30.11.2012 Aufrufe

Eröffnung (Beginn der Sitzung: 10.01 Uhr) - Der Sächsische Landtag

Eröffnung (Beginn der Sitzung: 10.01 Uhr) - Der Sächsische Landtag

Eröffnung (Beginn der Sitzung: 10.01 Uhr) - Der Sächsische Landtag

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Eröffnung</strong><br />

(<strong>Beginn</strong> <strong>der</strong> <strong>Sitzung</strong>: <strong>10.01</strong> <strong>Uhr</strong>)<br />

Präsident Iltgen: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich<br />

eröffne die 26. <strong>Sitzung</strong> des 3. <strong>Sächsische</strong>n <strong>Landtag</strong>es.<br />

Folgende Abgeordnete, von denen Entschuldigungen zu unserer<br />

heutigen <strong>Sitzung</strong> vorliegen, sind beurlaubt: Herr Adamczyk und Herr<br />

Adler.<br />

Meine Damen und Herren, die Tagesordnung liegt Ihnen vor.<br />

Das Präsidium hat für die Tagesordnungspunkte 2 bis 4 folgende<br />

Redezeiten festgelegt: CDU-Fraktion 375 Minuten, PDS-Fraktion 250<br />

Minuten, SPD-Fraktion 125 Minuten, Staatsregierung 250 Minuten. Die<br />

Redezeiten können wie immer von den Fraktionen und von <strong>der</strong><br />

Staatsregierung entsprechend den Bedürfnissen und in Bezug auf die<br />

Beratungsgegenstände aufgesplittet werden.<br />

Meine Damen und Herren! Entsprechend <strong>der</strong> Vereinbarung des<br />

Präsidiums wird für die Einbringung von Än<strong>der</strong>ungsanträgen zu dem<br />

Haushaltsgesetz sowie für die Erwi<strong>der</strong>ung eine Redezeit von jeweils<br />

3 Minuten vorgeschlagen.<br />

Meine Damen und Herren, gibt es zu <strong>der</strong> Ihnen vorliegenden<br />

Tagesordnung Ihrerseits noch Än<strong>der</strong>ungswünsche? - Wenn das nicht <strong>der</strong><br />

Fall ist, dann gilt die vorliegende Tagesordnung für unsere<br />

Beratung als verbindlich.<br />

Ich rufe deshalb auf<br />

Tagesordnungspunkt 1<br />

Wahl des <strong>Sächsische</strong>n Landesbeauftragten für die Unterlagen des<br />

Staatssicherheitsdienstes <strong>der</strong> ehemaligen Deutschen Demokratischen<br />

Republik (gemäß Artikel 1 des Gesetzes zur Än<strong>der</strong>ung des<br />

Landesbeauftragtengesetzes und des <strong>Sächsische</strong>n Besoldungsgesetzes)<br />

Drucksache 3/3084, Wahlvorschlag <strong>der</strong> Staatsregierung<br />

Auf <strong>der</strong> Grundlage von § 2 Abs. 2 des Gesetzes über die<br />

Rechtsstellung des <strong>Sächsische</strong>n Landesbeauftragten für die<br />

Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes <strong>der</strong> ehemaligen Deutschen<br />

Demokratischen Republik (Landesbeauftragtengesetz) in <strong>der</strong> Fassung<br />

vom 5. April 2000 ist <strong>der</strong> Landesbeauftragte vom <strong>Landtag</strong> zu wählen.<br />

Die Staatsregierung hat in <strong>der</strong> Ihnen vorliegenden Drucksache 3/3084<br />

vorgeschlagen, Herrn Michael Beleites als Landesbeauftragten zu<br />

wählen.<br />

Da zu diesem Wahlvorschlag keine Debatte vorgesehen ist, kommen wir<br />

zur Wahl.<br />

Die Wahl findet nach den Bestimmungen unserer Geschäftsordnung<br />

geheim statt. Allerdings kann stattdessen durch Handzeichen<br />

abgestimmt werden, wenn kein Abgeordneter wi<strong>der</strong>spricht. Ich frage<br />

deshalb, ob jemand wi<strong>der</strong>spricht, dass durch Handzeichen abgestimmt<br />

wird. - Einige Abgeordnete wi<strong>der</strong>sprechen. Damit kommen wir zu einer<br />

geheimen Wahl.<br />

Ich bitte, dass sich wie immer eine Wahlkommission bildet. Als ihre<br />

Mitglie<strong>der</strong> rufe ich folgende Abgeordnete auf: als Leiter Herrn<br />

Hatzsch von <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> SPD, Herrn Kannegießer, Frau Einsle<br />

und Herrn Colditz von <strong>der</strong> CDU-Fraktion sowie Frau Roth von <strong>der</strong> PDS-<br />

Fraktion.


Nach <strong>der</strong> Wahlhandlung werden wir mit <strong>der</strong> Tagesordnung fortfahren,<br />

damit es zu keinen größeren Unterbrechungen kommt.<br />

Ich bitte jetzt, dass Herr Hatzsch mit <strong>der</strong> Leitung <strong>der</strong> Wahlhandlung<br />

beginnt.<br />

Hatzsch, SPD: Herr Präsident! Meine lieben Kolleginnen und<br />

Kollegen! Die Abgeordneten werden in alphabetischer Reihenfolge<br />

aufgerufen und erhalten einen Stimmschein. Sie können sich auf dem<br />

Stimmschein in dem entsprechenden Feld für Ja, Nein o<strong>der</strong><br />

Stimmenthaltung entscheiden. Ungültig sind Stimmscheine, auf denen<br />

mehrere o<strong>der</strong> keine Kreuze sind.<br />

Auf <strong>der</strong> Grundlage des § 2 Abs. 2 des Gesetzes über die<br />

Rechtsstellung des <strong>Sächsische</strong>n Landesbeauftragten für die<br />

Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes <strong>der</strong> ehemaligen Deutschen<br />

Demokratischen Republik (Landesbeauftragtengesetz) ist <strong>der</strong> Kandidat<br />

gewählt, wenn mehr als die Hälfte <strong>der</strong> gesetzlichen Zahl <strong>der</strong><br />

Mitglie<strong>der</strong> des <strong>Landtag</strong>es, also mindestens 61 Abgeordnete, das Ja<br />

auf dem Stimmschein angekreuzt haben.<br />

Wir beginnen mit <strong>der</strong> Wahlhandlung.<br />

(Namensaufruf - Wahlhandlung)<br />

Präsident Iltgen: Meine Damen und Herren! Ich möchte einen Hinweis<br />

geben. Ich bitte, dass die Vertreter des Fernsehens mit ihren<br />

Handkameras bitte den Innenraum verlassen. Es gibt keine Zulassung<br />

für diese Aufnahmen. Es gibt den Standort, <strong>der</strong> im Vertrag mit dem<br />

<strong>Landtag</strong> geregelt ist - links von mir -, <strong>der</strong> wahrgenommen werden<br />

darf. Aber Handkameras sind nicht zugelassen. Es hätte einer<br />

vorherigen Genehmigung bedurft.<br />

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir setzen in <strong>der</strong><br />

Tagesordnung wie vereinbart fort. Ich rufe auf<br />

Tagesordnungspunkt 2<br />

2. und 3. Lesung des Entwurfs Gesetz zum Fünften Staatsvertrag<br />

zur Än<strong>der</strong>ung rundfunkrechtlicher Staatsverträge und zur<br />

Än<strong>der</strong>ung des <strong>Sächsische</strong>n Privatrundfunkgesetzes<br />

Drucksache 3/2450, Gesetzentwurf <strong>der</strong> Staatsregierung<br />

Drucksache 3/3075, Beschlussempfehlung des Ausschusses<br />

für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien<br />

Den Fraktionen wird das Wort zu einer allgemeinen Aussprache<br />

erteilt. Es beginnt die Fraktion <strong>der</strong> CDU. Es folgen PDS, CDU, SPD,<br />

Staatsregierung.<br />

Meine Damen und Herren! Die Debatte ist eröffnet. Ich bitte, dass<br />

die Fraktion <strong>der</strong> CDU das Wort nimmt. Herr Dr. Grüning, bitte.<br />

Dr. Grüning, CDU: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Früher<br />

hatte ich Di<strong>der</strong>ot und Goethe, Kant und Voltaire bewun<strong>der</strong>t. Wenn ich<br />

es aber recht bedenke, ist vielleicht diese Bewun<strong>der</strong>ung falsch am<br />

Platze, denn sie waren keineswegs "erleuchtet". Ihnen fehlte etwas<br />

Wesentliches, nämlich die Grundversorgung.<br />

(Heiterkeit bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Wenn ich verschiedene Intendanten höre, dann weiß ich, dass die<br />

Zeiten vor <strong>der</strong> Erfindung des Rundfunks ganz finstere Zeiten waren,<br />

und ich frage mich, ob diese Leute in einem notwendig falschen<br />

Bewusstsein lebten o<strong>der</strong> ob sie aus <strong>der</strong> selbst verschuldeten


Unmündigkeit nicht aufbrechen wollten, wie sie es von an<strong>der</strong>en<br />

gefor<strong>der</strong>t haben. Das müsste man genauer sehen.<br />

Was wird im Rundfunk hergestellt? Wenn ich einige private und<br />

lei<strong>der</strong> auch einige öffentlich-rechtliche Rundfunkveranstalter<br />

erlebe, dann bin ich zu dem Schluss gekommen, dass dort das<br />

seltsame Wort "content" hergestellt wird. Content ist ja<br />

wahrscheinlich kein deutsches Wort, aber ein englisches. In diesem<br />

Zusammenhang wird es möglicherweise auch nicht sein, denn wenn ich<br />

im Wörterbuch das einfach mit "Inhalt" übersetzt finde, dann glaube<br />

ich schon, dass das Wort "Programm" mehr bedeutet, nämlich einen<br />

Gestaltungswillen und einen künstlerischen Weg.<br />

Wenn ich auf meine Biografie schaue, muss ich sagen, dass mich <strong>der</strong><br />

öffentlich-rechtliche Rundfunk tatsächlich vor einer gewissen<br />

Finsternis bewahrt hat, die sich nämlich östlich <strong>der</strong> Werra durchaus<br />

aufgrund eines gewissen Staatssystems ausbreiten wollte.<br />

Als Kind ist mir in Erinnerung, wie wir die Nachrichten des<br />

Londoner Rundfunks hörten und hier eine <strong>der</strong> wichtigsten<br />

Informationsquellen fanden, die zunehmend dann durch deutsche<br />

Sen<strong>der</strong> abgelöst, ergänzt und verfeinert wurden. Es gab die<br />

sagenhaften Zeiten, wo man Donnerstagabend 20.15 <strong>Uhr</strong> - man sehe und<br />

staune - im ARD-Fernsehen mo<strong>der</strong>ne Stücke von Camus, Pirandello<br />

sehen konnte -,<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Luigi!)<br />

- Ja, Sie haben völlig Recht, Herr Porsch, Luigi Pirandello.<br />

- von denen man in <strong>der</strong> DDR nur eine kleine Auswahl bekam, wie auch<br />

von Sartre, ONeill und Shaw und den Klassikern <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>ne.<br />

Das, meine Damen und Herren, ist natürlich längst Vergangenheit.<br />

Wir haben jetzt sehr viele Spartenkanäle. Und dass die ARD um 20.15<br />

<strong>Uhr</strong> ein mo<strong>der</strong>nes Stück o<strong>der</strong> eines <strong>der</strong> klassischen Mo<strong>der</strong>ne brächte,<br />

das wäre nicht nötig, denn es wird ja ein Theaterkanal vom ZDF<br />

geplant.<br />

Wir wollen uns aus dem etwas bunten Treiben, das beispielsweise<br />

Viva verkündet, in die Seriosität des Phoenix zurückziehen und<br />

versuchen, einmal die Bedingungen für den Rundfunkstaatsvertrag<br />

sachlich zu erläutern. Die Grundlage des Rundfunks beruft sich auf<br />

Artikel 5 des Grundgesetzes. Wer aus einem unbekannten Land o<strong>der</strong><br />

auch aus einem außereuropäischen Land nach Deutschland käme, den<br />

Artikel 5 anschaute und dann unsere komplizierten Rundfunkordnungen<br />

fände, die zum Teil durch die Politik, zum Teil durch die<br />

Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes entstanden sind, <strong>der</strong><br />

würde sich sehr wun<strong>der</strong>n und es würde ihm sehr schwer werden, hier<br />

einen Zusammenhang zwischen beiden zu finden.<br />

Ich glaube, es ist kein Naturrecht, das hier entstanden ist, wie es<br />

manche Intendanten uns glauben machen wollen. Vielmehr ist es<br />

durchaus ein positives Recht, das gesetzt worden ist und das mit<br />

<strong>der</strong> Zeit geän<strong>der</strong>t werden könnte.<br />

Grundversorgung - was ist das? Ist das ein Programm? Sind das zwei<br />

Programme? Sind das 20 Programme? Sind es 45 Hörfunkprogramme, wie<br />

wir es gegenwärtig öffentlich-rechtlich in Deutschland<br />

veranstalten? Sind es vielleicht 500 Internetprogramme? Das, meine<br />

Damen und Herren, ist eine schwierige und kaum lösbare Frage. Wir


als Politiker sind, obwohl wir in die Programme und in den<br />

Programmauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks nicht<br />

eingreifen dürfen, gehalten, uns dieser Frage zuzuwenden.<br />

<strong>Der</strong> öffentlich-rechtliche Rundfunk ist historisch entstanden, indem<br />

<strong>der</strong> Staat in Europa <strong>der</strong> einzige war, <strong>der</strong> ein so großes Unternehmen<br />

betreiben konnte. Daher rührt auch die Tatsache, dass die<br />

Rundfunkgebühr an die Bereitstellung eines Rundfunkgerätes gebunden<br />

ist. Damals, als das entschieden wurde, gab es keinen privaten<br />

Rundfunk. Später konnte man sagen, es könne ja je<strong>der</strong> sagen, er höre<br />

und schaue nur privaten Rundfunk und das sei nicht nachweisbar.<br />

Heute wäre es nachweisbar. Man könnte genau feststellen, welche<br />

Programme geschaut o<strong>der</strong> gehört werden.<br />

Wir halten allerdings an dieser Fiktion eines Rundfunkgerätes fest.<br />

Das hat durchaus Sinn, denn ich meine, ich habe ausgeführt, dass<br />

wir alle dem öffentlich-rechtlichen Rundfunk in diesem Lande viel<br />

verdanken.<br />

Meine Fraktion steht hinter dem dualen Rundfunksystem, wie es sich<br />

in Deutschland historisch entwickelt hat, wie es sich nicht<br />

zwangsläufig entwickeln musste - die USA geben ein an<strong>der</strong>es Beispiel<br />

- und wie wir es weiter pflegen und entwickeln sollten.<br />

Eines wird aber nicht möglich sein, und zwar, dass die Zahl <strong>der</strong><br />

Rundfunkprogramme beliebig wächst und dass <strong>der</strong> Rundfunk in höchst<br />

seltsamer Weise auch in an<strong>der</strong>e wirtschaftliche Bereiche vordringen<br />

wird.<br />

Ich las zu meinem Erstaunen in einem Interview, das<br />

Ministerpräsident Beck gab, dass die Transparenzrichtlinie <strong>der</strong> EU<br />

nach Meinung aller Län<strong>der</strong> - Sachsen kann er damit nicht gemeint<br />

haben - nicht auf den Rundfunk anzuwenden sei. Er hat Recht, wenn<br />

es um das bloße Programm geht. Er hat meines Erachtens Unrecht,<br />

wenn es für den Rundfunk in seiner jetzigen Gesamtheit gilt.<br />

So ist zum Beispiel die Werbung eine durchaus wirtschaftliche<br />

Tätigkeit, die Beteiligung an den Tochterunternehmen, wie sie<br />

beson<strong>der</strong>s vom MDR extensiv gepflegt wird, ist ebenso eine<br />

wirtschaftliche Tätigkeit. Hier wird Brüssel zu Recht Transparenz<br />

for<strong>der</strong>n.<br />

Das bedeutet nicht, dass alle diese Tätigkeiten eingestellt werden<br />

sollten. Aber es bedeutet sehr wohl, dass ganz klar ist, wo<br />

vorwiegend ein wirtschaftliches Interesse verfolgt wird o<strong>der</strong> wo das<br />

Interesse ausschließlich auf das Programm gerichtet ist.<br />

Meine Damen und Herren! Das Bundesverfassungsgericht hat eindeutig<br />

den Weg festgelegt, auf dem die Rundfunkgebühr festzulegen ist. Es<br />

gibt eine Bestands- und eine Entwicklungsgarantie. Wenn sich die<br />

Parlamente verweigern, für die Programme das Geld als Gebühr zu<br />

erheben, das zur notwendigen Programmgestaltung erfor<strong>der</strong>lich ist,<br />

dann verletzen wir einen Verfassungsauftrag. Zudem ist das<br />

Verfahren dreistufig. Es muss eine Kommission berufen werden. Die<br />

Anstalten melden bei dieser Kommission ihren Bedarf an und diese<br />

Kommission prüft den Bedarf und schlägt den Ministerpräsidenten die<br />

Erhöhungen vor, die dann von den Ministerpräsidenten o<strong>der</strong> von den<br />

Parlamenten vorwiegend nur aus sozialen Gründen abgelehnt werden<br />

können.


Soweit ist die Rechtslage klar. Bedeutet das, dass wir einer<br />

immerwährenden Spirale von Gebührenerhöhungen entgegengehen? Meine<br />

Fraktion sagt eindeutig Nein. Wir haben uns bemüht, den<br />

Rundfunkstaatsvertrag in diesem Sinne durch eine Präambel zu<br />

ergänzen. Es ist Zeit, dass <strong>der</strong> Funktionsauftrag - mit ihm auch die<br />

Grundversorgung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks - eindeutig<br />

definiert wird. Wenn er definiert ist, kann man auch entscheiden,<br />

welche Programmzahl notwendig ist. Das Bundesverfassungsgericht hat<br />

eindeutig gesagt, dass nicht jedes beliebige Programm automatisch<br />

vom Gebührenzahler zu bestreiten ist.<br />

Um hierbei konkreter zu werden, brauchen wir einen solchen<br />

Funktionsauftrag auch im Hinblick auf die Transparenz in Brüssel.<br />

Außerdem müssen die Öffentlich-Rechtlichen aufgefor<strong>der</strong>t werden,<br />

nachdem wir so viele Programme und eine so starke<br />

Programmvermehrung - sie nennen es Spezifizierung - erlebt haben,<br />

neue Programme vor allem auf dem Wege des Austausches einzurichten.<br />

Natürlich verlangt die Entwicklung die Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Mentalität und<br />

die Än<strong>der</strong>ung des Zuhör- und Zuschauverhaltens, dass etwas Neues<br />

entsteht. Es muss nicht alles Alte in Ewigkeit mitgeschleppt<br />

werden.<br />

<strong>Der</strong> nächste Punkt ist die Transparenz. Auch <strong>der</strong> öffentlichrechtliche<br />

Rundfunk muss nicht nur im Sinne <strong>der</strong><br />

Transparenzrichtlinie Europas transparent sein, son<strong>der</strong>n auch in<br />

seiner Verwendung von öffentlichen Gel<strong>der</strong>n, die oft mühsam genug<br />

von nicht reichen Gebührenzahlern entrichtet werden müssen.<br />

Wir for<strong>der</strong>n, dass die Rechnungshöfe ein uneingeschränktes Prüfrecht<br />

haben, und zwar auch in den Tochterunternehmen, damit nicht das,<br />

was beim Sen<strong>der</strong> selbst klar ist, bei den Töchtern wie<strong>der</strong><br />

verschleiert werden kann.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Wir wollen als Parlament Einblick haben. Das heißt, uns sollen die<br />

Berichte <strong>der</strong> Rechnungshöfe und die Berichte des Mitteldeutschen<br />

Rundfunks zugängig sein. Wir sind froh darüber, dass <strong>der</strong> Intendant<br />

des Mitteldeutschen Rundfunks das bindende Einverständnis<br />

signalisiert hat.<br />

Weiterhin ist es unbefriedigend, dass wir die fertigen<br />

Staatsverträge auf unsere Tische bekommen, dann aber nur Ja o<strong>der</strong><br />

Nein sagen können. Sinnvoll wäre die Einrichtung einer Kommission,<br />

wie wir sie in <strong>der</strong> Präambel for<strong>der</strong>n - wir haben signalisiert<br />

bekommen, dass das allgemeinen Beifall findet -, die schon in einem<br />

frühen Stadium diesen Fortgang parlamentarisch verfolgt.<br />

Wir müssen auch sehen, wie es mit dem Internet weitergeht. Viele<br />

öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalten verlangen ein drittes<br />

Standbein im Internet. Natürlich kann man darüber reden, weil das<br />

Internet zur Form <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Kommunikation gehört. Nur kann es<br />

doch nicht so sein, dass <strong>der</strong> öffentlich-rechtliche Rundfunk 500<br />

o<strong>der</strong> mehr Programme dort hineinnimmt. Das kann niemand bezahlen und<br />

ist auch nicht sinnvoll.<br />

Meine Damen und Herren! Eines sollten wir nicht vergessen: <strong>Der</strong><br />

Integrationsauftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wurde von<br />

den Verfassungsgerichtsurteilen und auch von <strong>der</strong> Öffentlichkeit


immer wie<strong>der</strong> betont. Integration war in meiner Jugend sehr einfach.<br />

Damals schaute man ARD. Es gab neben dem DDR-Fernsehen nichts<br />

an<strong>der</strong>es und im Betrieb, in <strong>der</strong> Schule o<strong>der</strong> sonstwo wurde dann über<br />

die abendliche ARD-Sendung gesprochen. Das war kommunikativ und<br />

schuf eine Integration.<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Ja, das ist heute vorbei!)<br />

- Herr Porsch, heute schaut je<strong>der</strong> etwas an<strong>der</strong>es. Das ist einerseits<br />

schön, weil damit die Vielfalt gewahrt bleibt. An<strong>der</strong>erseits kommen<br />

wir an eine Grenze. <strong>Der</strong> Rundfunk ist definiert als repräsentative<br />

Gestaltung; einer sendet und wendet sich potenziell an alle. Das<br />

Internet ist an<strong>der</strong>s aufgebaut. Es ist auf Individualkommunikation<br />

ausgerichtet, so dass je<strong>der</strong> sich seine Adressen heraussuchen kann.<br />

In diesem Sinne ist es kein Rundfunk.<br />

Dies alles müssen wir klar erkennen. Wir müssen politisch auch im<br />

Gespräch mit den an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n an unserer Medienordnung arbeiten.<br />

Hier steht uns eine große Aufgabe bevor.<br />

Wir empfehlen die Annahme des Rundfunkstaatsvertrages aus den<br />

dargelegten Gründen, aber auch im Bewusstsein, dass das nur eine<br />

Etappe sein kann. Wir können uns mit diesem Stand nicht zufrieden<br />

geben, denn eine weitere Erhöhung wird mehr als problematisch.<br />

Schon jetzt empfangen wir unwillige Briefe aus <strong>der</strong> Bevölkerung, wo<br />

diese komplizierten Verfassungszusammenhänge nicht immer bekannt<br />

sind, wo man aber nur sieht, dass mit dem Geld des Gebührenzahlers<br />

nicht immer sorgsam umgegangen wird. Das muss man eindeutig<br />

feststellen.<br />

Zum an<strong>der</strong>en erscheint uns das Modell, Gebühr auf das Rundfunkgerät<br />

zu beziehen, als überholt. Hier müsste ein neues Modell kommen,<br />

denn es kann in keinem Fall angehen, dass auch PCs mit einer Gebühr<br />

belegt werden o<strong>der</strong> dass Kühlschränke o<strong>der</strong> Mobiltelefone mit einer<br />

Rundfunkgebühr belegt werden; denn das sind Geräte, die nicht<br />

primär zum Empfang von Rundfunk bereitgestellt worden sind. Und,<br />

meine Damen und Herren, wir können uns auch in <strong>der</strong> ganzen Welt<br />

durch Überregulierung lächerlich machen und das sollten wir nicht.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Präsident Iltgen: Ich erteile <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> PDS das Wort. Herr<br />

Hilker, bitte.<br />

Hilker, PDS: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Heute liegt<br />

Ihnen eine Drucksache vor, die mehrere Pakete beinhaltet.<br />

Einerseits wollen wir das Gesetz zum Privatrundfunkgesetz<br />

verän<strong>der</strong>n, zum an<strong>der</strong>en geht es um Än<strong>der</strong>ungen zum<br />

Rundfunkstaatsvertrag. Diese Än<strong>der</strong>ungen zum Rundfunkstaatsvertrag<br />

beinhalten wie<strong>der</strong>um unterschiedliche Komplexe. Das heißt, wir haben<br />

hier verschiedene Pakete kurz vor Weihnachten, die den<br />

Gebührenzahler nicht überraschen, son<strong>der</strong>n teuer zu stehen kommen<br />

werden. Wir haben hier Pakete vorliegen, die für all diejenigen,<br />

die in <strong>der</strong> Medienpolitik bewan<strong>der</strong>t sind, aber mittlerweile auch für<br />

fast alle Abgeordneten des <strong>Sächsische</strong>n <strong>Landtag</strong>es keine Überraschung<br />

beinhalten - es sei denn, <strong>der</strong> <strong>Sächsische</strong> <strong>Landtag</strong> könnte sich heute<br />

entschließen, diese Pakete noch einmal zu öffnen.<br />

Ganz kurz zum ersten Paket, weil es kürzer abzuhandeln geht, zum<br />

Gesetz zum privaten Rundfunk im Freistaat Sachsen. 1995 hatte die


sächsische CDU-Fraktion ein Landesmediengesetz eingebracht, das<br />

dann vor dem <strong>Sächsische</strong>n Verfassungsgerichtshof scheiterte.<br />

Daraufhin entschloss sich 1997 die SPD-Fraktion einen eigenen<br />

Gesetzentwurf vorzulegen, in dem es im Wesentlichen um eine<br />

Machtbalance innerhalb <strong>der</strong> <strong>Sächsische</strong>n Landesmedienanstalt ging, um<br />

eine Machtbalance zwischen dem Direktor <strong>der</strong> Landesmedienanstalt,<br />

einem neu geschaffenen Medienrat als auch <strong>der</strong> Versammlung.<br />

Mit je<strong>der</strong> Novelle des <strong>Sächsische</strong>n Privatrundfunkgesetzes wurde ein<br />

Teil <strong>der</strong> Machtbalance abgeschafft, zuerst <strong>der</strong> Direktor, heute steht<br />

die Versammlung zur Debatte. Ich kann Ihnen sagen, genau aus diesen<br />

Gründen werden wir gegen diese Verän<strong>der</strong>ungen stimmen. Übrig<br />

geblieben sind zwei Dinge: eine neue Machtbalance, ein<br />

Geschäftsführer <strong>der</strong> <strong>Sächsische</strong>n Landesmedienanstalt, <strong>der</strong> früher <strong>der</strong><br />

medienpolitische Berater <strong>der</strong> CDU-Fraktion war, und ein Leiter des<br />

Büros <strong>der</strong> Versammlung, <strong>der</strong> früher <strong>der</strong> medienpolitische Sprecher <strong>der</strong><br />

SPD-Fraktion war - ein medienpolitisches Geben und Nehmen im<br />

Kleinen, wie wir es auch heute im Großen mit dem<br />

Rundfunkstaatsvertrag vorliegen haben, zumindest, wenn man diesen<br />

Rundfunkstaatsvertrag mit <strong>der</strong> Gebührendebatte und den<br />

Werberegelungen usw. usf. in den Kontext <strong>der</strong> letzten Jahre stellt.<br />

Heute gibt es eigentlich für alle Abgeordneten des <strong>Sächsische</strong>n<br />

<strong>Landtag</strong>es nur eine Frage zu beantworten, und zwar: Darf man gegen<br />

diesen Rundfunkstaatsvertrag stimmen? Dazu gab es eine Anhörung.<br />

Meiner Meinung nach hat die Anhörung ergeben, dass wir eine Chance<br />

haben, an diesem Rundfunkstaatsvertrag etwas zu än<strong>der</strong>n, denn dieser<br />

Rundfunkstaatsvertrag - ich hatte es ausgeführt - ist ein<br />

Gesamtpaket. Er beinhaltet einerseits Gebührenregelungen,<br />

an<strong>der</strong>erseits Regelungen zur Gebührenbefreiung sowie Regelungen zur<br />

Werbung im Online-Bereich des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Das<br />

heißt, man könnte verschiedene Gründe haben, gegen dieses<br />

Gesamtpaket zu stimmen. <strong>Der</strong> Verfassungsrechtler Lerche hat dies<br />

entsprechend in <strong>der</strong> Anhörung festgestellt, dass auch Sie, Herr<br />

Ministerpräsident Biedenkopf, die Chance hätten, die<br />

Rundfunkgebührenfrage ganz an<strong>der</strong>s zu regeln. Aber seit Jahrzehnten<br />

regeln Sie diese Frage nicht an<strong>der</strong>s, weil Sie sie immer parallel<br />

mit Fragen zum kommerziellen Rundfunk regeln wollen und dort im<br />

Wesentlichen in den letzten Jahren Kirch und Bertelsmann immer<br />

wie<strong>der</strong> beför<strong>der</strong>t haben, so dass es zu einer immer größeren<br />

Konzentration statt zu einer Vielfalt gekommen ist.<br />

Dies sind im Wesentlichen die Antworten <strong>der</strong> Medienstandortpolitiker<br />

aus Nordrhein-Westfalen und vor allen Dingen aus Bayern, die<br />

versuchen, die bei ihnen angesiedelten Konzerne von Bertelsmann und<br />

Kirch bei sich zu halten und gütig zu stimmen. An<strong>der</strong>e<br />

Ministerpräsidenten stimmen in den jeweiligen Chor mit ein in <strong>der</strong><br />

Hoffnung, dass sich die eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Tochter o<strong>der</strong> Enkelin <strong>der</strong><br />

Großen in ihrem Land ansiedeln wird.<br />

Haben wir eine Chance, gegen diesen Rundfunkstaatsvertrag zu<br />

stimmen? Herr Grüning hatte das Bundesverfassungsgerichtsurteil von<br />

1994 angemerkt. Wer dieses Urteil genau liest, wird feststellen,<br />

dass das Bundesverfassungsgericht ein mögliches Verfahren<br />

vorgegeben hat, wie die Rundfunkgebühr festgelegt werden kann. Es


hat den Fall, dass ein Län<strong>der</strong>parlament einen Rundfunkstaatsvertrag<br />

ablehnt, nicht behandelt. Dafür gibt es keine Regelung. Das hat<br />

auch Verfassungsrechtler Lerche entsprechend ausgeführt. Das heißt,<br />

grundsätzlich haben wir angesichts <strong>der</strong> Urteile des<br />

Bundesverfassungsgerichts als auch angesichts <strong>der</strong> Aussagen in <strong>der</strong><br />

Anhörung die Chance, haben wir die Möglichkeit, den uns vorliegende<br />

Rundfunkstaatsvertrag abzulehnen.<br />

Das Bundesverfassungsgericht hat 1994 auch festgestellt, dass über<br />

die Rundfunkgebührengesetzgebung, über das Zugeständnis einer<br />

Rundfunkgebühr keine sachfremden Erwägungen, kein Einfluss auf die<br />

öffentlich-rechtlichen Anstalten zu nehmen ist. Genau dies, meine<br />

Damen und Herren von <strong>der</strong> CDU-Fraktion, ist in dem laufenden<br />

Verfahren passiert. Ich zitiere die gemeinsame Protokollnotiz aller<br />

Län<strong>der</strong>: "Es besteht unter den Län<strong>der</strong>n Einverständnis, dass vor<br />

einer abschließenden Behandlung des Fünften<br />

Rundfunkän<strong>der</strong>ungsstaatsvertrages am 15. Juni 2000 eine Entscheidung<br />

<strong>der</strong> Intendanten <strong>der</strong> ARD-Rundfunkanstalten zur Stimmengewichtung<br />

vorliegen muss." Das Gleiche galt für einen entsprechenden<br />

Finanzausgleich. Die Stimmengewichtung wurde von den<br />

Ministerpräsidenten vorgegeben.<br />

Herr Grüning, Sie selbst haben gesagt, es darf keinen Einfluss<br />

geben, keine sachfremden Erwägungen auf die öffentlich-rechtlichen<br />

Anstalten im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Rundfunkgebühr. Genau diesen<br />

Einfluss, genau die Vorgabe, wie <strong>der</strong> Finanzausgleich auszusehen<br />

hat, als auch, wie das Stimmrechtsprinzip zu sein hat, haben die<br />

Ministerpräsidenten vorgegeben; im Übrigen zulasten <strong>der</strong><br />

ostdeutschen Län<strong>der</strong>, denn <strong>der</strong> MDR hat in Zukunft statt einer von<br />

zehn Stimmen zwei von 21 und <strong>der</strong> Ostdeutsche Rundfunk eine von 21<br />

Stimmen statt früher eine von zehn Stimmen.<br />

Darf man gegen diese Rundfunkgebühr stimmen angesichts dessen, was<br />

sich im öffentlich-rechtlichen Rundfunk in den letzten Jahren<br />

entwickelt hat, angesichts dessen, wie <strong>der</strong> öffentlich-rechtliche<br />

Rundfunk - sprich ARD und ZDF - mit den kommerziellen Sen<strong>der</strong>n<br />

konkurriert? Einige Beispiele dazu. 1989 kosteten die Rechte für<br />

die Fußballübertragung für die Bundesliga noch 80 Millionen DM,<br />

<strong>der</strong>zeit sind wir bei 600 Millionen DM. Ich frage mich: Müssen wir<br />

um jedes Fußballspiel kämpfen? Müssen wir um jedes Fußballspiel<br />

kämpfen, zumal, wie <strong>der</strong> Intendant des Westdeutschen Rundfunks, Herr<br />

Pleitgen, feststellte, allein im letzten Jahrzehnt politische<br />

Magazine verschoben werden mussten, weil es in <strong>der</strong> ARD zweit- und<br />

drittklassigen Fußball zu sehen gab und weil die ARD eben genau<br />

diese Rechte gekauft hatte und nicht bereit war, das Fußballspiel<br />

einmal nach hinten zu schieben. Sicherlich, ein Fußballspiel hat<br />

immer noch höhere Einschaltquoten als ein politisches Magazin, aber<br />

es ist nicht die Aufgabe des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, nur<br />

auf Einschaltquoten zu schielen.<br />

Frau Christiansen hat 1999 einen Vertrag für eine Sendung<br />

abgeschlossen, für die die entsprechende Firma 12 Millionen DM<br />

erhielt. Im Jahr 2000 sieht diese Sendung noch genauso aus, die<br />

entsprechende Firma erhält mittlerweile 14 Millionen DM. Ich frage<br />

Sie: Was ist dort <strong>der</strong> Mehrwert? Vor kurzem wurde festgestellt, dass


ein Showmaster - und jetzt bin ich an <strong>der</strong> unteren Grenze - bei ARD<br />

und ZDF an einem Tag 25 000 DM auf die Hand erhält, sprich für eine<br />

Sendung an einem Abend. Herr Ministerpräsident, das ist mehr, als<br />

Sie in einem Monat verdienen! Ich bin <strong>der</strong> Meinung, dies ist einfach<br />

zu viel.<br />

(Unruhe bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Zu fragen ist genauso, ob <strong>der</strong> Vertreter des Los-Angeles-Büros des<br />

Mitteldeutschen Rundfunks 440 000 DM im Jahr bekommen muss - auch<br />

fast das Doppelte eines Ministerpräsidenten - o<strong>der</strong> ein Intendant<br />

einer öffentlich-rechtlichen Anstalt das Doppelte des Gehalts eines<br />

Ministerpräsidenten. Vonseiten <strong>der</strong> Intendanten <strong>der</strong> öffentlichrechtlichen<br />

Sen<strong>der</strong> wird immer wie<strong>der</strong> ins Feld geführt, dass sie<br />

auch bei Privaten arbeiten könnten. Aber überlegen Sie es sich<br />

einmal - so viele Intendanten, so viele private Sen<strong>der</strong> gibt es ja<br />

gar nicht, wo all die Intendanten und Spitzenfunktionäre von ARD<br />

und ZDF untergebracht werden könnten. Dies ist einfach ein<br />

Irrglaube. Außerdem ist ein Intendant auf Jahre hinaus gewählt. <strong>Der</strong><br />

Chef des ZDF, Herr Stolte, ist fast 20 Jahre an <strong>der</strong> Spitze. Wenn<br />

man über 20 Jahre hochrechnet, kommt man auf Summen, die man bei<br />

dem "hire and fire" nicht so schnell verdienen wird.<br />

<strong>Der</strong> Mitteldeutsche Rundfunk hat 43 Arbeitsverträge außer Tarif.<br />

Diese Leute verdienen im Durchschnitt 2 000 DM und mehr im Monat.<br />

Stellen Sie sich nur vor, wenn die 2 000 DM weniger verdienen<br />

würden. Ich glaube, die würden alle noch ganz gut über die Runden<br />

kommen.<br />

Rechnen wir das hoch: Allein für den MDR macht das eine Million DM<br />

aus, für zehn ARD-Anstalten sind wir schon bei zehn Millionen DM<br />

und ich sage Ihnen: Wir finden hun<strong>der</strong>tmal zehn Projekte beim<br />

öffentlich-rechtlichen Rundfunk, bei ARD und ZDF, die uns dieses<br />

Geld einsparen ließen, und genau dann wäre diese Gebührenerhöhung<br />

von über einer Milliarde DM nicht notwendig.<br />

Darf man gegen diesen Rundfunkstaatsvertrag stimmen angesichts <strong>der</strong><br />

Erfolge bisheriger Mediengesetzgebung? Herr Biedenkopf, in den<br />

letzten zehn Jahren haben Sie diese Mediengesetzgebung im<br />

Wesentlichen mitgestaltet. Sie werden mir sicherlich zugeben, dass<br />

diese Mediengesetzgebung fast immer - fast ausschließlich -<br />

nacheilend war. Nacheilend, das heißt, die kommerziellen Sen<strong>der</strong><br />

Kirch und Bertelsmann haben die Tatsachen vorgegeben; die<br />

Medienpolitiker, zumeist die Ministerpräsidenten, haben zum Schluss<br />

das in Gesetze gegossen, was Kirch und Bertelsmann vorgegeben<br />

haben.<br />

Im Jahre 1997 hatten wir in diesem <strong>Landtag</strong> eine große Debatte über<br />

die Rundfunkgebühr; diese wurde mit Konzentrationsfragen im<br />

kommerziellen Bereich verquickt. Es wurde ein neues Gremium<br />

geschaffen, die so genannte Kommission zur Ermittlung <strong>der</strong><br />

Konzentration. Diese ist bis heute bis auf ihre Berichte kaum tätig<br />

geworden. Ein entsprechendes Konzentrationsverfahren, das sie<br />

entwickeln sollte, konnte sie auf Eis legen. Zumindest hatten ihr<br />

das die Ministerpräsidenten mitgeteilt.<br />

Dieses neue Gremium, die Kommission zur Ermittlung <strong>der</strong><br />

Konzentration, hat zumindest vor kurzem einen entsprechenden


Bericht vorgelegt, in dem sie festgestellt hat, dass es im Rundfunk<br />

<strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland eine zunehmende Konzentration gibt,<br />

dass die Vielfalt abnimmt und die Einfalt zunimmt. Das heißt, die<br />

bisherigen Rundfunkstaatsverträge, die wir verabschiedet haben, die<br />

immer auch <strong>der</strong> Beför<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Vielfalt dienen sollten, diese<br />

Rundfunkstaatsverträge haben nicht funktioniert.<br />

Zumindest müsste sich doch ein Gesetzgeber, <strong>der</strong> den Anspruch hat,<br />

im Medienbereich in <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland gestalten zu<br />

wollen, überlegen, was er bisher für gesetzliche Regelungen<br />

geschaffen hat, wie diese funktioniert haben, warum sie nicht<br />

funktioniert haben und welche Regelungen deshalb zu treffen sind,<br />

um, wie schon angesprochen, Vielfalt zu erreichen. Genau dies wurde<br />

in <strong>der</strong> Mediendebatte nicht gemacht. Über die Frage <strong>der</strong> Vielfalt<br />

wird einfach hinweggegangen.<br />

Wir haben einen neuen Rundfunkstaatsvertrag vorliegen und auch zu<br />

diesem Staatsvertrag gibt es von verschiedener Seite Kritik. Eine<br />

Kritik hatte ich genannt, das wäre die Kritik vonseiten des<br />

Bundesverfassungsgerichts, von dem kürzlich festgehalten wurde,<br />

dass die Rundfunkgebührenfrage nicht mit an<strong>der</strong>en Fragen zu<br />

verquicken ist.<br />

Zum Zweiten gibt es eine entsprechende Protokollnotiz in dem<br />

Rundfunkstaatsvertrag. Diese Protokollnotiz haben alle Län<strong>der</strong><br />

unterzeichnet. Ich zitiere: "Die Län<strong>der</strong> erwarten anlässlich <strong>der</strong><br />

vorgenommenen Gebührenanpassung von ARD und ZDF, dass sie bei <strong>der</strong><br />

Wahrnehmung ihres Programmauftrags Produktionen unabhängiger Film-<br />

und Fernsehproduzenten angemessen berücksichtigen sollen." Dies<br />

geht im Wesentlichen auf die Politik sowohl des Mitteldeutschen<br />

Rundfunks als auch des Südwestrundfunks zurück, die in <strong>der</strong> letzten<br />

Zeit immer weniger unabhängige Produzenten berücksichtigt haben.<br />

Aber es gibt auch zum Beispiel vonseiten des Intendanten des ZDF,<br />

Herrn Stolte, Kritik, <strong>der</strong> darauf hinwies, dass die kommerziellen<br />

Unternehmen immer stärker auf eine Verwertungskette bauen und dass<br />

sie, wenn sie diese Protokollnotiz durchsetzen würden, kleine<br />

Firmen füttern würden, die letztlich von den großen kommerziellen<br />

Sen<strong>der</strong>n gekauft werden.<br />

Im neuen Rundfunkstaatsvertrag geht es um die Online-Werbung im<br />

öffentlich-rechtlichen Rundfunk. Diese wurde verboten. Herr Stolte,<br />

<strong>der</strong> während <strong>der</strong> Anhörung noch intensiv für diesen<br />

Rundfunkstaatsvertrag warb, führte auf den Münchener Medientagen<br />

aus, er glaube, dass mit diesem Verbot <strong>der</strong> Online-Werbung die<br />

Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks infrage stehe.<br />

Das heißt, es gibt von verschiedenen Seiten genug Kritik an dem<br />

vorliegenden Rundfunkstaatsvertrag bzw. seinen Protokollnotizen.<br />

Die Frage ist: Darf man gegen diesen Rundfunkstaatsvertrag stimmen,<br />

wenn doch die Mehrzahl <strong>der</strong> Gutachter in <strong>der</strong> Anhörung für diesen<br />

Rundfunkstaatsvertrag gestimmt hat? Aber, meine Damen und Herren,<br />

dies waren zumeist Gutachter in eigener Sache. Warum sollen die<br />

Intendanten von ARD und ZDF, da sie doch das Geld benötigen, gegen<br />

diesen Rundfunkstaatsvertrag stimmen? Warum sollten die<br />

kommerziellen Anbieter gegen diesen Rundfunkstaatsvertrag reden,<br />

haben sie doch die Rechte aufgekauft, die sie dann ARD und ZDF


verkaufen müssen, um nicht in Zukunft selbst Pleite zu gehen? Warum<br />

sollen die Vertreter <strong>der</strong> SLM gegen diesen Rundfunkstaatsvertrag<br />

sprechen, <strong>der</strong> ihnen doch in Zukunft einen größeren Anteil an <strong>der</strong><br />

Rundfunkgebühr - zumindest einen größeren absoluten Anteil -<br />

sichert?<br />

Dürfen wir - auch als PDS-Fraktion - angesichts des<br />

Kompromissangebotes vonseiten <strong>der</strong> CDU noch gegen diesen<br />

Rundfunkstaatsvertrag stimmen? Das Kompromissangebot hat Herr<br />

Grüning genannt; es findet sich in <strong>der</strong> Präambel zu diesem<br />

Rundfunkstaatsvertrag. Es scheint eine Absichtserklärung zu sein,<br />

die die medienpolitische Landschaft in <strong>der</strong> Bundesrepublik verän<strong>der</strong>n<br />

könnte, werden doch erstmals auch <strong>Landtag</strong>sabgeordnete in<br />

entsprechende Kommissionen einbezogen.<br />

Herr Grüning, Sie haben gefor<strong>der</strong>t, dass die Medienpolitiker<br />

frühzeitig in die entsprechenden Entscheidungen einzubeziehen sind.<br />

Aber ich frage Sie: Welcher Medienpolitiker weiß nicht frühzeitig,<br />

wann <strong>der</strong> nächste Rundfunkstaatsvertrag ansteht? Welcher<br />

Medienpolitiker weiß nicht, was die öffentlich-rechtlichen<br />

Anstalten vorhaben? Welcher Medienpolitiker weiß nicht, wie hoch<br />

die nächste Rundfunkgebühr werden soll?<br />

Um die Rundfunkgebühr debattieren wir seit mittlerweile fast zwei<br />

Jahren. <strong>Der</strong> Ministerpräsident hatte im Jahr 1997 die Debatte schon<br />

einmal aufgemacht und verkündet, dass es mit ihm eine weitere<br />

Erhöhung <strong>der</strong> Rundfunkgebühr nicht geben solle. Da konnte er sich<br />

ausnahmsweise bei den an<strong>der</strong>en Ministerpräsidenten nicht<br />

durchsetzen.<br />

Wir debattieren darüber, dass in Zukunft - so hat <strong>der</strong><br />

medienpolitische Sprecher <strong>der</strong> CDU-Fraktion des <strong>Landtag</strong>s von<br />

Nordrhein-Westfalen festgestellt und ich zitiere jetzt wie<strong>der</strong> - "32<br />

Leute in Mainz beim Essen für keine größere Transparenz" beim<br />

öffentlich-rechtlichen Rundfunk sorgen werden. Das heißt, selbst in<br />

Ihren eigenen Reihen wird es skeptisch gesehen, ob die von Ihnen<br />

gefor<strong>der</strong>te Kommission von 32 <strong>Landtag</strong>sabgeordneten aller Län<strong>der</strong><br />

irgendetwas in <strong>der</strong> Medienpolitik bewegen wird.<br />

Und wir debattieren über eine Vereinbarung, die Sie selbst zitiert<br />

haben, über eine Vereinbarung mit dem Mitteldeutschen Rundfunk, <strong>der</strong><br />

bereit sein soll, dass die Rechnungshöfe bei ihm prüfen können.<br />

Herr Grüning, Sie haben von einem bindenden Einverständnis, von<br />

einer bindenden Bereitschaft des Intendanten des Mitteldeutschen<br />

Rundfunks, Herrn Reiter, geredet, dass die Rechnungshöfe bei ihm<br />

prüfen dürften.<br />

Ich möchte aus einem vor kurzem im "Evangelischen Pressedienst"<br />

veröffentlichten Interview zum vorliegenden Rechnungshofsbericht<br />

zitieren. In einer Antwort schrieb Herr Reiter - jetzt das Zitat -:<br />

"Eine klare Festlegung von Kompetenz und Verantwortung, Verhältnis<br />

und Umfang <strong>der</strong> Prüfungskompetenz <strong>der</strong> Rechnungshöfe,<br />

eigenverantwortliche strategische Entscheidungskompetenz des MDR<br />

und seiner Organe sowie <strong>der</strong> Aufgaben und Funktionen <strong>der</strong><br />

Wirtschaftsprüfer erscheint sinnvoll und geboten."<br />

Des Weiteren stellt <strong>der</strong> Präsident des Rechnungshofes fest - jetzt<br />

zitiere ich wie<strong>der</strong> -: "Im Übrigen wi<strong>der</strong>spricht diese Stellungnahme


des Mitteldeutschen Rundfunks diametral <strong>der</strong> Zusage des Intendanten<br />

an Herrn Fritz Hähle, Vorsitzen<strong>der</strong> <strong>der</strong> CDU-Fraktion im <strong>Sächsische</strong>n<br />

<strong>Landtag</strong>, und alle drei Staatskanzleien" - also auch an Herrn<br />

Biedenkopf -, "mit den Rechnungshöfen zu den gleichen<br />

rundfunkrechtlichen Regelungen zu kommen, wie sie beim SWR und beim<br />

Bayerischen Rundfunk bestehen." Hier gibt es nämlich das direkte<br />

und uneingeschränkte Prüfrecht des jeweiligen Rechnungshofes auch<br />

in den Beteiligungsgesellschaften selbst.<br />

Herr Grüning, meine Damen und Herren von <strong>der</strong> CDU, was Sie hier<br />

vorlegen, ist nicht eine Absichtserklärung, es ist ein<br />

medienpolitisches Nullsummenspiel, das letztlich den Steuerzahler<br />

nur mehr Reisekosten kosten wird und die Prüfungskompetenz <strong>der</strong><br />

<strong>Landtag</strong>e, <strong>der</strong> Rechnungshöfe eben nicht beför<strong>der</strong>n wird.<br />

Dies allein wäre Grund genug, gegen diesen Rundfunkstaatsvertrag zu<br />

stimmen. Wir können uns doch nicht weiter von Herrn Reiter am Ring<br />

durch die Nase durch das Parlament und durch die sächsische<br />

Medienlandschaft führen lassen.<br />

Herr Hähle, Sie haben gestern gesagt, dass die heutige Abstimmung<br />

für Ihre Fraktion keine Gewissensfrage sei. Ich hoffe, es ist eine<br />

Wissensfrage. Gegen diesen Rundfunkstaatsvertrag sprechen viele<br />

Dinge.<br />

(Zuruf des Abg. Dr. Hähle, CDU)<br />

Ich fasse noch einmal zusammen: Zum einen ist es das Votum <strong>der</strong><br />

sächsischen Bevölkerung. Immerhin sind 80 % <strong>der</strong> Bürgerinnen und<br />

Bürger gegen diesen Rundfunkstaatsvertrag, gegen die entsprechende<br />

Gebührenerhöhung. Das heißt, wenn Sie ihn trotzdem umsetzen wollen,<br />

bedarf es meiner Meinung nach einer geson<strong>der</strong>ten Begründung.<br />

Zum Zweiten - ich hatte darauf verwiesen - gibt es genug Beispiele<br />

dafür, wie <strong>der</strong> öffentlich-rechtliche Rundfunk sein Geld einsetzt.<br />

Solange ein Showmaster an einem Abend mehr verdient als ein<br />

Ministerpräsident im Monat, solange ein Intendant doppelt so viel<br />

verdient wie ein Ministerpräsident, sind die<br />

Rundfunkgebührenerhöhungen meiner Meinung nach hinfällig.<br />

(Beifall <strong>der</strong> Abg. Frau Zschoche, PDS)<br />

Solange <strong>der</strong> Mitteldeutsche Rundfund seine Versprechen, die er <strong>der</strong><br />

Legislative - sprich dem Parlament - o<strong>der</strong> einer Fraktion o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Exekutive - sprich <strong>der</strong> Regierung - gegeben hat, nicht einhält, kann<br />

man diesem Rundfunkstaatsvertrag mit seiner Präambel nicht<br />

zustimmen.<br />

Solange dieser Rundfunkstaatsvertrag nicht zu mehr Vielfalt,<br />

son<strong>der</strong>n zu mehr Einfalt führt, kann man diesem<br />

Rundfunkstaatsvertrag nicht zustimmen.<br />

Mit einer Ablehnung öffnen Sie die Tür für die Reform des<br />

öffentlich-rechtlichen Rundfunks im digitalen Zeitalter.<br />

Meine Damen und Herren von <strong>der</strong> CDU und auch von <strong>der</strong> SPD, angesichts<br />

all dieser Fakten können Sie mit bestem Wissen und Gewissen gegen<br />

den vorliegenden Staatsvertrag stimmen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Präsident Iltgen: Wird von <strong>der</strong> CDU-Fraktion das Wort gewünscht? -<br />

Das ist nicht <strong>der</strong> Fall. Dann bitte die Fraktion <strong>der</strong> SPD, Herr Dr.<br />

Kunckel.


Dr. Kunckel, SPD: Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen!<br />

Es scheint so, dass wir heute zu einem Ende <strong>der</strong> Debatte über die<br />

Ratifizierung des Fünften Rundfunkän<strong>der</strong>ungsstaatsvertrages kommen,<br />

einer Debatte, die in den vergangenen Wochen und Monaten sehr<br />

emotional geführt worden ist. Gegen eine solche Emotionalität ist<br />

nichts zu sagen. Freilich bleibt anzumerken, dass eben diese<br />

Emotionalität dann auch zu gewissen Halbwahrheiten in <strong>der</strong> Debatte<br />

geführt hat und über die Wangen manches Politikers eine Reihe von<br />

Krokodilstränen geflossen sind.<br />

Es ist auch so, dass diese Debatte nicht gerade günstig durch<br />

Vorgänge beeinflusst worden ist, die wir in den letzten Wochen mit<br />

Blick auf den MDR hatten. Ich möchte das heute nicht mehr alles<br />

wie<strong>der</strong>holen. Ich hatte in den vergangenen Wochen des Öfteren hier<br />

in diesem Parlament und auch in <strong>der</strong> Öffentlichkeit dazu Stellung<br />

genommen. Ich möchte schlicht und ergreifend zwei Punkte nennen,<br />

warum meine Fraktion diesem Gesetz zustimmen wird.<br />

Erstens. Dieser Rundfunkän<strong>der</strong>ungsstaatsvertrag regelt nicht nur die<br />

Gebührenfrage. Es ist sicherlich so: Keiner in diesem Hohen Hause,<br />

auch nicht von meiner Fraktion, stimmt einer Gebührenerhöhung, ob<br />

beim Abwasser, beim Trinkwasser o<strong>der</strong> beim Rundfunk, gern zu.<br />

(Zuruf des Abg. Eggert, CDU)<br />

- Nein, Kollege Eggert, das ist ganz nüchtern und ganz sachlich<br />

festgestellt. Das ist so. Das gilt auch für mich. Und ich bin<br />

bekanntermaßen einer, <strong>der</strong> halbwegs besser verdient.<br />

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Porsch, PDS)<br />

Aber in diesem Staatsvertrag werden eine Reihe von Fragen geregelt,<br />

die wichtig für die Fortentwicklung unserer Medienordnung in<br />

Deutschland sind:<br />

- <strong>der</strong> ARD-Finanzausgleich; um ihn ist lange gerungen worden;<br />

- die Frage <strong>der</strong> Normierung von Ausnahmeregelungen bei<br />

Werbeveranstaltungen von lokalen und regionalen Anbietern;<br />

- die Frage des Moratoriums über die PCs; also keine Gebühren auf<br />

PCs. Und vieles weitere.<br />

Das ist <strong>der</strong> Inhalt dieses Staatsvertrages. Und gemessen an diesen<br />

Regelungen sieht sich meine Fraktion in <strong>der</strong> Lage diesem<br />

Staatsvertrag zuzustimmen.<br />

Zweitens. Ich glaube, es ist wichtig für die kommende Periode bis<br />

2004, dass wir auf <strong>der</strong> Basis einer geregelten Ordnung über wichtige<br />

Fragen <strong>der</strong> Gestaltung <strong>der</strong> Medienordnung in Deutschland diskutieren<br />

und nicht möglicherweise in einer Situation, wo - kein Mensch kann<br />

das ausschließen, wenn wir heute dem Staatsvertrag nicht zustimmen<br />

- Gerichtsverfahren anhängig sind. Und solche Verfahren<br />

beschleunigen nicht gerade den Willen <strong>der</strong> Politiker, weitere<br />

Regelungen zu finden.<br />

Ich denke, dass die Regelungen, die auf uns zukommen, sehr wichtig<br />

sind. Stichwort Konvergenz <strong>der</strong> Endgeräte; Kollege Grüning hat das<br />

erwähnt. Er nannte als Beispiel den Kühlschrank. Ich könnte mir<br />

vorstellen, dass vielleicht ein findiger Sachse zukünftig die<br />

Klarsichtscheibe einer Mikrowelle in einen Fernsehschirm umbaut.<br />

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Porsch, PDS)


Und während das Essen zurechtgemacht wird, könnte man dort<br />

vielleicht Kochsendungen empfangen.<br />

All das ist denkbar und kein Mensch sollte dann in einem solchen<br />

Fall darauf kommen, auf Mikrowellengeräte Rundfunkgebühren zu<br />

erheben.<br />

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Porsch, PDS)<br />

Das heißt, wir müssen uns darüber verständigen, wie wir das in<br />

Zukunft mit <strong>der</strong> Bindung an Endgeräte handhaben wollen. Wir müssen<br />

uns - auch das wurde heute genannt - darüber verständigen, wie wir<br />

die Präsentation <strong>der</strong> Öffentlich-Rechtlichen im Internet, im Online-<br />

Bereich gestalten wollen. Da gibt es sehr schwierige, strittige<br />

Fragen zu behandeln.<br />

Ich glaube, wenn wir diesen Staatsvertrag heute annehmen, dann kann<br />

das in einem politischen Klima erfolgen, das gedeihlich sein könnte<br />

für das Produkt, das zu erwarten ist.<br />

Wir werden in diesem Staatsvertrag dem Artikel 2 nicht zustimmen,<br />

meine Damen und Herren. <strong>Der</strong> Artikel 2 än<strong>der</strong>t das <strong>Sächsische</strong><br />

Privatrundfunkgesetz. Wir können nicht hinnehmen, dass das<br />

Haushaltsrecht <strong>der</strong> Versammlung genommen wird. Ich glaube, das führt<br />

auch zu einer Demotivation <strong>der</strong> Leute in dieser Versammlung. Wir<br />

hatten uns vor Jahren auf ein System von checks and balances in<br />

dieser Landesmedienanstalt geeinigt. Dort wurde nunmehr in<br />

gravieren<strong>der</strong> Weise zum zweiten Mal eingegriffen. Den Artikel 2 wird<br />

demzufolge meine Fraktion ablehnen.<br />

(Beifall des Abg. Jurk, SPD)<br />

Die Präambel, die hinzugekommen ist, weist auf einige schwer<br />

wiegende Probleme auch mit Blick auf den hiesigen Sen<strong>der</strong> hin, wo<br />

die <strong>Landtag</strong>sabgeordneten mit Recht erwarten - im Sinne eines<br />

politischen Willens, den wir dort zum Ausdruck bringen -, was wir<br />

in Zukunft geän<strong>der</strong>t haben wollen.<br />

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Ende<br />

noch für die kommende Debatte einen aus meiner Sicht wichtigen<br />

Splitter in die Diskussion werfen. Ich erinnere Sie an eine Zeit<br />

vor einigen Jahren, als in Italien <strong>der</strong> Wahlsieger Silvio Berlusconi<br />

hieß. Es war damals ein französischer Intellektueller - wenn ich<br />

mich recht erinnere - namens Paul Veriot, <strong>der</strong> die Diskussion über<br />

dieses Ereignis über ein schlichtes Zeitgeistsurfen hinausführte.<br />

Dieser Mann hielt nämlich - da kann man durchaus unterschiedlicher<br />

Meinung sein - diesen Wahlsieg für den ersten medienpolitischen<br />

Staatsstreich in <strong>der</strong> europäischen Geschichte.<br />

Das mag übertrieben sein, meine Damen und Herren. Gleichwohl darf<br />

ich Sie daran erinnern, dass die italienische Halbinsel immer das<br />

Labor für das kulturelle Europa war. Vom Quattrocento bis zum<br />

Belcanto, von <strong>der</strong> barocken Architektur bis zum Film, stets gingen<br />

wesentliche Entwicklungen von Italien aus. Und sicher ist eins: Die<br />

mo<strong>der</strong>ne Medienwelt hat die politische Auseinan<strong>der</strong>setzung ähnlich<br />

revolutioniert wie einst <strong>der</strong> Panzerwagen die mo<strong>der</strong>ne Kriegsführung.<br />

Was ich sagen will: Wir sind in <strong>der</strong> Debatte gezwungen, darüber<br />

nachzudenken, welche Einflüsse die Entwicklung <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Medien<br />

auf die Gesellschaft und auf den Kitt in dieser Gesellschaft - auf<br />

die Integration, wie Kollege Grüning es nannte - haben wird.


Es ist dort genauso gelaufen wie bei vielen an<strong>der</strong>en Entwicklungen:<br />

Erst kam <strong>der</strong> hemmungslose Ruf nach Arbeitsplätzen, dann <strong>der</strong> Ruf<br />

nach <strong>der</strong> Ethikkommission. Ich glaube, wir müssen uns darüber im<br />

Klaren sein, dass wir uns auch in <strong>der</strong> Debatte Gedanken machen<br />

müssen, wie die Zuständigkeit <strong>der</strong> Anbieter für die Folgen ihrer<br />

Produkte zu regeln ist.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Wenn wir dies nämlich nicht tun, meine Damen und Herren, dann<br />

schlittern wir in Gefahren hinein - im Vergleich dazu war die<br />

Atomenergie geringfügig.<br />

Ich wollte dies schon heute sagen, weil ich denke, dass die Debatte<br />

nicht nur über die künftige Finanzierung, wie wir die regeln<br />

wollen, und nicht nur über die Frage <strong>der</strong> Präsentation im Internet<br />

zu führen ist, son<strong>der</strong>n auch über die Folgen dessen, was die mo<strong>der</strong>ne<br />

Medienwelt für die Gesellschaft bedeutet.<br />

Herzlichen Dank.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Präsident Iltgen: Wird von <strong>der</strong> Staatsregierung das Wort gewünscht?<br />

- Herr Ministerpräsident, bitte.<br />

Prof. Dr. Biedenkopf, Ministerpräsident: Herr Präsident! Meine sehr<br />

verehrten Damen und Herren! Ich möchte, Herr Kollege Kunckel, an<br />

das anknüpfen, was Sie zum Schluss gesagt haben, weil das nicht nur<br />

ein Splitter ist, den Sie in die Debatte getragen haben, son<strong>der</strong>n<br />

eine zentrale Frage, eine Frage, die uns nicht nur als<br />

Ministerpräsidenten - wenn auch bisher, lei<strong>der</strong> Gottes, nur am Rande<br />

-, son<strong>der</strong>n die uns alle beschäftigen muss.<br />

Ich habe vor Jahren versucht, dieses Problem mit <strong>der</strong> Formel auf den<br />

Punkt zu bringen, dass es für alle autonomen Bereiche, also für<br />

alle Bereiche, in denen unsere Verfassung Autonomien gewährt, um<br />

Freiheit zu sichern, auch eine Sozialpflichtigkeit gibt - den<br />

Gedanken, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Verfassung ausdrücklich für das Eigentum<br />

festgelegt ist, also übertragen auch auf an<strong>der</strong>e Bereiche, in denen<br />

Autonomien vergleichbarer Bedeutung für die Gesamtgesellschaft<br />

gewährt werden. Dies hat auch etwas mit <strong>der</strong> Diskussion über die<br />

Grundversorgung zu tun, die ja nach <strong>der</strong> Präambel, die uns mit zur<br />

Entscheidung vorliegt, mit großer Intensität neu überprüft und<br />

definiert werden soll.<br />

Wir haben aus Sachsen mit dem heute vorliegenden Gesetz über die<br />

Ratifikation des Fünften Staatsvertrages zur Än<strong>der</strong>ung<br />

rundfunkrechtlicher Staatsverträge, wie Sie zu Recht sagten, Herr<br />

Kollege Kunckel, nicht nur über die Gebühren zu entscheiden. Auch<br />

ich hätte mich - auch als Ministerpräsident - schwer getan, nur<br />

alleine <strong>der</strong> Gebührenerhöhung wegen den Staatsvertrag zu<br />

unterzeichnen und damit die Voraussetzung für dieses<br />

Ratifikationsverfahren zu schaffen.<br />

Mit dem Vertrag wird auch eine Reihe von Reformmaßnahmen<br />

fortgesetzt, Reformmaßnahmen, die bereits in früheren<br />

Staatsverträgen eine Rolle gespielt haben. Ich möchte ausdrücklich<br />

darauf hinweisen, dass auch frühere Reformanstöße vom Freistaat<br />

Sachsen ausgegangen sind. Wir haben, die Staatsregierung zusammen<br />

mit <strong>der</strong> Bayerischen Staatsregierung, im Januar 1995 eine Reihe von


Thesen vorgelegt, die auf eine Reform insbeson<strong>der</strong>e des ARD-Systems<br />

hinzielten mit dem Ziel, eine ständig weitere Expansion des<br />

öffentlich-rechtlichen Rundfunks über den eigentlichen Auftrag des<br />

öffentlich-rechtlichen hinaus unter Kontrolle zu bringen.<br />

Ich möchte daran erinnern, dass die heftigsten Gegenkräfte gegen<br />

die Diskussion über diese Thesen nicht aus dem politischen Raum<br />

kamen, son<strong>der</strong>n von den betroffenen ARD-Anstalten selbst. Wochenlang<br />

wurde in den Hauptnachrichten zu diesen Reformvorschlägen mit dem<br />

Argument berichtet, man wolle mit diesen Reformvorschlägen die ARD<br />

zerschlagen. Dies wurde nicht nur mündlich vorgetragen, son<strong>der</strong>n<br />

auch mit den entsprechenden Bil<strong>der</strong>n untersetzt, insbeson<strong>der</strong>e mit<br />

dem Rundfunkgerät, über dem ein Beil schwebte, das dann immer<br />

eingeblendet wurde bei den Hauptnachrichten von Herrn Wickert.<br />

Inzwischen haben wir eine ganze Reihe dieser Vorschläge<br />

verwirklicht und auch <strong>der</strong> Fünfte Än<strong>der</strong>ungsstaatsvertrag dient <strong>der</strong><br />

Verwirklichung dieser Reformvorschläge.<br />

Im Dritten Än<strong>der</strong>ungsstaatsvertrag von 1996, wenn ich das noch<br />

einmal kurz in Erinnerung rufen darf, haben wir umfassende<br />

Bestimmungen über mehr Transparenz geschaffen und die Kontrolle <strong>der</strong><br />

Konzentration eingeführt. Herr Hilker, es ist keineswegs so, wie<br />

Sie gesagt haben, dass diese so genannte KEK nicht tätig geworden<br />

ist. Alleine die Tatsache, dass es sie gibt und dass eine bestimmte<br />

Konzentrationsobergrenze, und zwar ausgedrückt in Marktanteilen,<br />

eingeführt wurde, hat eine wesentlich retardierende Wirkung gehabt<br />

und wird sie auch in Zukunft haben.<br />

Selbstverständlich werden wir, wenn eine Konzentration über die im<br />

Staatsvertrag ausdrücklich fixierte Grenze hinaus stattfinden<br />

sollte, die entsprechenden Konsequenzen ziehen. Es sind durch diese<br />

Vorschriften auch wichtige Auskunftsrechte über Beteiligungen und<br />

Verästelungen im Konzernbereich geschaffen worden. Vor allen Dingen<br />

haben wir aber auch ein Einzelkündigungsrecht für die Regelungen<br />

über den ARD-Finanzausgleich schon damals vereinbart. Es ist<br />

insbeson<strong>der</strong>e dieses Einzelkündigungsrecht, das die Län<strong>der</strong> in die<br />

Lage versetzte, unter Aufrechterhaltung <strong>der</strong> Vertragsgebäude im<br />

Übrigen diesen Teil selbständig zu kündigen, <strong>der</strong> dazu geführt hat,<br />

dass man sich enormen Anstrengungen unterworfen hat, um<br />

Verän<strong>der</strong>ungen herbeizuführen.<br />

Im Vierten Än<strong>der</strong>ungsstaatsvertrag vom <strong>Beginn</strong> dieses Jahres wurde<br />

die Zahl <strong>der</strong> bundesweiten Fernsehprogramme <strong>der</strong> Öffentlich-<br />

Rechtlichen begrenzt und jedes zusätzliche Programm unter<br />

Staatsvertragsvorbehalt gestellt. Es wurde zu Online-Diensten<br />

beschlossen, dass ihre Möglichkeit drastisch begrenzt wird, dass<br />

sie nur vorwiegend programmbezogen sein dürfen, dass nicht eine<br />

ständige Proliferation von neuen Aktivitäten damit verbunden werden<br />

kann. Das bedeutet im Ergebnis, dass Online-Dienste als dritte<br />

Säule gesetzlich ausgeschlossen wurden, obwohl die Anstalten nur zu<br />

gerne dies wie<strong>der</strong> än<strong>der</strong>n und damit eine weitere dritte Säule in<br />

vollem Umfang nicht nur aufbauen, son<strong>der</strong>n, wenn diese Struktur<br />

einmal existiert, auch finanziert haben wollen.<br />

Wir haben festgelegt, dass in den Online-Diensten keine Werbung und<br />

kein Sponsoring enthalten sein kann, damit die sonst möglichen


zusätzlichen Werbeeinnahmen nicht eine zusätzliche Motivation zur<br />

Ausdehnung <strong>der</strong> Online-Dienste herbeiführen. Wir haben eine erste<br />

Fusion zweier Landesrundfunkanstalten, aus <strong>der</strong> <strong>der</strong> Südwestrundfunk<br />

entstanden ist, und haben auch diese mit dem Staatsvertrag in Gang<br />

gesetzt.<br />

Was nun den Fünften, heute zur Ratifikation vorliegenden<br />

Staatsvertrag angeht, so haben wir festgelegt, dass Fernsehtexte<br />

zukünftig werbe- und sponsorenfrei sein sollen. Wir haben weiter<br />

eine Neugewichtung <strong>der</strong> Stimmen innerhalb <strong>der</strong> ARD festgelegt. Hier,<br />

Herr Hilker, unterliegen Sie einem Irrtum: Die Ministerpräsidenten<br />

dürfen und damit auch die <strong>Landtag</strong>e Strukturfragen entscheiden. Das<br />

ist das Einzige, wo wir einschreiten dürfen. Stimmrechtsfragen sind<br />

Strukturfragen.<br />

Das Gleiche gilt für den Finanzausgleich. Auch <strong>der</strong> Finanzausgleich<br />

ist eine Strukturfrage, weil er die Frage betrifft, in welchem<br />

Umfang in Zukunft kleine Anstalten aus dem Gesamtaufkommen<br />

finanziert werden müssen, auch wenn sie mit den ihnen aus <strong>der</strong><br />

Hörerzahl o<strong>der</strong> Zuschauerzahl zustehenden Gebühren allein nicht<br />

existieren können.<br />

Deshalb ist einer <strong>der</strong> vorerst wahrscheinlich bedeutendsten<br />

Bausteine <strong>der</strong> ARD-Strukturreform die Tatsache, dass im Fünften,<br />

also hier zur Ratifikation anstehenden Än<strong>der</strong>ungsstaatsvertrag <strong>der</strong><br />

Finanzausgleich geän<strong>der</strong>t wird. Er wird sukzessive heruntergefahren<br />

und wird bis zum Januar 2006 nur noch 1 % des<br />

Nettogebührenaufkommens betragen. Aus dieser Verän<strong>der</strong>ung des<br />

Finanzausgleichs und damit <strong>der</strong> Reduktion des Finanzausgleichs, die<br />

die mit Abstand umstrittenste Regelung unter den Län<strong>der</strong>n war, wird<br />

<strong>der</strong> Zwang zu einer weiteren Strukturbereinigung eingeleitet mit <strong>der</strong><br />

voraussehbaren Folge, dass die kleinen Anstalten sich gezwungen<br />

sehen werden, sich mit an<strong>der</strong>en zu verbinden, was wie<strong>der</strong>um<br />

Rationalisierungswirkungen haben wird.<br />

Dass Gehälter im öffentlichen Rundfunk hoch sind, ist keine neue<br />

Sache. Das Ärgernis darüber besteht schon lange. In meiner Zeit als<br />

Mitglied <strong>der</strong> nordrhein-westfälischen <strong>Landtag</strong>sfraktion in <strong>der</strong><br />

Opposition haben wir die Gehaltslisten des WDR nicht nur verlangt,<br />

son<strong>der</strong>n auch erhalten und dann öffentlich diskutiert unter<br />

Hinzuziehung ähnlicher Vergleiche, wie Herr Hilker sie hier<br />

vorgetragen hat. Ich sehe keinen großen Sinn darin, jetzt im<br />

Einzelnen Gehälter aufzugreifen und daraus Schlussfolgerungen für<br />

die politische Entscheidung über die Zustimmung o<strong>der</strong><br />

Nichtzustimmung zur Ratifikation zu ziehen.<br />

Lassen Sie mich zum Abschluss drei Dinge feststellen. Wir haben in<br />

<strong>der</strong> Medienkommission <strong>der</strong> Ministerpräsidenten zu einer <strong>der</strong> letzten<br />

<strong>Sitzung</strong>en den Anstalten mitgeteilt, dass wir eine Neuordnung <strong>der</strong><br />

Finanzierung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks für unverzichtbar<br />

halten.<br />

Das ist nicht nur ein Hinweis darauf, dass man in vier Jahren nicht<br />

in alter Routine wie<strong>der</strong>kommen und dann die Rundfunkgebühren weiter<br />

erhöhen kann, son<strong>der</strong>n das ist ein Hinweis darauf, dass wir von<br />

Än<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Medienlandschaft einschließlich <strong>der</strong> Informations-<br />

und Kommunikationstechnologie in den nächsten Jahren ausgehen, die


eine Aufrechterhaltung des gegenwärtigen Systems nicht mehr möglich<br />

machen. Das heißt, die Technik holt die bisherigen Strukturen ein<br />

und überholt sie in einem so dramatischen Umfang, dass das<br />

bisherige System - was praktisch darauf hinausläuft, dass ich eine<br />

steurerähnliche Abgabe bezahle, um am Fernsehsystem teilnehmen zu<br />

können - nicht mehr aufrechterhalten werden kann.<br />

Wenn wir trotzdem als Staatsregierung das Hohe Haus darum bitten,<br />

diesem Fünften Staatsvertrag zur Än<strong>der</strong>ung rundfunkrechtlicher<br />

Staatsverträge zuzustimmen, dann deshalb, weil <strong>der</strong> <strong>Landtag</strong>, weil<br />

das Hohe Haus mit dieser Zustimmung eine Reihe von Aufträgen<br />

verbindet, die die Staatsregierung in die Lage versetzt, zunächst<br />

auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> Län<strong>der</strong>regierungen mit noch größerer<br />

Nachhaltigkeit und Dringlichkeit auf Reformen hinzuwirken.<br />

Dazu gehören insbeson<strong>der</strong>e die beiden konkreten Punkte, die in <strong>der</strong><br />

Präambel enthalten sind. Dies, meine sehr verehrten Damen und<br />

Herren, sind nicht nur in Form einer Präambel vorgelegte Wünsche.<br />

Die Staatsregierung hat vielmehr in den letzten vier Wochen,<br />

insbeson<strong>der</strong>e in den letzten 14 Tagen, mit den Regierungen, mit den<br />

Ministerpräsidenten und den Staatskanzleien aller Bundeslän<strong>der</strong><br />

Kontakt aufgenommen und hat von den Regierungen aller Bundeslän<strong>der</strong><br />

die Zusage erhalten, dass im Verlaufe <strong>der</strong> nächsten Monate, in denen<br />

ein weiterer Än<strong>der</strong>ungsstaatsvertrag zu technischen Fragen zur<br />

Diskussion, Beratung und Unterzeichnung ansteht, dieser<br />

Staatsvertrag um Än<strong>der</strong>ungen des jetzt zur Ratifikation anstehenden<br />

Fünften Än<strong>der</strong>ungsstaatsvertrages erweitert wird.<br />

Das betrifft zum einen eine allgemeine Verpflichtung aller<br />

öffentlich-rechtlichen Fernsehanstalten - nicht nur <strong>der</strong>, die sich<br />

schon dazu verpflichtet haben - zur regelmäßigen, mindestens<br />

zweijährlichen Berichterstattung im Sinne eines Geschäftsberichtes.<br />

Wir haben uns bei den Vorgesprächen ausdrücklich am Gedanken des<br />

Geschäftsberichtes orientiert, weswegen dieser Bericht nicht nur<br />

die normale Berichterstattung über die Verwendung von Gebühren zu<br />

enthalten hat, son<strong>der</strong>n auch eine Offenlegung aller in den<br />

kommerziellen Bereich hineinreichenden Verbindungen <strong>der</strong> öffentlichrechtlichen<br />

Rundfunk- und Fernsehanstalten, und nicht nur eine<br />

Offenlegung <strong>der</strong> vorhandenen Strukturen, son<strong>der</strong>n auch aller<br />

beabsichtigten Strukturentscheidungen. Diese Berichterstattung wird<br />

eine wesentliche Verbesserung <strong>der</strong> Transparenz bewirken.<br />

Dass alle bereit waren, relativ kurzfristig eine solche Zusage zu<br />

geben, was, um es behutsam auszudrücken, ungewöhnlich ist, war im<br />

Wesentlichen darauf zurückzuführen, dass dieses Hohe Haus durch<br />

Anhörungen, wie sie so bisher nicht stattgefunden haben, eine ganze<br />

Reihe von wesentlichen Fragen aufgeworfen und keinen Zweifel daran<br />

gelassen hat, dass ohne die feste Zusage von Weiterentwicklungen<br />

eine Ratifikation fraglich sei. Das heißt, <strong>der</strong> Hinweis darauf, dass<br />

an<strong>der</strong>enfalls die Ratifikation fraglich sein könnte, hat Aktivitäten<br />

in Gang gesetzt, die sonst so nicht in Gang gekommen wären.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Es ist nach meiner Auffassung ein großes Verdienst insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong><br />

CDU-Fraktion, dass sie deutlich gemacht hat: Wir wollen diesmal,<br />

wie man im Ruhrgebiet so schön sagt, Butter bei die Fische. Wir


wollen nicht nur allgemeine Erklärungen, son<strong>der</strong>n wir wollen<br />

Zusagen.<br />

(Hilker, PDS: Die Butter ist ranzig!)<br />

- Verehrter Herr Hilker, ich weiß nicht, wie Ihre Geschmacksnerven<br />

ausgebildet sind. Für mich ist sie köstlich.<br />

(Heiterkeit bei <strong>der</strong> CDU)<br />

<strong>Der</strong> zweite Gesichtspunkt ist, dass in diesen Ergänzungen zum jetzt<br />

zur Ratifikation anstehenden Staatsvertrag auch festgelegt werden<br />

soll, dass die gleichen Auskunftsrechte unter Einbeziehung <strong>der</strong> KEK,<br />

<strong>der</strong> KEF und <strong>der</strong> Rechnungshöfe auch gegenüber einer Kommission<br />

bestehen, die <strong>Landtag</strong>e in Parallelität zur Medienkommission <strong>der</strong><br />

Ministerpräsidenten bilden, wenn sie sie bilden.<br />

Ein Staatsvertrag kann die <strong>Landtag</strong>e nicht dazu verpflichten, eine<br />

solche Kommission zu bilden. Die große Mehrheit hat signalisiert,<br />

dass sie eine solche Kommission für sehr sinnvoll hält. Zwei<br />

Rückmeldungen auf Grundlage unserer Rundschreiben und <strong>der</strong> Bitte um<br />

Antworten besagen, man sollte als Alternative die Möglichkeit<br />

prüfen, dass die <strong>Landtag</strong>e eine gemeinsame Kommission bilden, die<br />

gemeinsam eine Anstalt tragen, also zum Beispiel die drei <strong>Landtag</strong>e<br />

des Sendebereichs des MDR, die <strong>Landtag</strong>e des Sendebereichs des NDR<br />

o<strong>der</strong> die <strong>Landtag</strong>e des Sendebereichs des Südwestrundfunks.<br />

Ob man den einen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Weg geht, ist eine Sache, die man vor<br />

allen Dingen auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> <strong>Landtag</strong>e überlegen muss, die in<br />

diesem Punkt souverän sind und die sich nicht durch Gesetz und<br />

schon gar nicht durch Staatsvertrag zu etwas verpflichten lassen<br />

wollen, was sie nicht wollen. Deshalb muss diese Frage geklärt<br />

werden.<br />

Aber die Bereitschaft, auch Kommissionen dieser Art zu berechtigen,<br />

die gleichen Auskunftsrechte geltend zu machen wie die <strong>Landtag</strong>e im<br />

Einzelnen, ist von allen uneingeschränkt mitgeteilt worden.<br />

Wir haben außerdem durch die Präambel eine Reihe von<br />

Verhandlungsaufträgen für die Staatsregierung. Ich sagte es schon,<br />

diese Verhandlungsaufträge werden die weitere Arbeit an <strong>der</strong> Reform<br />

des öffentlich-rechtlichen Systems wesentlich erleichtern.<br />

Lassen Sie mich zum Abschluss sagen, dass es auch für die<br />

Staatsregierung keinen Zweifel an <strong>der</strong> Notwendigkeit weiterer<br />

Reformen gibt. Sie werden einmal durch die technische Entwicklung,<br />

sie werden zum an<strong>der</strong>en aber auch durch eine expansive Tendenz <strong>der</strong><br />

öffentlich-rechtlichen Rundfunk- und Fernsehanstalten ausgelöst.<br />

Es gibt - und das möchte ich zum Schluss feststellen - auch keinen<br />

Zweifel daran, dass die gegenwärtige Form <strong>der</strong> einzigen Möglichkeit<br />

zuzustimmen o<strong>der</strong> abzulehnen - wobei die Ablehnung<br />

verfassungsrechtlich sogar umstritten ist; aber auf diesen Streit<br />

will ich mich jetzt nicht konzentrieren - ohne Einfluss auf das,<br />

was geschieht, unbefriedigend ist.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU - Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Ich habe, solange ich dieses Amt habe und an Medienberatungen<br />

mitwirke, meinen Kolleginnen und Kollegen immer gesagt, dass die<br />

Rundfunkgebühr eine steuerähnliche Abgabe ist. Wenn die<br />

Rundfunkgebühr die Eintrittsgebühr zur Teilnahme am Fernsehen ist<br />

und wir davon ausgehen, dass Fernsehen zu den existenziellen


Lebensvoraussetzungen gehört, weswegen man Fernsehapparate zum<br />

Beispiel nicht pfänden darf, wenn das so ist, dass die Teilnahme am<br />

Fernsehprozess zu den Existenzminima gerechnet wird, dann ist die<br />

Erhebung einer Gebühr für diese Teilnahme die Erhebung einer<br />

steuerähnlichen Abgabe. Ein wesentlicher, um nicht zu sagen<br />

entscheiden<strong>der</strong> Grundsatz des demokratischen Parlamentarismus, aus<br />

dem er sogar entstanden ist, ist <strong>der</strong>, dass Parlamente über Steuern<br />

zu entscheiden haben und niemand an<strong>der</strong>s.<br />

(Beifall bei CDU und PDS)<br />

Die jetzige Struktur ist deshalb überholungsbedürftig. Sie muss auf<br />

eine Weise geän<strong>der</strong>t werden, die es erlaubt, diese Diskrepanz<br />

zwischen parlamentarischer Verantwortung und<br />

Entscheidungsnotwendigkeit aufzulösen, auf welche Weise auch immer.<br />

Daran muss in den nächsten Jahren so gearbeitet werden, dass am<br />

Ende <strong>der</strong> Gebührenperiode, über die heute mit <strong>der</strong> Ratifikation<br />

beschlossen wird, ein neues System zur Verfügung steht, das uns<br />

weitere Diskussionen über diese auch in meinen Augen<br />

unbefriedigende Lage erspart.<br />

Vielen Dank.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Präsident Iltgen: Meine Damen und Herren! Gibt es weitere<br />

Wortmeldungen? - Herr Schimpff, CDU-Fraktion, bitte.<br />

Schimpff, CDU: Hohes Haus! Nachdem im Verfassungs- und<br />

Rechtsausschuss zunächst erhebliche Verfassungsbedenken vorgetragen<br />

und diskutiert wurden und dann aufgrund <strong>der</strong> vorgeschlagenen<br />

Präambel ausgeräumt werden konnten, möchte ich die Stellungnahme<br />

des Verfassungs- und Rechtsausschusses, die sich bedauerlicherweise<br />

nicht in <strong>der</strong> Drucksache 3/3075 befindet, auf diese Art und Weise<br />

zur Kenntnis geben. Angesichts <strong>der</strong> gewichtigen Tagesordnung, die<br />

wir noch vor uns haben, darf ich das zu Protokoll geben.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Präsident Iltgen: Meine Damen und Herren! Entsprechend § 54 Abs. 5<br />

Satz 3 <strong>der</strong> Geschäftsordnung schlage ich Ihnen vor, über den<br />

Gesetzentwurf artikelweise in <strong>der</strong> Fassung, wie sie durch den<br />

Ausschuss vorgeschlagen wurde, zu beraten und abzustimmen. Erhebt<br />

sich dagegen Wi<strong>der</strong>spruch? -<br />

Es gibt eine Wortmeldung zur Geschäftsordnung.<br />

Dr. Hahn, PDS: Herr Präsident, die PDS-Fraktion möchte gemäß § 104<br />

<strong>der</strong> Geschäftsordnung eine Auszeit von 15 Minuten vor <strong>der</strong><br />

Abstimmung.<br />

Präsident Iltgen: Bitte schön. Wir setzen die Beratung 11.35 <strong>Uhr</strong><br />

fort.<br />

(Unterbrechung von 11.22 <strong>Uhr</strong> bis 11.37 <strong>Uhr</strong>)<br />

Meine Damen und Herren! Ich bitte jetzt die Fraktion <strong>der</strong> PDS<br />

mitzuteilen, welches Ergebnis die Beratung in <strong>der</strong> Auszeit erbracht<br />

hat. Herr Hilker, bitte.<br />

Hilker, PDS: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die PDS-<br />

Fraktion möchte nach § 88 <strong>der</strong> Geschäftsordnung eine Vertagung <strong>der</strong><br />

