehmungenvor allem der sozialen und kulturellenWelt aus dem subjektiven Horizontdes Einzelnen heraus. Immunisierungen gegenüberden unangenehmen Wahrheitenaus anderen Perspektiven behindern dieWahrheitssuche. Über die Befangenheit inder bloß subjektiven Perspektive hilft die Bereitschafthinweg, sich im Blick auf Sachverhalteauszutauschen und sich im Blick aufWertungen auf die Suche nach Verständigungzu begeben. Dazu gehört die Bereitschaft,zwischen Tatsachenaussagen undWertungen zu unterscheiden.Beispiele für unterschiedliche Wertungen (Neugier undBefremden gegenüber auffälligem / fremdem / ungewöhnlichemVerhalten im Bereich <strong>Schule</strong> und Bezugsgruppe)Begründungen für verschiedene Wahrnehmungen undWertungen (Offenheit / Befremden) erschließenSich offen halten für andere Wahrnehmungsweisen undihren Kontext: Wege, das Fremde (auch das aus demNahbereich) kennen zu lernenBeispiele und Motive für Immunisierungen gegenüberWahrheiten, für die Fruchtbarkeit und Grenzen verschiedenerSichtenToleranz geht vom Wissen um die potentiellenGrenzen der eigenen Sicht aus und bestehtzugleich auf sich selbst, d.h. auf derWertschätzung unterschiedlicher Wege zurWahrheitsfindung.Toleranz als Gleichgültigkeit oder als Wertschätzung derVerschiedenheitGrenzen der Toleranzbereitschaft (Wahrnehmungen verleugnen,Tatsachen nicht wahr haben wollen, Ansichtenmundtot machen, Ausgrenzung anderer Wahrnehmungsweisenetc.)29


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach EthikFakultative Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Die Bedeutung der Kritik von außen, vonFremdkorrekturen für den WahrheitsfindungsprozessDer Umgang mit Wahrheiten bedarf der verantwortlichenReflexion.Die Rolle der anderen, der Klasse, der Gruppe, derSchulöffentlichkeit, der Medienöffentlichkeit für dieWahrheitsfindungLautere und unlautere Motive bei Wahrheitssuche undWahrheitsfindungDas Verhältnis von Entlarvung durch andere und eigeneEinsichtArbeitsmethoden der Schülerinnen und Schüler/Hinweise und Erläuterungen:Zeugenbefragung strittiger Vorkommnisse aus dem Erfahrungsbereich der Schülerinnen und Schüler;Analyse und Vergleich von Tatsachenaussagen: Kohärenz, Widerspruchsfreiheit, PerspektiveFallbeispiele für Vorerwartungen bei der Wahrnehmung und für Immunisierungen / VerleugnungenQuerverweise:Berücksichtigung von Aufgabengebieten (§6 Abs. 4 HSchG):Versuchsbeschreibungen: Phy7.1-4, Bio 7.2, D30


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach Ethik1.4 Die Jahrgangsstufe 88.1 Gewissen und Identität II:Sich selbst finden – Ich und die anderenStd.: 14Begründung:Das Gewissen begründet die Erfahrung der eigenen Person in Identifikation und DistanzierungVerbindliche Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Zur Herausbildung der eigenen Identität gehörenAnerkennungen und Abgrenzungen:- die Ausbildung eines eigenen Gewissens,das sich identifiziert und distanziert- die Unterscheidung des Ich von den anderenund die Orientierung an Gemeinsamkeiten- die Fähigkeit zur bejahenden und kritischenSelbstwahrnehmung wie die Übernahmevon Verantwortung für das eigene HandelnZunehmende Selbstwahrnehmung schärftund öffnet zugleich den Blick für Fremdes.Das eigenverantwortliche Gewissen bewährtsich in der Achtung vor anderen Gewissensprägungenund kulturellen Identitäten.Wahrnehmung der eigenen Rolle in Familie, <strong>Schule</strong> undunter Freunden: Leben in GemeinschaftenChancen und Gefährdungen durch die Gruppe (Wir-Gefühlund Außenseitertum)Idole, Vorbilder, Autoritäten: Identifikation als Selbstaufgabeund als reflektierte Anerkennung; Notwendigkeitund Risiko des Vertrauens und Sich - VerlassensMisserfolg und Zuversicht: Der Umgang mit sich selbst,seinen Schwächen und StärkenSucht, Selbstzweifel und Selbstakzeptanz: Der Umgangmit DrogenMerkmale, Entstehung, Folgen, und Abbau von Vorurteilenund Ausgrenzungen; Pluralität und Toleranz(Glaubens- und Gewissensfreiheit): Sich reflektieren andem, was fremd ist; das Fremde als Belastung und alsBereicherungFakultative Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Selbstkritische und bejahende Einschätzungder eigenen Person bewährt sich im Umgangmit den Angeboten der KonsumweltKonsum und Verzicht: Der selbstbestimmte Umgang mitBedürfnissenArbeitsmethoden der Schülerinnen und Schüler/Hinweise und Erläuterungen:Fallbeispiele für moralische Entwicklung, für Enttäuschungen und ErfolgeDilemmaanalyse von Normen- und GewissenskonfliktenRollenspiele zu Integration und ToleranzQuerverweise:Konsum: Sk 8.2, Rka 8.1, Rev 8.3-4, D, E(1), Mu 8/11-12, Phy 8.3c,Ch 8.1Jugendkultur: Mu 8/11, D, F, E(1),Spa, Sk 8.1, Rka 8.1, Rev 8.3-4,Phy 8.1-2+8.3b-cBerücksichtigung von Aufgabengebieten (§6 Abs. 4 HSchG):GesundheitserziehungRechtserziehung31


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach Ethik8.2 Liebe II: Sexualität und Liebe Std.: 12Begründung:Liebe ist als Sexualität Fortpflanzung, Erfahrung der Lust und liebende Vereinigung. Sie hat ihr Zentrumnicht im Bereich des Ethischen, denn Liebe „kann nicht geboten werden“ (Kant), aber sie muss dieAchtung der geliebten Person integrieren können.Verbindliche Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Die Intensität des Gefühls, die rückhaltloseBejahung des geliebten Menschen und dasVereinigungsstreben lösen die Liebendenaus dem Kontext ihrer Herkunft und schaffeneine zweigliedrige Beziehung der Intimität, inder sich die Liebenden einander als Spiegelund Sinnerfüllung ihrer Persönlichkeit erfahren.Liebe ist im Zusammenhang mitFreundschaft und Sexualität zu betrachtenund abzugrenzen. Die Erfüllung sexuellenVerlangens ist ein Zentrum der Liebe, reichtjedoch allein nicht aus, um Liebe zu beschreiben.Liebe bezieht sich auf die ganzePerson in ihrer natürlichen Gestalt, ihrer sozialenStellung, ihrer geistigen Bildung undihrer menschlichen Würde.Im Anderen bei sich selbst seinSchwäche zeigen können ohne Stärke zu provozierenLiebe, Eros, Agape, KaritasSexualität bedarf einer auf freier Entscheidung, Respektund Verantwortung beruhenden Partnerschaft;sie darf nicht auf Kosten eines Beteiligten gehen.Sexualität als Fortpflanzung, Erfahrung der eigenen Lustund liebende Vereinigung. Für den Menschen ist dieEinheit dieser Aspekte bestimmend.Sexualität unterliegt der sozialen Kontrolle:- rechtliche und moralische Einschränkungen- Heterosexualität und HomosexualitätFakultative Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Liebe und Sexualität finden ihren Ausdruckin einer Vielfalt von künstlerischen Formenund sie sind eingebunden in die Pluralität derMoralvorstellungen und Kulturen.Liebesgeschichten der WeltliteraturSexualmoral des antiken Griechenland, der katholischenKirche, des Islam, des Hinduismus, anderer KulturenArbeitsmethoden der Schülerinnen und Schüler/Hinweise und ErläuterungenFallbeispiele aus Jugendliteratur, Literatur und MedienPerspektivenwechsel: Die Rolle des anderen übernehmen (z.B. Bindung und Freiheit in Partnerschaften)Kreatives Schreiben: Entwerfen von partnerschaftlichen BiographienQuerverweise:Menschliche Grunderfahrungen:Rka 8.1, Rev 8.3, Mu 8/15, DBerücksichtigung von Aufgabengebieten (§6 Abs. 4 HSchG):Sexualerziehung32


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach Ethik8.3 Recht und Gerechtigkeit II:Das Recht / Freiheit und Gleichheit der RechteStd.: 14Begründung:Das Recht soll Konflikte regeln ohne Ansehen der Person. Der ungeteilte Anspruch auf Freiheit begründetdie Gleichheit der Rechte.Verbindliche Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Das Recht dient der Sicherung der zivilenOrdnung des Zusammenlebens: es schafftRechtssicherheit, verhindert als kodifiziertesRecht Willkür und ist im demokratischenStaat an die Grundrechte gebunden.Rechtsgefühl und kodifiziertes Recht könnenim Widerspruch stehen. Rechtssicherheitund Rechtsgleichheit dienen jedoch demSchutz des Einzelnen vor Willkür und illegitimerMacht.Das Recht begegnet dem Einzelnen als anerkanntesRegelsystem des Zusammenlebens,das in Gesetzen niedergelegt ist, dieden Einzelnen vor Rechtsverletzungenschützen sollen. Rechtsverletzungen ziehenStrafen nach sich.Die Menschen sind von Natur aus verschiedenund „von Natur aus“, d.h. in ihrer Würde,frei und gleich.Freiheit ist unteilbar. Jeder hat den gleichenAnspruch auf Freiheit. Gleichheit als ungeteilterAnspruch auf Freiheit begründetChancengleichheit und Rechtsgleichheit.Stimme des Gewissens (erlaubt/verboten) als Rechtsgefühlim Vergleich zum kodifizierten RechtRechtsgefühl und Rechtsbindung des „gerechten“ RichtersGesetze: die Form des RechtsGesetzgeber und Gesetzgebungsverfahren: die Legitimationdes RechtsRechtsverstöße von Jugendlichen (Schwarzfahren, Ladendiebstahl,Gewalt)Schuld und Strafe, Rechtsverstoß und Strafe, Strafe alsEntlastung von Schuld?Der Zweck / Sinn der Strafe:- Strafe als Rache und Vergeltung / Opferstrafrecht- Sühne / Täterstrafrecht- Einsicht und Resozialisierung; Strafe als Abschreckungpotentieller Täter; Strafmaß und VerhältnismäßigkeitGleichheit der Rechte und Chancen; in der <strong>Schule</strong>, vorGericht, in der Gesellschaft; Verschiedenheit:- individuelle Voraussetzungen (Begabungen,Interessen, Neigungen)- gesellschaftliche Voraussetzungen (Herkunft, Umfeld,Erfahrungshorizonte, Lebensbedingungen)- unterschiedlicher Gebrauch der Freiheit (Begabung undAnstrengung)Fakultative Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Die Verpflichtung zum Grundsatz derGleichbehandlung „ohne Ansehen der Person“ist die Verpflichtung zum Verzicht aufillegitime Bevorzugung. Die Anwendung diesesGrundsatzes im individuellen Fall bedarfdes Einfühlungsvermögens und der Urteilskraft.GleichbehandlungIn der Gruppe / in der <strong>Schule</strong> / vor dem Gesetz:- Bewertung von Handlungen, Leistungen und Personen- von Männern und FrauenGoldene Regel als Begründung der Gleichbehandlung33


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach EthikArbeitsmethoden der Schülerinnen und Schüler/Hinweise und Erläuterungen:Mindmapping und Übungen zur Begriffsklärung (Strafe)Rollenspiel: Gerichtsverhandlung; Analyse von Fallbeispielen aus dem Jugendstrafrecht;Kontaktaufnahme mit Beratungsstellen für straffällige JugendlicheRundgespräch: Gleichbehandlung und NotengebungQuerverweise:Jugend und Recht: Sk 8.1, Rka8.1, Rev 8.3, G 8.1, D, L, F(1), E(2)Berücksichtigung von Aufgabengebieten (§6 Abs. 4 HSchG):Rechtserziehung34


