Kirche am Deich Kirche am Deich - Ev.-luth. Kirchengemeinde Varel
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SCHLOSSKIRCHE - VAREL<br />
Der Chorraum der Schlosskirche (Fortsetzung)<br />
viele Hände hinterließen ihre<br />
Spuren. Heute hat die <strong>Kirche</strong><br />
einen kreuzförmigen Grundriss.<br />
Der Chorraum ist rund 300 Jahre<br />
jünger als das <strong>Kirche</strong>nschiff<br />
und wird aus der Zeit vor 1500<br />
st<strong>am</strong>men. Ihr fast quadratischer<br />
Chor ist für mich der schönste<br />
Raum unserer kleinen Stadt <strong>am</strong><br />
Jadebusen. Dieser Chorraum<br />
wirkt wegen seines wohl proportionierten<br />
frühgotischen Gewölbes,<br />
das mit Fresken spars<strong>am</strong><br />
geschmückt ist, auf mich<br />
gelungen. Nach evangelischem<br />
Verständnis ist der Chorraum<br />
ein Ort der Gemeinde und<br />
bleibt nicht dem Klerus vorbehalten.<br />
In unserem Chor steht<br />
ein Taufstein mit weißen Engeln<br />
und Figuren aus hellem<br />
Alabaster auf rotem Grund. Auf<br />
dem Taufdeckel erinnert eine<br />
Taube an die Taufe Jesu (Mk 1,<br />
9-11) und gleichzeitig an die<br />
Friedenssymbolik. Mich überzeugt<br />
es, dass die Konfirmandinnen<br />
und Konfirmanden vor<br />
diesem Taufstein eingesegnet<br />
werden. An der Ostwand sehe<br />
ich den fast zu groß geratenen,<br />
farbenfrohen Münstermann-<br />
<strong>Ev</strong>angelisch in <strong>Varel</strong> Nr. 2/2010<br />
Altar im Stil des frühbarocken<br />
Manierismus aus dem Jahre<br />
1614, auf dem ich noch oft<br />
Neues entdeckte. Die Farbigkeit<br />
von Taufe und Altar auf<br />
dem Hintergrund des hellen,<br />
weißen Raumes können zu einer<br />
heiteren Stimmung beitragen.<br />
Dieser ästhetisch gelungene<br />
Raum strahlt Ruhe und Geborgenheit<br />
aus. Der nur um<br />
vier Stufen erhöhte Chorraum<br />
ist auch als Bühne beliebt, z.B.<br />
für den Gospelchor, für Carl<br />
Orffs Weihnachtsgeschichte<br />
oder für ein Musical der Kinder-<br />
und Jugendkantorei mit<br />
der Kurrende. Er eignet sich als<br />
Podium für Konzerte und für<br />
vielerlei kreative und kommunikative<br />
Gestaltungen wie den<br />
„Weltgebetstag der Frauen“<br />
oder die „Offene <strong>Kirche</strong>“ in der<br />
Silvesternacht. Außerdem<br />
kommt dem <strong>Varel</strong>er Chorraum<br />
eine kommunikative Funktion<br />
zu. Hier vers<strong>am</strong>melt sich die<br />
Abendmahlsgemeinde und erinnert<br />
sich mit Hilfe von Münstermanns<br />
Alabaster-Relief des<br />
letzten Mahles Jesu. Bei Trauungen<br />
können die Gäste des<br />
Paares rundherum sitzen, um<br />
das Paar mit guten Wünschen<br />
im Gebet und mit Liedern zu<br />
begleiten.<br />
Im <strong>Varel</strong>er Chorraum treffen<br />
sich seit dem Herbst 2001<br />
an jedem Mittwochabend etwa<br />
zehn bis zwanzig Menschen zu<br />
einem ökumenischen Friedensgebet.<br />
Wir sitzen im Halbkreis<br />
und können einander sehen.<br />
Und da das Thema „Frieden“<br />
uns alle angeht, hält fast jede<br />
und jeder freiwillig im Quartal<br />
eine Andacht, für die oft überraschende<br />
Texte, Themen und<br />
Bilder mit einem lockeren Bezug<br />
zur Friedensthematik frei<br />
gewählt werden. Dank der zuverlässigen<br />
und wohlklingenden<br />
Begleitung durch eine<br />
Bassflöte singen wir alte und<br />
neue Lieder und Kanons. Beim<br />
Gestalten der Friedensgebete<br />
machen wir keine Unterschiede<br />
zwischen Laien und Theologen,<br />
Frauen und Männern. Die<br />
wechselnde Gestaltung führt zu<br />
einer überraschend vielseitigen<br />
Wahl der Themen, Lieder und<br />
Gebete; so lässt sich ahnen,<br />
was andere bewegt. Nicht sel-<br />
ten ergeben sich spontan kurze<br />
Gespräche oder Einwürfe. Im<br />
Frühjahr kommen zumeist noch<br />
einige Jugendliche zu uns, um<br />
bis zu ihrer Konfirmation nachzuweisen,<br />
dass sie unterschiedliche<br />
Angebote der <strong>Kirche</strong>ngemeinde<br />
kennen gelernt haben.<br />
Angesichts der Gleichheit von<br />
Laien und Theologen denke ich<br />
oft an Luthers Ideal vom Priestertum<br />
aller Getauften. Unser<br />
alter Chorraum bietet eine<br />
Chance, die Gleichheit und Gemeins<strong>am</strong>keit<br />
unter Christinnen<br />
und Christen unterschiedlicher<br />
Konfessionen aktiv zu praktizieren.<br />
Mir ist die vielfältige<br />
Nutzung unseres Chorraumes<br />
aus zwei Gründen wichtig: es<br />
geht darum, mit Phantasie<br />
schöne Räume in unseren alten<br />
<strong>Kirche</strong>n nicht nur museal zu<br />
bewundern, sondern heute mit<br />
Leben zu füllen. Außerdem<br />
kommt in einem kommunikativen<br />
Raum das Selbstverständnis<br />
der Gemeinde als Gottes<br />
Volk (1 Petr 2,10) und Leib<br />
Christi (1 Kor 12, 12 ff) angemessen<br />
zum Ausdruck.<br />
Christine Reents<br />
www.ev-kirche-varel.de