Abstimmung beantragen. Ich möchte das wie folgt begründen:


Die CDU-Fraktion hat mit ihrer Präambel einen Vorschlag vorgelegt,<br />

nach dem es in Zukunft entsprechende Kommissionen bzw.<br />

Son<strong>der</strong>berichte geben soll. Es ist zu fragen, ob in Zukunft im<br />

Zeichen <strong>der</strong> Krise einer öffentlich-rechtlichen Anstalt damit zu<br />

rechnen ist, dass diese Berichte <strong>der</strong> Wahrheit entsprechen bzw. ob<br />

die entsprechenden Anstalten auf die diesbezüglichen Fragen bzw.<br />

Prüfungsrechte, zum Beispiel <strong>der</strong> Rechnungshöfe, reagieren werden.<br />

Lassen Sie mich noch einmal kurz aus <strong>der</strong> Präambel, die heute<br />

verabschiedet werden soll, zitieren. Dort heißt es: "<strong>Der</strong> <strong>Sächsische</strong><br />

<strong>Landtag</strong> begrüßt die Bereitschaft des Mitteldeutschen Rundfunks,<br />

über die bestehenden Regelungen hinaus den <strong>Landtag</strong>en <strong>der</strong> MDR-<br />

Staatsvertragslän<strong>der</strong> einen jährlichen Bericht über die Entwicklung<br />

<strong>der</strong> wirtschaftlichen und finanziellen Lage des Sen<strong>der</strong>s zu erteilen<br />

sowie den Rechnungshöfen" - darauf beziehe ich mich im Folgenden -<br />

"<strong>der</strong> MDR-Staatsvertragslän<strong>der</strong> eine direkte Prüfung bei seinen<br />

Beteiligungsunternehmen entsprechend den Regelungen für die Sen<strong>der</strong><br />

SWR und BR einzuräumen und den <strong>Landtag</strong>en <strong>der</strong> MDR-<br />

Staatsvertragslän<strong>der</strong> zusätzliche Transparenz bei Finanzanlagen des<br />

Sen<strong>der</strong>s zu vermitteln."<br />

Nach dem entsprechenden Interview des Präsidenten des<br />

Landesrechnungshofes von Sachsen-Anhalt ist festzustellen, dass <strong>der</strong><br />

Mitteldeutsche Rundfunk <strong>der</strong>zeit dazu nicht bereit ist. Ich zitiere<br />

noch einmal: "Im Übrigen wi<strong>der</strong>spricht die Stellungnahme des MDR<br />

diametral <strong>der</strong> Zusage des Intendanten an Herrn Fritz Hähle, einem<br />

Mitglied des <strong>Sächsische</strong>n <strong>Landtag</strong>es, und an alle drei<br />

Staatskanzleien, mit den Rechnungshöfen zu den gleichen<br />

rundfunkrechtlichen Regelungen zu kommen, wie sie beim<br />

Südwestrundfunk und beim Bayerischen Rundfunk bestehen."<br />

Die PDS-Fraktion ist <strong>der</strong> Meinung, dass wir über den vorliegenden<br />

Rundfunkstaatsvertrag, insbeson<strong>der</strong>e über die Präambel, nur dann<br />

abstimmen können, wenn <strong>der</strong> Intendant des Mitteldeutschen Rundfunks,<br />

Herr Prof. Udo Reiter, gegenüber dem <strong>Sächsische</strong>n <strong>Landtag</strong><br />

verbindlich erklärt hat, was <strong>der</strong> <strong>Sächsische</strong> <strong>Landtag</strong> heute<br />

beschließen soll, dass er, Reiter, nämlich zu einer entsprechenden<br />

Prüfung <strong>der</strong> Rechnungshöfe in seinen Beteiligungsunternehmen bereit<br />

ist.<br />

Deshalb beantragen wir nach § 88 Geschäftsordnung die Vertagung <strong>der</strong><br />

Abstimmung, bis die Erklärung vom MDR-Intendanten Udo Reiter<br />

vorliegt.<br />

Meine Damen und Herren! Es gibt auch elektronische Strecken. Man<br />

kann da schnell reagieren, auch über E-Mail. Ich glaube, diese<br />

Erklärung könnte heute noch vorliegen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Präsident Iltgen: Meine Damen und Herren! Wird zu dem Antrag <strong>der</strong><br />

Fraktion <strong>der</strong> PDS auf Vertagung des Beratungsgegenstandes das Wort<br />

gewünscht? - Herr Dr. Grüning, bitte.<br />

Dr. Grüning, CDU: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine<br />

Fraktion sieht keinen Grund zu einer Vertagung <strong>der</strong> Entscheidung.<br />

Die Gründe, die Herr Hilker aufführt, kann ich nicht<br />

nachvollziehen. Es liegt eine schriftliche Erklärung des<br />

Intendanten Udo Reiter vor. Sie lag auch schon im Ausschuss vor und


wurde von <strong>der</strong> Staatsregierung in Gestalt des Herrn Staatsministers<br />

de Maizière vorgetragen. Eine schriftliche Erklärung des<br />

Intendanten gegenüber <strong>der</strong> Staatsregierung ist verbindlich.<br />

Präsident Iltgen: Wird von <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> SPD das Wort gewünscht?<br />

- Bitte, Herr Dr. Kunckel.<br />

Dr. Kunckel, SPD: Die Fraktion <strong>der</strong> SPD wünscht, dass wir heute<br />

schon darüber abstimmen. Die Gründe hat Kollege Grüning benannt.<br />

Ich gehe davon aus, dass die Gremien des Mitteldeutschen Rundfunks<br />

bald damit befasst sind, so dass es so eintritt, wie es hier in <strong>der</strong><br />

Präambel steht.<br />

Präsident Iltgen: Es wird das Wort weiter gewünscht. Herr Hilker,<br />

bitte.<br />

Hilker, PDS: Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete!<br />

Als Mitglied des entsprechenden beratenden Ausschusses für Medien<br />

möchte ich feststellen, dass we<strong>der</strong> im entsprechenden Protokoll noch<br />

zusätzlich den einzelnen Fraktionen bisher die Erklärung des<br />

Intendanten des Mitteldeutschen Rundfunks offiziell zugeleitet<br />

wurde, auch wenn das die Staatskanzlei in entsprechenden<br />

Aussprachen des Ausschusses versprochen hat. Uns liegt die<br />

Erklärung bis zum heutigen Tage nicht vor.<br />

Präsident Iltgen: Die Staatsregierung hat um das Wort gebeten. Herr<br />

de Maizière, bitte.<br />

Dr. de Maizière, Staatsminister und Chef <strong>der</strong> Staatskanzlei: Herr<br />

Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abg. Hilker, ich war selbst<br />

wie Sie zu <strong>der</strong> <strong>Sitzung</strong> des fe<strong>der</strong>führenden Ausschusses bei <strong>der</strong><br />

Schlussberatung anwesend. Ich habe den Brief, den Sie erwähnt<br />

haben, wörtlich zitiert. Ich habe daraufhin mitgeteilt, dass ich<br />

den MDR-Intendanten bitten würde, den Brief auch förmlich dem<br />

Ausschuss zur Verfügung zu stellen. Das habe ich anschließend<br />

gemacht. <strong>Der</strong> Intendant hat sein Einverständnis dazu mitgeteilt. <strong>Der</strong><br />

Brief ist dann dem Ausschussvorsitzenden zugeleitet worden, genau<br />

so, wie wir das vereinbart haben. Bis auf Eingangs- und<br />

Schlussformel habe ich den Brief wörtlich vorgetragen. Sie finden<br />

das im Protokoll. Ich weiß nicht, was es da noch für Beanstandungen<br />

gibt.<br />

Eine Hinzufügung noch: Die Stellungnahme des MDR zu dem Entwurf <strong>der</strong><br />

Stellungnahme des Rechnungshofes stammt von einem Datum vor <strong>der</strong><br />

Absendung des Briefes des MDR-Intendanten an die Staatsregierung.<br />

Von daher kann ich we<strong>der</strong> aus Rechtsgründen noch aus politischen<br />

Gründen einen Anlass erkennen, warum dem <strong>Landtag</strong> nicht alle<br />

Informationen zur Verfügung standen, um heute diese Entscheidung zu<br />

treffen.<br />

Präsident Iltgen: Meine Damen und Herren! Ich lasse jetzt - -<br />

Herr Prof. Bramke, bitte.<br />

Prof. Dr. Bramke, PDS: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es<br />

ist so, wie Herr de Maizière es im Augenblick gerade gesagt hat,<br />

dass <strong>der</strong> Brief jetzt vorliegt. Ich habe ihn seit etwa zwei Minuten


in <strong>der</strong> Hand. Ich habe ihn auch nicht vorher bekommen können, denn<br />

<strong>der</strong> Eingang des Schreibens von Staatsminister de Maizière ist <strong>der</strong><br />

12. Dezember, also heute.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Deshalb besteht nach meiner Auffassung <strong>der</strong> Antrag <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong><br />

PDS zu Recht: Es muss den Fraktionen erst Gelegenheit gegeben<br />

werden, sich mit diesem Brief zu befassen.<br />

Präsident Iltgen: Meine Damen und Herren! Ich lasse jetzt über den<br />

Antrag <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> PDS abstimmen, den Beratungsgegenstand zu<br />

vertagen. Wer dem Antrag zustimmt, den bitte ich um das<br />

Handzeichen. - Danke. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong><br />

Stimme? - Damit ist <strong>der</strong> Antrag mehrheitlich abgelehnt.<br />

Meine Damen und Herren! Wir kommen jetzt zur Abstimmung über das<br />

Gesetz zum Fünften Staatsvertrag zur Än<strong>der</strong>ung rundfunkrechtlicher<br />

Staatsverträge und zur Än<strong>der</strong>ung des <strong>Sächsische</strong>n<br />

Privatrundfunkgesetzes, Beschlussempfehlung und Bericht des<br />

Ausschusses für Wissenschaft und Hochschule, Kultur und Medien,<br />

Drucksache 3/3075, und die Präambel.<br />

Wer dieser Präambel zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. -<br />

Danke. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Bei<br />

vereinzelten Stimmenthaltungen und einer ganzen Anzahl von Stimmen<br />

dagegen ist <strong>der</strong> Präambel mehrheitlich zugestimmt.<br />

Ich lasse abstimmen über Artikel 1 des Gesetzes zum Fünften<br />

Staatsvertrag zur Än<strong>der</strong>ung rundfunkrechtlicher Staatsverträge. Wer<br />

dem Artikel 1 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke.<br />

Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? - Bei gleichem<br />

Abstimmungsverhalten ist dem zugestimmt.<br />

Meine Damen und Herren! Ich lasse abstimmen über den Artikel 2,<br />

Än<strong>der</strong>ung des Gesetzes über den privaten Rundfunk und neue Medien in<br />

Sachsen, Nr. 1 bis 18. Wer dem Artikel 2 zustimmt, den bitte ich um<br />

das Handzeichen. - Danke. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong><br />

Stimme? - Bei 2 Stimmenthaltungen und einer großen Anzahl von<br />

Stimmen dagegen ist dem mehrheitlich zugestimmt.<br />

Ich lasse abstimmen über Artikel 3, Neufassung des <strong>Sächsische</strong>n<br />

Privatrundfunkgesetzes. Wer dem Artikel 3 zustimmt, den bitte ich<br />

um das Handzeichen. - Danke. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? -<br />

Bei Stimmenthaltungen und einer Anzahl von Stimmen dagegen ist<br />

mehrheitlich zugestimmt worden.<br />

Ich lasse schließlich abstimmen über Artikel 4, In-Kraft-Treten.<br />

Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke. Wer<br />

ist dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Bei Stimmenthaltungen<br />

und einer Anzahl von Stimmen dagegen ist dem Artikel 4 zugestimmt.<br />

Meine Damen und Herren! Damit ist die 2. Beratung abgeschlossen. Da<br />

es in <strong>der</strong> 2. Beratung keine Än<strong>der</strong>ungsanträge gegeben hat, eröffne<br />

ich hiermit die 3. Beratung. Es liegt kein Wunsch zu einer<br />

allgemeinen Aussprache vor. Ich stelle deshalb den Entwurf Gesetz<br />

zum Fünften Staatsvertrag zur Än<strong>der</strong>ung rundfunkrechtlicher<br />

Staatsverträge und zur Än<strong>der</strong>ung des <strong>Sächsische</strong>n<br />

Privatrundfunkgesetzes zur Abstimmung. Wer dem Entwurf des Gesetzes<br />

zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke. Wer


ist dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Bei 5<br />

Stimmenthaltungen und einer Anzahl von Stimmen dagegen ist dem<br />

Entwurf zugestimmt und damit das Gesetz beschlossen.<br />

Erklärung zu Protokoll<br />

Schimpff, CDU:<br />

<strong>Sächsische</strong>r <strong>Landtag</strong><br />

Verfassungs- und Rechtsausschuss<br />

<strong>Der</strong> Vorsitzende<br />

Vorsitzenden<br />

des Ausschusses für Wissenschaft<br />

und Hochschule, Kultur und Medien<br />

Herrn Prof. Dr. Werner Bramke<br />

im Hause<br />

4. Dezember 2000<br />

Stellungnahme des Verfassungs- und Rechtsausschusses zum<br />

Gesetzentwurf <strong>der</strong> Staatsregierung "Gesetz zum Fünften Staatsvertrag<br />

zur Än<strong>der</strong>ung rundfunkrechtlicher Staatsverträge und zur Än<strong>der</strong>ung<br />

des <strong>Sächsische</strong>n Privatrundfunkgesetzes" - DS 3/2450<br />

Sehr geehrter Herr Vorsitzen<strong>der</strong>,<br />

<strong>der</strong> Verfassungs- und Rechtsausschuss hat sich in seinen <strong>Sitzung</strong>en<br />

am 20. November 2000 und 4. Dezember 2000 mit dem oben genannten<br />

Gesetzentwurf eingehend beschäftigt.<br />

Dabei kam <strong>der</strong> Ausschuss zu dem Ergebnis, dass bei <strong>der</strong> Bemessung <strong>der</strong><br />

Rundfunkgebühr nach dem Tenor des Bundesverfassungsgerichts die<br />

Fragen <strong>der</strong> sozialen Verträglichkeit und des Informationszugangs als<br />

Verfassungsauftrag zu berücksichtigen sind.<br />

Gegen das Verfahren bestehen dann Bedenken, wenn unter Berufung auf<br />

die Rundfunkurteile des Bundesverfassungsgerichts eine reine<br />

Notariatspflicht <strong>der</strong> <strong>Landtag</strong>e behauptet wird. Nach Auffassung des<br />

Verfassungs- und Rechtsausschusses können die <strong>Landtag</strong>e nicht zur<br />

Erhebung von Abgaben gezwungen werden, über <strong>der</strong>en Verwendung sie<br />

keinerlei Kontrolle haben o<strong>der</strong> ihnen die Kontrollmöglichkeiten im<br />

ausreichenden Maße und unter Beachtung <strong>der</strong> verfassungsmäßigen<br />

Schranken nicht zugestanden werden.<br />

<strong>Der</strong> Verfassungs- und Rechtsausschuss gelangt zu <strong>der</strong> Auffassung,<br />

dass die <strong>Landtag</strong>e in Würdigung ihrer verfassungsrechtlichen<br />

Stellung als Legislative und unter Achtung <strong>der</strong> Freiheit des Mandats<br />

sehr wohl in die Lage versetzt werden müssen, sich über die<br />

Entwicklung und Überlegungen <strong>der</strong> öffentlich-rechtlichen<br />

Rundfunkanstalten ein Bild machen zu können. Dazu gehören <strong>der</strong><br />

abgesicherte Zugang zu den vorhandenen Daten, insbeson<strong>der</strong>e zur<br />

wirtschaftlichen und finanziellen Lageentwicklung <strong>der</strong> öffentlichrechtlichen<br />

Rundfunkanstalten einschließlich Prüfberichten etc.<br />

Diesen grundsätzlichen Bedenken ist mit <strong>der</strong> in <strong>der</strong><br />

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wissenschaft und<br />

Hochschule, Kultur und Medien enthaltenen Gesetzes-Präambel<br />

Rechnung getragen worden und sie wurden durch die angenommenen<br />

Än<strong>der</strong>ungsanträge ausgeräumt.


<strong>Der</strong> Verfassungs- und Rechtsausschuss geht davon aus, dass die im<br />

Text <strong>der</strong> Präambel enthaltene eindeutige Bestimmung des<br />

Grundversorgungsauftrages im Lichte <strong>der</strong><br />

Bundesverfassungsgerichtsprechung und damit in verfassungsrechtlich<br />

zulässiger Weise über eine Definition des Funktionsauftrages<br />

vorgenommen wird.<br />

Mit 7 : 2 : 0 Stimmen empfiehlt <strong>der</strong> Verfassungs- und<br />

Rechtsausschuss aus verfassungsrechtlicher und<br />

verfassungspolitischer Sicht die Zustimmung zu <strong>der</strong> durch die<br />

Än<strong>der</strong>ungsanträge im fe<strong>der</strong>führenden Ausschuss verän<strong>der</strong>ten und<br />

erweiterten Fassung des Gesetzentwurfs und hat damit keine Bedenken<br />

mehr.<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

gez. Volker Schimpff, MdL<br />

Präsident Iltgen: Meine Damen und Herren! <strong>Der</strong> Tagesordnungspunkt<br />

ist damit beendet.<br />

Fortsetzung Tagesordnungspunkt 1<br />

Meine Damen und Herren! Inzwischen liegt das Ergebnis <strong>der</strong> geheimen<br />

Wahl des <strong>Sächsische</strong>n Landesbeauftragten für die Unterlagen des<br />

Staatssicherheitsdienstes <strong>der</strong> ehemaligen Deutschen Demokratischen<br />

Republik vor. Abgegeben wurden 112 Stimmscheine. Ungültig waren<br />

null. Es wurde wie folgt abgestimmt: Für den Wahlvorschlag stimmten<br />

83 Abgeordnete, gegen den Wahlvorschlag 18 Abgeordnete,<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

<strong>der</strong> Stimme enthielten sich 11 Abgeordnete.<br />

Meine Damen und Herren! Damit ist Herr Michael Beleites zum<br />

Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes<br />

<strong>der</strong> ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik gewählt.<br />

Herr Beleites ist anwesend. Darf ich Sie um Aufmerksamkeit bitten?<br />

Ich frage Sie, Herr Michael Beleites, ob Sie die Wahl annehmen.<br />

Herr Beleites: Ja, ich nehme die Wahl an!<br />

Präsident Iltgen: Namens des <strong>Sächsische</strong>n <strong>Landtag</strong>es beglückwünsche<br />

ich Sie, Herr Michael Beleites, zu Ihrer Wahl zum<br />

Landesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes<br />

<strong>der</strong> ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik. Ich wünsche Ihnen<br />

viel Kraft und Erfolg bei <strong>der</strong> Erfüllung dieser Aufgabe.<br />

(Beifall bei CDU und SPD)<br />

Meine Damen und Herren! Damit ist <strong>der</strong> Tagesordnungspunkt 1<br />

abgeschlossen.<br />

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf<br />

Tagesordnungspunkt 3<br />

2. und 3. Lesung des Entwurfs Zweites Gesetz zur Än<strong>der</strong>ung des<br />

Gesetzes über den Finanzausgleich mit den Gemeinden und Landkreisen<br />

im Freistaat Sachsen<br />

Drucksache 3/2364, Gesetzentwurf <strong>der</strong> Staatsregierung<br />

Drucksache 3/3100, Beschlussempfehlung des Haushalts-<br />

und Finanzausschusses


Den Fraktionen wird wie immer das Wort zu einer allgemeinen<br />

Aussprache erteilt. Die Reihenfolge ist: PDS, CDU, SPD, CDU;<br />

Staatsregierung.<br />

Meine Damen und Herren! Damit ist die Debatte eröffnet. Ich bitte<br />

die Fraktion <strong>der</strong> PDS das Wort zu nehmen. Herr Friedrich, bitte.<br />

Dr. Friedrich, PDS: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Alle<br />

Jahre wie<strong>der</strong> tönt ein regierungsamtliches Weihnachtsmärchen. Dieses<br />

Weihnachtsmärchen heißt: Um die Finanzausstattung <strong>der</strong> sächsischen<br />

Kommunen ist es sehr gut bestellt, so gut, dass an<strong>der</strong>e Bundeslän<strong>der</strong><br />

das sächsische Modell dankbar nachempfinden, so gut, dass sich die<br />

bundesdeutsche Rechtsprechung zunehmend am<br />

Gleichmäßigkeitsgrundsatz orientiert, so gut schließlich, dass sich<br />

neuerdings selbst die kommunalen Spitzenverbände in ihren<br />

Stellungnahmen ausgesprochen mo<strong>der</strong>at geben.<br />

Kritische Töne muss man schon mit <strong>der</strong> Lupe suchen. Sie bedanken<br />

sich artig beim Finanzminister für die überwiesenen milden Gaben;<br />

voll <strong>der</strong> Einsicht, dass es mehr ja gar nicht sein könne, denn<br />

sparen müssen ja schließlich alle, das Land und die Kommunen.<br />

Wie heilsam war doch das Urteil des Verfassungsgerichtshofes vom<br />

23. November 2000 auf das von <strong>der</strong> SPD und <strong>der</strong> PDS angestrengte<br />

Normenkontrollverfahren! Nicht mehr und nicht weniger als die<br />

Unvereinbarkeit des Finanzausgleiches 1997 mit dem Artikel 85 <strong>der</strong><br />

Landesverfassung wurde dort festgestellt.<br />

Das heißt für den parlamentarischen Normalgebrauch übersetzt: <strong>Der</strong><br />

Grundsatz <strong>der</strong> Einheit von Aufgaben- und Finanzverantwortung - also<br />

das viel gelobte Konnexitätsprinzip - ist zumindest im Fall <strong>der</strong><br />

übertragenen Aufgaben gemäß Artikel 85 verletzt.<br />

Auch wenn <strong>der</strong> Verfassungsgerichtshof davon abgesehen hat,<br />

rückwirkend eine finanzielle Heilung des 1997er FAG von <strong>der</strong><br />

Staatsregierung zu verlangen und es insoweit keinerlei finanzielle<br />

Konsequenzen für die Kommunen gibt, bleibt doch die Tatsache <strong>der</strong><br />

Verfassungswidrigkeit. Das freilich ist kein Spaß. Auch alle<br />

folgenden Finanzausgleichsgesetze folgen <strong>der</strong> gleichen Logik wie das<br />

Gesetz von 1997. Es gibt bekanntlich nach wie vor keinen<br />

finanzkraftunabhängigen Mehrbelastungsausgleich für die den<br />

Kommunen übertragenen Aufgaben.<br />

Deshalb sollten Sie, Herr Staatsminister Milbradt, die allzu hohen<br />

Flötentöne <strong>der</strong> Selbstlobpreisungen des sächsischen Finanzausgleichs<br />

wie<strong>der</strong> auf die Normaltonlage herunternehmen. Sie können Ihre<br />

Kreativität dann bei <strong>der</strong> Nachbesserung des Ausgleichs für das Jahr<br />

2002 beweisen. Wir wollen Sie nicht son<strong>der</strong>lich drängen, denn diese<br />

Nachbesserung wird sicherlich schwierig genug werden.<br />

Das, was die Verfassungsrichter verlangen, ist fast so etwas wie<br />

die Quadratur des Kreises, soll das Solidarprinzip zwischen den<br />

Kommunen - für dieses Solidarprinzip sprechen wir uns aus - nicht<br />

auf <strong>der</strong> Strecke bleiben.<br />

Für meine Fraktion jedenfalls ist allein schon die hohe<br />

Wahrscheinlichkeit, mit <strong>der</strong> heute vorliegenden Beschlussempfehlung<br />

wie<strong>der</strong> etwas partiell Verfassungswidriges beschließen zu müssen,<br />

ein wichtiger Grund für ein klares Nein <strong>der</strong> PDS.


In den vergangenen Haushaltsdebatten hatte die PDS<br />

berechtigterweise mehr Geld für die Kommunen gefor<strong>der</strong>t.<br />

Selbstverständlich wäre das auch heute vollkommen gerechtfertigt.<br />

Über die prekäre Finanzsituation von sächsischen Kommunen und über<br />

den hohen Verschuldungsstand ist hier oft genug debattiert worden.<br />

Meine Damen und Herren! Jede und je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> bereits die "Freude"<br />

einer diesjährigen Haushaltsberatung in einer kommunalen<br />

Vertretungskörperschaft hatte, weiß, wovon ich spreche und wie eng<br />

die Spielräume geworden sind.<br />

Ich nehme den Kreistag Delitzsch, um in dem Bereich zu bleiben, in<br />

dem ich mich zugegebenermaßen am besten auskenne. Vor drei Wochen<br />

haben wir einen Haushalt in Höhe von 158 Millionen DM beschlossen,<br />

selbstverständlich ausgeglichen, wie es sich gehört. Ausgeglichen<br />

war er aber nur deshalb, weil wie<strong>der</strong>um für 6 Millionen DM<br />

Immobilien verkauft werden sollen. So geht es Jahr für Jahr.<br />

Son<strong>der</strong>lich nachhaltig ist diese Art von Haushaltsausgleich<br />

jedenfalls nicht. Sie wird sich in spätestens fünf bis sieben<br />

Jahren allein schon aus Mangel an veräußerbarer Substanz von selbst<br />

erledigt haben.<br />

Bei einer Kreisumlage von 25,5 %, an <strong>der</strong> die kreisangehörigen<br />

Städte und Gemeinden mächtig zu kauen haben, hat <strong>der</strong> Delitzscher<br />

Kreishaushalt immerhin - freundlich gerechnet - rund 3 Millionen DM<br />

im Verwaltungshaushalt, über den die Kreisräte einigermaßen frei<br />

verfügen können, und zwar beispielsweise über Musikschulen,<br />

Schullandheime, Sternwarte, Kurbetriebs-GmbH, Sozial- und<br />

Beschäftigungsbetrieb.<br />

Bei 141 Millionen DM Verwaltungshaushalt sind aber 3 Millionen DM<br />

ganze 2,1 %, kein Stück mehr. Auch wenn dieses Verhältnis bei den<br />

17 Millionen DM des Vermögenshaushaltes etwas besser aussieht,<br />

bleibt doch die Tatsache, dass ein politisches Gremium wie ein<br />

Kreistag o<strong>der</strong> ein Stadtrat, freundlich gerechnet, nur noch über 10<br />

bis 12 % des Budgets entscheiden kann. <strong>Der</strong> große Rest sind<br />

Durchlaufposten. Die Kreisräte und die Stadträte können allenfalls<br />

die rechnerische Richtigkeit überprüfen.<br />

Die Delitzscher Zahlen können nicht ohne Weiteres auf die<br />

sächsischen Kommunen hochgerechnet werden. Ich denke jedoch, dass<br />

die Tendenz ähnlich ist:<br />

Erstens. Extrem belastete Verwaltungshaushalte, die weiterhin unter<br />

starkem Konsolidierungsdruck stehen bis hin zum Personalabbau.<br />

Zweitens. Stark schrumpfende Vermögenshaushalte, die den Kommunen<br />

kaum mehr gestatten, ihrer nach wie vor wichtigen Rolle als<br />

öffentliche Auftraggeber nachzukommen. Es gibt nach wie vor<br />

erheblichen Nachholbedarf an kommunaler Infrastruktur.<br />

Drittens. Sehr hohe Kreisumlagen allerorten. Dazu eine exorbitant<br />

steigende Umlage für den Wohlfahrtsverband und weiterhin straff<br />

steigende Sozialhilfeausgaben.<br />

Viertens. Hohe Verschuldensbestände und hohe Zinsbelastungen,<br />

erfreulicherweise aber auch steigende Tilgungsleistungen, zumindest<br />

in <strong>der</strong> Mehrzahl <strong>der</strong> Kommunen.<br />

Ich frage Sie, meine Damen und Herren: War einstmals kommunale<br />

Selbstverwaltung so gedacht? - Wohl kaum. Wir sind Realisten genug,


um einschätzen zu können, dass sich dieser Zustand nicht<br />

schlagartig von einem Jahr auf das nächste verän<strong>der</strong>n lässt.<br />

Auch ein PDS-Finanzminister würde die Probleme nicht auf Kosten<br />

einer höheren Neuverschuldung lösen können. Er stieße damit an die<br />

Grenzen des politisch Machbaren. Politisch machbar im Sinne <strong>der</strong><br />

Kommunen wäre allerdings wesentlich mehr gewesen, als es das<br />

vorliegende Doppel-FAG hergibt. Das zeigt <strong>der</strong> von <strong>der</strong> PDS vor<br />

wenigen Wochen eingebrachte Alternativhaushalt, <strong>der</strong> für die<br />

kommunale Ebene entscheidende Vorteile gebracht hätte - ich betone:<br />

Vorteile für die Kommunen - mit nur unwesentlich mehr Geld und vor<br />

allem ohne eine höhere Neuverschuldung. Wir hätten vor allem die<br />

Bindungsgrade <strong>der</strong> an die Kommunen überwiesenen Mittel wesentlich<br />

gelockert und auf diesem Wege die Selbstverwaltung gestärkt.<br />

Meine Damen und Herren! Ich möchte sechs aktuelle Probleme in <strong>der</strong><br />

gebotenen Kürze ansprechen, die sich auch in unserem<br />

Entschließungsantrag mit entsprechenden Arbeitsrichtungen<br />

wie<strong>der</strong>finden.<br />

1. Unsere Kritik an den kommunalen Spitzenverbänden bei <strong>der</strong> 1.<br />

Lesung des FAG, sie würden den Zusammenhang zwischen dem<br />

Haushaltsbegleitgesetz und dem Finanzausgleich nur unzureichend<br />

reflektieren, muss ich angesichts <strong>der</strong> Anhörungsergebnisse<br />

relativieren. Ich tue dies gern. Sowohl <strong>der</strong> Städte- und Gemeindetag<br />

als auch <strong>der</strong> Landkreistag haben sich nun endlich in schöner<br />

Eindeutigkeit geäußert, dass es keinesfalls nur unwesentliche<br />

Mehrbelastungen <strong>der</strong> Kommunen über das Haushaltsbegleitgesetz gebe.<br />

Ich darf nur den SSG zitieren - ähnlich äußert sich auch <strong>der</strong><br />

Landkreistag -: "Die vorgeschlagenen Regelungen (führen) zu einer<br />

Verletzung des Gleichmäßigkeitsgrundsatzes I, indem Lasten, die<br />

bisher vom Freistaat Sachsen getragen wurden, auf die kommunale<br />

Ebene weitergegeben werden. Aus diesem Grunde lehnen wir den<br />

Entwurf des Haushaltsbegleitgesetzes in <strong>der</strong> Mehrzahl seiner Artikel<br />

ab."<br />

Für die PDS war dies Anlass, die konkreten Auswirkungen dieser<br />

Standardabsenkungen auf die Kommunen zum Beispiel beim<br />

Flüchtlingsaufnahmegesetz, beim Spätaussiedlereinglie<strong>der</strong>ungsgesetz,<br />

beim Kita-Gesetz und an<strong>der</strong>en genau unter die Lupe zu nehmen. Dazu<br />

mehr in <strong>der</strong> morgigen Debatte.<br />

Wie<strong>der</strong> das Delitzscher Beispiel. Im Kreishaushalt macht nach<br />

Einschätzung des Landratsamtes das Haushaltsbegleitgesetz satte 740<br />

000 DM im Jahr 2001 aus. An<strong>der</strong>s ausgedrückt, ohne<br />

Haushaltsbegleitgesetz gäbe es in diesem Kreishaushalt nicht nur<br />

die von mir bereits genannten 3 Millionen DM frei verfügbare<br />

Gestaltungsmasse, son<strong>der</strong>n 3,7 Millionen DM, also etwa 23 % mehr.<br />

Peanuts sind das jedenfalls nicht. Jede Kommune möge eine ähnliche<br />

Rechnung für sich aufmachen. Das Ergebnis wird ähnlich sein.<br />

Bei aller Unschärfe und Vorläufigkeit solcher Schätzungen hat meine<br />

Fraktion den Versuch unternommen, die aus den einzelnen Artikeln<br />

des Haushaltsbegleitgesetzes resultierenden Lastenverschiebungen<br />

auf die kommunale Ebene im Saldo zu ermitteln. Wir kommen dabei auf<br />

rund 25 Millionen DM im kommenden Jahr und auf rund 28 Millionen DM<br />

im Jahr 2002, eher konservativ geschätzt.


<strong>Der</strong> Finanzminister behauptet in seiner schriftlichen Antwort auf<br />

unsere Fragen zur "Opfergruppe Kommunen", im Prinzip gebe es gar<br />

keine Lastenverschiebungen. Wer es glaubt, wird selig!<br />

Die PDS ist <strong>der</strong> Ansicht: Wenn es schon nicht gelingt, gänzlich auf<br />

das Haushaltsbegleitgesetz zu verzichten - das ist nach wie vor<br />

unsere primäre politische For<strong>der</strong>ung -, wäre es das Mindeste, den<br />

Kommunen einen angemessenen Ausgleich zu geben, eben gerade weil<br />

wir den Gleichmäßigkeitsgrundsatz haben.<br />

Bei den bundesinduzierten Mehrbelastungen -<br />

Unterhaltsvorschussgesetz, Steuerbelastungen und Ähnliches - sind<br />

28 Millionen DM mehr eingestellt worden. Allein, es ist nichts<br />

geschehen. Uns bleibt daher nur <strong>der</strong> Schluss, dass die<br />

Staatsregierung die durch die rot-grüne Bundesregierung<br />

beschlossenen kommunalen Mehrbelastungen offenbar völlig an<strong>der</strong>s<br />

bewertet als die von ihr selbst verbrochenen. Den Kommunen aber ist<br />

es schlichtweg egal, wer ihnen das Geld wegnimmt. Das ist für uns<br />

ein weiterer wichtiger Grund, dem FAG unsere Zustimmung zu<br />

verweigern.<br />

2. Die Spitzenverbände akzeptieren das so genannte Vorsorgemodell<br />

des Finanzministers hinsichtlich <strong>der</strong> zeitweiligen Aufstockung <strong>der</strong><br />

investiven Mittel mit Blick auf den Solidarpakt II. Auch wir haben<br />

nichts gegen dieses Vorsorgemodell, allerdings, es wird zulasten<br />

<strong>der</strong> Verwaltungshaushalte gehen. Hier hätten wir gern gesehen, dass<br />

die Verwaltungshaushalte zumindest auf dem Niveau von 2001<br />

verstetigt werden.<br />

Im Übrigen sind wir für die reguläre Überprüfung des<br />

Gleichmäßigkeitsgrundsatzes nicht nur aller vier Jahre, wie das<br />

jetzt im Gesetz drinsteht, son<strong>der</strong>n aller zwei Jahre, sozusagen von<br />

Doppelhaushalt zu Doppelhaushalt.<br />

3. Manchmal wird <strong>der</strong> FAG-Beirat scherzhaft als notwendige<br />

Kungelrunde im vorpolitischen Raum beschrieben, notwendig eben für<br />

die Konsensfindung zwischen Staatsregierung und Kommunen. Seis<br />

drum, wir wollen das gar nicht denunzieren. Wir begrüßen, dass<br />

dieser Beirat nun endlich eine Geschäftsordnung bekommen soll. Wir<br />

würden anregen, dass darüber hinaus dieser Beirat auch als<br />

Dienstleister für den <strong>Landtag</strong> auftritt, denn zumindest gegenwärtig<br />

ist <strong>der</strong> FAG-Beirat in vielen Fällen eine ausgesprochene Blackbox<br />

für die Oppositionsfraktionen. Diese Einschätzung bedeutet<br />

selbstverständlich nicht, dass wir dem Beirat schlechte Arbeit<br />

unterstellen. Dringend notwendig ist aber mehr Transparenz.<br />

4. Nicht nur die Spitzenverbände, auch die PDS-Fraktion hat sehr<br />

weit gehende Vorstellungen zur Pauschalierung von<br />

Landesför<strong>der</strong>programmen entwickelt. Es geht schlicht und einfach um<br />

den Abbau lästiger Bürokratie bei <strong>der</strong> Bewirtschaftung diverser<br />

För<strong>der</strong>mittelprogramme. Es geht um höhere Eigenverantwortung <strong>der</strong><br />

Kommunen. Es geht letztendlich darum, <strong>der</strong> kommunalen Kompetenz und<br />

Verantwortungsbereitschaft zu vertrauen. <strong>Der</strong> Preis dafür - das<br />

spricht wohl nur die PDS-Fraktion so deutlich an - ist die<br />

Zurückdrängung von ministeriellen Ressort-Egoismen und auch die<br />

Beschneidung des Einflusses so genannter Fachbru<strong>der</strong>schaften;<br />

vielleicht sind das manchmal auch Fachschwesternbünde. All diese


Vorschläge kosten kein Geld, ganz im Gegenteil, sie können<br />

beträchtlich Geld einsparen; siehe Funktionalreform und<br />

Verwaltungsreform. Ich denke, Herr Staatsminister <strong>der</strong> Finanzen, wir<br />

sollten Sie hier sogar als Verbündeten an unserer Seite haben.<br />

5. Für längst überfällig halten wir die Freigabe <strong>der</strong> investiven<br />

Schlüsselzuweisungen für alle Investitionen in den Kommunen.<br />

Stichwort "Negativliste". Wir sind dafür, dass diese Negativliste<br />

wegfallen muss. Abgesehen davon, dass sich selbst das<br />

Finanzministerium zunehmend schwer tut, klar zu definieren, worin<br />

nun eigentlich "infrastruktureller Grundbedarf" bestehen soll, ist<br />

dies doch eine Entscheidung, die, wie wir meinen, sinnvollerweise<br />

kompetent nur vor Ort getroffen werden kann. Was in <strong>der</strong> einen<br />

Gemeinde noch Grundbedarf sein kann, zum Beispiel in einem Kurort<br />

eine Freizeiteinrichtung, kann an<strong>der</strong>enorts längst an<strong>der</strong>en<br />

Prioritäten unterliegen, zum Beispiel, weil Schulhaussanierungen<br />

zunächst einmal wichtiger sind. Wer nun Kommunalisierung ernsthaft<br />

will, wie bei <strong>der</strong> Funktionalreform ja versprochen, sollte hier den<br />

Bürgermeistern und den Gemein<strong>der</strong>äten sowie den Kreistagen zumindest<br />

zutrauen, verantwortungsbewusst über ihren Grundbedarf an<br />

Infrastruktur zu befinden.<br />

6. Die seit Jahren straff steigenden Umlagen für den<br />

Wohlfahrtsverband sind vor allem für die kreisfreien Städte, aber<br />

auch für die Landkreise ein ausgesprochenes Ärgernis. Zunächst<br />

einmal sollte die Diskussion versachlicht werden, indem<br />

regionalisierte Analysen zur Tätigkeit des Wohlfahrtsverbandes<br />

abgefor<strong>der</strong>t werden. Sicherlich lässt sich auch Verwaltungsaufwand<br />

einsparen, indem dieser Mammutverband im Zuge <strong>der</strong> Funktionalreform<br />

in kleinere Zweckverbände zwischen den kreisfreien Städten und den<br />

Landkreisen regionalisiert wird. Etwa auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong><br />

Planungsverbände wäre das möglich. Selbstverständlich darf dabei<br />

das Solidarprinzip nicht aufgegeben werden.<br />

Alles in allem: Die PDS-Fraktion hätte mit ihren Vorschlägen zum<br />

kommunalen Finanzausgleich und zur Pauschalierung <strong>der</strong><br />

Landesför<strong>der</strong>programme mindestens 200 Millionen DM an Finanzmasse<br />

umgeschichtet. Entsprechende Anträge haben wir im Innenausschuss<br />

gestellt, natürlich auch im Haushalts- und Finanzausschuss,<br />

selbstverständlich jeweils mit Deckungsvorschlägen. All dies hätte<br />

ohne eine einzige Mark Neuverschuldung geschehen können, wenn, ja<br />

wenn denn <strong>der</strong> politische Wille dafür vorhanden gewesen wäre. An<br />

diesem politischen Willen hat es den entsprechenden<br />

Ausschussmehrheiten gemangelt.<br />

Wir wissen ziemlich verlässlich, dass es auch <strong>der</strong> Mehrheit im Hohen<br />

Hause heute an diesem politischen Willen mangeln wird, selbst nur<br />

ein Jota an <strong>der</strong> Beschlussempfehlung des Haushalts- und<br />

Finanzausschusses zu än<strong>der</strong>n, und sei es wi<strong>der</strong> bessere Einsicht. Wir<br />

beklagen dies nicht, wir stellen nur sachlich fest: So ist das<br />

Leben, bis 2004 wohl. Aus diesem Grund verzichten wir heute auf das<br />

unfruchtbare Spiel, hier abermals unsere Än<strong>der</strong>ungsanträge zum<br />

Haushalt und zum Finanzausgleich einzubringen. Wir verzichten<br />

darauf nicht zuletzt deshalb, weil wir mit diesen Än<strong>der</strong>ungsanträgen<br />

dann unseren eigenen Alternativhaushalt konterkarieren würden, denn


selbstverständlich sind eine ganze Reihe unserer Deckungsvorschläge<br />

mit <strong>der</strong> jetzt vorliegenden Beschlussempfehlung des Haushalts- und<br />

Finanzausschusses obsolet geworden. Sie sind obsolet geworden,<br />

dennoch bleiben sie richtig.<br />

Ich kann deshalb nur <strong>der</strong> kritischen Min<strong>der</strong>heit in diesem Hohen<br />

Hause empfehlen, das in vielerlei Hinsicht unzureichende<br />

Finanzausgleichsgesetz für die Jahre 2001 und 2002 abzulehnen und<br />

unserem Entschließungsantrag mit den wichtigsten Arbeitsrichtungen<br />

zur Weiterentwicklung des Finanzausgleichs zuzustimmen.<br />

Vielen Dank.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Die CDU-Fraktion bitte, Herr Abg.<br />

Dr. Metz.<br />

Dr. Metz, CDU: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten<br />

Damen und Herren! "Wenn ich das, was in Sachsen passiert und<br />

passieren wird, mit dem vergleiche, was in Nordrhein-Westfalen<br />

passiert, sehe ich hier eine relativ heile Welt." Meine Damen und<br />

Herren! Mit diesen Worten beschrieb <strong>der</strong> Hauptreferent des deutschen<br />

Städtetages, Herr Dr. Münstermann, die politischen<br />

Rahmenbedingungen unseres kommunalen Finanzausgleiches bei <strong>der</strong><br />

öffentlichen Anhörung. Auch die an<strong>der</strong>en Sachverständigen, übrigens<br />

auch <strong>der</strong> von <strong>der</strong> PDS-Fraktion, haben in großer Übereinstimmung die<br />

Grundlinien unseres FAG positiv gewürdigt. Insbeson<strong>der</strong>e wurde die<br />

Einführung des Grundsatzes <strong>der</strong> gleichmäßigen Einnahmenentwicklung<br />

von staatlicher und kommunaler Ebene als deutschlandweit<br />

beispielhaft bewertet.<br />

Meine Damen und Herren! Wir haben daher allen Grund, dem<br />

vorliegenden Gesetzentwurf zuzustimmen, mit dem unser FAG behutsam<br />

fortentwickelt wird, ja sozusagen den Feinschliff erhält. Die<br />

Eckpunkte des Än<strong>der</strong>ungsgesetzes hatte ich bereits bei <strong>der</strong> 1. Lesung<br />

vorgestellt. Daher möchte ich hier nur noch einmal auf die<br />

bedeutsamste Än<strong>der</strong>ung hinweisen, auf das so genannte<br />

Vorsorgemodell. In den kommenden vier Jahren werden die investiven<br />

Schlüsselzuweisungen um jeweils 125 Millionen DM aufgestockt, so<br />

dass dann im Jahre 2004 500 Millionen DM mehr für Investitionen in<br />

unseren Kommunen zur Verfügung stehen. Die Vorteile dieses Modells<br />

liegen auf <strong>der</strong> Hand. Erhöhte investive Schlüsselzuweisungen<br />

ermöglichen es den Städten, Gemeinden und Landkreisen weitaus<br />

einfacher, die zurzeit noch vorhandenen För<strong>der</strong>programme vom<br />

Freistaat, vom Bund und von <strong>der</strong> Europäischen Union voll in Anspruch<br />

zu nehmen.<br />

Gleichzeitig besteht aufgrund <strong>der</strong> nur verhalten steigenden<br />

allgemeinen Schlüsselzuweisungen natürlich ein Anreiz, die<br />

Verwaltungsumstrukturierung voranzutreiben. Genau das wollen wir.<br />

Noch immer haben unsere Städte und Gemeinden - und ich weise darauf<br />

hin -, aber auch unsere staatlichen Verwaltungen einen<br />

Personalbestand, <strong>der</strong> über dem Durchschnitt <strong>der</strong> alten Bundeslän<strong>der</strong><br />

liegt. Auf beiden Ebenen, meine Damen und Herren, besteht daher<br />

notwendiger Anpassungsbedarf.<br />

Ich erinnere in diesem Zusammenhang auch an die laufenden<br />

Verhandlungen zum Solidarpakt II. Dort haben wir nur dann gute


Karten, wenn wir nachweisen, dass wir unsere Hausaufgaben gemacht<br />

haben. Genau das werden wir im Bereich des Personals auch tun.<br />

Mit dem Vorsorgemodell sichern wir einen gleitenden Übergang in den<br />

voraussichtlichen Finanzrahmen ab dem Jahre 2005. Diese<br />

vorausschauende, weitsichtige Politik ist meiner Meinung nach auch<br />

ein Ausdruck <strong>der</strong> Verantwortung, die <strong>der</strong> Freistaat Sachsen für seine<br />

Kommunen übernimmt.<br />

Dass diese Politik <strong>der</strong> goldenen Zügel durchaus ihre Berechtigung<br />

hat, zeigt unter an<strong>der</strong>em auch die Zustimmung sowohl des <strong>Sächsische</strong>n<br />

Städte- und Gemeindetages als auch des <strong>Sächsische</strong>n Landkreistages<br />

zu dieser Politik.<br />

Bei <strong>der</strong> 1. Lesung hatte die Opposition bemängelt, die kommunalen<br />

Landesverbände hätten zu frühzeitig vor <strong>der</strong> parlamentarischen<br />

Beratungsphase ihre grundsätzliche Zustimmung zum Gesetzentwurf<br />

signalisiert. Die PDS hielt dies sogar für eine ziemliche<br />

Einmaligkeit in <strong>der</strong> ostdeutschen Parlamentslandschaft. Auch hierzu<br />

haben wir in <strong>der</strong> Anhörung klare Aussagen <strong>der</strong> Experten bekommen.<br />

Ich darf noch einmal Dr. Münstermann vom Deutschen Städtetag<br />

zitieren. Er sagt: "Die Kommunen müssen aktiv und frühzeitig, das<br />

heißt schon im Prozess <strong>der</strong> Entscheidung, einbezogen werden. Hierzu<br />

ist eine neue, kooperative Vertrauenskultur zu schaffen, in <strong>der</strong> die<br />

Städte nicht ständig das Gefühl haben müssen, über den Tisch<br />

gezogen zu werden." So weit das Zitat.<br />

Genau diese For<strong>der</strong>ung hat die Staatsregierung bei <strong>der</strong> Vorbereitung<br />

des Gesetzentwurfs erfüllt. Wenn die PDS also von einer<br />

Einmaligkeit in den ostdeutschen Bundeslän<strong>der</strong>n spricht, so kann ich<br />

dies nur als Lob für die Staatsregierung und für die Arbeit <strong>der</strong><br />

CDU-Fraktion verstehen und in diesem Sinne schließe ich mich <strong>der</strong><br />

Artikulation <strong>der</strong> PDS auch sehr gerne an.<br />

Die schon erwähnte Anhörung hat neben <strong>der</strong> breiten Zustimmung<br />

lediglich Kritik an dem einen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Detail ergeben. In zwei<br />

Fällen hat die CDU-Fraktion diese in ihren Än<strong>der</strong>ungsanträgen<br />

aufgenommen. So soll zukünftig auch <strong>der</strong> Aufbau eines kommunalen<br />

Datennetzes aus dem Topf <strong>der</strong> Bedarfszuweisungen för<strong>der</strong>fähig werden.<br />

Damit kommen wir einem Wunsch <strong>der</strong> Spitzenverbände nach, die dies<br />

parallel zum Aufbau des InfoHighways auf staatlicher Ebene<br />

natürlich auch für die Kommunen wollen.<br />

Auch die Anregung zur Fortentwicklung des Beirates, <strong>der</strong> in <strong>der</strong><br />

öffentlichen Anhörung ebenfalls eine große Rolle gespielt hat - und<br />

mein Vorredner, Dr. Friedrich, wies auch wie<strong>der</strong> darauf hin -, haben<br />

wir zum Anlass genommen, § 35 zu modifizieren. Künftig ist nun auch<br />

im Gesetz geregelt, dass die kommunalen Vertreter auf Vorschlag <strong>der</strong><br />

kommunalen Landesverbände berufen werden und nicht wie bisher nur<br />

nach Anhörung.<br />

Faktisch - das möchte ich aber auch anmerken - än<strong>der</strong>t sich jedoch<br />

an <strong>der</strong> bisherigen Praxis kaum etwas. Warum? Weil das<br />

Staatsministerium <strong>der</strong> Finanzen schon bisher die Personalvorschläge<br />

<strong>der</strong> kommunalen Ebene stets akzeptiert und realisiert hat. Das ist<br />

auch ein Beispiel vertrauensvoller Zusammenarbeit - auch ohne<br />

Regelung.


Schließlich wollen wir in das Gesetz einfügen, dass sich <strong>der</strong> Beirat<br />

für den kommunalen Finanzausgleich eine Geschäftsordnung geben<br />

wird. Bisher war dies von allen Beteiligten als nicht für<br />

erfor<strong>der</strong>lich angesehen worden. Wenn wir, meine Damen und Herren,<br />

mit diesen geringfügigen Än<strong>der</strong>ungen jedoch rechtliche Bedenken<br />

ausräumen können, so sind wir gerne dazu bereit.<br />

Nun noch ein Wort zum Verfassungsgerichtsurteil. Auch<br />

verfassungsrechtlich steht meiner Meinung nach das FAG überhaupt<br />

nicht auf <strong>der</strong> Kippe und einen großen Scherbenhaufen, wie ihn <strong>der</strong><br />

Fraktionsvorsitzende <strong>der</strong> SPD gesehen haben will, kann ich beim<br />

besten Willen nirgends erkennen.<br />

(Jurk, SPD: Ja, manche sind mit Blindheit geschlagen!)<br />

Das Urteil des Verfassungsgerichts von Ende November dieses Jahres<br />

hat vielmehr eindeutig festgestellt, dass <strong>der</strong> Freistaat seiner<br />

Verantwortung zur Finanzierung <strong>der</strong> kommunalen Ebene vollumfänglich<br />

nachgekommen ist.<br />

(Zuruf des Abg. Jurk, SPD)<br />

Wer also, wie die SPD den Bürgermeistern und Landräten vormachen zu<br />

müssen glaubte, meint, man könne sich vor Gericht mehr Geld vom<br />

Freistaat erstreiten, für den ging <strong>der</strong> Schuss nach hinten los.<br />

Die Finanzausschussvorsitzende des <strong>Sächsische</strong>n Landkreistages, Frau<br />

Landrätin Fischer, bringt dies in einem Artikel so auf den Punkt:<br />

"Das Urteil des <strong>Sächsische</strong>n Verfassungsgerichts zum Finanzausgleich<br />

1997 bringt den Kommunen und Landkreisen letztlich Steine statt<br />

Brot."<br />

(Jurk, SPD: Stimmt doch gar nicht!)<br />

"Das Urteil führt nicht zu einer Stärkung <strong>der</strong> Rechtsposition <strong>der</strong><br />

Gemeinden und Landkreise, son<strong>der</strong>n bleibt deutlich" - meine Damen<br />

und Herren: deutlich - "hinter den Schutzklauseln zurück, die <strong>der</strong><br />

gegenwärtige Finanzausgleich allen sächsischen Kommunen bietet."<br />

(Jurk, SPD: Das Finanzministerium braucht ein halbes Jahr,<br />

um das Urteil auszuwerten!)<br />

"Dies gilt insbeson<strong>der</strong>e für die auch im bundesdeutschen Vergleich<br />

einmalige Einbringung <strong>der</strong> Kommunen in den Entscheidungsprozess um<br />

das FAG." So weit das Zitat.<br />

Weiterhin stellt <strong>der</strong> Landkreistag fest, dass das angestrengte<br />

Verfahren den Gemeinden und Landkreisen keine einzige Mark mehr<br />

bringt.<br />

(Jurk, SPD: Woher wissen Sie denn das?)<br />

Allenfalls müssen als Konsequenz aus dem Urteil finanzielle Mittel<br />

zwischen den Gemeinden, Städten und Landkreisen an<strong>der</strong>s verteilt<br />

werden. - Herr Jurk, Sie müssen sich mal mit dem Urteil befassen! -<br />

(Jurk, SPD: Richtig! - Das müssen Sie tun!)<br />

- Dann tun Sie das mal und dann werden wir sicherlich in den<br />

nächsten Monaten in diesem Hohen Hause darüber reden, wie wir die<br />

Dinge neu regeln.<br />

(Jurk, SPD: Warum braucht ihr jetzt ein halbes Jahr, um das<br />

Urteil umzusetzen? Es ist nichts verän<strong>der</strong>t worden!)<br />

- Jedenfalls nicht so, wie Sie es meinen.<br />

(Jurk, SPD: Ach! Dann könnt ihr es doch so sagen!)


Bei dem infrage stehenden Umschichtungsvolumen in Höhe von nicht<br />

einmal 300 Millionen DM sei beson<strong>der</strong>s problematisch - und darauf<br />

weisen die kommunalen Spitzenverbände einheitlich hin -, dass diese<br />

Gel<strong>der</strong> finanzschwachen kreisangehörigen Gemeinden und Landkreisen<br />

zugunsten finanzstarker Kommunen weggenommen werden müssten.<br />

(Zuruf <strong>der</strong> Abg. Frau Weihnert, SPD)<br />

<strong>Der</strong> Solidargedanke des Finanzausgleichssystems, <strong>der</strong> helfen soll,<br />

eine gleichmäßige finanzielle Ausstattung aller Gemeinden<br />

sicherzustellen, würde so in eklatanter Weise unterlaufen.<br />

Als Vertreter eines ländlichen Wahlkreises werde ich den<br />

Betroffenen raten: Bedanken Sie sich bitte bei <strong>der</strong> SPD und <strong>der</strong> PDS<br />

für diese Art <strong>der</strong> Unterstützung. Bei den Bürgermeisterwahlen im<br />

Juni nächsten Jahres, denke ich, haben die Bürger dazu auch<br />

Gelegenheit.<br />

(Zuruf <strong>der</strong> Abg. Frau Weihnert, SPD - Prof. Dr. Porsch, PDS:<br />

Mal sehen, was kommt! Schaun wir mal!)<br />

Meine Damen und Herren, ich rege jedoch an, das Urteil des<br />

Verfassungsgerichts zum Anlass zu nehmen, unsere bisherigen<br />

Auseinan<strong>der</strong>setzungen zum FAG zu überdenken.<br />

In schöner Regelmäßigkeit hat die Opposition in den vergangenen<br />

Jahren versucht, per Gerichtsurteil gegen das FAG anzukämpfen. Das<br />

Ergebnis ist bekannt. Ich finde es schade, dass ausgerechnet <strong>der</strong><br />

kommunale Finanzausgleich, um den uns viele an<strong>der</strong>e Bundeslän<strong>der</strong> -<br />

und insbeson<strong>der</strong>e die neuen - beneiden, immer wie<strong>der</strong> Anlass zu<br />

Gerichtsverfahren gibt. Ich schlage vor, dass wir in Zukunft den<br />

Rat des bereits erwähnten Sachverständigen Dr. Münstermann<br />

beherzigen.<br />

(Jurk, SPD: Dann können Sie ihn ja zum Finanzminister machen!)<br />

Er hat in <strong>der</strong> Anhörung dazu ausgeführt: "<strong>Der</strong> kommunale<br />

Finanzausgleich ist ein Politikum ersten Ranges. Er ist kein<br />

alleiniges Rechtskonstrukt. Wie ich meine, ist das<br />

Finanzverfassungsrecht nicht zur Lösung ökonomischer Probleme<br />

geeignet. Das relativiert die Chancen und die Notwendigkeit, vor<br />

Gericht zu ziehen, was nicht heißt, dass wir" - damit meint er die<br />

kommunale Ebene - "keine verfassten Rechte hätten."<br />

Dr. Münstermann fährt fort: "Städte und Gemeinden können trotz<br />

verfasster Finanzausgleichsrechte dem Land keine einklagbare<br />

Finanzausgleichsrechnung in Mark und Pfennig vorlegen. Das wäre<br />

schön, aber es geht nicht. Die zentralen Probleme des kommunalen<br />

Finanzausgleichs hinsichtlich <strong>der</strong> sachgerechten Dotierung und<br />

Verteilung <strong>der</strong> Finanzausgleichsmittel sind zwischen dem Land und<br />

den Kommunen" - und jetzt hören Sie bitte zu - "kooperativ und<br />

letztlich politisch zu entscheiden." Und genau das tun wir hier in<br />

diesem Hohen Hause.<br />

(Jurk, SPD: Deshalb wollen Sie den Armen weniger Geld geben!<br />

Sie wollen die finanzschwachen Gemeinden noch mehr verhungern<br />

lassen, das ist Ihre Politik!)<br />

Wenn wir uns für die Zukunft auf diese Spielregeln einigen könnten,<br />

Herr Jurk, so wären wir in Sachsen und in diesem Hohen Hause ein<br />

großes Stück weiter und ich denke, wir sollten es, wie immer,<br />

gemeinsam versuchen.


(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Meine Damen und Herren! Ich komme zurück zum vorliegenden<br />

Gesetzentwurf. Dieser stellt die zukunftsweisende Weiterentwicklung<br />

unseres kommunalen Finanzausgleichs dar. Die For<strong>der</strong>ungen unseres<br />

Entschließungsantrags - daran werden Sie sich alle erinnern - vom<br />

Dezember 1997 wurden mit diesem neuen FAG weitestgehend<br />

berücksichtigt:<br />

Das Gesetz erlaubt einen gleitenden Übergang <strong>der</strong> kommunalen Ebene<br />

in den wahrscheinlichen Finanzrahmen nach Auslaufen des<br />

Solidarpaktes I. <strong>Der</strong> Gleichmäßigkeitsgrundsatz wird auf die<br />

Aufgaben- und Ausgabenentwicklung ausgedehnt. Feinjustierungen<br />

geben dem FAG als Dauergesetz einen aktuellen Schliff.<br />

Die CDU-Fraktion möchte es jedoch nicht allein bei <strong>der</strong> Zustimmung<br />

zum vorliegenden Gesetzentwurf belassen. In einem<br />

Entschließungsantrag zum FAG wollen wir schon jetzt Bereiche<br />

aufzeigen, in denen wir für künftige Jahre Fortentwicklungs- o<strong>der</strong><br />

zumindest Überprüfungsbedarf erkennen<br />

(Beifall des Abg. Dr. Münch, CDU)<br />

und dieses möchten wir bitte <strong>der</strong> Staatsregierung mit auf den Weg<br />

geben.<br />

Meine Damen und Herren! Wir dürfen stolz sein auf das<br />

partnerschaftliche Miteinan<strong>der</strong> zwischen Freistaat, Parlament und<br />

kommunaler Ebene, wie wir es in den letzten Jahren gerade im<br />

Bereich des kommunalen Finanzausgleichs praktiziert haben.<br />

Das ist auch - und darauf weise ich beson<strong>der</strong>s hin - ein Stück<br />

gelebter politischer Kultur in unserem Lande. Allen Beteiligten sei<br />

dafür hier ein aufrichtiges Wort des Dankes gesagt.<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Danke schön!)<br />

Diesen Dank bekräftigt die CDU-Fraktion mit <strong>der</strong> Zustimmung zum<br />

vorliegenden Gesetzentwurf.<br />

Und Ihnen danke ich beson<strong>der</strong>s für die Aufmerksamkeit.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Die SPD-Fraktion, bitte. Frau Abg.<br />

Weihnert.<br />

Frau Weihnert, SPD: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Auch<br />

<strong>der</strong> Freistaat Sachsen ist nur so gut o<strong>der</strong> so schlecht in seiner<br />

sozialen und wirtschaftlichen Infrastruktur, wie es seine Kommunen<br />

vermögen diese Leistungen vor Ort umzusetzen.<br />

Die Bedeutung unserer Kommunen und Landkreise ist in diesem Hohen<br />

Hause unumstritten, wurde diesem Faktum doch durch die Artikel 84<br />

ff. in <strong>der</strong> <strong>Sächsische</strong>n Verfassung beson<strong>der</strong>es Gewicht verliehen.<br />

Trotz dieser Willenserklärung durch den Gesetzgeber wurden die<br />

Kommunen jedoch durch die Festlegungen in den<br />

Finanzausgleichsgesetzen und den Haushaltsbegleitgesetzen <strong>der</strong><br />

vergangenen Jahre unangemessen ausgestattet. Wesentliche<br />

Kritikpunkte habe ich dazu schon in an<strong>der</strong>en Reden benannt.<br />

Heute sind wir in einer nicht alltäglichen Situation. Vor zwei<br />

Wochen hat <strong>der</strong> <strong>Sächsische</strong> Verfassungsgerichtshof die Klage zum FAG<br />

1997 beschieden und dieses für insgesamt verfassungswidrig erklärt.<br />

Und ich betone das noch einmal ausdrücklich beson<strong>der</strong>s in Richtung<br />

<strong>der</strong> CDU-Fraktion: insgesamt für verfassungswidrig erklärt.


<strong>Der</strong> wesentliche Grund hierfür ist, dass das Finanzausgleichsgesetz<br />

1997 - im Übrigen auch die folgenden FAGs - keinen<br />

finanzkraftunabhängigen und vollständigen Mehrbelastungsausgleich<br />

enthält. Diesen hat die SPD-Fraktion in den vergangenen Jahren<br />

stets eingefor<strong>der</strong>t.<br />

Nun könnten wir uns zwar bestätigt fühlen, aber, meine Damen und<br />

Herren von <strong>der</strong> CDU-Fraktion, ich glaube, Sie werden wie<strong>der</strong> etwas<br />

klüger, wenn Sie sich in Ruhe mit den Inhalten des Gerichtsurteils<br />

auseinan<strong>der</strong> setzen und nicht schon so vorschnell Urteile abgeben.<br />

(Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Nur, lei<strong>der</strong> ist die Sache damit nicht erledigt. Das jetzt zur<br />

Verabschiedung anstehende Än<strong>der</strong>ungsgesetz zum FAG behebt die vom<br />

Verfassungsgericht aufgezeigten Mängel nicht. Weiterhin erfolgt<br />

kein finanzkraftunabhängiger und vollständiger<br />

Mehrbelastungsausgleich für übertragene Aufgaben. Zugegebenermaßen<br />

kann ein neues Finanzausgleichsgesetz nicht in wenigen Tagen<br />

erarbeitet werden, auch benötigen unsere Gemeinden und Kreise<br />

dringend Planungssicherheit für die Haushalte im kommenden Jahr.<br />

Es ist aber völlig unverantwortlich, in dieser Situation trotz <strong>der</strong><br />

erfor<strong>der</strong>lichen wesentlichen Korrekturen den Finanzausgleich bereits<br />

für die Haushaltsjahre 2001 und 2002 festzulegen. Aufgrund <strong>der</strong><br />

vielen Hinweise vom SSG, den Kommunen, an<strong>der</strong>en Gerichten o<strong>der</strong><br />

Sachverständigen und unserer Fraktion wäre es Ihnen, Herr<br />

Staatsminister Milbradt, durchaus möglich gewesen, bereits früher<br />

Än<strong>der</strong>ungen im FAG vorzunehmen.<br />

Das Ifo-Gutachten, Herr Dr. Metz, welches Sie 1997 in Ihrer Rede<br />

als Bestätigung für die Finanzpolitik des Landes zitierten - obwohl<br />

es in Teilen falsch war -, mahnte bereits damals eine regelmäßige<br />

Überprüfung des Gleichmäßigkeitsgrundsatzes und somit <strong>der</strong><br />

Aufgabenverteilung zwischen Land und Kommunen an. Erst für 2003 ist<br />

dies endlich vorgesehen.<br />

Meine Damen und Herren, bereits am 7. September 1995 bemerkte Herr<br />

Minister Milbradt in seiner Rede zum Haushalt und zum FAG 1996 -<br />

ich zitiere -: "Bei einer Vielzahl von Kommunen ist die<br />

Verschuldungsgrenze bereits erreicht o<strong>der</strong> überschritten." 1995! Ihr<br />

Resümee damals an die Kommunen in <strong>der</strong> gleichen Rede war: "Das<br />

bedeutet vor allem die Begrenzung <strong>der</strong> konsumtiven Ausgaben für die<br />

freiwilligen Leistungen, für Son<strong>der</strong>leistungen im Sozialbereich und<br />

generell des Standards <strong>der</strong> Aufgabenerledigung sowie eine weitere<br />

Verringerung des Personalaufwandes, also Aufgaben kritisch zu<br />

betreiben."<br />

Meine Damen und Herren, das setzen Sie bis heute fort mit den<br />

Unterlagen, die Sie vorgegeben haben. Die Kommunen haben in den<br />

letzten Jahren im sozialen Bereich und auch in an<strong>der</strong>en Bereichen<br />

beson<strong>der</strong>s im Personal gekürzt, verän<strong>der</strong>t und neu strukturiert. Und<br />

sie haben nicht nur ihren Personalbestand deutlich verringert.<br />

Nein, sie mussten, ob sie wollten o<strong>der</strong> nicht, ihre Ausgaben im<br />

sozialen Bereich ständig verringern, ihre Kürzungen für Jugend und<br />

Kultur drastisch fortsetzen, um zu überleben. Gleichzeitig haben<br />

Sie es, meine Damen und Herren von <strong>der</strong> CDU-Fraktion, hingenommen,<br />

dass <strong>der</strong> Aufwand <strong>der</strong> Kommunen für übertragene Pflichtaufgaben immer


mehr stieg, ohne dass sie dazu den notwendigen finanziellen<br />

Ausgleich fair erhalten haben.<br />

Auch unter dieser Last <strong>der</strong> Aufgaben ist die Gesamtverschuldung in<br />

den Gemeinden weiter gestiegen. Eine solche Vorgehensweise war, ist<br />

und wird auch in Zukunft mit <strong>der</strong> SPD-Fraktion nicht zu machen sein.<br />

Ein erster Schritt zu mehr Objektivität wäre zum Beispiel die von<br />

uns in den Ausschusssitzungen gefor<strong>der</strong>te Einführung einer<br />

unabhängigen Kommission zur Ermittlung des kommunalen Finanzbedarfs<br />

gewesen. Aber selbst das wollten Sie nicht.<br />

Meine Damen und Herren! Auch wenn das Urteil des <strong>Sächsische</strong>n<br />

Verfassungsgerichtshofes in den kommenden Wochen noch exakter<br />

ausgewertet werden muss, so bleibt festzuhalten, dass die<br />

Finanzausgleichsgesetze zumindest seit 1997 wegen des fehlenden<br />

finanzkraftunabhängigen und vollständigen Mehrbelastungsausgleichs<br />

für übertragene Aufgaben verfassungswidrig sind.<br />

<strong>Der</strong> Verfassungsgerichtshof begreift Artikel 85 <strong>der</strong> <strong>Sächsische</strong>n<br />

Verfassung als selbständige Finanzgarantie. Folgerichtig verlangt<br />

das Verfassungsgericht einen Mehrbelastungsausgleich nicht nur bei<br />

<strong>der</strong> Übertragung staatlicher Aufgaben für die Kommunen, son<strong>der</strong>n auch<br />

dann, wenn eine bislang freiwillige Aufgabe durch Landesgesetz als<br />

Pflichtaufgabe zugewiesen wird. Das Gleiche gilt, wenn kommunalen<br />

Trägern eine neue Selbstverwaltungsaufgabe per Landesgesetz<br />

zugewiesen wird. Auch in diesen Fällen werden die Kommunen<br />

finanziell mehr belastet.<br />

Damit Sie sich das wirklich noch einmal einprägsam verdeutlichen:<br />

Obwohl dieser vollständige Mehrbelastungsausgleich je<strong>der</strong> Kommune im<br />

Freistaat unabhängig von <strong>der</strong> eigenen Finanzkraft zusteht, wurde<br />

dies von <strong>der</strong> Landesregierung immer geleugnet und - wie wir soeben<br />

gehört haben - wird es auch heute noch von <strong>der</strong> CDU-Fraktion.<br />

<strong>Der</strong> im Finanzausgleichsgesetz existierende § 15 sieht bisher nur<br />

einen finanzkraftabhängigen Ausgleich für übertragene Aufgaben vor.<br />

Dieses muss korrigiert werden und hat überhaupt nichts mit<br />

Bevorteilung von bestimmten Kommunen zu tun.<br />

(Beifall des Abg. Jurk, SPD)<br />

<strong>Der</strong> Verfassungsgerichtshof hat ausgeführt, dass ein vollständiger<br />

Mehrbelastungsausgleich sämtliche notwendigen Kosten <strong>der</strong><br />

Verwaltungstätigkeit, insbeson<strong>der</strong>e Zweckausgaben, Personal- und<br />

Sachkosten, zu umfassen hat. Teilweise Deckungsquoten, wie sie<br />

bisher von <strong>der</strong> Staatsregierung veranschlagt wurden, sind damit<br />

nicht vereinbar. Die Kürzung <strong>der</strong> Zuweisungen so um zirka 25 % - wer<br />

immer das berechnet hat - war und ist ein für die Kommunen<br />

folgenschwerer Denkfehler <strong>der</strong> Staatsregierung und von Ihnen, meine<br />

Damen und Herren <strong>der</strong> CDU-Fraktion.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Dieser willkürliche Abzug von 25 % durch die bisherige Gesetzeslage<br />

kostete 1998 die kommunale Seite laut Berechnung des FAG-Beirates<br />

auf <strong>der</strong> Basis einer flächendeckenden Erhebung für alle<br />

nachkonstitutionell übertragenen Aufgaben die nicht kleine Summe<br />

von 83,9 Millionen DM. Nur für das Jahr 1998!<br />

Meine Damen und Herren, schon durch diesen verän<strong>der</strong>ten Ansatz<br />

müssen die Mittel, die für die übertragenen Aufgaben im Rahmen des


Finanzausgleichsgesetzes veranschlagt wurden, erhöht werden -<br />

jedoch nicht nur diese, son<strong>der</strong>n auch die Gesamtmasse, was sich<br />

zwangsläufig aus dem Gleichmäßigkeitsgrundsatz ergibt. Dieser ist<br />

um die bereits genannten 25 % - den bisherigen Abzug -<br />

aufzustocken, da die Basis, die vom Gleichmäßigkeitsgrundsatz<br />

ausgeht, diese 25 % nicht enthält.<br />

So weit erste direkte Konsequenzen aus dem Urteil des<br />

Verfassungsgerichtshofes.<br />

Meine Damen und Herren! Wir dürfen natürlich nicht die Aussagen<br />

außer Acht lassen, die <strong>der</strong> Verfassungsgerichtshof indirekt gemacht<br />

hat, insbeson<strong>der</strong>e bei seinen Ausführungen zur Finanzgarantie des<br />

Artikels 87 <strong>Sächsische</strong> Verfassung. Die Kernfrage, wie viel Geld die<br />

kommunale Seite vom Land insgesamt erhält, ist Sache des<br />

Gesetzgebers. Damit ist <strong>der</strong> Finanzausgleich eine originär<br />

politische Frage.<br />

Meine Damen und Herren! Das heißt aber auch, dass je<strong>der</strong> einzelne<br />

Landespolitiker politische Verantwortung für die kommunale Ebene<br />

trägt und dies durch sein Abstimmungsverhalten deutlich macht.<br />

<strong>Der</strong> vorliegende Entwurf zum FAG gibt nicht nur mangelhafte, son<strong>der</strong>n<br />

auch falsche Antworten darauf, wie eine solide und faire<br />

Finanzbeziehung zwischen Land und Kommunen auszusehen hat. Die<br />

Finanzverteilung in unserem Land muss sich an an<strong>der</strong>en Prioritäten<br />

orientieren. Die kommunale Selbstverwaltung lassen wir nicht zur<br />

Marionette werden. Die SPD-Fraktion räumt den Kommunen zur Stärkung<br />

ihrer Wirtschafts- und sozialen Infrastruktur einige Jahre an<strong>der</strong>e<br />

finanzielle Prioriäten ein. Wir können deshalb dem FAG keinesfalls<br />

zustimmen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Meine Damen und Herren! Wird von<br />

den Fraktionen noch einmal das Wort gewünscht? - Die CDU-Fraktion?<br />

- Die PDS-Fraktion? - Die SPD-Fraktion? - Das ist nicht <strong>der</strong> Fall.<br />

Dann bitte ich jetzt die Staatsregierung. Herr Minister Milbradt.<br />

Prof. Dr. Milbradt, Staatsminister <strong>der</strong> Finanzen: Frau Präsidentin!<br />

Meine Damen und Herren! Meine Vorredner haben schon darauf<br />

hingewiesen, dass seit Einbringung des Än<strong>der</strong>ungsgesetzes zum FAG<br />

<strong>der</strong> Verfassungsgerichtshof seine Position zur Auslegung <strong>der</strong><br />

Verfassung in zwei Entscheidungen dargelegt hat.<br />

Frau Weihnert, ich wun<strong>der</strong>e mich schon sehr, wie Sie ständig sagen,<br />

die Entscheidungen müssen ausgewertet werden, und öffentlich die<br />

Auswertung schon vorwegnehmen und Antworten geben, die naturgemäß<br />

meistens auch falsch sind, weil Sie offensichtlich das wesentliche<br />

Urteil nicht gelesen haben.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Zunächst zu dem Hauptstreitpunkt. Die SPD hatte mit PDS-<br />

Abgeordneten beantragt, das FAG wegen Verstoßes gegen den Artikel<br />

87 für verfassungswidrig zu erklären. Dieser enthält nämlich die<br />

allgemeinen Vorschriften über den gemeindlichen Finanzausgleich.<br />

Erklärtes Ziel Ihres Vorgängers, Herrn Richter, war, dadurch mehr<br />

Geld für die Gemeinden zu erstreiten. Er hat deswegen seine<br />

Heimatstadt Zwickau und Hoyerswerda aufgerufen, sich mit einer<br />

eigenständigen Verfassungsklage an dem Verfahren zu beteiligen, was


sie auch getan haben. Diese beiden Städte sind vom<br />

Verfassungsgerichtshof negativ beschieden worden, und zwar in einer<br />

Art und Weise, die schon bemerkenswert ist. Die<br />

Verfassungsbeschwerde wurde nämlich überhaupt nicht angenommen,<br />

weil die beiden Städte nicht darlegen konnten, dass sie überhaupt<br />

finanziell benachteiligt worden waren. Darüber reden Sie nicht.<br />

(Jurk, SPD: Oberbürgermeister CDU und PDS!)<br />

Sie reden auch nicht darüber, dass das Gericht bezüglich des<br />

Artikels 87 dem Gesetzgeber einen weiten Ermessensspielraum<br />

eingeräumt hat, und zwar einen wesentlich weiteren, als er mit<br />

unserem Gleichmäßigkeitsgrundsatz gewährt wird. Deswegen schreiben<br />

auch die kommunalen Spitzenverbände - das Schreiben liegt Ihnen ja<br />

auch vor -, dass sie durch diese Entscheidungen in ihren Rechten<br />

nicht gestärkt, son<strong>der</strong>n durch das Urteil geschwächt worden sind.<br />

(Dr. Münch, CDU: Hört, hört!)<br />

Das Ergebnis Ihrer Verfassungsklage ist doch, dass das Gericht ein<br />

Stück weit die Autonomie <strong>der</strong> Gemeinden zurückgedrängt und die<br />

Autonomie des <strong>Landtag</strong>es erhöht hat, und zwar mehr, als wir selber<br />

wollten! Das ist das Ergebnis. <strong>Der</strong> Gesetzgeber ist jetzt sehr viel<br />

weitergehend in <strong>der</strong> Lage, den Finanzausgleich auch zulasten <strong>der</strong><br />

Kommunen zu regeln.<br />

(Jurk, SPD: O<strong>der</strong> zugunsten!)<br />

- Sie haben doch immer gesagt, es sei in ihre Rechte eingegriffen<br />

worden. In diesem Punkt, Herr Jurk, haben Sie eine glatte<br />

Bauchlandung erlebt.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Sie haben einen Pyrrhussieg errungen. Zugunsten <strong>der</strong> Gemeinden haben<br />

Sie überhaupt nichts erreicht, son<strong>der</strong>n Sie haben ihre<br />

verfassungsrechtliche Stellung noch geschwächt. Das ist das<br />

Ergebnis <strong>der</strong> Verfassungsbeschwerde. Sie sind allein mit einem<br />

einzigen Punkt erfolgreich geblieben. - Frau Weihnert, es wäre<br />

vielleicht ganz gut, wenn Sie zuhören würden. Sie können ja nachher<br />

noch reden. -<br />

(Jurk, SPD: Aber gewonnen haben wir trotzdem!)<br />

- Sie haben mit einem einzigen Punkt gewonnen, dass nämlich das<br />

Gericht festgestellt hat, dass <strong>der</strong> Artikel 85 neben dem Artikel 87<br />

ein eigenständiges Recht beinhaltet und eine finanzkraftunabhängige<br />

Abgeltung übertragener Aufgaben zu erfolgen hat. Das kann man<br />

natürlich machen. Das haben wir auch bis 1995 so gemacht. Das kann<br />

man machen, das ist keine Frage. Es bedeutet auch nicht mehr Geld,<br />

son<strong>der</strong>n es bedeutet nur, dass ich jetzt den gemeinsamen<br />

Finanzausgleich, den großen Topf, in einen kleinen Topf spalte, den<br />

ich finanzkraftunabhängig verteile, und in einen größeren Topf, den<br />

ich weiter finanzkraftabhängig verteile. Da wir ja hier im Lande<br />

des Adam Ries sind, bedeutet eine solche Aufteilung, dass <strong>der</strong><br />

Solidaritätsgedanke reduziert wird; denn es wird nicht mehr alles<br />

nach Solidarität verteilt, son<strong>der</strong>n es wird ein Teil nicht nach<br />

Solidarität verteilt. Auch Gemeinden, die es aufgrund ihrer<br />

Finanzausstattung überhaupt nicht nötig haben, bekommen jetzt Geld<br />

aus dem FAG-Topf. Das ist das Ergebnis. Ob Sie nun zu 100 % die<br />

Anrechnung machen, wie es das Verfassungsgericht vorschreibt, o<strong>der</strong>


zu 75 %, wie wir das vorher getan haben, macht überhaupt keinen<br />

Unterschied.<br />

(Jurk, SPD: Und die Größe des Topfes bestimmen Sie!)<br />

Das Ergebnis ist dasselbe.<br />

Wir haben das ja auch schon gerechnet, Frau Weihnert. Es ist ja<br />

nicht so, dass ich nicht in <strong>der</strong> Lage gewesen wäre kurzfristig ein<br />

Än<strong>der</strong>ungsgesetz vorzulegen, das all das, was Sie jetzt gefor<strong>der</strong>t<br />

haben, berücksichtigt hätte. Das Ergebnis wäre, grob gesagt: Aus<br />

den 6 Milliarden DM Finanzausgleich müsste ein Topf von ca. 300<br />

Millionen DM abgespalten werden. <strong>Der</strong> würde, wie Sie es wollen, zu<br />

100 % die Aufgaben abdecken. Die von Ihnen genannten 83 Millionen<br />

DM, also 25 %, entsprechen in etwa meiner Zahl, denn 100 % sind<br />

etwa 300 Millionen DM.<br />

Hauptverlierer wäre die Stadt Leipzig mit 700 TDM Min<strong>der</strong>einnahmen.<br />

Zweiter großer Verlierer ist die Stadt Dresden mit rund 600 TDM und<br />

dann geht es quer durch den Gemüsegarten. In aller Regel verlieren<br />

die ärmeren und gewinnen die reicheren Kommunen. Die Verän<strong>der</strong>ung<br />

bezüglich des jeweiligen Finanzvolumens <strong>der</strong> jeweiligen Gemeinde<br />

bewegt sich in <strong>der</strong> Regel im Promillebereich.<br />

Natürlich kann man sagen, dass Sie einen großen Sieg errungen<br />

haben, weil wir jetzt genau wissen, dass die Stadt Leipzig bisher<br />

700 TDM zu viel bekommen hat und die Stadt Dresden 600 TDM. Nehmen<br />

wir ihnen also diese Beträge und verteilen sie über das Land, über<br />

500 Gemeinden! Das werden wir ihnen auch vorschlagen. Wir werden<br />

auch mit den kommunalen Spitzenverbänden darüber reden, ob sie denn<br />

das auch wollen; denn das Verfassungsgericht hat in gewissem<br />

Wi<strong>der</strong>spruch zu seinem Urteil, wie ich zugebe, gesagt, dass die<br />

Finanzausgleichsgesetze <strong>der</strong> Jahre 1998 und folgende wie<strong>der</strong> eine<br />

finanzkraftunabhängige Verteilungsregelung enthalten würden. Auch<br />

das gegenwärtige Gesetz ist hier identisch mit dem Gesetz von 1998.<br />

Man könnte sich auch auf den Standpunkt stellen, Frau Weihnert,<br />

dass man überhaupt nichts zu än<strong>der</strong>n braucht, denn das 1998er Gesetz<br />

ist ja indirekt für verfassungsgemäß erklärt worden.<br />

Im Übrigen hat das, was Ihnen heute vorliegt, damit überhaupt<br />

nichts zu tun, denn wir diskutieren ja nur Än<strong>der</strong>ungen zum FAG. Da<br />

aber das geltende FAG im Augenblick gar nicht angegriffen wird und<br />

die Verteilungsregel auch nicht Gegenstand des Än<strong>der</strong>ungsgesetzes<br />

ist, verstehe ich nicht, warum Sie dem Gesetz nicht zustimmen<br />

können, es sei denn, Sie hätten einen besseren Vorschlag. Den habe<br />

ich aber gar nicht gehört.<br />

Bis jetzt haben wir über das Neue gesprochen. Jetzt kommen wir<br />

wie<strong>der</strong> zu dem Üblichen: Die Gemeinden in Sachsen speziell seien<br />

benachteiligt.<br />

(Jurk, SPD: Stimmt!)<br />

Sie sind, Herr Jurk, mit Ihrer Klage in diesem Punkt nicht<br />

erfolgreich gewesen; Sie haben genau das, was Sie erreichen<br />

wollten, nicht erreicht.<br />

(Jurk, SPD: Das sagen Sie!)<br />

- Ja, natürlich sage ich das. Ich brauche doch nur die Reden des<br />

verstorbenen Abg. Richter hier zitieren. Sie kennen sie alle. In


denen haben Sie uns Hun<strong>der</strong>te von Millionen DM vorgerechnet, die<br />

eingeklagt werden. Nichts ist dabei herausgekommen!<br />

(Jurk, SPD: Wer hat denn die politische Verantwortung?)<br />

Aber wir können ja auch, meine sehr verehrten Damen und Herren,<br />

einen Vergleich mit an<strong>der</strong>en Bundeslän<strong>der</strong>n ziehen.<br />

(Jurk, SPD: Aber bitte Äpfel mit Äpfeln vergleichen!)<br />

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es ist immer ganz gut - auch<br />

um seinen eigenen Maßstab zu überprüfen - zu sehen, was in an<strong>der</strong>en<br />

Län<strong>der</strong>n vorhanden ist. Wir haben uns angeschaut, wie die Pro-Kopf-<br />

Ausstattung <strong>der</strong> Gemeinden im Jahr 2001, also in dem vor uns<br />

liegenden Jahr, ist. Den sächsischen Gemeinden und Landkreisen<br />

stehen je Einwohner voraussichtlich 1 793 DM zur Verfügung. Im<br />

Durchschnitt <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en neuen Bundeslän<strong>der</strong> sind es jedoch nur 1<br />

506 DM. Das sind pro Kopf 287 DM weniger. Diese Differenz<br />

vergrößert sich übrigens von Jahr zu Jahr.<br />

Überall dort, wo die SPD an <strong>der</strong> Regierung beteiligt ist, verfügen<br />

die Gemeinden über weniger allgemeine Deckungsmittel. Ich gebe<br />

Ihnen die Zahlen: 1 540 DM pro Einwohner in Brandenburg, 1 422 DM<br />

pro Einwohner in Mecklenburg-Vorpommern und 1 638 DM pro Einwohner<br />

in Sachsen.<br />

(Dr. Münch, CDU: Hört, hört!)<br />

Während in Sachsen die Schlüsselzuweisungen im Jahre 2001 um rund 3<br />

% ansteigen, erhalten die Kommunen in Mecklenburg nächstes Jahr<br />

Schlüsselzuweisungen in gleicher Höhe wie in diesem Jahr. In<br />

Sachsen-Anhalt müssen die Kommunen sogar mit 4 % weniger auskommen.<br />

Das war das Land, das noch am nächsten an uns heranreichte. Unsere<br />

Gemeinden und Landkreise sind also auch künftig im Vergleich zu den<br />

an<strong>der</strong>en neuen Län<strong>der</strong>n keinesfalls unterversorgt.<br />

Die von einigen Vertretern <strong>der</strong> Opposition immer wie<strong>der</strong> behauptete<br />

Kommunalfeindlichkeit <strong>der</strong> sächsischen Wirtschafts- und<br />

Haushaltspolitik kann ich beim besten Willen nicht erkennen. Sie<br />

ist auch in <strong>der</strong> Anhörung von keinem <strong>der</strong> Sachverständigen auch nur<br />

ansatzweise bestätigt worden.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Ich bitte doch, wenn man schon mir nicht glaubt und eine Anhörung<br />

beantragt und Experten einlädt, dann zumindest dem Expertenwort zu<br />

glauben. Geben Sie es doch einmal zu, dass die meisten, die<br />

außerhalb unseres Landes Verantwortung tragen, froh wären, wenn sie<br />

Regelungen hätten, wie wir sie seit Jahren haben! Das ist das<br />

Ergebnis unserer gemeinsamen Diskussion in den letzten drei Monaten<br />

gewesen. Alles an<strong>der</strong>e sind Behauptungen, denen überhaupt kein<br />

Wahrheitsbeweis zugrunde liegt. <strong>Der</strong> wird nicht einmal versucht.<br />

Es wird ständig über Land gegangen und gesagt: Wählt die SPD, wählt<br />

die PDS o<strong>der</strong> unterstützt uns, dann bekommt ihr mehr Geld! - Das<br />

Gegenteil wird <strong>der</strong> Fall sein,<br />

(Jurk, SPD: Das werden wir sehen!)<br />

wie wir aus den Län<strong>der</strong>n um uns herum wissen.<br />

Ich gebe gern zu, Frau Abg. Weihnert, dass es eine Reihe von<br />

Gemeinden gibt, die in erheblichen Haushaltsnotlagen sind.<br />

(Frau Weihnert, SPD: Das ist richtig!)<br />

Zum Beispiel Seiffen. Es gibt auch an<strong>der</strong>e Beispiele.