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach Ethik8.4 Menschenbilder II: Das Interesse an der Welt Std.: 12Begründung:Der Mensch ist neugierig und lernfähig. Er erschafft sich seine Welt. Er gefährdet seine Welt. Er istnicht allein: Das Zusammenleben von Menschen setzt ethisches Bewusstsein voraus.Verbindliche Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Neugier und lebenslange Lernfähigkeit kennzeichnenwichtige Eigenschaften des Menschen.Mit ihnen überschreitet er die Instinktgebundenheitder Tiere, macht sich von begrenztenUmweltbedingungen unabhängig,gestaltet - und gefährdet - seine Umwelt.Forschung, Wissenschaft und Technik sindspezifisch menschliche Qualitäten sowohl imBlick auf ihren Nutzen als auch als „freie“,kreative Erforschungs- und Gestaltungsmöglichkeiten.Diese besonderen Qualitäten bedürfen derReflexion ihres Nutzens und ihrer Gefahren,nicht nur im Hinblick auf das Überlebennachfolgender Generationen und dermenschlichen Gattung, sondern - als spezifischethische Reflexion - im Blick auf unserVerfügungssrecht über Natur und Nachwelt.Vergleich Tier – Mensch im Blick auf Lernfähigkeit undNeugierDer Mensch als biologischer Sonderfall:- Unspezialisiertheit und Vielseitigkeit- Hand und Werkzeug: Aristoteles über den DaumenPrometheus-Mythos und die Büchse der PandoraBeispiele für Neugier:- Forscher- und Entdeckerbiographien- Neugier und HabgierBeispiele für Nutzen und Gefahren der Technik:- Technik im Alltag- Technik als Grundlage unserer Zivilisation- Technik als Gefährdung der ZukunftDer Mensch ist ein soziales Wesen. Regelnschützen unser Zusammenleben, ethischeNormen sollen uns als Personen in unsererFreiheit und in unseren Rechten gegenüberanderen Personen schützen.Nur Menschen kann man belügen.Unterscheiden zwischen Überlebensinteressen der Menschenund Schutz der NaturUnterscheidung von Regeln und ethischen NormenRegeln, Normen, stereotype Verhaltensmuster bei Tierenund MenschenWahlmöglichkeit als Voraussetzung für EthikFakultative Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Gibt es eine Ethik gegenüber der Natur odernur eine gegenüber den Überlebensinteressenund -rechten des Menschen?Rechte von Landschaften, Pflanzen, TierenAnthropozentrische Begründungen für den UmweltschutzArbeitsmethoden der Schülerinnen und Schüler/Hinweise und Erläuterungen:Collage: Der neugierige MenschTextarbeit: Schöpfer- und TechnikmythenModerationsmethode / Mindmapping: Nutzen, Gefahren und ethische Dimensionen der TechnikRecherche und Präsentation von Erfinder- und EntdeckerbiographienTextanalyse und konzeptionelles Schreiben: Gesetzestexte (Tierschutz, Landschaftsschutz etc.)35


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach EthikQuerverweise:Grundlagen der Neuzeit: Rka 8.4,Rev 8.1-2, G 8.3, D, L, Phy 8.2, M8.1Kolonialismus: Ek, G 8.3+5, Rka8.4, Rev 8.1, F(1), E, SpaBerücksichtigung von Aufgabengebieten (§6 Abs. 4 HSchG):Ökologische Bildung und Umwelterziehung36


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach Ethik1.5 Die Jahrgangsstufe 99.1 Freiheit III: Freiheit bedeutet Selbstbestimmung aller Menschenunter dem Anspruch der VernunftStd.: 12Begründung:Der Prozess der Selbstbestimmung in Wechselwirkung zu den Erfordernissen gesellschaftlicher Einbindungdes Individuums bedarf der Regulierung durch Vernunft.Verbindliche Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Freiheit basiert auf den Chancen und der realenErfahrung von Selbstfindung undSelbstbestimmung. Sie bedarf dabei einesgesellschaftlichen Rahmens, der diesenProzess zugleich ermöglicht und begrenzt.Das Spannungsverhältnis von Freisetzungund Begrenzung zu balancieren, ist eineAufgabe der Vernunft.Freiheit gründet in der Personalität und konstituiertsie zugleich. Personalität und Freiheitbzw. Freiheit als personales Grunddatumsetzen die Würde des Menschen.Einschränkungen der Freiheit aller und Vergabevon Macht legitimieren sich am Schutzder Freiheit des Einzelnen.Handlungsspielräume und deren GrenzenSelbstanspruch – Kritik und FremderwartungIndividualität und KonformitätsdruckToleranzkriterien (Lessing) / Regulative FunktionenFreiheitsanspruch unterliegt allen GrundrechtenDie Würde bedingt die Grundannahme der Freiheit (dieVerankerung dieser Thesen in allgemeinen Rechtsprinzipienund Verfassungsdokumenten).Macht als aus Freiheit zugestandene und begrenzte Verfügungsgewaltüber andereMacht als erzwungene Verfügungsgewalt, als „Recht desStärkeren“ (Formen des Machtmissbrauchs / der Machtkontrolle)Fakultative Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Das subjektive Bewusstsein von Freiheit entwickeltsich analog zur Persönlichkeit.Freiheit als Rechtsanspruch des Individuumsunterliegt dem Prozess der Geschichte.Wachsende Freiheit; der Prozess des Werdens der Freiheitsrechtein der GeschichteIn Unfreiheit leben und dennoch frei seinArbeitsmethoden der Schülerinnen und Schüler/Hinweise und Erläuterungen:Internetrecherche und Präsentation des Lebenslaufs von „Freiheitshelden“ (Referat, Gruppenarbeit)Projekt: Freiheitsrechte im GrundgesetzProjekt: Menschenrechte / MenschenpflichtenQuerverweise:Entwicklung der Demokratie: G9.1-2, Sk 9.2, Rka 9.2-3, Rev 9.2,D, E, F(1), GrA, LBerücksichtigung von Aufgabengebieten (§6 Abs. 4 HSchG):Rechtserziehung37


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach Ethik9.2 Die Würde des Menschen III:Die Sicherung und Einlösung der MenschenrechteStd.: 14Begründung:Die Wahrung der Menschenrechte aktualisiert und gewährleistet ein Leben in Freiheit und Würde.Verbindliche Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Die Würde gründet in der Unverfügbarkeitund in der Selbstbestimmungsfähigkeit desMenschen (Personalität).Das europäische Personalitätsverständnisresultiert aus der Tradition von Antike, Christentum,Humanismus und Aufklärung.Würde setzt die in der Personalität gegebeneFreiheit voraus.Würde - Freiheit - Person realisieren sich inGrundrechten und grundrechtlich verankertenPrinzipien, Gesetzen und Pflichten.Würde - Freiheit - Person sind die Grundwerteunserer gesellschaftlichen Verfasstheit(Staat).Würde verpflichtet zu Haltung und Verhaltenauch im persönlichen Bereich und übersteigtdamit die rechtliche Rahmensetzung.Person / Individuum / Einzigartigkeit / letztliche Unvergleichbarkeit/ Unverfügbarkeit / Autonomie (Kant)Art. 1 Grundgesetz: „Die Würde des Menschen ist unantastbar.“Menschenrechte und deren geschichtliche Entwicklungvom Kampf gegen die Sklaverei, Leibeigenschaft bis zurDurchsetzung von Gleichberechtigung, Gleichheit undChancengerechtigkeitUniversalitätsanspruch der MenschenrechteRecht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit; Berufswahl;Schutz der Privatsphäre (Wohnungs- / Briefgeheimnis)Der Rechtsstaat setzt sich und der Gesellschaft GrenzenRespekt / Toleranz / Achtung der Würde / Schutz vorReduktionen des Menschen zum ObjektAnspruch auf würdevolle Behandlung bei Krankheit undSterben (Euthanasie)Fakultative Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Unter anderen Belegen verweist ein Längsschnittzum Leib-Seele-Verständnis darauf,wie in der Tradition das aktuelle Verständnisvon Würde grundgelegt wird.Biblische Bezüge; Leib-Seele-ProblemFreiheitsdokumente in Geschichte, Literatur und KunstArbeitsmethoden der Schülerinnen und Schüler/Hinweise und Erläuterungen:Projekt: Widerstandskämpfer im NationalsozialismusHospiz-Besuch: Sterben in Würde?Haftbedingungen: Erkundung und PräsentationQuerverweise:Entwicklung der Demokratie: G9.1-2, Sk 9.2, Rka 9.2-3, Rev 9.2,D, E, F(1), GrA, LBerücksichtigung von Aufgabengebieten (§6 Abs. 4 HSchG):Rechtserziehung38


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach Ethik9.3 Religion III: Menschen- und Weltverständnis Std.: 14Begründung:Religiöse Vorstellungen und Deutungen wirken auf gesellschaftliche Wertvorstellungen ein.Verbindliche Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Religionen deuten die Wirklichkeit des Menschenals über ihn selbst hinausweisend.Religion sieht den Menschen bestimmt durchdie- Unendlichkeit seines Fragens- Unverfügbarkeit seines „Schicksals“- Suche nach sinnstiftender Selbst- undWeltdeutung(anthropologischer Ansatz).Religion markiert die Endlichkeit, Gebrochenheitund Kontingenz menschlichen Lebensund verweist auf eine Erlösungsbedürftigkeit,zu der Religionen Heilsantwortenerteilen(theologischer Ansatz).Religionen verkünden eine „Heilsbotschaft“und verknüpfen diesen Heilsweg mit Vorstellungenund Weisungen für Lebensformenund Entwürfe.Darin setzen Religionen ethische Postulate(Offenbarung).Religionen präsentieren ihre Inhaltlichkeit inRitus, Kult und Wort und greifen transrationalemenschliche Befindlichkeiten auf.Ursprung und Herkunft versus Ziel; Leben woraufhin?Das Numinose; vor dem Anfang und nach dem EndeEreignisse zwischen Zufall und Fügung, das Warum desLeids / GlücksIch als Frage; Welt als FrageWer bin ich; Was ist mir die Welt?Existentiale als Conditio humanaAngst, Einsamkeit, Leid versus Liebe, Freude, GlückDie Brechung in Schuld und TodHeilsvorstellungen; Sublimation; ProjektionOffenbarung und Heilshandeln Gottes in jüdischer undchristlicher Tradition / in der islamischen TraditionHeilswege und Weisungen: Dekalog, Bergpredigt / KoranKoran / Buddhismus (achtfacher Pfad)Religionen: Feste und Formen; Wurzeln in der Tradition;jüdischer, christlicher, muslimischer JahresfestkreisKulthandeln, Gottesdienste, SakramenteFakultative Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Das Beispiel der christlichen Erbsündenlehreoder des buddhistischen Ansatzes zur Leidbewältigungzeigen sowohl die Einsicht indie Kontingenz des Menschen als auch Antwortversuchezu deren Deutung und Bewältigung.Erbsünde und FreiheitSehnsucht nach Erlösung und Heil (Hoffnung)Werkgerechtigkeit versus GnadeGesetz und Freiheit (Paulus)Arbeitsmethoden der Schülerinnen und Schüler/Hinweise und Erläuterungen:Dokumentation: Grundstrukturen der Weltreligionen im VergleichPodiumsdiskussion: Religionen im Gespräch über Fragen der Gegenwart / im Gespräch mit NichtreligiösenQuerverweise:Symbole: Rka 9.1+3, Rev 9.1-4, Ku9.1, D, L, GrABerücksichtigung von Aufgabengebieten (§6 Abs. 4 HSchG):Kulturelle Praxis39


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach Ethik9.4 Wahrheit und Erkenntnis – Wahrhaftigkeit und Lüge III:LösungsmodelleStd.: 12Begründung:Erkenntnisstreben und Wahrhaftigkeit sind Anspruch an und Bedingung für erfolgreiche individuelle wieauch gesellschaftliche Problemlösungsprozesse.Verbindliche Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Die Wahrheitsfrage stellt sich im gesamtgesellschaftlichenBezug bei allen Entscheidungsverfahrenzu Sachverhaltsdaten undgenerell bei der Frage nach der Möglichkeitgültiger und verbindlicher Aussagen undSetzungen.Zugleich weisen die Verfahren der Wahrheitsfindungim wissenschaftlichen Forschen,in juristischen Urteilen und in derSelbstverständigung von Ich und GesellschaftGrenzen auf, die um der Vermeidungvorschneller Wahrheitsansprüche willen stetigbewusst gemacht werden müssen.Gleichwohl bedarf der Einzelne wie auch dieGesellschaft gültiger Setzungen (Normen),die ihrerseits nur von konsequenter Wahrheitsorientierungher legitimiert werden können.Wahrheitsfindung in der Rechtsprechung- die Wahrheitsverpflichtung bei Aussagen- die Eidesformel- das Vertragsvertrauen- bzw. der Vertrauensschutz- die Formeln: - auf Treu und Glauben- nach bestem Wissen und GewissenIrrtum und FehlbarkeitWissenschaftliche Erkenntnisse zwischen Verifikationund FalsifikationDie begrenzte GültigkeitDie Grenze prozessrelevanter Aussagen vor GerichtWahrheit zwischen Relativismus und verantworteter PluralitätWahrhaftigkeit und Wahrheit als DiskursvoraussetzungWahrheit und Wahrhaftigkeit erzeugen Glaubwürdigkeit.Gemeinschaften sind auf persönliche Glaubwürdigkeitangewiesen.Fakultative Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Auf der subjektiven Ebene entspricht dieWahrhaftigkeit als individuelles, persönlichesVerhalten solch konsequenter Wahrheitsorientierung,ohne die keine persönlicheGlaubwürdigkeit und damit keine dauerhafteAkzeptanz der eigenen Person in Gemeinschaftsbezügenmöglich ist.Verlässlichkeit des HandelnsStetigkeit gesellschaftlicher ProzesseHypothesen und FunktionalitätDie „Sauberkeit der Methode“Arbeitsmethoden der Schülerinnen und Schüler/Hinweise und Erläuterungen:Umfrage: Zum Nutzen der LügeZeitungsanalyse: Lügen und PolitikProjekt: Können Tiere lügen?Querverweise:Berücksichtigung von Aufgabengebieten (§6 Abs. 4 HSchG):Rechtserziehung40


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach Ethik1.6 Die Jahrgangsstufe 1010.1 Gewissen und Identität III:Ethische Identität und VerantwortungStd.: 13Begründung:Gewissen als ethische Identität fordert verbindliches und verantwortetes Leben im Gemeinschaftsbezug.Verbindliche Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Unter dem Anspruch des Gewissens realisiertsich die „ethische“ Identität. Die Erfahrungund das Wissen um die eigene Identitäterschließt sich dem Selbst und der Mitweltim Handeln, schließlich im gesamten Lebensvollzug.Das Gewissen zeigt sich dabei als Anspruchund Antwort. Gewissen wird als innerer Dialogerfahren. Der Gewissensdiskurs beanspruchtVerbindlichkeit.Gewissensbildung als Schulung des Gewissensist nicht statisch, sondern prozessual.Das Gewissen weiß um die Möglichkeit desIrrtums.Vor dem Gewisse erschließt sich der Handlungsraumdes Ich als Verantwortungsraum.Gewissen und EntscheidungSituation - Tun - LassenHandeln - UnterlassenKonflikt / Norm / WertDilemma (Sokrates / Kant / Kohlberg)Gewaltausübung – Gewaltmonopol – WiderstandGewissen als letzte Entscheidungsinstanz / Irrtum /SchuldDeutungen des Gewissens (theologisch / anthropologisch/ soziologisch)Fakultative Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Gewissensbildung und ethische Urteilsbildungsollen gemäß der gesamten Persönlichkeitsentwicklungentfaltet werden.Modelle verdeutlichen diesen Entwicklungsprozess.Stufen der GewissensbildungKohlbergs Stufenschema der moralischen EntwicklungArbeitsmethoden der Schülerinnen und Schüler/Hinweise und Erläuterungen:Clustering / Mindmapping: GewissenTextarbeit: Analyse philosophischer und wissenschaftlicher Deutungen des „Gewissens“Argumentationsanalyse: Formen der Begründung/ Letztbegründung der „Stimme des Gewissens“Die Rolle des anderen übernehmen und präsentieren: Erörterung von Gewissenskonflikten und NormenkollisionenEntscheidungstrainingEinbeziehung von Ansprechpartnern aus dem Bereich Bundeswehr – ZivildienstQuerverweise:Vom Recht auf Krieg zur Pflichtzum Frieden: L(2), G 10.1-5, Sk10.2Gewissen: Rka 10.1, Rev 10.3, G10.3. D, GrABerücksichtigung von Aufgabengebieten (§6 Abs. 4 HSchG):FriedenserziehungÖkologische Bildung und Umwelterziehung41


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach Ethik10.2 Liebe III: Ehe/Partnerschaft als Lebens- und Rechtsform in Gesellschaftund StaatStd.: 13Begründung:Ehe ist in unserem Kulturkreis die vorrangige Rechtsform zur Ausgestaltung von Partnerschaft und Liebe.Sie wird durch das Grundgesetz in besonderer Weise geschützt.Verbindliche Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Das Eheideal ist auf gleichberechtigte Partnerschaft,dauerhafte Bindung und Familiengründungangelegt.Durch die Eheschließung vor Zeugen erhältdie besondere ethische Situation der gegenseitigenLiebe (Anerkennung, Achtung, Zuneigung)einen Rechtsstatus.Durch das Grundgesetz wird die Ehe als eingeschlossener, eigenständiger und selbstverantwortlicherLebensbereich garantiert,durch den eine zwischen den Ehepartnernbzw. den Familienmitgliedern zugänglicheIntimsphäre geschützt wird.Auch die Klärung von Besitz- und Eigentumsverhältnissenist ein wesentliches Motivzur Institutionalisierung der Ehe.Ehe als staatliche Institution ist auflösbar,gleichwohl vertraglich auf Lebenszeit angelegt.Eheauflösung wird oft als belastendes Konfliktfelderfahren.VertragsdimensionEhevertragsformen in der GeschichteMonogamieverpflichtung im westlichen Kulturraum versuspolygame Strukturen in anderen KulturkreisenRechtsform der Besitzklärung in Ehe bzw. eheähnlichenLebensbeziehungen (Gütertrennung / gemeinsamer Zugewinn/ Scheidungsauseinandersetzungen etc.)Der Rechtsstatus nichtehelicher und gleichgeschlechtlicherPartnerschaftenPartnerschaft / Liebe / Gleichberechtigung statt Unterordnungsind relativ neue Ansprüche an die Ehe. In früherenEpochen galten andere Gewichtungen.Ferner entwickelt sich eine Ethik nichtehelicher undgleichgeschlechtlicher Partnerschaften.Scheidung / Scheidungsfolgen / gemeinsamer Erziehungsauftrag/ „Wohin gehen die Kinder?“Ethik der TrennungFakultative Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Über die gesellschaftlichen institutionellenBindungsformen Ehe / Partnerschaft / Familiehinaus erschließt Liebe Sinndeutungeneigener Existenz gegen die Erfahrung vonLeid, Kontingenz und Tod.Liebe in alltäglichen Wirklichkeitserfahrungen (Fromm);Liebe zwischen Sehnsucht und ErfüllungLiebe als Solidarität mit dem Leid anderer, als Sublimationeigener LeiderfahrungLiebe und Hoffnung stehen gegen Vereinsamung undVerlassenheitLieblosigkeit gegen LeblosigkeitVerlebendigung gegen AbsterbenLiebe als handlungsleitendes Prinzip; Nächstenliebegebotdes NT; Ama et fac quod vis; Augustinus42


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach EthikArbeitsmethoden der Schülerinnen und Schüler/Hinweise und Erläuterungen:Rundgespräch / Standbild / Szenische Interpretation / Analyse, Entwurf von Biographien: Ehe und Familie,Partnerschaft, als Single lebenProjekt (Internetrecherche / Podiumsdiskussion): Rechtsformen und persönliche Bindung (Ehe und Familie,nichteheliche und gleichgeschlechtliche Partnerschaften)Kreatives Schreiben: Umgang mit TrennungenQuerverweise:Ehe, Partnerschaft, Familie: D,Rka 10.2, Rev 10.4Berücksichtigung von Aufgabengebieten (§6 Abs. 4 HSchG):SexualerziehungErziehung zur GleichberechtigungRechtserziehung43


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach Ethik10.3 Recht und Gerechtigkeit III:Persönliches Glück und GemeinwohlStd.: 13Begründung:Recht soll formend und regulierend Gerechtigkeit als Anspruch des menschlichen Miteinander realisieren.Es vermittelt den Individualanspruch mit der Verpflichtung auf Gemeinschaft.Verbindliche Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Gerechtigkeit vermittelt den Freiheitsanspruchmit dem Gleichheitsanspruch, die Individualentfaltungmit der Verpflichtung aufGemeinschaft.Die formale regulative Vermittlung leistet dasRecht.Das Recht auf persönliche Selbstentfaltungist durch den Gesellschaftsvertrag hinreichendzu gewährleisten.Dies gilt in der Gewährleistung der Freiheitder Privatsphäre, in der Gewährleistung dergrundsätzlichen Lebensbedürfnisse, in dergesellschaftlichen Organisation von Eigentumund Arbeit.Gerechtigkeit und RechtfertigungPursuit of happiness versus volonté généraleIndividualität und Recht, den anderen „gerecht werden“Gerechtigkeit als Vermittlung vielfältiger AnsprücheEigentum, gerechte Güterverteilung und PrivatheitDie Sozialbindung des Eigentums im GrundgesetzGerechtigkeit und VerantwortungGerechtigkeit und ArbeitsweltSozialer / freiheitlicher Rechtsstaat(Hobbes, Locke, Rousseau, Kant, Rawls)Fakultative Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Zum Problem der Vermittlung von Recht undGerechtigkeit wurden unterschiedliche Modelleentwickelt, die den Diskurs zu dieserFrage im Rahmen der europäischen Gesellschaftenentscheidend bestimmen.Sozialorientierung und deren GrenzenArbeit und Würde:- Katholische Soziallehre- Evangelische Ethik- Sozialistisches MenschenbildArbeitsmethoden der Schülerinnen und Schüler/Hinweise und Erläuterungen:Fallanalysen (Eigeninteresse und Gemeinwohl)Projekt: ArmutAnalyse theoretischer / philosophischer Texte (Gerechtigkeitskriterien)Querverweise:Individuum und Gesellschaft: Sk10.1, D, E, F, Spa, L, GrABerücksichtigung von Aufgabengebieten (§6 Abs. 4 HSchG):Rechtserziehung44