Ich bemühe mich zusammen mit meinen Mitarbeitern und den<br />

Regierungspräsidien sowie den Mitarbeitern im Innenministerium, im<br />

Einzelfall zu einer Lösung zu kommen. Aber eines habe ich aus all<br />

diesen Sanierungsfällen mitbekommen: Keine dieser Gemeinden ist<br />

deswegen unter Wasser geraten, weil sie zu wenig<br />

Schlüsselzuweisungen bekommen hat. Fast alle sind unter Wasser<br />

geraten, weil sie eine unverantwortliche Verschuldungspolitik<br />

betrieben haben, weil sie Investitionen durchgeführt haben, die<br />

auch bei einem etwas höheren Finanzausgleich nicht zu finanzieren<br />

gewesen wären. Das ist doch die Realität!<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Spaßbad. - Jurk, SPD: Das haben wir<br />

auch nicht behauptet. Das ist keine Frage.)<br />

Die Gemeinden sind in eine Notlage geraten, weil ihnen kurz nach<br />

<strong>der</strong> Wende von Wohlmeinenden und weniger Wohlmeinenden aus dem<br />

Westen o<strong>der</strong> von Banken vorgeschlagen worden ist, erhebliche Teile<br />

ihrer Investitionen außerhalb ihres Haushaltes zu finanzieren.<br />

(Jurk, SPD: Als die Rechtsaufsicht noch nicht funktioniert<br />

hat. - Dr. Hahn, PDS: Wer hat das genehmigt?)<br />

Das Ergebnis ist heute, dass alle diese außerhalb des Haushalts<br />

finanzierten Investitionen natürlich nicht endgültig gedeckt worden<br />

sind, son<strong>der</strong>n diese Schulden jetzt mit einer Verzögerung von rund<br />

zehn Jahren auf die Gemeinden zukommen, und zwar mit Zins und<br />

Zinseszins.<br />

(Jurk, SPD: Ja, ja!)<br />

Das ist doch die Realität! Sie wissen auch - ich habe das an dieser<br />

Stelle des Öfteren gesagt -, dass wir versuchen müssen, diesem mit<br />

<strong>der</strong> Kommunalaufsicht so weit wie möglich entgegenzuwirken. Die<br />

offiziellen Regeln entsprechen dem auch. Aber einige Bürgermeister<br />

haben es für angebracht gehalten eine Haushaltspolitik zu<br />

betreiben, die an <strong>der</strong> Rechtsaufsicht sauber vorbeimanövriert. Das<br />

ist doch die Realität in diesem Lande.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Gestatten Sie eine Zwischenfrage,<br />

Herr Minister?<br />

Prof. Dr. Milbradt, Staatsminister <strong>der</strong> Finanzen:<br />

Selbstverständlich.<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Herr Dr. Hahn, bitte.<br />

Dr. Hahn, PDS: Herr Staatsminister Milbradt, Sie haben eben die<br />

Großbaumaßnahmen, die Investitionen, die nicht durch den Haushalt<br />

gedeckt waren, angesprochen.<br />

Ich möchte Sie gern fragen, wer all diese Baumaßnahmen genehmigt<br />

hat, ob das nicht die Regierungspräsidien und zum Teil die<br />

Ministerien Ihrer Staatsregierung gewesen sind.<br />

Prof. Dr. Milbradt, Staatsminister <strong>der</strong> Finanzen: <strong>Der</strong> Normalfall <strong>der</strong><br />

Notlage sieht wie folgt aus, Herr Kollege Hahn: Unmittelbar nach<br />

1990 will eine Gemeinde ein Gewerbegebiet o<strong>der</strong> einen Wohnstandort<br />

entwickeln. Da kommt jemand zum Bürgermeister und sagt: Du bist<br />

doch nicht so blöd und finanzierst das in den Haushalt. Denn das<br />

müsste ja zur Kommunalaufsicht gehen, da würde dann geprüft, ob das<br />

eine vernünftige Sache ist. Wir machen dir stattdessen folgenden


Vorschlag: Wir machen das für die Gemeinde. Wir übernehmen<br />

sämtliche Kosten. Du brauchst nur erklären, dass, wenn wir nach<br />

einem bestimmten Zeitraum von vielleicht zehn Jahren nicht alles<br />

verkauft haben, die Gemeinde dann die übrig bleibenden Grundstücke<br />

übernimmt, und zwar zu den Schulden, die übrig geblieben sind, weil<br />

sie durch die bisherigen Verkäufe nicht gedeckt worden sind.<br />

(Dr. Hahn, PDS: Das sind Ausnahmen!)<br />

Da gibt es ein Beispiel aus Ihrem eigenen Wahlkreis in <strong>der</strong> Nähe von<br />

Pirna.<br />

(Leroff, CDU: Er hat keinen Wahlkreis.)<br />

- Also dort, wo er kandidiert hat, in <strong>der</strong> <strong>Sächsische</strong>n Schweiz.<br />

Herr Hahn, gehen Sie nach Pirna und fragen den Bürgermeister, wie<br />

diese Maßnahme zustande gekommen ist.<br />

Tatsache ist, dass es in vielen Fällen nicht gelungen ist - und das<br />

war auch vorhersehbar -, durch private Investitionen getätigte<br />

Baumaßnahmen durch Verkäufe zu refinanzieren. Das Ergebnis ist den<br />

Gemeinden dann angelastet worden. Wäre es normal gelaufen und<br />

hätten diese Gemeinden normal einen Kredit beantragt, hätte <strong>der</strong><br />

Kredit von <strong>der</strong> Rechtsaufsicht genehmigt werden müssen, und zwar im<br />

Rahmen einer Prüfung ihrer Haushalte und vor allen Dingen ihrer<br />

Kreditfähigkeit. Ich bin <strong>der</strong> festen Überzeugung, dass diese Art von<br />

Investitionen dann nicht getätigt worden wäre.<br />

(Jurk, SPD: Vorsicht, Herr Milbradt!)<br />

Ich will nicht leugnen, dass es das eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />

Investitionsprojekt gegeben hat, bei dem durch sehr günstige<br />

Zuschussmöglichkeiten aus den Ministerien <strong>der</strong> eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e<br />

Bürgermeister verleitet worden ist, mehr zu tun, als er<br />

normalerweise bei seinen Finanzen hätte tun können. Das hat es auch<br />

gegeben. Aber das ist doch alles kein Problem des Finanzausgleichs,<br />

nämlich <strong>der</strong> Deckung <strong>der</strong> laufenden Ausgaben.<br />

(Jurk, SPD: Das haben wir gar nicht behauptet!)<br />

Deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist das Problem<br />

<strong>der</strong> Verschuldung unserer Gemeinden von <strong>der</strong> Diskussion um den<br />

Finanzausgleich zu trennen.<br />

Im Übrigen, Frau Abg. Weihnert, finde ich es schon etwas<br />

eigenartig, wenn die SPD über Land zieht und eine Statistik aus dem<br />

Statistischen Landesamt Kamenz verwendet und wie Kraut und Rüben<br />

Schulden zusammenzählt. Sie zählen zum Beispiel zu den<br />

Kommunalschulden auch die Schulden <strong>der</strong> Wohnungswirtschaft. Auf den<br />

ersten Blick ist es gar nicht so falsch, dass man sich auch diese<br />

Schulden ansieht. Aber es besteht doch offensichtlich ein<br />

Unterschied, ob ich Schulden für eine kommunale Investition<br />

aufnehme, bei <strong>der</strong> es keine eigenen Einnahmen gibt und für die <strong>der</strong><br />

Schuldendienst allein aus den Steuern zu finanzieren ist, und eine<br />

Investition zum Beispiel für ein Mietshaus, bei dem man davon<br />

ausgehen sollte, dass <strong>der</strong> zusätzliche Kapitaldienst durch die<br />

Mieten gedeckt wird. Ich kann doch diese erste Art <strong>der</strong> Verschuldung<br />

nicht ungeprüft mit <strong>der</strong> zweiten Art <strong>der</strong> Verschuldung<br />

zusammenrechnen. Das, Frau Weihnert, tun Sie aber.<br />

(Zuruf <strong>der</strong> Abg. Frau Weihnert, SPD)


Sie zeigen dadurch, dass Sie offensichtlich von <strong>der</strong> Sache keine<br />

Ahnung haben,<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

son<strong>der</strong>n diese Rechnung offensichtlich deshalb machen, um auf eine<br />

möglichst hohe Zahl zu kommen, weil Sie mit dieser Zahl etwas<br />

politisch bewirken wollen.<br />

(Jurk, SPD: Am Ende bezahlt <strong>der</strong> Bürger. <strong>Der</strong> Bürger bezahlt<br />

immer, das haben Sie letztens gesagt.)<br />

Aber das Gegenteil ist <strong>der</strong> Fall, denn je<strong>der</strong> Bürgermeister kann<br />

Ihnen sehr genau den Unterschied zwischen diesen beiden Arten von<br />

Schulden erklären.<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Gestatten Sie eine Zwischenfrage?<br />

Prof. Dr. Milbradt, Staatsminister <strong>der</strong> Finanzen: Bitte sehr.<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Bitte, Herr Schmitz.<br />

Schmitz, CDU: Herr Staatsminister, ich habe dieser Tage einen Anruf<br />

aus dem Nachbarkreis im Brandenburgischen bekommen.<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Bitte stellen Sie eine Frage.<br />

Schmitz, CDU: Da fragte man nach <strong>der</strong> Bewertung <strong>der</strong> Kreisumlage.<br />

Herr Staatsminister, wie bewerten Sie das? Wir haben in Kamenz 23,5<br />

und dort geht man jetzt von 40,5 auf 43,5.<br />

(Jurk, SPD: Die haben doch ein an<strong>der</strong>es Umlagesystem, ein<br />

an<strong>der</strong>es Finanzumlagegesetz. Das ist doch etwas ganz an<strong>der</strong>es.)<br />

Die zweite Frage: Wie bewerten Sie Folgendes: Dort sind pro 1 000<br />

Einwohner 5,8 Beschäftigte in <strong>der</strong> Kreisverwaltung tätig, während im<br />

Kreis Kamenz etwa 3 beschäftigt sind. - Danke.<br />

Prof. Dr. Milbradt, Staatsminister <strong>der</strong> Finanzen: Sie wollen auch<br />

eine Frage stellen? Dann kann ich die Antworten zusammenfassen.<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Herr Minister, würden Sie bitte<br />

zuerst diese Zwischenfrage beantworten?<br />

Prof. Dr. Milbradt, Staatsminister <strong>der</strong> Finanzen: Gut, nacheinan<strong>der</strong>.<br />

Zur ersten Frage: Es gibt in fast allen deutschen Bundeslän<strong>der</strong>n<br />

wesentlich höhere Kreisumlagen als bei uns. Das ist allerdings -<br />

das muss man fairerweise zugeben - nicht nur eine Frage <strong>der</strong><br />

jeweiligen Politik vor Ort, son<strong>der</strong>n auch eine Frage <strong>der</strong> Verteilung<br />

<strong>der</strong> Finanzmassen zwischen dem kreisangehörigen Raum und den<br />

Kreisen. Wir haben in Sachsen traditionell eine sehr hohe<br />

Finanzausgleichsmasse für die Kreise reserviert. Deswegen muss<br />

konsequenterweise bei uns die Kreisumlage geringer sein. Aber<br />

insgesamt bekommen Kreise und kreisangehörige Gemeinden sowie die<br />

kreisfreien Gemeinden in Brandenburg im Durchschnitt weniger als<br />

bei uns, unabhängig von <strong>der</strong> Frage <strong>der</strong> Aufteilung.<br />

Auch <strong>der</strong> zweite Punkt ist, glaube ich, ein Beleg für die<br />

Richtigkeit unserer Politik. Wir haben die Gemeinden mit unserer<br />

Finanzausgleichspolitik relativ früh zum Sparen angeleitet. Wir<br />

haben nicht wie an<strong>der</strong>e Län<strong>der</strong> den Finanzausgleich aufgebläht und<br />

ihn landesseitig über Schulden finanziert. Das Ergebnis ist - das<br />

hat Herr Kollege Schmitz dargestellt -, dass Sachsen mittlerweile


das ostdeutsche Land ist, das auf <strong>der</strong> kommunalen Ebene die<br />

niedrigsten laufenden Ausgaben und insbeson<strong>der</strong>e den niedrigsten<br />

Personalbesatz hat. Das, was unsere Gemeinden in den letzten fünf<br />

Jahren unter Schmerzen vollzogen haben, steht den an<strong>der</strong>en Gemeinden<br />

noch bevor.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Sie gestatten eine weitere<br />

Zwischenfrage?<br />

Prof. Dr. Milbradt, Staatsminister <strong>der</strong> Finanzen: Bitte.<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Bitte, Frau Abg. Weihnert.<br />

Frau Weihnert, SPD: Recht vielen Dank. - Herr Minister, Sie haben<br />

soeben Bemerkungen zu meiner Rundreise zu über 50 Bürgermeistern<br />

gemacht. Ich trage zwar in <strong>der</strong> Regel eine Brille, kann aber auch<br />

ohne recht gut sehen. Ich habe Sie bei diesen Gesprächen nicht ein<br />

einziges Mal gesehen.<br />

Prof. Dr. Milbradt, Staatsminister <strong>der</strong> Finanzen: Wissen Sie, wenn<br />

ich Bürgermeister einlade, lade ich sie selber ein und brauche<br />

dafür nicht Ihre Einladung zu einem Gespräch, zu dem ich dann<br />

hinzukomme.<br />

(Heiterkeit und Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Im Übrigen glaube ich annehmen zu dürfen, dass Sie mich auch gar<br />

nicht gern dabei gehabt hätten, denn Sie haben mir auch keine<br />

Einladung geschickt.<br />

(Heiterkeit bei <strong>der</strong> CDU)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Im Übrigen war das auch keine<br />

Zwischenfrage.<br />

Prof. Dr. Milbradt, Staatsminister <strong>der</strong> Finanzen: Meine sehr<br />

verehrten Damen und Herren! Insgesamt gesehen meine ich, dass <strong>der</strong><br />

vorliegende Entwurf zur Än<strong>der</strong>ung des Finanzausgleichsgesetzes<br />

sachgemäß ist und dass unsere Gemeinden Planungssicherheit haben.<br />

Daher bitte ich Sie herzlich dem Gesetzentwurf zuzustimmen.<br />

Ich möchte mich ausdrücklich bei den Damen und Herren Abgeordneten<br />

des Haushaltsausschusses bedanken; denn, Frau Weihnert, diese Art<br />

<strong>der</strong> Diskussion haben wir dort nicht geführt. Ich bin <strong>der</strong> festen<br />

Überzeugung, dass die Kollegen dort mittlerweile sehr genau<br />

zwischen politischer Propaganda und sachlichem Gehalt unterscheiden<br />

können.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Wird vom Berichterstatter vor <strong>der</strong><br />

Einzelberatung noch einmal das Wort gewünscht, Herr Lochbaum? - Ich<br />

sehe, das ist nicht <strong>der</strong> Fall.<br />

Ich schlage Ihnen vor, über den Gesetzentwurf artikelweise in <strong>der</strong><br />

Fassung, wie sie durch den Ausschuss vorgeschlagen wurde, zu<br />

beraten und abzustimmen. Dazu gibt es eine Wortmeldung. Herr Abg.<br />

Hahn, bitte.<br />

Dr. Hahn, PDS: Frau Präsidentin, wenn ich Sie richtig verstanden<br />

habe, kommen wir jetzt zur Abstimmung über das Gesetz?<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Ja.


Dr. Hahn, PDS: Mir liegt eine ADN-Meldung von 11.59 <strong>Uhr</strong> vor. Das<br />

ist also fast eine Stunde her. Dort heißt es: "Sachsens Gemeinden<br />

und Landkreise erhalten vom Freistaat in den kommenden beiden<br />

Jahren jeweils 10 Milliarden DM für ihre Aufgaben. <strong>Der</strong> <strong>Landtag</strong><br />

beschloss am Dienstag mit den Stimmen <strong>der</strong> CDU-Mehrheit ein<br />

entsprechendes Gesetz zum Finanzausgleich.<br />

(Heiterkeit bei PDS und SPD)<br />

Insgesamt steht damit in Zukunft etwa jährlich genauso viel Geld<br />

wie <strong>der</strong>zeit zur Verfügung, teilte das sächsische Finanzministerium<br />

mit."<br />

(Heiterkeit und Beifall bei PDS und SPD)<br />

Frau Präsidentin, - -<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Herr Abgeordneter, das ist zwar<br />

eine hübsche Posse, die Sie uns gebracht haben, das steht aber<br />

nicht im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Abstimmung, die ich gerade aufgerufen<br />

habe.<br />

Dr. Hahn, PDS: Doch! Ich wollte Sie fragen, Frau Präsidentin, ob<br />

<strong>der</strong> <strong>Landtag</strong> schon abgestimmt hat. Ich denke, das, was hier gelaufen<br />

ist, ist eine grobe Missachtung des Parlaments.<br />

(Beifall bei PDS und SPD - Zurufe von <strong>der</strong> CDU)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Herr Dr. Hahn, Sie brauchen mich<br />

jetzt nicht zu fragen, ob die Abstimmung schon erfolgt ist. Diese<br />

Frage können Sie sich sicherlich selbst beantworten.<br />

Herr Minister, Sie hatten sich gemeldet? Kommen Sie bitte nach<br />

vorn.<br />

Prof. Dr. Milbradt, Staatsminister <strong>der</strong> Finanzen: Vielleicht kann<br />

ich zur Aufklärung beitragen, da ich den Text meiner Rede, den ich<br />

allerdings so nicht vorgetragen habe, den Journalisten vorab<br />

gegeben habe mit <strong>der</strong> üblichen Bemerkung: Es gilt nur das<br />

gesprochene Wort.<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Gut. Hat das jetzt zur Aufklärung<br />

beigetragen?<br />

(Zurufe von PDS und SPD: Nein!)<br />

Ich würde dennoch vorschlagen, jetzt über das Gesetz abzustimmen,<br />

auch wenn die Situation soeben vielleicht nicht sehr günstig war.<br />

Ich hatte vorgeschlagen, über das Gesetz artikelweise zu beraten<br />

und abzustimmen. Gibt es dagegen Wi<strong>der</strong>spruch? - Wenn das nicht <strong>der</strong><br />

Fall ist, rufe ich jetzt auf: Zweites Gesetz zur Än<strong>der</strong>ung des<br />

Gesetzes über den Finanzausgleich mit den Gemeinden und Landkreisen<br />

im Freistaat Sachsen. Wir stimmen ab über die Beschlussempfehlung<br />

und den Bericht des Haushalts- und Finanzausschusses in <strong>der</strong><br />

Drucksache 3/3100.<br />

Ich rufe Artikel 1, Nummern 1 bis 25 auf. Wer möchte die Zustimmung<br />

geben? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Bei<br />

Stimmenthaltungen und Stimmen dagegen ist dem Artikel 1<br />

mehrheitlich zugestimmt worden.<br />

Ich rufe Artikel 2 auf. Wer möchte die Zustimmung geben? - Wer ist<br />

dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Gleiches Stimmverhalten.<br />

Dem Artikel 2 wurde mehrheitlich zugestimmt.


Ich rufe Artikel 3, Nummern 1 bis 3 auf. Wer möchte die Zustimmung<br />

geben? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Bei<br />

einer Stimmenthaltung und mehreren Stimmen dagegen ist dem Artikel<br />

3 mehrheitlich zugestimmt worden.<br />

Da es in <strong>der</strong> 2. Beratung keine Än<strong>der</strong>ung gegeben hat, eröffne ich<br />

gemäß § 46 Abs. 1 <strong>der</strong> Geschäftsordnung die 3. Beratung. Es liegt<br />

kein Wunsch nach allgemeiner Aussprache vor.<br />

Ich stelle den Entwurf Zweites Gesetz zur Än<strong>der</strong>ung des Gesetzes<br />

über den Finanzausgleich mit den Gemeinden und Landkreisen im<br />

Freistaat Sachsen in <strong>der</strong> in <strong>der</strong> 2. Lesung beschlossenen Fassung als<br />

Ganzes zur Abstimmung. Wer möchte die Zustimmung geben? - Wer ist<br />

dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Bei einer Stimmenthaltung<br />

und einer Reihe von Stimmen dagegen ist diesem Gesetz mehrheitlich<br />

zugestimmt worden.<br />

Damit ist <strong>der</strong> Entwurf als Gesetz beschlossen und ich rufe nun die<br />

Entschließungsanträge auf, die mir vorliegen.<br />

Ich rufe den Antrag <strong>der</strong> PDS-Fraktion in <strong>der</strong> Drucksache 3/3172 auf<br />

und bitte um Einbringung.<br />

Dr. Friedrich, PDS: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und<br />

Herren! Herr Staatsminister Milbradt, wir haben nicht das Stereotyp<br />

"Reiches Land - arme Kommunen" bedient. So einfach ist die<br />

Wirklichkeit sicherlich nicht. Die PDS-Fraktion hat sich in <strong>der</strong><br />

Vergangenheit und insbeson<strong>der</strong>e seit 1996 die Mühe gemacht,<br />

Vorschläge zur Weiterentwicklung des vertikalen<br />

Gleichmäßigkeitsgrundsatzes zu unterbreiten. Wir haben diesen<br />

Gleichmäßigkeitsgrundsatz nie infrage gestellt. Bei <strong>der</strong> SPD-<br />

Fraktion bin ich mir nicht recht im Klaren, was sie eigentlich<br />

will.<br />

Wir haben auch nicht den Versuch unternommen, dieses Urteil des<br />

Verfassungsgerichtshofes überzuinterpretieren. Natürlich kann <strong>der</strong><br />

Verfassungsgerichtshof nicht soundso viele Millionen DM mehr für<br />

die Kommunen beschließen. Ich sage es so deutlich: Schlimmer wäre<br />

es gewesen, wenn entschieden worden wäre, <strong>der</strong> Artikel 87 <strong>der</strong><br />

sächsischen Landesverfassung sei verletzt worden. Es ist "nur"<br />

Artikel 85 verletzt worden. Das ergibt in Summe nicht mehr Geld für<br />

die Kommunen, son<strong>der</strong>n eine Umverteilung. <strong>Der</strong> Staatsminister <strong>der</strong><br />

Finanzen hat das dargestellt. Wo er Recht hat, hat er Recht. Das<br />

ist wie mit kommunizierenden Röhren: Die Gesamtmenge, die<br />

hineingeflossen ist, bleibt gleich, es wird nur an<strong>der</strong>s verteilt.<br />

Dennoch ist es angebracht, die Wertung, dass in Bezug auf diesen<br />

einen Artikel und die von mir genannten Absätze <strong>der</strong> vorliegende<br />

Finanzausgleich mit <strong>der</strong> Verfassung unvereinbar ist, hier<br />

vorzubringen. Das ist ja trotz alledem kein Loblied und ich habe<br />

vorhin gesagt, dass uns sehr daran gelegen ist, dass <strong>der</strong><br />

Solidargedanke, <strong>der</strong> jetzt natürlich partiell mit einem Fragezeichen<br />

versehen worden ist, zumindest nicht über Gebühr aufgegeben wird.<br />

Wir wollen keine voreilige Handlung des Herrn Staatsministers <strong>der</strong><br />

Finanzen. Wir können sehr gut damit leben, dass diese Entscheidung<br />

des Verfassungsgerichtshofes sorgfältig analysiert wird, so dass<br />

man erst für die Än<strong>der</strong>ung des Finanzausgleichs im Jahr 2002


entsprechende Schlüsse ziehen kann. Insofern ist dies für uns heute<br />

ein vorläufiges Gesetz.<br />

Unser Entschließungsantrag bedarf keiner umfassenden Bemerkungen.<br />

Ich habe in meiner Eingangsrede die Arbeitsrichtung benannt und<br />

will das alles nicht noch einmal wie<strong>der</strong>holen.<br />

Abschließend möchte ich zu <strong>der</strong> Entscheidung des<br />

Verfassungsgerichtshofes feststellen, dass es aus unserer Sicht<br />

kurzsichtig wäre, nur eine rückblickende Betrachtung im Sinne <strong>der</strong><br />

Frage anzustellen: Was wäre 1997, 1998 und in den Folgejahren<br />

gewesen, wenn ...? Für uns ergibt sich die Bedeutung dieser<br />

Entscheidung vor allen Dingen für die Zukunft. Ich nenne die<br />

Stichworte Funktionalreform und Kommunalisierung. Insoweit ist <strong>der</strong><br />

Auftrag an die Staatsregierung ganz eindeutig: Bei allen infrage<br />

stehenden Kommunalisierungen müssen diese Mehrbelastungsausgleiche<br />

erfolgen. Ich denke, das ist wichtig.<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Bitte zum Ende kommen!<br />

Dr. Friedrich, PDS: Unsere übrigen Vorschläge haben in dieser o<strong>der</strong><br />

jener Form auch die kommunalen Spitzenverbände unterbreitet. Ich<br />

erlaube mir zu sagen, dass partiell auch im Entschließungsantrag<br />

<strong>der</strong> CDU-Fraktion ähnliche Vorschläge enthalten sind. All das sind<br />

hinreichende Gründe, unserem Entschließungsantrag freudig<br />

zuzustimmen.<br />

Vielen Dank.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Wer möchte zu dem Antrag sprechen?<br />

- Herr Dr. Metz.<br />

Dr. Metz, CDU: Ich möchte einen eigenen Antrag einbringen.<br />

(Dr. Hahn, PDS: Stimmen Sie unserem Antrag zu und ziehen Sie<br />

Ihren zurück!)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Zunächst möchte ich nur<br />

Wortmeldungen zu diesem Entschließungsantrag zulassen. Wer möchte<br />

zu dem gerade eingebrachten Entschließungsantrag sprechen? - Bitte,<br />

Frau Weihnert.<br />

Frau Weihnert, SPD: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!<br />

Dieser Antrag <strong>der</strong> PDS-Fraktion ist sicherlich nicht falsch, besetzt<br />

aber so viele Allgemeinplätze, dass ich mich schon wun<strong>der</strong>e, warum<br />

er überhaupt aufgeschrieben worden ist. Nach meiner Kenntnis hat<br />

sich <strong>der</strong> Haushaltsausschuss einvernehmlich darauf verständigt, das<br />

Urteil bis zum 30.6.2001 noch einmal gründlich auszuwerten und<br />

anschließend darüber zu sprechen. Ich habe heute nur einen Punkt<br />

aufgegriffen, wie auch alle an<strong>der</strong>en auf viele Einzelpunkte Bezug<br />

genommen haben. Beispielsweise heißt es in Punkt I.b) Ihres<br />

Antrages: "<strong>Der</strong> Anteil <strong>der</strong> an die Gemeinden und Landkreise pauschal<br />

ausgereichten Finanzmittel an den Gesamtzuweisungen ist zu gering."<br />

Richtig, aber was wollen Sie dann daraus schlussfolgern? Es handelt<br />

sich also lediglich um eine allgemeine Feststellung.<br />

<strong>Der</strong> Vorschlag in Punkt I.c) Ihres Antrages geht hinter unsere<br />

For<strong>der</strong>ungen zurück. Wir wollen eine unabhängige Kommission. Sie<br />

dagegen befürworten nach wie vor die Kommission in ihrer bisherigen<br />

Form.


Auch die in Punkt II.c) gefor<strong>der</strong>te Berichterstattung für 2003 liegt<br />

für uns zu weit in <strong>der</strong> Zukunft. Wir möchten, dass so schnell wie<br />

möglich die Aufgaben überprüft werden und umgehend Bericht<br />

erstattet wird, und dies nicht erst 2003.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Zum Antrag <strong>der</strong> PDS-Fraktion Herr<br />

Dr. Metz, bitte.<br />

Dr. Metz, CDU: Ich bitte darum, den Antrag <strong>der</strong> PDS-Fraktion<br />

abzulehnen. Dies geschieht mit <strong>der</strong> Maßgabe, dass wir als CDU-<br />

Fraktion einen qualitativ besseren Antrag einbringen werden.<br />

(Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Wird zum Entschließungsantrag <strong>der</strong><br />

PDS-Fraktion weiter das Wort gewünscht? - Wenn das nicht <strong>der</strong> Fall<br />

ist, lasse ich jetzt über den Entschließungsantrag <strong>der</strong> PDS-Fraktion<br />

in <strong>der</strong> Drucksache 3/3172 abstimmen. Wer möchte die Zustimmung<br />

geben? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Bei<br />

Stimmenthaltungen und einigen Stimmen dafür ist <strong>der</strong> Antrag<br />

mehrheitlich abgelehnt worden.<br />

Eine Erklärung zum Abstimmungsverhalten? - Bitte, Herr Porsch.<br />

Prof. Dr. Porsch, PDS: Frau Präsidentin, ich möchte mein<br />

Abstimmungsverhalten erklären. Obwohl ein ähnlicher Antrag <strong>der</strong> CDU-<br />

Fraktion vorliegt, habe ich für unseren Antrag gestimmt - einfach<br />

weil er besser ist.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS - Lachen bei <strong>der</strong> CDU)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Ich rufe jetzt den<br />

Entschließungsantrag <strong>der</strong> CDU-Fraktion in <strong>der</strong> Drucksache 3/3188 auf<br />

und bitte um die Einbringung. Herr Abg. Dr. Metz, bitte.<br />

Dr. Metz, CDU: Jetzt spreche ich zum Entschließungsantrag <strong>der</strong> CDU-<br />

Fraktion. Kollege Porsch, die Realität wird zeigen, welcher Antrag<br />

besser ist.<br />

(Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Wir stehen zu unserem Antrag; das ist selbstverständlich. Es wurde<br />

schon darauf hingewiesen, dass es gewisse Überschneidungen<br />

inhaltlicher Art gibt. Diese sind unvermeidlich, wenn es um ein<br />

Sachthema geht. Ich halte unseren Antrag insofern für besser, als<br />

dass er konkret die Zukunft hinsichtlich <strong>der</strong> weiteren Schritte<br />

gestaltet.<br />

Ich nannte vorhin schon in meinen Ausführungen zur Einbringung und<br />

Beschlussfassung des FAG die Dinge, die wir qualifizieren wollen.<br />

Hierzu gehören zweifellos einige Verän<strong>der</strong>ungen im Bereich <strong>der</strong><br />

Ausgleichsquote, die überprüft werden soll. Auch soll hinsichtlich<br />

<strong>der</strong> Ausgaben- und Aufgabenentwicklung eine Prüfung erfolgen. Diese<br />

Fragen sind in <strong>der</strong> Vergangenheit heiß und heftig diskutiert worden.<br />

Dies betrifft ebenso die Überprüfung des Hauptansatzes bzw. <strong>der</strong><br />

Hauptansatzstaffel. Diese Aufgaben sind uns auch von externen<br />

Gutachtern aufgegeben worden. Darüber haben wir schon im Haushalts-<br />

und Finanzausschuss diskutiert.<br />

Wir sollten am Grundsatz des FAG festhalten, uns jedoch stets<br />

bemühen, es zu qualifizieren. Diese For<strong>der</strong>ung hat auch die<br />

öffentliche Anhörung im Herbst zu dem FAG 2001/2002 ergeben. Es ist<br />

eine Reihe wertvoller Ergänzungen und Qualifizierungen vorgenommen


worden. Wir wollen mit unserem Antrag genau diese Punkte<br />

aufgreifen, die in <strong>der</strong> öffentlichen Anhörung von externen<br />

Gutachtern artikuliert worden sind, um unser FAG stets auf <strong>der</strong> Höhe<br />

<strong>der</strong> Zeit zu halten.<br />

Die einzelnen Punkte unseres Entschließungsantrages liegen Ihnen<br />

vor. Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Ich bitte um Wortmeldungen. - Herr<br />

Dr. Friedrich.<br />

Dr. Friedrich, PDS: Frau Präsidentin, ich konnte zwar nicht<br />

erkennen, was an diesem Antrag grundlegend besser sein soll, aber<br />

das wird wohl immer das Geheimnis <strong>der</strong> CDU bleiben. Auf alle Fälle<br />

hat die CDU-Fraktion schon schwächere Entschließungsanträge<br />

gestellt.<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Das stimmt!)<br />

Dieser Antrag ist nicht falsch; man sollte nicht dagegen stimmen.<br />

Unser Antrag ist wesentlich konkreter. Bei <strong>der</strong> Pauschalierung <strong>der</strong><br />

För<strong>der</strong>programme sind beide Anträge fast deckungsgleich auch<br />

hinsichtlich <strong>der</strong> Auswirkungen <strong>der</strong> besagten Entscheidung des<br />

Verfassungsgerichtshofes. Von unserer Seite lautet das Votum also:<br />

Enthaltung o<strong>der</strong> Zustimmung.<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Frau Abg. Weihnert, bitte.<br />

Frau Weihnert, SPD: Meine Damen und Herren, es ist schon eine<br />

schwierige Situation, wenn zwei Entschließungsanträge vorliegen,<br />

die im Grunde das aussagen, was alle schon wissen.<br />

(Dr. Metz, CDU: Schön wäre es, Frau Weihnert!)<br />

Deshalb ist das alles ein wenig problematisch.<br />

Herr Dr. Metz, zu den in den Punkten 1 und 2 enthaltenen<br />

For<strong>der</strong>ungen sind bereits im Haushaltsausschuss Vereinbarungen<br />

getroffen worden. Deshalb weiß ich nicht, warum wir solche<br />

Allgemeinplätze im Plenum in dieser Form noch einmal beschließen<br />

müssen. Offensichtlich haben Sie kein Vertrauen in Ihre Kollegen im<br />

Finanzausschuss.<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Das kann ich verstehen, Frau<br />

Weihnert!)<br />

Das ist möglicherweise nachvollziehbar.<br />

Dem Punkt 3 können wir natürlich nicht zustimmen. Zu Artikel 87<br />

heißt es, die Einstandspflicht sei erst dort verletzt, wo <strong>der</strong><br />

Anspruch auf eine finanzielle Grundausstattung verletzt ist. Diese<br />

ist nach Artikel 85 verletzt, so dass wir diesem Punkt nicht<br />

zustimmen können.<br />

(Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Wird weiter das Wort gewünscht? -<br />

Frau Abg. Weihnert, dann gehe ich davon aus, dass Sie eine<br />

punktweise Abstimmung wünschen.<br />

(Frau Weihnert, SPD: Nein!)<br />

Dann rufe ich jetzt den Entschließungsantrag <strong>der</strong> CDU-Fraktion in<br />

<strong>der</strong> Drucksache 3/3188 auf. Wer möchte die Zustimmung geben? - Wer<br />

ist dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Bei Stimmenthaltungen


und Stimmen dagegen ist <strong>der</strong> Antrag mehrheitlich beschlossen worden.<br />

Dieser Tagesordnungspunkt ist damit abgeschlossen.<br />

Meine Damen und Herren, ich rufe auf<br />

Tagesordnungspunkt 4<br />

2. Lesung des Entwurfs Gesetz über die Feststellung des<br />

Haushaltsplanes des Freistaates Sachsen für die Haushaltsjahre 2001<br />

und 2002 (Haushaltsgesetz 2001/2002) und die Festlegung<br />

<strong>der</strong> Finanzausgleichsmassen und <strong>der</strong> Verbundquoten in den Jahren 2001<br />

und 2002<br />

Drucksache 3/2400, Gesetzentwurf <strong>der</strong> Staatsregierung<br />

Ergänzungsvorlage <strong>der</strong> Staatsregierung<br />

- zum Entwurf eines Gesetzes über die Feststellung des<br />

Haushaltsplanes des Freistaates Sachsen für die<br />

Haushaltsjahre 2001 und 2002 und die Festlegung<br />

<strong>der</strong> Finanzausgleichsmassen und <strong>der</strong> Verbundquoten<br />

in den Jahren 2001 und 2002<br />

- zum Entwurf des Doppelhaushaltsplanes 2001/2002<br />

nebst Übersichten und Anlagen<br />

Drucksache 3/2784, Ergänzungsvorlage <strong>der</strong> Staatsregierung<br />

Drucksache 3/3111, Beschlussempfehlung des Haushalts-<br />

und Finanzausschusses<br />

- 2. und 3. Lesung des Entwurfs Gesetz über Maßnahmen<br />

zur Sicherung <strong>der</strong> öffentlichen Haushalte 2001 und 2002<br />

im Freistaat Sachsen (Haushaltsbegleitgesetz 2001 und 2002)<br />

und zur Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Vorläufigen Haushaltsordnung<br />

des Freistaates Sachsen<br />

Drucksache 3/2401, Gesetzentwurf <strong>der</strong> Staatsregierung<br />

Drucksache 3/3110, Beschlussempfehlung des Haushalts-<br />

und Finanzausschusses<br />

Meine Damen und Herren, wir kommen nun zur Behandlung des<br />

Haushaltsgesetzes 2001/2002.<br />

Das Haushaltsgesetz wird in seinen Einzelplänen behandelt. Ich rufe<br />

auf<br />

Tagesordnungspunkt 4.1<br />

Einzelplan 02 - Staatskanzlei<br />

Zunächst erhält <strong>der</strong> Berichterstatter des Haushalts- und<br />

Finanzausschusses, Herr Thomaschk, zu diesem Einzelplan das Wort.<br />

Wird das gewünscht? - Das ist nicht <strong>der</strong> Fall. Dann sprechen die<br />

Fraktionen in <strong>der</strong> ersten Runde in <strong>der</strong> Reihenfolge PDS, CDU, SPD,<br />

CDU und die Staatsregierung, wenn gewünscht. Zuerst erhält in <strong>der</strong><br />

Aussprache das Wort Herr Staatsminister de Maizière.<br />

Dr. de Maizière, Staatsminister und Chef <strong>der</strong> Staatskanzlei: Frau<br />

Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Heute und in<br />

den nächsten Tagen beraten wir in diesem Hohen Hause den<br />

Doppelhaushalt für die Jahre 2001 und 2002.<br />

Ein Staatshaushalt ist ein Werk, das politische Ziele in Zahlen und<br />

Titel übersetzt. So trocken und harmlos, wie sich die Zahlen lesen,<br />

so prägend und einflussreich sind ihre Wirkungen.<br />

Die Zahlen des vorliegenden Doppelhaushaltes erwecken nun auf den<br />

ersten Blick den Eindruck, als gäbe es gar keine großen<br />

Verän<strong>der</strong>ungen. Die bewährte sächsische Finanzpolitik wird


fortgesetzt, die Investitionsquote ist hoch, die Verschuldungsquote<br />

gering und das ist vor allem das Verdienst von Finanzminister Georg<br />

Milbradt.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Hinter diesem Zahlenwerk und hinter den Beratungen <strong>der</strong> letzten<br />

Monate verbergen sich aber auf den zweiten Blick weit reichende<br />

Weichenstellungen für die Zukunft. Sie sind verbunden mit wichtigen<br />

Neuerungen.<br />

Die ersten zehn Jahre nach <strong>der</strong> Neugründung des Freistaates waren<br />

von einem stürmischen Aufbauprozess gekennzeichnet, den oft je<strong>der</strong><br />

Politikbereich für sich nach besten Kräften und mit großem Erfolg<br />

ins Werk gesetzt hat. Nun aber werden die Finanzmittel knapper. Die<br />

Lebensverhältnisse <strong>der</strong> Menschen und ihre Bedürfnisse, die<br />

Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Bundespolitik und aus Europa laufen nicht entlang<br />

<strong>der</strong> klassischen Ressortgrenzen. Jugendpolitik hat mit<br />

Kommunalpolitik zu tun, Hochschulpolitik mit Arbeitsmarktpolitik,<br />

Verwaltungsreform mit Informationstechnologie, Europapolitik mit<br />

Umweltschutz usw. Die Staatsregierung ist sich dessen bewusst. Die<br />

Zukunft meistert nur, wer nicht von Zuständigkeiten her Politik<br />

macht, son<strong>der</strong>n wer von den Menschen her Politik macht.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Ich möchte Ihnen deshalb in einem ersten Teil dieser Rede an fünf<br />

Punkten beispielhaft vortragen, wie mit diesem Doppelhaushalt und<br />

<strong>der</strong> damit verbundenen Politik ressortübergreifend gearbeitet wird<br />

und welche Neuerungen für die Zukunft dies bedeutet. Hier werden<br />

neue Wege beschritten, um in Fantasie und mit neuen Antworten auf<br />

die Herausfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Zukunft zu antworten. Es sind folgende<br />

fünf Punkte:<br />

Erstens. Wir wollen uns mit neuen Methoden und einem neuen<br />

Arbeitsstil selbst mo<strong>der</strong>nisieren, wir wollen schlicht besser<br />

werden.<br />

Zweitens. Wir wollen die Behörden und Verwaltungsverfahren so<br />

verbessern, dass sie dem Bürger zu Entscheidungen verhelfen und<br />

nicht Entscheidungen verhin<strong>der</strong>n.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Drittens. Wir wollen im Bereich <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>betreuung, schrittweise<br />

auch im Bereich <strong>der</strong> Schulen und Hochschulen, neue Wege beschreiten,<br />

damit die Verantwortlichen vor Ort gute Entscheidungen für Kin<strong>der</strong>,<br />

Schüler und Studenten treffen können.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Viertens. Wir wollen die Hochschulen zukunftssicher machen.<br />

Fünftens. Wir wollen uns, so gut es geht, von den goldenen Zügeln<br />

aus Berlin und Brüssel unabhängiger machen. Wir wollen selbst die<br />

Entscheidungen darüber treffen, welche Prioritäten wir mit wie viel<br />

Geld versehen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Zum ersten Punkt. Wir wollen uns mit neuen Methoden und einem neuen<br />

Arbeitsstil selbst mo<strong>der</strong>nisieren, wir wollen schlicht besser<br />

werden. Wer etwas von an<strong>der</strong>en for<strong>der</strong>t, sollte zunächst bei sich<br />

selbst anfangen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)


Das gilt auch für die Opposition, Herr Abg. Jurk.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Die Staatsregierung hat den so genannten InfoHighway <strong>der</strong><br />

Landesverwaltung aufgebaut. Damit wird möglich, dass alle<br />

Beschäftigten in über 900 Dienststellen so kommunizieren, als säßen<br />

sie in ein und demselben Gebäude. Damit wird nicht nur <strong>der</strong><br />

Verwaltungsaufwand für die Telefonrechnung reduziert, damit ergeben<br />

sich nicht nur bereits ab dem Jahr 2000 Einsparungen in Höhe von 6<br />

Millionen DM jährlich; heute geht es mir um etwas an<strong>der</strong>es.<br />

Mit dem InfoHighway Landesverwaltung werden die technischen<br />

Möglichkeiten dafür geschaffen, dass ein zu eng verstandenes Denken<br />

in Ressortschranken überwunden werden kann. Auf lange Sicht gesehen<br />

wird daraus eine Transparenz über Ressortgrenzen hinaus entstehen,<br />

die frühzeitiger und besser als heute gemeinsame Lösungen möglich<br />

macht. Die Technik ist da übrigens schon weiter als die Mentalität<br />

<strong>der</strong> Betroffenen. Das klingt banal, aber es kann weit reichende<br />

Konsequenzen haben. Das Ressortprinzip hat Verfassungsrang, aber<br />

spiegelt oft nicht die Wirklichkeit wi<strong>der</strong>. Wir wollen, dass<br />

kollegiales Mitdenken nicht erst oben im Kabinett, wie bei uns,<br />

son<strong>der</strong>n bereits unten bei <strong>der</strong> Erarbeitung <strong>der</strong> Lösungen wächst.<br />

Auf <strong>der</strong> Basis des InfoHighways wird <strong>der</strong>zeit das<br />

ressortübergreifende Informationssystem <strong>der</strong> För<strong>der</strong>mitteldatenbank<br />

aufgebaut. So wie in jedem Geschäft <strong>der</strong> Inhaber täglich nach<br />

Kassenschluss feststellen kann, welche Produkte er wie oft an<br />

welchen Kunden und zu welcher <strong>Uhr</strong>zeit verkauft hat, so wird die<br />

För<strong>der</strong>mitteldatenbank <strong>der</strong> Verwaltung einen tagesaktuellen Überblick<br />

liefern können, an welche Dienststellen wie viele För<strong>der</strong>mittel von<br />

welchem Geldgeber zu welchem Zweck wohin gegeben worden sind. Ich<br />

habe, wie Sie wissen, im Finanzausschuss ein weit reichendes<br />

Angebot gemacht, an diesen Informationen im Rahmen des Gesetzes<br />

teilzuhaben.<br />

Sachsen ist das erste Bundesland, das ein solches ehrgeiziges<br />

Projekt schrittweise realisiert. <strong>Der</strong> nie<strong>der</strong>sächsische Rechnungshof<br />

hat übrigens seiner Landesregierung empfohlen, ein solches System<br />

wie in Sachsen aufzubauen.<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Hört, hört!)<br />

Ein weiteres Beispiel ist das Projekt <strong>der</strong> integrierten<br />

Vorgangsbearbeitung bei <strong>der</strong> Polizei. Bei <strong>der</strong> Bearbeitung aller<br />

Arten polizeilicher Vorgänge können damit erstmals Ermittlungen von<br />

<strong>Beginn</strong> bis zum Ende durch rechnergestützte Bearbeitung festgehalten<br />

und erfor<strong>der</strong>lichenfalls verän<strong>der</strong>t werden, und das blitzschnell. Die<br />

einzigen, denen das nicht gefällt, werden die Verkehrssün<strong>der</strong> und<br />

Straftäter sein. Aber das genau ist die Absicht dieser bundesweit<br />

vorbildlichen Initiative. Ich könnte diese Beispiele fortsetzen.<br />

Wir sind dabei, das ganze Haushalts- und Finanzverfahren mit Hilfe<br />

<strong>der</strong> neuen Informationstechniken umzustellen. Wir planen einen<br />

elektronischen Standortatlas für Sachsen. Wir wollen dazu<br />

übergehen, dass Bürger ihre Anträge über das Internet stellen<br />

können und sie dort auch bearbeitet werden.<br />

(Jurk, SPD: Sehr schön!)


Schließlich wollen wir eigene Beschaffungen über das Internet<br />

durchführen.<br />

All dies dient nicht nur <strong>der</strong> Ersparnis von Steuergel<strong>der</strong>n, son<strong>der</strong>n<br />

es dient vor allem dazu, dass wir im Interesse <strong>der</strong> Bürger schneller<br />

und besser werden.<br />

Zum zweiten Punkt. Wir wollen die Behörden und die<br />

Verwaltungsverfahren so verbessern, dass sie dem Bürger zu<br />

Entscheidungen verhelfen und nicht Entscheidungen verhin<strong>der</strong>n.<br />

(Beifall bei CDU und SPD)<br />

Die Staatsregierung hat in diesem Jahr Grundsatzbeschlüsse zur<br />

Funktionalreform gefasst. Dabei geht es natürlich auch darum,<br />

Stellen abzubauen. Da gibt es nichts drumherumzureden. Wir haben im<br />

Vergleich zu den westlichen Flächenlän<strong>der</strong>n zu viele öffentliche<br />

Bedienstete. Das weiß inzwischen auch je<strong>der</strong>. Einen Abbau von<br />

Bürokratie zu for<strong>der</strong>n ist populär, den Abbau von Stellen soll es<br />

aber immer nur beim jeweils an<strong>der</strong>en geben.<br />

Diese Rechnung geht nicht auf. Wir sind abhängig von<br />

Transferzahlungen. Deshalb unterliegen wir einem beson<strong>der</strong>en<br />

Begründungszwang für alle unsere Ausgaben. Immer dann, wenn wir<br />

eine Stelle im öffentlichen Dienst einsparen können, ohne unsere<br />

staatliche Aufgabenerfüllung zu vernachlässigen, immer dann, wenn<br />

wir dafür Investitionen tätigen o<strong>der</strong> Schulden abbauen, immer dann<br />

haben wir es mit einer Investition in die Zukunft zu tun.<br />

Heute geht es mir aber noch um einen an<strong>der</strong>en Zusammenhang. Wir<br />

haben in Deutschland - auch in Ostdeutschland und in Sachsen - ein<br />

zu breites System hoch spezialisierter Behörden, die jede für sich<br />

eine spezielle Zuständigkeit haben.<br />

(Jurk, SPD: Sehr richtig!)<br />

Wir haben die Behörden nach den Zuständigkeiten <strong>der</strong> Ministerien<br />

gebildet, aber zu wenig nach Anträgen von Bürgern und Unternehmen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Sie bearbeiten oft einen Teilaspekt <strong>der</strong> Entscheidungsfindung<br />

<strong>der</strong>art, dass die eigentlich bewilligende Behörde auch noch von<br />

einem internen Einvernehmen einer an<strong>der</strong>en Behörde abhängig ist.<br />

(Jurk, SPD: Sehr richtig!)<br />

- Wenn Sie immer "sehr richtig" sagen, Herr Jurk, müssten Sie<br />

eigentlich Ihre Anträge auf Abschaffung <strong>der</strong> Regierungspräsidien<br />

zurückziehen.<br />

(Jurk, SPD: Nein!)<br />

- Ich komme gleich darauf.<br />

Je<strong>der</strong> Politikbereich verlangt qualitative o<strong>der</strong> quantitative<br />

Standards zur Erfüllung einer Aufgabe. Aus dem jeweiligen<br />

Politikbereich heraus ist das verständlich. Aber insgesamt ist<br />

dadurch ein Gestrüpp von zu viel Bürokratie und Doppelarbeit<br />

entstanden. Das führt zu Zeitverlust, zu Frust, zu<br />

Demokratieverdrossenheit und zu Umgehungsstrategien.<br />

Die Staatsregierung hat sich deshalb zum Ziel gesetzt, die<br />

Funktionalreform nicht nur unter dem Gesichtspunkt des<br />

Stellenabbaus, son<strong>der</strong>n vor allem auch unter dem Gesichtspunkt <strong>der</strong><br />

Bündelung von Behörden und <strong>der</strong> Beschleunigung von Verfahren<br />

durchzuführen.


(Prof. Dr. Porsch, PDS: Es ist aber nichts zu sehen!)<br />

Die klassische Bündelungsbehörde, Herr Abg. Jurk, ist nun einmal<br />

ein Regierungspräsidium und nicht eine Spezialbehörde. Es ist das<br />

Ziel <strong>der</strong> Funktionalreform, dass so weit nur irgend möglich eine<br />

einzige Behörde für eine Genehmigung zuständig ist, und zwar<br />

gebündelt. Sie holt dann ihrerseits die erfor<strong>der</strong>lichen<br />

Spezialgenehmigungen ein, und zwar möglichst wenige.<br />

Die Erwartungen <strong>der</strong> Bürger an das Leistungsniveau <strong>der</strong> öffentlichen<br />

Hand sind zu Recht hoch. Gleichzeitig wird aber über zu hohe<br />

Beiträge, Gebühren und die Unüberschaubarkeit <strong>der</strong> staatlichen<br />

Ansprüche geklagt. - Ebenfalls zu Recht.<br />

Ziel <strong>der</strong> Verwaltungs- und Funktionalreform ist es daher auch,<br />

überzogene Standards zu identifizieren und abzubauen. Die<br />

verbindliche Regelung je<strong>der</strong> Lebenssituation durch den Staat<br />

wi<strong>der</strong>spricht dem Bild vom eigenverantwortlichen Bürger. Sie ist für<br />

die Gesellschaft nicht mehr finanzierbar. Wir wollen statt gut<br />

gemeinter staatlicher Bevormundung durch Verwaltung die gut<br />

getroffene Entscheidung <strong>der</strong> Bürger selbst.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Zum dritten Bereich. Wir wollen im Bereich <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>betreuung und<br />

schrittweise im Bereich <strong>der</strong> Schulen und Hochschulen neue Wege<br />

beschreiten, damit die Verantwortlichen vor Ort gute Entscheidungen<br />

für Kin<strong>der</strong>, Schüler und Studenten treffen können. Bei <strong>der</strong><br />

Diskussion über die Kin<strong>der</strong>tageseinrichtungen ist bisher zu viel<br />

über Geld gesprochen worden, aber zu wenig über die mit diesem<br />

Kompromiss verbundene, man kann fast sagen "revolutionäre"<br />

Erneuerung im System.<br />

(Lachen bei PDS und SPD - Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Sicher, es werden Mittel gekürzt. Die Kürzungen <strong>der</strong> Landeszuschüsse<br />

machen eine Erhöhung <strong>der</strong> Elternbeiträge um durchschnittlich rund 15<br />

DM notwendig, sofern die Gemeinden den vollen Umfang <strong>der</strong> Kürzungen<br />

an die Eltern weiterreichen.<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Dann kommen noch die<br />

Rundfunkgebühren!)<br />

Das ist nicht wenig, aber es ist vertretbar. Wir alle können uns<br />

den Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Bevölkerungsentwicklung und <strong>der</strong> Finanzlage<br />

<strong>der</strong> öffentlichen Kassen nicht entziehen.<br />

(Frau Dr. Schwarz, SPD: Die Geburtenzahlen steigen!)<br />

Auch wenn sich die Geburtenzahlen nach den Prognosen des<br />

Statistischen Landesamtes 2015 wie<strong>der</strong> bei denen des Jahres 1991<br />

stabilisieren sollten, so liegen sie doch gerade einmal bei 63 %<br />

<strong>der</strong> Zahlen vor und während <strong>der</strong> Wende.<br />

Zum Vergleich möchte ich insbeson<strong>der</strong>e den Kollegen von <strong>der</strong><br />

Sozialdemokratie Folgendes sagen: Die Pläne <strong>der</strong> Landesregierung in<br />

Sachsen-Anhalt sehen eine Steigerung <strong>der</strong> Elternbeiträge bis zum<br />

Jahr 2002 für die Krippen um 67 % und für die Kin<strong>der</strong>gärten um 40 %<br />

vor, ohne damit die Kürzung von etwa 760 Erzieherstellen verhin<strong>der</strong>n<br />

zu können.<br />

(Jurk, SPD: Sie verwechseln Prozente mit absoluten Zahlen!)<br />

Die Staatsregierung bekennt sich zu Kürzungen auch in diesem<br />

Bereich, weil sie maßvoll sind. Die Staatsregierung übernimmt für


diese Kürzungen auch die politische Verantwortung gegenüber den<br />

Eltern und den Kin<strong>der</strong>n. Aber das ist nicht <strong>der</strong> entscheidende Punkt,<br />

ich sagte es schon. Die eigentliche Erneuerung liegt darin, dass<br />

wir gemeinsam ein neues Gesetz wollen, das in fast allen<br />

Regelungsfel<strong>der</strong>n den Kommunen die Entscheidung für die Zukunft <strong>der</strong><br />

Kin<strong>der</strong> gibt. Kin<strong>der</strong>betreuung ist nämlich eine kommunale Aufgabe.<br />

<strong>Der</strong> Freistaat gibt dafür Zuschüsse. In Zukunft sollen diese<br />

Zuschüsse pauschal für die Anzahl <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> in den Gemeinden<br />

ausgereicht werden. Die Kommunen entscheiden dann selbst, wie sie<br />

mit diesem Geld verantwortlich Kin<strong>der</strong>betreuung organisieren.<br />

(Frau Dr. Volkmer, SPD: Da bin ich aber gespannt! - Frau Dr.<br />

Schwarz, SPD: Ich auch!)<br />

Von Dresden aus muss man nicht die genauen Öffnungszeiten für alle<br />

Kin<strong>der</strong>gärten im gesamten Land per Gesetz festlegen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Die Gemeinden werden beweisen, wie kin<strong>der</strong>freundlich sie sind.<br />

(Unruhe im Saal - Glocke des Präsidenten)<br />

Es gibt kein Schwarzes-Peter-Spiel mehr zulasten des Landes. Eine<br />

Kürzung <strong>der</strong> Zuschüsse, gewissermaßen die Verlagerung <strong>der</strong><br />

politischen Kosten auf die Kommune ist nicht beabsichtigt.<br />

Damit in den Kommunen die Kin<strong>der</strong>lobby nicht zu kurz kommt, sollen<br />

die Elternmitwirkungsrechte gestärkt werden.<br />

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Porsch, PDS)<br />

- Ich weiß gar nicht, warum Sie so nervös sind. - Die Gemeinden,<br />

die Träger <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>gärten und die Eltern kennen jedenfalls nach<br />

unserer Auffassung die Bedürfnisse und die benötigten Leistungen<br />

für ihre Kin<strong>der</strong> am allerbesten. Sie werden die Verantwortung<br />

kin<strong>der</strong>freundlich übernehmen und sie freuen sich darauf.<br />

Eine solch weit reichende Reform <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>betreuung hat es in<br />

Deutschland so noch nicht gegeben.<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Da irren Sie sich aber!)<br />

Sie bedeutet Subsidiarität im allerbesten Sinne des Wortes.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Nebenbei, Herr Abg. Nolle, ist sie ein Beleg dafür, dass die These<br />

von machtlosen <strong>Landtag</strong>en falsch ist. Dieses gute und<br />

zukunftsweisende Ergebnis ist das Resultat tiefer, guter und auf<br />

Konsens ausgerichteter Gespräche zwischen <strong>der</strong> Staatsregierung und<br />

<strong>der</strong> CDU-Fraktion dieses <strong>Landtag</strong>es.<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Und wer hat es erzwungen?)<br />

Ähnliches gilt für den Schulbereich. Über den so genannten<br />

Schulkompromiss ist hier oft debattiert worden. Ich will das nicht<br />

wie<strong>der</strong>holen. Sie finden aber im Haushaltsbegleitgesetz ebenfalls<br />

wesentliche Erneuerungen. Wegen <strong>der</strong> Anpassung des Schulnetzes an<br />

die sinkenden Schülerzahlen haben wir vorgeschlagen, das<br />

Schulgesetz so zu ergänzen, dass die Landkreise und die kreisfreien<br />

Städte berechtigt werden für ihr Gebiet eigene Schulnetzpläne<br />

aufzustellen.<br />

(Dr. Hahn, PDS: Sie bestimmen alles im Vorfeld!)<br />

Die Landkreise, Herr Abg. Hahn, sind nicht Erfüllungsgehilfe<br />

staatlicher Planung. Sie sollen Mo<strong>der</strong>atoren in einer schwierigen<br />

Übergangsphase sein. Die kommunale Ebene ist <strong>der</strong> Schulträger.


Deswegen sollte auch die kommunale Ebene bei <strong>der</strong> schwierigen Frage<br />

mitwirken, welche Schule bei den verschiedenen Interessen erhalten<br />

bleibt, wenn sich die Zahl <strong>der</strong> Schulkin<strong>der</strong> verringert.<br />

Die Übertragung <strong>der</strong> Schulnetzplanung auf die Landkreise könnte<br />

übrigens eine neue Entwicklung einleiten, an <strong>der</strong>en Ende vielleicht<br />

ein neues Schulsystem steht. Die Staatsregierung hat jedenfalls die<br />

feste Absicht, die kommunale Verantwortung für die Schulen weiter<br />

auszubauen. Die Rolle des Staates auch beim Betrieb <strong>der</strong> Schule wird<br />

künftig neu definiert.<br />

Die Zweiteilung <strong>der</strong> Trägerschaft für die Schulen einerseits und <strong>der</strong><br />

Arbeitgeberschaft für die Lehrer an<strong>der</strong>erseits ist überdenkenswert.<br />

Ich nenne das Stichwort "Holländisches Modell". Kultusminister<br />

Matthias Rößler wird zu gegebener Zeit seine Vorstellungen darüber<br />

ausführlich vortragen.<br />

Es gibt schließlich ein weiteres Beispiel für den Ansatz, die<br />

Entscheidung stärker dorthin zu verlagern, wo die Wirkung <strong>der</strong><br />

Entscheidung auch erkennbar ist. Ich meine im Hochschulbereich den<br />

zunächst auf fünf Jahre befristeten Modellversuch für die<br />

Technische Universität Dresden, als erste Hochschule in Sachsen<br />

fast wie ein finanziell selbständiges Unternehmen handeln zu<br />

dürfen. Das ist nicht einfach wie in an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n ein Budget<br />

nach dem Motto "Verwaltet das Geld doch selbst!". Es geht vielmehr<br />

darum, dass eine Hochschule bereit war, Kriterien für die eigene<br />

Leistungsfähigkeit zu entwickeln und sich an diesen Kriterien<br />

messen zu lassen.<br />

Für alle drei Beispiele - Kin<strong>der</strong>betreuung, Schulnetzplanung und<br />

Budgetierung von Hochschulen - gilt das Gleiche: Aufgabenzuwachs<br />

für die örtliche Ebene, mehr Freiheit bei <strong>der</strong> Aufgabenerfüllung und<br />

damit verbunden zugleich mehr öffentliche Verantwortung, mehr<br />

sichtbare Verantwortung für das Ergebnis <strong>der</strong> verantworteten<br />

Freiheit. Das ist im besten Sinne christdemokratische Politik.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Zum vierten Punkt. Wir wollen die Hochschulen zukunftssicher<br />

machen. Auch im Bereich des Hochschulwesens stehen wir vor<br />

Verän<strong>der</strong>ungen. Darüber wird beim entsprechenden Einzelplan<br />

diskutiert werden, erst recht, wenn die<br />

Hochschulentwicklungskommission ihre Vorschläge unterbreitet hat.<br />

Im Zusammenhang mit dieser Rede möchte ich auf einen einzigen<br />

Aspekt hinweisen: lebenslanges Lernen. Das ist ein Schlagwort, das<br />

man heute kaum noch hören kann. Weiterbildung ist ein Begriff, <strong>der</strong><br />

für viele Ostdeutsche, die zwei, drei, vier o<strong>der</strong> fünf Umschulungen<br />

hinter sich haben, nicht mehr gut klingt. Wenn aber die<br />

Studentenzahlen - wann und wie auch immer - auf rund 60 %<br />

zurückgehen<br />

(Dr. Hahn, PDS: Wer sagt das?)<br />

und wenn das Wissen immer schneller veraltet, dann muss es eine<br />

zukunftsgerichtete Aufgabe unserer Hochschulen sein, ihre<br />

Lehrangebote auch auf eine vierte Phase des Lernens umzustellen,<br />

nämlich auf die Weiterbildung im Beruf.<br />

Fast die Hälfte <strong>der</strong> sächsischen Bevölkerung im Alter zwischen 19<br />

und 64 Jahren hat im Jahr 1997 an einer Veranstaltung zur


Weiterbildung teilgenommen. Wie viele davon waren an einer<br />

sächsischen Hochschule?<br />

Weiterbildung ist ein weiter und wenig handlicher Begriff. Darunter<br />

wird allgemeine und kulturelle Weiterbildung genauso verstanden wie<br />

berufliche o<strong>der</strong> wissenschaftliche Weiterbildung. Bisher wird auch<br />

in unserem Weiterbildungsgesetz zwischen beruflicher und<br />

wissenschaftlicher Weiterbildung begrifflich getrennt. Darüber wird<br />

nachzudenken sein.<br />

Eines steht aber fest: Wenn sich die Hochschulen dieser neuen<br />

Aufgabe nicht widmen, werden zunächst den Hochschulen die Menschen<br />

fehlen und dann im Freistaat die Menschen und anschließend die<br />

Hochschulen.<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Nehmt doch erst den Hochschulen die<br />

Menschen!)<br />

Unsere Hochschulen haben in diesem Bereich eine Verantwortung für<br />

die Zukunft <strong>der</strong> Gesellschaft, weil ohne ihre Initiative <strong>der</strong> so<br />

genannte quartäre Bereich ein Torso bleiben würde.<br />

In ihren Beschlüssen hat die Staatsregierung anspruchsvolle Anreize<br />

geschaffen. Es soll geprüft werden, ob 400 Stellen künftig über<br />

Aktivitäten im quartären Bereich finanziert werden können. Denn<br />

unabhängig von <strong>der</strong> Frage, wie wir zu Studiengebühren für Studenten<br />

klassischer Art stehen, ist klar, dass von jemandem, <strong>der</strong> im Beruf<br />

steht, o<strong>der</strong> von seinem Arbeitgeber ein kostendecken<strong>der</strong><br />

Finanzierungsbeitrag zu Weiterbildungsangeboten verlangt werden<br />

kann und muss. Immerhin werden damit seine beruflichen Chancen<br />

weiter verbessert o<strong>der</strong> erhalten.<br />

Wenn die Angebote <strong>der</strong> Hochschulen ihm dabei allerdings nicht<br />

helfen, dann wird er davon keinen Gebrauch machen. Insofern liegt<br />

in diesem Bereich, den die Staatsregierung mit ihren Beschlüssen<br />

<strong>der</strong> Hochschulentwicklungskommission vorgegeben hat, ein wichtiger<br />

Schlüssel für die Zukunft des sächsischen Hochschulwesens und des<br />

Freistaates Sachsen im Ganzen. Wir bitten deshalb die Hochschulen,<br />

das Angebot <strong>der</strong> Staatsregierung nicht auf die leichte Schulter,<br />

son<strong>der</strong>n sehr ernst zu nehmen.<br />

Zum fünften Punkt. Wir wollen uns, so gut es geht, von den goldenen<br />

Zügeln aus Brüssel und Berlin unabhängiger machen. Wir wollen<br />

selbst die Entscheidung darüber treffen, welche Prioritäten wir mit<br />

wie viel Geld versehen. Sachsen ist dankbar für die För<strong>der</strong>ung durch<br />

die Europäische Union und durch eine Vielzahl von<br />

För<strong>der</strong>instrumenten <strong>der</strong> Bundesregierung.<br />

(Beifall des Abg. Jurk, SPD)<br />

- <strong>Der</strong> alten wie <strong>der</strong> neuen übrigens, Herr Abg. Jurk.<br />

(Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Das operationelle Programm <strong>der</strong> EU für den Zeitraum 2000 bis 2006<br />

ist als Grundlage <strong>der</strong> EU-Strukturför<strong>der</strong>ung im Freistaat Sachsen<br />

gestern von <strong>der</strong> EU-Kommission genehmigt worden. Das ist eine gute<br />

Nachricht.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Damit wird <strong>der</strong> Weg frei für 4,86 Milliarden Euro bis zum Jahr 2006.<br />

Sachsen erhält damit übrigens 780 Millionen Euro mehr als während<br />

<strong>der</strong> ganzen Laufzeit des vorangegangenen För<strong>der</strong>zeitraums.


Die Mittel teilen sich in drei Strukturfonds auf. Je<strong>der</strong> dieser<br />

Strukturfonds und eine Vielzahl begleiten<strong>der</strong> För<strong>der</strong>instrumente, <strong>der</strong><br />

Bundesregierung auch, haben ihre eigenen Regeln, ihre eigenen<br />

Maßgaben, ihre eigenen Begrenzungen. Die Geldgeber in Brüssel o<strong>der</strong><br />

Berlin verfolgen damit bestimmte Ziele. Ob die Umsetzung dieser<br />

Ziele allerdings die Lebenswirklichkeit und die Bedürfnisse im<br />

Freistaat Sachsen trifft, ist eine ganz an<strong>der</strong>e Frage. Es ist auch<br />

nicht zu verkennen, um es einmal etwas kryptisch auszudrücken, dass<br />

die über Län<strong>der</strong>- und Staatengrenzen und gelegentlich sogar über<br />

Parteigrenzen hinaus organisierten Fachinteressen es nicht immer<br />

ungern so haben wollen, dass die För<strong>der</strong>ung aus Brüssel o<strong>der</strong> Berlin<br />

nur ihrem jeweiligen sektoralen Politikziel zugute kommt.<br />

Wie dem auch sei, <strong>der</strong> Freistaat Sachsen hat frühzeitig als erstes<br />

ostdeutsches Bundesland und mit dem vorliegenden Haushalt erneut<br />

Akzente gesetzt, Akzente <strong>der</strong>art, die Strukturfondsmittel in einer<br />

Weise einzusetzen, dass sie möglichst den politischen Prioritäten<br />

entsprechen, die von Staatsregierung und <strong>Landtag</strong> selbst getroffen<br />

werden. Das ist auch ein haushaltstechnisch kompliziertes Thema und<br />

hat mit Begriffen wie Abkopplung, Kofinanzierung und ähnlichen zu<br />

tun.<br />

Auf die Technik kommt es heute aber nicht an. Mir kommt es nur auf<br />

folgenden Grundgedanken an: Wir wollen so viele Mittel wie möglich<br />

für die Schwerpunkte einsetzen, die wir für richtig halten, also<br />

zum Beispiel für den Aufbau <strong>der</strong> Infrastruktur, für Wasser/Abwasser,<br />

für Städtebau und Straßenbau und für den zentralen Zukunftsbereich<br />

<strong>der</strong> Biotechnologien.<br />

<strong>Der</strong> vorliegende Doppelhaushalt ist in diesem Sinne ein<br />

erfolgreicher Einstieg in die neunte För<strong>der</strong>periode <strong>der</strong> Europäischen<br />

Union, dem allerdings aus den genannten Gründen ein langwieriger<br />

Genehmigungsprozess vorausging. So war es zum Beispiel nur mit<br />

großer Anstrengung möglich, die dringend notwendige Verbesserung<br />

<strong>der</strong> Ausstattung <strong>der</strong> Schulen mit Computertechnik aus europäischen<br />

Strukturfondsmitteln bezahlen zu dürfen.<br />

Auch in Zukunft ist mit weiteren komplizierten Genehmigungs- und<br />

Än<strong>der</strong>ungsverfahren zu rechnen, auch des operationellen Programms,<br />

welches gestern genehmigt wurde. Die Linie des Freistaates bleibt:<br />

Wir wollen die Vorgaben <strong>der</strong> Geldgeber aus Brüssel und Berlin<br />

präzise und rechtlich sauber umsetzen, aber wir wollen weniger<br />

Vorgaben und uns, soweit es geht, eigene Ziele setzen. Es ist unser<br />

Land, um das es geht.<br />

Meine Damen und Herren! Ich habe versucht, mit den genannten fünf<br />

Punkten beispielhaft aufzuzeigen, dass sich hinter dem nüchternen<br />

und gegenüber früher auf den ersten Blick vielleicht gar nicht so<br />

unterschiedlichen Zahlenwerk des Doppelhaushaltes weit reichende<br />

Entscheidungen verbergen. Sie sind das Ergebnis neuerer<br />

Entwicklungen o<strong>der</strong> sie stoßen neue Entwicklungen innerhalb des<br />

Freistaates Sachsen an.<br />

Lassen Sie mich zum Schluss noch kurz fünf Aufgaben bezeichnen, die<br />

außerhalb Sachsens zu erledigen sind, die aber für Sachsen und für<br />

die Sachsen in <strong>der</strong> nächsten Zeit von erheblicher Bedeutung sein<br />

werden. In all diesen Fällen sind wir auf Verbündete angewiesen und


es sind - das richte ich insbeson<strong>der</strong>e an die Opposition - keine<br />

Fragen, die im engeren Sinne Gegenstand einer parteipolitischen<br />

Auseinan<strong>der</strong>setzung sind o<strong>der</strong> sein sollten.<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Sehr richtig!)<br />

Ich wäre froh, wenn wir zu diesen Fragen eine Grundübereinstimmung<br />

feststellen könnten.<br />

1. Wir kämpfen um eine leistungsfähige Eisenbahnstrecke von Berlin<br />

nach München, und zwar durch Sachsen über Leipzig und Zwickau.<br />

(Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Wie Sie wissen, hat die Bundesregierung wegen fehlen<strong>der</strong><br />

Finanzmittel 1999 den Weiterbau des ICE-Projektes von München nach<br />

Berlin über Erfurt bis auf weiteres zurückgestellt. Die<br />

Staatsregierung hat <strong>der</strong> Bundesregierung und <strong>der</strong> Deutschen Bahn<br />

deshalb eine neue Linienführung über Leipzig und Zwickau angeboten.<br />

Diese neue Linienführung bietet vor allem den Vorteil, dass sie<br />

nicht durch einen fast menschenleeren Raum führt, son<strong>der</strong>n die Teile<br />

Ostdeutschlands erschließt, in denen die Menschen auch wohnen. Die<br />

Strecke über Leipzig und Zwickau würde ein zweifaches und unter<br />

Einbeziehung von Leipzig ein dreifaches Bevölkerungspotential<br />

gegenüber <strong>der</strong> Linienführung über Erfurt erreichen. Die ostdeutschen<br />

Ballungsräume würden so erschlossen, dass sie auch künftig als<br />

aktive und attraktive Zentren für Zuwan<strong>der</strong>ung und gegen Abwan<strong>der</strong>ung<br />

erhalten blieben. Die Baukosten dieser neuen Linienführung würden<br />

um mehrere Milliarden unter denen für den Bau <strong>der</strong> Verbindung über<br />

Erfurt liegen. Die Verlängerung <strong>der</strong> Fahrzeit von Berlin nach<br />

München würde allenfalls 20 bis 25 Minuten betragen.<br />

Meine Damen und Herren! Wer es mit dem Aufbau Ost gut meint, dem<br />

kann es nicht in erster Linie darauf ankommen, von Berlin nach<br />

München zu rasen, ohne überhaupt nur wahrzunehmen, dass man durch<br />

Ostdeutschland fährt. Es kann nicht um diese schnelle Verbindung um<br />

uns herum gehen, son<strong>der</strong>n es geht für uns genauso darum, dass wir<br />

schnellstmöglich nach München, nach Berlin, nach Frankfurt und nach<br />

Prag kommen. Nur so kommt Sachsen aus seiner Randlage heraus.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU - Jurk, SPD: Denken Sie auch an Görlitz!)<br />

Die Staatsregierung weiß, wie schwierig die Verwirklichung dieses<br />

ehrgeizigen Vorhabens ist. Sie weiß auch um die<br />

Interessenunterschiede zu unserem Nachbarn Thüringen. Wir bitten<br />

aber alle darum, die alternative Streckenführung einer<br />

leistungsfähigen Nord-Süd-Verbindung, die den Osten Deutschlands<br />

auch erschließt, unvoreingenommen zu prüfen. Wenn diese Prüfung zu<br />

dem Ergebnis kommt, dass wir Recht haben, dann bitten wir um<br />

nachhaltige Unterstützung.<br />

2. Wir wollen, dass die Veag als eigenständige vierte Kraft auf dem<br />

deutschen Energiemarkt wirken kann und eines <strong>der</strong> wenigen großen<br />

Unternehmen mit Sitz und Bedeutung in Ostdeutschland wird.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU - Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> SPD -<br />

Beifall <strong>der</strong> Abg. Frau Gangloff, PDS)<br />

Wie Sie wissen, wird in diesen Tagen über die Zukunft <strong>der</strong> Veag, <strong>der</strong><br />

Laubag, gegebenenfalls auch <strong>der</strong> Mibrag entschieden. Es ist nicht<br />

nur aus kartellrechtlichen, son<strong>der</strong>n auch aus wirtschaftspolitischen<br />

Gründen notwendig und erfor<strong>der</strong>lich, dass die westdeutschen


Stromkonzerne hinnehmen müssen, dass sich die Veag als<br />

eigenständige vierte Kraft auf dem deutschen Strommarkt etabliert.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU - Beifall des Abg. Jurk, SPD)<br />

Dazu bedarf es einer vollständigen Trennung von den bisherigen<br />

Eigentümerstrukturen, jedenfalls soweit sie die westdeutschen<br />

Stromkonzerne betreffen. Wir for<strong>der</strong>n deshalb die Bundesregierung<br />

auf, im Rahmen ihrer Einflussmöglichkeiten eine Lösung zu<br />

unterstützen und mit herbeizuführen, die in diesem Sinne<br />

ostdeutsche Interessen wahrt.<br />

Die neue Eigentümerstruktur muss sicherstellen, dass <strong>der</strong> Absatz von<br />

aus ostdeutscher Braunkohle erzeugtem Strom langfristig<br />

gewährleistet ist und die Arbeitsplätze bei <strong>der</strong> Stromerzeugung<br />

gewährleistet bleiben. Die Investitionen in die mo<strong>der</strong>nsten<br />

Braunkohlenkraftwerke Europas dürfen nicht infrage gestellt werden.<br />

Auch die Absatzwege dürfen nicht durch sonstige clevere<br />

Vertragsgestaltung unterlaufen werden.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Für die Staatsregierung sind dabei ausländische Investoren, wo<br />

immer sie herkommen, kein Hin<strong>der</strong>nis, eher im Gegenteil. Aber die<br />

Etablierung <strong>der</strong> Veag und gegebenenfalls weiterer Unternehmen als<br />

<strong>der</strong> vierten großen unabhängigen Kraft im Strommarkt ist für uns ein<br />

Test für das Engagement <strong>der</strong> Bundesregierung für Ostdeutschland als<br />

Ganzes.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU - Jurk, SPD: So sie Einflussmöglichkeiten<br />

hat.)<br />

Die Bundesregierung hat zwei Möglichkeiten. Zunächst, wie Sie<br />

wissen, hat das Ganze im Verantwortungsbereich <strong>der</strong> Bundesregierung<br />

das Bundeskartellamt in vorbildlicher Weise ausgelöst. Die<br />

Bundesregierung tut gut daran, dem Kartellamt den Rücken zu stärken<br />

und nicht mit Ministererlaubnissen zu winken. Das ist <strong>der</strong> erste<br />

Punkt.<br />

<strong>Der</strong> zweite Punkt ist: Die Bundesregierung ist über die BvS<br />

beteiligt. Alles, was dort beschlossen wird, bedarf <strong>der</strong> Zustimmung<br />

<strong>der</strong> BvS und damit <strong>der</strong> Bundesregierung.<br />

(Jurk, SPD: Die alte Bundesregierung hat den Verkauf<br />

getätigt!)<br />

Das weiß <strong>der</strong> Bundeskanzler auch und das weiß auch <strong>der</strong><br />

Bundeswirtschaftsminister. Deswegen bleibt es dabei: Die<br />

Bundesregierung ist gefor<strong>der</strong>t, dies als Test für ihr Engagement für<br />

Ostdeutschland umzusetzen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

3. Wir brauchen einen guten Solidarpakt II in dieser<br />

Legislaturperiode des Bundestages. Wir haben in diesem Hohen Haus<br />

bereits über die Anschlussregelungen zum Solidarpakt I debattiert.<br />

Sie sind verbunden mit den Entscheidungen über das so genannte<br />

Maßstäbegesetz und das System des Finanzausgleichs.<br />

Die Regierungschefs <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> haben sich gegenüber <strong>der</strong><br />

Bundesregierung damit durchgesetzt, Maßstäbegesetz,<br />

Finanzausgleichsgesetz sowie den Solidarpakt II erstens im<br />

Zusammenhang zu behandeln und zweitens noch in <strong>der</strong> laufenden<br />

Legislaturperiode des Bundestages abzuschließen.