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach Ethik10.4 Menschenbilder III: Der Mensch als soziales Wesen Std.: 14Begründung:Jede ethische Urteilsbildung reflektiert ein anthropologisches Grundverständnis. Gesetze und Normensind auf das ihnen zugrundeliegende Menschenbild zu hinterfragen.Verbindliche Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Im Selbstverständigungsprozess der Gesellschaft,in der Gesetz- und Normenbildungkonkurrieren unterschiedliche Menschenbilder.Klassische „anthropologische Modelle“ ü-berlappen einander im realen gesellschaftlichenDiskurs.Exemplarische Grundverständnisse:Menschenbilder aus philosophischen Perspektivender letzten beiden Jahrhunderte, z.B.- szientistisch-biologistische Menschenbilder(Darwinismus, Behaviourismus, heute insbesondereTendenzen in der Humangenenetik) -(Skinner, Huxley)Problemüberhang: Natur als Garant des Entwicklungsprozesses?- Menschenbilder, welche die undurchschaubareTriebnatur des Menschen herausstellen;Problemüberhang: Bändigung der Triebnatur?(Schopenhauer, Nietzsche, Freud)- Menschenbilder in existentialphilosophischpersonalistischerPerspektive(Spannung zwischen „Geworfenheit” undverantwortetem „Entwurf”) -(Kierkegaard, Jaspers, Sartre)- Menschenbilder der Anthropologie betonen die Sonderstellungdes Menschen in der Natur:offenes biologisches Mängelwesen zwischen denEinflüssen von Umwelt und Gesellschaft(Scheler, Plessner, Gehlen)- Menschenbilder der Kulturphilosophen -Mensch als symbolbildendes WesenGeschöpf und Schöpfer der Kultur (Jonas)Zugleich setzt das Grundgesetz der BeliebigkeitGrenzen, indem unhintergehbareGrundwerte festgelegt werden, die aus derTradition des Christentums, des Humanismusund der Aufklärung erwachsen.Gesetz- und Normenbildung orientieren sichdaran.Mit Bezug darauf werden Bildungs- und Erziehungsleitbilderformuliert, die als nachhaltigpersönlichkeitsprägend intendiert sind.Menschenbilder aus gesellschaftlich-kulturellen Perspektivender letzten beiden Jahrhunderte- romantisch-ästhetizistisches Menschenbild- kollektivistisches MenschenbildMenschenbild des Marxismus (Arbeit als nicht mehr naturwüchsigeForm gesellschaftlicher Auseinandersetzungmit der Natur)Menschenbild des NationalsozialismusMenschenbilder, die Eingang gefunden haben in dasGrundgesetz:- christliches Menschenbild- Menschenbild der AufklärungToleranzpostulat, Achtung der menschliche Würde, persönlichesSelbstentfaltungsrecht, verantworteter Autonomieanspruch45


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach EthikArbeitsmethoden der Schülerinnen und Schüler/Hinweise und Erläuterungen:Textarbeit: Analyse philosophischer und literarischer TexteProjekt / Zukunftswerkstatt / Debatte / Internetrecherche / Rede in der Rolle des Anderen (Fragen derBioethik)Querverweise:Berücksichtigung von Aufgabengebieten (§6 Abs. 4 HSchG):Kulturelle PraxisFriedenserziehungRechtserziehung46


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach Ethik10.5Fakultativ: Was ist Ethik?- Eine Reflexion auf den Durchgang 5 bis 10- Eine Reflexion auf den Durchgang 11 bis 13Begründung:Die sachliche und methodische Erstreckung ethischer Reflexion beschreibt und definiert Ethik als Wissenschaft.Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Ethik als philosophische Disziplin will, ausgehendvon dem Postulat eines sinnvollen Lebensvollzugs,Lebensweisen und Institutionenund die sie bestimmenden Werte undNormen kritisch befragen und beurteilen.Ethik umfasst als praktische Philosophienicht nur die persönliche Seite rechtlichenHandelns (Moralphilosophie), sondern auchderen soziale und politische Dimension(Sozial-, Rechts- und Staatsphilosophie).Ethik erschließt Kriterien der Beurteilung geltenderPraxis und erfüllt insofern auch einekritische Funktion, deren Erfüllung ethischeUrteilsfähigkeit verlangt. Den Maßstab ethischenUrteilens bildet die verantwortlicheGestaltung von Wertbindung und Handeln.Erfassen und Beschreiben von Lebensweisen und -formenErfassen verschiedener Normen und normengebenderInstitutionen (Staat / Kirchen / Vereinigungen u.a.m.)Normen – Konventionen – Gewissen und deren VerhältniszueinanderWandel der SittenWas erfasst ist, wird in rationalem Argumentationszusammenhangstrukturiert, in Erstreckungen und Wirkungenreflektiert und bezüglich der Genese und Folgen a-nalysiert.Rationale Argumentation wird gewichtet und führt zu Urteilen.Urteile konnotieren mit Zielen.Ziele hierarchisieren die Argumentation.Vorausblick auf ethische Modelle47


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach Ethik2 Übergangsprofil von der Jahrgangsstufe 10 in die gymnasiale OberstufeVoraussetzung und Grundlage für eine erfolgreiche Mitarbeit im Fach Ethik in der gymnasialen Oberstufesind die nachfolgenden in der Sekundarstufe I erworbenen Qualifikationen und Kenntnisse.Freiheit• Handlungsspielräume und ihreGrenzen• Interessen und KonflikteWürde des Menschen• Vernunftfähigkeit des Menschenund Autonomie• Rechtsfähigkeit der Person• MenschenrechteReligion• Hochreligionen• Riten und religiöse Lebenspraxis• Normbegründung in den ReligionenWahrheit und Erkenntnis / Wahrhaftigkeitund Lüge• Wahrheit und Vermutung• Subjektivität und Wertgebundenheit• Wahrheitsorientierung undWahrhaftigkeit• um natürliche Grenzen menschlicher Handlungsspielräumewissen• Interessengegensätze und Konflikte als Ausdruck des Zusammenlebensin Freiheit verstehen und erläutern können• gesellschaftliche und institutionelle Rahmenbedingungen vonFreiheit darlegen können• den Verantwortungsbezug der eigenen Freiheit im Verhältniszu anderen argumentativ untermauern können• Selbstbestimmung und Vernunftfähigkeit (Personale Identität)als Grundlage menschlicher Würde aufzeigen können• die Bedeutung der Unteilbarkeit der Menschenwürde entwickelnkönnen• die Anerkennung als Person als Anspruch auf individuelle,staatlich zugestandene und staatlich geschützte Rechte begründenkönnen• den Zusammenhang von Rechten und Pflichten erörtern können• Entstehung und Geltungsanspruch der Menschenrechte alsethische Grundlage menschlichen Zusammenlebens darlegenkönnen• Exemplarische Ausdrucksformen des religiösen Bereichskennen (Gebet, Ritus, Kult u. a.) und deren Symbolgehaltdarstellen können• wissen (und aufzeigen können), dass diese AusdrucksformenJahreskreise, Lebensstufen und kollektive geschichtliche Erfahrungenaufgreifen, und dies an Beispielen aus mindestenszwei verschiedenen Hochreligionen belegen können• an exemplarischen Beispielen Antwortentwürfe verschiedenerReligionen auf existentielle Grunderfahrungen- und Bedürfnisseder Menschen darstellen können (Leid u.a.)• den Deutungsanspruch verschiedener Religionen für die jeweiligeLebenswelt verstehen• erläutern, wie Religionen Lebenswelt und Lebensform prägen,indem sie Normen und Wertvorstellungen setzen• methodische Überprüfung als Voraussetzung für die Annäherungan Wahrheit verstehen• Wissen um Täuschungen und Irrtumsmöglichkeiten desmenschlichen Verstandes darlegen können• Subjektivität und Wertgebundenheit von Erklärungen undDeutungen als Chance und als Grenze der Wahrheitssuchedarlegen können• Merkmale und Konsequenzen der Verabsolutierung vonWahrheiten und der Immunisierung gegen Wahrheiten aufzeigenkönnen• Wahrhaftigkeit als unabdingbare Voraussetzung für den persönlichenUmgang, für das gesellschaftliche Zusammenlebenund für die Wahrheitsorientierung freiheitlicher Ordnungendarlegen können48


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach EthikGewissen und Identität• Eigenverantwortung• Verantwortung für Mitwelt undUmwelt• Gewissensbildung und PersönlichkeitsentfaltungLiebe• Achtung und Zuwendung• Intimität und Verrechtlichung• die Herausbildung eines eigenverantwortlichen Gewissensals Kern ethischer Identität darlegen können, die sich in derVerantwortung für Umwelt und Mitwelt sieht• die Bedeutung des Gewissens als Berufungsinstanz für Entscheidungendarlegen und seine Rolle für die Identitätsbildungder gesamten Person bestimmen können• den Zusammenhang von vorgegebenen Gewissensprägungenund personalen Gewissensüberzeugungen an Beispielenerläutern können• Handlungsräume von Verantwortung aufzeigen können undan Beispielen von Dilemmata und Konflikten Bedeutung undGeltungsanspruch von Gewissensentscheidungen darlegenkönnen• Liebe als eine den ganzen Menschen erfassende Wirklichkeiterkennen, die sich in altersgemäßen Stufungen entfaltet• Formen integrer wechselseitiger Zuwendung von rein selbstorientiertenVerhaltensmustern unterscheiden können• den gesellschaftlichen Bezug von Partnerschaften darstellenkönnen• die staatlichen und rechtlichen Regelungen von Partnerschaftund Liebe darstellen und im Begründungszusammenhang erörternkönnenRecht und Gerechtigkeit• Kodifiziertes Recht und sozialerFriede• Abwehrrechte und Freiheitsspielräume• Rechte und Pflichten• das kodifizierte Recht als Mittel darstellen können, die Interessenkonfliktezwischen einzelnen Individuen sowie zwischenIndividuum und Staat zu regeln• die im Rechtsstaat dem Staat gegenüber bestehenden Abwehrrechteund die dem Einzelnen abverlangten Einschränkungenals Sicherung des individuellen Freiheitsspielraumsbegründen können• Gerechtigkeitskonflikte als Probleme angemessener Zuweisungvon Rechten und Pflichten auf dem Hintergrund gewachsenerund veränderbarer Maßstäbe und Kriterien analysierenkönnen• an Beispielen die mögliche Diskrepanz von kodifiziertemRecht und Gerechtigkeit, von Legalität und Legitimität diskutierenkönnenMenschenbilder• Mensch und Umwelt• Menschenbild und ethische Normen• die Fähigkeit zur Erforschung und Gestaltung von Umweltund Mitwelt sowie die Fähigkeit zur ethischen Reflexion alsspezifisch menschliche Eigenschaften darlegen können• den Zusammenhang von Menschenbild und Ethik aufzeigenkönnen• Chancen und Risiken menschlicher Fähigkeiten gegenüberUmwelt und Nachwelt in ihrer ethischen Dimension sehenund erörtern können49


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach EthikDer Unterricht in der Sekundarstufe II3 Die verbindlichen und fakultativen Unterrichtsinhalte der Jahrgangsstufen 11 bis 133.1 Jahrgangsstufe 113.1.1 11.111.1 GlückEudaimonistische Begründungen verantwortlichen HandelnsStd.: 23Begründung:Dieser in die Oberstufenarbeit einführende Kurs thematisiert Voraussetzungen, Bedingungen und Inhaltegelingenden Lebens sowie die Probleme eigener Lebensentwürfe und deren Bezüge zur gesellschaftlichenSituation. Damit weisen seine Unterrichtsgegenstände zum einen eine inhaltliche Nähe zurbiografischen Situation der Schülerinnen und Schüler am Beginn einer neuen Ausbildungsphase auf;zum anderen setzt die Frage nach dem Glück bei einer der grundlegenden Positionen antiker Philosophiean, der Auffassung nämlich, die Vollkommenheit menschlichen Lebens verwirkliche und konkretisieresich in der sittlichen Gemeinschaft (der Polis).Die antike und frühchristliche Moralphilosophie erörterte die Möglichkeit, ein höchstes Gut inhaltlich zubestimmen: als Glückseligkeit, Freiheit, gelingendes oder gottgefälliges Leben. Ein geglückter Lebensvollzugverwirklichte sich aus dieser Perspektive im sittlich gestalteten Gemeinwesen. Seit der Aufklärungund den bürgerlichen Revolutionen können moderne Gesellschaften dagegen auf Zustimmungund Bestand nur dann rechnen, wenn auch Individuen mit unterschiedlichen Konzeptionen des Gutenderen Prinzipien ihre Zustimmung nicht versagen können. Der klassische Leitgedanke, nach dem derEntwurf des „guten Lebens“ identisch sei mit der politischen Praxis des sittlich gerechtfertigten Gemeinwesens,hat einer Vorstellung Platz gemacht, in der die Tugend eines politischen Systems geradedarin liegt, dass es seine Mitglieder mit gleichen Rechten auf Freiheiten und soziale Grundgüter ausstattet,die den Entwurf je verschiedener eigener Lebensziele erst ermöglichen (Rechts- und Sozialstaatsgedanke).Die Idee, individuelles Glück und gute gesellschaftliche Praxis miteinander zu vermitteln, wirkt jedochweiter in den großen utopischen Ordnungsentwürfen. Sie entfalten das Spannungsverhältnis zwischenden Zielen der Freiheit und der Gleichheit, das eines der entscheidenden Probleme bei der ethischenBewertung gesellschaftlicher Wirklichkeit darstellt.Wenn sittliches Gemeinwesen und individueller Lebensentwurf nicht mehr in eins gesetzt werden, entstehterst der Freiraum, der es dem Individuum ermöglicht, „nach seiner Façon selig zu werden“. In dermodernen Gesellschaft wird der riskante Entwurf der eigenen Biografie zur Aufgabe jedes Einzelnen;die Frage nach dem Sinn der eigenen Existenz ist verwoben mit den privat gesetzten Präferenzen. DerSozialstaatsgedanke federt das ökonomische Risiko der Freiheit dadurch ab, dass er durch die garantierteBereitstellung der notwendigsten Güter die unabdingbaren äußeren Voraussetzungen für ein gelingendesLeben sichergestellt sehen will.Nicht mehr bevormundet und in der persönlichen Würde beeinträchtigt zu werden, ist Ziel und wesentlicheBedingung des Rechtsstaates, der seinerseits den Rahmen setzt und die Grenzen angibt, innerhalbderer die Entfaltung der eigenen Persönlichkeit ohne die Verletzung der Freiheitsrechte und der sozialenRechte anderer zulässig ist. Die konkrete Bestimmung dieses Rahmens wiederum ist ein (veränderliches)Ergebnis politischer Konsensfindung. Die Menschenrechtserklärung der Vereinten Nationen von1948 markiert einen nicht mehr zu unterschreitenden programmatischen Standard, der für die BundesrepublikDeutschland Verfassungsrang besitzt.Die Anerkennung des individuellen Rechts, auf unterschiedlichen Wegen und unter Nutzung unterschiedlicherMöglichkeiten Glück anzustreben, ist abzugrenzen von der Propagierung oder gar der 'Garantierung'von Wegen zum Glück. Denn diesseitige Glücks- und Paradiesversprechen enthalten sowohlVerheißung als auch Gefahr. Im Falle der Abhängigkeit von Drogen, die Momente des Glücks versprechen,kann die Gefahr tödlich werden. Im politischen Bereich sind es die totalitären Ideologien, diean die Stelle der individuellen Wahlfreiheit in der Gestaltung des individuellen Lebensentwurfes die Ausrichtungder gesellschaftlichen Ordnung auf das Ziel eines politisch erzwungenen Glückszustandes setzenwollen.50


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach EthikIm Zusammenhang mit den Glücksethiken bietet es sich an, die Schülerinnen und Schüler mit dem Utilitarismusals einer bis in die Gegenwart wirkungsmächtigen konsequenzialistischen Moralbegründungvertraut zu machen und damit die vor allem in 12.2 vorgesehene Konfrontation mit der deontologischenMoralbegründung vorzubereiten: Die Bestimmung des „größtmöglichen Glückes der größten Zahl“ zumKriterium moralischen Handelns im utilitaristischen Ansatz setzt (wie schon der antike Hedonismus) aufnicht weiter hinterfragbare, an die Erfahrung von Lust bzw. Unlust geknüpfte Motivationen menschlichenHandelns. Die Kantsche Position dagegen fasst die „Glückseligkeit“ als unbestimmten Begriff, derzur Bestimmung moralisch gebotenen Handelns nichts beitragen kann, und behauptet die Motivierbarkeitmenschlichen Handelns aus reiner Pflicht, einzig des vernünftig Gebotenen wegen.Verbindliche Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Vorgefundene und eigene Lebensentwürfe:• eigene und fremde Vorstellungen vomgelingenden Leben• kulturelle und natürliche Bedingungendes Glücks• Der Markt der Sinn- und Verwirklichungsangebote;Privatisierung und Vermarktung der Glückserwartungen;geglückte Lebensentwürfe (Platon z.B. Gorgias)• Glücksversprechen auf der Grundlage wachsendermaterieller, technischer und biologischer Möglichkeiten• Alternative Lebensentwürfe: bewusster Verzicht; Lebenim Einklang mit der Natur• Vergnügen: jenseits von Gut und Böse?• Narzissmus; Vorbilder, Fans und ihre Idole• Sozialbezug des eigenen Lebens• Hingabe; Ataraxie (Gelassenheit, Unerschütterlichkeit;Epikur); AutarkieTriebkräfte menschlichen Handelns • Streben nach Liebe, Erfolg, Reichtum, Besitz, Macht,Anerkennung, Sicherheit, Gesundheit, Ruhe• Lust-/Unlustmotivation (Vermeidung von Unlust,Schmerzen, Ärger und Leid; Streben nach Lustgewinn,Erlebnis und Abwechslung, Spaß)• Selbstverwirklichung• AltruismusGlücksethiken • Eudaimonia (Aristoteles); Hedonismus; Ethik derStoa• Utilitarismus; behavioristische, psychotherapeutischeund ökonomische GlückstheorienEinsprüche gegen das Glück:• Reichweite der Lust-/Unlustmotivation• Glückswürdigkeit vs. Glück• Kontingenz der äußeren Existenz• Unzufriedenheit als Herausforderung• Pflicht contra Genuss• Glückseligkeit als unbestimmter Begriff• Umgang mit Unglück, Leid, Tod, SchicksalsschlägenFakultative Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Glücksversuchungen:• Glück und Rausch• Eskapismus• Sucht, Drogen; Euphorie• Vergessen, Aufgehen in der Gruppe• Glück in der MasseArbeitsmethoden der Schülerinnen und Schüler/Hinweise und Erläuterungen:Herstellen von Collagen aus WerbebotschaftenProjekt „Glück“: Interviewtechnik (Sammeln von Ideen zum „guten Leben“); Videoherstellung (Szenenzu Glücksvorstellungen); Präsentation der gesammelten ErgebnisseTextanalyse; Recherche zu Beispielen „geglückter Lebensentwürfe“51


Bildungsgang GymnasiumQuerverweise:Identitätsfindung: D, E, F, Spa,Rus, Ita, L, Ku, Mu, G, PoWi, Rka,Rev, PhilLebensentwürfe: D, Rus, L, GrA,PoWi, Rka, Phil, Rev, EAbraham: Rka, RevGlaube: Rka, Rev, Phil, LHeilige Schrift(en): Rka, Rev, Phil,GrAGesunde Lebensführung: Spo,PoWiUnterrichtsfach EthikBerücksichtigung von Aufgabengebieten (§6 Abs. 4 HSchG):Kulturelle PraxisGesundheitserziehungFriedenserziehung52


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach Ethik3.1.2 11.211.2 Religiöse Sinngebung des LebensBegründungen verantwortlichen Handelns in den ReligionenStd.: 23Begründung:Das Thema „Religiöse Sinngebung des Lebens“ schlägt einen Bogen von den grundsätzlichen Möglichkeitenreligiösen Glaubens im menschlichen Leben bis hin zur kritischen Reflexion über Anspruch undWirklichkeit dieses Glaubens in seinen verschiedenen Ausprägungen.Die Behandlung religiöser und weltanschaulicher Begründungen verantwortlichen Handelns beleuchtetReligion und Religiosität und deren Konsequenzen für die Bildung und Begründung ethischer Handlungsnormenaus verschiedenen Perspektiven.Zunächst wird Religiosität unter religionsphilosophischen Gesichtspunkten als ein ihrem Selbstverständnisnach primär praktisches menschliches Welt- und Selbstverständnis mit eigenem WahrheitsundGeltungsanspruch thematisiert. Gemäß ihrem Selbstverständnis ist es die besondere Leistung religiöserVernunft, angesichts der radikalen Endlichkeit (Kontingenzbewusstsein) die Unverfügbarkeit derSinnbedingungen menschlicher Existenz anzuerkennen und in gelebter kommunikativer Praxis bewusstzu halten (Kontingenzbewältigung) (Rentsch, Wuchterl). Religion ist die sprachliche und soziale Ausdrucksformdieser Religiosität .Für die Unterrichtspraxis kann es nötig sein, insbesondere wenn Schülerinnen oder Schüler in der Mittelstufenicht am Ethik- oder Religionsunterricht teilgenommen haben, zunächst ausgewählte Beispieleaus denjenigen Religionen darzustellen, die die europäische Geschichte entscheidend geprägt haben.Insofern liegt zunächst der Schwerpunkt in der Vermittlung eines Überblickes über das Christentum inseinen verschiedenen konfessionellen Ausprägungen sowie über das Judentum und den Islam.Diese drei Religionen sollen in Grundgedanken und in repräsentativen Ausschnitten ihrer heiligenSchriften und Riten vermittelt werden.Historisch wirksame prägende Züge in Gemeinsamkeit und Verschiedenheit sind etwa:- Der gegenüber dem Polytheismus sowie Verabsolutierungen und Verdinglichungen gleichermaßenkritische Monotheismus und seine auf die Lebenspraxis bezogene religiöse Bildersprache- Die geschichtlich ergangene Offenbarung – Verständnis universeller geschichtlicher Entwicklunggegenüber zyklischem Natur- und Weltverständnis- Die religiöse Gemeinschaft als Horizont realer kommunikativer PraxisDie in Europa geschichtlich wirksamen Religionen haben in je verschiedener Intensität in ihrer Selbstreflexion(wissenschaftlich als “Theologie”) auch maßgebliche Beiträge zu praxisrelevanter immanenterSelbstkritik und -reform geliefert.Religionskritik bestreitet, dass Religion praktisches menschliches Welt- und Selbstverständnis mit einemgenuinen Wahrheits- und Geltungsanspruch ist und dass es somit spezifische Leistungen religiöserVernunft gibt. Sie stellt Mechanismen heraus, wie Religion und wie Religionen in der Gesellschaftfür Zwecke und Interessen bestimmter Gruppen eingesetzt werden, und identifiziert Religion mit diesenVerwendungsweisen, insbesondere mit denjenigen psychischen, sozialen und gedanklichen Mechanismen,in denen Religion ideologisch und herrschaftssichernd verwendet wird. Szientistische Positionenbestreiten den Sinn von Religion überhaupt, da sie sich an wissenschaftlichen Kriterien nicht messenlasse.Ein Ethikunterricht, der sich am Maßstab der Toleranz messen lassen will, muss die Schülerinnen undSchüler auf die historische und sachliche Bedeutung der Einsicht aufmerksam machen, dass Religionim modernen Verfassungsstaat einer pluralistischen Demokratie der Glaubens- und Gewissensfreiheitdes Einzelnen überantwortet ist.Er muss das Rechtsverhältnis zwischen Staat und religiösen Gemeinschaften in der pluralistischen Gesellschaftebenso thematisieren wie die unterschiedlichen politisch-sozialen Realisierungsformen einerReligion in konkreten und auch miteinander konkurrierenden religiösen Gemeinschaften (Konfessionen)und die damit von vornherein gegeben Vielfalt in den Religionen selbst.53