Die Bundesregierung will ihren Referentenentwurf zum Maßstäbegesetz<br />

um die Jahreswende vorlegen. Die Ministerpräsidenten <strong>der</strong> Län<strong>der</strong><br />

treffen sich Ende Januar im Potsdamer "Cäcilienhof" - wo sich<br />

übrigens <strong>der</strong> sächsische Ministerpräsident sehr wohl fühlt, wie<br />

je<strong>der</strong> weiß, <strong>der</strong> im Jahre 1992 dabei war -,<br />

(Jurk, SPD: Das wissen wir nicht!)<br />

um über das Gesamtthema zu beraten. Dabei gibt es natürlich<br />

unterschiedliche Interessen, die nicht entlang den üblichen<br />

parteipolitischen Konstellationen verlaufen.<br />

Die ostdeutschen Län<strong>der</strong> sind gut vorbereitet für diese Debatten.<br />

Öffentliche For<strong>der</strong>ungen in Geldbeträgen haben wir bisher nicht<br />

erhoben, wir haben nur Bedarfe festgestellt. Wir sind daran<br />

interessiert, ohne großes Feldgeschrei zu einer Lösung zu kommen,<br />

aber wir werden unsere Interessen zu wahren wissen.<br />

<strong>Der</strong> Bund trägt die Hauptlast <strong>der</strong> Kosten des Aufbaus Ost, nicht die<br />

Län<strong>der</strong>. Wir begrüßen die Bereitschaft des Bundes, aber genauso auch<br />

<strong>der</strong> Län<strong>der</strong>, einen neuen Solidarpakt II zu verabreden. Aber<br />

allmählich brauchen wir Signale des Bundes, was er in <strong>der</strong> Sache<br />

damit meint. Und wir brauchen einen soliden Nachweis, dass wir<br />

unsererseits gewillt sind, mit dem uns anvertrauten eigenen und<br />

fremden Geld verantwortlich umzugehen. Diesen Nachweis führen wir<br />

zum Beispiel mit dem vorliegenden Doppelhaushalt.<br />

4. Unsere bundesstaatliche Ordnung braucht eine Run<strong>der</strong>neuerung. Im<br />

Zusammenhang mit <strong>der</strong> Debatte über den neuen Finanzausgleich und den<br />

Solidarpakt II wollen wir eine Mo<strong>der</strong>nisierung <strong>der</strong> bundesstaatlichen<br />

Ordnung mit anstoßen. Dazu wird es vielleicht endgültig erst in <strong>der</strong><br />

nächsten Legislaturperiode des Bundestages kommen, aber vermutlich<br />

noch in <strong>der</strong> Legislaturperiode dieses 3. <strong>Sächsische</strong>n <strong>Landtag</strong>es.<br />

Seit zwei Jahren diskutieren wir intensiv über eine Reform des<br />

deutschen Fö<strong>der</strong>alismus. Diese Debatte steht unter dem Stichwort<br />

"Wettbewerbsfö<strong>der</strong>alismus versus kooperativen Fö<strong>der</strong>alismus". Solche<br />

Überschriften führen in die Irre. Fö<strong>der</strong>alismus ist kein Markt von<br />

Angebot und Nachfrage. Einem reinen Wettbewerbsfö<strong>der</strong>alismus wird<br />

<strong>der</strong> Freistaat auch deshalb nicht das Wort reden können, weil die<br />

Wettbewerbsbedingungen zu ungleich sind. Ein rein kooperativer<br />

Fö<strong>der</strong>alismus o<strong>der</strong> ein "Kuschelfö<strong>der</strong>alismus" führt aber auch in die<br />

Erstarrung.<br />

In Wirklichkeit geht es um etwas ganz an<strong>der</strong>es, nämlich darum, dass<br />

wir die Entscheidungen in <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland<br />

entflechten. Es muss wie<strong>der</strong> klar werden, wer wofür Verantwortung<br />

trägt und wer wofür nicht. Zwei Drittel <strong>der</strong> Gesetze des Deutschen<br />

Bundestages sind inzwischen durch den Bundesrat<br />

zustimmungspflichtig. Das ist absurd.<br />

Wesentliche Teile <strong>der</strong> öffentlichen Finanzierung sind eine<br />

gemeinsame Finanzierung verschiedener staatlichen Ebenen, die<br />

jeweils mit einem goldenen Zügel verbunden sind. Die Aufgabe <strong>der</strong><br />

Reform besteht darin, Entscheidungen zu treffen, die den einzelnen<br />

Landesregierungen und den <strong>Landtag</strong>en mehr Freiheitsmöglichkeiten und<br />

damit auch mehr Unterschiedlichkeiten geben. Dabei wird <strong>der</strong><br />

Anspruch auf gleichwertige Lebensverhältnisse in Deutschland nicht


etwa eingebüßt, son<strong>der</strong>n geradezu erst eingelöst. Wir wollen also<br />

mehr eigene Handlungsmöglichkeiten für die einzelnen Län<strong>der</strong>.<br />

Die Staatsregierung nimmt hierbei eine vermittelnde Position<br />

zwischen den Positionen <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> ein. Ein Vorschlag, den wir in<br />

diesem Zusammenhang gemacht haben, ist die Einführung einer so<br />

genannten umgekehrten konkurrierenden Gesetzgebung. Das klingt<br />

kompliziert, ist aber ganz einfach.<br />

Bisher entscheidet allein <strong>der</strong> Bund darüber, ob er im Bereich <strong>der</strong><br />

Gesetzgebungszuständigkeiten, die <strong>der</strong> konkurrierenden Gesetzgebung<br />

unterfallen, ein Gesetz macht o<strong>der</strong> auch ein Gesetz än<strong>der</strong>t. Würde<br />

man diese Zuständigkeiten nun ganz auf die Län<strong>der</strong>ebene delegieren,<br />

so wäre das mindestens kompliziert. Leichter ist es aber, wenn man<br />

einzelnen Län<strong>der</strong>n die Möglichkeit einräumt, von bundesgesetzlichen<br />

Regelungen durch ein Landesgesetz abzuweichen, das nur für das<br />

eigene Land gilt.<br />

Ein Beispiel: Das Ladenschlussgesetz zum Beispiel könnte als<br />

Bundesgesetz bestehen bleiben - für diejenigen, die es weiter<br />

anwenden wollen. Einzelne Län<strong>der</strong> könnten aber nach diesem Vorschlag<br />

<strong>der</strong> umgekehrten konkurrierenden Gesetzgebung ein nur für sie<br />

geltendes an<strong>der</strong>es Ladenschlussgesetz erlassen.<br />

Mit diesem Vorschlag, den inzwischen alle unionsgeführten Län<strong>der</strong><br />

und auch einige SPD-geführte Län<strong>der</strong> übernommen haben, könnte man<br />

Bewegung in die festgefahrene Debatte über den Fö<strong>der</strong>alismus und die<br />

Zuständigkeitsverteilung zwischen Bund und Län<strong>der</strong>n bringen, ohne<br />

insbeson<strong>der</strong>e einzelne kleine Län<strong>der</strong> damit zu überfor<strong>der</strong>n.<br />

Ähnliche weit reichende Reformschritte bei <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>nisierung <strong>der</strong><br />

bundesstaatlichen Ordnung können wir uns auch vorstellen bei <strong>der</strong><br />

Zusammenführung von Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe und vor allem<br />

auch bei <strong>der</strong> Besoldung und Versorgung im öffentlichen Dienst. Hier<br />

werden regionale Unterschiede bisher nur als Ost-West-Diskussionen<br />

geführt. Stichwort: 100 % Angleichung ja o<strong>der</strong> nein und wann? In<br />

Wahrheit sind aber die regionalen Unterschiede auch Ausdruck <strong>der</strong><br />

unterschiedlichen Finanzkraft <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> und <strong>der</strong> unterschiedlichen<br />

Lebenshaltungskosten - übrigens auch zwischen den westdeutschen<br />

Län<strong>der</strong>n.<br />

Zur Eigenstaatlichkeit <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> gehört ihre Organisationshoheit.<br />

Normalerweise kann je<strong>der</strong> Arbeitgeber im Rahmen des Tarifrechts<br />

bestimmen, wie er seine Arbeitnehmer bezahlt. Die Län<strong>der</strong> können das<br />

für ihre Beamten nicht. Warum eigentlich? Wir haben deshalb<br />

vorgeschlagen, die Zuständigkeit für die Beamtenbesoldung und -<br />

versorgung auf die Län<strong>der</strong> zurückzuübertragen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Und dann wird es zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen können.<br />

Man kann dann übrigens auch stärker nach Leistung differenzieren.<br />

Die Ost-West-Debatte würde überlagert durch an<strong>der</strong>e Kriterien.<br />

Staatsregierung und <strong>Landtag</strong> hätten für wesentliche Teile des<br />

Staatshaushalts zusätzliche Gestaltungsspielräume gewonnen. Auch<br />

für diesen Vorschlag bitten wir um Unterstützung.<br />

5. und letztens. Schließlich werden wir uns auf die EU-<br />

Osterweiterung vorzubereiten haben. Die EU-Osterweiterung kommt -<br />

vielleicht schon in dieser Legislaturperiode des <strong>Sächsische</strong>n


<strong>Landtag</strong>es. <strong>Der</strong> Ministerpräsident hat in seiner Regierungserklärung<br />

am 16.11.2000 dazu ausführlich Stellung genommen.<br />

Wir diskutieren in Deutschland die EU-Osterweiterung bisher zu<br />

außenpolitisch. Es wird die Aufgabe <strong>der</strong> nächsten Jahre sein, die<br />

Auswirkungen, und zwar die innenpolitischen Auswirkungen, <strong>der</strong> EU-<br />

Erweiterung stärker zu diskutieren, in den Blick zu nehmen und sich<br />

darauf vorzubereiten.<br />

(Beifall des Abg. Bandmann, CDU)<br />

Sonst wird die Erweiterung außenpolitisch vollzogen, aber<br />

innenpolitisch abgelehnt o<strong>der</strong> gefährdet. Das kann niemand wollen,<br />

wir jedenfalls wollen es nicht.<br />

Meine sehr verehrten Damen und Herren! <strong>Der</strong> Doppelhaushalt 2001/2002<br />

ist Ausdruck einer sich erneuernden Politik. Wir haben in Sachsen<br />

spannende Aufgaben vor uns, wir haben für Sachsen spannende<br />

Aufgaben zu lösen. Anregungen dazu sind willkommen, Kritik auch.<br />

Ich wäre aber dankbar, wenn auch die Opposition in ihren Beiträgen<br />

heute und morgen und in den nächsten Monaten deutlich machte,<br />

welche politischen Vorstellungen sie mit den Debatten um das Geld<br />

verbindet,<br />

(Jurk, SPD: Da können Sie sicher sein! - Prof Dr. Porsch, PDS:<br />

Das haben wir vorgelegt!)<br />

welche Wege in die Zukunft sie vorschlägt und vor allem, welche<br />

alternativen Politikkonzepte sie hat und wie sie sie finanzieren<br />

will.<br />

(Jurk, SPD: Richtig! - Prof. Dr. Porsch, PDS: Liegt vor!)<br />

- Ich bin ganz gespannt auf Ihre gleich folgenden Ausführungen. -<br />

Aber lassen Sie uns nicht um unser selbst willen streiten, son<strong>der</strong>n<br />

lassen Sie uns ringen um Konzepte für eine bessere Zukunft für den<br />

Freistaat Sachsen und seine Menschen.<br />

Vielen Dank.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Es spricht nun die PDS-Fraktion.<br />

Herr Abg. Prof. Dr. Porsch, bitte.<br />

Prof. Dr. Porsch, PDS: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!<br />

Ich staune. Kann es sein, dass <strong>der</strong> Ministerpräsident<br />

handstreichartig die Nachfolgefrage gelöst hat? Nach deutscher<br />

Parlamentstradition sprechen doch Ministerpräsidenten zum Haushalt<br />

<strong>der</strong> Staatskanzlei o<strong>der</strong> designierte Ministerpräsidenten. Aber, meine<br />

Damen und Herren von <strong>der</strong> CDU-Fraktion, da wäre eine wichtige Frage<br />

wie<strong>der</strong> einmal an Ihnen vorbei entschieden worden.<br />

(Heiterkeit und Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

O<strong>der</strong>? <strong>Der</strong> Ministerpräsident sagt, er kommt noch. Er schont sich<br />

vielleicht heute für seine Regierungserklärung am Donnerstag zu den<br />

jüngsten Vorgängen in Sebnitz.<br />

(Zuruf von <strong>der</strong> PDS: Am Freitag!)<br />

Am Freitag. - Und das sollte er tatsächlich tun.<br />

(Jurk, SPD: Bringen Sie nicht alles durcheinan<strong>der</strong>!)<br />

Denn diese Regierungserklärung erwarten wir mit Spannung. Immerhin<br />

erhebt sie zu einem dringlichen Problem des Landes auch einen<br />

Dringlichen Antrag <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> PDS zu ihrer Vorlage. So manche


und so mancher mag da staunen: Aber Verän<strong>der</strong>ung beginnt nun einmal<br />

mit Opposition. Gut so!<br />

Kommen wir zum Haushalt - aber ich bleibe zunächst beim Staunen.<br />

Staunen ließ mich mein Wochenhoroskop aus einer großen bebil<strong>der</strong>ten<br />

Sonntagszeitung, das mir prophezeite, ich würde am Dienstag dieser<br />

Woche - also heute - zeigen können, wie man geschickt Geld<br />

einsparen kann.<br />

(Heiterkeit bei <strong>der</strong> PDS - Zurufe von <strong>der</strong> CDU)<br />

Genau das habe ich vor. Denn unser alternativer Haushaltsentwurf,<br />

den Sie kennen, ist ja noch ein Quäntchen sparsamer als <strong>der</strong> des<br />

Finanzministers. Zukunftsweisen<strong>der</strong> ist er ohnehin.<br />

(Jurk, SPD: Ob er geht, ist die Frage!)<br />

- Es wird gehen, weil eine in Sachsen am Morgen zu lesende Post<br />

mein Erstaunen noch erhöhte. Sie prophezeite mir nun in ihrem<br />

Wochenhoroskop für heute einen großen Erfolg.<br />

(Heiterkeit - Jurk, SPD: Ich glaube nie an Horoskope,<br />

Kollege Porsch!)<br />

Meine Damen und Herren von <strong>der</strong> CDU und von <strong>der</strong> Staatsregierung, Sie<br />

sind in akuter Gefahr, Ihre Zukunft steht in den Sternen!<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Sehr viel mehr staunte ich jedoch noch darüber, was ich erst<br />

unlängst in mehreren Zeitungen in Sachsen lesen konnte.<br />

(Götzel, CDU: Sie lesen doch nur Horoskope!)<br />

- Nein, ich habe das in mehreren Zeitungen gelesen. Und da stand:<br />

"Unsere Zukunft beginnt mit Bildung." Das war dort großgeschrieben.<br />

Ich dachte zunächst wie<strong>der</strong> an eine Sonntagsrede unseres<br />

Ministerpräsidenten. Ich ließ es mir aber nicht verdrießen und las<br />

unverdrossen weiter. Als Belohnung dafür erfuhr ich für einen<br />

sächsischen Bürger Unglaubliches. Zitat: "Bereits heute<br />

unterrichten wir Woche für Woche 71 000 Stunden mehr als noch vor<br />

zwei Jahren und wir investieren weiter in die Zukunftschancen<br />

unserer Schülerinnen und Schüler. Dafür suchen wir über 1 000<br />

qualifizierte Lehrerinnen und Lehrer für volle Beamtenstellen."<br />

Zitatende. - Ich wollte es nicht fassen!<br />

Sollten den Sonntagsreden Taten folgen? O<strong>der</strong> sollte gar <strong>der</strong><br />

Erfin<strong>der</strong> des Comenius-Klubs, Herr Hähle, bei seinem Paten<br />

nachgelesen haben und ihn endlich auch verstehen und ernst nehmen<br />

wollen?<br />

Die Schule sollte ja nach Comenius die Entwicklung <strong>der</strong> besten<br />

Anlagen <strong>der</strong> Menschen und die rechte Gottesfurcht för<strong>der</strong>n und so<br />

eine - wie es Comenius nennt - "Werkstätte <strong>der</strong> Menschlichkeit"<br />

sein. Die Schule sollte - so wollte es Comenius - allen zugänglich<br />

sein und alle, die fleißig und begabt sind, sollten das Recht haben<br />

- das Recht haben! - an höheren Schulen zu studieren. Herr<br />

Staatsminister Meyer sieht das ja etwas an<strong>der</strong>s.<br />

Sollte dies alles Wirklichkeit werden, was ich gelesen hatte,<br />

fragte ich mich? Lehrerinnen und Lehrer für fast alle Fächer, von<br />

Sport über Sprachen, Physik und Chemie sowie evangelische und<br />

katholische Religion, werden gesucht und noch dazu verbeamtet; fast<br />

schon wie<strong>der</strong> zu viel des Guten.


Glückliche Jugendliche strahlen mich neugierig vom Bild zum Text<br />

her an. "Bildungsland" steht auf einem Transparent in ihrer Hand<br />

und - "Hessen" steht darunter. "Hessen sucht Lehrer" steht darüber.<br />

Schade. Natürlich nicht für Hessen und seine Schülerinnen und<br />

Schüler, wohl aber für Sachsen. Ich bin wie<strong>der</strong> auf dem Boden<br />

sächsischer Realität angekommen. Hier bleibt die triste<br />

Wirklichkeit des Doppelhaushaltes, <strong>der</strong> mittelfristigen<br />

Finanzplanung, des Stellenabbauplanes und <strong>der</strong> Sonntagsreden <strong>der</strong><br />

Regierung als Opium des Volkes.<br />

Wenn das Volk in Sachsen das Opium <strong>der</strong> Sonntagsreden aber satt hat,<br />

wenn Absolventinnen und Absolventen eines Lehrerstudiums Arbeit<br />

suchen, wenn für an<strong>der</strong>e Arbeit winkt, zum Beispiel in Hessen, und<br />

gute Bildung für die Kin<strong>der</strong> noch dazu, da werden die wohl nach<br />

Hessen ziehen und Sachsen sieht wie<strong>der</strong>um ein klein wenig älter aus.<br />

(Zuruf des Abg. Dr. Hähle, CDU)<br />

"Viele Wenig machen ein Viel", steht im Kochbuch meiner Mutter. Um<br />

Sachsens <strong>der</strong>zeitiges Schicksal zu beschreiben, muss man den Spruch<br />

freilich etwas abwandeln: Viele Wenig machen viel weniger. Das<br />

nämlich erfahren wir hierzulande gerade schmerzlich, weshalb<br />

Sachsen immer schneller immer älter aussieht.<br />

Und am größten sind die Wan<strong>der</strong>ungsverluste seit 1990 in Sachsen bei<br />

<strong>der</strong> Bevölkerung unter 40 Jahre. Bekanntlich setzen die auch die<br />

meisten Kin<strong>der</strong> in die Welt, so dass mit ihrem Wegzug auch die<br />

Geburtenrate im Freistaat drastisch sinkt.<br />

<strong>Der</strong> Anteil <strong>der</strong> 20- bis 40-Jährigen an <strong>der</strong> erwerbsfähigen<br />

Bevölkerung verringerte sich von 1988 bis 1999 um fast 300 000<br />

Menschen. Im Übrigen sind deshalb die Arbeitslosenzahlen im<br />

Freistaat dennoch kaum gesunken. Was nach Adam Ries dann freilich<br />

steigen musste, war die Anzahl <strong>der</strong> Beschäftigten pro 1 000<br />

Einwohnerinnen und Einwohner. Das Übel hat also eine gute Seite.<br />

Allerdings nur für den Ministerpräsidenten, <strong>der</strong> mit dieser Zahl<br />

ständig Leierkasten spielt, ohne allerdings noch jemanden zu<br />

begeistern.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS - Beifall des Abg. Nolle, SPD)<br />

Von 1989 bis 1991 gab es beson<strong>der</strong>s hohe Zahlen von Fortzügen aus<br />

Sachsen. Das war verständlich. Die Zahlen sanken dann.<br />

(Staatsminister Dr. Geisler: Wegen Ihrer Politik!)<br />

- Meine Politik war es nicht. Aber es war eine Politik, die ich in<br />

Teilen gut fand. Das gebe ich gerne zu. Zum Beispiel gab es damals<br />

Kin<strong>der</strong>tagesstätten in Deutschland, Herr de Maiziére, von denen<br />

können Sie heute nur träumen!<br />

(Na, na, na! bei <strong>der</strong> SPD - Jurk, SPD: Albträume!)<br />

Da muss man nur fragen, wo?<br />

Jetzt kommen wir zu Ihrer Politik. Seit zwei Jahren steigt die Zahl<br />

<strong>der</strong> Fortzüge wie<strong>der</strong>. Und das Saldo zwischen Zu- und Fortzügen ist<br />

negativ. Das sagt doch auch etwas aus über die Entwicklung Sachsens<br />

jetzt unter <strong>der</strong> Verantwortung <strong>der</strong> CDU-Alleinregierung. Und dies<br />

sollte beunruhigen.<br />

(Zuruf des Abg. Dr. Hähle, CDU)<br />

Für unseren Ministerpräsidenten ist das Ganze aber nur den Vorwurf<br />

an die Opposition wert, das Land schlechtzureden und <strong>der</strong> Opposition


die Schuld dafür zu geben, dass die Menschen aus Sachsen wegziehen,<br />

wie jüngst im Interview für die "Freie Presse".<br />

Einfältiger geht es wohl nicht mehr. Aber diese Einfalt scheint den<br />

jeweils Regierenden in Deutschland übrigens generell anzuhängen.<br />

Denn auch Herr Bundeskanzler Schrö<strong>der</strong> schimpfte unlängst während<br />

<strong>der</strong> Haushaltsdebatte im Bundestag, dass die Opposition Deutschland<br />

schlechtrede. Zu dieser Opposition gehört Ihre CDU jetzt aber dazu,<br />

Herr Ministerpräsident und meine Damen und Herren von <strong>der</strong><br />

Mehrheitsfraktion. Und sie wird noch lange dazu gehören.<br />

(Frau Dr. Volkmer, SPD: Das denken wir auch!)<br />

Verkneift man sich die Sonntagsreden und schaut nüchtern auf die<br />

Zahlen, die unsere Entwicklung wi<strong>der</strong>spiegeln, und auf die Zahlen<br />

des vorliegenden Doppelhaushaltes, so muss man feststellen: Diese<br />

Staatsregierung ist nicht auf <strong>der</strong> Höhe ihrer Aufgaben. Sie droht<br />

Sachsen - auch das von ihr geschaffene Sachsen - in die Stagnation<br />

und Rückentwicklung zu führen. Viele Menschen, vor allem jüngere,<br />

meinen, die Früchte ihrer Arbeit in Sachsen nicht mehr ausreichend<br />

ernten zu können. Sie ziehen deshalb weg.<br />

Und Sie haben das zu verantworten, meine Damen und Herren von <strong>der</strong><br />

Staatsregierung und von <strong>der</strong> Mehrheitsfraktion, und nicht die böse<br />

Opposition o<strong>der</strong> die böse "Bild"-Zeitung o<strong>der</strong> gar die bösen<br />

Gewerkschaften und ihre bösen Bosse, wie Herr Prof. Biedenkopf im<br />

erwähnten Interview unterstellte.<br />

Zu viele Menschen ziehen aus Sachsen weg. Zu wenig Kin<strong>der</strong> werden<br />

geboren. In einer solchen Situation kann eine Staatsregierung<br />

zweierlei tun. Sie kann resignieren und sich auf weniger<br />

Einwohnerinnen und Einwohner, auf weniger Kin<strong>der</strong> und auf weniger<br />

Zuzug wegen mangeln<strong>der</strong> Attraktivität vorbereiten und deshalb<br />

perspektivisch Leistungen von <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>tagesstätte über Schulen<br />

und Hochschulen, Leistungen in <strong>der</strong> Ausbildung und im sozialen<br />

Bereich sowie Leistungen für Kultur einschränken und einsparen, was<br />

das Land am Ende immer weniger anziehend macht. Sie könnte also -<br />

kurz gesagt - ihre Pfunde vergraben.<br />

Sie könnte aber auch mit den Pfunden wuchern. Sie könnte sich<br />

überlegen, wie Sachsen attraktiv zu machen ist, so attraktiv, dass<br />

hier Lebende auch hier ihre großen Lebenschancen sehen, dass Zuzug<br />

bei weitem den Wegzug überwiegt, dass man sich an unsere<br />

Hochschulen drängt und an sächsischen Wissenschaftseinrichtungen<br />

bleibt, dass man Kin<strong>der</strong> in die Welt setzt, weil man um ihre gute<br />

Bildung und Ausbildung in Sachsen weiß, dass man sich hier wohl<br />

fühlt wegen <strong>der</strong> Weltoffenheit des Landes, wegen <strong>der</strong> Begegnung mit<br />

vielen Kulturen, wegen des geistigen Lebens und <strong>der</strong> gegenseitigen<br />

Toleranz.<br />

Das Erste ist lei<strong>der</strong> <strong>der</strong> Fall. Die Alternative scheitert an <strong>der</strong><br />

Staatsregierung und <strong>der</strong> Mehrheit im Hause. Die Pfunde sind<br />

vergraben. Insofern kann ich auch trotz einiger Än<strong>der</strong>ungen<br />

gegenüber <strong>der</strong> Ausgangsvorlage mein Urteil über den ursprünglichen<br />

Regierungsentwurf auf die heutige, den Willen <strong>der</strong> Mehrheitsfraktion<br />

darstellende Beschlussempfehlung zum Doppelhaushalt weitgehend<br />

übertragen: hilflos, fantasielos, herzlos und deshalb<br />

perspektivlos.


Nun kann man Sachsen tatsächlich nur sehr bedingt mit Hessen<br />

vergleichen. Dazu ist <strong>der</strong> generelle Unterschied zwischen den alten<br />

und den neuen Bundeslän<strong>der</strong>n noch immer viel zu groß. Das wird auch<br />

noch ziemlich lange so sein und sich auch, Herr de Maizière, durch<br />

keine Fö<strong>der</strong>alismusreform än<strong>der</strong>n lassen, son<strong>der</strong>n nur durch einen<br />

generellen Politikwechsel in Deutschland.<br />

Aber auch im Vergleich zwischen den neuen Bundeslän<strong>der</strong>n sieht<br />

Sachsen nicht so beson<strong>der</strong>s gut aus, auch nicht im Vergleich mit - -<br />

Herr Hähle, wen nehmen wir da? - Nehmen wir Mecklenburg-Vorpommern!<br />

Mit 2,3 % hat Mecklenburg-Vorpommern im Vergleich erstes Halbjahr<br />

1999 zu erstes Halbjahr 2000 den höchsten Anstieg des realen<br />

Bruttoinlandsproduktes unter den neuen Bundeslän<strong>der</strong>n. Mit dem<br />

Anstieg <strong>der</strong> Bruttowertschöpfung im Vergleichszeitraum steht<br />

Mecklenburg-Vorpommern an zweiter Stelle <strong>der</strong> neuen Bundeslän<strong>der</strong><br />

hinter Thüringen. Sachsen steht auf Platz vier.<br />

(Nolle, SPD: Das kann doch nicht sein!)<br />

- Das ist so. Bei den kommunalen Finanzausgleichsleistungen steht<br />

Mecklenburg-Vorpommern 1999 und im Jahr 2000 wie<strong>der</strong>um an zweiter<br />

Stelle im ostdeutschen Län<strong>der</strong>vergleich hinter Brandenburg und vor<br />

Sachsen. Die Zahl <strong>der</strong> Arbeitslosen hat sich in Mecklenburg-<br />

Vorpommern von 1998 zu 1999 um 4,7 % verringert. Sachsen wirft da<br />

gerade einmal 0,8 % Verringerung <strong>der</strong> Arbeitslosigkeit in die<br />

Waagschale. Alle - jetzt kommt <strong>der</strong> eigentliche Clou -<br />

ausbildungswilligen Jugendlichen haben in Mecklenburg-Vorpommern<br />

einen Ausbildungsplatz erhalten. Deshalb liegt das Land mit 1 116<br />

Lehrverträgen je 100 000 Einwohner bei dieser Relation mit Abstand<br />

an erster Stelle in ganz Deutschland.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Unser Ministerpräsident hingegen erhebt die Tatsache, dass heute<br />

über 2 000 junge Menschen in Sachsen eine Lehrstelle suchen, aber<br />

keine finden, zum Erfolg, indem er vor die Zahl 2 000 die Worte<br />

"nur mehr" setzt. Das nenne ich Gesundbeten.<br />

Ja, Herr de Maizière, <strong>der</strong> Haushalt ist in Zahlen gegossene Politik.<br />

Diese Politik folgt Richtlinien. Die Richtlinien bestimmt <strong>der</strong><br />

Ministerpräsident. Das sieht unter an<strong>der</strong>em so aus: In Sonntagsreden<br />

beschwört Kurt Biedenkopf die Wissensgesellschaft und die knappe<br />

Ressource Wissen und lässt zugleich zu, dass in den nächsten sieben<br />

bis acht Jahren 1 700 Stellen an den Hochschulen gestrichen werden<br />

sollen. <strong>Der</strong> Ministerpräsident philosophiert über die Bedeutung von<br />

Bildung und will zugleich 7 000 Lehrerinnen- und Lehrerstellen<br />

streichen lassen. Einem Renommiergymnasium für Eliten in St. Afra<br />

stehen zig von <strong>der</strong> Schließung bedrohte Gymnasien im Lande gegenüber<br />

- mit Billigung des Ministerpräsidenten. Die vom Kultusminister als<br />

Erfolgsstory verkaufte sächsische Mittelschule erweist sich als ein<br />

Instrument frühzeitigen Ausschlusses von Bildung nach weitgehend<br />

sozialen Kriterien. <strong>Der</strong> an Eliten und nicht am Menschenrecht für<br />

Bildung orientierte Ministerpräsident stört sich selbstverständlich<br />

nicht daran. In Kin<strong>der</strong>tagesstätten sieht <strong>der</strong> Finanzminister im<br />

Einvernehmen mit dem Ministerpräsidenten wohl allein<br />

Kin<strong>der</strong>aufbewahrungsanstalten für berufstätige und möglichst<br />

betuchte Eltern, anstatt sie als ein Element eines Erziehungs- und


Bildungskonzeptes zu begreifen, das Kin<strong>der</strong>n frühzeitig Begegnung<br />

mit Gesellschaft und Gemeinschaft ermöglicht.<br />

Mobilität ist in Sachsen vorwiegend eine Sache für<br />

Autobesitzerinnen und Autobesitzer und vielleicht noch für<br />

Fernfahrerinnen und Fernfahrer in den Zügen. Kapital sollte nach<br />

den Prognosen des Ministerpräsidenten endgültig über die Arbeit<br />

siegen. Erwerbsneigung von Frauen ist für Kurt Biedenkopf von Übel.<br />

Gut ausgestattete Eliten sollten nach seiner Vorstellung Arbeit für<br />

Niedriglohn in Haus und Garten schaffen. Das Alter <strong>der</strong> von<br />

existenzsichern<strong>der</strong> Arbeit ausgeschlossenen Mehrheit sollte mit<br />

einer steuerfinanzierten Grundversorgung - immerhin sicher, trocken<br />

und warm im Sinne des kommunalen Armenhauses des 18. und 19.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts - gefristet werden. Kultur findet nach sächsischer<br />

Regierungsvorstellung vornehmlich in den großen Häusern statt und<br />

sollte am besten nur so viel Geld erhalten, wie es Sponsoren aus<br />

<strong>der</strong> Wirtschaft angemessen erscheint. Mietgeschenke für Busenfreunde<br />

hält Kurt Biedenkopf für Sachsenhilfe. Die hoch verschuldete<br />

Kommune zahlt in Sachsen den Preis für den schuldenfreien<br />

Bürgerkönig und die Huld seiner Gattin - <strong>der</strong> ich ansonsten meinen<br />

Respekt zolle - soll Petitionsrecht ersetzen. Das Sozialstaatsgebot<br />

des Grundgesetzes will Kurt Biedenkopf wie<strong>der</strong> auflösen und die<br />

soziale Verantwortung den kleinen Lebenskreisen zuweisen. Mit<br />

unseren kommunalen Sparkassen jedoch wollen er und sein<br />

Finanzminister sich in die großen Kreise des großen Geldes<br />

einmischen ohne Rücksicht auf Verluste.<br />

In einer solchen Situation ist <strong>der</strong> Opposition eine beson<strong>der</strong>e<br />

Verantwortung auferlegt. <strong>Der</strong> Erstarrung, dem Rückschritt und ihrer<br />

arroganten Verteidigung ist nur zu begegnen, indem sich Bürgerinnen<br />

und Bürger massenhaft dagegen stellen und sich<br />

außerparlamentarischer Protest mit parlamentarischer Opposition<br />

verbindet.<br />

Die Aktionen <strong>der</strong> Opposition zu den Kin<strong>der</strong>tagesstätten sind ein<br />

beredtes Beispiel dafür. Davor haben Sie ja auch Angst, Herr Hähle.<br />

Ein solcher Protest bewahrt nicht nur das Land vor Gefahr, er löst<br />

tendenziell auch die Erstarrung in <strong>der</strong> CDU. Letzteres sollten wir<br />

angesichts <strong>der</strong> noch vier Jahre andauernden Mehrheitsverhältnisse im<br />

Parlament nicht zu gering schätzen, allerdings auch nicht<br />

überbewerten.<br />

Die Haushaltsdebatte zwischen <strong>der</strong> 1. Lesung und heute hat gezeigt,<br />

dass parlamentarische und außerparlamentarische Opposition durchaus<br />

Verän<strong>der</strong>ungen initiieren und beginnen lassen kann, auch bei <strong>der</strong><br />

CDU. Sie hat aber genauso gezeigt, dass Verän<strong>der</strong>ungen, bitter<br />

notwendige Verän<strong>der</strong>ungen im <strong>Beginn</strong> schon wie<strong>der</strong> stecken bleiben und<br />

nur inkonsequent vorangebracht werden, wenn sie auf Einsichten und<br />

Handlungen innerhalb <strong>der</strong> Mehrheitsfraktion angewiesen sind.<br />

Insofern sollte man auch nicht viel auf das gestrige Gebrabbel von<br />

Herrn Hähle geben, wonach plötzlich nicht mehr so ganz sicher sein<br />

sollte, ob es den geplanten Stellenabbau im Hochschulbereich<br />

überhaupt geben werde. Herr Hähle, Sie haben wohl Angst vor den<br />

Studierenden und ihrer Demonstration?<br />

(Lämmel, CDU: Sie haben Angst!)


- Ich habe keine Angst davor. Ich stelle mich Studenten fast jeden<br />

Tag.<br />

Die CDU suggeriert, dass die Kürzungen bei den Kitas vom Tisch<br />

seien. In Wirklichkeit werden aber 30 Millionen DM im Jahr 2001<br />

gekürzt und im Jahr 2002 noch einmal 6,4 Millionen DM. Die Lasten<br />

tragen die Kommunen und die Eltern. Aber über 50 000 Petitionen,<br />

die Bürgerinnen und Bürger auf unsere Anregung hin an den <strong>Landtag</strong><br />

geschickt haben, werden das Parlament nochmals dazu zwingen, sich<br />

mit <strong>der</strong> Kita-Finanzierung zu befassen. Sie werden wohl noch<br />

nachbessern müssen, meine Damen und Herren von <strong>der</strong> CDU.<br />

Wir brauchen also dringend mehr im Lande als zur Verän<strong>der</strong>ung<br />

drängende Opposition und Protest: Wir brauchen eine neue Politik,<br />

die das verwirklichen kann, wofür heute die Impulse von <strong>der</strong><br />

Opposition ausgehen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Wir haben in Sachsen ganz offensichtlich Mehrheiten in <strong>der</strong><br />

Gesellschaft für eine Politik <strong>der</strong> sozialen Gerechtigkeit, für eine<br />

Politik <strong>der</strong> Verwirklichung von Chancengleichheit, für eine Politik<br />

<strong>der</strong> Solidarität, für eine Politik getragen von ständiger und<br />

vielfältiger demokratischer Mitbestimmung und Mitverantwortung <strong>der</strong><br />

Menschen. Das Gefühl, dass eine solche Politik möglich ist, wollen<br />

und müssen wir im Sinne <strong>der</strong> Zuversicht <strong>der</strong> Menschen im Lande<br />

stärken. Dafür tragen wir eine gemeinsame Verantwortung in <strong>der</strong><br />

Opposition, liebe Kolleginnen und Kollegen von <strong>der</strong> SPD. Eingeladen<br />

sind aber auch jene von <strong>der</strong> CDU-Fraktion, die noch wissen, was das<br />

"C" in ihrem Parteinamen bedeutet, und die bereit sind, sich<br />

radikal, also von <strong>der</strong> Wurzel her, zu diesem "C" zu bekennen.<br />

Frau Nicolaus, bei aller Kritik an <strong>der</strong> inkonsequenten Reaktion<br />

Ihrer Fraktion auf den Bürger- und Oppositionsprotest zu den<br />

ursprünglich geplanten Kita-Kürzungen - Sie haben Ihrem Namen ja<br />

wirklich alle Ehre gemacht, auch wenn Sie den Namen Nicolaus<br />

latinisiert mit "c" schreiben. Aber umso mehr ist das jetzt<br />

symbolträchtig, ich habe ja vom "C" gesprochen. Nikolaus, <strong>der</strong> um<br />

350 geborene Bischof von Myra, war ja bekannt wegen seiner<br />

Freigebigkeit, insbeson<strong>der</strong>e auch wegen seiner heimlich vollzogenen<br />

Ausstattung dreier Jungfrauen, die dadurch heiratsfähig wurden. <strong>Der</strong><br />

Ruf nach gut ausgestatteten Kitas war dann sicher die Folge - wenn<br />

auch nicht überliefert.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Sie, Frau Nicolaus, blieben dem Ruf verpflichtet. Respekt und<br />

herzlichen Glückwunsch, Frau Nicolaus. Sie sind legendenfähig,<br />

vielleicht sogar koalitionsfähig.<br />

(Lachen bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Mit <strong>der</strong> Einbringungsrede für den Haushaltsentwurf <strong>der</strong><br />

Staatsregierung Anfang September wollte uns <strong>der</strong> Finanzminister<br />

glauben machen, <strong>der</strong> Haushaltsentwurf mit all seinen Grausamkeiten<br />

sei sozusagen naturgesetzlich begründet und <strong>der</strong> Ausgleich <strong>der</strong><br />

Einnahmen und Ausgaben des Haushaltes sei ohne die drastischen<br />

Eingriffe in Leistungsgesetze mit Hilfe des<br />

Haushaltsbegleitgesetzes nicht möglich. Mitte Dezember stellte es<br />

sich nun heraus, dass es zu <strong>der</strong> als alternativlos dargestellten


Haushaltssituation aber zumindest aus dreierlei Sichtweisen<br />

durchaus realisierbare Alternativen gibt:<br />

Erstens und zuallererst zeigten die Betroffenen, dass Alternativen<br />

möglich und nötig sind. Die sächsische Bevölkerung war von Anfang<br />

an nicht bereit, die Kürzungen, Einschränkungen und neuen<br />

Belastungen für die Betroffenen im Kita-Bereich hinzunehmen. Viele<br />

Protestaktionen, massenhaft Unterschriften und Petitionen haben dem<br />

wirkungsvollen Nachdruck verliehen. Als souveräne Bürgerinnen und<br />

Bürger des Freistaates Sachsen nahmen die Menschen also sehr aktiv<br />

an <strong>der</strong> Haushaltsberatung teil. Damit hat <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong><br />

öffentlichen Haushaltsberatung in Sachsen einen neuen Inhalt<br />

bekommen und sich in gänzlich neuer Wirkung in praktische Politik<br />

verwandelt. Dafür gebührt den Sächsinnen und Sachsen unser Dank.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Zweitens richtete sich <strong>der</strong> Blick wenigstens eines Teiles <strong>der</strong> CDU-<br />

Fraktion mehr und mehr auf Alternativen zum Regierungsentwurf. Die<br />

CDU-Fraktion musste sich in einem inneren<br />

Auseinan<strong>der</strong>setzungsprozess entscheiden, ob sie hilflos und<br />

kritiklos wie all die Jahre den Haushaltsansatz <strong>der</strong> Staatsregierung<br />

akzeptiert o<strong>der</strong> sich in einem Emanzipationsprozess von <strong>der</strong><br />

Bevormundung durch die Regierung löst und endlich auch für sich<br />

selbst die Haushaltsdebatte im <strong>Landtag</strong> als Gestaltungsprozess mit<br />

Alternativangeboten begreift. Das Letztere wurde tatsächlich auf<br />

den Weg gebracht. Mancher mag es für ein Wun<strong>der</strong> halten. Es war ganz<br />

simpel das Ergebnis des Drucks aus <strong>der</strong> Bevölkerung. Es ist die<br />

Folge sozialistischer und sozialdemokratischer Hilfe für die CDU<br />

hier im Parlament.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Wir helfen gern, auch wenn es mühseliger ist denn Selbermachen.<br />

Aber zehn Seiten Än<strong>der</strong>ungsvorschläge <strong>der</strong> CDU-Fraktion zum<br />

Haushaltsbegleitgesetz sprechen Bände. Sie enthalten immerhin die<br />

komplette Streichung des Artikels 12, bedeuten also die Zurücknahme<br />

<strong>der</strong> Minimierung <strong>der</strong> Krankenhauspauschale. Im Artikel 9 werden<br />

wenigstens die schlimmsten Gemeinheiten bei den Kin<strong>der</strong>tagesstätten<br />

zurückgenommen und dies ebenso in Artikel 10 beim<br />

Landeserziehungsgeld und im Artikel 13 bei den Landesmusikschulen.<br />

(Jurk, SPD: Das war doch schon vorher geplant, Mensch!)<br />

Wir nehmen diese Än<strong>der</strong>ungen zur Kenntnis. Allerdings än<strong>der</strong>t dies<br />

nichts an unserer Grundposition: Dieses Haushaltsbegleitgesetz muss<br />

vom Tisch. - Herr Jurk, verdächtigen Sie mich doch nicht <strong>der</strong><br />

Wankelmütigkeit!<br />

(Beifall bei PDS und SPD)<br />

Es ist zum Ausgleich des Haushalts ein untaugliches Instrument. Die<br />

Probleme, die mit seinem ursprünglichen Entwurf geschaffen wurden,<br />

löst es überhaupt nicht zufrieden stellend. Belastungen werden<br />

unzulässigerweise wie<strong>der</strong> einmal auf die Kommunen abgewälzt.<br />

Allerdings - und das will ich hier schon anmerken - brachten die<br />

Än<strong>der</strong>ungen auf wun<strong>der</strong>same Weise Mittel zum Vorschein, die die PDS<br />

ohnehin schon immer in <strong>der</strong> Geheimschatulle des Finanzminister<br />

vermutet hatte und die nun zur Deckung von Mehrausgaben plötzlich<br />

zur Verfügung standen.


Frau Nicolaus, Ihr Namenspatron war für viele Wun<strong>der</strong> bekannt, Sie<br />

haben immerhin eins vollbracht. Da wurden nämlich vom<br />

Finanzminister zum einen 340 Millionen DM Mehreinnahmen aus dem<br />

Ergebnis <strong>der</strong> Steuerschätzung für das Jahr 2000 entdeckt. Darüber<br />

hinaus wurde festgestellt, dass 100 Millionen DM in<br />

Personalverstärkungsmitteln gebunkertes Geld nicht ausgegeben zu<br />

werden brauchen, so dass ingesamt 440 Millionen DM noch im<br />

laufenden Haushaltsjahr für die Abzinsung <strong>der</strong> Programme im<br />

Mietwohnungsbau bereitgestellt werden können. Dies entlastet den<br />

Haushalt in den Jahren 2001 und 2002 um jeweils etwa 104 Millionen<br />

DM. Weitere Mittel in Höhe von 46 Millionen DM für das Jahr 2001<br />

und 56 Millionen DM für das Jahr 2002 resultieren aus abgesenkten<br />

Zinsausgaben wegen nicht ausgeschöpfter Nettokreditaufnahme.<br />

Nicht, dass uns das alles störte. Im Gegenteil, wir sind für das<br />

Aufdecken und auch für das sinnvolle Ausgeben von<br />

Haushaltsreserven. Fakt ist aber auch, dass <strong>der</strong> Finanzminister<br />

diese Quellen schon im August kannte. Die Frage steht also: Wohin<br />

wäre das Geld geflossen, wenn kein Druck gegen das<br />

Haushaltsbegleitgesetz entstanden wäre? <strong>Der</strong> Verdacht, dass das<br />

Parlament und die Bevölkerung für dumm verkauft werden sollten, ist<br />

wohl nicht auszuräumen.<br />

Herr Finanzminister, lei<strong>der</strong> ist er nicht da, aber ich habe es ihm<br />

schon im September gesagt: Vox populi vox Dei - die Stimme des<br />

Volkes ist Gottes Stimme. Zu dieser Stimme gehört Gottes Auge und<br />

das ist überall. Deshalb sagt diese Stimme: Sie sind ertappt!<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Ertappt sind Sie ebenfalls, Herr Finanzminister, mit einer weiteren<br />

Deckungsquelle für Mehrausgaben durch Än<strong>der</strong>ung des<br />

Haushaltsbegleitgesetzes. Sie wollen jetzt schon verjubeln, was Sie<br />

noch gar nicht haben, aber worauf Sie schon gierig warten, Erträge<br />

in Höhe von 20 Millionen DM aus <strong>der</strong> Beteiligung des Freistaates am<br />

Sachsen-Finanzverband. Die Sache ist noch nicht in Sack und Tüten -<br />

ich sage nur: Volksbegehren - und Sie verteilen schon die Beute.<br />

Drittens. Die PDS-Fraktion war von Anfang an <strong>der</strong> Meinung,<br />

Alternativen zum Haushaltsentwurf und seiner Philosophie seien<br />

möglich und man müsste dennoch keinen Pfennig dazubezahlen. Wir<br />

haben bewiesen, dass das stimmt, dass das geht. Wir haben bewiesen,<br />

dass es nicht in erster Linie darum geht, wie viel Geld man<br />

ausgibt, son<strong>der</strong>n wofür man Geld ausgibt.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Wir haben mit einem in deutscher Parlamentsgeschichte wohl erstmals<br />

erstellten alternativen Haushaltsentwurf bewiesen, dass unsere<br />

politischen Vorstellungen,<br />

(Jurk, SPD: So neu ist er nun wirklich nicht!)<br />

- unserer war es sicher das erste Mal - unsere Anträge, unsere<br />

Gesetzesinitiativen bezahlbar sind und darüber hinaus<br />

Einsparungspotenziale enthalten.<br />

Wir lassen es nicht bei unverbindlichen Ankündigungen, Herr de<br />

Maizière. Wir sagen, wie man zum Beispiel mehr und bessere Bildung<br />

in Sachsen bezahlen kann. Die Mittel für<br />

Klassenlehrerkontaktstunden, für die stufenweise Absenkung <strong>der</strong>


Lehrerpflichtstundenzahl, für die Vermeidung von Stundenausfall,<br />

für die Absicherung des Ergänzungsbereiches, für den Erhalt kleiner<br />

Schulen im ländlichen Raum, für Schulen in freier Trägerschaft,<br />

Volkshochschulen, Universitätsbibliotheken, Umwelterziehung und<br />

an<strong>der</strong>es mehr sind vorhanden und sie wären mit unserem Etatentwurf<br />

bereitgestellt.<br />

Für Bildung, Forschung, Wissenschaft und Kultur könnte das Land<br />

nach unserem Entwurf in den beiden kommenden Jahren 269,5 bzw.<br />

338,1 Millionen DM mehr ausgeben. Für Soziales wäre eine Steigerung<br />

um 145,4 bzw. 397,5 Millionen DM möglich. Wir haben genügend Mittel<br />

für die Finanzierung <strong>der</strong> bisherigen Standards bei den Kitas<br />

nachgewiesen und könnten noch weitere 75 Millionen DM<br />

Investitionsmittel für Kin<strong>der</strong>tagesstätten bereitstellen.<br />

Wir suchen nicht in den Sternen, son<strong>der</strong>n wir werden hier auf Erden<br />

fündig. Dass "BamS" und "Morgenpost" dies beim Horoskop vermelden,<br />

dafür kann ich nichts.<br />

Soziale Sicherheit und Produktion neuen Wissens sind die<br />

entscheidenden Säulen <strong>der</strong> Zukunft unseres Landes und bei uns in<br />

guten pflegerischen Händen.<br />

Herr Metz von <strong>der</strong> CDU-Fraktion aber sagt, dies sei alter Wein in<br />

neuen Schläuchen: Die PDS würde genau dort sparen, wo es <strong>der</strong><br />

Zukunft des Landes schadet, bei den Investitionen. - Herr Kollege<br />

Metz ist jetzt auch nicht da.<br />

(Zuruf des Abg. Dr. Hähle, CDU)<br />

- Sagen Sie es ihm weiter, Herr Hähle.<br />

Ich habe es ihm schon bei <strong>der</strong> 1. Lesung gesagt: Trennen Sie sich<br />

endlich von dieser längst überholten Vorstellung von dem, was<br />

einzig als investive Ausgabe gelten darf, nämlich die Investitionen<br />

in Maschinen, Glas, Beton und Asphalt. Ihre CDU-Kolleginnen und -<br />

Kollegen in Hessen schreiben doch in <strong>der</strong> von mir eingangs erwähnten<br />

Anzeige - ich zitiere noch einmal: "Wir investieren" - wohlgemerkt:<br />

wir investieren - "weiter in die Zukunftschancen unserer<br />

Schülerinnen und Schüler. Dafür suchen wir über 1 000 qualifizierte<br />

Lehrerinnen und Lehrer."<br />

Natürlich hat Dieter Soika von <strong>der</strong> "Freien Presse" Recht, wenn er<br />

am 7.12.2000 schreibt - Zitat: "Geld für Bildung und Erziehung, und<br />

zwar vom Kin<strong>der</strong>garten bis zur Universität, ist global<br />

anerkanntermaßen die strategisch entscheidende Zukunftsinvestition.<br />

Selbst in Entwicklungs- und Schwellenlän<strong>der</strong>n greift diese Einsicht<br />

um sich. Aber solange die Politik bei uns diese Ausgaben ungestraft<br />

als Konsum abqualifizieren und wie eine beliebige Manövriermasse<br />

behandeln, zusammenstreichen o<strong>der</strong> umschichten kann, wird es keine<br />

Besserung geben."<br />

Hier ist Herr Metz gemeint sowie die Staatsregierung und ihre<br />

Fraktion. Sie haben die alten Schläuche. <strong>Der</strong> Wein ist längst<br />

ausgelaufen und versickert. Wer wollte ihn auch noch trinken?<br />

Man könnte in Abwandlung eines bekannten Spruches sagen: Bei den<br />

Straßen sind Sie fix, für die Bildung haben Sie nix.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Herr Metz, die CDU und die Staatsregierung verfolgen doch seit<br />

nunmehr zehn Jahren eine Politik <strong>der</strong> Investitionen in Maschinen,


Glas, Beton und Schwarzdecken. Sie versuchen seit zehn Jahren, mit<br />

horrenden För<strong>der</strong>mittelzuteilungen und manchmal mit <strong>der</strong> Gewährung<br />

unerlaubter Vorteile Investoren nach Sachsen zu locken. Was haben<br />

Sie gekonnt? Manches glänzt. Manches leuchtet. Manches schätze ich,<br />

das will ich gar nicht leugnen.<br />

(Dr. Münch, CDU: Ja, darum kommen Sie nicht herum!)<br />

Aber allzu viel ist es alles in allem nicht.<br />

(Dr. Münch, CDU: Es ist ein guter Anfang.)<br />

- Das habe ich schon immer gesagt; Herr Dr. Münch, das wissen Sie<br />

doch.<br />

So manches ist und bleibt ein Zuschussgeschäft, obwohl es uns<br />

anfangs an<strong>der</strong>s dargestellt wurde. Aber jetzt sagen Sie in Ihrer<br />

Kritik an unserem Haushaltsvorschlag, dass das Ausgeben von Geld<br />

für Bildung keine Investition sei und die Zukunft unseres Landes<br />

beeinträchtigen würde. Im Übrigen tun Sie so, als wollte die PDS<br />

jegliche traditionelle Investitionstätigkeit aufgeben. Sie wissen<br />

genau, dass das nicht stimmt.<br />

Aber gespart werden sollte und könnte unter an<strong>der</strong>em durch Verzicht<br />

auf Kapitalzuführungen an die Landesbank und den Flughafen<br />

Halle/Leipzig.<br />

(Jurk, SPD: Um Gottes willen! Das ist doch grausam.)<br />

Ersteres wegen des von uns abgelehnten Sparkassenverbundes,<br />

Letzteres wegen <strong>der</strong> Überflüssigkeit dieser Maßnahme.<br />

Außerdem wollen wir leicht beim Straßenbau kürzen. So mancher<br />

Feldweg wird heute schon asphaltiert.<br />

(Frau Petzold, CDU: So ein Mist!)<br />

- Ich kann Ihnen die Feldwege zeigen, wenn Sie wollen. Da können<br />

wir mal einen Weihnachtsspaziergang machen.<br />

(Jurk, SPD: Sie halten es heute mit den CDU-Frauen!)<br />

Beim staatlichen Hochbau halten wir nicht untersetzte so genannte<br />

Verstärkungsmittel für überflüssig.<br />

Sie sehen, die Sache hält sich in Grenzen. Sie kann sich auch in<br />

Grenzen halten, denn auch wir haben natürlich einen Teil <strong>der</strong><br />

Reserven des Finanzministers - von einigen habe ich schon<br />

gesprochen - längst entdeckt und in unsere Einnahmen- und<br />

Ausgabenvorstellungen eingebaut.<br />

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zu allen kritischen<br />

Bemerkungen, die dieser Haushaltsentwurf im Verbund mit dem Entwurf<br />

für das Haushaltsbegleitgesetz verdient, muss ausdrücklich<br />

hinzugefügt werden, dass es ein Haushalt beträchtlicher<br />

Unsicherheiten ist. Die Unsicherheiten schaffen zuallererst<br />

Haushaltsrisiken für die Kommunen.<br />

"Die Einnahmen <strong>der</strong> Kommunen" - ich zitiere jetzt aus einem<br />

Kreishaushaltsentwurf - "sind in fast allen Bereichen infolge<br />

bundes- und landesrechtlicher Regelungen rückläufig. Unbeschadet<br />

dieser Tatsache müssen die Kommunen aber eine Vielzahl von<br />

Aufgabenerweiterungen übernehmen. Planungsunsicherheit besteht<br />

insbeson<strong>der</strong>e und zumindest hinsichtlich <strong>der</strong> Auswirkungen des<br />

Haushaltsbegleitgesetzes durch die Absenkung <strong>der</strong> Pauschale für die<br />

Betreuung und Integration <strong>der</strong> Aussiedlerinnen und Aussiedler, durch<br />

die Einführung einer Pauschale für die Asylbewerberinnen und -


ewerber, durch die Übernahme <strong>der</strong> Schulnetzplanung, durch die<br />

Än<strong>der</strong>ung des Kita-Gesetzes und durch die Belastungen aus<br />

Investitionen für die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>tagesstätten.<br />

Haushaltsrisiken entstehen für die Kommunen außerdem aus <strong>der</strong><br />

Entwicklung <strong>der</strong> Sozialhilfeausgaben infolge des Rückgangs <strong>der</strong><br />

Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds." - So weit aus einem<br />

Kreishaushaltsplanentwurf.<br />

(Zuruf <strong>der</strong> Abg. Frau Henke, CDU)<br />

- Damit kenne ich schon zwei, in denen so etwas steht, wenn Sie<br />

sagen, es sei Ihrer. Es ist nicht Ihrer.<br />

Herr de Maizière, halten Sie uns wirklich für so naiv, dass Sie<br />

meinen, uns Ihre Abwälzung <strong>der</strong> Lasten auf die Kommunen als<br />

revolutionäre Tat demokratischer Dezentralisierung verkaufen zu<br />

können? Sie wollen doch jetzt, fünf Minuten vor zwölf, nur mehr die<br />

Kommunen die Folgen Ihrer schlechten Politik ausbaden lassen.<br />

Was wird denn das zum Beispiel für ein neues Schulsystem? Soll<br />

jetzt jede Kommune je nach Kassenstand entscheiden müssen, ob sie<br />

ihre Kin<strong>der</strong> noch in die Schule schickt o<strong>der</strong> nicht? Und sollen die<br />

Bürgermeister o<strong>der</strong> Landräte entscheiden, ob Darwins<br />

Abstammungslehre gelehrt wird o<strong>der</strong> an Adams Rippe gekaut? Global<br />

denken, lokal verdummen - das können Sie uns doch nicht im Ernst<br />

als mo<strong>der</strong>ne Schulpolitik verkaufen wollen!<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS - Frau Henke, CDU: So ein Quatsch!)<br />

Völlige Unsicherheit und Unübersichtlichkeit über das, was in den<br />

beiden Haushaltsjahren eigentlich werden soll, herrschte bis<br />

gestern Abend vielleicht, herrscht aber im Grunde noch immer, weil<br />

<strong>der</strong> Haushalt in seiner Struktur nicht geän<strong>der</strong>t wird, auf dem Gebiet<br />

<strong>der</strong> För<strong>der</strong>politik. Darüber kann das ausgereichte sächsische<br />

För<strong>der</strong>profil nicht hinwegtäuschen.<br />

Zurzeit liegt <strong>der</strong> Entwurf des operationellen Programms zur<br />

Strukturför<strong>der</strong>ung des Freistaates Sachsen in <strong>der</strong> überarbeiteten<br />

dritten Fassung vor. <strong>Der</strong> Staatsregierung war es bis vor 24 Stunden<br />

nicht gelungen, eine Bestätigung dieses zentralen Programms durch<br />

die EU in Brüssel zu bekommen. Jetzt liegt diese Bestätigung zwar<br />

vor, dennoch hatte und hat das erhebliche Konsequenzen für die<br />

innere Struktur des Haushaltes.<br />

Alle im Haushalt eingeplanten Mittel für die Jahre 2001 und 2002<br />

aus dem Europäischen Sozialfonds, dem Europäischen Fonds für<br />

Regionalentwicklung sowie <strong>der</strong> Gemeinschaftsinitiative "Interreg<br />

III" zur För<strong>der</strong>ung in den Grenzregionen sind jeweils über den<br />

gesamten Haushalt als gegenseitig deckungsfähig erklärt worden. Das<br />

heißt, mehrere Milliarden DM Haushaltsvolumen haben keine<br />

definitive Zweckzuweisung und Zweckbindung im Haushalt erfahren.<br />

Sie sind durch die gegenseitige Deckungsfähigkeit sozusagen<br />

Globalansätze über alle Einzelpläne hinweg und können je<strong>der</strong>zeit<br />

operativ umgeschichtet werden.<br />

Herr de Maizière, das ist offensichtlich Ihre höchst merkwürdige,<br />

de facto aus <strong>der</strong> Hilflosigkeit geborene Art, ressortübergreifende<br />

Politik zu machen. Bei einer solchen Grundlage wurde die<br />

Haushaltsdebatte in den Ausschüssen partiell zur Farce.<br />

Än<strong>der</strong>ungsanträgen <strong>der</strong> Opposition, <strong>der</strong>en Ziel es war, Mittelansätze


insbeson<strong>der</strong>e durch Umschichtung zu verän<strong>der</strong>n, war so die Grundlage<br />

entzogen, da sich die Finanzmassen in den För<strong>der</strong>ansätzen <strong>der</strong><br />

Einzelpläne als glitschig und nicht fassbar erwiesen. Kaum dachte<br />

man den Fisch in <strong>der</strong> Hand zu haben, verschwand er wie<strong>der</strong> im<br />

Kanalsystem zwischen den För<strong>der</strong>titeln <strong>der</strong> einzelnen Pläne.<br />

Nun gut, man mag mit Goethe sagen: "Walle, walle manche Strecke,<br />

dass zum Zwecke Wasser fließe und mit reichem, vollem Schwalle zu<br />

dem Bade sich ergieße"; wie es ausging, weiß man aber: Die Geister,<br />

die er rief, <strong>der</strong> Zauberlehrling, die wurde er nicht los bzw. er<br />

wurde sie dann erst los, als <strong>der</strong> Meister wie<strong>der</strong>kam.<br />

Was den Haushalt und die För<strong>der</strong>mittel betrifft, kann und wird die<br />

PDS helfen, die Geister loszuwerden.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Wir werden in <strong>der</strong> gegebenen Situation mit Gewissheit die<br />

Haushaltsdebatte über den För<strong>der</strong>mitteleinsatz auf die Kontrolle <strong>der</strong><br />

Haushaltsbewirtschaftung ausdehnen. Dadurch gewinnt die<br />

Auseinan<strong>der</strong>setzung um eine landeseinheitliche För<strong>der</strong>mitteldatenbank<br />

und die damit verbundene Berichterstattung über den<br />

För<strong>der</strong>mittelabfluss für uns zentrale Bedeutung. Denn ob das<br />

vorliegende sächsische För<strong>der</strong>profil mit den 15 För<strong>der</strong>schwerpunkten<br />

und den darin enthaltenen Mittelansätzen überhaupt so umgesetzt<br />

wird wie vorgesehen, wird sich erst im Nachgang erweisen.<br />

Im Rahmen <strong>der</strong> Haushaltsklausur hat <strong>der</strong> Chef <strong>der</strong> Staatskanzlei und<br />

möglicherweise seit heute designierte Nachfolger des<br />

Ministerpräsidenten, Staatsminister de Maizière, auf For<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

PDS-Fraktion zugesagt, dass ab 2001 quartalsweise ein<br />

För<strong>der</strong>mittelbericht erstellt wird. Dieser soll auf dem sächsischen<br />

För<strong>der</strong>profil beruhen und zu jedem För<strong>der</strong>programm Informationen über<br />

den Mitteleinsatz und die regionale Mittelverwendung bieten. Ab <strong>der</strong><br />

zweiten Jahreshälfte wäre sogar eine monatliche Unterrichtung<br />

denkbar. Die Staatsregierung würde in den <strong>Sitzung</strong>en des Haushalts-<br />

und Finanzausschusses zu den Berichten Stellung nehmen.<br />

Meine Fraktion begrüßt dies ausdrücklich. Wie<strong>der</strong> einmal hat<br />

Verän<strong>der</strong>ung mit Opposition begonnen. Wenn Sie heute sagen konnten,<br />

Herr de Maizière, Sachsen sei das erste Bundesland, das ein so<br />

ehrgeiziges Projekt wie die För<strong>der</strong>mitteldatenbank realisiere, so<br />

haben Sie dies uns zu verdanken<br />

(Staatsminister de Maizière: Ach!)<br />

und nicht zuletzt auch den unentwegt gestellten einschlägigen<br />

Kleinen Anfragen <strong>der</strong> Abgeordneten Mattern, Hilker und an<strong>der</strong>er. Dass<br />

Sie in den Kleinen Anfragen nicht erstickt, son<strong>der</strong>n stattdessen<br />

endlich zu Potte gekommen sind, haben Sie mir und meiner<br />

entgegenkommenden Nächstenliebe zu verdanken.<br />

(Heiterkeit und Beifall bei <strong>der</strong> PDS - Lachen bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Sie sollten mich einfach öfter einladen, Herr de Maizière, Sie<br />

können aber auch zu uns kommen. Jedenfalls wird die PDS-Fraktion<br />

Ihr Angebot sehr aktiv nutzen, um das Recht des Parlaments auf<br />

Kontrolle des Haushaltsvollzugs stärker durchzusetzen. Sie sehen,<br />

nicht nur mit Opposition, son<strong>der</strong>n auch mit Gespräch beginnt<br />

Verän<strong>der</strong>ung.


Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe zur 1. Lesung<br />

des Doppelhaushalts Zielgrößen für die Entwicklung des Freistaates<br />

in den nächsten zehn Jahren genannt. Sachsen muss zuallererst ein<br />

Land <strong>der</strong> Arbeit sein. Es muss ein Land <strong>der</strong> Bildung, <strong>der</strong> Ausbildung,<br />

des Studiums und <strong>der</strong> Wissenschaften sein. Sachsen muss ein Land <strong>der</strong><br />

Kultur bleiben. Wir wollen ein Sachsen zukunftsfähiger und sozial<br />

gerechter Mobilität. Sachsen soll ein Land <strong>der</strong> Demokratie, <strong>der</strong><br />

Bürgerinformation und <strong>der</strong> Bürgerbeteiligung sein. Sachsen muss ein<br />

Land des offensiven Antifaschismus und <strong>der</strong> Zurückdrängung von<br />

Rechtsextremismus und Auslän<strong>der</strong>feindlichkeit sein, ein weltoffenes,<br />

multikulturelles Sachsen mit eigener, unverwechselbarer Identität,<br />

in dem sich die Bewohnerinnen und Bewohner zu Hause und unsere<br />

Gäste wohl fühlen. Und nicht zuletzt muss und kann Sachsen ein Land<br />

hoher Sozialstandards sein.<br />

Die Beschlussvorlage zum Haushalt 2001 und 2002 bringt uns diesen<br />

Zielen kaum näher, ja entfernt uns in vielen Teilen davon. <strong>Der</strong> Weg<br />

zum Land <strong>der</strong> Arbeit wird nicht gegangen. Die öffentliche Hand gibt<br />

selbst das schlechteste Beispiel mit kontraproduktivem,<br />

irrationalen Sparzwängen unterworfenem Personalabbau statt einer<br />

zweckorientierten Verwaltungsreform. Die Regionalför<strong>der</strong>ung bleibt<br />

ein Torso. Statt Arbeitsför<strong>der</strong>ung für Langzeitarbeitslose bietet<br />

man uns die Billiglohn- und Ausbeutungsvariante von Tauris.<br />

Zuvör<strong>der</strong>st aber abgesperrt ist <strong>der</strong> Weg zum Land <strong>der</strong> Arbeit durch<br />

die Kürzungen in den Zukunftsbereichen Bildung, Studium und<br />

Wissenschaften. Kurzzeitige Marktkonformität von<br />

Hochschulabsolventen erschwert lebenslange Mobilität durch<br />

Selbstbildung, weil akademische Bildung immer mehr zu komprimierten<br />

Ausbildungskursen wird, anstatt zur wissenschaftlichen Tätigkeit zu<br />

befähigen. So wird an <strong>der</strong> Zukunft des Wissenschafts- und<br />

Bildungslandes gespart; das ewige Leben Sachsens als verlängerte<br />

Werkbank ist so vorprogrammiert.<br />

Und, Herr de Maizière, natürlich haben unsere Hochschulen eine<br />

wichtige Weiterbildungsaufgabe. <strong>Der</strong>en Bedeutung wird steigen. Ich<br />

bin unzufrieden damit, wie die Hochschulen diese Aufgabe <strong>der</strong>zeit<br />

erledigen. So wie Sie aber Hochschulen organisieren und ausstatten<br />

wollen, wird das dazu führen, dass die Hochschulen genau diese<br />

Aufgaben bald überhaupt nicht mehr erfüllen können. Wo sollen denn<br />

die Leute herkommen, die die Weiterbildung wissenschaftlich<br />

vorbereiten und durchführen? Aus den Schnellsiedekursen <strong>der</strong><br />

Massenuniversität, aus <strong>der</strong> exklusiven Monotonie von Numerusclausus-Fächern?<br />

Nein, sie können nur aus <strong>der</strong> Entfaltung je<strong>der</strong><br />

Begabung, aus <strong>der</strong> Pluralität wissenschaftlichen Meinungsstreits und<br />

aus einem Milieu des kritischen Hineinwachsens in Wissenschaft im<br />

akademischen Unterricht selbst kommen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Herr de Maizière, haben Sie vorhin wirklich gewusst, wovon Sie<br />

gesprochen haben?<br />

Sachsen war weltberühmt für seinen kulturellen Glanz. Einiges vom<br />

einstigen Glanz ist nach den Wechselfällen <strong>der</strong> Geschichte noch<br />

übrig geblieben. Darin, die Reste des Glanzes zu verwalten und sie<br />

teilweise auch mit zugestandenermaßen erheblichem finanziellem


Aufwand wie<strong>der</strong> aufzupolieren, erschöpft sich weitgehend die<br />

Kulturpolitik <strong>der</strong> Staatsregierung. Finanziert wird nur noch das,<br />

was die Staatsregierung für unbedingt notwendig erachtet; es<br />

herrscht Einfalt statt Vielfalt.<br />

Eine scheinbare Marginalie wirft ein bezeichnendes Licht auf den<br />

Umgang mit Repräsentanten <strong>der</strong> Kultur hierzulande. Die<br />

Staatsregierung war nicht einmal bereit, dem Kultursenat läppische<br />

10 000 DM zur Verfügung zu stellen, damit dieser weiter arbeiten<br />

kann. Mit <strong>der</strong> Bemerkung, dies sei nicht seine größte Sorge, hat <strong>der</strong><br />

zuständige Minister im Fachausschuss den Antrag <strong>der</strong> PDS<br />

zurückgewiesen, den Etat des Kultursenats nicht zu kürzen.<br />

Gerade <strong>der</strong> Abbau bei Bildung, Wissenschaft und Kultur versperrt uns<br />

auch den Weg weg von Rechtsextremismus und dumpfer<br />

Fremdenfeindlichkeit hin zu Weltoffenheit und Multikulturalität.<br />

Die Lastenverschiebung bei <strong>der</strong> Finanzierung von Leistungen für<br />

Asylbewerberinnen und Asylbewerber vom Land auf die Kommunen ist<br />

wenig geeignet, einen unaufgeregten Umgang mit dem Recht auf Asyl<br />

zu beför<strong>der</strong>n.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Unser Vorschlag zur Auflage eines eigenen Landesprogramms für<br />

antirassistische und interkulturelle Jugendarbeit und Jugendbildung<br />

in Höhe von zwei Millionen DM für 2001 und vier Millionen DM für<br />

2002, durch das auch die Kofinanzierung des vom Bund aufgelegten<br />

Xenos-Programms hätte erfolgen können, wurde abgelehnt. Die CDU hat<br />

dagegen mit ihrer Beschränkung auf 350 000 DM für ein Modellprojekt<br />

"Demokratie- und Toleranzerziehung" bei <strong>der</strong> Deutschen Kin<strong>der</strong>- und<br />

Jugendstiftung deutlich gemacht, dass sie sich dem Problem<br />

rechtsextremer Hegemonien nur inkonsequent, weil zeitlich, räumlich<br />

und finanziell eng begrenzt, stellt. Alle für die Zurückdrängung<br />

von Rechtsextremismus und Auslän<strong>der</strong>feindlichkeit gerade unter<br />

Jugendlichen von uns vorgeschlagenen Maßnahmen wurden<br />

zurückgewiesen.<br />

(Frau Henke, CDU: Demos organisieren, das tun Sie!)<br />

- Nein, "Demos organisieren" war kein Haushaltstitel. Wären Sie<br />

mitgegangen, dann hätten wir etwas daraus gemacht.<br />

Wir brauchen aber auch unter dem Gesichtspunkt <strong>der</strong> langfristigen<br />

Prävention die Stärkung <strong>der</strong> außerschulischen und jugendpolitischen<br />

Bildung. Wir brauchen dringend eine Aufstockung des<br />

Fachkräfteför<strong>der</strong>programms. Wir brauchen eine Aufstockung <strong>der</strong><br />

Sammeltitel für Jugendarbeit bzw. Jugendsozialarbeit. Wir brauchen<br />

auch ein Landesför<strong>der</strong>programm für interkulturelle und<br />

antirassistische Jugendarbeit und Jugendbildung. Hätten Sie dem<br />

allen zugestimmt, dann würden Sie viel weniger Demos im Land<br />

erleben, als Sie in Zukunft noch haben werden.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS - Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Wir brauchen dies alles auch, um Sachsen zum Land hoher<br />

Sozialstandards zu machen - ebenfalls ein wichtiges Bollwerk gegen<br />

Rechtsradikalismus und Auslän<strong>der</strong>feindlichkeit. Stattdessen werden<br />

die im Haushalt des Sozialministeriums eingestellten Mittel für das<br />

nächste Jahr im Bereich <strong>der</strong> Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit um


zehn Millionen DM und im Jahr 2002 noch einmal um drei Millionen DM<br />

gekürzt.<br />

Insgesamt ist <strong>der</strong> vorliegende Entwurf ein Haushalt gebrochener<br />

Versprechen, des Zurückweichens vor aufgestauten Problemen und <strong>der</strong><br />

ungleichen Lastenverteilung zwischen Land und Kommunen,<br />

insbeson<strong>der</strong>e im Sozialbereich.<br />

Noch unsozialer als bisher wird es wohl zukünftig auch um die<br />

allgemeine Mobilität bestellt sein. Die katastrophale Lage des<br />

ÖPNV, insbeson<strong>der</strong>e auf <strong>der</strong> Schiene, wird sich, setzt sich die<br />

Deutsche Bahn AG mit ihren Privatisierungsplänen für Nebenstrecken<br />

durch, noch verstärken. Ich bin gespannt, was unseren<br />

autoversessenen CDU-Verkehrspolitikern dazu im nächsten Stau<br />

einfällt.<br />

Arbeit, soziale Sicherheit, Bildung, sozial gerechte Mobilität und<br />

Information sind Voraussetzungen für Bürgerbeteiligung und -<br />

mitbestimmung. So wenig, wie die Staatsregierung das erste för<strong>der</strong>t,<br />

so wenig wünscht sie sich das zweite o<strong>der</strong> beför<strong>der</strong>t es gar.<br />

Speziell im Kontext dieses Haushaltes wäre darauf hinzuweisen, dass<br />

die Staatsregierung und auch die sie tragende Staatspartei noch<br />

immer denken, Verwaltungs- und Funktionalreform und damit<br />

verbundener Personalabbau könnten am Parlament und an den<br />

Betroffenen vorbei allein über exekutives Handeln und<br />

Geheimgutachten bewerkstelligt werden.<br />

Herr de Maizière, wenn Sie bei <strong>der</strong> Verwaltungsreform vom Menschen<br />

ausgehen wollen, dann fangen Sie beim Menschen an zu diskutieren<br />

und legen Sie ihnen nicht irgendetwas Fertiges vor. Das wäre gut,<br />

denn eine solche Reform ist in höchstem Maße demokratie- und<br />

haushaltsrelevant. Deshalb müsste sie auch mit den Menschen, die<br />

betroffen sind, und vor allem hier im Parlament diskutiert werden.<br />

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Uns liegt ein<br />

Beschlussentwurf zum Doppelhaushalt 2001/2002 vor, <strong>der</strong> mit <strong>der</strong><br />

freien Manövriermasse an Geld so umgeht, dass man ihn nur rundweg<br />

ablehnen kann. Er lässt sich nur durch eine vollständige<br />

Alternative ersetzen. Diese Alternative haben wir <strong>der</strong><br />

Öffentlichkeit vorgelegt. Reparieren lässt sich an <strong>der</strong><br />

Beschlussvorlage nichts. Wir werden deshalb auch in <strong>der</strong> weiteren<br />

Debatte keine Än<strong>der</strong>ungsanträge mehr einbringen,<br />

(Beifall des Abg. Lämmel, CDU)<br />

sehr wohl aber bei jedem Teilplan die gravierenden Mängel sowie die<br />

möglichen Alternativen im Rahmen unseres Haushaltsansatzes<br />

aufzeigen.<br />

Die Staatsregierung und die CDU sind mit ihrer Politik endgültig in<br />

<strong>der</strong> Sackgasse gelandet. Da sie den Ausweg nicht sehen, wollen sie<br />

mit dem Kopf durch die Wand. Das Verschulden an dem Dilemma, in das<br />

sie geraten sind, wollen sie aber frech und billig an<strong>der</strong>en<br />

zuschieben.<br />

(Lachen des Abg. Dr. Münch, CDU)<br />

Herr Ministerpräsident, wenn Sie in Amerika erzählen, Sebnitz sei<br />

daran Schuld, dass wir wie<strong>der</strong> von vorn anfangen müssten - so habe<br />

ich es jedenfalls in <strong>der</strong> Zeitung gelesen -, dann ist das doch<br />

unglaublich abwegig; es ist schädlich.


(Ministerpräsident Prof. Dr. Biedenkopf: Wo soll das gewesen<br />

sein!)<br />

- Es stand in <strong>der</strong> Zeitung, Sie hätten in Amerika gesagt, wir<br />

müssten von vorn anfangen, weil uns Sebnitz so weit zurückgeworfen<br />

habe.<br />

(Ministerpräsident Prof. Dr. Biedenkopf: Ich habe dort<br />

überhaupt nicht zu Sebnitz gesprochen! Das ist <strong>der</strong> größte<br />

Schwachsinn!)<br />

- Wenn Sie das nicht gesagt haben, dann nehme ich es gern zur<br />

Kenntnis und bin darüber sehr froh, aber ich habe es in <strong>der</strong> Zeitung<br />

gelesen. Dann brauche ich auch zu dem an<strong>der</strong>en nichts mehr zu sagen.<br />

Aber Fakt ist - darüber wird auch noch zu reden sein -, dass <strong>der</strong><br />

Schaden, <strong>der</strong> tatsächlich von Sebnitz ausgeht, natürlich nicht<br />

zuletzt auch schlampigen Ermittlungen sächsischer Behörden<br />

geschuldet ist und aus diesem Grund nicht als Vorwand für Probleme<br />

genommen werden kann, die das Land jetzt hat.<br />

(Ministerpräsident Prof. Dr. Biedenkopf: Ich würde mich über<br />

diese Art von Missbrauch schämen!)<br />

- Ich zeige Ihnen die Zeitung, in <strong>der</strong> das steht.<br />

(Ministerpräsident Prof. Dr. Biedenkopf: Das interessiert mich<br />

nicht!)<br />

- Ich muss doch glauben, was in <strong>der</strong> Zeitung steht!<br />

(Ministerpräsident Prof. Dr. Biedenkopf: Das ist unglaublich!)<br />

- Die Überschrift lautet: "Wir müssen von vorn anfangen." Im Text<br />

darunter heißt es weiter, Sie hätten in Amerika gesagt, wegen<br />

Sebnitz - -<br />

(Ministerpräsident Prof. Dr. Biedenkopf: Es ist ungeheuerlich,<br />

wie Sie die Menschen dort missbrauchen!)<br />

Ich muss zunächst das glauben, was in <strong>der</strong> Zeitung steht, und die<br />

zeige ich Ihnen. Aber sei es drum, ich bin sehr froh, wenn es nicht<br />

so war.<br />

(Ministerpräsident Prof. Dr. Biedenkopf: Sie sollten sich<br />

schämen!)<br />

- Ich muss mich doch nicht dafür schämen, dass ich Zeitung lese.<br />

Das wäre ja das Allerhöchste.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Jedenfalls weiß ich eines: Sachsen muss nicht von vorn anfangen.<br />

Allerdings braucht das Land nach zehn Jahren CDU-Alleinregierung<br />

einen neuen Anfang.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Dass er zustande kommt, dafür sind die Menschen im Land, alle<br />

demokratischen Kräfte und nicht zuletzt wir im Parlament in <strong>der</strong><br />

Verantwortung, je<strong>der</strong> auf seine Weise.<br />

Herr Jurk und Herr de Maizière, wir sollten uns öfter einmal<br />

treffen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Meine Damen und Herren! Zum<br />

Einzelplan <strong>der</strong> Staatskanzlei spricht nun die CDU-Fraktion. Herr<br />

Abg. Dr. Hähle, Sie haben das Wort.


Dr. Hähle, CDU: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und<br />

Herren! Die Redner <strong>der</strong> PDS erzählen schon seit zehn Jahren die<br />

Geschichte von <strong>der</strong> Sackgasse.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU - Dr. Hahn, PDS: Das stimmt ja auch!)<br />

Mein Vorredner hat sich so aufgespielt, als hätte seine Partei bei<br />

<strong>der</strong> <strong>Landtag</strong>swahl 57 % <strong>der</strong> Stimmen erzielt und die CDU sei auf 20 %<br />

gekommen.<br />

(Dr. Hahn, PDS: Kommt noch!)<br />

Bisher reden wir von den vergangenen zehn Jahren. Obwohl wir bei<br />

den Wahlen in diesem Zeitraum 57 % und mehr <strong>der</strong> Stimmen erhielten,<br />

haben wir uns noch nie so aufgeführt.<br />

Herr Porsch hat anlässlich <strong>der</strong> Feierstunde zum zehnjährigen<br />

Bestehen des <strong>Landtag</strong>es gesagt, das Bibelzitat "Nehmet einan<strong>der</strong> an!"<br />

sei wichtig. Die Art, wie er sich heute aufgeführt hat, ist nach<br />

unserer Ansicht aber nicht <strong>der</strong> Absicht för<strong>der</strong>lich einan<strong>der</strong><br />

anzunehmen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Anfangs war ich dankbar, dass sich <strong>der</strong> Fraktionsvorsitzende <strong>der</strong> PDS<br />

auf das Horoskop beschränkt hat und nicht, wie sonst üblich, aus<br />

<strong>der</strong> Bibel zitiert hat. Vielleicht weiß er inzwischen, dass sich<br />

beides nicht miteinan<strong>der</strong> verträgt. Lei<strong>der</strong> ist er nicht ganz dabei<br />

geblieben.<br />

(Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Ich meine, er sollte künftig konsequent beim Horoskop bleiben. Das<br />

wäre deshalb konsequent, weil er dann im Bereich des Fantastischen<br />

bliebe - so wie in seinen Reden.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Keine seiner Reden ist übrigens geeignet, auch nur einen einzigen<br />

jungen Menschen hier im Land zu halten, eher im Gegenteil.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Denn zu vernünftigem Wirtschaften, meine sehr verehrten Damen und<br />

Herren, gehört, dass man sich, ehe man über Ausgaben spricht, einen<br />

Überblick über die zu erwartenden Einnahmen verschafft. Woher das<br />

Geld kommt, das er ausgeben möchte, davon hat <strong>der</strong> PDS-<br />

Fraktionsvorsitzende nicht gesprochen.<br />

(Weckesser, PDS: Das ist unwahr!)<br />

Auch <strong>der</strong> Alternativhaushalt, von dem er spricht, sieht keineswegs<br />

weniger Ausgaben vor, son<strong>der</strong>n mehr. Denn das Haushaltsvolumen, wenn<br />

man einmal genau hinschaut, erhöht sich nach diesem Vorschlag um<br />

182 Millionen DM 2001 und 168 Millionen DM 2002, da nämlich die<br />

Mehrausgaben in dieser Höhe nicht durch Kürzungen an an<strong>der</strong>er Stelle<br />

erbracht, son<strong>der</strong>n Mehreinnahmen ganz einfach unterstellt werden.<br />

Sie alle, meine Damen und Herren, wissen, dass die Einnahmen des<br />

Freistaates Sachsen zu einem beträchtlichen Teil vom Bund-Län<strong>der</strong>-<br />

Finanzausgleich und vom Solidarpakt abhängen. Ich habe einmal die<br />

Plenarprotokolle <strong>der</strong> vergangenen Haushaltsdebatten nachgelesen und<br />

festgestellt, dass <strong>der</strong> Hinweis auf den auslaufenden Solidarpakt<br />

Ende 2004 bereits im Jahre 1997 eine Rolle gespielt hat.<br />

(Jurk, SPD: Das habe ich gesagt!)<br />

Ich weiß nicht, meine Damen und Herren von <strong>der</strong> Opposition, ob Sie<br />

das damals ernst genommen haben; offensichtlich nicht, denn es hat


sich bis heute nichts geän<strong>der</strong>t, obwohl <strong>der</strong> Zeitpunkt des Auslaufens<br />

des Solidarpaktes I wesentlich näher gerückt ist. Es kann ja sein,<br />

dass das damals Herr Jurk gesagt hat, aber ich kann nur auf das<br />

eingehen, was mein Vorredner hier zelebriert hat,<br />

(Jurk, SPD: Ich habe das damals im vollsten Bewusstsein<br />

gesagt!)<br />

da habe ich <strong>Der</strong>artiges nicht gehört.<br />

Ich wollte aber an dieser Stelle sagen, dass wir ausdrücklich<br />

anerkennen, dass <strong>der</strong> Bund und die westlichen Bundeslän<strong>der</strong> bereit<br />

sind, noch in dieser Legislaturperiode des Deutschen Bundestages<br />

einen Anschlussvertrag, einen Solidarpakt II abzuschließen,<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

so wie das Herr de Maizière gewürdigt hat.<br />

Nun höre ich allerdings mitunter den Vorwurf auch von Mitglie<strong>der</strong>n<br />

<strong>der</strong> SPD-Fraktion, die CDU-Fraktion und die Staatsregierung<br />

akzeptierten vorzeitig - sozusagen im vorauseilenden Gehorsam -,<br />

dass mit dem Solidarpakt II weniger Geld für den weiteren Aufbau<br />

Ost als bisher zur Verfügung stünde.<br />

(Jurk, SPD: Das ist so!)<br />

Unsere Bereitschaft, uns mit unserer Haushaltspolitik schon jetzt<br />

auf weniger Einnahmen einzustellen, so heißt es, lade den Bund und<br />

die Geberlän<strong>der</strong> geradezu ein, auch tatsächlich weniger zur<br />

Verfügung zu stellen.<br />

(Jurk, SPD: Das ist nicht ganz falsch!)<br />

Dieses Argument ist falsch. Wir sagen ja überhaupt nicht, dass wir<br />

ab 2005 einen geringeren Bedarf hätten. Wir haben ganz im Gegenteil<br />

durch Gutachten renommierter Wirtschaftsforschungsinstitute eine<br />

noch vorhandene Infrastrukturlücke in den neuen Län<strong>der</strong>n gegenüber<br />

den alten von zirka 300 Milliarden DM identifiziert. Es ist also<br />

völlig klar, dass es Anfang 2005 immer noch einen erheblichen<br />

teilungsbedingten Nachholbedarf geben wird.<br />

Natürlich sagen wir nicht Nein, wenn uns nach dem Jahr 2004<br />

weiterhin eine gleichbleibende o<strong>der</strong> gar höhere Finanzausstattung<br />

zugebilligt werden sollte. Aber selbst unter dieser äußerst<br />

günstigen, eher unrealistischen Annahme wird <strong>der</strong> Zeitraum <strong>der</strong><br />

Anpassung an die wirtschaftliche Leistungskraft <strong>der</strong> am wenigsten<br />

entwickelten westdeutschen Gebiete noch etwa 10 bis 15 Jahre<br />

dauern. Bekommen wir weniger, dann wird es noch länger dauern.<br />

Was Sachsen allerdings blüht, wenn die PDS regiert, das hat die<br />

PDS-Fraktion in bemerkenswerter Offenheit in ihrer Pressemitteilung<br />

zum Doppelhaushalt 2001/2002 am 23. November 2000 bekannt gemacht.<br />

(Jurk, SPD: Sehr richtig!)<br />

Wenn man ihren Vorschlägen folgt, dann dauert <strong>der</strong> Aufbau Ost noch<br />

sehr viel länger o<strong>der</strong> er kommt ganz zum Erliegen. Das heißt, wir<br />

wären auf Dauer darauf angewiesen, dass uns <strong>der</strong> reichere Westen<br />

subventioniert. Porsch und Weckesser bezeichnen ihren so genannten<br />

Alternativhaushalt als modellhaftes Meisterstück gestalten<strong>der</strong><br />

Opposition. Sie versprechen mehr Bildung und Soziales, weniger<br />

Asphalt und Beton,<br />

(Weckesser, PDS: Das ist doch gut! - Zuruf von <strong>der</strong> CDU:<br />

Das bringt letztlich weniger Jobs!)


das alles ohne Schulden. Dass Letzteres notwendig ist, für diese<br />

Erkenntnis haben die Genossen immerhin etliche Jahre gebraucht,<br />

aber alles an<strong>der</strong>e ist tatsächlich <strong>der</strong> alte Versuch, auf Kosten <strong>der</strong><br />

Investitionen Wohltaten zu verteilen, also das Saatgut aufzufressen<br />

und auf die Bestellung des Feldes zu verzichten.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU - Zurufe von <strong>der</strong> PDS)<br />

Dabei wird nicht einmal die simple Weisheit erkannt, dass<br />

Investitionen, ja sogar die ungeliebten Investitionen in Asphalt<br />

und Beton, auch Arbeitsplätze schaffen und erhalten. Nun weiß ich<br />

nicht, wie sie es den Bauarbeitern erklären wollen, dass sie<br />

dagegen sind. Das ist aber auch Ihr Problem, nicht unseres.<br />

Jedenfalls können wir uns auf ihre Vorschläge im Interesse <strong>der</strong><br />

Zukunft <strong>der</strong> Menschen im Freistaat Sachsen nicht einlassen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Nun zum Ziel unserer Finanzplanung, zu dem, was wir erreichen<br />

wollen: Wir wollen erreichen, dass unsere laufenden Ausgaben nach<br />

2005 durch gesicherte Einnahmen gedeckt sind, und zwar unabhängig<br />

davon, ob uns weiterhin zusätzliche Mittel aus einem neu<br />

vereinbarten Solidarpakt zur Verfügung stehen werden o<strong>der</strong> nicht.<br />

Was heißt das? Das heißt, dass <strong>der</strong> Freistaat Sachsen <strong>der</strong>zeitig noch<br />

nicht in <strong>der</strong> Lage ist, die laufenden Ausgaben aus laufenden<br />

Einnahmen zu decken. In <strong>der</strong> "<strong>Sächsische</strong>n Zeitung" von heute wird<br />

das in einem Beitrag mit <strong>der</strong> Überschrift "Wo Sachsen stünde,<br />

Haushalt ohne Westhilfen" sehr richtig dargestellt. In dem Maße,<br />

wie uns die freien, nicht durch Leistungsgesetze und Tarifverträge<br />

gebundenen Landesmittel fehlen, verlieren wir nämlich die<br />

Möglichkeit, För<strong>der</strong>mittel des Bundes und <strong>der</strong> EU in Anspruch zu<br />

nehmen. Bisher konnten wir jede Mark, die uns angeboten wurde,<br />

nehmen, weil wir uns die Kofinanzierungsmöglichkeit erhalten haben.<br />

Wir wollen erreichen, dass das so bleibt.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Wir können zu Recht stolz auf unsere <strong>der</strong>zeitige Investitionsquote<br />

von etwa 27,5 % sein. Es ist die höchste aller Län<strong>der</strong>. Trotzdem<br />

könnte sie noch höher sein, wenn wir nicht aus vielerlei durchaus<br />

verständlichen Gründen doch noch mehr Personal im öffentlichen<br />

Dienst pro Kopf <strong>der</strong> Bevölkerung hätten, als das in vergleichbaren<br />

westlichen Län<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Fall ist. Auch darauf hat Herr<br />

Staatsminister de Maizière schon hingewiesen.<br />

Wir haben höhere Personalausgaben im Vergleich zu den westlichen<br />

Bundeslän<strong>der</strong>n, obwohl wir, wie Sie wissen und oft beklagen, ab 2001<br />

erst 88,5 % und ab 2002 dann 90 % im Vergleich zum Tarif West<br />

bezahlen, dass wir also trotz geringerer Vergütung immer noch<br />

höhere Personalausgaben haben. Das müssen wir nach und nach in<br />

Ordnung bringen. Daran geht kein Weg vorbei; denn es ist völlig<br />

unrealistisch anzunehmen, dass uns die Geberlän<strong>der</strong> hierfür eine<br />

Dauersubvention gewähren werden. Erst wenn wir auf eigenen Füßen<br />

stehen, kann es uns gelingen, die Verdienstmöglichkeiten an die in<br />

den westlichen Län<strong>der</strong>n anzugleichen; denn es geht ja nicht nur um<br />

den öffentlichen Dienst, son<strong>der</strong>n vor allem auch um die private<br />

Wirtschaft. Da gibt es in <strong>der</strong> Tat noch sehr große Unterschiede zum<br />

Westen. Dies lässt sich nur mit Fleiß, Kreativität und


Beharrlichkeit und durch gezielte Investitionen ausgleichen. Diesen<br />

Weg wollen wir mit dem Doppelhaushalt 2001/2002 weiter beschreiten.<br />

Ich bin sicher, dass das die meisten Menschen in Sachsen verstehen<br />

und dass sie uns hier zustimmen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Wir sind auch zu Recht auf<br />

unsere relativ niedrige Pro-Kopf-Verschuldung stolz. Das ist die<br />

niedrigste in den neuen Bundeslän<strong>der</strong>n und nach Bayern sogar die<br />

zweitniedrigste in ganz Deutschland. Aber unsere Verschuldung ist<br />

ja nicht gleich null. Wenn wir sagen, dass wir Jahr für Jahr die<br />

Neuverschuldung reduzieren, dann heißt das ja auch, dass wir<br />

trotzdem die Schulden erhöhen, wenn auch in geringerem Maße als in<br />

den Jahren vorher. Wenn es uns gelingen sollte, was wir anstreben,<br />

ab 2005 etwa keine neuen Schulden mehr aufzunehmen, dann wird<br />

unsere Pro-Kopf-Verschuldung bei 4 839 DM je Einwohner liegen. Es<br />

gilt dann immer noch, dass wir nach Bayern die zweitniedrigste<br />

Verschuldung in Deutschland haben werden. Das ist aber immerhin<br />

eine Zinsbelastung von jährlich 1,544 Milliarden DM.<br />

Das ist also trotz alledem eine erhebliche Belastung für kommende<br />

Haushalte. Das engt unseren politischen Spielraum ein, wenn auch<br />

weniger als in an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n. Im Interesse unserer Kin<strong>der</strong> und<br />

Enkel sollte alles versucht werden, um die Kredite nach und nach zu<br />

tilgen. Bis jetzt tilgen wir nichts. Vielmehr reden wir davon, die<br />

Neuverschuldung Jahr um Jahr zu reduzieren.<br />

Auch wenn es die zweitniedrigste Pro-Kopf-Verschuldung ist, so gibt<br />

es doch einen erheblichen Unterschied zu Bayern. Unsere Schulden<br />

sind in nur zehn Jahren aufgelaufen und wir können längst noch<br />

nicht sagen, dass unser Land weitgehend wie<strong>der</strong> aufgebaut ist.<br />

In Bayern ist etwa die gleiche Pro-Kopf-Verschuldung in mehr als 50<br />

Jahren zustande gekommen. Bayern hat in dieser Zeit einen<br />

Ausbauzustand erreicht, von dem wir nach wie vor nur träumen<br />

können.<br />

Nun darf niemand den falschen Schluss daraus ziehen und glauben,<br />

<strong>der</strong> Freistaat Sachsen habe in den vergangenen zehn Jahren also doch<br />

schlecht gewirtschaftet. Erstens zeigt <strong>der</strong> Vergleich mit den<br />

an<strong>der</strong>en neuen Län<strong>der</strong>n, dass wir von allen am besten dastehen, und<br />

zweitens müssen die ganz an<strong>der</strong>en Bedingungen in Rechnung gestellt<br />

werden, unter denen <strong>der</strong> Aufbau <strong>der</strong> neuen Län<strong>der</strong> stand.<br />

Nach dem Zweiten Weltkrieg haben die alten Län<strong>der</strong> unter<br />

vergleichbaren Bedingungen anfangen können. Die<br />

Markteintrittsschwelle war für alle etwa gleich hoch. 1990 aber,<br />

bei <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>herstellung <strong>der</strong> staatlichen Einheit, sind zwei<br />

Wirtschaftsgebiete aufeinan<strong>der</strong> gestoßen, wie sie unterschiedlicher<br />

nicht sein konnten. Ohne schnelle und großzügige Hilfe des weitaus<br />

reicheren und wirtschaftlich leistungsfähigeren Teils von<br />

Deutschland wäre es überhaupt nicht gegangen. Denn es war Eile<br />

geboten, um den östlichen Teil nicht ausbluten zu lassen. Insofern<br />

war eine stärkere Kreditfinanzierung des Aufbaus <strong>der</strong> neuen Län<strong>der</strong><br />

wohl unvermeidbar, ja, es war richtig so.