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach EthikVerbindliche Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Religiosität ihrem Selbstverständnis nachprimär praktisches menschliches Welt- undSelbstverständnisMonotheismusReligiöse Biographien in ausgewählten Beispielen zurErhellung und Thematisierung sinnkonstitutiver UnverfügbarkeitStärkung der freien Verantwortung des Einzelnen und derGemeinschaft durch Entgöttlichung und Entmythologisierungder Natur• Metaphorische Sprache• Bilderverbot• Religiöse Bildreden, insbesondere Schöpfung• Eschatologie• Heilig - profanDie religiöse Gemeinschaft • Judentum: auserwähltes Volk Gottes; talmudischeAuslegung der Tora („Wegweisung”)• Christentum: Gemeinde, Kirche; Zehn Gebote, Beispielevon christlichem Ethos, christliche Soziallehre;• Islam: umma; 5 Säulen, Scharia als „Wegweisung”aus der traditionellen Rechtsprechung und Jihad als„unbedingte Anstrengung” für ein glaubensgemäßesLebenEthische Themen aus der Sicht der Religionen• Menschenwürde (Humanisierung des Menschen),Menschenrechte;• Norm, Sittlichkeit, Recht (Naturrecht);• Ethische Güter: Leben, Freiheit, Eigentum• Tugenden: Verantwortung, Gerechtigkeit, Liebe;• Staat, Gesellschaft, Religion, säkulares Recht• Gewissen; Schuld und VergebungReligionskritik• klassische politische Religionskritik• moderne Religionskritik(insbes. psychologisch oder strukturalistisch)• szientistische Religionskritik• z.B. Antike und neuzeitliche Aufklärer (Marx)• wie z.B. Feuerbach, Freud, Nietzsche, Sartre oderstrukturalistisch-funktionalistische (Luhmann) unddekonstruktivistische Ansätze• evolutionäre ErkenntnistheorieFakultative Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Östliche Religionen und Weisheitslehren • HinduismusDie VedenDie Welt als Maya (Schein), der Dharma (tragerndeOrdnung) und das SamsaraDie Gottheiten• Buddhismus- Leben und Legende des Siddharta Gautama- Die vier „edlen Wahrheiten“ - der „achtfachePfad“- Die drei „Fahrzeuge“ (Hinayana, Mahayana,Tantrayana)54


Bildungsgang GymnasiumReligiöses Leben (Glauben) – Naturwissenschaft(Faktenwissen)-Philosophie/Ethik (Orientierungswissen)Unterrichtsfach Ethik• Das Spannungsfeld zwischen ethischen Begründungszusammenhängenaus religiös begründeten,naturwissenschaftlichen und philosophischen Perspektiven– ausgewählte Beispiele der aktuellen Diskussion• Szientistische „Begründungen“ von Religion z.B. inder Kosmologie (Davies, Tipler), der Autopoiesis(Maturana, Varela) oder in der Synergetik (Capra,Prigogine)Fundamentalismus • Interpretationsweisen heiliger SchriftenArbeitsmethoden der Schülerinnen und Schüler/Hinweise und Erläuterungen:Besuche religiöser Einrichtungen (Gottesdiensthäuser, Gemeindezentren, Zentren für Jugendliche, sozialeEinrichtungen) zu Informationen und Gespräch sind als Unterrichtsgänge in den Unterricht einzubeziehen.Querverweise:Berücksichtigung von Aufgabengebieten (§6 Abs. 4 HSchG):Identitätsfindung: D, E, F, Spa,Rus, Ita, L, Ku, Mu, G, PoWi, Rka,Rev, PhilLebensentwürfe: D, Rus, L, GrA,PoWi, Rka, Phil, Rev, EAbraham: Rka, RevGlaube: Rka, Rev, Phil, LHeilige Schrift(en): Rka, Rev, Phil,GrAGesunde Lebensführung: Spo,PoWiKulturelle PraxisGesundheitserziehungFriedenserziehung55


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach Ethik3.2 Die Jahrgangsstufe 123.2.1 12.112.1 Menschenbilder in Philosophie und WissenschaftAnthropologische Voraussetzungen verantwortlichen HandelnsStd.: 36Begründung:Als Heranwachsende und junge Erwachsene nehmen heutige Schülerinnen und Schüler teil an den e-thischen Konflikten, die eine erfolgreiche wissenschaftlich geprägte Kultur mit sich bringt, eine Kultur, indie sie gerade mit der Oberstufe immer stärker hineinwachsen. Zugleich finden sie zu einer selbstbewussterenWahrnehmung ihrer selbst und ihres Verhältnisses zu anderen, ein Prozess, in dem sich ihrVerständnis als Individuen und als Personen, als Mitglieder von Gesellschaft und Staat sowie ihrSelbstverständnis als Menschen überhaupt entwickelt.Ziel des Ethikunterrichts ist es hier, die Schülerinnen und Schüler zu befähigen, Erscheinungsformenbesonders der modernen Humanwissenschaften in ihrer Bedeutung für ihr Selbstbild, ihr Menschenbildund für ihre ethischen Überzeugungen zu reflektieren und zu gewichten. Andererseits ist es Ziel des E-thikunterrichts in dieser Jahrgangsstufe, sie mit Aspekten des ethisch-philosophischen Nachdenkensüber den Menschen bekannt zu machen, die von den modernen Humanwissenschaften nicht erfasstwerden oder unmittelbar zu ihrer ethisch-philosophischen Reflexion beitragen können.Einen ersten Schwerpunkt der unterrichtlichen Auseinandersetzung bilden zunächst Fragen nach unterscheidendenMerkmalen des Menschen, wie sie explizit oder implizit die philosophische Tradition unddie philosophische Anthropologie thematisiert haben. Die Schülerinnen und Schüler machen sich hier inje verschiedener Gewichtung und in erörternder Absicht vertraut mit zentralen Merkmalen des Mensch-Seins. Hierzu gehören Vernunft als Erkenntnis- und Urteilsvermögen, Selbstbewusstsein und Selbstreflexion,die Fähigkeit zur kulturellen Selbstobjektivation, die Fähigkeit zur Schaffung überindividuellerGemeinschaften und Institutionen, die Dynamik von Wissenschaft und Technik als menschlichen Fähigkeiten,schließlich Freiheit, Selbstbestimmung als Basis personaler Identität und als Grundlage jederEthik.Die Sonderstellung des Menschen im Schöpfungsganzen bzw. im harmonisch geordneten Kosmos wirdin der Moderne problematisch. Mit der Aufklärung wachsen sowohl das Bewusstsein der Freiheit alsauch das Wissen um die vielfache Determiniertheit gleichermaßen an. Freiheit von der Natur und dieGebundenheit an die Natur treten als Erfahrungen auseinander und wollen sich bisweilen sogar ausschließen.Diese Spannung zwischen dem Selbstbild des Menschen, der seine Würde in Selbstbestimmung,Unverfügbarkeit und Verantwortlichkeit sieht, und dem Bild, das die Wissenschaften von ihmzeichnen, gehört zu den grundlegenden Kennzeichen der modernen Welt und damit auch zu einemAusgangspunkt des Selbstfindungsprozesses von Heranwachsenden.Zweiter Schwerpunkt des Themas ist hiermit das Spannungsverhältnis von Freiheit und Determination.Die Schülerinnen und Schüler sollen sich mit wichtigen Determinanten des menschlichen Verhaltens(z.B. biologischen, psychischen, neurologischen oder sozialen Prägungen) auseinandersetzen und sievor dem Hintergrund des Anspruchs auf Selbstbestimmung, Willens- und Entscheidungsfreiheit reflektieren.Unterrichtsgegenstand sind dabei vor allem die heuristischen Grundannahmen moderner Humanwissenschaftenund die ihnen zugrunde liegenden Menschenbilder und Annahmen über die Funktionvon Moralität. Die Versuchung, durch szientistische Verkürzungen von den vermeintlichen und zutreffendenBelastungen der Moralität zu entlasten, ist eines der Kennzeichen falscher Wissenschaftsgläubigkeitder Moderne, zu deren Analyse der Ethikunterricht Instrumentarien bereitstellen soll. Umgekehrtsoll im Ethikunterricht deutlich werden, dass auch das Menschenbild, das im Selbstverständnisder Ethik vorausgesetzt wird, sich an den Ergebnissen der Humanwissenschaften bewähren könnenmuss.Potentielle Umwälzungen im Menschenbild als Folge der Ergebnisse von Biologie und Medizin, insbesondereder Genforschung, schließen hier an und bilden den dritten Schwerpunkt des Themas. In besondererWeise können hier wissenschaftliche Neugier, eines der auszeichnenden Merkmale des Menschen,und ethische Grundüberzeugungen auseinander treten. Forschungsprämissen wie Entschlüsselbarkeitdes Humangenoms, Grade der Eingriffstiefe, Reproduzierbarkeit berühren sowohl unserSelbstbild als Menschen, als sie auch eine neue, in den Ausmaßen nur schwer überschaubare Formvon Verfügung über menschliches Leben implizieren. Inhaltlich gehören hierher z.B. Festlegungen zumBeginn des menschlichen Lebens und seiner entsprechenden Merkmale, Fragen von Diagnose und56


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach EthikTherapie, vor allem aber Fragen nach den ethischen Wertmaßstäben gentechnischer Eingriffe, d.h.nach der Achtung der Menschenwürde. Anfang und Ende des menschlichen Lebens repräsentierenKristallisationspunkte bioethischer Fragestellungen. Die Schülerinnen und Schüler sollen hier Grundlagenund Entscheidungshilfen für aktuelles und zukünftiges Handeln als Verantwortung tragende Mitgliederder Gesellschaft (z.B. als Ärztinnen/Ärzte oder als Wissenschaftlerinnen/Wissenschaftler) kennenlernen.Die Genforschung konfrontiert nicht zuletzt mit dem Pluralismus ethischer Überzeugungen. DerEthikunterricht soll hier befähigen, jeweils leitende Wert- und Zielvorstellungen (z.B. Leidvermeidungund / oder Eugenik) zu erkennen und in ihrem Gewicht zu reflektieren. Er soll die Schülerinnen undSchüler darüber hinaus dazu befähigen, auch innerethische Wertekonflikte (z.B. Ethik des Heilens einerseitsund Ethik der Unverfügbarkeit und Selbstbestimmung andererseits) als Bestandteil ihrer Lebensweltzu begreifen, in der es gleichwohl möglich ist, in gegenseitiger Kenntnisnahme und Diskussionzu einer verantwortbaren eigenen Position zu gelangen.Verbindliche Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Auszeichnende und abgrenzende Merkmaledes Menschen in Philosophie und philosophischerAnthropologieVernunft• Allgemeinheitsanspruch, Verallgemeinerungsfähigkeit,Vorausschau, Zukunftsplanung (z.B. Plato,Aristoteles, Thomas, Descartes, Kant etc.)Sinnlichkeit• Sinne und Empfindungen als menschliche Natur,als Triebnatur, als Leiblichkeit (z.B. Protagoras,Lukrez, Hume, Locke, Nietzsche, Freud etc.)Freiheit, Selbstbestimmung und Selbstbewusstsein• Willens-, Entscheidungs- und Handlungsfreiheit,• Theorien der Subjektivität, Ich-Identität und Personalität(z.B. Kant, Idealismus, Existenzphilosophie,Interaktionismus, Dekonstruktivismus, etc.)Neugier• Wissbegierde und Interesse als Basis der WissenschaftMenschenbilder der modernen HumanwissenschaftenAnthropologische Grundannahmen, AbgrenzungMensch – Tier, Annahmen über Vernunft, Selbstbestimmungund Moralität(Neben der Biologie ist ein weiterer Ansatz verbindlich)• Biologie (z.B. Evolutionsbiologie, Ethologie, Soziobiologie)• Psychologie (z.B. Behaviorismus, Psychoanalyse,Lernpsychologie)• Neurologie (Hirnforschung)• Soziologie (z.B. Sozialisation, Rollentheorie, Systemtheorie)Bioethik und Menschenwürde • Chancen und Risiken der Genforschung als Gegenstandder Ethik; Freiheit der Forschung undVerantwortung, Können und Tun, Tun und Lassen• Menschenbild und Wertsetzungen in Genforschungund MedizinEthische Fragen am Beginn und Ende des Lebens:Zeugung und Reproduktionstechnik; Intensivmedizinund humanes Sterben57