Richtig ist aber auch, dass man dieses Instrument nicht<br />

überstrapazieren darf, wenn wir uns nicht selbst das Wasser<br />

abgraben wollen.<br />

Wer zu diesen Überlegungen nur zu sagen hat, <strong>der</strong> Freistaat Sachsen<br />

betreibe eine einfallslose Sparpolitik, <strong>der</strong> sagt damit, dass er es<br />

so will, dass dem Aufbau in Sachsen das Wasser abgegraben wird.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren von <strong>der</strong> PDS, werden uns<br />

nicht daran hin<strong>der</strong>n können, das <strong>der</strong> Bevölkerung in Sachsen immer<br />

wie<strong>der</strong> deutlich zu sagen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU - Prof. Dr. Porsch, PDS: Das wollen wir<br />

doch gar nicht!)<br />

Das Wasser würde uns übrigens auch abgegraben werden, wenn die<br />

Solidarität des Westens allzu bald versiegte.<br />

Die Bereitschaft zu weiterer Solidarität hängt ganz unbestreitbar<br />

auch von <strong>der</strong> Stimmungslage hier in Deutschland ab. Alle diejenigen,<br />

die kein Interesse am Gelingen <strong>der</strong> deutschen Einheit haben, werden<br />

alles daransetzen, Zwist zwischen Ost und West zu schüren.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Das, was in jüngster Zeit in Sebnitz geschehen ist bzw. was darüber<br />

berichtet worden ist, fällt genau in diese Kategorie, auch wenn Sie<br />

noch so laut schreien. Über dieses Kapitel wird zu <strong>der</strong> am Freitag<br />

angekündigten Regierungserklärung des Ministerpräsidenten noch zu<br />

sprechen sein.<br />

An die Adresse <strong>der</strong> Opposition gerichtet sage ich schon heute, dass<br />

es nicht zu verstehen ist, wie schnell Sie auf diesen Zug <strong>der</strong><br />

Diffamierung <strong>der</strong> Menschen einer ganzen Stadt aufgesprungen sind.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU - Zurufe <strong>der</strong> Abg. Prof. Dr. Porsch und<br />

Tippach, PDS)<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Herr Dr. Hähle, gestatten Sie<br />

eine Zwischenfrage? - Bitte.<br />

Prof. Dr. Porsch, PDS: Herr Dr. Hähle, können Sie mir einen Beleg<br />

für die Bemerkung, die Sie gerade gemacht haben, geben?<br />

Dr. Hähle, CDU: Ja, Beleg sind zum Beispiel die Anträge, die Sie<br />

sofort gestellt haben: Son<strong>der</strong>sitzungen des Rechtsausschusses usw.<br />

(Jurk, SPD: Das dient <strong>der</strong> Aufklärung!)<br />

Ich lese wie Sie, verehrter Kollege, Zeitung. Sie sagen ja auch, es<br />

sei nicht verboten, son<strong>der</strong>n es sei sogar die Pflicht Zeitung zu<br />

lesen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Darf Herr Porsch noch eine zweite<br />

Zwischenfrage stellen? - Bitte.<br />

Prof. Dr. Porsch, PDS: Herr Dr. Hähle, haben Sie nicht bemerkt,<br />

dass wir eben genau nicht auf den Zug aufgesprungen sind, son<strong>der</strong>n<br />

dass wir über die Staatsregierung die Ermittlungsbehörden darüber<br />

befragen wollten, wie die Ermittlungen geführt werden und wie es zu<br />

dieser Situation kommen konnte. Das war unser Angriffspunkt und er<br />

wird es bleiben. Auf den Zug, den die "Bild"-Zeitung gestartet hat,<br />

sind wir nicht aufgesprungen.


Dr. Hähle, CDU: Ich habe jetzt die Frage nicht verstanden. Sie<br />

haben eine Erklärung abgegeben. Sie drücken sich immer sehr<br />

kompliziert aus.<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Meine Frage war, ob Sie das bemerkt<br />

haben!)<br />

Das gilt auch für Ihre Pressemitteilungen. Das versteht in Sachsen<br />

kein Mensch.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Sie haben sich offenbar keine Gedanken darüber gemacht, wie sehr<br />

die Bereitschaft fortgesetzter Solidarität zur weiteren<br />

Unterstützung des Aufbaus <strong>der</strong> neuen Län<strong>der</strong> auch davon abhängt, wie<br />

gut o<strong>der</strong> wie schlecht über uns berichtet wird.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Auch <strong>der</strong> Bundeskanzler hat sich offensichtlich wenig Sorgen darüber<br />

gemacht. Er hat an<strong>der</strong>e Sorgen, nämlich wie er sich künftig weiter<br />

die Zustimmung einzelner Län<strong>der</strong> im Bundesrat erkaufen kann, um die<br />

schnell gestrickten und immer wie<strong>der</strong> nachzubessernden Gesetze durch<br />

den Bundesrat zu bringen. Genau das aber macht uns Sorgen. Denn auf<br />

dieser Grundlage ist keine Planungssicherheit für den weiteren<br />

Aufbau Ost zu gewinnen. Das gilt für die Finanzierung wichtiger<br />

Verkehrsprojekte ebenso wie für die allgemeinen Bedingungen, mit<br />

denen unsere kleinen und mittelständischen Betriebe zurechtkommen<br />

müssen.<br />

Viele Existenzgrün<strong>der</strong> wissen inzwischen nicht mehr, wie es<br />

weitergehen soll.<br />

(Jurk, SPD: Kein Wun<strong>der</strong> bei <strong>der</strong> Mittelstandspolitik in<br />

Sachsen!)<br />

Viele sind in ihrer Existenz infolge drastisch gestiegener<br />

Energiepreise bedroht. Ich denke beson<strong>der</strong>s an das Speditionsgewerbe<br />

und an Gärtnereibetriebe. Das sind aber nicht die Einzigen, die<br />

jetzt in große Schwierigkeiten kommen. Im Vertrauen auf<br />

verlässliche Rahmenbedingungen für den wirtschaftlichen Aufbau<br />

haben viele den Schritt in die Selbständigkeit gewagt. Sie haben<br />

unter <strong>der</strong> angenommenen Voraussetzung nur geringfügig steigen<strong>der</strong><br />

Energiepreise investiert und sie mussten sich wegen fehlenden<br />

Eigenkapitals dabei in <strong>der</strong> Regel hoch verschulden.<br />

Nun haben sich die Kalkulationsgrundlagen in einer solchen Weise<br />

geän<strong>der</strong>t, dass viele Betriebe vor dem Ruin stehen. Diesen davon<br />

betroffenen Betrieben nützt eine erhöhte Entfernungspauschale<br />

nichts.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Sie nützt auch den Beschäftigten nichts, die ihre Arbeit verlieren<br />

werden, wenn die Betriebe kaputtgehen.<br />

Wenn dann die Statistik ausweist, dass es so gekommen ist, sind Sie<br />

es doch, meine Damen und Herren von <strong>der</strong> SPD, von <strong>der</strong> PDS ohnehin,<br />

die das sofort wie<strong>der</strong> dem angeblichen Versagen <strong>der</strong> <strong>Sächsische</strong>n<br />

Staatsregierung und <strong>der</strong> CDU-Fraktion anlasten werden. Wenn ich<br />

einige Zwischenrufe richtig gedeutet habe, sind Sie auf dem besten<br />

Wege, dies wie<strong>der</strong> so zu interpretieren.<br />

Dass das aber eine unredliche Argumentation ist, das haben die<br />

meisten Menschen in Sachsen längst erkannt.


(Beifall bei <strong>der</strong> CDU - Jurk, SPD: Lei<strong>der</strong> nicht!)<br />

Sie sollten sich nicht einbilden, dass die Zustimmung zu Ihrer<br />

Politik wesentlich wachsen kann, wenn Sie sich weiterhin so<br />

verhalten.<br />

Wo sind denn eigentlich die sächsischen Bundestagsabgeordneten <strong>der</strong><br />

SPD? Seit ihrer Wahl 1998 hat man von ihnen nichts mehr gehört und<br />

nichts mehr gesehen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Wissen Sie, was uns jetzt häufiger passiert? - Diejenigen, die ihre<br />

Probleme mit <strong>der</strong> Politik <strong>der</strong> neuen Bundesregierung haben, kommen<br />

trotzdem zu den Abgeordneten <strong>der</strong> CDU. Sie sagen uns: Wir wissen<br />

zwar, dass die CDU nicht mehr an <strong>der</strong> Bundesregierung beteiligt ist,<br />

aber wir kommen zu euch, weil wir zu euch Vertrauen haben. Bei den<br />

an<strong>der</strong>en waren wir schon, aber was die uns sagen, das kann man<br />

einfach vergessen!<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

So etwas häuft sich jetzt in meinem Wahlkreisbüro. Ich habe mit<br />

meinen Kolleginnen und Kollegen gesprochen; sie haben ähnliche<br />

Erfahrungen gemacht. Die Leute sagen: Die an<strong>der</strong>en haben gar nicht<br />

die Absicht uns zu helfen; sie lassen nicht erkennen, dass sie uns<br />

überhaupt helfen wollen.<br />

(Jurk, SPD: Wir sind aber auch so böse! Solch böse Menschen<br />

wie uns gibt es sonst nirgendwo!)<br />

Denn wenn <strong>der</strong> Aufbau Ost wirklich Chefsache des Kanzlers wäre,<br />

sollte es zu den vornehmsten Aufgaben <strong>der</strong> Bundesregierung gehören,<br />

wenigstens die bisherigen Aufbauerfolge zu sichern. Das müssen wir<br />

mit allem Nachdruck von <strong>der</strong> Bundesregierung for<strong>der</strong>n.<br />

Es wäre schön, wenn wir dabei von <strong>der</strong> SPD-<strong>Landtag</strong>sfraktion und von<br />

den SPD-Bundestagsabgeordneten <strong>der</strong> neuen Län<strong>der</strong> Unterstützung<br />

bekämen. Vielleicht haben sie aber auch schon resigniert und<br />

festgestellt, dass <strong>der</strong> Osten für Rot-Grün keine wesentliche Rolle<br />

spielt. Hauptsache ist, die Ideologie stimmt.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Die Entfernungspauschale wird als großer Sieg für die Pendler und<br />

für die Umwelt gefeiert. Dabei ist die Betrachtungsweise, die<br />

diesem Entwurf bzw. dem, was beschlossen worden ist, zugrunde<br />

liegt, regelrecht absurd.<br />

Ich weiß, die SPD-Fraktion hat einen Dringlichen Antrag gestellt,<br />

mit dem die <strong>Sächsische</strong> Staatsregierung aufgefor<strong>der</strong>t werden soll,<br />

<strong>der</strong> Entfernungspauschale im Bundesrat zuzustimmen. Die Tatsache,<br />

dass Sie einen solchen Antrag stellen, zeigt doch, dass Sie gar<br />

nicht merken, welche Breitseite Sie uns bieten. Denken Sie doch<br />

selber einmal richtig darüber nach!<br />

(Jurk, SPD: Sie wollten nur 50 Pfennig!)<br />

- Wir fürchten uns nicht vor dieser Debatte.<br />

Da ich nichts vorweg nehmen möchte, spare ich mir jetzt die<br />

Einzelheiten.<br />

Wir sind nicht in <strong>der</strong> Lage, die Auswirkungen unsozialer<br />

Bundesgesetze durch sozialpolitische Maßnahmen des Landes zu<br />

kompensieren o<strong>der</strong> einen Teil<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)


<strong>der</strong> von <strong>der</strong> Bundesregierung verursachten Zeche zu bezahlen. Wenn es<br />

stimmt, dass junge, leistungsfähige Leute aus Sachsen abwan<strong>der</strong>n,<br />

dann bestimmt nicht deshalb, weil sie woan<strong>der</strong>s eher eine ABM-Stelle<br />

finden. Sie werden angelockt von guten Verdienstmöglichkeiten auf<br />

dem ersten Arbeitsmarkt und von guten Lebensbedingungen, die immer<br />

auch etwas mit <strong>der</strong> Infrastruktur zu tun haben. Von Mobilität und<br />

Weltoffenheit lässt sich eben nur bedingt sprechen, wenn man mit<br />

<strong>der</strong> Bahn von Chemnitz nach Stuttgart 6:25 Stunden braucht, nach<br />

München 5:38 Stunden und nach Hamburg 5:49 Stunden. Wie lange man<br />

von Görlitz nach Stuttgart, München o<strong>der</strong> Hamburg braucht, davon<br />

will ich gar nicht erst reden. Von Stuttgart nach Amsterdam kommt<br />

man jedenfalls in 6:43 Stunden und von Hamburg nach München in 6:12<br />

Stunden, also fast so schnell wie von Chemnitz nach Hamburg, obwohl<br />

die Strecke von München aus fast doppelt so lang ist.<br />

Ich will damit noch einmal auf die Infrastrukturlücke hinweisen und<br />

deutlich machen, dass davon im Zusammenhang mit dem Solidarpakt II<br />

noch die Rede sein muss.<br />

Natürlich verstehen auch wir, dass nicht alles auf einmal zu<br />

erreichen ist, aber es muss eine Perspektive erkennbar sein, wenn<br />

wir die jungen Menschen hier behalten wollen. Diese Perspektive ist<br />

nur dann erkennbar, wenn wir weiterhin alles Erdenkliche tun, um<br />

die Wirtschaftskraft des Landes zu stärken<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

und die Verkehrswege und das Wohnumfeld, die Schulen, ja auch die<br />

Hochschulen und unser reiches Kulturerbe weiter auf- und<br />

auszubauen.<br />

Unser Land hat beste Chancen. Wir haben die Weichen richtig<br />

gestellt. Die Industrie und das verarbeitende Gewerbe wachsen<br />

kräftig. "Die Chemnitzer Maschinenbauer sind wie<strong>der</strong> auf dem Wege<br />

nach oben." So lautet eine Schlagzeile <strong>der</strong> "Frankfurter Allgemeinen<br />

Zeitung" vom 6. Dezember 2000.<br />

Wer von Hochtechnologie spricht, muss zunehmend auch von Sachsen<br />

sprechen. In etlichen Branchen fehlen uns schon die Fachkräfte.<br />

Deshalb bleiben Bildung, Hochschulen und Forschung weiterhin<br />

Schwerpunkte im Haushalt. Das heißt aber nicht, dass es damit<br />

verboten ist, über größere Effizienz, Flexibilität und Innovation<br />

in diesen Bereichen nachzudenken.<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Denken Sie über Stellenabbau nach?)<br />

Die weitere Entwicklung unseres Hochschulwesens wird auch davon<br />

abhängen, ob es gelingt, begabte Studienanfänger aus ganz Europa<br />

und aller Welt zu gewinnen und gleichzeitig Studienangebote für<br />

bereits im Berufsleben Stehende zu entwickeln.<br />

Die jetzigen Prognosen zur Entwicklung <strong>der</strong> Studentenzahlen in den<br />

nächsten zehn Jahren sollten, und das sage ich wie<strong>der</strong>holt, anhand<br />

<strong>der</strong> tatsächlichen Entwicklung bis zum Jahr 2004 noch einmal<br />

überprüft werden. Wenn Sie das "Gebrabbel" nennen, Herr Porsch,<br />

dann ist das Ihre Sache. Unsere Gespräche mit den Hochschulen<br />

zeigen allerdings, dass man uns wohl ernst nimmt und dass man<br />

bereit ist, mit uns konstruktiv zusammenzuarbeiten. Ob das mit<br />

Ihnen gelingt, darüber sind die Hochschulen im Zweifel. Die heute<br />

hier protestieren, kommen doch auch nur in <strong>der</strong> Hoffnung hierher,


dass ihnen geholfen werden kann. Von Ihnen wird den Studentinnen<br />

und Studenten sowie den Hochschullehrern nicht geholfen werden.<br />

<strong>Der</strong> Bericht <strong>der</strong> Hochschulentwicklungskommission, <strong>der</strong> nun im Februar<br />

vorliegen soll, wird für unsere Überlegungen eine Hilfe sein. Die<br />

notwendigen politischen Entscheidungen wird er we<strong>der</strong> vorwegnehmen<br />

noch letztendlich bestimmen können.<br />

Auch auf dem Gebiet <strong>der</strong> beruflichen Bildung sind Verbesserungen<br />

nötig. Es muss gelingen, auf neue Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Arbeitswelt<br />

schneller zu reagieren, als das bisher <strong>der</strong> Fall ist.<br />

Chancen für neue Arbeitsplätze ergeben sich zum Beispiel aus <strong>der</strong><br />

rasanten Entwicklung <strong>der</strong> Telekommunikationstechnik, speziell des<br />

UMTS-Marktes, in den nächsten Jahren. Wir werden uns hier in dem<br />

Maße beteiligen, wie es uns gelingt, die notwendigen Fachleute<br />

dafür in kurzer Zeit auszubilden. Ich habe dazu in Südwestsachsen<br />

eine Initiative ins Leben gerufen, an <strong>der</strong> sich die Kommunen, die<br />

Berufsakademien, die berufsbildenden Schulen, die Fachhochschulen<br />

und die Universitäten beteiligen. Chancen gibt es mehr als genug.<br />

Niemand kann allerdings erwarten, auch die jungen Leute können es<br />

nicht, dass er zum Jagen getragen wird. <strong>Der</strong> Weg zum Erfolg ist auch<br />

mit Mühen gepflastert. Die Botschaft an junge Menschen darf deshalb<br />

nicht lauten: Es hat alles keinen Zweck!, wie wir das vorhin gehört<br />

haben, son<strong>der</strong>n vielmehr: Wer sich in <strong>der</strong> Schule anstrengt, <strong>der</strong><br />

schafft sich damit die Voraussetzungen für eine gute Zukunft.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Das ist unsere Botschaft.<br />

Was wir gerade jetzt in <strong>der</strong> Adventszeit erleben, zeugt nicht davon,<br />

dass die Sachsen drauf und dran wären in Resignation zu verfallen.<br />

In vielen Orten ist das Vereinsleben wie<strong>der</strong> aufgeblüht. Es ist<br />

gelungen, an alte bergmännische Traditionen anzuknüpfen.<br />

Bergparaden, Mettenschichten und Weihnachtsmärkte in Sachsen locken<br />

mehr und mehr Besucher aus ganz Deutschland, ja aus aller Welt an.<br />

Wer hätte das vor wenigen Jahren noch gedacht?! Sachsen ist wie<strong>der</strong><br />

eine Reise wert. Warum sollten wir darauf nicht stolz sein? Warum<br />

sollte das nicht auch ein Argument für junge Leute sein, ein<br />

Argument von vielen, hier zu bleiben, die Ärmel hochzukrempeln und<br />

das Beste für unser Land zu geben? Wie das junge Leute sehen, die<br />

nicht durch die rote Brille blicken, darüber wird in <strong>der</strong> zweiten<br />

Runde mein Kollege Lars Rohwer sprechen.<br />

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Es spricht nun die SPD-Fraktion.<br />

Dazu darf ich Herrn Abg. Jurk bitten.<br />

Jurk, SPD: Ich hoffe, die Wasserversorgung funktioniert auch. Wir<br />

haben inzwischen in Sachsen einen hohen Anschlussgrad.<br />

(Abg. Jurk verweist auf das leere Glas am Rednerpult.)<br />

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und<br />

Herren! Herr Staatsminister de Maizière! Lieber Fritz Hähle! Was<br />

junge Menschen von <strong>der</strong> Politik <strong>der</strong> Staatsregierung und <strong>der</strong> sie<br />

tragenden CDU-Fraktion halten, können Sie heute vor dem<br />

<strong>Landtag</strong>sgebäude erleben.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)


Wollen wir <strong>der</strong> Staatsregierung glauben, dann ist das heute ein Tag<br />

<strong>der</strong> Freude. Mit dem Haushalt werden wegweisende Entscheidungen<br />

getroffen. <strong>Der</strong> Freistaat ist auf dem richtigen Weg. Alles läuft<br />

bestens. Und für die Stellen, an denen es noch nicht so läuft, hat<br />

Ministerpräsident Biedenkopf schon letzte Woche in <strong>der</strong> "Freien<br />

Presse" die Verantwortlichen benannt: Die Opposition redet das Land<br />

schlecht und muss somit auch die Verantwortung für die Abwan<strong>der</strong>ung,<br />

für den Bevölkerungsverlust übernehmen.<br />

(Zuruf des Abg. Dr. Hahn, PDS)<br />

- Kollege Hahn, die Bundesregierung ist schon oft tituliert worden,<br />

aber noch schlimmer als die Opposition sei <strong>der</strong> Gewerkschaftschef<br />

Lucassen. Wenn Biedenkopf ihn reden höre, würde er auch auswan<strong>der</strong>n,<br />

denn er rede das Land herunter.<br />

(Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

- Klatschen Sie nicht an <strong>der</strong> falschen Stelle!<br />

Herr Biedenkopf, ich nehme Ihnen das ab. Ich nehme Ihnen ab, dass<br />

Ihr Realitätsverlust so weit fortgeschritten ist, dass Sie wirklich<br />

glauben, was Sie da sagen. Ich nehme Ihnen auch ab, dass Sie daran<br />

glauben, dass die jungen Sachsen reiselustig, wie sie nun einmal<br />

sind, von Zittau, Hoyerswerda, Aue, Dippoldiswalde o<strong>der</strong> woher auch<br />

immer mal eben gern gen Westen o<strong>der</strong> Norden ziehen, um sich<br />

beruflich ausbilden zu lassen.<br />

Ich nehme Ihnen ab, dass Sie wirklich glauben, dass die jungen<br />

Menschen nach drei o<strong>der</strong> fünf Jahren wie<strong>der</strong> zurückkommen. Dass alle<br />

Zahlen Ihrer eigenen Ministerialverwaltung etwas an<strong>der</strong>es aussagen,<br />

das ignorieren Sie. Wenn dann <strong>der</strong> DGB-Chef for<strong>der</strong>t, dass wir mehr<br />

Ausbildungsplätze vor Ort in Sachsen schaffen, um eben keine jungen<br />

Leute über den Ausbildungsweg West zu verlieren,<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Da hat er Recht!)<br />

dann ist er <strong>der</strong> Böse. Wenn es die vielen Aktivitäten des DGB und<br />

seiner Einzelgewerkschaften nicht gäbe, Herr Biedenkopf - das<br />

sollten Sie eigentlich wissen -, wäre es noch viel schlimmer um die<br />

Ausbildungsplatzsituation in Sachsen bestellt.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Doch für eine objektive Analyse <strong>der</strong> Lage gibt es Schelte statt<br />

Dank, <strong>der</strong> eigentlich angebracht wäre.<br />

Sie sagen: Wir haben keine hohe Arbeitslosigkeit; wir haben<br />

stattdessen eine hohe Beschäftigtenzahl,<br />

(Ministerpräsident Prof. Dr. Biedenkopf: Das habe ich doch<br />

nie gesagt!)<br />

höher als im Westen. Nur, Herr Biedenkopf, wir sind hier nicht im<br />

Westen, wir sind in Sachsen, wo Frauen es für selbstverständlich<br />

halten, erwerbstätig zu sein - an<strong>der</strong>s als im Westen -<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

und wo es eben nicht weiterhilft, darüber zu lamentieren, dass so<br />

viele arbeitende Frauen die Statistik negativ beeinflussten, wo es<br />

stattdessen nötig ist zu erkennen, dass die im Freistaat politisch<br />

Verantwortlichen wesentlich mehr tun müssen, für manche <strong>der</strong><br />

wirtschaftlich abgehängten Regionen, möchte ich fast sagen,<br />

überhaupt etwas tun müssen.<br />

(Beifall bei SPD und PDS)


Auf Ihren Begriff <strong>der</strong> hohen Beschäftigungszahl gehe ich später noch<br />

einmal ein.<br />

(Zuruf des Abg. Dr. Jahr, CDU)<br />

Sie sagen: Wir haben gar keine Gebührenerhöhung bei den<br />

Kin<strong>der</strong>tagesstätten, wir haben eine Anpassung an die gestiegenen<br />

Löhne, an die gestiegene Kaufkraft, mehr nicht. Herr Biedenkopf,<br />

warum blicken Sie nicht auf die Realität und nehmen sie auch wahr?<br />

In <strong>der</strong> Kita-Gebührenfrage hat Ihr Finanzminister exemplarisch und<br />

öffentlich Richtlinienkompetenz übernommen. Georg Milbradt hat<br />

Ihnen und auch <strong>der</strong> CDU-Fraktion gezeigt, wo es langgehen wird, wenn<br />

Sie bald ständig am Chiemsee wohnen sollten.<br />

Die Arbeit des Finanzministers ist es, die heute zur Debatte steht.<br />

Deshalb nur ein letzter Satz zu Ihnen, bevor wir uns <strong>der</strong> 1001<br />

Haushaltstricks des Georg Milbradt zuwenden. Sie sagen, wir würden<br />

das Land schlechtreden. Ich sage Ihnen: Sachsens Sozialdemokraten<br />

sind stolz auf das, was die Sachsen in den letzten elf Jahren<br />

erreicht haben.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD - Zuruf des Abg. Lehmann, CDU -<br />

Ministerpräsident Prof. Dr. Biedenkopf: Es wäre schön,<br />

wenn Sie darüber mal reden würden!)<br />

Sachsens Sozialdemokraten haben an vielen Stellen wesentlich diesen<br />

Aufbauprozess beför<strong>der</strong>t und mitgetragen und tragen ihn heute noch<br />

in vielen Bereichen. Wenn Defizite von uns benannt werden, dann tun<br />

wir dies, weil wir Chancen für Sachsen sehen, die Sie nicht nutzen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Niemand in Sachsen will Sachsen schlechtreden. Niemand kann<br />

ernsthaft wollen, dass die Jugend aus- o<strong>der</strong> abwan<strong>der</strong>t.<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Sehr richtig!)<br />

Deshalb, Herr Ministerpräsident, ist es für die sächsischen<br />

Sozialdemokraten unerträglich, dass Sie uns unterstellen, wir<br />

würden unsere Heimat schlechtreden.<br />

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nun zu einigen wesentlichen<br />

Politikfel<strong>der</strong>n, die im Haushalt für die nächsten Jahre zu kurz<br />

kommen o<strong>der</strong> eben nicht vorkommen. Lassen Sie mich eines<br />

voranstellen: Uns Sozialdemokraten geht es um ein Sachsen, das sich<br />

mo<strong>der</strong>n und innovativ den Herausfor<strong>der</strong>ungen stellt, um ein Sachsen,<br />

das sich im europäischen Wettbewerb <strong>der</strong> Regionen beweisen kann und<br />

die Chancen, die in <strong>der</strong> globalisierten Zukunft liegen, auch nutzt.<br />

In diesem europaweiten, wenn nicht gar weltweiten Wettbewerb gibt<br />

es bereits erste Ergebnisse. Ängstliche, kleinkrämerische<br />

konservative Nationen und Regionen haben schlechte Karten. Die<br />

erfolgreichen Modelle, die meisten nicht zufällig in<br />

sozialdemokratisch regierten Län<strong>der</strong>n, haben jenseits aller<br />

Unterschiede drei entscheidende Gemeinsamkeiten: Bündnisse zum<br />

Erhalt des sozialen Friedens während <strong>der</strong> schwierigen Umbauzeit,<br />

vorrangig Investitionen in den Bereich Bildung und Mo<strong>der</strong>nisierung<br />

<strong>der</strong> öffentlichen Verwaltung.<br />

(Dr. Jahr, CDU: Wo haben Sie das abgeschrieben?)<br />

<strong>Beginn</strong>en wir mit dem Thema Investitionen in Bildung. Wohnortnahe<br />

Schulen sind - auch das ist unbestritten - ein Standortfaktor. Sie<br />

bedeuten für Schüler wie auch <strong>der</strong>en Eltern Lebensqualität.


(Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> SPD - Zurufe von <strong>der</strong> CDU)<br />

Was tun Sie? Was tut Ihr Minister, <strong>der</strong> so gern nicht mehr Minister,<br />

son<strong>der</strong>n Fraktionsvorsitzen<strong>der</strong> wäre?<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Soll er es doch machen!)<br />

Zentralisieren, Schulen vor Ort schließen! Das Lehrerdefizit<br />

einfach Lehrerdefizit sein lassen, bis es sich irgendwann<br />

demografisch erledigt!<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Seit heute kommt es umgekehrt!)<br />

Unsere For<strong>der</strong>ungen nach zusätzlichen Lehrerstellen und wohnortnahen<br />

kleineren Schulen haben wir schon oft vorgebracht und stießen auch<br />

scheinbar auf offene Ohren. Doch Ihre Än<strong>der</strong>ungen greifen zu kurz.<br />

Im internationalen Vergleich schneidet die deutsche und damit auch<br />

die sächsische Schule nur zweitklassig ab.<br />

(Frau Dr. Volkmer, SPD: Lei<strong>der</strong>!)<br />

Dieter Soika, Chefredakteur <strong>der</strong> "Freien Presse" und nicht im<br />

Verdacht, sozialdemokratischem Gedankengut anzuhängen, schrieb<br />

vergangene Woche - ich zitiere: "Einige Zahlen, die das Ausmaß des<br />

Desasters illustrieren: Für einen Grundschüler wird in Deutschland<br />

gerade einmal etwas mehr als die Hälfte jenes Geldes aufgewendet,<br />

das den USA o<strong>der</strong> den skandinavischen Län<strong>der</strong>n diese Altersgruppe<br />

wert ist."<br />

(Hört, hört! bei <strong>der</strong> SPD - Zuruf des Abg. Dr. Jahr, CDU)<br />

Soika fährt fort - Kollege Hähle, hören Sie gut zu -: "Vor 20<br />

Jahren waren die Ausgaben an den Hochschulen bei nur halb so großer<br />

Studentenzahl um 20 % höher als heute."<br />

(Zuruf des Abg. Dr. Jahr, CDU)<br />

Grundschüler, die lange Wege zur Schule zurücklegen müssen,<br />

Studenten, die übervolle Hörsäle in Kauf nehmen müssen, ist das die<br />

Bildungslandschaft Sachsens, die wir uns vorstellen?<br />

(Dr. Jahr, CDU: Und die Studiengebühr?)<br />

Ich sage: Nein, das ist sie nicht!<br />

Herr Ministerpräsident, glaubt man Ihren professoralen Ausführungen<br />

bei wissenschaftlichen Kongressen, dann ist das auch nicht Ihre<br />

Vorstellung von Bildung. Bei solchen Anlässen sprechen Sie von<br />

Bildungsinvestitionen, Investitionen, die eigentlich zur<br />

Investitionsquote gerechnet werden müssen, weil sie die Chance des<br />

Freistaates in <strong>der</strong> Zukunft erhöhen. Da bekommen Sie aus vollem<br />

Herzen den Applaus <strong>der</strong> SPD-Fraktion.<br />

Ich habe mit einiger Überraschung zur Kenntnis genommen, dass die<br />

Staatsregierung offensichtlich unseren Schulgesetzentwurf zur<br />

Grundlage künftiger Verän<strong>der</strong>ungen machen will. Tatsächlich finden<br />

wir in Artikel 6 des Haushaltsbegleitgesetzess schon ein Element<br />

daraus. Die Verantwortung für ein wohnortnahes, differenziertes<br />

Schulortangebot soll bei den Landkreisen liegen, die sich dazu<br />

subsidiär kommunaler und freier Schulträger bedienen.<br />

Allerdings ist dies in unserem Gesetzentwurf in eine an<strong>der</strong>e<br />

Stellung <strong>der</strong> Schulen eingebunden. Sie erhalten nämlich die<br />

pädagogischen Freiheiten - Befreiung von Bürokratie auf <strong>der</strong> einen<br />

und Verantwortung für den Bildungsprozess auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite -,<br />

von denen Herr Dr. de Maizière sprach.


Wir wollen auch, dass sich so von unten eine vielfältige,<br />

leistungsfähige Schulstruktur herausbildet. Wir sehen bisher in<br />

dieser Richtung wenig. Erst soll wohl die Schullandschaft nach <strong>der</strong><br />

alten Methode von oben und mit eisernem Besen bereinigt werden. Das<br />

passt nicht zusammen. Wenn das, was Herr Maizière gesagt hat, ernst<br />

gemeint ist, dann lassen Sie, Herr Rößler, die Schulträger über die<br />

Schulstandorte selbst entscheiden! Dann lassen Sie Schulverbünde<br />

und Schulkooperationen zu<br />

(Beifall <strong>der</strong> Abg. Frau Dr. Schwarz, SPD)<br />

und lassen Sie den Landkreisen angemessen Zeit, ihre<br />

Schulentwicklungsplanung vernünftig mit den Schulträgern gemeinsam<br />

vorzubereiten!<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD - Beifall des Abg. Prof. Dr. Porsch, PDS)<br />

Doch zurück zur Wirklichkeit des Jahres 2000. Die Schüler und<br />

Eltern <strong>der</strong> von Schließung bedrohten Schulen artikulieren ihren<br />

Unmut. Die Studenten protestieren vor dem <strong>Landtag</strong> gegen die Kürzung<br />

von Stellen an den Universitäten bis 2009. Die Professoren<br />

verschiedenster Universitäten sehen gar den Wissenschaftsstandort<br />

Sachsen in Gefahr<br />

(Hört, hört! bei <strong>der</strong> SPD)<br />

und denken ernsthaft darüber nach, ihn für immer zu verlassen.<br />

Herr Prof. Biedenkopf, Herr Milbradt, gerade bei den Universitäten<br />

müssten Sie doch am besten wissen, was personell, was finanziell<br />

notwendig ist. Sie müssten wissen, welche Chancen gute Unis bieten,<br />

welche Chancen exzellente Absolventen darstellen. Das muss ich<br />

Ihnen ja wohl nicht erklären.<br />

<strong>Der</strong> zuständige Minister, jener im Volksmund "Rücktritts-Meyer"<br />

genannte Minister <strong>der</strong> folgenlosen Drohungen, läuft <strong>der</strong>zeit schon<br />

durch die Unis und erzählt jedem, <strong>der</strong> es hören will, dass das ganze<br />

Sparprogramm sowieso noch einmal umgestoßen und zusammengestrichen<br />

wird.<br />

(Zuruf von <strong>der</strong> PDS: Aber erst mal wird es beschlossen!)<br />

Es ist schon seltsam, wie man in <strong>der</strong> CDU-Staatsregierung mit <strong>der</strong><br />

Wahrheit umgeht. Da trägt man als Minister im Kabinett Beschlüsse<br />

mit, um sie dann je nach Bedarf vor unterschiedlichem Auditorium zu<br />

verteidigen o<strong>der</strong> anzugreifen, wie zuletzt in Leipzig geschehen.<br />

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Porsch, PDS)<br />

Doch Bildung und Wissenschaft wird mit dem vorliegenden<br />

Haushaltsentwurf nicht nur durch Stellenkürzungen gering geschätzt.<br />

Nein, die Bürokratie misstraut den Hochschulen auch zutiefst,<br />

eigenständig verantwortungsvoll Entscheidungen treffen zu können.<br />

Nach wie vor scheint die Staatsregierung zu ignorieren, dass die<br />

Hochschulen Verantwortung, Freiräume, Flexibilität und Motivation<br />

brauchen, damit sie ihre Wirkungen für eine nachhaltige Entwicklung<br />

- auch Sachsens - entfalten können. Das ist mit dem Gängelband <strong>der</strong><br />

Kameralistik und zentraler Stellenbewirtschaftung nicht zu leisten.<br />

Sachsen verpasst hier den Anschluss. Die Ängstlichkeiten gegenüber<br />

einer Budgetierung <strong>der</strong> Hochschulhaushalte sind praktisch durch die<br />

Erfahrungen in an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n wie<strong>der</strong>legt. Deshalb ist <strong>der</strong> von<br />

Herrn de Maizière dargestellte Modellversuch an <strong>der</strong> TU Dresden ein<br />

viel zu später, viel zu vorsichtiger Versuch, etwas, was längst


Stand <strong>der</strong> Wissenschaft ist, in Sachsen nochmals auf Herz und Nieren<br />

zu prüfen.<br />

Lassen Sie mich am Beispiel <strong>der</strong> Hochschulen etwas Grundsätzliches<br />

sagen. Hochschulen sind keine Verwaltungen, Hochschulen sind<br />

output-orientiert; zumindest sollten wir alles unternehmen, dass<br />

sie es sind. Sie sind deswegen keine Wirtschaftsunternehmen, die<br />

einen Profit erwirtschaften müssen. Die Wahrheit liegt in <strong>der</strong><br />

Mitte. Hochschulen sind staatlich verantwortete, also öffentliche<br />

Non-Profit-Unternehmen. Sie können dementsprechend auch nicht als<br />

Verwaltung behandelt werden.<br />

An<strong>der</strong>erseits bleibt die staatliche Verwaltung für die Hochschulen.<br />

Wir dürfen sie nicht zu einem ungebremsten Wettbewerb verleiten.<br />

Die mo<strong>der</strong>ne Lösung ist, mit allen Hochschulen<br />

Leistungsvereinbarungen abzuschließen und auf <strong>der</strong>en Grundlage die<br />

Mittel zur eigenverantwortlichen Bewirtschaftung zu übergeben.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Die vielen Beispiele landauf, landab zeigen, dass die Hochschulen<br />

in <strong>der</strong> Lage sind, dieses zu leisten, effektiver zu leisten, als<br />

wenn man sie am kameralistischen Gängelband führen würde.<br />

Herr Staatsminister Meyer, Sie wissen, dass ich Ihren Sachverstand<br />

schätze. Wenn Sie allerdings über die Notwendigkeit von<br />

Weiterbildung sprechen, dann wird Ihre Aussage unglaubwürdig.<br />

Während Sie einfor<strong>der</strong>n, dass sich die Hochschulen verstärkt auf<br />

Weiterbildung einstellen und Angebote machen, hat Ihr<br />

Finanzminister schon versucht, das, was jetzt an Weiterbildung<br />

funktioniert, nämlich das Angebot unserer Volkshochschulen,<br />

kaputtzusparen - kaputtzusparen, indem er Zuschüsse streichen<br />

wollte. Das konnten wir glücklicherweise verhin<strong>der</strong>n.<br />

(Zuruf von <strong>der</strong> CDU: Ihr? Ha, ha, ha!)<br />

Ein Wort noch zur Entwicklung <strong>der</strong> Studentenzahlen. Zumindest unsere<br />

aus dem Westen stammenden Minister müssten wissen, dass in <strong>der</strong><br />

alten Bundesrepublik <strong>der</strong> Geburtenknick auf die Hochschulen<br />

überhaupt keine Auswirkungen hatte. Und selbst wenn man dies nicht<br />

anerkennt, dann ist doch wohl jedem klar, dass <strong>der</strong> Geburtenknick<br />

frühestens ab 2010 erheblichen Einfluss auf die Studentenzahlen <strong>der</strong><br />

Hochschulen haben kann. Wer also jetzt schon kürzen will, will<br />

einfach an <strong>der</strong> Zukunft sparen.<br />

Lassen Sie mich hier einen kleinen Gedankensprung machen. Nicht nur<br />

bei den Schulen und Hochschulen wollen und werden Sie an <strong>der</strong><br />

Zukunft sparen. Im Kyoto-Protokoll verpflichteten sich die<br />

Industriestaaten zu einer maßgeblichen Senkung des Ausstoßes von<br />

Treibhausgasen. Deutschland hat weltweit eine Vorreiterrolle<br />

übernommen; fairerweise muss man sagen, bereits unter <strong>der</strong> Kohl-<br />

Regierung. Die rot-grüne Bundesregierung baut diese Position<br />

konsequent aus mit dem Gesetz über erneuerbare Energien, mit den<br />

neuen Regelungen zur Kraft-Wärme-Kopplung und demnächst auch mit<br />

einer neuen Energiesparverordnung.<br />

Ich frage: Was ist uns hier in Sachsen die Erhaltung <strong>der</strong><br />

klimatischen Existenzgrundlage unserer Kin<strong>der</strong> und Kindeskin<strong>der</strong><br />

wert?


Nach <strong>der</strong> glücklichen Überwindung <strong>der</strong> direkten atomaren Bedrohung<br />

wird <strong>der</strong> Klimawandel langsam aber sicher das Thema, das die<br />

Menschen rund um den Globus am meisten beschäftigt. Glauben Sie ja<br />

nicht, meine Damen und Herren von <strong>der</strong> Regierung, dass solche<br />

grundlegenden Menschheitsfragen in Sachsen niemanden<br />

interessierten!<br />

Ich will hier gar kein Wort über die <strong>der</strong>zeitige Wetterlage<br />

verlieren. Ein Teil <strong>der</strong> Politikverdrossenheit <strong>der</strong> Menschen rührt<br />

doch daher, dass sie nicht mehr glauben, dass die Politik den<br />

Willen und die Kraft hat solche großen Fragen zu meistern.<br />

(Lehmann, CDU: Das müssen Sie dem Kanzler erzählen,<br />

solche Sprüche!)<br />

Tatsache ist, dass allein Kohlendioxid rund 50 % des weltweiten<br />

Treibhauseffektes ausmacht. Und, Kollege Lehmann, es gibt<br />

Bundeslän<strong>der</strong>, die in dieser existenziellen Frage bereits sehr aktiv<br />

geworden sind: Nordrhein-Westfalen, Hamburg und - vielleicht sogar<br />

allen voran - Bayern, wo die För<strong>der</strong>ung einer nachhaltigen<br />

Energieversorgung durch den "Energiepakt Bayern" eine neue<br />

Dimension erreicht hat. Da hat es dann eine SPD-Opposition ziemlich<br />

schwer, die regierende Partei zu attackieren.<br />

An<strong>der</strong>s in Sachsen, wo wir in <strong>der</strong> überaus traurigen Lage sind, <strong>der</strong><br />

Staatsregierung objektiv pure Untätigkeit und Trittbrettfahrerei<br />

bescheinigen zu müssen. Um es klar zu sagen: Wir können natürlich<br />

nicht von Sachsen aus die Welt retten, aber wir können, ja wir<br />

müssen einen angemessenen Beitrag dazu leisten.<br />

(Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Sie tun nicht einmal das Mindeste, wenn Sie jährlich ganze 5,7<br />

Millionen DM für För<strong>der</strong>programme zum Emissions- und Klimaschutz<br />

einschließlich <strong>der</strong> Nutzung erneuerbarer Energien und einschließlich<br />

Hausbrand im grenznahen Raum sowie Umweltradioaktivität ausgeben.<br />

(Prof. Dr. Mannsfeld, CDU: Das sind 13!)<br />

Sie stimmen mir sicher zu, wenn ich sage, dass die For<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

SPD-Fraktion, ein Landesprogramm "Erneuerbare Energien" mit einem<br />

jährlichen Volumen von 15 Millionen DM aufzulegen, sehr wohl im<br />

Einklang mit unseren begrenzten finanziellen Möglichkeiten steht.<br />

Aber einen praktisch messbaren Betrag muss uns unsere<br />

Energiezukunft einfach wert sein. Und ich appelliere in diesem<br />

Zusammenhang beson<strong>der</strong>s an die Abgeordneten jener Partei, die das<br />

"C" im Namen trägt: Setzen Sie ein Zeichen für die Bewahrung <strong>der</strong><br />

Schöpfung und för<strong>der</strong>n Sie damit nebenbei einen mittelständisch<br />

geprägten Wirtschaftszweig mit riesigen Perspektiven!<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Eine an<strong>der</strong>e Art <strong>der</strong> Bewahrung <strong>der</strong> Schöpfung meinen Sie gar bei den<br />

Kin<strong>der</strong>einrichtungen betreiben zu müssen. Ihr Bild <strong>der</strong> Schöpfung ist<br />

<strong>der</strong> erwerbstätige Mann, seine Ehefrau, die sich um die drei "K" -<br />

Kin<strong>der</strong>, Küche, Kirche - kümmert,<br />

(Frau Einsle, CDU: Ja, ja!)<br />

und Kin<strong>der</strong>, die frühestens mit drei Jahren und dann möglichst<br />

halbtags eine Kin<strong>der</strong>einrichtung besuchen.<br />

(Zurufe von <strong>der</strong> CDU)


Einige Überlegungen zum Landeserziehungsgeld sind diesem Bild<br />

untergeordnet. Wer als Ehefrau zu Hause bleibt, erhält zumindest<br />

die Almosen des Landeserziehungsgeldes. Die Frau, die frühzeitig<br />

wie<strong>der</strong> arbeiten gehen will, bekommt hingegen keinen Anspruch auf<br />

einen Krippenplatz.<br />

(Zuruf des Abg. Dr. Hähle, CDU)<br />

Dabei sollten wir doch den Hut vor den Frauen ziehen, die Familie<br />

und Beruf miteinan<strong>der</strong> vereinbaren wollen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD - Zuruf von <strong>der</strong> CDU: Machen wir doch!)<br />

Sicherlich wären viele Frauen bereit sich lange Zeit ausschließlich<br />

ums Kind zu kümmern, wenn sie danach noch eine Perspektive im Beruf<br />

hätten. Die Anfor<strong>der</strong>ungen im Berufsleben än<strong>der</strong>n sich aber so<br />

schnell, dass man kaum ohne deutlichen Knick in <strong>der</strong> beruflichen<br />

Entwicklung drei Jahre Mutterschaftspause machen kann.<br />

(Götzel, CDU: Wie viele Kin<strong>der</strong> haben Sie, Herr Jurk?)<br />

Wir können die Entwicklung in den Anfor<strong>der</strong>ungen nicht verlangsamen.<br />

- Wie viele haben Sie denn? - Wir müssen viel mehr das Umfeld dafür<br />

schaffen, dass es unseren Müttern und Vätern möglich ist, Kind und<br />

Beruf gemeinsam zu erleben.<br />

Wenn wir ein solches Klima schaffen, werden wie<strong>der</strong> mehr junge<br />

Familien Ja zu Kin<strong>der</strong>n sagen. Deshalb ist seit Jahren unsere klare<br />

For<strong>der</strong>ung, den Anspruch auf Krippenplätze ab dem zweiten Lebensjahr<br />

gesetzlich festzuschreiben. Verhin<strong>der</strong>n Sie aber mit Ihrer Politik<br />

weiterhin diese Möglichkeit, so darf sich niemand wun<strong>der</strong>n, wenn<br />

viele Frauen Nein zu Kin<strong>der</strong>n sagen, weil dann alles, was sie<br />

beruflich erreicht haben und erreichen wollen, auf dem Spiel steht.<br />

(Frau Dr. Volkmer, SPD: So ist das!)<br />

Und vieles wollten Sie mit diesem Haushalt komplett aufs Spiel<br />

setzen. Unbezahlbare Krippenplätze mit weit über 500 DM aufwärts<br />

waren das Ursprungskonzept, um die Frauen aus dem Beruf und hinter<br />

den Herd zu bringen.<br />

160 000 Sächsinnen und Sachsen haben gegen die Pläne<br />

unterschrieben. Zumindest etwas mehr als den halben Weg zurück<br />

konnten wir Ihnen abringen.<br />

(Heiterkeit <strong>der</strong> Abg. Frau Henke, CDU)<br />

Ich darf all die Abgeordneten <strong>der</strong> Regierungsfraktion - Sie lachen<br />

gerade - noch einmal an Ihre Worte vor Ihren Wählern im Freistaat<br />

erinnern, als Sie klar sagten: Mit uns keine Mark Erhöhung!<br />

(Dr. Hähle, CDU: Wer hat das gesagt?)<br />

Frau Nicolaus - gerade nicht anwesend -, Sie haben am lautesten<br />

gegen die Erhöhung - -<br />

(Frau Nicolaus, CDU: Ich bin hier!)<br />

- Entschuldigung, ich habe Sie lei<strong>der</strong> nicht gesehen. Insofern<br />

spreche ich Sie gerne noch einmal an: Frau Nicolaus, Sie haben am<br />

lautesten gegen die Erhöhung gewettert. Ich bin gespannt, wie Sie<br />

sich bei <strong>der</strong> namentlichen Abstimmung zum Haushaltsbegleitgesetz<br />

verhalten.<br />

(Frau Nicolaus, CDU: Das werden Sie sehen!)<br />

Zu Herrn Dr. de Maizière. Ich bin schon sehr verwun<strong>der</strong>t. Die neuen<br />

Kita-Pläne sind doch von <strong>der</strong> CDU-Fraktion gemacht worden in


Abgrenzung zur und als Erwi<strong>der</strong>ung auf die Staatsregierung. Wieso<br />

verkauft plötzlich die Staatsregierung das als ihre Pläne?<br />

Liebe Kollegen von <strong>der</strong> CDU, da müssten Sie hellhörig werden. Wenn<br />

die Pläne <strong>der</strong> Staatsregierung so genial wären, wie Herr de Maizière<br />

das geschil<strong>der</strong>t hat, stellt sich doch die Frage, warum das nicht<br />

alles gleich in das Haushaltsbegleitgesetz aufgenommen worden ist.<br />

(Frau Dr. Volkmer, SPD: Na eben! - Prof. Dr. Porsch, PDS:<br />

Ein Genie braucht Zeit!)<br />

Die Nachbesserungen sind <strong>der</strong> Erfolg <strong>der</strong> vielen Bürgerinnen und<br />

Bürger Sachsens, die protestiert und so viel Druck gemacht haben,<br />

dass auch die CDU-Fraktion die familienfeindlichen Pläne <strong>der</strong><br />

Staatsregierung nicht mehr unterstützen wollte.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD - Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Weil ich gerade bei den Christdemokraten bin. Ich freue mich, wenn<br />

ich den Zeitungen entnehme, dass Kollege Hähle - Kollege Hähle, es<br />

geht um Sie! - wie<strong>der</strong> fester im Sattel sitzt, weil er sich in den<br />

schwierigen Haushaltsberatungen gegen die Regierung durchgesetzt<br />

hat.<br />

(Dr. Hahn, PDS: Abwarten!)<br />

Kollege Hähle, Sie haben es wahrlich leicht. 0,3 % des<br />

Haushaltsvolumens wurden umgeschichtet. O<strong>der</strong> an<strong>der</strong>s gesagt: Drei<br />

Promille reichen schon aus, um die Fraktion zu beruhigen, ein<br />

wirklich handzahmer Laden.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD - Zuruf des Abg. Prof. Dr. Porsch, PDS)<br />

Aber Ähnliches hatten wir heute Morgen schon erlebt. Wo waren Sie<br />

denn alle, die Gegner <strong>der</strong> Rundfunkgebührenerhöhung? Wie<strong>der</strong> waren<br />

Sie durch den Freistaat getigert, hatten lauthals gepoltert: Mit<br />

uns keine Erhöhung! Und nun? Zugestimmt haben Sie!<br />

(Dr. Hahn, PDS: Immer das Gleiche!)<br />

Aber noch einmal zurück zu den drei Promille. Haben Sie eigentlich<br />

erkannt, dass Sie Georg Milbradts Spielgeld aufgenommen haben?<br />

Niemand konnte doch ernsthaft bei Musikschulen o<strong>der</strong> Kitas annehmen,<br />

dass Milbradt alles bekommt. Sie sind darauf angesprungen und<br />

lassen dennoch dem Minister seine Polster.<br />

300 Millionen DM, das ist rund 1 %, also das Dreifache Ihrer<br />

Umschichtung, kann <strong>der</strong> Minister wie<strong>der</strong> als Polster verbuchen - ein<br />

Polster, das er übrigens jedes Jahr bei den Personalausgaben hat,<br />

weil er sie schlicht in den Haushalt hineinschreibt, wohl wissend,<br />

dass er sie auch in den kommenden Jahren nicht braucht.<br />

Ganz zu schweigen von <strong>der</strong> Verwendung <strong>der</strong> Steuermehreinnahmen <strong>der</strong><br />

letzten beiden Jahre. Während wir im <strong>Landtag</strong> um jede Mark <strong>der</strong> 31<br />

Milliarden DM Gesamthaushalt streiten, hat <strong>der</strong> Finanzminister ganz<br />

schnell einmal 218 Millionen DM für eine außerplanmäßige Ausgabe,<br />

für den Sachsen-Finanzverband, in <strong>der</strong> Portokasse.<br />

(Frau Dr. Volkmer, SPD: Mein Gott!)<br />

Knapp vorbei ist auch daneben, heißt eine alte Fußballerweisheit.<br />

Sie trifft aber lei<strong>der</strong> nicht für den groß propagierten<br />

schuldenfreien Sozialismus zu. Kollege Porsch hat die Gelegenheit<br />

benutzt, um nochmals richtig Sand in die Augen <strong>der</strong> Öffentlichkeit<br />

zu streuen. Nein, es reicht nicht, die vier Grundrechenarten zu


eherrschen. Viele Ihrer fulminanten Umschichtungsanträge sind<br />

entwe<strong>der</strong> haushaltsrechtlich o<strong>der</strong> einfach sachlich falsch.<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Welche?)<br />

- Ich komme gleich darauf zu sprechen. Da komme ich schon zu Ihren<br />

Vorschlägen. Nachdem Sie in den bisherigen Ausschussberatungen<br />

nicht einen einzigen Deckungsvorschlag vorgestellt haben, wenn ich<br />

richtig informiert wurde,<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Was?)<br />

habe ich mit wachsen<strong>der</strong> Begeisterung Ihre Presseinformation zum<br />

alternativen Haushaltsplanentwurf <strong>der</strong> PDS gelesen.<br />

Kollege Porsch, Sie glauben ernsthaft, dass die Kapitalzuführung an<br />

die Landesbank etwas mit dem Sachsen-Finanzverband zu tun hätte?<br />

Das ist mitnichten <strong>der</strong> Fall. Hier geht es um die Verbesserung <strong>der</strong><br />

Eigenkapitaldecke <strong>der</strong> Landesbank. Auch bei den Zinserlösen aus dem<br />

Verkauf <strong>der</strong> UMTS-Lizenzen haben Sie vergessen, dass die<br />

Finanzverfassung unserer Republik nicht durch einseitigen Wunsch<br />

<strong>der</strong> PDS Sachsen geän<strong>der</strong>t werden kann.<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Könnte!)<br />

Kollege Hahn, wenn Sie schon nichts mehr in den Flughafen<br />

Leipzig/Halle investieren, dann nehmen Sie den Gebieten mit<br />

beson<strong>der</strong>em Entwicklungsbedarf nicht auch noch die mühsam erkämpften<br />

Zuschüsse zur Wirtschaftsför<strong>der</strong>ung.<br />

(Dr. Hahn, PDS: Sie können doch einen Kredit nehmen als GmbH!)<br />

- Kollege Hahn und werte Kollegen <strong>der</strong> PDS-Fraktion, das war nicht<br />

nur knapp daneben, das war deutlich vorbei.<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Oh, das glaube ich nicht!)<br />

O<strong>der</strong>, um es an<strong>der</strong>s zu sagen, Sie sind als Porsche gestartet und als<br />

Trabant ins Ziel gekommen.<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Aber ins Ziel gekommen im Gegensatz<br />

zu euch!)<br />

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zum mo<strong>der</strong>nen Haushalt gehört<br />

des Weiteren eine klar abgegrenzte Macht des Finanzministers. Er<br />

darf zweierlei nicht tun: Er darf sich erstens nicht die<br />

Richtlinienkompetenz des Ministerpräsidenten anmaßen und er darf<br />

zweitens nicht selbstherrlich in die Einzelhaushalte <strong>der</strong><br />

Fachminister hineinregieren. Beides tut <strong>der</strong> Finanzminister. Wir<br />

haben den Sommer und Herbst über erlebt, wohin das führt: Eine<br />

Kette von Rücktrittsdrohungen und darauf folgende Kapitulationen.<br />

Ohnehin scheinen Rücktrittsdrohung und Einknicken zum neuen<br />

Regierungsstil <strong>der</strong> CDU seit den Wahlen im letzten Jahr geworden zu<br />

sein. Wir sind gespannt, wer als nächster Nerven zeigt und, wenn es<br />

darauf ankommt, sie doch wie<strong>der</strong> verliert.<br />

Am <strong>Beginn</strong> jedes ehrlichen Haushalts steht die nüchterne Bilanz. Es<br />

bringt uns nicht weiter, wenn eine Regierung nur gesundbetet und<br />

Legenden über eine Erfolgsgeschichte Sachsens strickt. Solange wir<br />

nicht mit beiden Beinen auf dem Boden <strong>der</strong> Tatsachen stehen, ist<br />

jedes geschönte Bild vom goldenen Sachsen kontraproduktiv. Eine<br />

nüchterne Sicht auf die Wirklichkeit ist die Bedingung für deutschdeutsche<br />

Solidarität. Diese Solidarität brauchen wir dringen<strong>der</strong><br />

denn je im Rahmen <strong>der</strong> Solidarpaktverhandlungen.


Wir sind wie die Staatsregierung <strong>der</strong> Auffassung, dass <strong>der</strong> Aufbau<br />

Ost mit dem Solidarpakt II fortgeführt werden muss. Wir anerkennen<br />

dabei die Bemühungen des Staatskanzleichefs Thomas de Maizière. Ich<br />

bin mir <strong>der</strong> Unterstützung <strong>der</strong> SPD-Ministerpräsidenten sicher, wenn<br />

es darum geht, eine für alle Seiten vernünftige Lösung für den Soli<br />

II zu finden. Es wird hingegen die schwere Aufgabe des<br />

Ministerpräsidenten sein, seine politischen Freunde, die<br />

Ministerpräsidenten von Bayern, Hessen und Baden-Württemberg, davon<br />

zu überzeugen, dass auch sie deutsch-deutsche Solidarität beweisen<br />

müssen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Herr Ministerpräsident, hier reicht es eben nicht, bei den Soli-II-<br />

Verhandlungen nur For<strong>der</strong>ungen an die Bundesregierung aufzumachen.<br />

Doch zurück zur nüchternen Bilanz. Ein Bruttoinlandsprodukt in<br />

Sachsen, das pro Kopf <strong>der</strong> Bevölkerung auf dem Niveau von Portugal<br />

und Griechenland liegt - nichts gegen diese beiden Län<strong>der</strong>, aber wir<br />

hätten lieber die Touristenzahlen <strong>der</strong> Algarve und <strong>der</strong> Akropolis als<br />

<strong>der</strong>en Bruttoinlandsprodukt. Wir haben ein eigenes Steueraufkommen,<br />

das bei 60 % des Durchschnitts in Deutschland liegt, und da sind<br />

die an<strong>der</strong>en neuen Bundeslän<strong>der</strong> bereits berücksichtigt. Außerdem<br />

haben wir Bevölkerungsverlust zu beklagen. <strong>Der</strong> deutschlandweite<br />

Sterbeüberschuss wird in Sachsen immer mehr von Abwan<strong>der</strong>ung<br />

überlagert. Um es deutlich zu sagen: Wir haben seit 1990 in Sachsen<br />

so viele Bürger verloren wie von 1949 bis zum Bau <strong>der</strong> Mauer.<br />

(Dr. Hähle, CDU: Aber so viele Wähler!)<br />

Das Thema Abwan<strong>der</strong>ung aus Sachsen wird, davon bin ich überzeugt,<br />

ein wesentliches und folgenreiches Thema <strong>der</strong> nächsten Jahre werden.<br />

Wir haben eine hohe Arbeitslosigkeit, die in Sachsen auf hohem<br />

Niveau verharrt. Sachsen ist endgültig hinter Brandenburg<br />

zurückgefallen und auch Mecklenburg-Vorpommern ist näher gerückt.<br />

Zwei strukturelle Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Arbeitslosigkeit sollten aber<br />

in den Vor<strong>der</strong>grund gerückt werden: Zum einen ist <strong>der</strong> drastische<br />

Anstieg <strong>der</strong> Jugendarbeitslosigkeit zu nennen, zum an<strong>der</strong>en liegt <strong>der</strong><br />

Anteil <strong>der</strong> Langzeitarbeitslosen bei fast 40 %. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Seite melden einzelne Branchen bereits Fachkräftemangel. Kollege<br />

Rohwer, die Abwan<strong>der</strong>ung junger Menschen wird in Verbindung mit <strong>der</strong><br />

demografischen Entwicklung mittelfristig zu einem Fachkräftemangel<br />

führen. Kollege Hähle, noch schlimmer: Wir stellen steigende Armut<br />

im Freistaat fest. Das Thema wird allzu oft totgeschwiegen, gehört<br />

aber mit zur Wirklichkeit, wenn wir nüchtern und ehrlich sein<br />

wollen.<br />

In Sachsen steigt seit 1991 die Zahl <strong>der</strong> Empfänger von Sozialhilfe.<br />

Armut in Sachsen ist jung. 40 % <strong>der</strong> Empfänger von Sozialhilfe sind<br />

unter 18 Jahren. Armut in Sachsen ist mehrheitlich weiblich. Kin<strong>der</strong><br />

unter fünf Jahren sowie Frauen zwischen 20 und 25 Jahren sind die<br />

statistisch auffälligste Gruppe. Wenn man nicht die Sozialhilfe,<br />

son<strong>der</strong>n weniger als 50 % des durchschnittlichen Einkommens als<br />

Armutsgrenze definiert, dann verstärkt sich das Bild noch. Dann<br />

sieht man, dass viel mehr Haushalte mit niedrigem Einkommen<br />

auskommen müssen, als die Zahlen <strong>der</strong> Sozialhilfestatistik es<br />

verdeutlichen. Wir haben also in Sachsen bereits das aus den USA


wohlbekannte Problem <strong>der</strong> arbeitenden Armen. Was macht unser<br />

Ministerpräsident aus diesen sattsam bekannten "McDonalds-Jobs",<br />

von denen es in Sachsen schon viel zu viele gibt? Eine höhere<br />

Beschäftigungszahl als im Westen - das entbehrt nicht eines<br />

gewissen Sarkasmus.<br />

In Westdeutschland, meine Damen und Herren, hat <strong>der</strong> normale<br />

Arbeiter Tariflohn. Wer nur Tariflohn hat, <strong>der</strong> steht quasi am<br />

unteren Ende <strong>der</strong> Skala. Und in Sachsen? Hier wären viele glücklich,<br />

überhaupt Tariflohn zu bekommen. Nehmen wir das Beispiel einer<br />

Verkäuferin, die für einen Stundenlohn von 7,00 DM arbeiten muss<br />

und dann noch jede Menge Überstunden leistet, die nicht vergütet<br />

werden. Horrorszenario, meinen Sie? Nein, Realität, die man auch in<br />

vielen an<strong>der</strong>en Branchen antrifft. Wir sind, unabhängig von allen<br />

Schritten zur weiteren Angleichung an Westlöhne, immer noch und<br />

fast mehr denn je Niedriglohngebiet. Lassen wir das, wenn wir über<br />

den sozialen Aspekt Ost sprechen, nicht aus den Augen!<br />

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wir Sozialdemokraten haben<br />

in den Ausschusssitzungen klar unsere politischen Schwerpunkte für<br />

diesen Haushalt dargestellt und durch Anträge untermauert. Wir<br />

werden dies während <strong>der</strong> nun beginnenden Einzelberatungen und im<br />

Plenum nochmals tun. Mehr Freiräume für die Kommunen, mehr<br />

Investitionen in Bildung und ein deutliches Mehr für soziale<br />

Gerechtigkeit! Ich habe alle drei Bereiche schon detailliert<br />

dargestellt.<br />

Nachdem wir jahrelang immer wie<strong>der</strong> vergeblich vom Innenminister ein<br />

Konzept für eine Funktionalreform gefor<strong>der</strong>t haben, haben wir nun<br />

selbst ein Rahmengesetz eingebracht. Warum tun wir das? Nicht um<br />

<strong>der</strong> Einsparpotenziale willen, die es sicherlich in Größenordnungen<br />

gibt. Nein, im gleichen Maß, wie Mo<strong>der</strong>nität für einen<br />

Landeshaushalt heißt, die Prioritäten bei Bildung und Sozialem<br />

richtig zu setzen, zeichnet sich ein mo<strong>der</strong>nes Bundesland durch eine<br />

funktionierende, eine - ich betone - effektiv funktionierende<br />

Verwaltung aus. Dies geht in Sachsen nur durch eine grundlegende<br />

Verwaltungsmo<strong>der</strong>nisierung. Diese ist konsequenter Teil unseres<br />

Mo<strong>der</strong>nisierungsansatzes, denn von einem mo<strong>der</strong>nen Staat ist <strong>der</strong><br />

Freistaat Sachsen immer noch weit entfernt.<br />

Wenn ich mir die Organigramme unserer Landesverwaltung ansehe, dann<br />

vermisse ich überall eine Passage, die jedes normale Unternehmen<br />

ganz dick in die Mitte eines jeden Organigramms schreiben würde:<br />

den Kunden, <strong>der</strong> in unserem Fall Bürger ist und um staatliche<br />

Leistungen nachfragt. Noch immer leistet sich <strong>der</strong> Freistaat eine<br />

aufgeblähte Ministerialbürokratie, die ihresgleichen sucht. Noch<br />

immer bestehen im Freistaat neben drei Regierungspräsidien fast 300<br />

weitere Behörden. Von durchgreifenden Reformen, die diesen Zustand<br />

beseitigen würden, ist bei Ihnen aber weit und breit nichts zu<br />

sehen - und das, obwohl <strong>der</strong> Ministerpräsident uns seit vielen<br />

Jahren immer wie<strong>der</strong> doziert, die Verwaltungsmo<strong>der</strong>nisierung gehöre<br />

zu seinen Prioritäten.<br />

Deshalb haben wir heute sehr genau zugehört, als <strong>der</strong><br />

Staatskanzleichef dieses Thema ansprach. Doch wie<strong>der</strong> einmal war


nichts zu hören außer dem, was man schon oft angekündigt, aber nie<br />

richtig angepackt o<strong>der</strong> umgesetzt hat.<br />

Herr de Maizière, Sie haben uns heute ob unserer Vorschläge zu den<br />

Regierungspräsidien gescholten. Was wollen wir? Durch die Bündelung<br />

<strong>der</strong> drei Regierungspräsidien in einer Staatsmittelbehörde werden<br />

die von Ihnen beabsichtigten Ziele <strong>der</strong> Reform, zum Beispiel<br />

effektive Verfahrensgestaltung, wesentlich besser verwirklicht. Was<br />

auffällt, ist, dass Sie nur dort Dezentralisierung machen, wo Sie<br />

einsparen können. Sie orientieren sich gar nicht am Grundsatz <strong>der</strong><br />

Subsidiarität, sonst müssten Sie ihn konsequent auch in den an<strong>der</strong>en<br />

Bereichen anwenden. Genau das tun Sie aber nicht.<br />

Ich erwähne hier nur Ihre Absicht, staatliche Landratsämter<br />

einzuführen. Wenn Sie es ernst nähmen, würden Sie unsere<br />

Vorstellungen bei <strong>der</strong> Kommunalisierung von Aufgaben und<br />

Funktionalreform aufgreifen und umsetzen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Aber die Regierung weiß eben nicht, was sie will. Zum Beispiel<br />

kommt die Verringerung <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> Landkreise durch Gesetz für den<br />

Ministerpräsidenten nicht infrage. So hat er es in seiner letzten<br />

Regierungserklärung betont. Aber <strong>der</strong> Innenminister, ressortmäßig<br />

zuständig, verkündet ganz an<strong>der</strong>e Dinge. Herr Hardraht hat seine<br />

neue Kreisgebietsreform schon längst in <strong>der</strong> Schublade.<br />

(Dr. Jahr, CDU: In welcher Schublade?)<br />

Bis 2007 o<strong>der</strong> vielleicht 2008 sollen nach seinen Vorstellungen von<br />

sieben kreisfreien Städten nur noch drei übrig bleiben und von den<br />

22 Landkreisen nur zehn.<br />

Nun kann man sicherlich auf beiden Varianten mit etwas Kreativität<br />

eine mo<strong>der</strong>ne Verwaltung aufbauen. Man muss sich nur für eine<br />

Variante entscheiden. Wir haben im nächsten Jahr Landrats- und<br />

Oberbürgermeisterwahlen. Da sind klare Entscheidungen und<br />

Aufrichtigkeit gefragt. Sagen Sie den Sachsen, ob die 22 Landkreise<br />

und sieben kreisfreien Städte weiter bestehen bleiben sollen o<strong>der</strong><br />

ob es künftig Landräte auf Abruf geben wird!<br />

Ihre auch heute wie<strong>der</strong> angekündigten Reförmchen werden in<br />

eklatanter Weise dem wi<strong>der</strong>sprechen, was Sie stets ankündigen. Statt<br />

Kommunalisierung und Dezentralisierung wird staatlicher<br />

Zentralismus und Obrigkeitsstaat gepflegt. Dabei können Sie lernen:<br />

Sehen Sie sich doch die Reformschritte in Sachsens Kommunen an!<br />

Die Stadt Leipzig hat inzwischen nicht nur eine sehr gut<br />

funktionierende Beteiligungssteuerung, son<strong>der</strong>n auch schon eine<br />

Anzahl von Bürgerämtern, die dem Bürger erhebliche Erleichterungen<br />

und ein Mehr an Orientierung bringen.<br />

<strong>Der</strong> Mo<strong>der</strong>nisierung unserer Verwaltung muss eine Philosophie<br />

zugrunde liegen, die einen durchsetzungsfähigen, effizienten,<br />

beweglichen, lernfähigen und vor allem aktivierenden Staat will.<br />

(Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Aufgabe <strong>der</strong> Gesetzgebung ist es, den passenden Rahmen zu schaffen,<br />

<strong>der</strong> dies ermöglicht. Hier sind wir als SPD-Fraktion in Vorleistung<br />

getreten. Wir haben nicht nur ein Gesetz zur<br />

Verwaltungsmo<strong>der</strong>nisierung vorgelegt, son<strong>der</strong>n durch ein<br />

Informationsfreiheitsgesetz sowie ein Gesetz zur Einführung von


demokratischeren Stichwahlen deutlich unser Leitbild von einem<br />

mo<strong>der</strong>nen, aktivierenden Staat präsentiert.<br />

Wir wollen mit unserem Verwaltungsmo<strong>der</strong>nisierungsgesetz nicht nur<br />

alte Zöpfe abschneiden, son<strong>der</strong>n einen effektiveren Einsatz von<br />

öffentlichen Mitteln und Personal am rechten Ort zur rechten Zeit<br />

für die wichtigen Aufgaben unserer Zukunft gewährleisten. Dafür ist<br />

eine Beschränkung <strong>der</strong> Ministerialebene auf strategische und<br />

programmatische Steuerungsaufgaben nötig.<br />

<strong>Der</strong> Selbstbedienungsmentalität, wie sie <strong>der</strong>zeit an <strong>der</strong> Spitze des<br />

Freistaates vorherrscht, sagen wir den Kampf an. Dezentralisierung<br />

durch Kommunalisierung sind für uns nicht bloß Worte, son<strong>der</strong>n<br />

Programm. Wir wollen einen mo<strong>der</strong>n verwalteten Staat, <strong>der</strong> seine<br />

Bürger bildet, <strong>der</strong> für soziale Gerechtigkeit und Arbeitsplätze<br />

einsteht und <strong>der</strong> seinen Kommunen die Luft zum Atmen lässt,<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

also einen Freistaat, in dem die Bürger gern wohnen und eben nicht<br />

abwan<strong>der</strong>n.<br />

Wenn Sie diesen Kurswechsel vornehmen würden - so darf ich Ihren<br />

Parteifreund Friedrich Merz leicht abgewandelt zitieren -, dann<br />

hätten Sie allen Grund zur Fröhlichkeit und könnten dem sächsischen<br />

Volk sagen, es werde gut regiert. Doch die Wirklichkeit sieht<br />

an<strong>der</strong>s aus. Würde Friedrich Merz im <strong>Sächsische</strong>n <strong>Landtag</strong> seinen Job<br />

verrichten, würde er vielleicht sagen: "Wir sind ein prima Land,<br />

aber wir werden miserabel regiert."<br />

(Beifall bei SPD und PDS)<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Ich bitte die CDU-Fraktion um den<br />

nächsten Redebeitrag. Herr Abg. Rohwer.<br />

Rohwer, CDU: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und<br />

Herren! Alle Jahre wie<strong>der</strong> präsentiert die Opposition uns ihr Rezept<br />

für die Zukunftsfähigkeit dieses Landes.<br />

(Jurk, SPD: Weil Sie keins haben!)<br />

Jedes Jahr erleben wir dasselbe Spektakel: des Kaisers neue<br />

Klei<strong>der</strong>.<br />

Man muss den Menschen im Land deutlich sagen, was Sie hier bar<br />

je<strong>der</strong> Verantwortung immer wie<strong>der</strong> tun. Rechnet man Ihre Anträge mit<br />

ausgabenwirksamen Leistungen <strong>der</strong> letzten Legislaturperiode<br />

zusammen, kommt man zu einem Ergebnis, das in <strong>der</strong> Tradition von<br />

zwei Saarlän<strong>der</strong>n steht.<br />

(Frau Dr. Volkmer, SPD: Ha, ha!)<br />

Meine Damen und Herren! Haushaltsberatungen sind für mich etwas<br />

Spannendes. Wenn dieses Zahlenwerk im Parlament diskutiert wird,<br />

befinden wir Abgeordneten uns in einer <strong>der</strong> schwierigsten,<br />

arbeitsintensivsten, aber auch spannendsten Phasen unserer Arbeit.<br />

Es geht vor<strong>der</strong>gründig um Zahlen, tatsächlich aber um Inhalte und um<br />

Perspektiven.<br />

Mit dem vorliegenden Doppelhaushalt werden wir die Richtung für die<br />

nächsten zwei Jahre weisen. Es sind deswegen zwei wichtige Jahre,<br />

weil wir ganz ohne Zweifel für den Freistaat Sachsen und für seine<br />

Bürger die Richtung entscheiden. Wir legen damit den Grundstein für<br />

das 21. Jahrhun<strong>der</strong>t und wir gehen in das zweite Jahrzehnt in


freiheitlich demokratischer und auch in marktwirtschaftlicher<br />

Verfassung im Freistaat Sachsen.<br />

(Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Die CDU-Fraktion repräsentiert Sachsen in beson<strong>der</strong>er Weise in<br />

diesem Hohen Hause. Je<strong>der</strong> Wahlkreis hat eine Stimme in unserer<br />

Fraktion. Die Menschen in unserem Land haben uns mit dieser<br />

bürgernahen Kompetenz ausgestattet.<br />

(Jurk, SPD: Manche nutzen sie nie!)<br />

Jede Region Sachsens ist dadurch mit ihren ureigensten<br />

Vorstellungen präsent.<br />

<strong>Der</strong> nun zur Beschlussfassung vorliegende Doppelhaushalt vertuscht<br />

nichts. Er ist ein Werk, welches Reformen anmahnt und auch zulassen<br />

wird. Ich möchte die Bereiche Kin<strong>der</strong>tagesstätten, Schulen und<br />

Hochschulen an dieser Stelle nur beispielhaft nennen.<br />

Im Gegensatz zur Opposition sind wir in <strong>der</strong> CDU-Fraktion uns<br />

unserer Verantwortung für dieses, für unser Land bewusst. Wir lösen<br />

Probleme gemeinsam und erarbeiten Konzepte, die den gesamten<br />

Freistaat voranbringen.<br />

In Vorbereitung auf diese Rede habe ich mich immer wie<strong>der</strong> an<br />

Christoph Heins "Die Ritter <strong>der</strong> Tafelrunde" erinnert. Vielleicht<br />

kennen einige von Ihnen dieses Stück, das in Dresden jahrelang<br />

gespielt worden ist. Christoph Hein beschreibt in dem Stück das<br />

Leben <strong>der</strong> Ritter <strong>der</strong> Tafelrunde am Hof von Artus. Sie, die Ritter,<br />

sind älter geworden. Sie sind noch immer dem Ideal des Grals<br />

verschworen. Sie wissen, dass sie in naher Zukunft den Staffelstab<br />

an die jüngere Generation weiterreichen werden.<br />

Was hat das jetzt mit dem Haushalt für das 21. Jahrhun<strong>der</strong>ts zu tun?<br />

(Jurk, SPD: Schönes Bild!)<br />

Die Ritter haben erstens einen fiskalischen Konflikt. Sie müssen<br />

nämlich ihr Reich finanzieren. Sie haben zweitens einen kulturellen<br />

Konflikt, nämlich zwischen Jung und Alt und zwischen Nei<strong>der</strong>n<br />

außerhalb ihres Bereiches und ihrem Anspruch, dieses Reich zu<br />

verteidigen. Die Ritter haben drittens ein demografisches Problem.<br />

(Jurk, SPD: Die Nachfolger fehlen!)<br />

Das wurde von Ihnen, Herr Jurk, schon ausgeführt. Deswegen, denke<br />

ich, wissen Sie, worauf ich hinaus will. Es mangelte ihnen nämlich<br />

an ausreichendem Nachwuchs.<br />

Dieses Problem führt zu einem weiteren Konflikt, weil die<br />

nachwachsende Generation an<strong>der</strong>e, eigene Vorstellungen entwickelt.<br />

Die Ritter kommen in die Versuchung Gesetze zu erlassen, die ihre<br />

Arbeit unzerstörbar machen sollen. Darauf antwortet Artus mit den<br />

vielsagenden Worten: "Es gibt keine Gesetze, die die Zukunft<br />

festlegen."<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Das, meine lieben Damen und Herren von <strong>der</strong> Opposition, möchte ich<br />

Ihnen ins Stammbuch schreiben. Gerade mit Ihren Anträgen in <strong>der</strong><br />

Haushaltsberatung haben Sie unter Beweis gestellt, dass Sie ständig<br />

versuchen alte Besitzstände, die nicht mehr überlebensfähig sind,<br />

in die Zukunft zu retten.<br />

(Proteste bei PDS und SPD)


Sie wollten nötige Reformen in diesem Freistaat Sachsen verhin<strong>der</strong>n.<br />

Sie erliegen immer wie<strong>der</strong> <strong>der</strong> allzu großen Versuchung, alles<br />

übermäßig zu reglementieren und dann doch nicht zu regeln.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Wenn wir schon einmal beim Stammbuch <strong>der</strong> Opposition sind, dann<br />

schreiben Sie sich gleich noch mit hinein, dass dieser Unsinn,<br />

diese Konzeptionslosigkeit nicht mit <strong>der</strong> CDU-Fraktion und auch<br />

nicht mit den Menschen in diesem Freistaat Sachsen zu machen ist.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Kommen wir zurück zu den drei Konfliktfel<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Ritter <strong>der</strong><br />

Tafelrunde. Alle drei Konfliktbereiche haben etwas miteinan<strong>der</strong> zu<br />

tun und sollten dennoch einzeln betrachtet werden.<br />

Lassen Sie mich mit dem ersten, dem fiskalischen Konflikt beginnen.<br />

Viel wurde in den vergangenen zehn Jahren erreicht. Es ging in<br />

Sachsen merklich voran, auch gegenüber an<strong>der</strong>en neuen Bundeslän<strong>der</strong>n.<br />

Trotzdem eilen wir in manchen Bereichen noch den globalen<br />

Entwicklungen hinterher. Die Versuchung liegt nahe, dies schnell<br />

mit öffentlichen Mitteln auszugleichen. Auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite<br />

stehen die Entscheidungen zum Solidarpakt II und zum<br />

Län<strong>der</strong>finanzausgleich noch aus. Die Steuerdeckungsquote ist in<br />

allen neuen Bundeslän<strong>der</strong>n nicht befriedigend. Wir wissen also nicht<br />

genau, wie viel Geld wir in <strong>der</strong> Zukunft jährlich zur Verfügung<br />

haben.<br />

Diese Konstellation verdeutlicht unweigerlich das<br />

haushaltspolitische Dilemma, in das jede Landesregierung <strong>der</strong> neuen<br />

Bundeslän<strong>der</strong> kommen muss. Auf <strong>der</strong> einen Seite wollen wir unser Land<br />

weiter aufbauen und uns in die Spitzengruppe europäischer Regionen<br />

arbeiten; auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite aber dürfen wir nicht den<br />

Schuldenstand unseres Landes und damit den Handlungsspielraum <strong>der</strong><br />

nachfolgenden Generationen außer Acht lassen.<br />

(Beifall <strong>der</strong> Abg. Dr. Münch, CDU, und Dr. Jahr, CDU)<br />

Trotz allem liegt die Investitionsquote im sächsischen Haushalt<br />

seit Jahren bundesweit an <strong>der</strong> Spitze. Das ist auch gut so; denn <strong>der</strong><br />

Staat ist für den Bürger da und nicht umgekehrt. Nicht <strong>der</strong> Staat<br />

verschafft sich die Finanzen von den Menschen, son<strong>der</strong>n die Menschen<br />

bedienen sich des Staates, um das Zusammenleben zu organisieren. In<br />

dieser Beziehung wird auch dieser Haushalt erneut Maßstäbe setzen,<br />

denn finanzielle Sicherheit geht vor spekulativem Abenteurertum.<br />

Wir in <strong>der</strong> CDU-Fraktion führen auch in den nächsten Jahren das<br />

Konzept weiter, welches den Freistaat Sachsen bisher nach vorn<br />

gebracht hat. Wir werden in Sachsen gerade <strong>der</strong> jungen Generation<br />

keinen erdrückenden Schuldenberg weiterreichen, son<strong>der</strong>n durch eine<br />

kluge und mitunter nicht gerade populäre Finanzpolitik den Staat<br />

auch in Zukunft handlungs- und innovationsfähig halten.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Mit diesem Haushalt beschließen wir auch ein Stück Zukunft auch und<br />

gerade für uns junge Menschen im Freistaat Sachsen. Ich glaube, wir<br />

haben eine gute Arbeit geleistet; es ist <strong>der</strong> richtige Haushalt für<br />

die nächsten zwei Jahre.<br />

Lassen Sie mich nun zum zweiten Konflikt, dem kulturellen Konflikt,<br />

kommen. Was heißt das für Sachsen? Wenn die Opposition von <strong>der</strong>


Zukunft unseres Landes spricht, dann erkennt sie seltsamerweise nur<br />

eine überalterte und vergreiste Gesellschaft, <strong>der</strong> die jungen Leute<br />

weglaufen. Die Damen und Herren von <strong>der</strong> Opposition halten uns vor,<br />

die jungen Leute liefen weg, die CDU verweigere ihnen die<br />

Perspektive.<br />

(Zuruf von <strong>der</strong> PDS: So ist es!)<br />

Ich kann dies nicht nachvollziehen und ich halte es auch nicht für<br />

richtig.<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Das ist ja das Problem!)<br />

Seien wir doch einmal ehrlich zueinan<strong>der</strong>: Es geht nicht darum, wie<br />

viele weggehen; es ist wichtig, wer herkommt und wer wie<strong>der</strong>kommt.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU - Prof. Dr. Porsch, PDS: Es kommt doch<br />

keiner!)<br />

Wir dürfen jungen Menschen nicht die Chance verbauen Erfahrungen zu<br />

sammeln, son<strong>der</strong>n wir müssen ihnen die Möglichkeit geben, ihre neu<br />

gewonnenen Erfahrungen in unserem Land einzubringen. Seien wir<br />

deshalb nicht die klammernde, son<strong>der</strong>n die weitblickende Mutter! Das<br />

ist das Gebot <strong>der</strong> Stunde.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Eine Möglichkeit, junge Menschen herzuholen, ist eine attraktive<br />

Wissenschaftspolitik. Wir wollen deshalb mit diesem Haushalt die<br />

Kernkompetenzen an unseren Ausbildungsstätten stärken. So gibt es<br />

in unserem Land viele junge Professoren an den Hochschulen und<br />

Fachhochschulen. Auch dies ist ein Grund, warum gerade junge<br />

Menschen aus an<strong>der</strong>en Bundeslän<strong>der</strong>n zu uns zum Studium kommen. Eine<br />

weitsichtige Wissenschaftspolitik bietet <strong>der</strong> Wirtschaft, den<br />

Unternehmen die beste Ressource, die wir in unserem Land haben<br />

können, nämlich top-ausgebildete junge Menschen. Unsere junge<br />

sächsische Wirtschaft wird sie in den nächsten Jahren dringend<br />

brauchen.<br />

Natürlich haben auch junge Verwaltungsfachleute aus an<strong>der</strong>en<br />

Bundeslän<strong>der</strong>n bei uns eine Chance bekommen. Dies nicht deshalb,<br />

weil sie geografische Vorteile hatten, son<strong>der</strong>n da sie eine<br />

Ausbildung mitbrachten, die wir in Sachsen dringend benötigten.<br />

Aufgrund <strong>der</strong> DDR-Vergangenheit konnten wir eine solche Ausbildung<br />

gar nicht absolvieren. Begreifen wir an<strong>der</strong>e Menschen als<br />

Mitstreiter und nicht als Gegner, die es wie<strong>der</strong> aus dem Land zu<br />

jagen gilt frei nach dem Motto: Die Geister, die ich rief, werde<br />

ich nun nicht wie<strong>der</strong> los.<br />

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Posch, PDS)<br />

- Ja, ich habe mich auch gewun<strong>der</strong>t, Herr Porsch, aber so kann man<br />

das eben unterschiedlich bewerten.<br />

Geben wir darüber hinaus unseren jungen Menschen, die nun ihr<br />

vorhandenes Selbstbewusstsein ein bisschen mehr einsetzen sollten -<br />

das muss man auch einmal sagen -, eine Chance. Dabei darf Alter<br />

kein Wert an sich sein. Es kann auch nicht <strong>der</strong> Ort <strong>der</strong> Geburt<br />

ausschlaggebend dafür sein, wo man arbeitet. Einziges Kriterium<br />

kann nur die Qualität sein, sowohl in <strong>der</strong> Verwaltung wie in <strong>der</strong><br />

Wirtschaft und in <strong>der</strong> Wissenschaft. Dass dies überzeugt, dafür gibt<br />

es mittlerweile mehrere Beispiele.


Viel ist in den vergangenen Jahren auch über das Thema Ost-West<br />

diskutiert worden. Ich glaube, wir sollten endlich mit dieser<br />

unfruchtbaren Diskussion aufhören. Wir sollten endlich akzeptieren,<br />

dass Deutsche aus unterschiedlichen Regionen unterschiedliche<br />

Biografien haben. Das gilt im Übrigen auch für Deutsche, die aus<br />

<strong>der</strong> gleichen Region stammen. Auch sie haben unterschiedliche<br />

Biografien. Auch deshalb kommt es hier und da wie<strong>der</strong> zu<br />

Missverständnissen. Ich halte es für nicht so schlimm, wenn man<br />

nicht immer sofort alles versteht, was <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e sagt o<strong>der</strong> sagen<br />

will. Wichtig ist doch, miteinan<strong>der</strong> im Gespräch zu sein und auch zu<br />

bleiben. Aber hören wir bitte mit dem Schwarz-Weiß-Denken, hören<br />

wir mit Ossi-Wessi auf und haben wir endlich Mut zu Graustufen!<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU - Beifall <strong>der</strong> Abg. Frau Dr. Schwarz, SPD,<br />

und des Abg. Jurk, SPD)<br />

Sachsen braucht Offenheit. Ich glaube, damit können wir nur<br />

gewinnen.<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Fangen Sie einmal an damit!)<br />

Kommen wir nun zum dritten von mir angesprochenen Konflikt. Das ist<br />

<strong>der</strong> demografische. Abwan<strong>der</strong>ung und demografisches Defizit werden<br />

die zentralen Bereiche in den nächsten Jahren sein, wenn es um die<br />

Zukunftsfähigkeit des Freistaates Sachsen geht.<br />

Ich glaube, ohne gesteuerte Zuwan<strong>der</strong>ung werden wir den Konflikt<br />

nicht lösen können. Hier ist nicht nur <strong>der</strong> staatliche Sektor<br />

gefor<strong>der</strong>t, son<strong>der</strong>n auch die Familie, die kleinste Zelle unseres<br />

Gesellschaftsverständnisses. Die eigene Familie gibt Kin<strong>der</strong>n und<br />

Jugendlichen die wichtigsten Prägungen für ihr weiteres Leben mit<br />

auf den Weg. Hier werden moralische Werte, Erziehung und Bildung<br />

vermittelt. Da nützt es wenig, wenn die linken Kräfte in unserem<br />

Land versuchen, genau dieses Institut durch blinde Gleichmacherei<br />

zu schwächen und lächerlich zu machen. Meine Damen und Herren von<br />

<strong>der</strong> Opposition, so kann man eine Gesellschaft auch kaputtmachen.<br />

Gleichheit ist eben nicht gleich Gerechtigkeit. Gleichheit<br />

beinhaltet auch Zwang, <strong>der</strong> wie<strong>der</strong>um ein hohes Maß an<br />

Ungerechtigkeit impliziert. Aber die Menschen sind doch viel zu<br />

individuell, als dass sie sich in Schubladen pressen ließen. Wir<br />

müssen Individualität för<strong>der</strong>n, dem Einzelnen Raum und Chancen<br />

geben.<br />

(Frau Ludwig, SPD: Das ist richtig!)<br />

Subsidiarität heißt eben nicht sich aus <strong>der</strong> Verantwortung zu<br />

stehlen, wie von <strong>der</strong> Opposition behauptet, son<strong>der</strong>n bedeutet sich<br />

auf die wirklichen Probleme des Landes zu konzentrieren. Ich sage:<br />

Füllhorn statt Gießkanne!<br />

Wir för<strong>der</strong>n junge Familien, indem wir für mo<strong>der</strong>ate Elternbeiträge<br />

sorgen und sie mit einem neuen Landeserziehungsgeld, welches gut<br />

auf die unterschiedlichen sozialen Situationen reagieren kann,<br />

unterstützen. Für die För<strong>der</strong>ung junger Familien ist es aber auch<br />

ganz wichtig, dass wir in <strong>der</strong> Lage sind ihnen eine Heimat zu geben.<br />

Heimat ist in Zeiten <strong>der</strong> Globalisierung etwas ganz Wichtiges. Mit<br />

dem Begriff werden unterschiedliche Assoziationen geweckt. Er ist<br />

jedoch ein Begriff, <strong>der</strong> für viele Menschen einen positiven Klang<br />

hat. Heimat ist <strong>der</strong> Teil <strong>der</strong> Welt, in dem man sich zu Hause fühlt,


für den man am ehesten bereit ist Verantwortung zu übernehmen. In<br />

Zeiten <strong>der</strong> weltweiten Vernetzung und des Erfor<strong>der</strong>nisses hoher<br />

Flexibilität ist die Verbundenheit zur Heimat als Ur- und<br />

Ausgangspunkt für neue Aktivitäten beson<strong>der</strong>s wichtig. Deshalb<br />

braucht Sachsen keinen Lokalskeptizismus, son<strong>der</strong>n Sachsen braucht<br />

Lokalbewusstsein.<br />

Sehr geehrte Damen und Herren! Auch <strong>der</strong> Freistaat Sachsen - mehrere<br />

Redner haben das heute schon erwähnt - kann sich in den nächsten<br />

Jahren einem Problem nicht entziehen. Das gilt im Übrigen für alle<br />

16 Bundeslän<strong>der</strong>. Auch wir können nicht vor den demografischen<br />

Entwicklungen in Deutschland und in Westeuropa davonlaufen.<br />

(Beifall <strong>der</strong> Abg. Dr. Jahr, CDU, und Dr. Münch, CDU)<br />

Ganz ohne Zweifel werden wir in zehn bis 20 Jahren einen<br />

überproportionalen Anteil älterer Bürger haben. Auch wir müssen uns<br />

in unserer Arbeit darauf einstellen.<br />

Wir sollten dies aber auch nicht als Status quo hinnehmen, son<strong>der</strong>n<br />

aktiv dafür kämpfen, dass junge Leute ihren Wohnsitz gezielt im<br />

Freistaat Sachsen nehmen. Dies tun wir aber nicht, indem wir<br />

permanent unser Land und womöglich dessen Bürger schlechtreden.<br />

Zeigen wir all denjenigen die rote Karte, die nicht gewillt sind,<br />

wirkliche Verän<strong>der</strong>ungen herbeizuführen, son<strong>der</strong>n sich nur auf die<br />

Kritik beschränken. Deshalb: Rote Karte für Nörgler und Schwätzer!<br />

(Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> CDU - Prof. Dr. Porsch, PDS:<br />

Das habe ich schon einmal vor 1989 gehört!)<br />

- Herr Porsch, Sie haben das vorhin selbst ausgeführt. Ich habe<br />

eher erwartet, dass Sie jetzt Beifall spenden.<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Bei solchen Äußerungen nicht!)<br />

Kommen wir aber zurück zur Opposition. In den Reihen <strong>der</strong> Opposition<br />

herrscht manchmal blin<strong>der</strong> Aktionismus vor logischem und abwägendem<br />

Denken. Lieber will man kurzfristige und möglichst mediengerechte<br />

Störaktionen fahren, als sich die Mühe zu machen, langfristige und<br />

weitblickende Konzepte für die Zukunft unseres Landes zu<br />

entwickeln. Ein je<strong>der</strong> in diesen Fraktionen versucht seine eigenen<br />

Vorstellungen durchzusetzen. Wie 30 bzw. 14 kleine Fürsten wachen<br />

sie über ihre Interessen und sind ganz unerhört beleidigt, wenn<br />

ihnen jemand diese Kompetenzen streitig machen o<strong>der</strong> ihre Vorschläge<br />

nicht berücksichtigen will.<br />

(Jurk, SPD: Kollege Rohwer, du weißt nichts!)<br />

Was dahinter fehlt, ist ein klares und vor allem stimmiges Konzept,<br />

wie sich Sachsen entwickeln soll. Alles ist mehr o<strong>der</strong> weniger<br />

Stückwerk. Wenn man von <strong>der</strong> Opposition wenigstens einmal eine<br />

deutliche Fraktionsmeinung hören würde, beson<strong>der</strong>s von <strong>der</strong> PDS, wo<br />

ja eine junge Truppe herrscht, dann könnte bereits Freude<br />

aufkommen.<br />

Meine Damen und Herren! Dennoch finde ich, dass es Spaß macht, in<br />

diesem Land zu leben - trotz dieser Opposition.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Es macht Spaß sich mit den Sachsen für diesen Freistaat zu<br />

engagieren. Die Sachsen gelten seit jeher als äußerst freundliches<br />

und aufgeschlossenes Volk, welches durch seine Pfiffigkeit und die<br />

Fähigkeit, auf Verän<strong>der</strong>ungen schnell zu reagieren, sich und seine


Region immer vorangebracht hat. Namhafte Hersteller verlagern ihre<br />

Kompetenzzentren bzw. Produktionszweige in das Land zwischen Pleiße<br />

und Neiße. Die Namen VW, AMD und Infineon sprechen für sich. Erst<br />

kürzlich gab Porsche bekannt, dass das Unternehmen das neue Werk in<br />

Leipzig noch vor <strong>der</strong> eigentlichen Fertigstellung erweitern will.<br />

(Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Doch es ist nicht allein die Fertigungshalle, die hier günstig<br />

errichtet werden kann; es sind eben die Menschen mit ihrer<br />

Ausbildung, mit ihrer Flexibilität und mit ihrer Mentalität, die<br />

die Unternehmen zu uns ziehen lassen. Diese Karte gilt es weiter<br />

auszuspielen, wenn es um die Fortführung des erfolgreichen<br />

sächsischen Weges geht. Die Vereinigung <strong>der</strong> sächsischen Wirtschaft<br />

hat ermittelt, dass in den nächsten Jahren 35 000 neue<br />

Arbeitsplätze allein im produzierenden Gewerbe entstehen werden. 80<br />

% <strong>der</strong> sächsischen Unternehmen bieten mittlerweile eine eigene<br />

Berufsausbildung an. Das ist die von uns angestrebte Variante von<br />

Qualifikation und Fachkraftausbildung: Die Unternehmen bilden zu<br />

über zwei Dritteln wie<strong>der</strong> selbst aus.<br />

Viele reden zurzeit darüber, dass viele Sachsen und vor allem die<br />

viel gerühmten Sächsinnen unser schönes Land verlassen, aber ich<br />

denke, dass Hektik in dieser Frage fehl am Platze ist. Stattdessen<br />

sollten wir unverkrampft, gelassen und nachhaltig agieren. Qualität<br />

und Potenzial werden sich zum Schluss durchsetzen; für beides sind<br />

die Sachsen bekannt. Eröffnen wir den Wettbewerb um die Zukunft<br />

dieses Landes! Werden wir aktiv für Sachsen! Machen wir unsere<br />

Erfolge publik! Es ist an uns, dieses Land nicht nur zu lieben,<br />

son<strong>der</strong>n diese Liebe auch weiterzutragen. Ich jedenfalls bin stolz<br />

auf dieses Land und seine Menschen. Seien Sie es auch!<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Meine Damen und Herren! Manchmal könnte ich den Äußerungen <strong>der</strong><br />

Opposition in diesem Haus Glauben schenken. Immer wie<strong>der</strong> wird davon<br />

berichtet, dass die jungen Leute in Sachsen, von<br />

Perspektivlosigkeit entmutigt, in die Armut abgleiten o<strong>der</strong> sich,<br />

was noch schlimmer wäre, den politischen Extremisten anschließen.<br />

Sehr geehrte Damen und Herren links <strong>der</strong> Mitte in diesem Parlament,<br />

ich kenne genügend Jugendliche, die Sie damit beleidigen würden.<br />

(Frau Ludwig, SPD: So platt argumentieren wir nicht,<br />

Herr Rohwer!)<br />

Lassen Sie deshalb diesen Unsinn! Hören Sie auf zu jammern! Vor<br />

lauter Wehklagerei erkennen Sie we<strong>der</strong> die Realitäten noch halten<br />

Sie Lösungen dafür bereit. So wird Zukunft ganz bestimmt nicht<br />

gemacht.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Kommen wir noch einmal zurück zu Christoph Heins "Die Ritter <strong>der</strong><br />

Tafelrunde".<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Sie sollten öfter ins Theater gehen!)<br />

Er lässt Artus den Satz sprechen: "Wir können nur hoffen und den<br />

Jungen vertrauen." Damit hat er Recht. Ich kann Ihnen versichern:<br />

Gerade die jungen Leute in unserem Land haben Lust auf Zukunft.<br />

Junge Menschen heute sind entscheidungsfreudig. Sie stellen sich<br />

den Herausfor<strong>der</strong>ungen ihrer Zeit. Sie stecken nicht den Kopf in den


Sand. Sie wollen sich einbringen. Junge Leute wollen aktiver Teil<br />

dieser Gesellschaft sein.<br />

(Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Globalisierung ist<br />

Realität. Globalisierung und Demokratie sind zwei Seiten ein und<br />

<strong>der</strong>selben Medaille. Diese Begriffe gehören zusammen. Vielleicht<br />

haben wir Deutsche angesichts unserer Nabelschau diese Verän<strong>der</strong>ung<br />

bisher zu wenig wahrgenommen. Eine offene Gesellschaft wie die<br />

unsere muss sich <strong>der</strong> Globalisierung stellen, ob man es will o<strong>der</strong><br />

nicht.<br />

(Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Deshalb sollte es unsere Aufgabe sein, die Chancen dieser<br />

Entwicklung zu erkennen und sie zu nutzen. Gerade junge Leute sind<br />

hier offener für Neues und stellen sich diesen Herausfor<strong>der</strong>ungen.<br />

Eine Bedrohung ist die Globalisierung nur dann, wenn man sich den<br />

Verän<strong>der</strong>ungen verweigert, wenn man Reformen nur bei an<strong>der</strong>en<br />

anmahnt, aber im Grunde nur auf Besitzstandssicherung aus ist.<br />

Nichts braucht eine junge Generation mehr als das Vertrauen und das<br />

Gefühl gebraucht zu werden. Die Jugend von heute ist sicher nicht<br />

mehr so leicht für die Strukturen <strong>der</strong> politischen Landschaft zu<br />

begeistern. Daraus allerdings zu schließen, die Jugend in<br />

Deutschland und speziell in Sachsen sei politikverdrossen und habe<br />

keine politische Meinung, geht in <strong>der</strong> Einschätzung völlig fehl.<br />

Jugend will mitentscheiden, Jugend will gehört werden und Jugend<br />

hat auch Spaß an Politik.<br />

Ich wünsche mir natürlich auch, dass gerade im politischen Bereich<br />

immer mehr junge Leute die Möglichkeit sich einzubringen erkennen<br />

und vermehrt nutzen.<br />

Prof. Biedenkopf hat in seiner Regierungserklärung am 16.11. dieses<br />

Jahres an die drei wichtigsten Aufgaben für 1990 erinnert. Zwei<br />

Bereiche sind aus meiner Sicht weitgehend erledigt: zum einen <strong>der</strong><br />

Aufbau <strong>der</strong> Regierung und <strong>der</strong> Verwaltung und die Beratung <strong>der</strong><br />

Landesverfassung, zum an<strong>der</strong>en die Überwindung <strong>der</strong> Altlasten aus dem<br />

zusammengebrochenen SED-Regime.<br />

Die dritte Aufgabe, <strong>der</strong> Aufbau und die Erneuerung unseres Landes,<br />

wird permanent bestehen bleiben, weil sie in sich Kontinuität<br />

erfor<strong>der</strong>t. Die neuen Stichworte, die auf <strong>der</strong> Tagesordnung stehen,<br />

lauten jetzt: Verstetigung, Kontinuität und Flexibilität. Das sind<br />

die Themen <strong>der</strong> Zukunft, die es miteinan<strong>der</strong> in Übereinstimmung zu<br />

bringen gilt. Es wird dabei sicher nicht leicht sein den Weg<br />

zwischen Kontinuität und Flexibilität zu finden.<br />

"Deutschland 21 - Wir sind die Zukunft" - so heißt das<br />

programmatische Papier <strong>der</strong> Jungen Union in Sachsen und<br />

Nie<strong>der</strong>schlesien. Darin haben wir jungen Leute in <strong>der</strong> CDU uns<br />

intensiv mit den Herausfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> nächsten 30 Jahre<br />

auseinan<strong>der</strong> gesetzt. Im Ergebnis <strong>der</strong> Überlegungen wurden konkrete<br />

Lösungsvorschläge unterbreitet und nötige Reformen angemahnt. Ich<br />

kann dieses Papier jedem, beson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> Opposition, nur zur Lektüre<br />

empfehlen.<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Haben wir schon gelesen!)<br />

- Das haben Sie schon gelesen?


(Prof. Dr. Porsch, PDS: Ja, aber dann bin ich wie<strong>der</strong> zu<br />

König Artus gegangen!)<br />

- Lassen wir das einfach so im Raum stehen, Herr Porsch.<br />

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich glaube und stimme da mit<br />

meiner Fraktion überein, dass es uns gelingen wird, jungen Menschen<br />

und ihren Familien in diesem Land eine Zukunft zu geben. Wenn wir<br />

diese drei von mir beschriebenen Konflikte bewältigen und sie offen<br />

und direkt mit den Menschen im Freistaat Sachsen diskutieren, dann<br />

werden wir auch Erfolg haben.<br />

Die Bürger dieses Landes haben sich dreimal gezielt für die<br />

konzeptionelle Politik <strong>der</strong> CDU entschieden und sie werden es bei<br />

den bevorstehenden Bürgermeister- und Landratswahlen zu einem<br />

überwiegenden Teil wie<strong>der</strong> tun.<br />

(Jurk, SPD: Das ist aber erstaunlich! Herr Rohwer, woher<br />

wissen Sie denn das?)<br />

Sie haben erkannt, dass von den Oppositionsparteien nicht viel mehr<br />

als Aktionismus und kurzfristige Entscheidungen zu erwarten sind.<br />

<strong>Der</strong> vorgelegte Haushalt geht aus diesem Grund den einzig richtigen<br />

Weg <strong>der</strong> nachhaltigen Konsolidierung <strong>der</strong> Finanzen und des stetigen<br />

Aufbaus unseres Landes. Das ist und bleibt Politik <strong>der</strong> CDU.<br />

Konservative, christliche und bürgerliche Politik im 21.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t bedeutet für uns, am Bewährten festzuhalten, Überlebtes<br />

zu erneuern und Fortschrittlichem aufgeschlossen gegenüberzustehen.<br />

Kommen wir noch einmal zu Christoph Heins "Rittern <strong>der</strong> Tafelrunde"<br />

zurück. Auch er lässt Artus am Schluss prophezeien, dass sein Sohn<br />

vieles verän<strong>der</strong>n werde. Das schreckt Artus aber nicht. Im<br />

Gegenteil, vieles zu verän<strong>der</strong>n heißt nicht, alles zu verän<strong>der</strong>n,<br />

son<strong>der</strong>n es bedeutet, Platz für Neues, Weiterbringendes zu schaffen.<br />

Dies ist unser Anspruch, den wir gemeinsam mit den Bürgern und<br />

allen politischen Freunden zum Wohle Sachsens, Deutschlands und<br />

Europas umsetzen wollen.<br />

Dafür haben die Wähler uns das Mandat erteilt. Wir sind Sachsen in<br />

einer deutschen Nation. Wir sind Teil Europas. Gehen wir weiter den<br />

Weg in ein neues Europa, das größer sein wird!<br />

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Jetzt hat die PDS-Fraktion das<br />

Wort; Frau Abg. Dr. Ernst.<br />

Ich bitte um Verzeihung, Frau Staatsministerin Weber möchte erst<br />

sprechen. Bitte.<br />

Frau Weber, Staatsministerin für die Gleichstellung von Frau und<br />

Mann: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren!<br />

Für mich persönlich ist diese Haushaltsdebatte eine neue Situation.<br />

Bei den letzten Beratungen zum Haushaltsplan 1999/2000 war ich noch<br />

als Abgeordnete und diesmal bin ich als Abgeordnete und Mitglied<br />

<strong>der</strong> <strong>Sächsische</strong>n Staatsregierung beteiligt.<br />

Ich versichere Ihnen, die Verhandlungen waren für alle nicht<br />

leicht. Doch das gemeinsame Ringen um kreative Lösungen hat zum<br />

Erfolg geführt, zu einem Ergebnis, mit dem wir uns sehen lassen<br />

können.


An dieser Stelle, Herr Jurk, gestatten Sie mir doch zwei, drei<br />

persönliche Bemerkungen, weil Sie ja nun auch zu dem Thema "Frauen<br />

in Sachsen" einige Sätze haben fallen lassen. Ich denke ganz<br />

einfach, dass Sie als Fraktionschef <strong>der</strong> SPD-Fraktion, die sich ja<br />

viel um Frauenpolitik gekümmert hat - keine Frage -, es besser<br />

wissen, als Sie es dargestellt haben.<br />

(Jurk, SPD: Die Absicht ist erkennbar!)<br />

Im Erzgebirge würde man zu jemandem, <strong>der</strong> so etwas darstellt, wie<br />

Sie es getan haben, sagen, Sie haben Dummpulver eingenommen,<br />

(Beifall und Lachen bei <strong>der</strong> CDU)<br />

weil natürlich die Frauenarbeitslosigkeit höher als in den alten<br />

Bundeslän<strong>der</strong>n ist und dies daher rührt, dass viele Frauen zu DDR-<br />

Zeiten am Erwerbsleben beteiligt waren. Nach <strong>der</strong> Wendezeit sind<br />

natürlich Situationen eingetreten, die wir versuchen zu verän<strong>der</strong>n,<br />

dass weiterhin Frauen höher an <strong>der</strong> Arbeitslosigkeit beteiligt sind<br />

als Männer. Aber deswegen können Sie doch <strong>der</strong> Staatsregierung<br />

niemals unterstellen,<br />

(Jurk, SPD: Doch, ich darf das, ich bin böse Opposition!)<br />

auch wenn es mehrere Untersuchungen dazu gibt - es muss ja wohl<br />

gestattet sein, dass solche Feststellungen gemacht werden -, uns<br />

einschließlich meiner männlichen Kollegen und des<br />

Ministerpräsidenten unterstellen, dass die Erwerbsneigung <strong>der</strong><br />

Frauen in Sachsen daran schuld ist, dass diese Arbeitslosenquote so<br />

hoch ist. Diese Behauptung hat die Staatsregierung immer von sich<br />

gewiesen und ich glaube, wir haben auch genug bewiesen, dass wir<br />

mit unseren Programmen in Sachsen versuchen das Gegenteil zu tun.<br />

Wir wünschen uns alle - nicht zuletzt hat das <strong>der</strong> Ministerpräsident<br />

während <strong>der</strong> Veranstaltung "10 Jahre Frauenpolitik in Sachsen"<br />

selbst genannt -, dass in Zukunft wie<strong>der</strong> mehr Frauen in Arbeit und<br />

auch in gehobenen Positionen zu beteiligen sind.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU - Jurk, SPD: Mehr Staatsministerinnen!)<br />

Noch eine Bemerkung zur Sozialhilfe: Sozialhilfe - die Armut wächst<br />

in Sachsen. Da werden ja nun offensichtlich, wenn man die Statistik<br />

anschaut, auch wie<strong>der</strong> viele Frauen betroffen sein.<br />

(Jurk, SPD: Lei<strong>der</strong>!)<br />

Natürlich kann man sich über die Ursachen streiten, aber eines ist<br />

für mich auch ganz klar: dass solche Maßnahmen, die die<br />

Bundesregierung <strong>der</strong> SPD im Moment beschließt,<br />

(Jurk, SPD: Welche?)<br />

wie die Ökosteuer - -<br />

(Zurufe von <strong>der</strong> SPD)<br />

- Aber sicher!<br />

(Jurk, SPD: Das Kin<strong>der</strong>geld wurde hochgesetzt! Steuerliche<br />

Entlastungen haben wir gemacht!)<br />

- Die werden ja alle sofort aufgefressen, denn diese Familien<br />

werden - wenn Sie das Armut nennen - noch mehr in die Armut<br />

getrieben. Es sind einige Maßnahmen, die ich Ihnen nennen kann, zum<br />

Beispiel auch <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>einglie<strong>der</strong>ungsprozess ins Arbeitsleben. Ich<br />

glaube nicht, dass solche Gesetze, wie zum Beispiel <strong>der</strong><br />

Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit, es den Frauen wesentlich<br />

erleichtern werden, wie<strong>der</strong> ins Arbeitsleben zurückzufinden.


(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Ich glaube es einfach nicht. Ehe Sie dann solche Anschuldigungen<br />

gegen die <strong>Sächsische</strong> Staatsregierung vorbringen, sollten Sie doch<br />

genauer darüber nachdenken, welchen Anteil eigentlich Ihre Partei<br />

auch an <strong>der</strong> Arbeitslosenquote von Frauen hat.<br />

Wenn ich mir Nie<strong>der</strong>sachsen, Schleswig-Holstein o<strong>der</strong> Nordrhein-<br />

Westfalen anschaue, kann ich überhaupt nicht feststellen, dass dort<br />

die Beteiligung von Frauen am Erwerbsleben höher ist als in<br />

Sachsen, wenn wir die gesamten Probleme berücksichtigen, die wir<br />

nach <strong>der</strong> Wende mit zu ertragen hatten. Unser Anteil an<br />

Erwerbstätigen in Sachsen ist wesentlich höher als in den alten<br />

Bundeslän<strong>der</strong>n.<br />

(Jurk, SPD: Dort verdienen die Männer mehr!)<br />

- Wenn Sie jetzt die Zwischenbemerkung machen, dass dort die<br />

Ehemänner mehr verdienen, dann zeigt mir das nur, dass Sie wollen,<br />

dass die Frauen hinter den Kochtopf verschwinden und dass Sie<br />

wollen, wenn <strong>der</strong> Mann nur genügend verdient, dass dann die Frau zu<br />

Hause bleiben kann. Das ist für mich auch keine gute Argumentation.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Ich glaube schon, Herr Jurk, dass wir alle gespannt sein können,<br />

wenn Sie einmal Vater werden, ob Sie es in Anspruch nehmen zu Hause<br />

zu bleiben. Die Männer, die das vertreten, sind dann oftmals sehr<br />

zwiespältig, wenn sie es selber tun sollen.<br />

(Jurk, SPD: Woher wissen Sie, dass ich keine Kin<strong>der</strong> habe?)<br />

Schwierig bei den Verhandlungen für meinen Haushalt war die<br />

Finanzierung des neuen Schwerpunktes "Frauen im ländlichen Raum".<br />

<strong>Der</strong> Titel sollte ursprünglich ganz dem Rotstift zum Opfer fallen.<br />

Dank <strong>der</strong> Unterstützung meines Kollegen Milbradt haben wir aber eine<br />

Finanzierungsmöglichkeit in Höhe von 1,5 Millionen DM gefunden, die<br />

nunmehr mit einem neuen Titel in meinem Haushalt veranschlagt sind.<br />

Dazu kommen noch 500 000 DM auf Antrag <strong>der</strong> CDU-Fraktion. Dies ist<br />

ein Erfolg, <strong>der</strong> auch dringend erfor<strong>der</strong>lich war.<br />

Nun gibt es - noch gar nicht vollzogen - schon Bedenken des einen<br />

o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en, dass die Übernahme des neuen Aufgabengebietes "Frauen<br />

im ländlichen Raum" durch mich dem Regierungsprinzip, dass die<br />

Gleichstellung von Frau und Mann eine Querschnittsaufgabe ist,<br />

abträglich sei.<br />

Ich meine, mitnichten; denn aus meinem Haushalt wurden bereits zum<br />

Teil Maßnahmen und Projekte <strong>der</strong> Frauenvereine und -verbände<br />

geför<strong>der</strong>t und es bestand die Möglichkeit, aus dem Haushalt des<br />

<strong>Sächsische</strong>n Staatsministeriums für Umwelt und Landwirtschaft<br />

geför<strong>der</strong>t zu werden. Dies wurde nun zusammengefasst und die<br />

För<strong>der</strong>ung von Maßnahmen und Projekten <strong>der</strong> Frauenvereine und -<br />

verbände und die För<strong>der</strong>ung von Frauen im ländlichen Raum werden in<br />

einer Richtlinie vereint. Wir wollen - was heute auch schon<br />

mehrfach von Ihnen gefor<strong>der</strong>t wurde -, dass das Antrags- sowie auch<br />

das Abrechnungsverfahren vereinfacht wird.<br />

Sehr geehrte Damen und Herren! Es ist wie jedes Mal sicher, dass<br />

die Opposition mit diesem Haushalt nicht zufrieden ist. Aber wann<br />

ist eine Opposition schon zufrieden?<br />

(Jurk, SPD: Fragen Sie Herrn Merz von Ihrer


Bundestagsfraktion!)<br />

Deshalb haben Sie in den Ausschusssitzungen schon eine Fülle von<br />

Än<strong>der</strong>ungsanträgen gestellt. Wir als Staatsregierung wie auch die<br />

CDU-Fraktion mussten ihnen in vielen Fällen die Zustimmung<br />

versagen.<br />

Wir haben uns vorgenommen einen Haushalt zu verabschieden, <strong>der</strong><br />

solide und finanzierbar ist.<br />

(Jurk, SPD: Genau wie wir auch!)<br />

Aber das war nicht <strong>der</strong> einzige Grund. Wir wollen keine weiteren<br />

Koordinierungsstellen, wie zum Beispiel von Ihnen vorgeschlagen, im<br />

Bereich "Gewalt an Frauen und Kin<strong>der</strong>n" - nicht, weil wir glauben,<br />

dass diese Aufgabe nicht wichtig sei, aber wir glauben, dass die<br />

vorhandene Infrastruktur gut und besser zu nutzen ist, dass<br />

Beratungsstellen vernetzt und verknüpft arbeiten, aber nicht noch<br />

zusätzliche koordiniert werden müssen. Wir wollen auch kein Gen<strong>der</strong>-<br />

Mainstreaming-Büro, das sich mit Weiterbildungen und Fortbildungen<br />

befassen soll. Wir halten es für besser, die vorhandenen<br />

Möglichkeiten zu nutzen und kein Geld für weitere personalintensive<br />

Büros auszugeben; denn gerade Sie, Herr Jurk, haben vorhin gesagt,<br />

dass unsere Verwaltung auf Landesebene zu aufgebläht ist<br />

(Jurk, SPD: Richtig! Da geben Sie mir also Recht!)<br />

und viel zu viel Personal vorhanden ist.<br />

(Jurk, SPD: An <strong>der</strong> falschen Stelle!)<br />

Wir sind auch <strong>der</strong> Auffassung, dass die Koordinierungsstellen<br />

sachsenweit nicht intensiv tätig werden können. Ich denke eher an<br />

ein Modellprojekt, das mit wissenschaftlicher Begleitung<br />

erarbeitet, wie man in den verschiedenen Bereichen, zum Beispiel<br />

Landkreisen, Ministerien, Schulen, Polizei, vorgehen kann. Ich<br />

halte es auch für sehr sinnvoll, bereits eingesetzte Mittel und die<br />

Arbeit <strong>der</strong> einzelnen Stellen zu prüfen und nicht weitere Stellen zu<br />

schaffen. Und, meine Damen und Herren, muss man nicht darüber<br />

klagen, dass sich <strong>der</strong> Bürger im Freistaat nicht mehr in För<strong>der</strong>-,<br />

Beratungs- und Informationsangeboten zurechtfinden kann.<br />

Lassen Sie mich kurz noch etwas zur För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Frauenprojekte<br />

und -verbände sagen. Insbeson<strong>der</strong>e die För<strong>der</strong>ungen aus dem Titel<br />

"Gleichstellung von Frau und Mann", für die in den kommenden zwei<br />

Jahren jeweils 165 000 DM weniger als in diesem Jahr veranschlagt<br />

sind, müssen auf Effizienz und Sinnhaftigkeit geprüft werden. Das<br />

heißt nicht, dass von heute auf morgen die Zuwendungen für ein<br />

Projekt o<strong>der</strong> einen Verband gestrichen werden sollen. Ich sage das<br />

ganz deutlich. Aber wir werden hinsichtlich aller Projekte<br />

Gespräche führen und die Betreffenden beraten und gemeinsam<br />

Einsparungsmöglichkeiten finden.<br />

Wie ich schon sagte, möchte ich nicht Gleichstellung von oben<br />

verordnen. Ich möchte nicht Frauenprojekte för<strong>der</strong>n, die sich mit<br />

sich selbst beschäftigen und die sich nicht halten können. In<br />

diesem Sinne sind meine Mitarbeiter gehalten, im nächsten halben<br />

Jahr alle Projekte zu prüfen, Gespräche zu führen und den<br />

Geför<strong>der</strong>ten unser Anliegen zu verdeutlichen.<br />

(Zuruf von <strong>der</strong> CDU: Sehr gut!)


Wir wollen Projekte, die einer Anfangsför<strong>der</strong>ung bedürfen, die aber<br />

im Laufe <strong>der</strong> Zeit erstarken und nicht mehr ausschließlich von<br />

För<strong>der</strong>gel<strong>der</strong>n abhängig sind. Wir alle wissen, dass sich <strong>der</strong><br />

Kulturbereich vom Theater bis zur Bibliothek kaum selbst erhalten<br />

kann. Auch im Beratungsbereich werden wir immer zuschießen müssen.<br />

Aber die Sparpolitik in großen Städten o<strong>der</strong> in Landkreisen hat<br />

gezeigt, dass Vereine, die keine o<strong>der</strong> die nur eine geringe<br />

Zuwendung erhalten, sich auch stärker um an<strong>der</strong>e Mittel wie<br />

Sponsoring, bezahlte Aufträge, kostengünstige Räume usw. bemühen.<br />

In diesem Sinne möchte ich die Vertreter <strong>der</strong> Frauenprojekte<br />

ermuntern, mit uns zu streiten und nach Möglichkeiten zu suchen<br />

bestandskräftig zu werden. Frauen zu för<strong>der</strong>n, das bedeutet für<br />

mich, dass Frauen selbstbewusst ihre Qualifikation einsetzen und<br />

für sich eintreten. Überall dort, wo Frauen Erfolg haben, sind sie<br />

mit <strong>der</strong> klaren Botschaft angetreten: Ich kann das, ich übernehme<br />

die Verantwortung für diese Sache und vor allem für mein eigenes<br />

Leben!<br />

Deshalb haben wir im Haushalt des Wirtschaftsministeriums den<br />

Ansatz des Existenzgründungsprogramms auf 8 Millionen DM erhöht.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Aber auch <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>einstieg von Frauen, die zurück in den Beruf<br />

möchten, wird maßgeblich aus dem ESF und aus Landesmitteln<br />

geför<strong>der</strong>t werden. Dafür habe ich mich eingesetzt und das werde ich<br />

auch weiterhin tun. Es kann sich jedoch nur etwas än<strong>der</strong>n, wenn<br />

Frauen in <strong>der</strong> Öffentlichkeit mehr sichtbar in den entscheidenden<br />

Gremien tätig werden. Das liegt aber auch an je<strong>der</strong> Frau selbst. Ich<br />

hoffe, dass gerade im politischen Bereich immer mehr Frauen die<br />

Möglichkeit erkennen sich einzubringen und dass immer mehr Frauen<br />

dies auch nutzen.<br />

(Jurk, SPD: Ja, im Kabinett!)<br />

Ich kann Sie nur auffor<strong>der</strong>n, im Lande diesbezüglich mehr zu tun,<br />

denn wenn Kommunen immer mehr Verantwortung bekommen, zum Beispiel<br />

im Kin<strong>der</strong>tagesstättenbereich,<br />

(Jurk, SPD: Wenn wir rankommen, sind mit Sicherheit mehr<br />

Frauen im Kabinett!)<br />

sind Frauen gefragt, daran mitzuwirken.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Hierbei helfen uns zum Beispiel die Weiterbildungsangebote <strong>der</strong><br />

Landeszentrale für politische Bildung mit dem Angebot: "Unsere<br />

Stadt braucht Frauen". Die letzten Jahre bestätigen, dass wir auf<br />

einem guten Wege sind. Ich habe mich in meiner bisherigen Amtszeit<br />

immer wie<strong>der</strong> dafür stark gemacht, dass in Gremien wie den<br />

Industrie- und Handelskammern, <strong>der</strong> Stiftung "Innovation und Arbeit"<br />

Frauen in Führungspositionen eingesetzt werden.<br />

Ich muss es einmal an dieser Stelle sagen. Herr Lucassen ist nicht<br />

da. Ich habe auch gestern gerade wie<strong>der</strong> während einer<br />

Beiratssitzung beanstandet, dass von <strong>der</strong> Seite <strong>der</strong> Gewerkschaften<br />

und <strong>der</strong> Arbeitgeber bis jetzt für die Führungsposition nie eine<br />

Frau vorgeschlagen worden ist. Ich glaube, wir alle haben<br />

diesbezüglich noch Nachholbedarf, auch die SPD und auch die<br />

Gewerkschaften.


(Beifall bei <strong>der</strong> CDU - Jurk, SPD: Wir haben einen höheren<br />

Frauenanteil als Sie!)<br />

- Sicher weiter unten! Bei Ihnen ist es doch nicht an<strong>der</strong>s!<br />

Wir brauchen nicht nur Frauen, die mitwirken wollen, son<strong>der</strong>n wir<br />

brauchen auch Frauen, die genügend qualifiziert sind und die<br />

Verantwortung übernehmen wollen. Es ist auch ein Punkt, dass viel<br />

zu wenige Frauen Verantwortung übernehmen wollen.<br />

Wir müssen an diese Frauen denken und immer weiter daran arbeiten.<br />

Ich sehe es als meine Aufgabe an, daran mitzuwirken. In <strong>der</strong><br />

Gleichstellungspolitik, die überwiegend durch Bewusstseinsbildung<br />

geprägt ist, gilt dies beson<strong>der</strong>s. Deshalb finden Sie mich auch so<br />

viel vor Ort.<br />

(Zuruf <strong>der</strong> Abg. Frau Dr. Schwarz, SPD)<br />

- Erste Erfolge, Frau Schwarz, geben mir Recht.<br />

(Jurk, SPD: Man trifft sich häufig!)<br />

Die Frauenför<strong>der</strong>ung vor Ort, das heißt die Unterstützung von<br />

Frauenvereinen und -verbänden sowie <strong>der</strong> kommunalen und regionalen<br />

Gleichstellungsbeauftragten, wird verstärkt, und zwar zum ersten<br />

Mal von mir. Ich möchte keine von oben gesteuerten Maßnahmen und<br />

keine verordnete Gleichstellung. Gute und Erfolg versprechende<br />

Ansätze werden wir unterstützen. Wir werden dies auch finanziell<br />

tun.<br />

(Frau Dr. Schwarz, SPD: Da bin ich aber gespannt!)<br />

Zur Unterstützung haben wir vor, zum Beispiel für die<br />

Öffentlichkeitsarbeit bzw. für die fachlichen Aktivitäten <strong>der</strong><br />

hauptamtlich bestellten Gleichstellungsbeauftragten <strong>der</strong> Landkreise<br />

und kreisfreien Städte einen Zuschuss in Höhe von bis zu 5 000 DM<br />

zu zahlen.<br />

Voraussetzung ist: Für die Gleichstellungsbeauftragte wurde ein<br />

eigener Titel für diesen Zweck mit mindestens gleichem Umfang wie<br />

die mögliche För<strong>der</strong>höhe veranschlagt.<br />

(Frau Dr. Schwarz, SPD: Damit greifen Sie in die kommunale<br />

Selbstverwaltung ein!)<br />

Durch dieses Angebot an die Landräte und Oberbürgermeister sind uns<br />

zwei Dinge gelungen: Die Gleichstellungsbeauftragte rückt ins<br />

Bewusstsein <strong>der</strong> Kommunalpolitiker. Dort, wo bisher keine Mittel zur<br />

Verfügung standen, wird jetzt darüber nachgedacht, ob Mittel<br />

eingestellt werden.<br />

Die Rückmeldungen von vielen Landräten und Oberbürgermeistern, die<br />

in Sachsen bekanntermaßen überwiegend Männer sind, haben mich in<br />

dieser Sache bestärkt. Es waren alles positive Rückmeldungen. Wir<br />

dürfen also Frauen nicht als eine Gruppe sehen, um die man sich aus<br />

Menschlichkeit kümmern muss. Frauen sind keine Verlierergruppe, die<br />

am Rande steht, auch wenn die SPD oft den Eindruck erweckt, dass<br />

Frauen eigentlich in diese Ecke gestellt werden.<br />

Frauen sind die Hälfte unseres Volkes und,<br />

(Jurk, SPD: Sogar mehr!)<br />

wie Jutta Limbach sagte, "die Mütter <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Hälfte".<br />

Wir wollen also nicht klagen, wir wollen Dinge verän<strong>der</strong>n. Ich<br />

denke, mit diesem Haushalt können wir Dinge verän<strong>der</strong>n.<br />

(Jurk, SPD: Wir werden sehen!)


Wer mich kennt, <strong>der</strong> weiß, wie intensiv ich mit meinen Kollegen<br />

daran arbeiten werde.<br />

Ich danke Ihnen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Ich erteile <strong>der</strong> PDS-Fraktion das<br />

Wort. Frau Abg. Dr. Ernst, bitte.<br />

Frau Dr. Ernst, PDS: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! So<br />

ganz klar war mir bei den letzten beiden Beiträgen nicht, wo ich<br />

eigentlich bin. Bei Herrn Rohwer habe ich gestaunt, denn so viele<br />

Worthülsen auf einem Haufen habe ich seit langer Zeit nicht mehr<br />

vorgefunden. Ich nehme an, er hat das Wörterbuch <strong>der</strong> Worthülsen<br />

irgendwo entdeckt. Ich wäre sehr interessiert daran. Herr Rohwer,<br />

reichen Sie es doch einmal herüber. Manchmal kann man das eine o<strong>der</strong><br />

das an<strong>der</strong>e zum Füllen verwenden.<br />

Das, was Frau Weber sagte, ist schön und gut. Es geht aber nicht<br />

darum, beispielsweise den Gleichstellungsbeauftragten 5 000 DM mehr<br />

zu geben. Ich begrüße diese 5 000 DM. Es geht aber vor allem darum,<br />

ihnen mehr Kompetenzen und mehr Macht zu geben. Darum geht es.<br />

Dafür wird nichts getan, auch nicht mit diesem Haushalt.<br />

(Beifall bei PDS und SPD)<br />

Immer wenn ich den Haushalt <strong>der</strong> Gleichstellungsministerin in die<br />

Hand nehme, überlege ich, ob ich ihn emotionslos beiseite lege o<strong>der</strong><br />

ob ich mich nicht doch lieber maßlos erbose. Für das Erste wie für<br />

das Zweite spricht gleichermaßen, dass die Wirkung dieses Etats,<br />

bei Lichte betrachtet, jenseits von Gut und Böse ist. Das Positive<br />

daran ist, dass er gottlob niemandem schadet. Das Negative ist: Er<br />

nützt auch niemandem und schon gar nicht kündet er vom Aufbruch in<br />

ein neues Jahrtausend, wie das mit Fahnengeschwenk - so möchte ich<br />

es nennen - von Herrn Rohwer dargestellt wurde. Im Gegenteil. Es<br />

ist <strong>der</strong> alte kalt gewordene Kaffee aus dem letzten Jahrhun<strong>der</strong>t, <strong>der</strong><br />

im Munde schal schmeckt und an dessen Koffeingehalt kaum jemand<br />

glaubt, auch ich nicht. Das, was in solchen Fällen passiert, tritt<br />

auch hier ein: Er verschwindet stillschweigend im Ausguss und<br />

niemand hat es gesehen.<br />

Meine Damen und Herren! Was um Himmels willen will man über einen<br />

Etat sprechen, <strong>der</strong> ganze 5,4 Millionen DM in einem Jahr ausmacht?<br />

Darin sind die Bezüge <strong>der</strong> Staatsministerin, Sachkosten und<br />

Personalkosten enthalten. Zusammengerechnet ist das mit 40 % <strong>der</strong><br />

größte und fetteste Happen. Mehr als 80 Frauenprojekte, die man so<br />

o<strong>der</strong> so bewerten kann, teilen sich 3,5 Millionen DM inklusive<br />

Modellprojekte. Für Modellprojekte gibt es 160 000 DM im Jahr. Ich<br />

frage mich, welche Studien man für ganze 160 000 DM erstellen kann.<br />

Ich weiß es nicht.<br />

Meine Damen und Herren! <strong>Der</strong> Etat <strong>der</strong> Staatsministerin nimmt sich<br />

als Pfennigware aus. Er erinnert mich weniger an einen Haushalt als<br />

an ein Taschengeld, das <strong>der</strong> Ehemann seiner Hausfrau monatlich<br />

zuteilt, wobei er darauf verweist, was sie damit machen darf und<br />

was sie zu lassen hat.<br />

Dieser Haushalt kränkelt an zwei grundsätzlichen Problemen:<br />

Erstens. <strong>Der</strong> Haushalt <strong>der</strong> Gleichstellungsministerin zementiert ihre<br />

politische Machtlosigkeit im Männerkabinett nun auch durch


finanzielle Machtlosigkeit. Ein Blick auf den Gesamthaushalt sowie<br />

auf den Haushalt <strong>der</strong> Ministerin zeigt, dass sie in keinem einzigen<br />

wichtigen Politikfeld eine gleichberechtigte Mitwirkungsmöglichkeit<br />

hat. Diese muss sie sich selbst erkämpfen. Sie muss sich in diese<br />

Möglichkeit hineinkatapultieren. Sie hat dies nicht in <strong>der</strong><br />

Wirtschaft, nicht bei Kultus, nicht bei Soziales, nicht in <strong>der</strong><br />

Wissenschaft, nicht bei Inneres. Sie ist immer vom Wohlwollen <strong>der</strong><br />

Minister abhängig. Wenn sie Glück hat, wird sie einbezogen, wenn<br />

sie Pech hat, dann eben nicht.<br />

So hatte sie beispielsweise Pech, als es um die Finanzierung <strong>der</strong><br />

Kin<strong>der</strong>tagesstätten ging. Alle möglichen Ressorts wurden in die<br />

Erarbeitung eines neuen Vorschlages einbezogen, nur sie nicht.<br />

O<strong>der</strong> sie hatte Pech, als sie im Sozialausschuss zur Erläuterung des<br />

Mittelabflusses - und das fand ich sehr gut - <strong>der</strong><br />

gleichstellungsrelevanten Haushaltsansätze in verschiedenen<br />

Einzelressorts aus den zuständigen Fachministerien die Experten<br />

einlud. Sie lud sie ein und sie kamen nicht - nicht aus dem<br />

Wirtschaftsministerium, nicht aus dem Wissenschaftsministerium,<br />

nicht aus dem Umweltministerium. Ich könnte so weitermachen.<br />

So obliegt <strong>der</strong> Staatsministerin noch nicht einmal die Koordinierung<br />

- von Fe<strong>der</strong>führung ganz zu schweigen - von solchen Themen, die ganz<br />

offensichtlich etwas mit Gleichstellung zu tun haben o<strong>der</strong> wogegen<br />

man etwas unternehmen muss, wie bei Frauen- und<br />

Kin<strong>der</strong>schutzhäusern, bei Gewalt, was ressortübergreifend und<br />

wirklich nicht auf Soziales zu reduzieren ist. Wieso liegt<br />

eigentlich das in <strong>der</strong> Fe<strong>der</strong>führung des Sozialministers? Ich<br />

begreife es nicht.<br />

Meine Damen und Herren! Nirgendwo sonst als gerade bei diesem<br />

Haushalt zeigt sich, dass das Dilemma <strong>der</strong> Gleichstellungsministerin<br />

darin besteht, dass sie maximal - und das wurde auch in <strong>der</strong> Rede<br />

deutlich - Einfluss auf die Fortentwicklung von Fraueninitiativen,<br />

von Frauenprojekten hat.<br />

Worauf sie aber überhaupt keinen Einfluss hat - und das kritisiere<br />

ich -, sind sämtliche sehr konkrete Fragen zur Realisierung <strong>der</strong><br />

Chancengleichheit von Frauen und Männern in Sachsen. Hier ist sie<br />

im Männerkabinett Zaungast, so wie ihre Kolleginnen auf <strong>der</strong><br />

kommunalen Ebene, die Frauen- und Gleichstellungsbeauftragten, die<br />

dem Ministerpräsidenten so fremd sind, dass er in seiner Ansprache<br />

zur Veranstaltung "10 Jahre Gleichstellungspolitik" kürzlich von<br />

ihnen als "Gleichberechtigungsbeauftragten" sprach. Er kannte noch<br />

nicht mal den richtigen Begriff.<br />

Meine Damen und Herren! Wer wirklich etwas än<strong>der</strong>n will, <strong>der</strong> muss<br />

den Status von Gleichstellungspolitik än<strong>der</strong>n. Darum geht es uns als<br />

PDS-Fraktion. Wir meinen, entwe<strong>der</strong> das Amt <strong>der</strong><br />

Gleichstellungsministerin erhält umfassen<strong>der</strong>e Kompetenzen und wird<br />

ergänzt durch entsprechende Referate in allen Einzelministerien, wo<br />

gewissermaßen die Ministerin als Querschnittsministerin<br />

fe<strong>der</strong>führend ist - das ist unsere Version, das halten wir für<br />

richtig -, o<strong>der</strong> man löst das Amt einfach auf, bitte schön, und<br />

siedelt das Ganze bei einem großen fe<strong>der</strong>führenden Fachministerium<br />

mit entsprechenden Kompetenzen an. Das könnte heißen:


Gleichstellung, Arbeit und Wirtschaft - ohne Machtstrukturen. Das<br />

ist unsere Aussage und unsere Hauptkritik. Ohne weit reichende<br />

Ressourcen, die daran hängen müssen, ist eine Querschnittsaufgabe<br />

keine Querschnittsaufgabe, son<strong>der</strong>n Firlefanz.<br />

Das zweite Kernproblem ist, meine Damen und Herren, dass we<strong>der</strong> im<br />

Haushalt <strong>der</strong> Staatsministerin noch in irgendeinem an<strong>der</strong>en<br />

Einzelhaushalt, wenn man genau hinsieht, Weichen dafür gestellt<br />

werden, dass in allen Entscheidungsprozessen <strong>der</strong> Politik die<br />

Perspektive <strong>der</strong> Geschlechterverhältnisse, und zwar als inhaltliches<br />

und als Organisationsprinzip, verbindlich einbezogen wird. Nicht<br />

einmal ein schlichtes Modellprojekt gibt es für das, was wir<br />

gen<strong>der</strong>-mainstreaming nennen.<br />

Meine Damen und Herren! Während in Nie<strong>der</strong>sachsen, Nordrhein-<br />

Westfalen und Sachsen-Anhalt Regierungen Landeskonzepte zur<br />

Umsetzung <strong>der</strong> Chancengleichheit in den konkreten Politikgebieten<br />

aufgelegt haben, hat die Staatsregierung in Sachsen das komplett<br />

verschlafen. Sachsen-Anhalt hat ein Pilotprojekt mit dem<br />

Ministerium für Arbeit, Frauen, Gesundheit und Soziales aufgelegt<br />

und dort begonnen, Fortbildungsprogramme für die Führungsspitze,<br />

also nicht für Sachbearbeiterinnen, son<strong>der</strong>n tatsächlich für<br />

Minister, Staatssekretäre, durchzuführen, und zwar deswegen, weil<br />

klar war, dass Gleichstellungsarbeit zunächst einmal ein<br />

Wissensgebiet ist und man sich erst einmal ein Wissen erarbeiten<br />

muss, bevor man etwas tun kann.<br />

Des Weiteren wurde eine konsequente geschlechtsspezifische<br />

Datenerhebung und -auswertung begonnen. Eingeführt wurde auch ein<br />

gleichstellungspolitischer Check für sämtliche Kabinettsvorlagen,<br />

bevor sie verabschiedet werden. Damit sollen alle Vorhaben geprüft<br />

werden, wie sie gleichstellungspolitisch zu bewerten sind und<br />

welchen Beitrag sie zur Chancengleichheit aus <strong>der</strong> Sicht von Frauen<br />

und Männern zu leisten haben.<br />

Das ist es, was wir als PDS-Fraktion als Minimum von <strong>der</strong><br />

Staatsregierung abverlangen. Und das ist auch keine freiwillige<br />

Angelegenheit. Meine Damen und Herren! Die EU-Strukturför<strong>der</strong>ung hat<br />

eine Grundbedingung, eine Verbindlichkeit, und die heißt: Es sind<br />

bei <strong>der</strong> Vergabe von För<strong>der</strong>mitteln aus den EU-För<strong>der</strong>töpfen Maßnahmen<br />

zur För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Chancengleichheit von Frauen und Männern zu<br />

berücksichtigen.<br />

(Frau Staatsministerin Weber: Was denken Sie denn, was wir<br />

machen?!)<br />

Meine Damen und Herren! In diesem Sinne ist die Auflistung so<br />

genannter gleichstellungsrelevanter Haushaltsansätze als Anlage zum<br />

Einzelplan 02 nicht nur Nonsens, son<strong>der</strong>n - ich bleibe im Bild -<br />

kalter Kaffee. Das muss ich einfach sagen. Denn wer o<strong>der</strong> was ist<br />

denn gleichstellungsrelevant? Welches Politikfeld ist denn nicht<br />

für Frauen und Männer relevant? Das gibts nicht.<br />

Und noch etwas. Wenn für das gesamte Wissenschaftsministerium<br />

exemplarisch lumpige 500 000 DM für Wissenschaftlerinnen als<br />

Wie<strong>der</strong>einstiegsstipendien zur Verfügung stehen, dann muss ich schon<br />

fragen: Ist das alles, was man für die Zukunft zu bieten hat? Wen<br />

wun<strong>der</strong>t denn da, dass Mädchen und junge Frauen - das ist heute von


Herrn Jurk schon angedeutet worden - Sachsen verlassen, zuhauf<br />

Sachsen verlassen, die Gruppe sind, die es von den jungen Leuten am<br />

meisten tun. Hält <strong>der</strong> Ministerpräsident weibliche Intelligenz<br />

künftig für verzichtbar? Wie miefig soll die sächsische<br />

Männergesellschaft eigentlich noch vor sich hin stinken?<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Meine Damen und Herren! Manchmal komme ich mir vor wie in "Jurassic<br />

Parc", wo Ewigkeiten konserviert werden. Aber alles gehört zu<br />

seiner Zeit, das war das Credo dieses Films.<br />

Die PDS-Fraktion beteiligt sich an einer Pfennigfuchserei in diesem<br />

Etat nicht. Wir wollen einen Perspektivwechsel in <strong>der</strong><br />

Geschlechterpolitik, wollen, dass durch konkrete praktische<br />

Maßnahmen in den einzelnen Etats die Neuverteilung von Ressourcen<br />

zwischen Frauen und Männern erfolgt. Wir stellen fest, dass we<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> Haushalt <strong>der</strong> Staatsministerin noch <strong>der</strong> Gesamthaushalt dafür<br />

eine seriöse Grundlage bildet. Ich kann Ihnen nur sagen, wenn Sie<br />

die Frauen kritisieren, gebe ich Ihnen in einem Recht: Was<br />

gewissermaßen die Haupttugend <strong>der</strong> Frauen sein müsste, ist<br />

Frechheit. Dazu kann ich nur aufrufen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Präsident Iltgen: Ich erteile das Wort <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> CDU. Wird<br />

das gewünscht? - Frau Petzold, bitte.<br />

Frau Petzold, CDU: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir<br />

reden bei je<strong>der</strong> Haushaltsdebatte über das Wie in <strong>der</strong> Frauenpolitik<br />

und über das Wieviel, wobei es im Augenblick bequemer wäre, über<br />

millionenschwere Steigerungen zu diskutieren als über ausgewählte<br />

Schwerpunkte, die bei einer allgemein angespannten Haushaltslage<br />

zur Unterstützung bei <strong>der</strong> Herstellung <strong>der</strong> tatsächlichen<br />

Gleichberechtigung gesetzt werden.<br />

Richtigerweise geht es nach wie vor um mehr Chancengleichheit, um<br />

nicht mehr, aber auch nicht weniger. So hören wir oft Satzanfänge<br />

wie "In <strong>der</strong> Zeit <strong>der</strong> Globalisierung ..." und vergessen eine kleine,<br />

aber gesellschaftlich wirkliche Revolution: die verän<strong>der</strong>te Rolle<br />

<strong>der</strong> Frau. Nun mag das für einige in Sachsen nichts Neues sein. Dann<br />

haben sie die Quasi-Gleichstellung bis 1989 mit tatsächlicher<br />

Chancengleichheit verwechselt.<br />

Schon seit 1985 - erlauben Sie mir den Rückgriff auf diese Zeit -<br />

hat die CDU, damals nur in den alten Bundeslän<strong>der</strong>n, für eine neue<br />

Partnerschaft von Frau und Mann geworben. Partnerschaft bedeutet<br />

nicht allein gleichen Rechtsstatus, son<strong>der</strong>n gerade die Anerkennung<br />

<strong>der</strong> Verschiedenartigkeit <strong>der</strong> Geschlechter und ihre wechselseitige<br />

Ergänzung in allen Bereichen. Es ist nicht so, dass wir nicht<br />

vorangekommen sind, aber es ist ein mühsames Geschäft. Und alle,<br />

die da meinen, es müssten nur ein paar ordentliche Gesetze zu<br />

Papier gebracht werden, die irren sich sehr.<br />

(Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Ist gen<strong>der</strong>-mainstreaming wirklich eine neue Antwort auf die heutige<br />

Situation o<strong>der</strong> nur ein weiteres Schlagwort, da die Situation sich<br />

auch dadurch nicht schlagartig verän<strong>der</strong>t? Wir sind oft spöttisch<br />

belacht worden, weil wir in unseren Politikansätzen verstärkt auf<br />

Bewusstseinsbildung Wert gelegt haben. Selbstverständlich gehört es


auf den Prüfstand, wie wir alle mit unserer Verantwortung umgehen,<br />

in größeren Zusammenhängen zu denken und zu handeln, und das nicht<br />

nur finanzpolitisch.<br />

Alle wollen vorankommen, aber ohne Anstrengung geht es nicht.<br />

Frauen dürfen sich nicht von <strong>der</strong> Gestaltung eines<br />

gesellschaftlichen Entwurfes zurückziehen, wie wir in Zukunft leben<br />

wollen. Deshalb hat im Einzelplan 02 05 unsere Staatsministerin <strong>der</strong><br />

För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Gleichberechtigung von Frau und Mann in bewährter<br />

Kontinuität Rechnung getragen. Im Interesse eines flexiblen<br />

Einsatzes und <strong>der</strong> Effektivität <strong>der</strong> Haushaltsmittel besteht bei<br />

allen Titeln gegenseitige Deckungsfähigkeit.<br />

Meine Damen und Herren! Nach wie vor hat es unterschiedliche<br />

Auswirkungen auf Frauen und Männer, eine Familie zu haben. Auch<br />

wenn Erwerbstätigkeit und beruflicher Erfolg nicht das Maß aller<br />

Dinge und das Maß <strong>der</strong> Selbstverwirklichung o<strong>der</strong> Emanzipation sind,<br />

es ist kein fragwürdiger Individualismus von Frauen, son<strong>der</strong>n ein<br />

gesellschaftlich produzierter Prozess, und <strong>der</strong> lässt sich nicht<br />

rückgängig machen.<br />

Herr Jurk - - Er ist zurzeit gerade nicht da. Ich denke, wenn er<br />

die unterschiedliche Beschäftigung in Ost und West anspricht,<br />

verkennt er eines: Gerade bei den jungen Frauen hat sich die<br />

Erwerbsneigung, wenn ich das Wort noch einmal benutzen darf, gerade<br />

auch in den alten Bundeslän<strong>der</strong>n <strong>der</strong> in den neuen Bundeslän<strong>der</strong>n<br />

angeglichen. Deshalb kann man sagen: Es gibt keine unterschiedliche<br />

Situation in Deutschland; die Frauen wollen Beruf und Familie<br />

miteinan<strong>der</strong> vereinbaren.<br />

(Frau Dr. Schwarz, SPD: Ein bisschen Unterschied gibt es<br />

schon noch!)<br />

Eine <strong>der</strong> Thesen des "Müttermanifestes" von 1987 - ich möchte es<br />

heute noch einmal zitieren -, das in den alten Bundeslän<strong>der</strong>n zu<br />

wütenden Kontroversen in <strong>der</strong> Frauenbewegung geführt hat, lautete:<br />

"Die Zukunft liegt jenseits <strong>der</strong> Arbeitsgesellschaft."<br />

Das kann man heute sowohl auf den Bereich <strong>der</strong> Familienarbeit<br />

beziehen als auch auf den Übergang von <strong>der</strong> Industrie- zur<br />

Wissensgesellschaft.<br />

Die Globalisierung hat heute dazu geführt, dass klassische<br />

Arbeitszeitmodelle, klassische Erwerbsbiografien und Hierarchien<br />

immer stärker infrage gestellt werden - und das für Männer und<br />

Frauen.<br />

Die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird meines Erachtens<br />

entscheidend für den Wirtschaftsstandort Deutschland und damit auch<br />

für Sachsen sein. Wenn wir heute schon davon reden, dass es in ein<br />

paar Jahren für Unternehmen schwierig sein wird Lehrlinge zu<br />

bekommen, dann wird es auch schwierig sein, ausgebildete,<br />

qualifizierte Arbeitskräfte zu bekommen. Gerade deshalb wird jedes<br />

Unternehmen gut beraten sein, sich heute schon mit dem Problem <strong>der</strong><br />

Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu beschäftigen; denn die<br />

Unternehmen brauchen einmal die Frauen als Arbeitskräfte.<br />

Allerdings stehen bei dieser Standortfrage sehr oft die steuerliche<br />

Seite, eine solide Finanzpolitik und die Infrastrukturfrage im


Vor<strong>der</strong>grund, während die so genannten weichen Faktoren eher<br />

nachrangig behandelt werden.<br />

Unsere Fraktion hat umfangreiche Än<strong>der</strong>ungsanträge zum Einzelplan 08<br />

und zum Haushaltsbegleitgesetz, vor allem zur Kin<strong>der</strong>betreuung,<br />

eingebracht, da wir uns von Anfang an bei <strong>der</strong> Einbringung des<br />

Haushalts <strong>der</strong> Tragweite <strong>der</strong> Auswirkungen bewusst waren. Wenn Herr<br />

Jurk sagt, "einen Rechtsanspruch auf einen Kin<strong>der</strong>krippenplatz ab<br />

zwei Jahren festschreiben", kann das die jetzige Bundesregierung<br />

gern machen. Aber ich mache einen Zusatz:<br />

(Frau Dr. Schwarz, SPD: Das ist Län<strong>der</strong>sache!)<br />

nur dann, wenn sie den Län<strong>der</strong>n auch die finanziellen Mittel dafür<br />

zur Verfügung stellt.<br />

Aber wer die letzten Zahlen des Statistischen Landesamtes in Kamenz<br />

verfolgt hat, weiß, dass in <strong>der</strong> letzten Zeit verstärkt junge Frauen<br />

aus Sachsen in den alten Bundeslän<strong>der</strong>n entwe<strong>der</strong> einen<br />

Ausbildungsplatz o<strong>der</strong> einen Arbeitsplatz gesucht haben. Es ist<br />

heute schon mehrfach darauf hingewiesen worden.<br />

Natürlich ist es einerseits gut, wenn die jungen Frauen flexibel<br />

sind, an<strong>der</strong>erseits wird sich damit das demografische Problem eher<br />

noch verstärken. Gerade deshalb müssen wir weiterhin hier in<br />

Sachsen die För<strong>der</strong>ung von Investitionen in zukunftsfähige<br />

Arbeitsplätze forcieren.<br />

(Frau Dr. Schwarz, SPD: Aber auch in die Kin<strong>der</strong>gärten!)<br />

Sie sind unverzichtbar, damit unsere jungen Leute hier bleiben.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

So ist es auch folgerichtig, dass im Einzelplan des<br />

Wirtschaftsministeriums die Ausbildungsplätze für Mädchen im<br />

gewerblich-technischen Bereich mit einer verstärkten För<strong>der</strong>ung<br />

bedacht werden.<br />

(Frau Dr. Schwarz. SPD: Das war schon mal besser!)<br />

Ebenso begrüßen wir die Erhöhung des Ansatzes bei dem Titel<br />

"Existenzgrün<strong>der</strong>programm" auf 8 Millionen DM; denn es gilt<br />

Eigeninitiative zu ermutigen, wo sie sich auch immer entwickelt.<br />

Durch Umstrukturierung erfolgt die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Frauen im<br />

ländlichen Raum jetzt im Einzelplan 02, Kapitel 02 05 - Frau Weber<br />

ist darauf schon eingegangen -, wobei zur finanziellen Verstärkung<br />

ein Titel mit einem Ansatz in Höhe von 500 000 DM im Haushalt des<br />

SMUL zur Verfügung steht. <strong>Der</strong> Ausbildungs- und Arbeitssituation <strong>der</strong><br />

jungen Frauen im ländlichen Raum muss unserer Meinung nach<br />

beson<strong>der</strong>e Aufmerksamkeit geschenkt werden.<br />

Meine Damen und Herren! Selbstverständlich bleibt überall Raum für<br />

Verbesserungen und es ist eine gemeinsame Aufgabe, auf dem freien<br />

Markt mehr Chancen für Frauen einzuwerben. Frauenpolitik bleibt in<br />

Sachsen eine Querschnittsaufgabe, <strong>der</strong> alle Ressorts verpflichtet<br />

sind.<br />

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Präsident Iltgen: Wird weiter das Wort von den Fraktionen<br />

gewünscht? - Herr Abg. Schimpff, bitte.<br />

Schimpff, CDU: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Debatte<br />

um den Haushalt <strong>der</strong> Staatskanzlei ist <strong>der</strong> traditionelle


parlamentarische Anlass zur Aussprache und Auseinan<strong>der</strong>setzung um<br />

die Grundsätze <strong>der</strong> Politik des Staates. Sie wäre deshalb selbst<br />

dann <strong>der</strong> richtige Platz für die Debatte über die europäische<br />

Herausfor<strong>der</strong>ung, wenn die Bundes- und Europaangelegenheiten nicht<br />

auch formal dem Haushalt <strong>der</strong> Staatskanzlei zugeordnet wären. Dass<br />

sie dies sind, ist freilich kein Zufall, geht es doch bei <strong>der</strong><br />

sächsischen Europapolitik nicht nur um die wenigen, nicht sehr<br />

umfangreichen europapolitischen Titel dieses Haushalts, etwa die<br />

Vertretung des Freistaates am Sitz <strong>der</strong> Europäischen Gemeinschaft<br />

o<strong>der</strong> die einen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en För<strong>der</strong>mittel, son<strong>der</strong>n es handelt sich<br />

um elementare politische Aufgaben, ja recht eigentlich um die<br />

Grundsätze <strong>der</strong> Politik des Staates.<br />

All unser politisches Handeln im und für den Freistaat Sachsen<br />

geschieht im Rahmen unserer Zugehörigkeit zum deutschen<br />

Nationalstaat, zur Bundesrepublik Deutschland. Daran sei gerade<br />

jetzt, fast genau zehn Jahre nach <strong>der</strong> ersten gemeinsamen deutschen<br />

Bundestagswahl, erinnert. Unser politisches Handeln steht aber auch<br />

mehr und mehr im Rahmen und unter dem Einfluss <strong>der</strong> Europäischen<br />

Gemeinschaft. Während über viele Jahrzehnte Europapolitik bloße<br />

Euphoriepolitik zu sein brauchte und die europäische Idee<br />

eigentlich nur europäischen Idealismus verlangte, kommt es jetzt<br />

vielmehr darauf an, die eigenen Vorstellungen möglichst deutlich zu<br />

entwickeln und möglichst kräftig und erfolgreich in die Gestaltung<br />

Europas einzubringen.<br />

<strong>Sächsische</strong> Politik kann nicht nur zwischen den Flughäfen<br />

Leipzig/Halle und Görlitz/Rothenburg gestalten wollen o<strong>der</strong> bis zum<br />

alten preußischen Herrenhaus - dem Sitz des Bundesrates in Berlin -<br />

wirken. Je stärker und umfassen<strong>der</strong> supranationale<br />

Gemeinschaftspolitiken und gemeinsame Politiken in <strong>der</strong> Europäischen<br />

Union das Leben <strong>der</strong> Sachsen beeinflussen, desto mehr sind<br />

Europaangelegenheiten innere sächsische Angelegenheiten. Die<br />

Entwicklung <strong>der</strong> Europäischen Gemeinschaft, <strong>der</strong> "immer engeren Union<br />

<strong>der</strong> Völker Europas", ja auch die Entwicklung in ihren<br />

Mitgliedsstaaten, ihren Län<strong>der</strong>n und ihren Regionen sind keine<br />

auswärtigen Angelegenheiten mehr.<br />

Aber auch das muss gesagt werden: Zehn Jahre, nachdem Sachsen im<br />

Moment seiner staatlichen Wie<strong>der</strong>geburt und <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>vereinigung<br />

Deutschlands auch Teil <strong>der</strong> Europäischen Gemeinschaft wurde, haben<br />

wir angesichts einer demokratisch weitgehend unkontrollierten<br />

Brüsseler Bürokratie auch dafür Sorge zu tragen, dass unsere junge<br />

Freiheit und Demokratie nicht etwa Opfer eines regulierungswütigen<br />

Eurozentralismus wird.<br />

Die Menschen in <strong>der</strong> damaligen DDR und in den an<strong>der</strong>en<br />

ostmitteleuropäischen Län<strong>der</strong>n haben 1989 den Aufstand gegen den<br />

totalitären Sozialismus nicht gewagt, weil sie sich nur nach einer<br />

an<strong>der</strong>en Form <strong>der</strong> Politbürokratur sehnten, son<strong>der</strong>n weil sie<br />

Selbstbestimmung, überschaubare Entscheidungsfindung vor Ort,<br />

demokratisch legitimierte Leitungsträger wollten - das Wort<br />

"Subsidiaritätsprinzip" hat damals kaum einer von uns gekannt, aber<br />

den Inhalt dieses Begriffes, den haben wir gewollt.


Daher können wir uns paradoxerweise darüber freuen, dass in Nizza<br />

gleich die nächste Regierungskonferenz bis zum Jahre 2004<br />

beschlossen worden ist. Mit den Auswirkungen des Nizza-Gipfels auf<br />

die europäischen Perspektiven Sachsens und seiner Nachbarn im Süden<br />

und Osten wird sich dieses Hohe Haus wohl noch beschäftigen müssen,<br />

wenn demnächst mehr als Pressekonferenzen, Presseerklärungen und<br />

Pressekommentare darüber vorliegen werden. <strong>Der</strong> Auftrag für die<br />

Folgekonferenz, einen Kompetenzkatalog auszuarbeiten, ist ein<br />

Fortschritt. Das Subsidiaritätsprinzip darf nicht länger nur ein<br />

Feigenblatt <strong>der</strong> Europäischen Verträge bleiben, es muss mit Leben<br />

erfüllt werden.<br />

<strong>Der</strong> <strong>Sächsische</strong> <strong>Landtag</strong> hatte bereits mit seinem Beschluss<br />

"Subsidiarität und Fö<strong>der</strong>alismus" vom 11. Februar dieses Jahres für<br />

dieses Verhandlungsmandat konstruktive Vorschläge unterbreitet.<br />

Auf <strong>der</strong> Folgekonferenz soll die EU, die seit Freitag eine - wenn<br />

auch unverbindliche - Grundrechtecharta hat, zudem das Herzstück<br />

eines europäischen Verfassungsvertrages erhalten, den<br />

Kompetenzkatalog, um die jüngste Regierungserklärung des<br />

sächsischen Ministerpräsidenten zu zitieren: "eine präzise und<br />

nachvollziehbare Aufteilung <strong>der</strong> Zuständigkeiten zwischen <strong>der</strong> EU und<br />

den Mitgliedsstaaten. Das bedeutet für Sachsen konkret auch eine<br />

Aussage darüber, in welchen Bereichen wir künftig unsere<br />

Entscheidungen selbst und hier treffen." Wir wollen keine weitere<br />

schleichende Zuständigkeitsverlagerung weg vom Bürger hin zur<br />

fernen Brüsseler Zentrale! Das bedeutet, endlich unsere durch den<br />

tatsächlich erreichten Stand <strong>der</strong> europäischen Integration<br />

erfor<strong>der</strong>liche Klagebefugnis vor dem Europäischen Gerichtshof zu<br />

regeln, die bisher allein beim Bund lag.<br />

Im Europa <strong>der</strong> 15 und künftig vielleicht 30 wird es notwendig sein,<br />

vier Arten <strong>der</strong> Klagebefugnis vorzusehen:<br />

a) das Klagerecht <strong>der</strong> mit Selbstverwaltung ausgestatteten Regionen,<br />

wie es wohl am besten durch den Ausschuss <strong>der</strong> Regionen wahrgenommen<br />

werden kann,<br />

b) ein eigenes Klagerecht <strong>der</strong> autonomen Regionen, wenn sie in ihrer<br />

Autonomie verletzt werden,<br />

c) ein Klagerecht <strong>der</strong> Regionen mit gesetzgeberischen Befugnissen,<br />

wenn diese Befugnisse verletzt werden, und schließlich<br />

d) das Klagerecht sowohl <strong>der</strong> Mitgliedsstaaten als auch <strong>der</strong><br />

einzelnen Län<strong>der</strong> in denjenigen Mitgliedsstaaten, die<br />

bundesstaatlich verfasst sind wie Deutschland o<strong>der</strong> Österreich.<br />

Nur so können wir Freiheit, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit in<br />

einer Europäischen Union bewahren, die genau diese Werte sichern<br />

soll,<br />

(Beifall des Abg. Schiemann, CDU)<br />

in <strong>der</strong> sie aber auch zunehmend gefährdet sind - denn das<br />

zentralistische Einheitseuropa, das bürokratische Richtlinieneuropa<br />

und das sozialistische Boykotteuropa sind uneuropäisch.<br />

(Frau Dr. Schwarz, SPD: Na, na, na!)<br />

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jenseits von Zentralismen,<br />

Bürokratismen und Sozialismen ist dieses zusammenwachsende Europa<br />

eine ungeheure Herausfor<strong>der</strong>ung. Es birgt Risiken, gewiss. Es bietet


Chancen, selbstredend. Vor allem aber for<strong>der</strong>t es von uns Umbrüche<br />

und Wandlungen, die in ihrer Reichweite denen <strong>der</strong> Wie<strong>der</strong>vereinigung<br />

nicht nachstehen. Und das betrifft nicht nur uns Mitteldeutsche,<br />

son<strong>der</strong>n ebenso die Altbundesrepublikaner.<br />

Die europäische Herausfor<strong>der</strong>ung zwingt uns, Verkrustungen<br />

aufzubrechen, die Deutschland lähmen. Sie nötigt uns zur<br />

Mo<strong>der</strong>nisierung in einer globalisierten Welt. Um in dieser Welt<br />

bestehen zu können, müssen wir freilich Bewährtes bewahren und<br />

sogar Verschüttetes wie<strong>der</strong>gewinnen. Das bayerische Erfolgsrezept<br />

"Laptop und Le<strong>der</strong>hose" ist ein gutes Modell, wie man die<br />

europäische Herausfor<strong>der</strong>ung bewältigen und nutzen kann.<br />

Lassen Sie uns Sachsen in Europa neu denken! Bis 2006 sind uns zum<br />

Beispiel die Strukturför<strong>der</strong>mittel ziemlich sicher. Und dann? Die<br />

neuen Mitgliedsstaaten werden mit wenigen Ausnahmen - die Region<br />

Prag, die Region Preßburg - För<strong>der</strong>gebiete sein, zum Teil über<br />

Generationen bleiben. Die südeuropäischen Mitglie<strong>der</strong> wollen ihre<br />

bisherige För<strong>der</strong>ung behalten, selbst wenn sie über das definierte<br />

Niveau hinaus entwickelt sind, und sie können das mit <strong>der</strong> Drohung,<br />

sonst die Osterweiterung zu blockieren, auch durchsetzen. Nizza hat<br />

da schon einiges erkennen lassen. Die Dimension des För<strong>der</strong>topfes<br />

bleibt aber die gleiche. Was folgt daraus?<br />

Erstens. Die Bundesregierung wird in Deutschland ab 2006 keine<br />

För<strong>der</strong>gebiete mehr anmelden, auch wenn wir es nach den objektiven<br />

Kriterien weiterhin sein könnten.<br />

Zweitens. Es liegt nicht in unserem Interesse, wenn mit EU-Mitteln<br />

Arbeitsplatzexport und Billigkonkurrenz gleich hinter <strong>der</strong> Grenze<br />

geför<strong>der</strong>t werden. Also sollten wir Einfluss darauf nehmen, dass<br />

neue För<strong>der</strong>instrumente die Entwicklung <strong>der</strong> Region - Infrastruktur,<br />

Umwelt, Bildung - unterstützen, aber nicht mehr Gießkannenprogramme<br />

und einzelbetriebliche För<strong>der</strong>ung ermöglichen.<br />

Drittens. Auch bei uns müssen wir alte Zöpfe abschneiden, um am<br />

Aufschwung in den neuen Mitgliedsstaaten, unseren Nachbarn, zu<br />

partizipieren, statt ihn zu betrachten wie das Kaninchen die<br />

Schlange.<br />

Es darf uns mit <strong>der</strong> Osterweiterung nicht so gehen wie mit dem Euro.<br />

<strong>Der</strong> Euro war eine Chance. Aber Deutschland hat seine Hausaufgaben,<br />

die wirtschaftspolitische und die finanzpolitische Mo<strong>der</strong>nisierung,<br />

nicht gemacht.<br />

(Beifall des Abg. Dr. Münch, CDU)<br />

Die Krise ist zwangsläufig, aber hausgemacht. Schauen Sie in die<br />

Beschäftigungsberichte, und zwar nicht auf die staatlichen<br />

Strohfeuerprogramme à la Frankreich, son<strong>der</strong>n was die Europäische<br />

Kommission über Deutschland schreibt: <strong>Der</strong> Arbeitsmarkt ist nicht<br />

flexibel; das Arbeitsrecht verkrustet; die Arbeitsmöglichkeiten in<br />

einem Korsett von Vorschriften zu Tode reguliert.<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Wer hat das gemacht?)<br />

Dasselbe gilt für Steuern. Angeblich sollen ja 90 % <strong>der</strong><br />

Steuerrechtsliteratur in deutscher Sprache erscheinen. Im<br />

internationalen Ranking gilt Deutschland als nicht<br />

marktwirtschaftlich wegen unseres Steuersystems. Dasselbe gilt auch<br />

für unser Sozialsystem usw.