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach EthikFakultative Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Kriterien der ErkenntnisErkenntnis- und Wissenschaftstheorie, Methoden derErkenntnisprüfungOffenbarungen, Gewissheiten, Setzungen als Voraussetzungenund Gefährdungen menschlichen WissensArbeitsmethoden der Schülerinnen und Schüler/Hinweise und Erläuterungen:Collage, Cluster zu Menschenbild; Übungen zur Begriffsklärung (Freiheit, Subjektivität, Personalität),Projektarbeit (mit Biologie) zur Genforschung; Medien- und Internetrecherche zu fachlichen, juristischenund politischen Fragen der GenforschungQuerverweise:Revolutionen: G, Phil, E, Rus, D,Mu, GrA (Thema 3)Gentechnik: Bio, E, PhilErziehung: F, D, L, GrA (Thema 3)Berücksichtigung von Aufgabengebieten (§6 Abs. 4 HSchG:RechtserziehungKulturelle Praxis58


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach Ethik3.2.2 12.212.2 Vernunft und GewissenNormsetzende Begründungen verantwortlichen HandelnsStd.: 36Begründung:Die Behandlung der normsetzenden Begründungen verantwortlichen Handelns erschließt die philosophischeFrage nach den Möglichkeiten und Grenzen der praktischen Vernunft, die den Menschen befähigt,allgemeine ethische Prinzipien mit Sollenscharakter aufzustellen. Die Vernunftfähigkeit des Menschen,seine Fähigkeit, Instinktbindungen zu überschreiten, lässt ihn zum freien, moralisch verantwortlichenWesen werden. Seine Handlungsentscheidungen unterliegen zwar einerseits den Normen undRegeln der gesellschaftlichen Ordnung, letztinstanzlich jedoch seinem Gewissen. Auch der Gewissensirrtumhebt die handlungsorientierende Verbindlichkeit für den Einzelnen nicht auf, selbst wenn die Gewissensentscheidungals nicht rechtmäßig erscheint und der Handelnde zur Verantwortung gezogenwerden muss; sein Gewissen bleibt unantastbar.Gerade dadurch, dass im Motivationshorizont des Gewissens auch Traditionen, gesellschaftliche Strömungen,Einstellungen der Erziehungsinstanzen und eigene Erfahrungen mit den Mitmenschen Wirkungenausüben, ist die Gefahr des Gewissensmissbrauchs gegeben. Die Spannung zwischen der subjektivenGewissensentscheidung und der allgemeinen Sittlichkeit des moralischen Urteils wird hier besondersdramatisch. Gegen das eigene Gewissen handeln zu müssen, bedroht die Identität und dieWürde des Menschen.Die Verfassungsordnung räumt daher der höchstpersönlichen Entscheidung für Gut und Böse und deraus ihr erwachsenden inneren Verpflichtung zu einem wertbestimmten Handeln und Unterlassen einenhohen Rang ein. Andererseits gestattet sie insbesondere keine eigenmächtigen Eingriffe in die Rechtssphäreder Mitbürgerinnen und Mitbürger.In der moralphilosophischen Tradition bindet die deontologische Ethik Kants die eigenen Handlungsmaximenan universalisierbare Vernunftgründe und steht damit gegen teleologische Handlungsorientierungen,die allein die Handlungsfolgen als Maßstab der Moral zu berücksichtigen verlangen. Hier kann(aufbauend auf Kurswissen aus dem Halbjahr 11.1) der Utilitarismus in seinen unterschiedlichen Ausprägungenals Beispiel einer Folgenethik mit der Kantschen Moralbegründung als einer Prinzipienethikkonfrontiert werden.Nach dem Ansatz der Diskursethik setzt jede Argumentation über ethische Probleme voraus, jedemMenschen moralische Autonomie und die Fähigkeit zuzugestehen, über Recht und Unrecht zu urteilen.Umgekehrt stelle jeder, der sich auf einen moralischen Diskurs einlässt, seine eigenen Positionen zurDisposition und erkenne durch die Teilnahme an diesem Verfahren bereits ethische Grundnormen an.Die Diskursethik beansprucht, sowohl die Bedingungen und Implikationen realer Kommunikationsgemeinschaftenals auch den Prozess der persönlichen stillen Gewissensprüfung in Form eines innerenGesprächs mit den vorgestellten anderen Kriterien der Gewissensprüfung beschreiben zu können.Für den ethischen Diskurs der Gegenwart sind überdies existenzialistische Ansätze des 20. Jahrhundertsvon Bedeutung, die die menschliche Freiheit und die Unausweichlichkeit der moralisch bedeutsamenEntscheidung zum Ausgang ihrer Überlegungen stellen.Im Zentrum des Unterrichts im gesamten Kurshalbjahr stehen die Bedingungen der Autonomie desMenschen als eines Vernunftwesens. Die Schülerinnen und Schüler sollen den handlungsleitendenCharakter wertbezogener Entscheidungen erkennen. Dies erfordert zugleich die Bereitschaft, Gewissensentscheidungenanderer zu tolerieren. Diese Einsicht entbindet die Schülerinnen und Schüler nichtdavon, sich dem rationalen Diskurs zur vernünftigen Begründung von Entscheidungen über Werte undNormen zu stellen. Der eigene Standpunkt ist diskursiv zu begründen, ebenso sind Anforderungen derGesellschaft an den Einzelnen zu überprüfen.Verbindliche Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Das Gewissen in der Lebenswirklichkeit desMenschen• Erfahrung des Gewissens in Entscheidungssituationen,Gewissensirrtümer, Gewissensmissbrauch;• Glaubens- und Gewissensfreiheit, Recht auf Kriegsdienstverweigerung(Art. 4 GG)• Abtreibung; Asyldebatte59


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach EthikDie Vernunft• als Prüfstein vorhandener Werte undNormen• als Instanz neuer Werte und NormenKonkurrierende Normbegründungen in dermoralphilosophischen Tradition:• Bedingtheit / Unbedingtheit moralischerNormen• Individuelle Verantwortung• Pluralismus als gegenseitige Anerkennungvon Freiheit• Pluralismus vs. Fanatismus und Fundamentalismus• Aufklärung als „Ausgang des Menschen aus seinerselbstverschuldeten Unmündigkeit“• Wertewandel: Ursachen und Beispiele• Begründungsproblematik der Gewissensorientierung• Transzendentalphilosophie (Kant)• Mitleidsethik (Schopenhauer)• Utilitarismus• Existenzialismus (z.B. Sartre)• Diskursethik (z.B. Habermas, K.O. Apel)• Konkurrierende Meinungen und Begründungsmodelleauf der Grundlage des Toleranzgebots (z.B.Voltaire, Popper)• Gleichberechtigte Geltung unterschiedlicher Standpunkteoder Normensysteme• Ethos des Pluralismus und Praxis des Kompromisses• Pluralismus vs. absolute und totalitäre Geltungsansprücheund Begründungsverengungen (z.B. HannahArendt)Fakultative Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Autonomie - HeteronomieFreiheit – BindungHandlungsdeterminismus• Evolutionäre, gesellschaftliche und psychische Bedingtheitdes Gewissens / Relativierungen der moralischenAutonomie (z.B. Darwin, Marx, Freud, Marcuse,Nietzsche)• Gewissensbildung; Verantwortungs- oder Gesinnungsethik(Max Weber)• Stufen des moralischen Urteils und intellektuelle Entwicklung(Lawrence Kohlberg)• Weibliche Moral als „die andere Stimme“ (Carol Gilligan,Gertrud Nunner-Winkler)Arbeitsmethoden der Schülerinnen und Schüler/Hinweise und Erläuterungen:Zeitzeugenbefragung zu Verfolgung und Widerstand: Interviewtechnik, VideoproduktionProjektthema „Lügen“ (zusammen mit Po&Wi, Bio, D): Recherchetechniken, Mind-Map, Wandzeitungals PräsentationPro- und Contradiskussion (Kriegsdienstverweigerung)Querverweise:Berücksichtigung von Aufgabengebieten (§6 Abs. 4 HSchG):Kirche in Staat und Gesellschaft:Rka, D, Rus, L, Spa, RevDer Mensch und sein Handeln:PoWi, Rev, Rka, Ek, D, L, G, Phil,F, Ita, GrA (Thema 2)60


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach Ethik3.3 Die Jahrgangsstufe 133.3.1 13.113.1Begründung:Recht und Gerechtigkeit in Gesellschaft, Staat und Staatengemeinschaft/ Gerechtigkeitsbezogene Begründungen verantwortlichenHandelnsStd.: 36Recht und Gerechtigkeit sind ihrem Anspruch nach unabdingbare Voraussetzungen für das menschenwürdigeZusammenleben der Menschen. Das Recht hat unabhängig von seiner das Zusammenlebender Vielen sichernden Funktion einen unmittelbar ethischen Kern. Gegenstand des Halbjahresthemasist diese ethische Basis des Rechts und der Rechtsstaatlichkeit sowie das vielfach gegebene Spannungsverhältniszwischen Recht und Moral (Moralität).Recht und Rechtsempfinden fordern Gerechtigkeit. Gerechtigkeit selbst gehört dabei zu den umstrittenstenBegriffen der Ethik. Die Schülerinnen und Schüler sollen im Rahmen dieses Halbjahrs verschiedeneGerechtigkeitsauffassungen kennen lernen und sie – wie das eigene Rechtsempfinden - auf ihreMaßstäbe und ihre Tragfähigkeit hin überprüfen und bewerten. Dabei kann vom individuellen Erwartungshorizont(z.B. Auseinandersetzung mit der Bedeutung von individuellem „Verdienst“ und nachgefragtem„Wert“ im zukünftigen Beruf / in der Wirtschaft) ausgegangen werden, um zu Fragen der Gerechtigkeitim gesamtgesellschaftlichen und globalen Rahmen überzugehen. Als Modelle der Erörterungbieten sich Theorien der Verteilungsgerechtigkeit und deren Kritik sowie Theorien der Gerechtigkeit alsFairness an, Aspekte der Sozial- und Wirtschaftsethik, sowie Fragen globaler Gerechtigkeit. Ein zentralerSchwerpunkt der ethischen Reflexion ist das innerethische Spannungsverhältnis zwischen denbeiden Werten Freiheit und Gerechtigkeit.Recht und Moral sind nicht deckungsgleich. Gesetze regeln weite Bereiche des (privaten oder gar intimen)Lebens nicht, obwohl es gerade hier vielfach schwere Verletzungen und Kränkungen gibt. Liebe,Empathie, Treue sind nicht einklagbar. Die Achtung der Würde der Person ist nicht in jeder Hinsicht legalisierbar.Ethik muss vielfach, vor allem im Privatbereich, auf freie Anerkennung des humanen Umgangsmiteinander vertrauen. Legalisierungen können das Negative verhindern, aber das Positive nichtschaffen. Im Blick auf diesen Themenbereich soll der Sinn der Grenzen der Legalität und das Verhältnisvon „öffentlichem“ Recht und „privater Moral“ reflektiert werden.Grundlagen der Geltung des Rechts bilden einen zentralen Aspekt des Themas. Hierher gehören Theoriender vertraglichen Übereinkunft, der Sicherung von Rechten durch die Abtretung von Rechten alsAkt der Staatsgründung, an der „alle“ beteiligt sind. (Fiktiver vorstaatlicher Naturzustand und staatlicherRechtszustand; staatliches Gewaltmonopol, die Rolle von Freiheit und Gleichheit in der Vertragsidee)Hierher gehört auch die Begründung der Rechtsgeltung durch eine positivierende, rechtsetzende Gewalt,die Rechtssicherheit schafft. Die Schülerinnen und Schüler sollen den humanen Wert von Rechtssicherheitund richterlicher Gesetzesbindung als Grundsatz jeder Rechtstaatlichkeit erkennen. Sie sollenzugleich erkennen, dass Rechtssicherheit und Legalität allein nicht die Grundlage demokratischerRechtsstaatlichkeit bilden können. Im Rechtsstaat sind Legalität, Rechtssicherheit und Verhältnismäßigkeitgefordert, in rechtstaatlichen Demokratien darüber hinaus die Bindung an die Grundrechte /Menschenrechte.Positives Recht und Grundrechte / Menschenrechte treten vielfach in Konflikt. Die Schülerinnen undSchüler sollen dafür sensibilisiert werden, Moralität als Chance unserer Rechtsordnung wahrzunehmen.Sie sollen sich jedoch auch der Gefahr bewusst werden, moralischen Ansprüchen durch die Berufungauf geltende Rechtsordnungen, auf Legalität, auszuweichen. Über die Rolle von Zivilcourage hinausgehören hierzu Fragen des Widerstands und das Verhältnis von Völkerrecht und Menschenrechten.Zu Recht und Gerechtigkeit gehören als ein weiteres Themenfeld Schuld und Strafe. Die Schülerinnenund Schüler sollen den Zusammenhang von Menschenbild und Strafzweck (Mündigkeit, Zurechenbarkeit,Beeinflussbarkeit durch Strafe, Resozialisierbarkeit), sowie den Zusammenhang von Strafzweckund Strafmaß in den verschiedenen Straftheorien erkennen. Unter dieser Perspektive soll das Spannungsverhältniszwischen Vergeltungstheorie, Generalprävention und Spezialprävention in unseremStrafrecht reflektiert und abgewogen werden. Dabei sollen teleologische und deontologische Orientierungenbeachtet werden, schließlich das Verhältnis von Sicherheit und Menschenwürde von Täter undOpfer.Terroristische Gewalt, Eroberungskriege, Völkermord stellen rechtsstaatliche und demokratische Ordnungensowie die internationale Gemeinschaft vor besondere Herausforderungen. Sie scheinen den61