Nein, die Europäische Union wird keine Vorschriften erlassen, dass<br />

wir diese heiligen Kühe schlachten sollen. Sie legt nur die Grenzen<br />

nie<strong>der</strong>, die uns bisher von Konkurrenten trennten.<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Haben wir doch schon!)<br />

Warum sollte ein Asylbewerber o<strong>der</strong> sein Großfamiliennachzug nach<br />

Portugal gehen? Wenn er die Fleischtöpfe sucht, findet er sie in<br />

Deutschland. Warum sollte ein flexibler Existenzgrün<strong>der</strong> in<br />

Deutschland Arbeitgeber werden? Flexible Mitarbeiter findet er<br />

vielleicht in Deutschland, aber sie dürfen ja nicht. Warum sollte<br />

ein Investor nach Deutschland gehen?<br />

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Porsch, PDS)<br />

Wenn er ein leichtes und leicht verständliches Steuersystem will,<br />

bieten ihm in <strong>der</strong> EU Großbritannien und demnächst Estland und<br />

irgendwann Kroatien, was Deutschland nicht hat. Am Sonnabend<br />

schrieb die - gewiss Maggie Thatcher nicht übermäßig zugetane -<br />

"Süddeutsche Zeitung": "Wenn Großbritannien nicht in Europa<br />

vorgemacht hätte, dass Steuersenkungen und das Aufbrechen<br />

monopolistischer Strukturen das Wachstum ankurbeln helfen, würden<br />

heute noch die meisten EU-Staaten an einer viel zu hohen<br />

Staatsquote leiden, so wie es Deutschland bisher tut und nebenbei<br />

auch noch das Eigentum künftiger Generationen verfrühstückt."<br />

Meine Damen und Herren! Die europäische Herausfor<strong>der</strong>ung zu<br />

beantworten heißt: Die Wirtschaft muss wachsen, nicht die<br />

Verwaltung. Eigentum, Unternehmergeist, Selbständigkeit müssen<br />

ermutigt werden, nicht gegängelt, beschnitten, unterdrückt.<br />

Eigentum för<strong>der</strong>t Verantwortung. Verantwortung för<strong>der</strong>t<br />

Selbständigkeit. Europa an <strong>der</strong> Schwelle des 21. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />

verlangt von uns eine neue Kultur <strong>der</strong> Verantwortung, <strong>der</strong><br />

Selbstverantwortung statt des Glaubens an die Systeme und<br />

Vorschriften; eine neue Kultur des Unternehmenden statt des<br />

Antragstellers; eine neue Kultur des Stolzes statt des<br />

Sozialneides.<br />

Wo diese Verantwortung wächst, da kann sich <strong>der</strong> Staat zurücknehmen.<br />

Und sie wächst auch nur, wenn alle Freiräume, in denen Brüssel,<br />

Berlin und Dresden, Landratsamt und Stadtverwaltung nicht unbedingt<br />

notwendig sind, auch wirklich Freiräume werden. Die öffentliche<br />

Verwaltung soll nicht dort sein, wo die kleinen Lebenskreise -<br />

Familie, nichtstaatliche Gemeinschaften, die Wirtschaft usw. -<br />

allein auskommen können. Ganz nebenbei spart das Steuergel<strong>der</strong> und<br />

gibt viele fleißige Menschen aus den Verwaltungen für produktivere,<br />

kreativere Tätigkeiten frei.<br />

Wenn wir das aber nicht machen, wenn wir den Sozialbürokratien,<br />

Verwaltungsapparaten usw. glauben, sie seien unentbehrlich,<br />

ersparen wir den Menschen zwar viele schwere, auch manche<br />

unangenehmen Verän<strong>der</strong>ungen. Aber dann lassen wir sie an <strong>der</strong><br />

europäischen Herausfor<strong>der</strong>ung scheitern.<br />

Man kann diese Herausfor<strong>der</strong>ung annehmen o<strong>der</strong> ablehnen. Wir sind<br />

dafür, uns ihr zu stellen, mehr Freiheit zu wagen. Bei<br />

Bundesminister Riester lassen dagegen immer neue, komplizierte<br />

vorschriftenträchtige Regelungen die Bürokratie wachsen, als habe<br />

sich nichts geän<strong>der</strong>t. Wenn man die Frage einfach als folgenlos so


o<strong>der</strong> so beantworten könnte, nun gut. Aber <strong>der</strong> europäische Prozess<br />

ist nicht folgenlos. Und er zwingt uns zur Entscheidung, denn<br />

rückgängig machen lässt er sich nicht.<br />

Folgenlos, meine Damen und Herren, ist er auch nicht, was seine<br />

Risiken betrifft. Freiheit braucht feste Wurzeln. Wo <strong>der</strong> Wind über<br />

weite europäische Ebenen pfeift, bedarf <strong>der</strong> Mensch <strong>der</strong> Geborgenheit<br />

seiner Familie und <strong>der</strong> Wärme seiner Heimat. In den unendlichen<br />

Weiten <strong>der</strong> Globalisierung muss er sich an sein Eigenes, an<br />

Traditionen und Werte halten können.<br />

Bewährtes bewahren, Verschüttetes wie<strong>der</strong>gewinnen. Ich fürchte, das<br />

müssen wir Sachsen und je<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Stamm in Europa selbst machen.<br />

Die Europäische Union ist da seltsam schwach. Am Freitag<br />

proklamierte sie eine Grundrechtecharta, durch die sie ihre Organe<br />

- Rat, Parlament, Kommission - an Grundrechte, wie den kostenlosen<br />

Zugang zur Arbeitsvermittlung, bindet. Gleichzeitig wird in den<br />

Nie<strong>der</strong>landen das erste Euthanasiegesetz in Europa seit <strong>der</strong><br />

Nazidiktatur beschlossen. Natürlich spricht man nicht mehr von <strong>der</strong><br />

"Vermeidung erbkranken Nachwuchses"; zeitgemäß wäre wahrscheinlich<br />

"sozialverträgliches Frühableben". Die Ehrfurcht vor dem von Gott<br />

gegebenen Leben eines jeden Menschen ist den von Judentum,<br />

Christentum und Islam geprägten Kulturen wesentlich, Euthanasie ist<br />

gotteslästerlich, unmenschlich und je<strong>der</strong> abendländischen Tradition<br />

wi<strong>der</strong>sprechend. Aber Europa schweigt!<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Auch normierte die Europäische Gemeinschaft die Krümmung von Gurken<br />

und die Mindestgröße von Äpfeln,<br />

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Porsch, PDS)<br />

fand aber nichts dabei, dass jahrzehntelang mit Hun<strong>der</strong>ten von<br />

Millionen Euros aus den Agrarfonds das Verfüttern von Tiermehl an<br />

Pflanzenfresser geför<strong>der</strong>t wurde,<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Das kann doch nicht wahr sein!)<br />

bis die solcherart korrigierte Schöpfung mit BSE und vCJK<br />

zurückgeschlagen hat.<br />

"Back to the basics" - zurück zu den Grundwerten - nannte <strong>der</strong><br />

konservative frühere britische Premierminister John Major eines<br />

seiner Bücher. Wer diesen Gedanken konsequent verfolgt, stößt auf<br />

manches, was nicht zeitgemäß erscheint: einen auf unserem<br />

christlichen Glauben begründeten Staat, die Liebe zur Heimat, zu<br />

Volk und Vaterland, die Stärkung <strong>der</strong> Familie, eine repressive lawand-or<strong>der</strong>-Politik,<br />

das Bekenntnis zu Selbstverantwortung und zu<br />

Differenz.<br />

(Zuruf <strong>der</strong> Abg. Frau Dr. Schwarz, SPD)<br />

Ich bin <strong>der</strong> festen Überzeugung, dass wir "back to the basics"<br />

müssen, um im Europa des 21. Jahrhun<strong>der</strong>ts bestehen zu können.<br />

Europa ist eine Herausfor<strong>der</strong>ung, Europa ist eine Chance. Diese<br />

Chance zu ergreifen erfor<strong>der</strong>t den Mut zum Wandel und den Mut zum<br />

Bewahren.<br />

Aus unseren originären sächsischen Interessen, aber auch aus<br />

unserer Erfahrung mit Zentralismus, Diktatur, Revolution und<br />

Umbruch können und müssen wir den europäischen Prozess<br />

mitgestalten. Er ist zu wichtig, um ihn einfach über uns ergehen zu


lassen. <strong>Der</strong> Freistaat Sachsen nimmt die europäische Herausfor<strong>der</strong>ung<br />

an.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU - Beifall bei <strong>der</strong> Staatsregierung)<br />

Präsident Iltgen: Wird weiter das Wort von den Fraktionen<br />

gewünscht? - Von <strong>der</strong> Staatsregierung? - Wenn das nicht <strong>der</strong> Fall<br />

ist, meine Damen und Herren, dann ist die Debatte zum Einzelplan 02<br />

abgeschlossen und wir kommen jetzt zur Abstimmung darüber.<br />

Meine Damen und Herren! Da keine Än<strong>der</strong>ungsanträge zu den einzelnen<br />

Kapiteln vorliegen, schlage ich Ihnen vor, dass wir insgesamt über<br />

den Einzelplan abstimmen. Erhebt sich Wi<strong>der</strong>spruch? - Das ist nicht<br />

<strong>der</strong> Fall.<br />

Meine Damen und Herren, wir kommen zum Einzelplan 02 einschließlich<br />

Anlagen, Drucksache 3/2400, durch Drucksache 3/2784 und durch<br />

Drucksache 3/3111 Seite 2 bis 5 verän<strong>der</strong>t - Kapitel 02 01, Kapitel<br />

02 02, Kapitel 02 03, Kapitel 02 04 und Kapitel 02 05 sowie<br />

Stellenpläne. Wer dem Einzelplan 02 zustimmt, den bitte ich um das<br />

Handzeichen. - Danke. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong><br />

Stimme? -<br />

Bei einer ganzen Anzahl von Stimmen dagegen ist dem Einzelplan 02<br />

zugestimmt. Damit ist <strong>der</strong> Einzelplan 02 beschlossen.<br />

Bitte, Frau Dr. Schwarz.<br />

Frau Dr. Schwarz, SPD: Ich möchte eine Erklärung zu meinem<br />

Abstimmungsverhalten abgeben. Ich habe gegen den Haushaltsplan <strong>der</strong><br />

Staatskanzlei gestimmt, weil auch im Kapitel 02 05 - Gleichstellung<br />

von Frau und Mann - keine wirklichen politischen<br />

Gestaltungsmöglichkeiten vorhanden sind. Dieser Haushalt hat keine<br />

echte Steuerungsfunktion, die Probleme, eine immer noch vorhandene<br />

Benachteiligung von Frauen, zu lösen.<br />

Obwohl eine Aufstockung durch Mittel aus dem Haushalt Umwelt und<br />

Landwirtschaft vorgenommen wurde, wobei die Titel gegenseitig<br />

deckungsfähig sind, ist die finanzielle Ausstattung unzureichend<br />

und öffnet zudem bei <strong>der</strong> Mittelvergabe <strong>der</strong> Willkür Tür und Tor.<br />

Bedauerlicherweise ist es <strong>der</strong> Ministerin nicht gelungen, mit einem<br />

an<strong>der</strong>s gestalteten Haushalt, einem echten Querschnittsansatz<br />

Handlungsräume zu gewinnen.<br />

Präsident Iltgen: Meine Damen und Herren! Damit rufe ich auf den<br />

Tagesordnungspunkt 4.2<br />

Einzelplan 01 - <strong>Landtag</strong><br />

Wird von <strong>der</strong> Berichterstatterin des Ausschusses, Frau de Haas, das<br />

Wort gewünscht? - Das ist nicht <strong>der</strong> Fall.<br />

Meine Damen und Herren, eine Aussprache ist nicht vorgesehen. Wir<br />

kommen damit zur Abstimmung über den Einzelplan 01 <strong>Landtag</strong>. Auch<br />

hier schlage ich Ihnen vor, insgesamt über den Einzelplan 01<br />

<strong>Sächsische</strong>r <strong>Landtag</strong> abzustimmen. Es handelt sich um die Drucksache<br />

3/2400, durch Drucksache 3/2784 und durch Drucksache 3/3111 Seite 1<br />

verän<strong>der</strong>t. Es handelt sich um Kapitel 01 01 und Kapitel 01 04 sowie<br />

die Stellenpläne.<br />

Wer dem Einzelplan 01 die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um<br />

das Handzeichen. - Danke. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong><br />

Stimme? - Bei 3 Stimmenthaltungen ist dem zugestimmt.


Meine Damen und Herren, damit ist <strong>der</strong> Einzelplan 01 <strong>Landtag</strong><br />

beschlossen.<br />

Ich rufe auf den<br />

Tagesordnungspunkt 4.3<br />

Einzelplan 11 - Rechnungshof<br />

Wird hier vom Berichterstatter das Wort gewünscht? - Das ist nicht<br />

<strong>der</strong> Fall.<br />

Meine Damen und Herren, eine Aussprache ist hier nicht vorgesehen.<br />

Wir kommen deshalb zur Abstimmung über den Einzelplan 11<br />

Rechnungshof. Auch hier schlage ich Ihnen vor, da keine<br />

Än<strong>der</strong>ungsanträge vorliegen, über den Einzelplan 11 Rechnungshof<br />

insgesamt abzustimmen. Erhebt sich dagegen Wi<strong>der</strong>spruch? - Das ist<br />

nicht <strong>der</strong> Fall. Dann stimmen wir ab über den Einzelplan 11<br />

Rechnungshof, Drucksache 3/2400, durch Drucksache 3/2784 und<br />

Drucksache 3/3111 Seite 140 verän<strong>der</strong>t. Wir stimmen ab über die<br />

Kapitel 11 01, 11 02, 11 04, 11 05 und Stellenpläne.<br />

Wer dem Einzelplan 11 die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um<br />

das Handzeichen. - Danke. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong><br />

Stimme? -<br />

Damit ist <strong>der</strong> Einzelplan einstimmig beschlossen.<br />

Meine Damen und Herren, ich rufe auf<br />

Tagesordnungspunkt 4.4<br />

Einzelplan 06 - Staatsministerium <strong>der</strong> Justiz<br />

Zunächst hat die Berichterstatterin, Frau Margit Werner, wenn<br />

gewünscht, die Möglichkeit, dazu Stellung zu nehmen. - Das ist<br />

nicht <strong>der</strong> Fall. Danach können die Fraktionen in folgen<strong>der</strong><br />

Reihenfolge in <strong>der</strong> ersten Runde sprechen: CDU, PDS, CDU, SPD;<br />

Staatsregierung, wenn gewünscht. Die Debatte ist eröffnet. Die<br />

Fraktion <strong>der</strong> CDU hat das Wort. Herr Schiemann, bitte.<br />

Schiemann, CDU: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten<br />

Damen und Herren! Mit dem Einzelplan 06 Justiz liegt uns einer <strong>der</strong><br />

kleineren Einzelhaushalte zur Diskussion vor. <strong>Der</strong> kleine Anteil am<br />

Gesamthaushalt sagt jedoch wenig über die Bedeutung <strong>der</strong> Justiz im<br />

Freistaat Sachsen aus. Immerhin finanzieren wir mit annähernd 898<br />

Millionen DM die dritte Säule des Staates. Dabei bleibt die Summe<br />

zum Haushaltsansatz des Jahres 2000 fast gleich und erhöht sich<br />

erst im Jahr 2002 auf 927 Millionen DM, um ca. 3,3 %. Das sind<br />

zusammengerechnet 3 % am Gesamthaushaltsvolumen von 31 Milliarden<br />

DM. Ich betone nochmals, die dritte Säule des Staates beträgt ca. 3<br />

% am Gesamthaushaltsansatz.<br />

Drei Prozent investieren wir für diese dritte Säule in die Justiz<br />

des Freistaates Sachsen. Die Justiz hat jedoch in den letzten zehn<br />

Jahren des Aufbaus an Bedeutung gewonnen. Dies ist das Verdienst<br />

vieler im Bereich <strong>der</strong> sächsischen Justiz. Allen Frauen und Männern,<br />

die sich aktiv in diesen Aufbauprozess eingebracht haben, möchte<br />

ich im Namen <strong>der</strong> CDU-Fraktion ganz herzlich Dank für ihre Arbeit<br />

sagen.<br />

Gleichzeitig muss ich jedoch feststellen, dass die Belastbarkeit<br />

<strong>der</strong> sächsischen Justiz erreicht ist, teilweise ist die<br />

Belastbarkeitsgrenze bereits überschritten. Künftig müssen wir, die


Staatsregierung und auch <strong>der</strong> <strong>Landtag</strong>, alles tun, um uns intensiv in<br />

den nächsten zwei Jahren mit diesen Fragen zu befassen.<br />

Mit dem im November 2000 von diesem Hohen Haus verabschiedeten<br />

Justizgesetz haben wir die Gerichtsorganisation <strong>der</strong> künftigen Jahre<br />

festgeschrieben. Bürgernähe, Transparenz und Übersichtlichkeit sind<br />

Grundlage für dieses beispielgebende Reformvorhaben. Schwerpunkte<br />

in den künftigen Jahren müssen wir in <strong>der</strong> Personalausstattung sowie<br />

in weiteren Investitionen im EDV-Bereich sehen. Dabei zeigt es<br />

sich, dass es richtig war, sehr zeitig große Investitionen in den<br />

Bereich <strong>der</strong> Grundbuchämter zu lenken. <strong>Der</strong> Mo<strong>der</strong>nisierungsschub muss<br />

auch künftig an dieser Stelle weitergeführt werden, denn - ich<br />

hatte es bereits bei <strong>der</strong> Diskussion zum Justizgesetz gesagt - das<br />

sächsische Grundbuchwesen war ein wichtiger Garant für die<br />

wirtschaftliche Entwicklung im Freistaat Sachsen in den letzten<br />

zehn Jahren. Ich will sagen, es war Teil <strong>der</strong> Grundlage für diese<br />

Entwicklung.<br />

Festzustellen bleibt, dass wir in <strong>der</strong> Entwicklung des<br />

Grundbuchwesens den Sprung aus dem völlig vernachlässigten<br />

Grundbuch <strong>der</strong> DDR in ein mo<strong>der</strong>nes und leistungsfähiges Grundbuch<br />

auf elektronischer Basis geschafft haben. Dabei möchte ich<br />

ausdrücklich auf die gute Zusammenarbeit mit dem Freistaat Bayern<br />

hinweisen. Dies gilt insgesamt für die Justiz. Ohne die Hilfe und<br />

Unterstützung aus unserem Partnerland Baden-Württemberg und den<br />

an<strong>der</strong>en westdeutschen Bundeslän<strong>der</strong>n hätten wir nicht diesen<br />

Aufbaustand, den wir heute in <strong>der</strong> Justiz verzeichnen können,<br />

erreicht. Selbstverständlich bleibt dies auch, Herr Staatsminister<br />

a. D. Heitmann, mit Ihrem Wirken fest verbunden.<br />

Für das Grundbuch müssen wir jedoch künftig mit geringer werdenden<br />

Einnahmen rechnen. Das Abflauen <strong>der</strong> Grundstücksgeschäfte bleibt<br />

dabei ein wichtiger Indikator für die Belastung des Grundbuches.<br />

<strong>Der</strong>zeit haben wir ca. 50 % an eigenen Einnahmen im Bereich <strong>der</strong><br />

Justiz; 50 % dieser rund 900 Millionen DM sind eigene Einnahmen.<br />

Diese werden jedoch in den künftigen Jahren sicherlich in den<br />

Bereich von 40 % abgesenkt werden.<br />

<strong>Der</strong> Bauhaushalt weist 2001 mit ca. 113 Millionen DM nur noch ca. 15<br />

% am Justizgesamthaushalt aus. Die Bauausgaben werden sich mit dem<br />

weiteren Mo<strong>der</strong>nisierungsstand <strong>der</strong> Gerichtsgebäude sicher<br />

verringern.<br />

Wo wir auch künftig große Anstrengungen unternehmen müssen, ist <strong>der</strong><br />

Bereich des Justizvollzuges. Wir werden dort weiterhin einen langen<br />

Atem für die nötigen Investitionen in den nächsten Jahren<br />

benötigen. Bisher hat <strong>der</strong> Freistaat Sachsen über 400 Millionen DM<br />

in die sächsischen Gefängnisse investiert. In den nächsten vier<br />

Jahren - so könnte man schätzen - werden dort mindestens noch zirka<br />

600 Millionen DM folgen müssen, um auf <strong>der</strong> einen Seite die Fragen<br />

<strong>der</strong> inneren Sicherheit zu gewährleisten, aber auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite<br />

auch die baulichen Zustände in den Haftanstalten zu verän<strong>der</strong>n.<br />

Zur Besorgnis mahnt natürlich auch die Zunahme <strong>der</strong><br />

Gefangenenzahlen. 1991 hatten wir zirka 1 000 Gefangene. Die Zahl<br />

hat sich nunmehr im Jahr 2000 auf zirka 4 600 erhöht.


Für die Justiz insgesamt gilt, dass Ausbildung, Weiterbildung und<br />

an<strong>der</strong>e Bildungsmaßnahmen auch weiterhin für alle Mitarbeiter, für<br />

Richter, Staatsanwälte, Arbeiter und Angestellte, die<br />

Wettbewerbsfähigkeit in <strong>der</strong> Zukunft sichern.<br />

Zu den rechtspolitischen Initiativen <strong>der</strong> Bundesregierung und<br />

insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Bundesjustizministerin werden wir am Freitag Zeit<br />

und Raum zur Diskussion haben. Eines scheint sich wohl jetzt schon<br />

anzudeuten: Da scheint jemand als Tiger gestartet und nun als<br />

Teppich gelandet zu sein.<br />

Für die europäische Ebene hatte mein Kollege Volker Schimpff die<br />

Tendenzen in verschiedenen europäischen Län<strong>der</strong>n angesprochen.<br />

Neoliberalistische Tendenzen schaden <strong>der</strong> Entwicklung in den<br />

deutschen Län<strong>der</strong>n, aber auch in an<strong>der</strong>en Teilen Europas. Die<br />

Annäherung <strong>der</strong> Völker Europas darf nicht die Grundfesten des<br />

Zusammenlebens erschüttern. Die Harmonisierung des Rechts in Europa<br />

darf nicht zur Selbstaufgabe <strong>der</strong> Rechtstraditionen in den eigenen<br />

Län<strong>der</strong>n führen. Holland - Kollege Schimpff hatte darauf hingewiesen<br />

- ist dabei ein schlimmes Beispiel.<br />

Wie tief muss eine Gesellschaft - und da muss ich auch an die Damen<br />

appellieren, die hier für Frauenrechte eingetreten sind - gesunken<br />

sein, in <strong>der</strong> <strong>der</strong> Besuch eines Bordells mit dem Friseurbesuch<br />

verglichen wird? Das trifft für Holland zu. Das Töten von kranken<br />

Menschen in Holland verletzt die Grundlagen des menschlichen<br />

Zusammenlebens.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Ärzte, die zur Gesundheit des Menschen beitragen sollen, werden nun<br />

zu Mör<strong>der</strong>n.<br />

Wie tief sinkt die so genannte mo<strong>der</strong>ne Gesellschaft eigentlich<br />

noch? Es kann nicht sein, dass wir diese Maßstäbe zur Grundlage<br />

unseres künftigen Handelns in <strong>der</strong> Europäischen Union machen sollen.<br />

Für das eigene Land möchte ich anmerken, dass <strong>der</strong> Opferschutz viel<br />

stärker in den Vor<strong>der</strong>grund rücken muss und nicht <strong>der</strong> Schutz <strong>der</strong><br />

Täter.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Dies bedeutet Hilfe für die Opfer auf <strong>der</strong> einen Seite, aber auch<br />

Hilfe für diejenigen, die Opfern helfen. Die Helfer von Opfern in<br />

Not dürfen für ihre Zivilcourage nicht noch dadurch gestraft<br />

werden, dass sie als Zeugen in Verfahren in Schwierigkeiten geraten<br />

können.<br />

Abschließend bleibt festzustellen, dass wir im Einzelplan 06 nicht<br />

alle Wünsche zur Finanzausstattung realisieren konnten. Dennoch<br />

bitte ich Sie, meine sehr geehrten Damen und Herren, diesem<br />

Einzelplan Ihre Zustimmung zu geben.<br />

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Präsident Iltgen: Ich erteile <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> PDS das Wort. Herr<br />

Bartl, bitte.<br />

Bartl, PDS: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren!<br />

Wie an jeden Haushalt, so kann man auch an diesen fundamentalkritisch<br />

o<strong>der</strong> als Realo herangehen. Ich habe mich schweren Herzens<br />

für die zweite Alternative entschieden und muss dann mit meinem


Kollegen Schiemann beklagen, dass man letzten Endes, fiskalisch<br />

programmiert mit diesen 3 % für die dritte Gewalt, logischerweise<br />

sehenden Auges eine nicht geringe Zahl von rechtspolitischen<br />

Unzulänglichkeiten und teilweise Unerträglichkeiten für die<br />

nächsten zwei Jahre konserviert. Das sind Mängel, die nicht bei den<br />

Richtern, nicht bei den Staatsanwälten, nicht bei den Hilfsbeamten<br />

<strong>der</strong> Staatsanwaltschaft und <strong>der</strong>gleichen mehr zu suchen sind. Die<br />

fleißige Arbeit dort würdige ich wie Kollege Schiemann. Das liegt<br />

letztlich an objektiven, durch die fiskalische Ausstattung<br />

begrenzten Möglichkeiten.<br />

Wir werden mit dieser Ausstattung die Verfahrensdauer bei den<br />

Verwaltungsgerichten nicht reduzieren. Da sind eben Verfahren aus<br />

den Jahren 1994, 1995 und 1996 anhängig. Die Anwaltskammer hat vor<br />

wenigen Tagen eine Umfrage unter den Anwaltskollegen gemacht, mit<br />

<strong>der</strong> sie erfasst wissen wollte, wie viele Verfahren mit einer<br />

Zeitdauer von länger als fünf Jahren anhängig sind.<br />

Wir werden mit dieser Ausstattung nicht das Ziel des<br />

Strafvollzugsgesetzes in den Anstalten des Freistaates Sachsen<br />

verwirklichen, weil es we<strong>der</strong> von <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> Sozialarbeiter her<br />

noch von <strong>der</strong> Zahl Sonstiger, die dort eingesetzt sind, möglich ist<br />

das gesetzliche Ziel zu erreichen. Ich meine das gesetzliche Ziel<br />

unabhängig von <strong>der</strong> Politik. Wir werden dieses Ziel so nicht<br />

erreichen. Inzwischen stehen in einer Reihe von Haftanstalten in<br />

Zimmern, in denen es früher zwei Doppelstockbetten gab, sechs<br />

Doppelstockbetten.<br />

Wir werden mit dieser Ausstattung - darüber müssen wir uns im<br />

Klaren sein - letztendlich nicht den Standard an Opferschutz, an<br />

Opferhilfe erreichen können, <strong>der</strong> uns eigentlich quer über die<br />

Fraktionen vorschwebt. Das ist so und muss nicht allein <strong>der</strong> Grund<br />

sein, dem Haushalt die Zustimmung zu versagen.<br />

Unser Hauptproblem liegt eher in einem pragmatischen Aspekt. Wir<br />

haben, um das klar zu sagen, den Haushalt hier behandelt und werden<br />

morgen o<strong>der</strong> am Freitag über ihn entscheiden, während draußen <strong>der</strong><br />

Krieg um die Justizreform tobt.<br />

(Jurk, SPD: Als Krieg würde ich es nicht bezeichnen. -<br />

Staatsminister Kolbe: Was heißt hier Krieg?! Das ist ein<br />

Reförmchen!)<br />

Prantl hat es exakt am 6.12.2000 in <strong>der</strong> "Süddeutschen" so<br />

beschrieben. Ich denke, dass das Bild die Zustände beschreibt.<br />

Das Problem ist letzten Endes folgendes: Wenn die<br />

Bundesgesetzeslage, mit welchen Inhalten auch immer, durchkommt,<br />

werden wir bei einer Umordnung <strong>der</strong> entsprechenden Zuständigkeiten<br />

mit den Stellenplänen, die es dann gibt, einen Haushalt haben, <strong>der</strong><br />

am Leben vorbeigeht. Das war unser Problem in <strong>der</strong> Debatte, auf das<br />

wir aufmerksam machten. Hier, meine ich, bestraft uns ein wenig die<br />

Tatsache, dass wir einen Zweijahreshaushalt haben.<br />

Wir werden, wenn das Gesetz zur Zivilprozessreform selbst in einer<br />

Näherung beschlossen wird, mit unserer Verteilung <strong>der</strong> Kräfte in <strong>der</strong><br />

Richterschaft, speziell in <strong>der</strong> ordentlichen Gerichtsbarkeit,<br />

richtig am Leben vorbei entschieden haben. Deshalb wollten wir


unsere Bedenken anmelden und wir werden sie mit Stimmenthaltung zum<br />

Ausdruck bringen.<br />

Danke.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Präsident Iltgen: Wird von <strong>der</strong> CDU-Fraktion das Wort gewünscht? -<br />

Dann bitte die Fraktion <strong>der</strong> SPD, Frau Dr. Schwarz.<br />

Frau Dr. Schwarz, SPD: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nun<br />

wird man nicht mit <strong>der</strong> Erwartung an diesen Einzelplan des<br />

Haushaltes herangehen, dass er in Zahlen gegossene Rechtspflege als<br />

Resultat des zehnjährigen Aufbaus <strong>der</strong> Justiz im Freistaat Sachsen<br />

allein darstellt. Dazu gehört mehr, wie in den letzten Debatten<br />

dieses Hauses zum Justizgesetz von allen Seiten zu hören war.<br />

War dies ein Thema, welches die inhaltliche Diskussion durchaus<br />

beför<strong>der</strong>te, so steht heute die Frage des finanziellen Rahmens im<br />

Vor<strong>der</strong>grund. Zu diesem Rahmen kann man mit Blick auf an<strong>der</strong>e<br />

Einzelpläne feststellen, dass an <strong>der</strong> Justiz <strong>der</strong> Kelch mit dem<br />

Einspargetränk des Finanzministers offenbar vorbeigegangen ist.<br />

Blickt man auf die Zahlen, die in <strong>der</strong> Ergänzungsvorlage genannt<br />

sind, so veranschlagt man für 2001 einen Etat, <strong>der</strong> zumindest den<br />

Stand von 2000 hält. Für das Jahr 2002 soll sich dieser dann um 28<br />

Millionen DM erhöhen. Dies soll trotz sich reduzieren<strong>der</strong><br />

Verwaltungseinnahmen geschehen.<br />

Dabei bleibt die Frage, ob diese Aufstockung, wie sie auf dem<br />

Papier steht, auch tatsächlich abfließt. So war uns nämlich beim<br />

Vergleich <strong>der</strong> Soll- mit den Istzahlen des Jahres 1999 aufgefallen,<br />

dass insgesamt 40 Millionen DM beim Personal <strong>der</strong> ordentlichen<br />

Gerichte und Staatsanwaltschaften weniger abgeflossen sind, als im<br />

Haushalt veranschlagt waren. Die Begründung dafür, Herr<br />

Staatsminister, war ziemlich dünn: Man habe einbezogen, dass es<br />

aufgrund des Neuaufbaus <strong>der</strong> Justiz zur unterwertigen Besetzung von<br />

Stellen mit jungen Richtern und Beamten gekommen sei. Dies als<br />

Grund für einen Haushalt von 1999, also immerhin neun Jahre nach<br />

<strong>Beginn</strong> des Neuaufbaus, zu nennen halte ich doch für fadenscheinig.<br />

Vielmehr - dies hat auch Anfang dieser Woche ein Artikel in <strong>der</strong><br />

"<strong>Sächsische</strong>n Zeitung" verdeutlicht - liegt <strong>der</strong> Hund offensichtlich<br />

woan<strong>der</strong>s begraben. Dort wurden zwei Punkte ziemlich deutlich:<br />

Erstens. Die Staatsanwaltschaften, als Beispiel durch den<br />

Generalstaatsanwalt genannt, arbeiten rationell und effizient. So<br />

werden mit nur 28 % mehr Personal 252 % mehr Verfahren bearbeitet.<br />

(Zuruf des Abg. Schiemann, CDU)<br />

- Lesen Sie es bitte nach, Kollege Schiemann! - Und da kann ich<br />

auch mit Hinweis auf Herrn Dr. Hähle nur bemerken, dass<br />

offensichtlich die bei uns in <strong>der</strong> Justiz beschäftigten Juristen gut<br />

arbeiten und es sich, wenn überhaupt, nur nach Feierabend auf den<br />

Prachtstraßen Dresdens gut gehen lassen.<br />

Zweitens. 20 Stellen sind <strong>der</strong>zeit bei den Staatsanwaltschaften<br />

nicht besetzt. Ich kann jetzt nicht rechnerisch ermitteln, welche<br />

Haushaltsmittel auf Stellen entfallen, <strong>der</strong>en finanzielle<br />

Ausstattung wir beschließen sollen, die aber gar nicht besetzt<br />

sind. Ihr oberster Chefankläger, Herr Staatsminister Kolbe, hat<br />

zumindest eine Zahl genannt, wobei - so glaube ich - ganz sicher


auch bei einer Einzelanfrage bei den verschiedenen Gerichtszweigen<br />

ähnliche Nichtbesetzungen zutage geför<strong>der</strong>t worden wären.<br />

Dies ist <strong>der</strong> Punkt. Würden die Mittel abfließen, so wäre die<br />

verfahrensmäßige Belastung <strong>der</strong> Beschäftigten in <strong>der</strong> Justiz geringer<br />

und die Erledigungszahlen, nicht auf den Richter o<strong>der</strong> Staatsanwalt,<br />

son<strong>der</strong>n auf die Rechtspflege bezogen, noch größer. Vielleicht<br />

müssten dann auch nicht, wie geschehen, zu Recht Angeklagte in<br />

Wirtschaftsstrafsachen aus <strong>der</strong> U-Haft entlassen werden - in<br />

Klammern: Zick -, weil die zuständige Kammer am Landgericht über<br />

einen Zeitraum von mehreren Monaten nicht terminieren kann.<br />

Kurzum, setzen Sie die veranschlagten Mittel ein o<strong>der</strong> geben Sie<br />

offen zu, dass dieser Titel Personalkosten das versteckte<br />

Einsparpotenzial des Finanzministers in Ihrem Haushalt ist!<br />

Da jedoch ansonsten <strong>der</strong> Justizhaushalt in seinen fiskalischen<br />

Grenzen nachvollziehbar ist, auch wenn mehr wünschenswert wäre,<br />

werden wir ihn als Ganzes nicht ablehnen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD - Beifall des Abg. Schiemann, CDU)<br />

Präsident Iltgen: Das Wort hat die Staatsregierung. Staatsminister<br />

Kolbe, bitte.<br />

Kolbe, Staatsminister <strong>der</strong> Justiz: Herr Präsident! Sehr geehrte<br />

Damen und Herren Abgeordnete! Meine Vorrednerinnen und Vorredner<br />

haben es schon gesagt: <strong>Der</strong> Haushalt <strong>der</strong> Justiz ist im Verhältnis zu<br />

den Haushalten an<strong>der</strong>er Ministerien ein eher geringer Budgetposten.<br />

Wir veranschlagen im Jahre 2001 898,2 Millionen DM und im Jahre<br />

2002 926,9 Millionen DM. Das sind gerade 2,9 % <strong>der</strong> Gesamtausgaben<br />

des sächsischen Staatshaushalts.<br />

Die Bedeutung <strong>der</strong> Justiz ist aber umgekehrt proportional zu ihrer<br />

haushaltsmäßigen Veranschlagung. Die Judikative ist vom<br />

Verfassungsgeber als dritte Gewalt gleichberechtigt neben<br />

Legislative und Exekutive gestellt worden. Dies erscheint uns heute<br />

nach zehn Jahren deutscher Einheit in Sachsen schon wie<strong>der</strong> als<br />

Selbstverständlichkeit.<br />

Dabei waren die Verhältnisse vor mehr als zehn Jahren, also vor<br />

1989, ganz an<strong>der</strong>s. Staatliches Handeln unterlag in <strong>der</strong> DDR keiner<br />

gerichtlichen Kontrolle. Es gab we<strong>der</strong> Verwaltungs- noch Finanz-<br />

o<strong>der</strong> Sozialgerichte. Im Strafvollzug <strong>der</strong> DDR waren, auf die<br />

Einwohnerzahl bezogen, über zweieinhalb Mal so viele Gefangene<br />

inhaftiert wie in <strong>der</strong> Bundesrepublik, 1989 mehr als 31 000, mit<br />

denen die damals 2 500 Bediensteten auch kaum reden durften und von<br />

<strong>der</strong>en Verbleib manchmal nicht einmal die nächsten Angehörigen etwas<br />

wussten. Eine Unterbringung von bis zu 30 Mann in einer Zelle war<br />

damals durchaus an <strong>der</strong> Tagesordnung, Herr Bartl. Das ist noch gar<br />

nicht so lange her.<br />

Nach <strong>der</strong> friedlichen Revolution hieß es dann rechtsstaatliche<br />

Strukturen aufzubauen. 3 500 Gesetze und Verordnungen traten in<br />

Kraft, ein diffiziles Rechtsschutzsystem musste angewendet werden,<br />

anhängige Klagen mussten bearbeitet werden, eine rechtsstaatliche<br />

Strafverfolgung und ein menschenwürdiger Strafvollzug mussten<br />

etabliert werden.<br />

Ich nenne Ihnen nur zwei Zahlen: In <strong>der</strong> gesamten DDR waren 1988<br />

62 000 Zivilklagen anhängig; heute sind es allein in Sachsen über


100 000. Diese Beispiele machen auch den ungeheuren Personalbedarf<br />

<strong>der</strong> Justiz deutlich. Von ursprünglich 664 Richtern und<br />

Staatsanwälten aus <strong>der</strong> ehemaligen DDR wurden 343, also etwa die<br />

Hälfte, in Sachsen übernommen. Durch Versetzungen aus westlichen<br />

Bundeslän<strong>der</strong>n und durch Neueinstellungen hat sich diese Zahl bis<br />

heute auf 1 454 Richter und Staatsanwälte erhöht.<br />

Das hervorragende Zusammenwirken von hoch motivierten einheimischen<br />

Kollegen und Aufbauhelfern ist ein Paradebeispiel für ein<br />

geglücktes Stück innerer Einheit.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU - Beifall <strong>der</strong> Abg. Frau Dr. Schwarz, SPD)<br />

An dieser Stelle möchte ich auch allen Mitarbeiterinnen und<br />

Mitarbeitern <strong>der</strong> sächsischen Justiz ganz herzlich für die<br />

geleistete Arbeit danken, für den teilweise extremen persönlichen<br />

Einsatz, <strong>der</strong> die Grundlagen für den heutigen Rechtsstaat gelegt<br />

hat.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU - Beifall <strong>der</strong> Abg. Jurk, SPD, und<br />

Frau Dr. Schwarz, SPD)<br />

Beson<strong>der</strong>en Dank schulden wir auch meinem Vorgänger Steffen<br />

Heitmann, mit dessen Namen diese Aufbauphase für immer verbunden<br />

bleibt.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Auch haushaltsmäßig hat sich dieser Aufbau nie<strong>der</strong>geschlagen.<br />

Insgesamt wurden von 1991 bis 1999 etwa 5,7 Milliarden DM für den<br />

Aufbau und das Funktionieren <strong>der</strong> Justiz in Sachsen investiert.<br />

Hinzu kamen noch einmal 764 Millionen DM im Einzelplan 14 für den<br />

Neubau und die Sanierung von Gerichtsgebäuden und<br />

Justizvollzugsanstalten.<br />

Wie wichtig eine funktionierende und rechtsstaatliche Justiz ist,<br />

haben gerade auch die Ereignisse <strong>der</strong> vergangenen drei Wochen um<br />

Sebnitz gezeigt. Die Ermittlungen <strong>der</strong> Staatsanwaltschaft werden<br />

zügig geführt, erfolgen neutral und objektiv und werden hoffentlich<br />

bald die menschenmögliche Aufklärung geben. Mehr möchte ich zu<br />

diesem Komplex heute nicht sagen, da wir am Freitag nach <strong>der</strong><br />

Regierungserklärung des Ministerpräsidenten dies noch debattieren<br />

werden.<br />

Lassen Sie mich zu diesem Doppelhaushalt kommen. Die Ausgaben des<br />

Einzelplans <strong>der</strong> Justiz bleiben mit 898,2 Millionen DM im Jahre 2001<br />

fast konstant - plus 0,06 % -, im Jahre 2002 steigen sie auf 926,9<br />

Millionen DM, um 3,2 %, was im Wesentlichen auf höhere<br />

Personalkosten zurückzuführen ist. Das Verhältnis des<br />

Justizhaushalts zum Gesamthaushalt bleibt mit 2,9 % konstant.<br />

Die Einnahmen gehen lei<strong>der</strong> etwas zurück, was insbeson<strong>der</strong>e auf den<br />

Grundbuchbereich zurückzuführen ist, so dass sich die<br />

Selbstdeckungsquote des Justizhaushalts von 49 % auf immerhin noch<br />

beachtliche 44,8 % reduziert.<br />

<strong>Der</strong> Aufstellung dieses Doppelhaushalts lagen die folgenden<br />

Rahmenbedingungen in Sachsen zugrunde:<br />

Erstens. Bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften kann man<br />

nunmehr von einer Konsolidierung <strong>der</strong> Geschäftsbelastung auf hohem<br />

Niveau sprechen. Die starken jährlichen Verfahrenszuwächse, wie sie<br />

in den neunziger Jahren zu verzeichnen waren, sind nicht mehr


feststellbar. Dieses Gesamtergebnis schließt natürlich nicht aus,<br />

dass wir nach wie vor in einzelnen Teilbereichen eine zunehmende<br />

Geschäftsbelastung haben, so zum Beispiel in <strong>der</strong><br />

Finanzgerichtsbarkeit, bei den Gerichtsvollziehern o<strong>der</strong> bei den<br />

Bewährungshelfern. Dem dort bestehenden Personalbedarf werden wir<br />

im Haushalt im Wesentlichen durch Umsetzung innerhalb des<br />

Einzelplanes Rechnung tragen. Frau Schwarz, wir werden natürlich<br />

auch all den Dingen nachgehen, die Sie angesprochen haben.<br />

Zweitens. Im Bereich des Justizvollzugs steigt dagegen die<br />

Aufgabenbelastung unvermin<strong>der</strong>t an. <strong>Der</strong> Haushalt 1999/2000 beruhte<br />

noch auf einer Annahme von durchschnittlich 4 500 Gefangenen in<br />

Sachsen. Die Zahl hat sich auf nunmehr 4 800 Gefangene erhöht.<br />

Darin drückt sich nicht nur eine höhere Anzahl von Verurteilungen<br />

durch die Strafgerichte aus, son<strong>der</strong>n es spiegelt sich darin auch<br />

die teilweise Verhängung von längeren Haftstrafen wi<strong>der</strong>, etwa bei<br />

Sexualstraftaten.<br />

Drittens lassen Sie mich auf eine strukturelle Beson<strong>der</strong>heit des<br />

Justizhaushalts hinweisen: 69 % <strong>der</strong> Justizausgaben sind<br />

Personalkosten. Die Justiz lebt von Menschen: von Richtern,<br />

Staatsanwälten, Rechtspflegern, Geschäftsstellen- und<br />

Urkundsbeamten, von Wachtmeistern und Justizvollzugsbeamten. Die<br />

Justiz ist keine kalte Rechtsfindungsmaschine, son<strong>der</strong>n die aktive<br />

und lebendige Bewältigung und Lösung von Konflikten und<br />

Streitigkeiten.<br />

Viertens. Für Investitionen außerhalb des Baubereichs, zu dem ich<br />

gleich noch komme, wenden wir zwar lediglich 1,7 % des<br />

Justizhaushalts auf, aber das darf nicht zu <strong>der</strong> falschen Annahme<br />

verleiten, Sachsens Justiz sei nicht innovativ. Im Gegenteil, wir<br />

sind in vielen Bereichen führend. So verfügen wir mit über 5 500<br />

Computer- und Bildschirmarbeitsplätzen nahezu flächendeckend über<br />

EDV-Arbeitsplätze. Bereits 1996 entstand ein Justizrechenzentrum in<br />

Dresden als Schaltzentrale eines "Netzwerks <strong>der</strong> Justiz", mit dem<br />

alle sächsischen Justizbehörden über leistungsfähige Datenleitungen<br />

untereinan<strong>der</strong> und nach außen kommunizieren können. Von den rund 1,6<br />

Millionen sächsischen Grundbüchern sind bereits 75 % auf die<br />

elektronische Form umgestellt worden. Wir sind auf diesem Gebiet<br />

Vorreiter in ganz Deutschland und leisten mittlerweile an<strong>der</strong>en<br />

Län<strong>der</strong>n Aufbauhilfe.<br />

Fünftens. Wir setzen den Auf- und Ausbau <strong>der</strong> Justiz im baulichen<br />

Bereich auch in den nächsten Jahren fort. 2001 sind im Bauhaushalt<br />

für die Justiz noch einmal 96,3 Millionen DM vorgesehen, im Jahr<br />

2002 werden es 93,3 Millionen DM sein. Unser Ziel ist es, weiterhin<br />

für eine angemessene Unterbringung von Gerichten und<br />

Staatsanwaltschaften in landeseigenen Liegenschaften zu sorgen<br />

sowie mo<strong>der</strong>ne und kostengünstige Justizvollzugsanstalten zu<br />

errichten. - So weit zu den Rahmenbedingungen im Land.<br />

Nun wird ein Landesjustizhaushalt natürlich auch von <strong>der</strong><br />

Rechtspolitik des Bundes beeinflusst. Mein Vorredner Marko<br />

Schiemann hat das schon ausgeführt. Was diese Rechtspolitik des<br />

Bundes betrifft, so muss ich mit einer gewissen Sorge vortragen,


dass diese dann problematisch wird, wenn <strong>der</strong> Bund auf Kosten <strong>der</strong><br />

Län<strong>der</strong> Rechtspolitik betreibt.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Dies tut er zurzeit teilweise, Frau Schwarz. Wir können uns darüber<br />

gern noch ausführlicher unterhalten.<br />

Es ergeben sich insgesamt vier Problembereiche. Erster Punkt: Die<br />

Aufwendungen für gesetzliche Verfahrensausgaben steigen stetig. Das<br />

betrifft die Ausgaben für Sachverständige, Zeugenentschädigung und<br />

Prozesskostenhilfe. Zwischen 1997 und 1999 sind diese Kosten von<br />

116 Millionen DM auf 144 Millionen DM gestiegen. <strong>Der</strong> Grund hierfür<br />

sind insbeson<strong>der</strong>e die wachsenden Kosten für Betreuungssachen. Diese<br />

haben sich von 7,6 Millionen DM im Jahr 1995 auf 28 Millionen DM im<br />

Jahr 1999 erhöht. Im Jahr 1993 wurde nur je<strong>der</strong> 190. Bundesbürger<br />

betreut, im Jahr 1998 war es schon je<strong>der</strong> 105. Bundesbürger. Wenn<br />

wir eine Hochrechnung vornehmen, können wir uns ausmalen, wohin<br />

diese Entwicklung führen wird. Die Zahlungen aus <strong>der</strong> Staatskasse<br />

sind aber darüber hinaus überproportional angewachsen. Auch das<br />

1999 in Kraft getretene Betreuungsrechtsän<strong>der</strong>ungsgesetz hat hier<br />

nur zu einem Abflachen <strong>der</strong> Ausgaben geführt.<br />

<strong>Der</strong> zweite Punkt betrifft die aktuelle Diskussion um die<br />

Gefangenenentlohnung. Das Bundesverfassungsgericht hat in seiner<br />

Entscheidung vom 1. Juli 1998 die bisherige Entlohnung für<br />

verfassungswidrig erklärt und bis Ende 2000 eine Neuregelung durch<br />

den Bundesgesetzgeber angemahnt. <strong>Der</strong> Bundesgesetzgeber hat - ohne<br />

eigene Justizvollzugsanstalten; dann regelt man so etwas natürlich<br />

einfach - die Entlohnung <strong>der</strong> Strafgefangenen gegen den Wi<strong>der</strong>stand<br />

<strong>der</strong> Län<strong>der</strong> verdreifacht. Das hätte allein für Sachsen jährliche<br />

Mehrkosten von über zehn Millionen DM bedeutet. <strong>Der</strong><br />

Vermittlungsausschuss hat sich nun letzte Woche auf eine Anhebung<br />

<strong>der</strong> monatlichen Entlohnung auf etwa 400 DM geeinigt.<br />

Dieses Vorgehen des Bundes ist symptomatisch. Es ist auch nicht im<br />

Interesse <strong>der</strong> Gefangenen, denn die Län<strong>der</strong> können die für die<br />

Resozialisierung <strong>der</strong> Strafgefangenen notwendige Beschäftigung und<br />

Ausbildung auf dem jetzigen Niveau nur dann weiterhin<br />

gewährleisten, wenn diese auch finanzierbar und bei <strong>der</strong> hohen<br />

Arbeitslosigkeit, die wir im Land teilweise haben, durchführbar<br />

bleibt. Deshalb müssen wir einen vernünftigen Kompromiss zwischen<br />

den Rechten des Strafgefangenen auf eine bessere Entlohnung<br />

einerseits und dem Interesse <strong>der</strong> Allgemeinheit an einem<br />

angemessenen Ausgleich an<strong>der</strong>erseits finden.<br />

<strong>Der</strong> dritte Punkt betrifft die ZPO-Reform. Herr Bartl, Sie sprachen<br />

von einem "Krieg" um diese Reform. Sie neigen zu drastischen<br />

Ausdrücken; jedes Mal ist bei Ihnen von einem Skandal o<strong>der</strong> einem<br />

Krieg die Rede. Was augenblicklich in Berlin stattfindet, ist eine<br />

schlappe Reform, kein Krieg.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Zunächst sei vorausgeschickt, dass die deutsche Ziviljustiz in <strong>der</strong><br />

Regel die Prozesse schnell und qualitativ gut erledigt.<br />

Erstinstanzliche Verfahren dauern im Schnitt vier bis sechs Monate.<br />

Bei Berufungsverfahren vor dem OLG Dresden beträgt <strong>der</strong><br />

entsprechende Zeitraum 5,4 Monate.


Weiter wird auch in diesem Gesetzentwurf lapidar behauptet, dass<br />

die Reform keine Kosten verursache, trotz <strong>der</strong> insoweit von allen<br />

Seiten angedeuteten Zweifel. Tatsache ist, dass die Reform nicht<br />

ohne zusätzliches Personal durchgeführt werden kann. Berlin hat<br />

beispielsweise errechnet, dass die ZPO-Reform nach aktuellem Stand<br />

22 Millionen DM jährlich mehr kostet. Dieser Betrag gilt für das<br />

Land Berlin. Für Sachsen werden die Kosten entsprechend höher sein.<br />

Wir müssen uns die Frage stellen, ob alle Ziele dieser Reform<br />

wirklich im Interesse eines Flächenlandes wie Sachsen liegen. Als<br />

Beispiel nenne ich die Konzentration <strong>der</strong> Berufungsverfahren beim<br />

Oberlandesgericht. Künftig fährt demnach je<strong>der</strong> Sachse, <strong>der</strong> Berufung<br />

einlegen will, zum OLG nach Dresden. Das kann doch nicht im Sinne<br />

<strong>der</strong> Erfin<strong>der</strong> sein!<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Frau Schwarz, dann werden nicht mehr nur die Transportunternehmer<br />

gegen die Ökosteuer protestieren, son<strong>der</strong>n auch noch die<br />

Rechtsanwälte, weil sie so viel fahren müssen. Wir sollten uns das<br />

also überlegen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU - Frau Dr. Schwarz, SPD: Das müssen sie<br />

jetzt schon!)<br />

Als vierten Punkt komme ich zu den gleichgeschlechtlichen<br />

Lebenspartnerschaften. Ich will gar nicht auf die<br />

verfassungsrechtliche Problematik eingehen. Dazu könnte man viel<br />

sagen. Es ist ein Torso, ein bewusst unvollkommenes Gesetz<br />

verabschiedet worden, das unserer Ansicht nach einer Prüfung vor<br />

dem Bundesverfassungsgericht nicht standhalten wird. Da wir uns in<br />

einer Haushaltsdebatte befinden, möchte ich Sie nur auf die<br />

finanziellen Folgen dieses Gesetzes aufmerksam machen. Die<br />

Bundesregierung weigert sich beharrlich irgendwelche Zahlen zu<br />

nennen. Wir erfahren nichts über die zusätzlichen Kosten im<br />

steuerlichen Bereich, im sozialen Bereich und im beamtenrechtlichen<br />

Bereich. Das ist kein seriöses Gesetzgebungsverfahren, da diese<br />

Kosten dann wie<strong>der</strong> von den Län<strong>der</strong>n getragen werden müssen, zwar<br />

nicht vom Justizhaushalt im engeren Sinne, aber vom Landeshaushalt<br />

insgesamt. Dieses Verfahren können wir so nicht mitmachen.<br />

Abschließend sage ich zur Rechtspolitik des Bundes noch einmal<br />

grundsätzlich: Zwar gilt <strong>der</strong> Grundsatz "Judex non calculat", das<br />

darf aber nicht für die Bundesjustizministerin bei <strong>der</strong> Erarbeitung<br />

ihrer Gesetzesvorhaben gelten.<br />

Ich komme zum Schluss. Trotz des skizzierten Umfeldes liegt dem<br />

<strong>Landtag</strong> heute ein Haushaltsentwurf vor, <strong>der</strong> einerseits seinen<br />

Beitrag zur allgemeinen Konsolidierung leistet und an<strong>der</strong>erseits die<br />

erfolgreiche sächsische Justizpolitik fortsetzt. Ich bedanke mich<br />

bei allen an den Beratungen Beteiligten und darf Sie bitten, diesem<br />

Haushaltsentwurf Ihre Zustimmung zu geben.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Präsident Iltgen: Meine Damen und Herren, damit ist die Aussprache<br />

zu dem Einzelplan 06 abgeschlossen. Wir kommen jetzt zur Abstimmung<br />

über den Einzelplan des Staatsministeriums <strong>der</strong> Justiz.<br />

Da keine Än<strong>der</strong>ungsanträge vorliegen, schlage ich Ihnen vor, über<br />

den Einzelplan insgesamt abzustimmen. Erhebt sich dagegen


Wi<strong>der</strong>spruch? - Das ist nicht <strong>der</strong> Fall. Damit kommen wir zur<br />

Abstimmung über den Einzelplan 06 - Staatsministerium <strong>der</strong> Justiz,<br />

Drucksache 3/2400, durch Drucksache 3/2784 und Drucksache 3/3111,<br />

Seite 14, verän<strong>der</strong>t.<br />

Wir stimmen ab über die Kapitel 06 01, 06 02, 06 04, 06 05, 06 07,<br />

06 08, 06 09, 06 10, 06 11 und 06 12 sowie die Stellenpläne. Wer<br />

dem Einzelplan 06 die Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das<br />

Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme? -<br />

Bei einer großen Anzahl von Stimmenthaltungen ist dem Einzelplan 06<br />

des Staatsministeriums <strong>der</strong> Justiz zugestimmt worden.<br />

Meine Damen und Herren, ich rufe auf<br />

Tagesordnungspunkt 4.5<br />

Einzelplan 09 - Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft<br />

Zunächst hat die Berichterstatterin des Haushalts- und<br />

Finanzausschusses, Frau Dr. Runge, das Wort. Wird es gewünscht? -<br />

Das ist nicht <strong>der</strong> Fall.<br />

Meine Damen und Herren, damit kommen wir zur Aussprache. In <strong>der</strong><br />

ersten Runde spricht zunächst die Fraktion <strong>der</strong> PDS. Es folgen die<br />

CDU-Fraktion, die SPD-Fraktion, die CDU-Fraktion und die<br />

Staatsregierung, wenn gewünscht.<br />

Die Debatte ist eröffnet. Die Fraktion <strong>der</strong> PDS hat das Wort. Frau<br />

Roth, bitte.<br />

Frau Roth, PDS: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und<br />

Herren! <strong>Der</strong> Doppelhaushalt 2001/2002 fasst erstmalig die Bereiche<br />

Umwelt und Landwirtschaft in einem gemeinsamen Haushalt zusammen.<br />

Nachdem seit 1999 nur noch ein Minister für beide Bereiche<br />

zuständig ist, eine folgerichtige Planung. Nur darf die<br />

Folgerichtigkeit nicht dazu führen, dass sich <strong>der</strong> Grundsatz <strong>der</strong><br />

Haushaltsklarheit und Haushaltswahrheit nur schwerlich<br />

nachvollziehen lässt. Diese Gefahr sehe ich im Umweltbereich<br />

allerdings deutlich.<br />

Die CDU-Fraktion hat nun mit ihren Än<strong>der</strong>ungsanträgen die Gefahr zum<br />

Teil noch vergrößert. Zwei Beispiele sollen belegen, worum es uns<br />

in Sachen Klarheit und Wahrheit geht.<br />

Erstens. Verschiedene Haushaltsgruppen wurden gegenseitig<br />

deckungsfähig gemacht. Das lässt zum Beispiel zu, dass Geld, das<br />

eigentlich für erneuerbare Energien und Klimaschutz bestimmt ist,<br />

zur För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Tierzucht ausgegeben werden kann.<br />

Zweitens, die Überführung klarer konkreter Haushaltstitel in große<br />

Sammeltitel; so verschwinden zum Beispiel Zuschüsse für die Arbeit<br />

<strong>der</strong> sächsischen Naturschutzverbände als Träger öffentlicher Belange<br />

in einen solchen Sammeltopf. Und so fehlen dann im Haushalt klare<br />

und nachvollziehbare Signale wie beim Klimaschutz, bei <strong>der</strong><br />

Einschränkung des Naturverbrauchs und <strong>der</strong> Ressourcenverschwendung<br />

sowie bei <strong>der</strong> Umweltbildung.<br />

Wir hatten mit unseren Anträgen solche Signale setzen wollen. Sie<br />

wurden abgelehnt. Deshalb, bevor nun unsere Anträge im Dunkel <strong>der</strong><br />

Haushaltsmonarchie verschwinden, möchte ich sie hier noch einmal<br />

aufleuchten lassen.<br />

1. Entlastung <strong>der</strong> Bürgerinnen und Bürger von Kommunalabgaben:<br />

Maßnahmen dazu sind im PDS-Entwurf eines


Kommunalabgabenentlastungsgesetzes festgeschrieben. 90 Millionen DM<br />

werden für die Finanzierung 2001 benötigt, 100 Millionen DM 2002.<br />

Das Geld ist da, sowohl im Titel "Zuweisung an wirtschaftlich Not<br />

leidende Aufgabenträger im Bereich Wasser/Abwasser" als auch in den<br />

Investitionszuschüssen für Wasser, Abwasser und Abfall.<br />

(Jurk, SPD: Das geht gar nicht!)<br />

Wir beantragten lediglich eine Zweckbindung, also Klarheit. Wie das<br />

Staatsministerium mit den wirtschaftlich Not leidenden<br />

Aufgabenträgern <strong>der</strong> Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung<br />

umgeht, ist mehr als problematisch. Von den im Vorjahr zur<br />

Verfügung stehenden 58,9 Millionen DM für investive Maßnahmen<br />

wurden rund 17,5 Millionen DM nicht ausgeschöpft und auf dieses<br />

Jahr übertragen. Wie sieht es nun 2000 aus? Von den insgesamt 76,4<br />

Millionen DM waren Ende September gerade einmal 1,8 Millionen DM<br />

ausgezahlt. Das sind sage und schreibe 2,4 % <strong>der</strong> zur Verfügung<br />

stehenden Mittel. 14,6 Millionen DM waren zu diesem Zeitpunkt durch<br />

Bewilligungen gebunden. Als noch freie Mittel werden in <strong>der</strong><br />

Information über den Haushaltsvollzug 2000 rund 61,8 Millionen DM<br />

ausgewiesen.<br />

Meine Damen und Herren! Seit Jahren kritisiert die PDS-Fraktion die<br />

Art und Weise, wie mit den wirtschaftlichen Sorgen und Nöten <strong>der</strong><br />

Zweckverbände und Kommunen umgegangen wird, die sich an die<br />

Vorgaben <strong>der</strong> Abwassertechnischen Grundsatzplanung <strong>der</strong><br />

Staatsregierung gehalten und große zentrale Abwasseranlagen gebaut<br />

haben. Ihnen wurde För<strong>der</strong>ung versprochen. Große Geldbeträge sind in<br />

den Haushalten veranschlagt, aber <strong>der</strong> Korb wird durch irrsinnige<br />

För<strong>der</strong>bestimmungen so hoch gehängt, dass kaum ein Aufgabenträger an<br />

das Geld herankommt.<br />

Die PDS-Fraktion hat mit ihrem Kommunalabgabenentlastungsgesetz<br />

2000 einen besseren, einen zukunftsfähigen Ansatz gewählt. Er ist<br />

vor allen Dingen bürgerfreundlicher, weil er die Einwohner direkt<br />

von überhöhten Gebühren und Beiträgen entlasten soll.<br />

2. Unterstützung <strong>der</strong> Kommunen in Sachen Lokale Agenda 21: Ein<br />

wichtiges Kriterium für Nachhaltigkeit ist, ob und wie die<br />

Bürgerinnen und Bürger in die Gestaltung ihrer Lebensumwelt<br />

einbezogen werden. Dafür gibt es einen bereits 1992 in Rio<br />

beschlossenen Ansatz, die Agenda 21. Wichtigste Handlungsträger<br />

dabei sind die Kommunen. Um diesen einen Anreiz zu schaffen, sich<br />

um die Erarbeitung lokaler Handlungspläne für das 21. Jahrhun<strong>der</strong>t<br />

zu bemühen, gab es ein För<strong>der</strong>programm. Im neuen Haushaltsplan<br />

finden wir jetzt "Agenda 21" unter dem Kapitel Abwicklungen.<br />

Wörtlich: "Das Programm ist abgeschlossen. <strong>Der</strong> Titel kann künftig<br />

entfallen."<br />

Aber im EU-För<strong>der</strong>konzept für die Entwicklung Ostdeutschlands steht:<br />

"Die neuen Bundeslän<strong>der</strong> bekennen sich zum Leitbild einer<br />

nachhaltigen, umweltgerechten und zukunftsfähigen Entwicklung und<br />

beteiligen sich aktiv an <strong>der</strong> globalen Umsetzung <strong>der</strong> Agenda<br />

21." Diesem Grundsatz sollte auch die Verteilung <strong>der</strong><br />

Haushaltsmittel folgen. Ein Programm zur För<strong>der</strong>ung und Begleitung<br />

von Agenda-Prozessen, eine Koordinierungsstelle und Gel<strong>der</strong> für die


Agenda-Projekte werden benötigt. Dem trugen wir mit unserem 650<br />

000-DM-Antrag Rechnung.<br />

3. Aufstockung des Landesanteils zur Unterstützung des Freiwilligen<br />

Ökologischen Jahres: Wir beantragten 200 000 DM, um die erwartete<br />

Reduzierung <strong>der</strong> Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds wenigstens<br />

teilweise ausgleichen zu können. Bei den Jugendlichen in Sachsen<br />

erfreut sich das FÖJ wachsen<strong>der</strong> Beliebtheit. Entsprechend groß ist<br />

die Nachfrage. Eine kleine Ausstellung auf den Gängen unserer<br />

Fraktion im <strong>Landtag</strong> belegt das gerade in diesen Tagen.<br />

Die Fortführung von etwa 370 Stellen pro Jahr bis zum Jahr 2003 ist<br />

mit dem jetzt vorliegenden Entwurf des Haushaltsplanes gesichert.<br />

Das ist wohl unter an<strong>der</strong>em dem Druck <strong>der</strong> Jugendlichen selbst zu<br />

verdanken. Sollte unser abgelehnter Antrag auch etwas mitgedrückt<br />

haben, so soll uns das nur recht sein.<br />

4. Unterstützung von Vereinen, Verbänden und Kommunen beim Erwerb<br />

von Naturschutzflächen: <strong>Der</strong> Antrag <strong>der</strong> PDS-Fraktion sah eine<br />

Aufstockung <strong>der</strong> Zuschüsse für Investitionen um eine Million DM vor.<br />

Einen ähnlichen Antrag stellte die CDU-Fraktion. Hier waren sich<br />

die Mitglie<strong>der</strong> des Umweltausschusses einig, dass eine Aufstockung<br />

dringend notwendig ist. Einigkeit half hier dem Naturschutz. Und da<br />

ist es mir nicht wichtig, ob auf PDS- o<strong>der</strong> CDU-Antrag.<br />

5. Einsparung von Haushaltsmitteln bei <strong>der</strong> Finanzierung von Zeit-<br />

und Aushilfsverträgen: Im Jahr 2001 verdoppeln sich die<br />

veranschlagten Mittel für die Arbeit mit Zeit- und<br />

Arbeitshilfsverträgen im Ressortbereich und erreichen die stolze<br />

Summe von 2,76 Millionen DM. Begründet wird diese Verdoppelung des<br />

Mittelansatzes damit, dass diese befristeten Arbeitsverträge zur<br />

"Abdeckung von Arbeitsspitzen im gesamten Ressortbereich"<br />

vorgesehen sind. Das ist eigentlich eine Krücke und genau genommen<br />

auch keine Haushaltsklarheit. Auch hier stellte ich zweimal Anträge<br />

auf Umsetzung eines Teiles <strong>der</strong> Mittel in die Titel "Lokale Agenda"<br />

und "Freiwilliges Ökologisches Jahr". Sie sollten nach unserer<br />

Auffassung planbar dort eingesetzt werden, wo Menschen mit viel<br />

Engagement Tag für Tag Umwelt- und Naturschutz leben, manchen von<br />

uns immer noch auch vorleben.<br />

Zum Schluss: Mit den Haushaltstiteln im Umweltbereich wird es sich<br />

in den nächsten zwei Jahren leben lassen. Ein kräftiger Schuss,<br />

mehr Kreativität und Klarheit in <strong>der</strong> Zielfunktion hätte ihm aber<br />

gut zu Gesicht gestanden. Ich hoffe nur, dass <strong>der</strong> tatsächliche<br />

Mittelabfluss die richtige Zielrichtung findet.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Präsident Iltgen: Ich erteile <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> CDU das Wort. Herr<br />

Prof. Mannsfeld, bitte.<br />

Prof. Dr. Mannsfeld, CDU: Herr Präsident! Meine sehr verehrten<br />

Damen und Herren! Wir haben eben gehört, dass die Debatte um den<br />

Haushaltsteil Umwelt des Einzelplanes Umwelt und Landwirtschaft<br />

offensichtlich gar nicht so schlecht gewesen sein kann, denn das<br />

Fazit meiner Vorrednerin lautete: Es wird sich damit leben lassen.<br />

Gestatten Sie mir, aus unserer Sicht einige Anmerkungen zu dieser<br />

"Lebensgrundlage" zu machen, auf <strong>der</strong> wir in den nächsten zwei<br />

Jahren in diesem Ressortbereich aufbauen können.


Ich möchte an den Anfang die Anmerkung stellen, dass <strong>der</strong><br />

inhaltliche Schwerpunkt <strong>der</strong> Haushaltsregelung im Einzelplan 09 das<br />

Bestreben ist, nach <strong>der</strong> Zusammenlegung <strong>der</strong> Ministerien auch den<br />

Haushalt des Ministeriums quasi in einem Guss zu gestalten, auch<br />

wenn selbstverständlich die Säulen vieler Titelgruppen separat<br />

behandelt werden.<br />

Es war auch die Absicht meiner Fraktion, mit einigen<br />

haushaltstechnischen Än<strong>der</strong>ungsanträgen noch mehr dafür Sorge zu<br />

tragen, dass überall dort, wo es möglich ist, die<br />

Durchlassfähigkeit <strong>der</strong> Titel hergestellt wird. Ich halte es für<br />

einen Erfolg meiner Fraktion, diese Transparenz durch entsprechende<br />

Än<strong>der</strong>ungsanträge, zum Beispiel in Form gegenseitiger<br />

Deckungsfähigkeit zwischen umweltrelevanten und<br />

landwirtschaftlichen Titelgruppen, ermöglicht zu haben und somit<br />

noch bessere Voraussetzungen zum Mittelabfluss o<strong>der</strong> zur<br />

Komplementärfinanzierung zu schaffen.<br />

Es ist bedauerlich - man könnte auch sagen, es ist symptomatisch<br />

-, dass die PDS-Fraktion in einer Pressemitteilung vom 20.11.2000,<br />

<strong>der</strong>en wesentliche Passagen wir gerade im vorherigen Redebeitrag<br />

gehört haben, versucht hat diese Vorgänge zu verdrehen, indem sie<br />

dieser Operation jegliche Transparenz abspricht und erklärt, davon<br />

würde letztlich nur die Landwirtschaft profitieren. Ein Beispiel<br />

wurde von Kollegin Roth genannt.<br />

Dieser Behauptung, meine sehr verehrten Damen und Herren, steht die<br />

<strong>Sächsische</strong> Haushaltsordnung entgegen. Sie steht auch im Wi<strong>der</strong>spruch<br />

zu dem ausdrücklichen Wunsch <strong>der</strong> Staatsregierung, die Integration<br />

von Umweltministerium und Landwirtschaftsministerium zu vollenden.<br />

Ansonsten stellen die Ansätze in den Haushaltsgruppen 6 und 8 sowie<br />

in den übrigen För<strong>der</strong>programmen eine solide Voraussetzung dafür<br />

dar, die umweltpolitischen Zielstellungen im Doppelhaushalt zu<br />

erfüllen.<br />

Beson<strong>der</strong>s zu begrüßen ist in diesem Zusammenhang die deutliche<br />

Mittelerhöhung für die Altlastenfreistellung nach dem Bund-Län<strong>der</strong>-<br />

Verwaltungsabkommen. Wir konnten auch weitere positive Akzente auf<br />

<strong>der</strong> Basis des Än<strong>der</strong>ungsantrages für die investiven Maßnahmen des<br />

Naturschutzes setzen.<br />

An dieser Stelle eine kleine Ergänzung o<strong>der</strong> Kommentierung, Frau<br />

Roth, zu Ihren gleich lautenden Bemühungen bzw. Ihrem Wunsch. Wir<br />

haben beide die gleiche Ziffer in <strong>der</strong> Erhöhung <strong>der</strong> Titelgruppe<br />

gewünscht. Sie hatten aber einen völlig an<strong>der</strong>en Verwendungszweck.<br />

Sie wollten ausschließlich damit Flächen erwerben. Wir wollten<br />

allen drei in <strong>der</strong> Titelgruppe genannten Ausgabemöglichkeiten eine<br />

ausgewogene Chance <strong>der</strong> Finanzierung geben und uns nicht nur auf den<br />

Buchstaben c in <strong>der</strong> Begründung festlegen. Wir wollten es für alle<br />

investiven Maßnahmen. Das ist <strong>der</strong> kleine Unterschied. Ansonsten<br />

kann auch ich nur bestätigen, dass Sie in dieser Richtung die<br />

Ansätze verbessern wollten.<br />

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch meine Vorrednerin ist<br />

darauf eingegangen, dass sich im Vorfeld <strong>der</strong> heutigen<br />

Haushaltsdebatte sehr viele mit <strong>der</strong> Sicherung <strong>der</strong> zukünftigen<br />

Finanzierung des Freiwilligen Ökologischen Jahres beschäftigt


haben. Die CDU-Fraktion des <strong>Sächsische</strong>n <strong>Landtag</strong>es hat sich im<br />

Rahmen <strong>der</strong> Beratung zum Staatshaushaltsplan gegenüber <strong>der</strong><br />

Staatsregierung mit Nachdruck für eine Absicherung des FÖJ in<br />

Sachsen in <strong>der</strong> bisherigen Größenordnung eingesetzt.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Ich freue mich an dieser Stelle nochmals feststellen zu können,<br />

dass sich die verschiedenen mit dem FÖJ befassten Ministerien<br />

darauf verständigt haben, für den Zeitraum des Doppelhaushaltes<br />

2001 und 2002 jährlich zirka 370 Stellen in Sachsen absichern zu<br />

können, was durch einen Verbund aus Mitteln des Staatshaushaltes,<br />

Einzelplan 09 - Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft -,<br />

aus dem Einsatz von Mitteln des Bundes in <strong>der</strong> Größenordnung von<br />

einer halben Million DM sowie aus ESF-Mitteln im SMWA zur<br />

Finanzierung dieser Stellen ermöglicht werden kann.<br />

Damit wird in Sachsen das vorhin schon einmal angesprochene hohe<br />

Niveau an dieser Stelle gehalten. Lassen Sie es mich noch genauer<br />

sagen: Sachsen bestimmt das Niveau im FÖJ in Deutschland, denn wir<br />

haben das Doppelte an solchen Plätzen im Vergleich zu<br />

Flächenlän<strong>der</strong>n wie Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen,<br />

Nie<strong>der</strong>sachsen, Brandenburg o<strong>der</strong> Mecklenburg-Vorpommern.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Ich denke, man darf bezüglich <strong>der</strong> Bemühungen, die Finanzierung<br />

sicherzustellen, sagen, dass wir im Freiwilligen Ökologischen Jahr<br />

nicht nur eine Berufsvorbereitung sehen, son<strong>der</strong>n dass wir es auch<br />

als eine wichtige Chance für die jungen Menschen betrachten, nach<br />

Abschluss ihrer Schulausbildung wichtige Erfahrungen zu sammeln, um<br />

im Dienst für Natur und Umwelt wertvolle Arbeit leisten zu können.<br />

Ein an<strong>der</strong>er schon genannter Aspekt betrifft die Agenda 21. Ich<br />

möchte Sie, nachdem Frau Roth ein vehementes Statement zur<br />

Beibehaltung <strong>der</strong> bisherigen För<strong>der</strong>ansätze in einer relativ freien<br />

Interpretation des eigentlichen Hintergrundes dieses Unternehmens<br />

geliefert hat, mit den Fakten vertraut machen.<br />

In den Jahren 1999 und 2000 betrug <strong>der</strong> Haushaltsansatz zur<br />

För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Lokalen Agenda in Sachsen jeweils 500 000 DM. Im<br />

Jahre 1999 sind davon 8 000 DM abgeflossen, was man<br />

selbstverständlich auf ein paar Anlaufschwierigkeiten zurückführen<br />

könnte.<br />

Aus den Mitteln des Jahres 2000 sind bisher 23 000 DM ausgezahlt<br />

worden und - das ist noch wichtiger - 435 000 DM sind über<br />

Bewilligungen mit Stand 5. Dezember 2000 gebunden. Das heißt, im<br />

Jahr 2000 kann man davon ausgehen, dass die zur Verfügung<br />

gestellten Mittel in vollem Umfang gebunden werden und die Mittel<br />

aus dem Vorjahr letztlich nicht mehr zur Verfügung stehen.<br />

Mit <strong>der</strong> Ergänzungsvorlage hat die Staatsregierung einen Leertitel<br />

eingeführt. Sie hat mit einem Leertitel die Möglichkeit geschaffen,<br />

dass bis zu 500 000 DM zulasten an<strong>der</strong>er Umwelttitelgruppen<br />

Zuschüsse für die Lokale Agenda für Projekte zur Verfügung gestellt<br />

werden können, so dass zumindest in Synchronisierung des Bestehens<br />

<strong>der</strong> För<strong>der</strong>richtlinie auch im Jahr 2001 auf <strong>der</strong> Basis <strong>der</strong> geltenden<br />

För<strong>der</strong>richtlinie Zuschüsse gewährt werden können.


Die hier allgemein erhobene Kritik an <strong>der</strong> För<strong>der</strong>richtlinie geht an<br />

<strong>der</strong> Sache völlig vorbei. Bis jetzt haben 44 Städte und Gemeinden in<br />

Sachsen Beschlüsse zur Erarbeitung einer Lokalen Agenda gefasst.<br />

Dennoch findet eine bizarre Diskussion in <strong>der</strong> Öffentlichkeit über<br />

dieses Thema statt; denn all jene, die in ihren Erklärungen von<br />

einer Fehlentscheidung sprechen, dieses För<strong>der</strong>programm auslaufen zu<br />

lassen, übersehen immer wie<strong>der</strong> den kommunalen Charakter des Agenda-<br />

Prozesses.<br />

Auch ist das nicht auf Rio begründet, Frau Roth, son<strong>der</strong>n nach Rio<br />

hat sich in Aalborg eine große Versammlung europäischer<br />

Bürgermeister zu diesem Konzept des Lokale-Agenda-Programmes<br />

entschließen können.<br />

Auch daraus erkennen Sie wie<strong>der</strong>, dass dieser kommunale Charakter<br />

ganz wichtig ist. Ein Land kann das zwar begleiten, es kann aber<br />

nicht dafür verantwortlich gemacht werden. All diejenigen, die<br />

sagen, dass dies nicht weiterführend sei, hätten einmal in den<br />

letzten Wochen die Rechenschaftsberichte und die Zwischenberichte<br />

<strong>der</strong> Landkreise und kreisfreien Städte in Sachsen lesen sollen, die<br />

zu dieser Frage auch in den "Pressespiegeln" erschienen sind.<br />

Es ist nicht nur die Tatsache, dass überall in den Kreisen und<br />

kreisfreien Städten, von denen Berichte abgedruckt waren, eine<br />

überaus positive Bilanz gezogen werden konnte. Es geht vielmehr<br />

auch darum, dass die Probleme <strong>der</strong> kommunalen Träger völlig an<strong>der</strong>er<br />

Art waren. Nicht in einem dieser Beiträge habe ich gelesen, das<br />

För<strong>der</strong>geld des Freistaates reiche nicht aus o<strong>der</strong> man wolle gar eine<br />

institutionelle För<strong>der</strong>ung. Das Problem <strong>der</strong> Kommunen war vielmehr<br />

die Grundfrage: Wie bekommen wir die Bürgerinnen und Bürger zum<br />

Mittun an den von den Kommunen aufgelegten Programmen und den<br />

teilweise durch das Land geför<strong>der</strong>ten Projekten? Das ist etwas ganz<br />

an<strong>der</strong>es als quasi nur nach För<strong>der</strong>mitteln zu rufen o<strong>der</strong> wie jetzt<br />

zum Teil sogar nach Län<strong>der</strong>koordinierungsstellen.<br />

Meine sehr verehrten Damen und Herren! All das geht an <strong>der</strong><br />

Philosophie des Lokale-Agenda-Prozesses vorbei. Man kann sagen,<br />

dass es nicht einzusehen ist, dass Bürgerengagement zurückgehen<br />

sollte, wenn <strong>der</strong> Freistaat nach einer angemessenen Übergangszeit<br />

die Anschubför<strong>der</strong>ung für diese kommunale Aufgabe einstellen würde.<br />

Zwischenzeitlich haben sehr viele Kommunen hierzu günstige<br />

Ausgangsbedingungen geschaffen. Ich denke, nicht <strong>der</strong> Ruf nach mehr<br />

Geld o<strong>der</strong> nach irgendwelchen Koordinierungsstellen, die wir<br />

bezahlen müssen, son<strong>der</strong>n das Eingehen auf das Bewusstsein <strong>der</strong><br />

Bürgerinnen und Bürger in den Städten, durch eigene Beiträge das<br />

Lebensumfeld zu verbessern o<strong>der</strong> Vorbildwirkungen zu entfalten, ist<br />

entscheidend. In dieser Richtung muss dieser Prozess geführt<br />

werden. Da steht dem Bürgerengagement in Sachsen eigentlich nichts<br />

im Wege.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zum Abschied<br />

(Vereinzelt Heiterkeit im Saal)<br />

- so weit sind wir noch nicht - bzw. zum Abschluss einer ersten<br />

Gesprächsrunde noch einmal auf einen Bereich <strong>der</strong> Umwelt eingehen,<br />

<strong>der</strong> von dem Haushaltsbegleitgesetz beson<strong>der</strong>s betroffen ist, und


zwar auf die Än<strong>der</strong>ung des Wassergesetzes zu sprechen kommen, weil<br />

auch das zu einer Reihe von sehr verwirrenden öffentlichen Debatten<br />

geführt hat. Es ging um die Frage, wie Nutzungseinschränkungen in<br />

Trinkwasserschutzgebieten in Zukunft auszugleichen sind, ein<br />

Ausgleich, <strong>der</strong> bisher vom Freistaat - und damit könnte man sagen:<br />

vom Steuerzahler - übernommen worden ist. Das ist eine Regelung,<br />

die wir Anfang <strong>der</strong> neunziger Jahre für vertretbar und richtig<br />

hielten. Sie hatte damals wohl sicher ihre Berechtigung, um<br />

sicherzustellen, dass durch die Umstrukturierung <strong>der</strong><br />

Wasserversorgung nicht auch <strong>der</strong> Ausgleich eventuell ausbleiben<br />

könnte.<br />

Jetzt aber haben wir gute Gründe, von dieser Systematik<br />

umzusteigen, und zwar, wenn Sie so wollen, auf das<br />

Verursacherprinzip. Mit Än<strong>der</strong>ung des <strong>Sächsische</strong>n Wassergesetzes im<br />

Rahmen des Haushaltsbegleitgesetzes sorgen wir dafür, dass ab 2003,<br />

rückwirkend für 2002, <strong>der</strong> Ausgleich von den<br />

Wasserversorgungsunternehmen - rechtstechnisch gesprochen von den<br />

Begünstigten - geleistet wird. Damit folgen wir <strong>der</strong> Systematik, wie<br />

sie auch in fast allen an<strong>der</strong>en deutschen Bundeslän<strong>der</strong>n besteht,<br />

denn bis auf Nie<strong>der</strong>sachsen und Baden-Württemberg verpflichten alle<br />

an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong> die Wasserversorger zu diesem Ausgleich. Das heißt,<br />

wir betonen jetzt nicht nur das Verursacherprinzip, da<br />

Wasserschutzgebiete nahezu ausnahmslos im Interesse <strong>der</strong> bestehenden<br />

o<strong>der</strong> künftigen öffentlichen Wasserversorgung festgesetzt sind,<br />

son<strong>der</strong>n wir üben mit dieser Regelung einen sanften Druck, wenn Sie<br />

so wollen, auf jeden Fall auch einen Anreiz aus, dass auch<br />

vonseiten <strong>der</strong> Wasserversorgungsunternehmen kritisch hinterfragt<br />

wird, welche Trinkwasserschutzgebiete denn tatsächlich<br />

aufrechtzuerhalten sind. Das halten wir für richtig. Das kann und<br />

soll dazu führen, dass diese bestehenden Schutzgebiete für die<br />

Trinkwasserversorgung kritisch überprüft werden.<br />

Ich will nicht leugnen, dass die nunmehr bevorstehende Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

Systematik auch Auswirkungen auf die Wassergebühren haben wird. Wir<br />

gehen aber davon aus, dass diese Auswirkungen deutlich unter 0,10<br />

DM/Kubikmeter liegen werden. Wir halten das bei dem Umstieg in <strong>der</strong><br />

Systematik auf das Verursacherprinzip für vertretbar.<br />

An dieser Stelle möchte ich auf eine in <strong>der</strong> Anhörung zu diesem Teil<br />

des Haushaltsbegleitgesetzes aufgetauchte Behauptung eingehen, um<br />

nicht zu sagen, sie zurückweisen: Es käme mit dieser Än<strong>der</strong>ung zu<br />

einer im Län<strong>der</strong>vergleich einmaligen Doppelbelastung, nämlich<br />

bestehend aus <strong>der</strong> Ausgleichspflicht nach dem Verursacherprinzip und<br />

<strong>der</strong> Erhebung <strong>der</strong> Wasserentnahmeabgabe nach § 23 <strong>Sächsische</strong>s<br />

Wassergesetz. Tatsache ist, dass zehn <strong>der</strong> deutschen Län<strong>der</strong> sowohl<br />

eine Wasserentnahmeabgabe als auch eine Ausgleichsverpflichtung bei<br />

den Wasserversorgungsunternehmen angesiedelt haben. Man kann also<br />

bei einer Regelung, die von weit über <strong>der</strong> Hälfte <strong>der</strong> deutschen<br />

Län<strong>der</strong> angewandt wird, nicht von einer Ausnahme sprechen. Mit<br />

Sachsen sind es also elf Län<strong>der</strong>, die so verfahren, und Sachsen hat<br />

mit 0,03 DM/Kubikmeter das mit Abstand niedrigste Abgabenniveau.<br />

Fassen wir das also noch einmal zusammen. Die Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

Systematik hat ihre Berechtigung und wird nicht zu unzumutbaren


Belastungen führen. Die CDU-Fraktion trägt das Grundanliegen <strong>der</strong><br />

Gesetzesän<strong>der</strong>ung mit. Wir haben allerdings mit einem<br />

Än<strong>der</strong>ungsantrag auch dafür gesorgt, dass <strong>der</strong> Ausgleich tatsächlich<br />

vonstatten gehen kann; denn wir haben Mindestregelungen für diesen<br />

Ausgleich im Gesetz verankert bzw. dafür gesorgt, dass das Umwelt-<br />

und Landwirtschaftsministerium Einzelheiten dazu in einer<br />

Rechtsverordnung festlegen kann. Das ist nach meinem Dafürhalten<br />

eine wichtige Erklärung, denn in <strong>der</strong> Öffentlichkeit ist manches zu<br />

diesem Thema falsch dargestellt worden.<br />

Ich möchte an dieser Stelle eine Pause machen. Damit dieser<br />

Abschied, den ich vorhin versehentlich sprachlich angedeutet hatte,<br />

nicht so stattfindet, würde ich mir erlauben, nachher noch einmal<br />

in die Debatte einzugreifen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Die SPD-Fraktion, bitte. Frau Dr.<br />

Raatz.<br />

Frau Dr. Raatz, SPD: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und<br />

Herren Abgeordnete! Wie auch in <strong>der</strong> Wirtschaft fusioniert man zum<br />

Zweck des Erreichens neuer Marktpotenziale und von Kostensynergien.<br />

Das wurde auch schon kurz von Frau Roth angesprochen. <strong>Der</strong><br />

Unterschied ist nur, dass in <strong>der</strong> Wirtschaft im Zuge <strong>der</strong><br />

Fusionierung eine Verflechtungsbilanz erstellt wird. <strong>Der</strong> Haushalt<br />

2001/2002 stellt aber erstmalig eine Abbildung des in <strong>der</strong> Praxis<br />

bereits tätigen Ministeriums für Umwelt und Landwirtschaft dar.<br />

Damit wird es natürlich schwer, die Umsetzung <strong>der</strong> mit dieser Fusion<br />

verfolgten Ziele, nämlich einer effizienteren Verwaltung unter<br />

gleichzeitiger Kostenreduktion, nachzuvollziehen.<br />

(Beifall des Abg. Jurk, SPD)<br />

Dass die veranschlagten Mittel um zirka 38 Millionen DM hinter dem<br />

Gesamtvolumen von 2000 zurückbleiben, sagt noch lange nichts über<br />

die Freisetzung o<strong>der</strong> Erwirtschaftung dieser reduzierten Mittel aus.<br />

Nun kann man dem Schutz und <strong>der</strong> Erhaltung <strong>der</strong> Umwelt<br />

unterschiedliches Gewicht beimessen. Wenn die Kürzungen im<br />

Umwelthaushalt aber einseitig zulasten <strong>der</strong> Kommune und des Bürgers<br />

gehen, muss meines Erachtens vom <strong>Landtag</strong> gegengesteuert werden.<br />

Hier ein Beispiel, welches schon von Frau Roth angesprochen wurde.<br />

Wir alle wissen, dass das Thema Abwasser brisant ist. Das liegt<br />

nicht daran, dass seine Umweltrelevanz infrage gestellt wird; die<br />

Ursache ist vielmehr die mit einer umweltschonenden Beseitigung<br />

verbundene finanzielle Belastung für die Bürger sowie die<br />

Aufgabenträger. Denen steht das Wasser schon teilweise bis zum<br />

Hals. Es fällt sicher nicht leicht, <strong>der</strong> interessierten<br />

Öffentlichkeit die Wahrheit unverwässert zu servieren; denn dann<br />

müsste gesagt werden, dass die Probleme im Abwasserbereich bei<br />

weitem noch nicht gelöst sind, die Entgeltbelastung <strong>der</strong> Bürger die<br />

Schmerzgrenze zwar erreicht hat, einige kommunale Aufgabenträger<br />

jedoch trotzdem nicht ihren Zahlungsverpflichtungen nachkommen<br />

können. Mit den jährlich eingestellten 15 Millionen DM in <strong>der</strong><br />

Titelgruppe Wasserversorgung/Abwasserentsorgung speziell für<br />

wirtschaftlich Not leidende Verbände erscheint die Bewältigung des<br />

Problems illusorisch.