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach Ethikvorstaatlichen oder außerrechtlichen Ausnahmezustand der zivilen Gesellschaft aufzwingen zu wollen.Die Schülerinnen und Schüler sollen denkbare und gebotene Reaktionen auf terroristische Gewalt undVölkermord mit dem Blick auf die ethische Wertbasis jeweiligen Handelns und im Wissen um die Dimensionmöglicher Konsequenzen abwägen lernen.Verbindliche Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Gerechtigkeitsempfinden und GerechtigkeitsmaßstäbeGerechtigkeit (Gleichheit) und FreiheitRecht und MoralGeltung des Rechts und der RechtsstaatlichkeitFallbeispiele für GerechtigkeitskriterienModelle der Verteilungsgerechtigkeit (Frankena) undderen Kritik (v.Hayek), Marktwirtschaft und Gerechtigkeit,Eigentum und Sozialbindung des Eigentums, Gerechtigkeitals Fairness (Rawls)Globalisierung und ChancengleichheitGlobaler Umweltschutz und Gleichheit der EntwicklungschancenWirtschaftsethik: ProdukthaftungHersteller- und KonsumentenverantwortungVerhältnis von (gesetzmäßigem) Recht und (privater)Moral.Grenzen der Verrechtlichung ethischer NormenTheorien des Gesellschaftsvertrags (Hobbes, Locke,Rousseau, Kant, Rawls)„natürliche Rechte“ als GrundrechteMenschenrechte und RechtsstaatlichkeitSelbstbegrenzung des RechtsstaatsRechtspositivismus: Rechtssicherheit und Gesetzesbindungdes Richters (Kelsen / Radbruch)Naturrecht / Menschenrechte und Positivismus Recht auf WiderstandRechtspositivistische Rechtfertigung von Menschenrechtsverletzungen(Nürnberger Prozess / Mauerschützenprozesse)Universalitätsanspruch der Menschenrechte; Übertragbarkeitdes Gewaltmonopols auf internationale E-bene; Internationaler GerichtshofVölkerrecht und „Ewiger Friede“ (Kant)Strafrechtstheorien: Die Legitimation des StrafensGerechte Gewalt, Gerechter Krieg?Menschenbild und Strafzweck in Vergeltungstheorie(z.B. Kant), Generalprävention (z.B. Feuerbach), Spezialprävention(z.B. Liszt)Verhältnis von Strafmaß und StrafzweckSicherheitsbedürfnis und Menschenwürde des TätersChancen und Grenzen des Täter-Opfer-AusgleichsWiderstandsrecht; Theorien des „Gerechten Kriegs“Eroberungskriege, Völkermord, Terrorismus als Herausforderungan die Ethik des HandelnsFakultative Unterrichtsinhalte:Menschenwürde und Grenzfälle der ZurechnungsfähigkeitKrankheit und KriminalitätKlinik und SicherungsverwahrungBehinderung und Selbstbestimmung62


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach EthikArbeitsmethoden der Schülerinnen und Schüler/Hinweise und Erläuterungen:Fallanalysen (Gerechtigkeitskriterien), Rollenspiel ( z.B. zu Verrechtlichungen im Privatbereich,), Diskussion,Debatte, Moderation (z.B. zur Universalisierbarkeit der Menschenrechte); die Rolle eines anderenübernehmen (z.B. Theorien des Gesellschaftsvertrags); Besuch einer Gerichtsverhandlung (obligatorischzu Strafrechtstheorien), Gerichtsverhandlung als Rollenspiel (z.B. Mauerschützenprozess), Internetrecherche(z.B. Verfassungsgerichtsurteile, Urteilsbegründungen, Gesetzeslagen)Querverweise:Weltentwürfe: D, E, F, Spa, Rus,Ita, L, GrA (Thema 3), Ku, Mu, G,PoWi, Ek, Rka, Phil, Phy, RevKrieg und Frieden: G, PoWi, Ek,Phil, D, E, F, Rus, L, Mu, Spa, ChDemokratietheorie: Ek, Ita, LLeistung: SpoBerücksichtigung von Aufgabengebieten (§6 Abs. 4 HSchG):RechtserziehungFriedenserziehung63


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach Ethik3.3.2 13.213.2 Natur und TechnikZukunftsorientierte Begründungen verantwortlichen HandelnsStd.: 24Verbindliche Unterrichtsinhalte/Aufgaben:Natur und Technik • Naturbegriff: Natur innerhalb und außerhalb desMenschen; archaisches Naturverständnis, Naturromantik;Naturbeherrschung; Natur als Rohstofflager;Natur und Mythos• Technikbegriff: Technik als Instrument der Naturbeherrschung,als Überlebenshilfe in feindlicher Natur,als Garant von Glück und Erfolg; Fortschrittsglaube;als Zerstörung des Naturverhältnisses• Stellung des Menschen: freiheitlich-demokratischesMenschenbild und technische Rationalität; Ersatzdes Menschen durch Maschinen; der Mensch alsMaschine;• Ethische Fragestellungen der Herstellung, Anwendungund Kontrolle technischer Produkte• Technische Entwicklung und Verantwortung; TechnikfolgenabschätzungQuerverweise:Welt- und Menschenbilder: G,PoWi, Ek, Rka, Rev, Phil, Bio, Phy,Inf, E, F, Spa, Mu, Ku, GrA (Thema4)Mensch und Kosmos: Phy, Rka,PoWi, LEnergieprobleme: Phy, Ch, EkEvolution: Bio, Phy, Rka, InfNaturwissenschaftliches Denken:Bio, Phy, Phil, M, ChGlobalisierung: PoWi, G, Ek, Rka,Rev, E, Spa, Rus, Phy, ChBerücksichtigung von Aufgabengebieten (§6 Abs. 4 HSchG):Ökologische Bildung und UmwelterziehungGesundheitserziehung64


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach Ethik4 Abschlussprofil am Ende der QualifikationsphaseAm Ende der Qualifikationsphase sollen die nachfolgenden Qualifikationen und Kenntnisse von denSchülerinnen und Schülern erworben sein. Sie sind zugleich Voraussetzung und Grundlage für eineerfolgreiche Wahl von Ethik als 3. oder 4. Prüfungsfach in der Abiturprüfung.Hierzu gehören als allgemeine Qualifikationen, fachübergreifende Fragestellungen in Kenntnis derSachverhalte, jedoch aus genuin ethischer Perspektive zu erörtern und Kenntnisse aus dem Gebietder politischen Philosophie, der Rechts-, Wirtschafts- und Sozialphilosophie sowie religionskundlicheKenntnisse mit der Ethik selbst als philosophischer Disziplin zu verbinden.In methodischer Hinsicht sollen die Schülerinnen und Schüler bei der Behandlung philosophischerTexte Sachverhalt und Problem erfassen, konstitutive Elemente der Theorie in ihrer Bedeutung undihrem Gewicht erkennen und den entsprechenden Theoriezusammenhang entwickeln können.Sie sollen fähig sein, philosophisch-ethische Positionen auf ihre innere Stimmigkeit und ihre Konsequenzenhin zu überprüfen.Sie sollen den Beitrag einer Theorie zur Lösung eines Problems einschätzen und aus dem eigenenWerthorizont heraus zu würdigen verstehen.Sie sollen schließlich fähig sein, selbst in einen ethischen Diskurs einzutreten, in dem sie sowohl zurWahrheitsorientierung und zur Suche nach Konsens wie zur Achtung und Wertschätzung von Dissensund Differenz bereit und offen sind.Inhaltlich sollen sie den Themen entsprechend über die folgenden Qualifikationen verfügen:Glück • antike Konzeptionen vom gelingenden Lebensvollzugim sittlich gerechtfertigten Gemeinwesen erläutern können• moderne Vorstellungen der je eigenen Gestaltung gelingendenLebens im Kontext gesellschaftlicher Rahmenbedingungenerörtern könnenSinngebung des Lebens • Religion als Lebenspraxis der Anerkennung und Bewältigungvon Endlichkeit und Kontingenz verstehen• Gemeinsamkeiten und Unterschiede der in Europa geschichtlichwirksamen Religionen erfassen können• ethische Begründungen verantwortlichen Handelns ausder Sicht der Religionen darstellen können: Menschenwürdeund Toleranz, Normen und Güter, Staat und Religionsgemeinschaften,Gewissen• klassische und moderne Standpunkte der Religionskritikdarstellen und bewerten könnenMenschenbilder in Philosophieund Wissenschaft• auszeichnende und abgrenzende Merkmale des Menschenaus philosophischer Tradition (Antike, Aufklärung)und Gegenwart bestimmen und erörtern können• Menschenbilder und Annahmen über Moralität in denmodernen Humanwissenschaften aufzeigen und imBlick auf eine Ethik der Menschenwürde reflektierenkönnen• in bioethischen Kontroversen leitende Wert- und Zielvorstellungenerkennen und erörtern können• in den für offene Gesellschaften charakteristischen innerethischenWertkonflikten zu einer verantwortbareneigenen Position finden können65


Bildungsgang GymnasiumUnterrichtsfach EthikVernunft und Gewissen • unterschiedliche Modelle der Moralbegründung darstellenund voneinander abgrenzen können (deontologisch– konsequenzialistisch)• die Problematik individueller Gewissensbindung desMenschen angesichts seiner moralischen Verpflichtbarkeitan passenden Beispielen diskutieren können• das Toleranzgebot als Grundlage für das Zusammenlebenin modernen Gesellschaften angesichts des Pluralismusindividueller Weltanschauungen begründen könnenRecht und Gerechtigkeit in Gesellschaft,Staat und Staatengemeinschaft• Gerechtigkeitsauffassungen und Gerechtigkeitskriterienaufzeigen und im Blick auf das Verhältnis von Freiheitund Gerechtigkeit darlegen und erörtern können• das Verhältnis von Rechtsgeltung, Rechtsstaatlichkeitund Menschenrechten an Beispielen aus Theorie undPraxis aufzeigen und gewichten können• Legitimationsmodelle des Strafrechts aufzeigen und imHinblick auf Strafzweck, Strafmaß und Menschenbilderörtern könnenNatur und Technik • ethisch relevante Gesichtspunkte im Verhältnis Natur –Mensch – Technik erläutern können• ethische Fragestellungen der Herstellung, Anwendungund Kontrolle technischer Produkte erarbeiten können• Grundfragen der Technikfolgenabschätzung und neuerFelder ethischer Verantwortung darlegen können66

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