Doch so leicht bringt man die Staatsregierung nicht in<br />

Erklärungsnot. Da noch unverbrauchte Haushaltsreste existieren,<br />

werden einige Verbände, so zum Beispiel <strong>der</strong> AZV "Talsperre<br />

Saidenbach", aus diesen Mitteln bedient. Das zwingt die an<strong>der</strong>en<br />

Verbände, mittels abenteuerlicher Konstruktionen, unterstützt durch<br />

die Staatsregierung, an<strong>der</strong>e För<strong>der</strong>töpfe anzuzapfen. Dies scheint<br />

legitim, hat doch Herr Staatsminister Hardraht vor an<strong>der</strong>thalb<br />

Jahren für die Not leidenden Verbände schon 179 Millionen DM<br />

versprochen, was ja erst einmal recht gut klingt. Um diese Zahl zu<br />

untersetzen, spekulierte er jedoch munter mit Deckungsvermerken,<br />

wie wir es auch jetzt wie<strong>der</strong> haben, FAG-Mitteln und dem großen Topf<br />

für Investitionszuweisungen.<br />

Wenn man aber berücksichtigt, dass bei <strong>der</strong> Investitionsför<strong>der</strong>ung<br />

für die abwassertechnische Erschließung <strong>der</strong> empfindlichen Gebiete<br />

die EU-Sollvorgabe Priorität genießt, wird klar, dass aus diesem<br />

Topf kaum Mittel für die Not leidenden Verbände abzuzweigen sind.<br />

Die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Not leidenden Verbände wird ins Abseits geraten,<br />

da allein schon zur Realisierung <strong>der</strong> EU-Vorgaben im Abwasserbereich<br />

4,4 Milliarden DM bis 2005 notwendig sind, die mittelfristige<br />

Finanzplanung aber nur etwa 1,4 Milliarden DM für Wasser und<br />

Abwasser insgesamt ausweist. Anstatt mit den verbleibenden Mitteln<br />

sorgsam zu wirtschaften, verfolgt die Staatsregierung nun so<br />

utopische Ziele wie den Superzweckverband, <strong>der</strong> zum Beispiel den<br />

gesamten Regierungsbezirk Chemnitz ver- und entsorgen soll. Es darf<br />

einfach nicht sein, dass sich das Reservoir an staatlicher Hilfe<br />

Tropfen für Tropfen entleert.<br />

Eine akzeptable Mittelausstattung verbunden mit einem tragfähigen<br />

Konzept zur dauerhaften Sanierung <strong>der</strong> Not leidenden Zweckverbände<br />

ist daher ein Gebot <strong>der</strong> Stunde. Ein entsprechen<strong>der</strong> Antrag wird von<br />

uns eingebracht.<br />

Zu unserem an<strong>der</strong>en Schwerpunkt - erneuerbare Energien - hat vorhin<br />

mein Fraktionsvorsitzen<strong>der</strong> Herr Thomas Jurk schon Ausführungen<br />

gemacht.<br />

Herzlichen Dank.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Die CDU-Fraktion bitte, Herr Prof.<br />

Mannsfeld.<br />

Prof. Dr. Mannsfeld, CDU: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten<br />

Damen und Herren! Auch ich möchte, sagen wir einmal, den Weg<br />

beschreiten, indem ich jetzt auf Ihre Beiträge eingehe, Frau Dr.<br />

Raatz, dann können wir nachher die Aussprache zu den<br />

Än<strong>der</strong>ungsanträgen abkürzen und damit etwas Zeit sparen.<br />

Sie haben also den Antrag aus <strong>der</strong> Ausschusssitzung auf Erhöhung des<br />

Titels für Not leidende Aufgabenträger noch einmal vorgelegt. Sie<br />

haben das in Zusammenhang gebracht mit einer Veranstaltung, die Sie<br />

in einer Presseerklärung vom 6. Dezember mit <strong>der</strong> berühmten Aussage<br />

"Bildung eines Super-AZV ist eine Schnapsidee" kommentiert haben.<br />

Darauf muss man im Rahmen dieser Haushaltsberatung schon einmal<br />

eingehen.


Für die CDU-Fraktion steht im Vor<strong>der</strong>grund die investive<br />

Regelför<strong>der</strong>ung im Bereich Wasser und Abwasser. Alles an<strong>der</strong>e<br />

betrifft Ausnahme- und Son<strong>der</strong>situationen -<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

daran wollen wir einmal in <strong>der</strong> Öffentlichkeit, auch im Gespräch und<br />

im Dialog mit den Aufgabenträgern und mit den Kommunen, festhalten<br />

- und dafür stehen durchaus genügend Mittel im Lande zur Verfügung.<br />

Grundsatz <strong>der</strong> Erfüllung <strong>der</strong> Aufgaben <strong>der</strong> Abwasserverbände und <strong>der</strong><br />

Aufgabenträger im weitesten Sinne ist also die Erzielung von<br />

Einnahmen, ist eine vernünftige Haushaltsführung. Wo das quasi<br />

nicht stattgefunden hat, hat es tatsächlich in <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

Not leidende Verbände gegeben.<br />

Das hat nun aber auch schon eine gewisse Geschichte. Es ist im<br />

Haushalt 1999/2000 hierfür eine entsprechende Kennziffer<br />

eingestellt worden und <strong>der</strong> von Ihnen immer wie<strong>der</strong> angesprochene AZV<br />

Saidenbach erhält selbstverständlich aus diesen zur Verfügung<br />

stehenden Mitteln, wenn alle Voraussetzungen gegeben sind und <strong>der</strong><br />

interministerielle Ausschuss die Voraussetzungen geprüft hat, seine<br />

Mittel.<br />

Es ist durchaus eine richtige Entscheidung, die Kennziffer für Not<br />

leidende Verbände abzusenken, weil Regelför<strong>der</strong>ung und<br />

Haushaltsdisziplin, Wirtschaftlichkeit und Einnahmenerzielung genau<br />

die Kriterien sein müssen, nach denen im Lande das Thema Wasser und<br />

Abwasser behandelt wird.<br />

Dann haben Sie noch auf das kommunale Unternehmen hingewiesen. Sie<br />

haben jetzt von dem utopischen Ziel eines Superzweckverbandes<br />

gesprochen. Sie haben möglicherweise inzwischen selbst gemerkt,<br />

dass die kommunalen Kräfte, die sich da vor einigen Tagen zu einem<br />

Gedankenaustausch getroffen hatten, zunächst die Wasserversorgung<br />

im Sinn hatten und höchstens im Kontext ihrer Beratungen<br />

Synergieeffekte bei <strong>der</strong> Betriebsführung auch für den Bereich<br />

Abwasser mit diskutiert haben. Es geht also gar nicht um einen<br />

Abwasserzweckverband.<br />

In dem Zusammenhang muss auch klargestellt werden: Es ist natürlich<br />

bedauerlich, Frau Dr. Raatz, wenn Sie sich auf die Darstellung<br />

eines Schreiberlings <strong>der</strong> "Freien Presse" beziehen und diese<br />

ungeprüft kolportieren.<br />

(Wi<strong>der</strong>spruch bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Wer solche Zahlen und solche Äußerungen unter <strong>der</strong> Überschrift -<br />

vielleicht habe ich es noch hier - "Zweckverband <strong>der</strong> trüben Brühe"<br />

o<strong>der</strong> "Geheimplan: Wassermonopol in Südwestsachsen" in die Welt<br />

setzt, <strong>der</strong> kann von mir nur mit einem solchen Attribut belegt<br />

werden, weil er die journalistische Grundpflicht <strong>der</strong> genauen<br />

Information gröblichst missachtet hat.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Diese 400 Millionen DM haben also überhaupt nichts mit Not<br />

leidenden Verbänden zu tun. Das waren Konsolidierungshilfen. Das<br />

ist etwas völlig an<strong>der</strong>es. Konsolidierungshilfen und Not leidende<br />

Verbände - das müssen Sie bitte schon einmal zur Kenntnis nehmen -,<br />

das sind zwei ganz unterschiedliche Paar Schuhe, wenn man so will.<br />

(Zuruf <strong>der</strong> Abg. Frau Weihnert, SPD)


Deswegen kann man dieses Thema so nicht behandeln.<br />

Ich muss Ihnen ganz einfach sagen, dass wir in einer<br />

Haushaltsberatung auch einem Än<strong>der</strong>ungsantrag nicht zustimmen<br />

werden, <strong>der</strong> zum Inhalt hat: In <strong>der</strong> Realität des Freistaates Sachsen<br />

sind sowieso die meisten Zweckverbände verschuldet, sind Not<br />

leidend, wir brauchen da viel Geld. Das ist das völlig falsche<br />

Signal, das ist <strong>der</strong> völlig falsche Ansatz, um dieses Problem im<br />

Land zu lösen.<br />

Wir sagen selber, dass es noch solche Verbände gibt. Deshalb muss<br />

es einen Haushaltstitel dafür geben. Ich kann es nur noch einmal<br />

wie<strong>der</strong>holen, auch wenn Sie es vorhin wie eine alte Leier - hätte<br />

ich beinahe gesagt - dargestellt haben: In § 22 Punkt 7 des FAG ist<br />

für die dort ausgewiesene Summe von 75 Millionen DM auch die<br />

Möglichkeit gegeben, Aufgabenträger <strong>der</strong> Wasserversorgung und<br />

Abwasserbehandlung zu bedenken. Das muss uns, wenn diese zweimal 15<br />

Millionen DM nicht ausreichen, eine genügende Plattform zur Lösung<br />

dieser Frage gewesen sein.<br />

Wenn zu den an<strong>der</strong>en Än<strong>der</strong>ungsanträgen nachher noch eine Debatte<br />

stattfinden soll, dann bitte schön.<br />

Danke.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Die PDS-Fraktion, bitte. Frau Abg.<br />

Altmann.<br />

Frau Altmann, PDS: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Welche<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Einzelplan 09 an uns alle gestellt hat, die<br />

wir uns damit beschäftigen mussten, haben meine Vorredner schon zur<br />

Genüge herausgestellt, auch, womit diese Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

zusammenhängen.<br />

Auf eines muss ich heute doch noch einmal eingehen, Herr Prof.<br />

Mannsfeld, auch wenn Sie das mit den zu großen Deckungskreisen<br />

nicht so richtig hören und auch nicht wahrhaben wollen. Herr Prof.<br />

Porsch und auch meine Kollegin Andrea Roth haben darauf schon<br />

hingewiesen: Es handelt sich dabei nicht nur um ein Problem des<br />

Einzelplans 09, son<strong>der</strong>n fast aller Einzelpläne. Aber in diesem<br />

Einzelplan wird es ganz beson<strong>der</strong>s deutlich und ist es beson<strong>der</strong>s<br />

drastisch.<br />

Auf einen Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> CDU hin sollen im Einzelplan 09 sage<br />

und schreibe ganze elf Titelgruppen in einem Deckungskreis<br />

zusammengefasst werden und dabei sollen solche Maßnahmen<br />

deckungsfähig sein wie Stabilisierung <strong>der</strong> landwirtschaftlichen<br />

Betriebe, Umweltradioaktivität bis hin zur Wasserwirtschaft. Ich<br />

kann wirklich nicht mehr erkennen, wo dort die Flexibilität bei <strong>der</strong><br />

sachgerechten Umsetzung zusammengehöriger komplexer Maßnahmen<br />

erhöht werden soll.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Für die PDS-Fraktion - und das muss ich noch einmal deutlich zum<br />

Ausdruck bringen - hat das nichts mehr mit Haushaltsklarheit zu<br />

tun, son<strong>der</strong>n eher mit einer Blackbox. Dann können wir uns die<br />

Diskussion in den Fachausschüssen bald auch ganz sparen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

So viel noch einmal zu diesem Thema.


Bei dem im Verwaltungshaushalt vorgesehenen Personalabbau halte ich<br />

beson<strong>der</strong>s den weiteren Stellenrückgang bei Waldarbeitern für<br />

unakzeptabel. Sowohl Förster als auch Vertreter <strong>der</strong> kommunalen,<br />

kirchlichen und privaten Waldbesitzer befürchten, dass in Zukunft<br />

eine allseitige Bewirtschaftung <strong>der</strong> sächsischen Wäl<strong>der</strong> nicht mehr<br />

gesichert werden kann und damit auch die enorme Bedeutung des<br />

Waldes für Klima, Wasserhaushalt, Landschaftsgestaltung und nicht<br />

zuletzt für die Erholung <strong>der</strong> Menschen infrage gestellt wird.<br />

(Beifall <strong>der</strong> Abg. Frau Roth, PDS, und Frau Klein, SPD)<br />

Außerdem wird befürchtet, dass dieser Stellenabbau die Vorbereitung<br />

auf die Gründung eines Staatsbetriebes im Bereich <strong>der</strong><br />

Waldwirtschaft darstellt - mit allen seinen negativen sozialen<br />

Folgen für die Waldarbeiter, wie Einkommensverluste und im<br />

schlimmsten Fall bis hin zur Altersarmut.<br />

Dem Vorschlag <strong>der</strong> CDU-Fraktion im Fachausschuss, zusätzlich zum<br />

Entwurf <strong>der</strong> Staatsregierung noch einmal 56 Waldarbeiterstellen zu<br />

streichen, konnte die PDS-Fraktion deshalb nur ablehnen. Obwohl<br />

versucht wurde, uns klarzumachen, dass diese Waldarbeiter<br />

eigentlich schon gar nicht mehr existieren, ist das für uns nicht<br />

nachvollziehbar und wir konnten diesen Vorschlag nur ablehnen.<br />

Im För<strong>der</strong>haushalt sind, wie schon in den vergangenen Jahren,<br />

erhebliche Mittel vom Bund und von <strong>der</strong> EU eingesetzt. Diese binden<br />

die veranschlagten Landesmittel im Jahr 2001 zu 66 % und im Jahr<br />

2002 sogar zu 70 %. Hinzu kommt, dass das Volumen <strong>der</strong> Landesmittel<br />

deutlich zurückgegangen ist. Da die Bereitstellung <strong>der</strong> Mittel für<br />

die Komplementärfinanzierung zu EU- und Bundesmitteln<br />

richtigerweise an erster Stelle steht, ist beson<strong>der</strong>s die Höhe <strong>der</strong><br />

Mittel für reine Landesprogramme weiter zurückgegangen. Das macht<br />

deutlich, dass <strong>der</strong> tatsächliche Gestaltungsspielraum, um mit<br />

Landesmitteln originäre sächsische Agrarpolitik zu gestalten, sehr<br />

gering ist.<br />

Im Rahmen <strong>der</strong> Haushaltsdiskussion im Fachausschuss wurde deutlich,<br />

dass die Opposition die Schwerpunkte dabei aber deutlich an<strong>der</strong>s<br />

setzt als <strong>der</strong> Entwurf <strong>der</strong> Staatsregierung und die CDU-Fraktion. Auf<br />

zwei Punkte, die <strong>der</strong> PDS in dieser Auseinan<strong>der</strong>setzung im<br />

Fachausschuss wichtig waren, werde ich jetzt eingehen.<br />

An erster Stelle steht dabei die Einführung einer<br />

Mehrgefahrenabsicherung für die Landwirtschaft. Die dringende<br />

Notwendigkeit einer zügigen Umsetzung haben allein in diesem Jahr<br />

zwei Ereignisse ganz deutlich gemacht: zum einen die Dürreperiode<br />

im Frühjahr und nun auch die neueste BSE-Krise. Die Landwirtschaft<br />

ist nun einmal ein Gewerbe, das wie kein an<strong>der</strong>es von natürlichen<br />

Abläufen abhängig ist. Dazu gehören Elementarschäden genauso wie<br />

Tierkrankheiten. Um diese spezifischen Risiken zu begrenzen, ist<br />

eine Mehrgefahrenabsicherung ein besserer Weg, als es die zurzeit<br />

in Deutschland und auch in Sachsen vorhandenen begrenzten<br />

Möglichkeiten für Notstandsbeihilfen in <strong>der</strong> Landwirtschaft sind.<br />

(Beifall <strong>der</strong> Abg. Frau Zschoche, PDS)<br />

Parallel zur Haushaltsdiskussion fand im Ausschuss für<br />

Landwirtschaft, Ernährung und Forsten eine Anhörung zum Antrag<br />

"Errichtung eines Nothilfefonds für die Landwirtschaft" statt.


Das in diesem Rahmen vom <strong>Sächsische</strong>n Landesbauernverband<br />

vorgestellte Projekt ist eine solide Grundlage für die zügige<br />

Einführung einer solchen umfassenden Versicherungslösung, bei <strong>der</strong><br />

die Beiträge je zur Hälfte von den Landwirten selber und - zur<br />

an<strong>der</strong>en Hälfte - von <strong>der</strong> öffentlichen Hand, also von Land, Bund<br />

und/o<strong>der</strong> EU, gezahlt werden würden.<br />

Neben verschiedensten Risiken in <strong>der</strong> Pflanzenproduktion könnten<br />

sich die Landwirte auch gegen die Auswirkungen von Tierseuchen weit<br />

über die Möglichkeiten <strong>der</strong> heutigen Tierseuchenkasse hinaus<br />

versichern. Für die Pflanzenproduktion gibt es bisher in<br />

Deutschland nur eine Hagelversicherung.<br />

Über die Notwendigkeit einer solchen umfassenden Lösung sind sich<br />

alle Parteien einschließlich <strong>der</strong> Staatsregierung einig. An <strong>der</strong> Art<br />

und Weise, dem Tempo <strong>der</strong> Umsetzung und <strong>der</strong> Verankerung im<br />

vorliegenden Haushaltsentwurf scheiden sich allerdings die Geister.<br />

(Dr. Jahr, CDU: Power!)<br />

- Das denke ich eben gerade nicht. Die Power ist viel zu gering in<br />

dieser Frage. Das möchte ich im Weiteren jetzt auch noch deutlich<br />

machen.<br />

<strong>Der</strong> Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> CDU-Fraktion im Fachausschuss geht von <strong>der</strong><br />

sofortigen Einführung in ganz Deutschland aus und setzt damit eine<br />

Mitfinanzierung durch Bund und/o<strong>der</strong> EU von Anfang an zwingend<br />

voraus. Die PDS-Fraktion ist <strong>der</strong> Meinung, dass eine schnelle<br />

Einigung auf Bundes- o<strong>der</strong> gar EU-Ebene nicht möglich sein wird.<br />

Angesichts des neuesten sächsischen Klimaberichtes, Herr Minister<br />

Flath, und <strong>der</strong> aktuellen BSE-Krise halten wir das Problem aber für<br />

so dringend, dass nicht noch jahrelang verhandelt werden kann, ehe<br />

sich überhaupt etwas bewegt.<br />

(Beifall <strong>der</strong> Abg. Frau Schnei<strong>der</strong>, PDS)<br />

Deshalb zielte die Begründung unseres Än<strong>der</strong>ungsantrages im<br />

Ausschuss darauf, die Mehrgefahrenabsicherung ab dem Jahre 2000, ab<br />

2002 natürlich - 2000 wäre etwas sehr schnell, das bekämen nicht<br />

einmal wir mehr auf die Reihe mit dem bestgemeinten Än<strong>der</strong>ungsantrag<br />

- als Pilotprojekt in Sachsen einzuführen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS - Frau Zschoche, PDS: Bravo!)<br />

Die notwendigen 7,5 Millionen DM pro Jahr, die wir dafür vorsehen,<br />

belasten den Staatshaushalt genau in <strong>der</strong> Höhe, in <strong>der</strong> schon im<br />

Durchschnitt <strong>der</strong> vergangenen zehn Jahre Gel<strong>der</strong> für<br />

Notstandsbeihilfen in <strong>der</strong> Landwirtschaft ausgegeben wurden; also<br />

keine zusätzliche Belastung im Vergleich zu den vergangenen zehn<br />

Jahren, ganz abgesehen davon, dass 7,5 Millionen DM im<br />

Gesamtvolumen des Haushaltes auch im Einzelplan 09 doch eher<br />

verschwindend sind.<br />

Das zweite Problem, das ich ansprechen möchte, hat sowohl mit dem<br />

Einzelplan 09 als auch mit Artikel 5 <strong>Sächsische</strong>s Wassergesetz des<br />

umstrittenen Haushaltsbegleitgesetzes zu tun. Neben den höheren<br />

Wasserpreisen für die Endverbraucher, die schon Prof. Mannsfeld<br />

ansprach, hat die vorgesehene Än<strong>der</strong>ung des <strong>Sächsische</strong>n<br />

Wassergesetzes auch Folgen für die sächsischen Landwirte. Die<br />

bisher aus dem Staatshaushalt gezahlten Ausgleichszahlungen an die<br />

Landwirte für erhöhte Aufwendungen in Wasserschutzgebieten sollen


in Zukunft von den Wasserversorgungsunternehmen - wie schon gesagt<br />

wurde - und von an<strong>der</strong>en Begünstigten gezahlt werden. So weit die<br />

Fakten.<br />

Aber we<strong>der</strong> im Artikel 5 des Haushaltsbegleitgesetzes noch im<br />

entsprechenden Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> CDU-Fraktion, <strong>der</strong> im<br />

Fachausschuss eingebracht wurde, wird deutlich, ob und - wenn ja -<br />

wie die <strong>Sächsische</strong> Schutz- und Ausgleichsverordnung für die<br />

Landwirtschaft geän<strong>der</strong>t werden soll. Auch auf hartnäckige<br />

Nachfragen <strong>der</strong> PDS-Fraktion in den Fachausschüssen war von <strong>der</strong><br />

Staatsregierung nicht genau zu erfahren, wie die fünf Millionen DM<br />

für das Übergangsjahr 2001 eingespart werden sollen, für das die<br />

Staatsregierung noch zahlt, und wie das Verfahren ab dem Jahr 2002<br />

geregelt werden soll. Klar ist nur eines: dass neben den<br />

Wasserverbrauchern auch die Landwirte einen Teil <strong>der</strong> Last tragen<br />

und damit erneut Einkommenseinbußen haben werden.<br />

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Wird von <strong>der</strong> CDU noch einmal das<br />

Wort gewünscht? - Bitte, Frau Abg. Landgraf.<br />

Frau Landgraf, CDU: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!<br />

Haushalten - das ist einteilen, sparen, wirtschaften, schonen, sich<br />

nach <strong>der</strong> Decke strecken, einen Notgroschen beiseite legen, sich<br />

bescheiden, sich beschränken, zusammenhalten.<br />

Wir müssen keinen Mangel verwalten, auch wenn noch Wünsche offen<br />

bleiben. Wir können Zukunft gestalten und wir können auch<br />

Innovationen för<strong>der</strong>n. Aber wir müssen die Interessen bündeln und<br />

jetzt neuerdings die Interessen Umwelt und Landwirtschaft.<br />

(Beifall <strong>der</strong> Abg. Frau Matthes, CDU)<br />

Wie sieht es mit dem Landwirtschaftshaushalt aus? Wir bekennen uns<br />

zu einer Landwirtschaft, die umweltgerecht und nachhaltig gesunde<br />

Nahrungsmittel und Rohstoffe produziert, zu einer umweltschonenden<br />

Waldwirtschaft und zum Landschaftspflegeauftrag <strong>der</strong> Gesellschaft an<br />

die Bauern.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Das kann in je<strong>der</strong> Betriebsform praktiziert werden. Landwirte<br />

produzieren Gesundheit in und mit <strong>der</strong> Natur. Sie zerstören nicht<br />

Natur. Unser Anliegen ist die För<strong>der</strong>ung auch des Lebens und <strong>der</strong><br />

Traditionen im ländlichen Raum. Erstmals - das wurde schon von<br />

meinen Vorrednern gesagt - sind alle Einnahmen und Ausgaben für die<br />

Bereiche Umwelt und Landwirtschaft zusammengefasst. <strong>Der</strong><br />

Agrarhaushalt spiegelt die allgemeine Finanzlage des Freistaates<br />

wi<strong>der</strong>. <strong>Der</strong> Umfang <strong>der</strong> För<strong>der</strong>mittel ist gegenüber dem Haushalt 2000<br />

nur unwesentlich abgesenkt. Verän<strong>der</strong>t wurden die Strukturen<br />

zugunsten von Investitionen <strong>der</strong> Infrastruktur.<br />

Die Selbstversorgung einer Bevölkerung, meine Damen und Herren,<br />

sollte sich die Gesellschaft etwas kosten lassen, auch im Hinblick<br />

auf Verbraucher-, Umwelt- und Tierschutz. Mit unserem Haushalt<br />

geben wir den Landwirten in Sachsen Sicherheit, denn unser<br />

Maßnahmenpaket ist kontinuierlich. Die Bäuerinnen und Bauern haben<br />

diese verlässliche Politik verdient. Landwirte denken seit<br />

Generationen nachhaltig. Sie sind die besten Landschaftspfleger.


(Beifall bei <strong>der</strong> CDU - Beifall des Abg. Hatzsch, SPD)<br />

In Zusammenarbeit mit den Ämtern und <strong>der</strong> unteren Naturschutzbehörde<br />

nehmen sie die Pflege <strong>der</strong> Kulturlandschaft wahr. Nur dort, wo dies<br />

nicht möglich ist, sollten die Landschaftspflegeverbände eingreifen<br />

mit Konzeptionen und dann die Arbeit danach verteilen. Das ist auch<br />

<strong>der</strong> Grundgedanke <strong>der</strong> Umweltallianz. Diese Idee lebt und wird<br />

praktiziert von <strong>der</strong> Freiwilligkeit und dem Miteinan<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

einzelnen Partner.<br />

Unsere Fraktion hat mit Än<strong>der</strong>ungsanträgen laufende Zuschüsse für<br />

Modellvorhaben und zur Unterstützung dieser Umweltallianz in<br />

Sachsen in den Haushalt eingebracht. Wir haben Vorsorge für den<br />

Fonds zur Mehrgefahrenabsicherung getroffen. Über<br />

Mehrgefahrenabsicherung hat gerade meine Vorrednerin gesprochen.<br />

Wir streben an, dass Bund und Europäische Union mitfinanzieren.<br />

Dass es schwierig ist, haben Sie ja gesagt. Da will ich Ihnen auch<br />

nicht wi<strong>der</strong>sprechen, Frau Altmann.<br />

Unser Haushalt ist geprägt von Flexibilität. Dies gestattet uns auf<br />

den speziellen Bedarf zu reagieren, zum Beispiel bei <strong>der</strong><br />

Kofinanzierung von EU- und Bundesprogrammen. Bei diesen Programmen<br />

verweise ich noch einmal auf das Zitat von Herrn Staatsminister de<br />

Maizière: "Goldener Zügel". Alle nur möglichen EU- und<br />

Bundesprogramme können in diesem Haushalt kofinanziert werden. So<br />

können auch laufende Zuschüsse an Bildungsträger, Verbände, Vereine<br />

und an<strong>der</strong>e zur För<strong>der</strong>ung von Bildung, sozialen und kulturellen<br />

Maßnahmen im ländlichen Raum aufgrund <strong>der</strong> Plafondserhöhung für<br />

LEADER+ realisiert werden.<br />

Nun zum Leben im ländlichen Raum und zur Verbandsarbeit. Wir<br />

bekennen uns zur Projektför<strong>der</strong>ung. Die institutionelle För<strong>der</strong>ung<br />

wird nun zurückgehen. Mit unserem Än<strong>der</strong>ungsantrag wollen wir die<br />

Degression vermin<strong>der</strong>n, abmil<strong>der</strong>n.<br />

Für die Verbandsarbeit im ländlichen Raum stehen uns Mittel<br />

speziell für Frauen zur Verfügung. Das wurde vorhin schon<br />

angesprochen. Wir stellen gern die 500 000 DM dem Haus von<br />

Staatsministerin Weber zur Verfügung. Sie hat dann Zugriff darauf<br />

und kann somit fachlich Initiativen von Frauen im ländlichen Raum<br />

unterstützen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Meine Damen und Herren! Es gibt noch viele Details, die man<br />

diskutieren kann. Enden ist schwerer als anfangen. Mir bleibt nur<br />

noch, mit Plutarch zu sagen: "<strong>Der</strong> Haushalt ist <strong>der</strong> beste, worin man<br />

nichts Überflüssiges will und nichts Notwendiges entbehrt." Ich<br />

denke, das haben wir geschafft.<br />

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Die SPD-Fraktion, bitte. Frau Abg.<br />

Klein.<br />

Frau Klein, SPD: Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und<br />

Kollegen! Meine Kollegin Frau Dr. Raatz hat bereits auf das mit dem<br />

Haushalt nun offensichtlich gewordene konzeptionslose Zusammenlegen<br />

<strong>der</strong> Ministerien für Umwelt und Landwirtschaft hingewiesen. Ich muss<br />

sagen, Herr Minister Flath, ich bin vom Haushaltsentwurf


enttäuscht, denn ich habe in <strong>der</strong> Zusammenlegung <strong>der</strong> beiden<br />

Ministerien eine echte Chance gesehen. Allerdings spiegelt sich<br />

diese Chance aus meiner Sicht hier im Haushalt nicht wi<strong>der</strong>.<br />

Nun zum landwirtschaftlichen Teil des Einzelplanes 09. So<br />

lobenswert es auch ist, dass die Staatsregierung alle Programme auf<br />

EU- und Bundesebene kofinanziert, so tut unsere Staatsregierung<br />

eben auch nichts darüber hinaus, sprich: mit reinen<br />

Landesprogrammen. Dazu brauchen wir uns nur einmal anzuschauen, was<br />

in <strong>der</strong> Vergangenheit über eine Kofinanzierung nicht geför<strong>der</strong>t o<strong>der</strong><br />

- ich will es einmal nicht übertreiben - minimal geför<strong>der</strong>t wurde.<br />

Ich erinnere nur an die Bereiche <strong>der</strong> nachwachsenden Rohstoffe und<br />

den ökologischen Landbau. Allerdings hat die Staatsregierung zu<br />

diesen Zeiten mit guten Worten zur Rolle <strong>der</strong> Bedeutung nicht<br />

gegeizt. Ich möchte Sie, Herr Dr. Jahr, aus Ihrer Haushaltsrede von<br />

1998 zitieren. Da haben Sie gesagt: "Wir sagen unseren Land- und<br />

Forstwirten nicht nur, wo wir hinwollen. Nein, wir weisen diesen<br />

Weg auch mit Zahlen."<br />

(Dr. Jahr, CDU: Richtig!)<br />

Wir sagen, es fehlt Ihnen an Kreativität. Deshalb machen Sie erst<br />

etwas, wenn das Geld von an<strong>der</strong>en bereitgestellt wird, und die<br />

gegenseitige Deckungsfähigkeit vieler Haushaltstitel zeugt<br />

ebenfalls nicht von klaren Zielsetzungen.<br />

Nun zu dem, was wir speziell noch anzumerken haben. Wir haben drei<br />

Än<strong>der</strong>ungsanträge in den Ausschuss eingebracht. <strong>Der</strong> eine beschäftigt<br />

sich mit <strong>der</strong> diesjährigen Trockenheit und <strong>der</strong> anschließenden Nässe<br />

und den daraus bedingten hohen Ertragsausfällen in einigen Regionen<br />

Sachsens. Wir haben komplexe Hilfsmaßnahmen für dürregeschädigte<br />

Landwirtschaftsbetriebe gefor<strong>der</strong>t. Wir haben sowohl einen Antrag im<br />

Geschäftsgang dazu als auch im Rahmen des Än<strong>der</strong>ungsantrages zum<br />

Haushalt eine Aufstockung <strong>der</strong> Hilfsmittel für <strong>der</strong>artige<br />

Extremsituationen gefor<strong>der</strong>t.<br />

Nach Angaben des <strong>Sächsische</strong>n Bauernverbandes ermittelte sich ein<br />

diesjähriger Erlösausfall aufgrund <strong>der</strong> Trockenheit in Höhe von etwa<br />

52,3 Millionen DM. In <strong>der</strong> Titelgruppe 58 - Stabilisierung<br />

landwirtschaftlicher Betriebe, landwirtschaftlicher Erzeugung -<br />

sind für das Jahr 2000 7 Millionen DM eingestellt, aber für die<br />

beiden Folgejahre im Haushaltsentwurf wesentlich weniger. Wir<br />

möchten eine Aufstockung auf die alte Summe.<br />

Die Bundesregierung bekennt sich nunmehr dazu, sich an <strong>der</strong><br />

Finanzierung <strong>der</strong> diesjährigen Dürreschäden zu beteiligen. Das<br />

Landwirtschaftsministerium und <strong>der</strong> Bund stellen jeweils 700 000 DM<br />

für mehr als 20 sächsische Agrarbetriebe als Nothilfe für<br />

Dürreschäden bereit. Wir meinen, das reicht noch nicht. Dennoch<br />

scheint auch die Praxis zurzeit noch etwas an<strong>der</strong>es zu sagen. Laut<br />

einer Pressemitteilung in <strong>der</strong> "Leipziger Volkszeitung" Ausgabe<br />

Torgau muss erst eine neue Verwaltungsvereinbarung erarbeitet<br />

werden und dazu sind die Anträge <strong>der</strong> Landwirte neu zu stellen - ein<br />

Hickhack, das den Bauern ziemlich auf den Magen schlägt. Unmut<br />

macht sich breit. Wir hoffen, dass hier schnellstens etwas<br />

geschieht.


Ein weiterer Beweis für das konzeptionslose Zusammenlegen von<br />

Umwelt- und Landwirtschaftsministerium allein mit dem Ziel,<br />

Einsparungen zu tätigen, koste es, was es wolle, ist die Streichung<br />

<strong>der</strong> kw-Vermerke für die Waldarbeiter. Ich hatte dazu eine Kleine<br />

Anfrage gestellt, wie die Staatsregierung sich die Konzeption und<br />

den Weiterbetrieb <strong>der</strong> Forstämter vorstellt. Auch <strong>der</strong><br />

Deckungsvorschlag <strong>der</strong> CDU-Fraktion - das kommt noch hinzu -<br />

bestärkt uns in unserem Vorwurf, dass hier keine Konzepte<br />

vorliegen.<br />

Die Staatsregierung argumentiert dagegen, dass die Forstämter durch<br />

Budgetierung die Möglichkeit haben, den Einsatz ihrer Ressourcen<br />

weitgehend selbst zu steuern. Dem stehen wir positiv gegenüber,<br />

sehen es aber kritisch, dass bereits vollendete Tatsachen<br />

geschaffen werden sollen, ohne den Forstämtern die Möglichkeit zu<br />

geben ihre Personalplanung innerhalb ihres Budgets auch selbst<br />

vorzunehmen.<br />

Wir haben genauso wie meine Kollegin Altmann weiterhin generell<br />

Zweifel daran, dass das ehrgeizige Ziel <strong>der</strong> Waldmehrung sowie eine<br />

Waldbewirtschaftung nach dem <strong>Sächsische</strong>n Wald- und<br />

Naturschutzgesetz mit einem verringerten Waldarbeiterpersonal zu<br />

sichern ist.<br />

Zu einem Dritten, das betrifft die Landschaftspflegeverbände. Für<br />

sie besteht nach wie vor das Grundproblem <strong>der</strong> Finanzierung.<br />

Allerdings, Frau Landgraf, wenn ich Sie dazu heute habe sprechen<br />

hören, dann wun<strong>der</strong>e ich mich darüber überhaupt nicht. Nach wie vor<br />

sind Managementleistungen nicht über alle Programme, die die<br />

Landschaftspflegeverbände nutzen, för<strong>der</strong>bar. So sieht zum Beispiel<br />

das neue Programm Naturschutz und Kulturlandschaft (NAK) im Rahmen<br />

umweltgerechter Landwirtschaft keinerlei Vergütung <strong>der</strong> durch die<br />

Verbände erbrachten Leistungen vor, obwohl in zunehmendem Maße auf<br />

dieses Programm verwiesen wird, um das Landesprogramm<br />

Landschaftspflegerichtlinie zu entlasten. Hört, hört, wie<strong>der</strong> eine<br />

Entlastung bzw. vielleicht auch ein Wegfall eines Landesprogrammes!<br />

Diese Landschaftspflegerichtlinie bot aber die Möglichkeit,<br />

anteilig an den Pflegekosten bis zu 15 % für Betreuung und<br />

Organisation in Ansatz zu bringen. Nun aber erhöhen sich mit <strong>der</strong><br />

Umleitung von Flächen aus <strong>der</strong> Landschaftspflegerichtlinie in das<br />

Programm NAK die organisatorischen Aufwendungen sogar noch, weil<br />

allein schon <strong>der</strong> Antrag wesentlich umfangreicher ist durch die<br />

Einbindung in die EU-Agrarför<strong>der</strong>ung. Im Gegenzug dazu gehen die<br />

entsprechenden Managementkosten den Verbänden verloren.<br />

Meine Damen und Herren von <strong>der</strong> CDU-Fraktion, unter dem Motto "Erst<br />

wenn die an<strong>der</strong>en zahlen, dann legen wir etwas dazu" lässt sich auf<br />

Dauer keine Politik machen. Deshalb kann ich nur wie<strong>der</strong>holen, was<br />

meine Kollegin Frau Dr. Raatz zum umweltrelevanten Teil des<br />

Haushaltsplanes bereits ausgeführt hat: Wir werden dem Einzelplan<br />

09 die Zustimmung versagen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD - Dr. Jahr, CDU: Das ist schade!)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Die CDU-Fraktion; Herr Dr. Jahr,<br />

bitte.


Dr. Jahr, CDU: Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ein Haushalt<br />

für Umwelt und Landwirtschaft hat natürlich auch Vorteile. Wir<br />

haben dadurch auch die doppelte Redezeit. Ich hoffe, wir langweilen<br />

das Auditorium nicht. Aber es ist auch ein sehr interessantes<br />

Thema. Ich denke, meine Fraktion wird die Gesamtredezeit nicht<br />

ausschöpfen.<br />

Wir haben 120 Minuten Reserve. Damit will ich Ihnen nicht drohen.<br />

Aber wir können notfalls 120 Minuten länger reden, als wir uns alle<br />

vorbereitet haben.<br />

Nun zum Thema. Ich denke, die Staatsregierung hat gemeinsam mit den<br />

Än<strong>der</strong>ungsanträgen <strong>der</strong> CDU-Fraktion einen ausgewogenen Entwurf zum<br />

Doppelhaushalt vorgelegt. Verlässliche und nachhaltige Politik, das<br />

ist das, was die sächsische Agrarpolitik benötigt. Deshalb werden<br />

wir auch weiterhin auf die Programmangebote <strong>der</strong> Brüsseler<br />

Agrarpolitik bauen. Wir werden diese Angebote fantasievoll nutzen.<br />

Im Klartext heißt das, dass <strong>der</strong> Freistaat Sachsen dabei bleibt, die<br />

notwendige Kofinanzierung von europäischen Programmen auch in den<br />

Jahren 2001 und 2002 zu gewährleisten.<br />

Frau Klein, man sollte die Programmangebote aus Brüssel nicht<br />

schlechter machen, als sie eigentlich sind. Es stimmt nicht, dass<br />

Brüssel sagt: Ihr bekommt Geld und müsst die Arbeiten o<strong>der</strong> die<br />

Maßnahmen verrichten. Man bekommt Programmangebote. Man kann die<br />

Angebote nutzen o<strong>der</strong> auch nicht. Wir nutzen diese Angebote. Wir<br />

nutzen sie beispielsweise für umweltgerechte Landwirtschaft, wir<br />

nutzen sie für das Kulturlandschaftsprogramm 1 und 2. Wir nutzen<br />

diese Angebote mit viel Fantasie.<br />

Dass das in den Län<strong>der</strong>n sehr unterschiedlich ist, können Sie sich<br />

anschauen. Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern nutzen diese<br />

Angebote nicht mit dieser Intensität an Fantasie - ganz einfach<br />

deshalb, weil ihnen das Geld fehlt.<br />

Brüssel macht Angebote und diese Angebote kann man ausgestalten und<br />

nutzen. Das finde ich in Ordnung. Das hat nichts damit zu tun, dass<br />

man vorgefertigte Dinge einfach übersetzt und anwendet.<br />

<strong>Der</strong> Haushaltsentwurf zeigt deutlich: Wir stehen den sächsischen<br />

Landwirten verlässlich zur Seite. Unser Haushalt ist die richtige<br />

Antwort auf die schwierige Situation in <strong>der</strong> Landwirtschaft.<br />

Trotzdem - das muss ich hier lei<strong>der</strong> sagen - schauen auch Landwirte<br />

sorgenvoll in die Zukunft. Früher schauten Landwirte meist<br />

sorgenvoll gen Himmel. Heute schauen sie sorgenvoll nach Berlin.<br />

(Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> CDU - Frau Ludwig, SPD: Ja, ja!)<br />

Die Agrarpolitik <strong>der</strong> Bundesregierung ist eine einzige Katastrophe.<br />

Noch nie ist ein Berufsstand für sein Wahlverhalten so abgestraft<br />

worden wie die Landwirte von <strong>der</strong> rot-grünen Bundesregierung.<br />

An dieser Stelle nur eine unvollständige Aufzählung von "Wohltaten"<br />

rot-grüner Agrarpolitik: Steuerentlastungsgesetz, Rentenreform,<br />

Gasölbeihilfe, Verringerung <strong>der</strong> Gemeinschaftsaufgabe, Senkung <strong>der</strong><br />

Zuschüsse für die landwirtschaftliche Berufsgenossenschaft und so<br />

weiter und so fort.<br />

Wenn Sie das, Frau Klein, als fantasievolle Agrarpolitik einer rotgrünen<br />

Bundesregierung bezeichnen, dann frage ich: Was ist das, was<br />

wir machen?


(Frau Klein, SPD: Wir reden über Sachsen!)<br />

- Wir reden schon über Sachsen. Ich wollte Ihnen bloß zeigen, dass<br />

wir die Möglichkeiten, die uns gegeben sind, mit viel Fantasie und<br />

viel Engagement nutzen. Aber wir sind nicht in <strong>der</strong> Lage, alle<br />

"Wohltaten" <strong>der</strong> Bundesregierung auszugleichen. Ich denke, das ist<br />

das Problem.<br />

Bei den Sozialdemokraten muss man Holzmann heißen. "Da werden Sie<br />

geholfen."<br />

(Heiterkeit bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Ich kann hier mit Genugtuung feststellen, dass dank einer<br />

verlässlichen sächsischen Agrarpolitik und dank einer<br />

fantasievollen Ausgestaltung <strong>der</strong> europäischen Programmangebote die<br />

sächsischen Landwirte, wenn sie nach Dresden schauen,<br />

zuversichtlich in die Zukunft blicken können.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Gestatten Sie eine Zwischenfrage,<br />

Herr Abgeordneter?<br />

Dr. Jahr, CDU: Jawohl.<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Bitte, Frau Klein.<br />

Frau Klein, SPD: Das ist sehr freundlich, Herr Dr. Jahr. - Kennen<br />

Sie den Europäischen Verband für Beratung in <strong>der</strong> Landwirtschaft?<br />

Ist Ihnen <strong>der</strong> ein Begriff?<br />

Dr. Jahr, CDU: Ich kenne ihn nicht konkret. Wir werden ihn in den<br />

Ausschuss einladen. Da kann ich das nachholen.<br />

Frau Klein, SPD: Kennen Sie dann vielleicht den Vergleich, den<br />

dieser Europäische Verband für Beratung in <strong>der</strong> Landwirtschaft<br />

<strong>der</strong>zeit über die steuerliche Belastung landwirtschaftlicher<br />

Betriebe in <strong>der</strong> EU angestellt hat?<br />

Dr. Jahr, CDU: Wenn ich den Verband nicht kenne, kann ich natürlich<br />

auch den Vergleich nicht kennen.<br />

Frau Klein, SPD: Das ist sehr schade. Ich würde Ihnen empfehlen<br />

sich das einmal anzuschauen. Dann würden Sie nämlich wissen, dass<br />

die steuerliche Belastung von Landwirten - -<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Bitte nur Fragen stellen, Frau<br />

Klein.<br />

Frau Klein, SPD: Könnten Sie sich vorstellen, dass dann die<br />

Ergebnisse vielleicht ein bisschen an<strong>der</strong>s aussähen, als Sie sie<br />

hier darstellen?<br />

Dr. Jahr, CDU: Nein, eindeutig nein.<br />

(Frau Klein, SPD: Sie sind doch sehr fantasielos.)<br />

Ich stütze meine Aussagen auf die Aussagen des Deutschen<br />

Bauernverbandes und auf die Aussagen des Europäischen<br />

Bauernverbandes. Aus denen geht eindeutig hervor, dass die<br />

deutschen Landwirte erhebliche Wettbewerbsnachteile gegenüber ihren<br />

europäischen Nachbarlän<strong>der</strong>n haben.<br />

(Frau Klein, SPD: Schauen Sie sich mal den Vergleich an. Ich<br />

werde Ihnen den zukommen lassen.)<br />

Das ist eindeutig und stand überall in <strong>der</strong> Presse. Ich bin sehr<br />

dankbar, wenn Sie mir an<strong>der</strong>e Unterlagen zur Verfügung stellen


wollen. Aber Fakt bleibt zum Beispiel, dass die dänischen Landwirte<br />

keinen einzigen Pfennig Mineralölsteuer für den Dieselverbrauch in<br />

<strong>der</strong> Landwirtschaft zahlen müssen.<br />

(Frau Klein, SPD: Dafür haben sie an<strong>der</strong>e Steuern.)<br />

Wir müssen in Deutschland 57 Pfennige zahlen und sollen uns dann<br />

noch bedanken, wenn uns erst 50 Pfennige abgezogen werden und Sie<br />

uns dann großzügigerweise einen Groschen zurückgeben. Das ist rotgrüne<br />

Agrarpolitik.<br />

(Frau Klein, SPD: Schauen Sie sich mal den Vergleich an!)<br />

Das ist Betrug. Ich habe schon einmal gesagt, das ist eine Art<br />

Ladendiebstahl. Sie nehmen uns erst 50 Pfennige weg und geben uns<br />

dann einen Groschen zurück. Dafür sollen wir uns dann noch<br />

bedanken. Das tun wir aber nicht!<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Frau Klein, wer hier ernsthaft behauptet, die deutschen Landwirte<br />

hätten gegenüber ihren dänischen, holländischen und französischen<br />

Kollegen Wettbewerbsvorteile, <strong>der</strong> - das muss ich sagen - ist nicht<br />

von dieser Welt. <strong>Der</strong> hat seinen Hauptwohnsitz irgendwo an<strong>der</strong>s, aber<br />

nicht in Deutschland und nicht im Freistaat Sachsen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Meine Fraktion hat trotzdem Spuren im Haushalt hinterlassen.<br />

(Heiterkeit bei CDU und SPD)<br />

Ich möchte ein paar Spuren noch einmal aufführen:<br />

1. Wir haben - und das ist eine ganz wichtige Spur -<br />

Haushaltsdisziplin bewiesen. Das heißt, wir haben keine<br />

finanziellen Mehrfor<strong>der</strong>ungen aufgestellt.<br />

2. Meine Fraktion hat die Umweltallianz gestärkt. Im Rahmen <strong>der</strong><br />

Umweltallianz wollen wir konkrete Projekte begleiten. Ich erinnere<br />

hier nur an die Frage, wie Güllebecken in Zukunft abgedeckt werden<br />

sollen bzw. wie eine umweltgerechte Einordnung o<strong>der</strong> Betreibung von<br />

Wasserkraftanlagen aussehen soll.<br />

3. Frau Altmann, zur Mehrgefahrenabsicherung wollte ich Sie eher<br />

lobend erwähnen. Wir hatten eine hervorragende Anhörung im<br />

Fachausschuss. Wir hatten auch eine nahezu einmütige<br />

Beschlussfassung. Da dachte ich, dass Ihr Antrag genau in die<br />

Richtung wie <strong>der</strong> unsere geht. Unser Antrag war nur etwas<br />

umfassen<strong>der</strong> und hat Ihren Antrag lei<strong>der</strong> überflüssig gemacht.<br />

Wir haben im Fachausschuss sehr intensiv über die<br />

Mehrgefahrenabsicherung gesprochen. Wir haben festgestellt, dass<br />

Deutschland auf diesem Gebiet noch Entwicklungsland ist.<br />

Beispielsweise hat man in den Vereinigten Staaten die<br />

Mehrgefahrenabsicherung für Landwirte so weit perfektioniert, dass<br />

dadurch die Kreditwürdigkeit bei amerikanischen Banken gestiegen<br />

ist. <strong>Der</strong> Landwirt gilt dort als sicherer Kunde, weil er auch im<br />

Notfall entsprechend abgesichert ist.<br />

Das amerikanische Beispiel zeigt auch, dass die staatliche<br />

Unterstützung einer Mehrgefahrenabsicherung keine internationale<br />

Wettbewerbsverzerrung darstellt; Stichwort GATT-Verhandlungen. Auch<br />

Österreich hat eine solche Mehrgefahrenabsicherung für die<br />

Landwirtschaft in vorbildlicher Weise etabliert.


Weil Deutschland hier noch Nachholbedarf hat, kämpfen wir um die<br />

Einführung einer solchen Mehrgefahrenabsicherung in Deutschland.<br />

Wir haben den sächsischen Haushalt durch die Einführung eines<br />

entsprechenden Leertitels auf diese Geschichte vorbereitet.<br />

Nun kann man darüber streiten, wie wir uns das vorstellen. Wir<br />

haben zweierlei diskutiert. Wir haben gesagt, dass wir uns zum<br />

einen eine mindestens deutschlandweite Einführung einer<br />

Mehrgefahrenabsicherung vorstellen können, an <strong>der</strong> sich <strong>der</strong> Bund<br />

bzw. Brüssel beteiligt. Wir können uns aber auch vorstellen, dass<br />

man den Wissensvorlauf, den wir im Freistaat Sachsen durch die<br />

Studie des Bauernverbandes haben, nutzt und wir in Sachsen diese<br />

Mehrgefahrenabsicherung quasi als Modell einführen, mit dem Ziel,<br />

diese, wenn sie gut läuft, deutschlandweit auszudehnen. Aber auch<br />

bei diesem Modellversuch soll sich selbstverständlich <strong>der</strong> Bund<br />

beteiligen. Das ist <strong>der</strong> einzige Unterschied in <strong>der</strong> Argumentation.<br />

Ich halte einen Alleingang schon aus versicherungsrechtlichen<br />

Gründen für sehr problematisch. Das haben wir auch bei <strong>der</strong> Anhörung<br />

festgestellt. Wir müssen dabei auch das Versicherungsrecht<br />

berücksichtigen. Die Frage ist: Macht man eine öffentlichgemeinnützige<br />

Versicherungslösung o<strong>der</strong> bietet man das als Paket an,<br />

bei dem die Versicherungen im Auftrag des Staates ein Paket für die<br />

Mehrgefahrenversicherung anbieten können? - Das sind Fragen, die<br />

geklärt werden müssen. Da muss man mindestens deutschlandweit<br />

operieren.<br />

Ich sehe also im Prinzip gar keinen Unterschied zwischen uns beiden<br />

in dieser Frage.<br />

4. Bedanken möchte ich mich für die Umsetzung des Modellprojektes<br />

Budgetierung in den Forstämtern, das im Freistaat jetzt<br />

flächendeckend eingeführt werden soll. Ich finde das auch in<br />

Ordnung.<br />

Im Zusammenhang mit dem notwendigen Abbau <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> Waldarbeiter<br />

- das ist hier schon mehrfach genannt worden - muss man zwei Dinge<br />

berücksichtigen. Zum einen hat sich seit 1990 die Aufgabenstruktur<br />

im Forst verän<strong>der</strong>t. Wir hatten 1990 einen erheblichen Nachholbedarf<br />

bei Pflegemaßnahmen im Forst. Dieser wurde aufgeholt und wir kommen<br />

jetzt zu einer gewissen Normalität.<br />

Zum Zweiten muss man berücksichtigen, dass natürlich auch <strong>der</strong><br />

technische Fortschritt vor dem Wald nicht Halt macht. Auch deswegen<br />

können wir darüber nachdenken, wie wir die Aufgaben, die im Wald<br />

anstehen, mit einem entsprechenden Personalbestand erfüllen können.<br />

Dass wir bei dieser Frage nicht wie mit <strong>der</strong> Axt im Walde<br />

vorgegangen sind, zeigt sich schon daran, dass die Angebote, die<br />

die Staatsregierung zum Personalabbau gemacht hat, sogar von mehr<br />

Forstarbeitern in Anspruch genommen wurden, als eigentlich geplant<br />

war. Das war im Prinzip ja ein Deckungsvorschlag für unseren<br />

Haushalt. Mit ein bisschen Intelligenz und gemeinsam mit den<br />

Waldarbeitern kann man also viel erreichen, wenn es um den<br />

notwendigen Personalbestand geht.<br />

Jetzt noch ein paar Argumente. Ich nenne das Stichwort<br />

"Flexibilität". Ich halte es für eine ganz hervorragende<br />

Möglichkeit, den Haushalt in sich deckungsfähig zu gestalten, um


ihn flexibel zu machen. Für den Bereich Landwirtschaft war das ja<br />

nichts Beson<strong>der</strong>es. Das muss ich offen sagen. Wir haben das dort ja<br />

immer schon so gemacht und sind damit hervorragend gefahren.<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Gestatten Sie eine Zwischenfrage,<br />

Herr Dr. Jahr?<br />

Dr. Jahr, CDU: Ja, bitte.<br />

Frau Roth, PDS: Herr Dr. Jahr, können Sie noch einmal zu den<br />

Forstleuten zurückdenken? Ich wurde nämlich nicht gesehen.<br />

Meine Frage an Sie: Sie meinen also - das entnehme ich Ihren<br />

Ausführungen -, dass die anspruchsvolle Aufgabe des ökologischen<br />

Waldumbaus mit einer Reduzierung <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> Forstarbeiter zu<br />

bewerkstelligen ist?<br />

Dr. Jahr, CDU: Ich habe gesagt, bei <strong>der</strong> Bestimmung <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> im<br />

Forst benötigten Arbeiter muss man die Aufgabenstruktur und den<br />

technischen Fortschritt berücksichtigen. Zum Dritten - das habe ich<br />

vorhin vergessen, deshalb bin ich für Ihre Zwischenfrage dankbar -<br />

muss man aber auch darüber diskutieren, wer die eigentliche Arbeit<br />

im Wald macht. Muss die Arbeit im Wald ein staatlich Angestellter<br />

machen o<strong>der</strong> können das auch an<strong>der</strong>e tun? - Stichwort Lohnarbeit,<br />

Stichwort Vergabe von Arbeiten. Wenn man das alles zusammennimmt,<br />

kommt man zu <strong>der</strong> Erkenntnis, dass man die "Aufgabe Wald" - ich<br />

nenne es einmal so - mit weniger Arbeitskräften realisieren kann.<br />

Ich sehe da keinen Wi<strong>der</strong>spruch.<br />

(Zuruf <strong>der</strong> Abg. Frau Klein, SPD)<br />

Aus meiner Sicht ist unsere Forstwirtschaft nach wie vor in <strong>der</strong><br />

Lage, auf <strong>der</strong> Grundlage des <strong>Sächsische</strong>n Waldgesetzes ihre Aufgaben<br />

zu erfüllen. Darin sehe ich kein Problem. Insofern sollten Sie ein<br />

bisschen Vertrauen in die Staatsregierung haben, dass sie nach wie<br />

vor in <strong>der</strong> Lage ist das <strong>Sächsische</strong> Waldgesetz zu realisieren.<br />

Ich war bei <strong>der</strong> Flexibilität stehen geblieben. Das ist eine gute<br />

Sache. Wir haben das im Bereich Landwirtschaft schon immer so<br />

gemacht. Man muss dazu mindestens drei Dinge wissen.<br />

Auch bei <strong>der</strong> Flexibilität gibt es bestimmte Begrenzungen. Man darf<br />

maximal 10 Millionen DM und maximal 20 % <strong>der</strong> Investitionssumme<br />

umschichten. Es ist also nicht so, dass da jemand machen kann, was<br />

er will. Ein dritter Gesichtspunkt ist beson<strong>der</strong>s wichtig: Es geht<br />

nicht nur um maximal 10 Millionen DM und um maximal 20 % <strong>der</strong><br />

Investitionssumme, son<strong>der</strong>n zum Dritten geht das auch einher mit<br />

einer kontinuierlichen Auswertung <strong>der</strong> Inanspruchnahme des Abflusses<br />

von För<strong>der</strong>mitteln.<br />

Das war im Fachausschuss Landwirtschaft eine Beson<strong>der</strong>heit. Ich<br />

schaue zur PDS. Das war eine Spezialität des Kollegen Wehnert. Er<br />

hat monatlich einen Soll-Ist-Vergleich verlangt. Wir machen das<br />

nicht mehr monatlich. Dieser Abstand ist vielleicht doch zu dicht.<br />

Aber man teilt uns quartalsweise mit, wie die Inanspruchnahme von<br />

För<strong>der</strong>mitteln aussieht. Daraus kann man dann ableiten, ob<br />

Umschichtungen erfolgen müssten.<br />

Wir müssen uns auch entscheiden. Wir können nicht einerseits <strong>der</strong><br />

Staatsregierung ständig vorwerfen, sie sei zu starr, sie habe keine<br />

Fantasie, sie habe keine Strategien, während wir sie an<strong>der</strong>erseits


an allen Ecken festhalten und trotzdem von ihr verlangen, einen<br />

3000-Meter-Lauf zu absolvieren. Das geht nicht. Für mich ist das<br />

auch eine Vereinfachung und ein Abbau von bürokratischen<br />

Hemmnissen.<br />

Frau Klein, dass Sie vom Haushaltsentwurf enttäuscht sind, ist Ihre<br />

Sache. Von Ihnen habe ich fast nichts an<strong>der</strong>es erwartet. Das<br />

betrifft auch den Abbau <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> Forstleute. Vielleicht hätten<br />

Sie unseren Haushalt besser verstanden, wenn Sie in die letzte<br />

Ausschusssitzung nicht den "Agrarexperten" Nolle geschickt hätten.<br />

Sie waren da verhin<strong>der</strong>t. Ich weiß das. Sie hatten wirklich einen<br />

wichtigen Termin.<br />

(Zuruf <strong>der</strong> Abg. Frau Klein, SPD)<br />

Dort hatten wir eine ganze Menge Zeit, um das alles richtig<br />

abzuklären. Dort wurde uns erklärt, wie die Reduzierung <strong>der</strong> Zahl<br />

<strong>der</strong> Forstleute vorgenommen wird. Dort wurde uns auch erklärt, wie<br />

wir mit den Landschaftspflegeverbänden umgehen.<br />

Noch ein Wort zu den Landschaftspflegeverbänden. Wir vertreten nun<br />

einmal die Auffassung, Frau Klein, dass <strong>der</strong> Landwirt am besten<br />

geeignet ist die Kulturlandschaft zu erhalten und zu pflegen. Man<br />

muss sich das einmal überlegen.<br />

Wir haben im Freistaat Sachsen ein Kulturlandschaftsprogramm und<br />

wir haben eine naturnahe Bewirtschaftung. Das ist das Programm.<br />

Diese Möglichkeiten werden vom Landwirt genutzt. Außerdem haben wir<br />

Ämter für Landwirtschaft und untere Naturschutzbehörden. Das sind<br />

die Institutionen, die schon vorhanden sind. Im Normalfall gehen<br />

wir davon aus, dass das Amt für Landwirtschaft, dass die untere<br />

Naturschutzbehörde und <strong>der</strong> Landwirt die Pflege und den Erhalt <strong>der</strong><br />

Kulturlandschaft schlicht und ergreifend "in die Reihe kriegen", so<br />

dass im Normalfall, um das drastisch zu formulieren, ein<br />

Landschaftspflegeverband gar nicht notwendig ist. Dort, wo das<br />

nicht funktioniert, warum auch immer, sind wir dafür, dass sich<br />

Landschaftspflegeverbände etablieren. Sie sollen aber nur beratende<br />

Funktion haben. Die eigentliche Arbeit sollen nach wie vor die<br />

Landwirte durchführen und die Auswertung kann durch das Amt für<br />

Landwirtschaft und die untere Naturschutzbehörde erfolgen.<br />

Also, ich sehe hier keinen Notstand. Wenn wir die<br />

Landschaftspflegeverbände weiterhin so unterstützen, wie wir das<br />

bisher getan haben, bricht nach meiner Meinung kein Notstand bei<br />

<strong>der</strong> Pflege und Erhaltung <strong>der</strong> Kulturlandschaft aus.<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Gestatten Sie eine Zwischenfrage,<br />

Herr Dr. Jahr?<br />

Dr. Jahr, CDU: Ja.<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Bitte, Frau Klein.<br />

Frau Klein, SPD: Herr Dr. Jahr, waren Sie in letzter Zeit einmal<br />

beim Landschaftspflegeverband?<br />

Dr. Jahr, CDU: Ich bin Ihnen schon sehr dankbar, dass Sie mich<br />

nicht gefragt haben, ob ich den Geschäftsführer vom<br />

Landschaftspflegeverband X kenne.


Frau Klein, SPD: Aber nein. Ich habe doch gemerkt, dass ich Sie<br />

vorhin in Verlegenheit gebracht habe. Das mache ich nicht noch<br />

einmal.<br />

Dr. Jahr, CDU: Ich danke Ihnen, Frau Klein.<br />

Frau Klein, SPD: Sie wissen doch, wie Landschaftspflegeverbände<br />

arbeiten. Da wissen Sie doch sicherlich auch, Herr Dr. Jahr, dass<br />

Landschaftspflegeverbände Landwirte in die Umsetzung ihrer<br />

Programme einbinden. Sicherlich wissen Sie auch, Herr Dr. Jahr,<br />

dass die Hauptarbeit <strong>der</strong> Landschaftspflegeverbände darin besteht,<br />

die Programme zu organisieren, zu managen?<br />

(Abg. Dr. Jahr, CDU, bejaht.)<br />

- Dann bin ich beruhigt.<br />

(Heiterkeit und Beifall bei SPD und PDS)<br />

Dr. Jahr, CDU: Frau Klein, das Problem ist aber an einer ganz<br />

an<strong>der</strong>en Stelle. Es gibt das Sprichwort: Wenn man seine Kin<strong>der</strong><br />

behalten will, muss man sie auch einmal loslassen. Was Sie gesagt<br />

haben, ist alles richtig. Mir geht aber folgende Frage durch den<br />

Kopf: Wenn man das Programm gemacht hat, wenn man die Landwirte<br />

eingebunden hat, wenn man den Landwirten erzählt hat, wie die<br />

Kulturlandschaft aussehen soll, kann man sich doch als<br />

Landschaftspflegeverband schrittweise auch zurückziehen. Lasst doch<br />

mal die Kin<strong>der</strong> - aus Sicht des Landschaftspflegeverbandes: lasst<br />

doch mal die Landwirte - selbständig werden! Dieser Rückzug wird<br />

aber meistens vergessen. Ich möchte vermeiden, dass hier eine<br />

Überorganisation, eine Überplanung bei unserer begrenzten<br />

Kulturlandschaft stattfindet. Irgendwann muss es <strong>der</strong> Landwirt doch<br />

begriffen haben, wie er die Kulturlandschaft pflegen und erhalten<br />

soll.<br />

(Beifall des Abg. Nitzsche, CDU)<br />

Insofern haben wir da keinen Dissens. Die Frage ist bloß, dass man<br />

die Kin<strong>der</strong> irgendwann einmal ziehen lassen muss, damit sie<br />

erwachsen werden. Da habe ich bei manchen<br />

Landschaftspflegeverbänden so meine Probleme.<br />

Frau Klein, ich kann Sie beruhigen: Ich besuche sie schon ab und<br />

zu. Das mache ich. Sie machen es wahrscheinlich etwas öfter; das<br />

gebe ich zu.<br />

Zusammenfassend möchte ich darauf hinweisen, dass nach meiner<br />

Meinung unser Haushalt auf Bewährtem <strong>der</strong> vergangenen Jahre aufbaut.<br />

Er ist verlässlich und nachhaltig. Ich bitte um Ihre Zustimmung.<br />

Danke schön.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Wird von den Fraktionen noch<br />

einmal das Wort gewünscht? - Das ist nicht <strong>der</strong> Fall.<br />

Bitte, Herr Staatsminister.<br />

Flath, Staatsminister für Umwelt und Landwirtschaft: Sehr geehrte<br />

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Seit einem reichlichen<br />

Jahr trage ich nun Verantwortung für Umwelt und Landwirtschaft.<br />

Dies ist also <strong>der</strong> erste Haushalt, den ich mitgestaltet habe.<br />

Gleichzeitig handelt es sich um den ersten gemeinsamen<br />

Doppelhaushalt für das fusionierte Ressort. Wir können bei Umwelt


und Landwirtschaft gewissermaßen von einem doppelten Doppelhaushalt<br />

sprechen.<br />

Für die nächsten Jahre sind mir zwei Ziele wichtig. Diese finden<br />

Sie auch wie<strong>der</strong>, wenn Sie den Haushalt aufmerksam studieren. Zum<br />

Ersten möchte ich die organisatorische und inhaltliche Integration<br />

<strong>der</strong> Agrar- und <strong>der</strong> Umweltpolitik voranbringen. Zum Zweiten möchte<br />

ich die notwendigen Investitionen ermöglichen. Sie werden<br />

feststellen, dass wir in diesem Haushalt deshalb deutliche<br />

Umschichtungen zugunsten investiver Maßnahmen vorgenommen haben.<br />

Was die organisatorischen Maßnahmen angeht, so werde ich nicht bei<br />

<strong>der</strong> Reduzierung <strong>der</strong> Fachabteilungen meines Hauses, nämlich von<br />

zwölf auf sieben, stehen bleiben. Mein Ziel ist es, die gesamte<br />

Arbeit <strong>der</strong> Agrar- und Umweltverwaltung leistungsfähiger und damit<br />

auch bürgerfreundlicher zu gestalten. Dazu müssen wir<br />

Synergieeffekte nutzen. Wie wir dadurch die Leistungsfähigkeit<br />

steigern können, zeigt sich bereits heute am Beispiel des<br />

Bodenschutzes. Beim Bodenschutz arbeiten die Landesanstalt für<br />

Landwirtschaft und das Landesamt für Umwelt und Geologie gemeinsam<br />

und sehr erfolgreich an verschiedenen Projekten. Durch unser<br />

Programm "Umweltgerechte Landwirtschaft" konnten zum Beispiel die<br />

Nitrat-Stickstoff-Belastungen <strong>der</strong> Gewässer in Sachsen um etwa 7 000<br />

Tonnen pro Jahr verringert werden. Durch bodenschonende<br />

Anbauverfahren werden über 200 000 Tonnen Boden vor dem Abschwemmen<br />

bewahrt.<br />

Sehr wichtig ist in diesem Zusammenhang auch die Arbeit <strong>der</strong> Ämter<br />

für ländliche Neuordnung und Flurbereinigung. Dies gilt auch für<br />

die Beratung, die in den Ämtern für Landwirtschaft auf hohem<br />

fachlichem Niveau erfolgt.<br />

(Beifall <strong>der</strong> Abg. Frau Klein, SPD)<br />

In diesem Sinne werden wir die Zusammenarbeit und die Integration<br />

unserer Verwaltung auf allen Ebenen verbessern. Wir können noch<br />

weitere Potenziale erschließen, zum Beispiel auch durch den Einsatz<br />

neuer Technologien wie des Internet und neuer<br />

betriebwirtschaftlicher Elemente wie <strong>der</strong> Budgetierung im<br />

Staatswald.<br />

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich etwas näher auf die<br />

Struktur des Haushalts eingehen. Von den rund 1,8 Milliarden DM im<br />

nächsten Jahr und den rund 1,7 Milliarden DM im Jahr 2002 entfallen<br />

über zwei Drittel auf die Bereitstellung von För<strong>der</strong>mitteln,<br />

insbeson<strong>der</strong>e für die wichtigen Infrastrukturmaßnahmen. Im Vergleich<br />

zu 2000 setzt mein Einzelplan hier nochmals ein deutliches Zeichen<br />

zugunsten <strong>der</strong> Investitionsför<strong>der</strong>ung. So erhöht sich <strong>der</strong> Anteil von<br />

Investitionsför<strong>der</strong>mitteln an den gesamten För<strong>der</strong>mitteln von 70 % in<br />

diesem Jahr auf 74 % im nächsten Jahr und auf 75 % im Jahr 2002.<br />

Damit stehen sowohl für die kommunalen Aufgabenträger, für die<br />

landwirtschaftlichen Betriebe, die Unternehmen <strong>der</strong><br />

Ernährungswirtschaft als auch für die Bürger im ländlichen Raum<br />

trotz <strong>der</strong> notwendigen Haushaltskonsolidierung mehr Mittel als im<br />

Jahr 2000 zur Verfügung. Das war nur möglich, weil auch in diesem<br />

Doppelhaushalt <strong>der</strong> Freistaat weiterhin alle notwendigen<br />

Komplementärmittel bereitstellt, um europäische und Bundesmittel


vollständig abrufen zu können. Das ist nicht in allen Bundeslän<strong>der</strong>n<br />

<strong>der</strong> Fall. Allein in meinem Einzelplan sind mischfinanzierte<br />

Programme mit rund 935 Millionen DM 2001 bzw. 885 Millionen DM im<br />

Jahr 2002 eingestellt. Dies entspricht einem Anteil von 78 bzw. 81<br />

% an den Gesamtför<strong>der</strong>mitteln.<br />

Meine Damen und Herren, Sie wissen alle, welche Probleme dieser<br />

hohe Anteil an Mischfinanzierung mit sich bringt.<br />

Mischfinanzierungen binden Landesmittel in Bereichen, die die<br />

Landespolitik nicht allein und selbständig beeinflussen kann. Mir<br />

war es deshalb beson<strong>der</strong>s wichtig, so weit wie möglich stets die<br />

sächsischen Belange zur Geltung zu bringen, also die sächsische<br />

Handschrift in den Programmen deutlich erkennbar werden zu lassen.<br />

Das war nicht immer einfach. Seit gestern liegt aber die<br />

Genehmigung <strong>der</strong> Europäischen Union vor. Damit kann ich feststellen:<br />

Die sächsische Handschrift ist deutlich geworden. Das ist ein<br />

großer Erfolg. Ich möchte allen Beteiligten dafür danken.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Wo wird nun die sächsische Handschrift beson<strong>der</strong>s deutlich? Drei<br />

Beispiele möchte ich dazu anführen.<br />

Bei meinem ersten Beispiel geht es um die Agrar-Umwelt-Maßnahmen.<br />

Ich sagte bereits, dass mir die Integration von Umweltbelangen in<br />

die Agrarpolitik beson<strong>der</strong>s wichtig ist. An erster Stelle ist <strong>der</strong> so<br />

genannte Entwicklungsplan für den ländlichen Raum zu nennen. Es ist<br />

uns gelungen wichtige Maßnahmen des Naturschutzes zu integrieren.<br />

Von den 1,1 Milliarden DM im Entwicklungsplan für den ländlichen<br />

Raum bis zum Jahr 2006 steht <strong>der</strong> größte Teil für Agrar-Umwelt-<br />

Maßnahmen zur Verfügung. Insgesamt sind es 750 Millionen DM für<br />

Maßnahmen <strong>der</strong> umweltgerechten Produktion, für die Pflege <strong>der</strong><br />

Kulturlandschaft und - dies halte ich für einen beson<strong>der</strong>en Erfolg -<br />

neuerdings auch für den Biotop- und Artenschutz. Investitionen in<br />

Agrar-Umwelt-Maßnahmen werden in Zukunft immer wichtiger. Das zeigt<br />

die aktuell stattfindende Diskussion. Ich werde am Donnerstag<br />

darauf im Rahmen <strong>der</strong> BSE-Debatte näher eingehen.<br />

Meine Damen und Herren! Ein zweites Beispiel sächsischer<br />

Handschrift ist im Bereich Wasser/Abwasser zu erkennen. Mit 380<br />

Millionen DM bzw. 350 Millionen DM im Jahr 2002 ist dies <strong>der</strong> größte<br />

Bereich in meinem Haushalt. Hier geht es nicht nur um die weitere<br />

Steigerung des Anschlussgrades und die Verbesserung von<br />

Reinigungsleistungen. Angesichts <strong>der</strong> steigenden Kosten für den<br />

Bürger müssen wir viel mehr alle Potenziale zur Kostensenkung<br />

erschließen und dabei hier und da auch neue Wege gehen. Das<br />

Beschreiten neuer sächsischer Wege heißt: Ich will den Kommunen<br />

Freiräume schaffen, damit sie ihrer Verantwortung gerecht werden<br />

und ihre Aufgaben besser wahrnehmen können. Nicht <strong>der</strong> Ruf nach dem<br />

Freistaat sollte an erster Stelle stehen. Wir sollten vielmehr<br />

gemeinsam daran arbeiten, die Zusammenarbeit zwischen den Kommunen<br />

zu verbessern.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Die kommunale Selbstverwaltung ist in Sachsen auf einem guten Weg.<br />

In Chemnitz haben die regionalen Zweckverbände <strong>der</strong> Wasserversorgung<br />

in diesem Jahr eine Initiative gestartet, um mehr


Wirtschaftlichkeit in die Strukturen zu bringen. Frau Dr. Raatz ist<br />

darauf mit ihrem Hinweis auf den "Superzweckverband" schon<br />

eingegangen. Sie hat dies auch an die Presse herangetragen. Zur<br />

Richtigstellung möchte ich auf Folgendes hinweisen: Es geht<br />

zunächst um die Trinkwasserversorgung. Im Regierungsbezirk Dresden<br />

gibt es 120 Anbieter, im Regierungsbezirk Leipzig sind es 20<br />

Anbieter und im Regierungsbezirk Chemnitz acht Anbieter von<br />

Trinkwasser.<br />

Nun gibt es eine internationale Entwicklung, die man verfolgen<br />

muss, unabhängig davon, ob man sie begrüßt o<strong>der</strong> nicht. So haben wir<br />

in Frankreich ganze vier Anbieter im Trinkwasserbereich. Was meinen<br />

Sie, wer in Sachsen zuerst auf die Idee gekommen ist, sich an einem<br />

Tisch zu versammeln und darüber zu sprechen, ob es nicht<br />

wirtschaftlicher sein könnte, wenn man sich zusammenschließen<br />

würde, wobei die Größe noch völlig offen ist? Dieser Vorschlag kam<br />

genau aus dem Regierungsbezirk, in dem schon bisher die größte<br />

Konzentration herrscht, nämlich im Regierungsbezirk Chemnitz; die<br />

Zahl von acht Anbietern habe ich schon genannt.<br />

Ich will noch einmal unterstreichen, dass die Kommunen auf mich<br />

zugekommen sind: Wir sollten in die Diskussion einbezogen werden.<br />

Dieser Sachverhalt wurde in dem Artikel in <strong>der</strong> "Freien Presse"<br />

völlig verkehrt wie<strong>der</strong>gegeben.<br />

Wohin die Diskussion führt, ist noch nicht absehbar. Ich habe nur<br />

signalisiert, dass ich eine solche Diskussion unterstütze. Ich<br />

begrüße es, wenn Kommunen darüber beraten, wie das vonstatten gehen<br />

kann.<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Gestatten Sie eine Zwischenfrage,<br />

Herr Minister?<br />

Flath, Staatsminister für Umwelt und Landwirtschaft: Bitte, Frau<br />

Roth.<br />

Frau Roth, PDS: Herr Staatsminister Flath, ist die beabsichtigte<br />

Konzentration <strong>der</strong> Zweckverbände auch <strong>der</strong> Einsicht geschuldet, dass<br />

die Zerschlagung <strong>der</strong> WABs im Nachhinein als Fehler betrachtet wird?<br />

Flath, Staatsminister für Umwelt und Landwirtschaft: Frau Roth, es<br />

gibt einige Leute im Land, die das so behaupten. Es gibt an<strong>der</strong>e<br />

Leute im Land, die sich genau deshalb jetzt nicht an den Tisch<br />

setzen; denn sie sagen, es handele sich um ehemalige Mitarbeiter<br />

dieser volkseigenen Betriebe und diese wollten nur ihre eigene Idee<br />

wie<strong>der</strong> durchsetzen.<br />

Beides sollte nicht im Vor<strong>der</strong>grund stehen. Man sollte sich<br />

überlegen, in welchen Strukturen man künftig im Sinne <strong>der</strong> Bürger<br />

auch kostengünstiger Trinkwasser anbieten kann.<br />

Das könnten in Sachsen diese alten Strukturen sein. Ich will das<br />

nicht ausschließen, wenn das gewünscht wird. Es könnten auch fünf<br />

o<strong>der</strong> zehn Anbieter sein. Ich halte nichts davon heute etwas<br />

vorzugeben.<br />

Es ist auch nicht zwingend notwendig, dass hier im Regierungsbezirk<br />

Chemnitz sich alle zusammenlegen sollten. Es könnten auch zwei,<br />

drei o<strong>der</strong> vier sein. Es gibt ja auch einen Fernwasserverband, <strong>der</strong><br />

ja übrigens auch die Initiative hier ergriffen hatte. Dieser


Zweckverband hatte ein Konzept bei einer<br />

Wirtschaftsberatungsgesellschaft in Auftrag gegeben. Dort sind<br />

verschiedene Stufen vorgesehen. Ich will nur ein Beispiel nennen.<br />

Da dieses Konzept jetzt zur Diskussion im Zweckverband freigegeben<br />

ist, kann ich das auch verwenden.<br />

In einer ersten Stufe könnte man sich vorstellen, dass alle<br />

Zweckverbände völlig eigenständig bleiben und damit die Kommunen<br />

wie bisher ihre Verantwortung wahrnehmen. Man denkt darüber nach,<br />

vielleicht eine gemeinsame Gesellschaft zu gründen, die ganz<br />

einfach das Geschäft rationeller betreibt, zum Beispiel die<br />

Abrechnung aller Kunden vornimmt. Ich finde darin nichts<br />

Anstößiges, darüber nachzudenken. Ich finde, dass die Kommunen im<br />

Regierungsbezirk Chemnitz zuerst die Zeichen <strong>der</strong> Zeit erkannt haben<br />

und jetzt an effizienten Lösungen arbeiten.<br />

Zu den neuen Wegen gehört auch, dass wir die Abwasserbeseitigung<br />

bei <strong>der</strong> Dorfentwicklung verstärkt berücksichtigen.<br />

Ich war bei den sächsischen neuen Wegen im Bereich Wasser und<br />

Abwasser. Ich hatte dort etwas zu Wasser gesagt. Beim Abwasser<br />

möchte ich Folgendes anregen:<br />

Wenn die Verdichtung für eine Kanalisation im ländlichen Raum nicht<br />

hoch genug ist, dann soll auch eine gut betriebene kleine<br />

Kläranlage in Zukunft in den sächsischen Dörfern ihren Platz haben.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Wo eine öffentliche Kanalisation und eine Kläranlage für den<br />

Umweltschutz aber nach einer Kostenrechnung besser sind, dort<br />

sollen diese auch im Rahmen <strong>der</strong> Dorfentwicklung för<strong>der</strong>bar sein. Ich<br />

habe immer gesagt, bei <strong>der</strong> Dorfentwicklung wollen wir diese<br />

umfangreichen Mittel <strong>der</strong> EU nutzen, aber sie auf die Infrastruktur<br />

konzentrieren. Abwasser gehört zur Infrastruktur.<br />

Ich war schon beim ländlichen Raum. Den will ich als drittes<br />

Beispiel sächsischer Handschrift anführen. Damit komme ich einmal<br />

zur ganzheitlichen Entwicklung des ländlichen Raumes. Ich halte es<br />

für unerlässlich, die regionalen Kreisläufe in <strong>der</strong> Landwirtschaft<br />

zu stärken. Regionale Kreisläufe verkürzen den Weg von <strong>der</strong> Weide<br />

zum Verbraucher.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Sie schaffen mehr Transparenz und damit mehr Sicherheit und<br />

rechtfertigen Vertrauen. Wenn wir diese regionalen Kreisläufe<br />

stärken wollen, dann muss auch die Dorfentwicklung dabei eine<br />

entscheidende Rolle spielen. Landwirtschaft findet nun einmal<br />

überwiegend auf dem Dorf statt und eine zukunftsfähige<br />

Dorfentwicklung ohne angemessene Berücksichtigung <strong>der</strong><br />

Landwirtschaft kann es für mich nicht geben.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Wir unterstützen einerseits die Erschließung neuer<br />

Einkommensmöglichkeiten in den Dörfern, beson<strong>der</strong>s durch den Einsatz<br />

neuer Technologien, an<strong>der</strong>erseits wird die Landwirtschaft weiterhin<br />

eine wichtige Säule <strong>der</strong> Wirtschaft im ländlichen Raum sein. Wir<br />

wollen deshalb verstärkt in den Dörfern helfen, in denen<br />

partnerschaftlich und gemeinsam mit <strong>der</strong> Landwirtschaft nach neuen<br />

Entwicklungsmöglichkeiten gesucht wird. Also mit an<strong>der</strong>en Worten,


eine Schlafdörfer, die sich durch die Landwirtschaft gestört<br />

fühlen, erfüllen nicht die Anfor<strong>der</strong>ungen an eine nachhaltige<br />

Dorfentwicklung.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Wir legen Wert auf Konzepte, die den ländlichen Raum ganzheitlich<br />

voranbringen und die Landwirtschaft nicht einseitig benachteiligen.<br />

Dafür stehen im Doppelhaushalt, meine Damen und Herren, insgesamt<br />

550 Millionen DM zur Verfügung.<br />

Ich bin nach wie vor überzeugt - meine Erfahrungen in diesem ersten<br />

Jahr bestärken mich darin -, dass einem gemeinsamen Handeln im<br />

Umweltschutz und in <strong>der</strong> Agrarpolitik die Zukunft gehört - ein<br />

gemeinsames Handeln, in dem mehr Partnerschaft, mehr<br />

Aufeinan<strong>der</strong>zugehen, mehr Dialog und dadurch mehr freiwillige<br />

Maßnahmen für den Umweltschutz im Vor<strong>der</strong>grund stehen. Das hat sich<br />

in <strong>der</strong> Umweltallianz mit <strong>der</strong> sächsischen Wirtschaft bewährt. Wir<br />

haben heute über 100 Teilnehmer von den ganz Großen wie Infineon<br />

o<strong>der</strong> VW bis zur kleinen Tischlerei im Erzgebirge. Diesen Weg haben<br />

wir nun auch mit <strong>der</strong> Umweltallianz in <strong>der</strong> sächsischen Land- und<br />

Forstwirtschaft eingeschlagen.<br />

Ich möchte deshalb nicht versäumen, <strong>der</strong> CDU-Fraktion für ihre<br />

Unterstützung <strong>der</strong> Umweltallianz Land- und Forstwirtschaft zu<br />

danken. Sie unterstützt damit ein Kernstück meiner Politik, die<br />

Integration <strong>der</strong> Agrar- und Umweltpolitik. Für diese Politik sind im<br />

Haushalt die richtigen Schwerpunkte gesetzt, vor allem bei den<br />

Investitionen. Deshalb bitte ich Sie, meine Damen und Herren, um<br />

Ihre Zustimmung.<br />

Ich möchte mich für die sehr konstruktiven Beratungen im<br />

Agrarausschuss, im Umweltausschuss und schließlich dann auch im<br />

Finanzausschuss bedanken. Ich möchte mich bei <strong>der</strong><br />

regierungstragenden Fraktion, aber ausdrücklich auch bei <strong>der</strong><br />

Opposition bedanken. Ich bitte Sie um Zustimmung zum Einzelplan 09.<br />

Herzlichen Dank.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Meine Damen und Herren! Wir kommen<br />

jetzt zur Abstimmung. Ich schlage Ihnen vor, kapitelweise<br />

vorzugehen, da es Än<strong>der</strong>ungsanträge gibt. Gibt es dagegen<br />

Wi<strong>der</strong>spruch?<br />

Ich rufe auf den Einzelplan 09, Staatsministerium für Umwelt und<br />

Landwirtschaft, Drucksache 3/2400, durch die Drucksachen 3/2784 und<br />

3/3111 verän<strong>der</strong>t.<br />

Ich rufe auf Teil 1, Kapitel 09 01 und Kapitel 09 02. Wer möchte<br />

die Zustimmung geben? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong><br />

Stimme? - Ich sehe Stimmenthaltungen und Stimmen dagegen. Es hat<br />

dennoch Mehrheiten für beide Kapitel gegeben.<br />

Ich rufe auf Kapitel 09 03. Dazu liegen mir Än<strong>der</strong>ungsanträge vor.<br />

Ich rufe auf die Drucksache 3/3183, Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> Fraktion<br />

<strong>der</strong> SPD zu Titel 893 78 und Titel 893 01 (neu).<br />

Wer möchte sie noch einbringen? Wird das gewünscht? - Bitte, Frau<br />

Dr. Raatz.<br />

Frau Dr. Raatz, SPD: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte<br />

Damen und Herren Abgeordnete! Wir haben zwei Än<strong>der</strong>ungsanträge. Ich


will nur zu dem einen Än<strong>der</strong>ungsantrag noch einige Dinge sagen,<br />

obwohl Herr Prof. Mannsfeld mir ja schon den Mut genommen hat,<br />

indem er sagte, er werde ihn sowieso ablehnen. Trotzdem noch ganz<br />

kurz:<br />

Die SPD-Fraktion setzt sich für Strukturän<strong>der</strong>ungen Not leiden<strong>der</strong><br />

Zweckverbände mit dem Ziel einer verbesserten Wirtschaftlichkeit,<br />

jedoch unter Beibehaltung <strong>der</strong> kommunalen Mitbestimmung und<br />

sinken<strong>der</strong> finanzieller Belastung <strong>der</strong> Abgabepflichtigen ein. Wie ich<br />

das eben von Herrn Staatsminister Flath gehört habe, ist das an<br />

sich auch in seinem Sinne. - <strong>Der</strong> Superzweckverband bezieht sich nur<br />

auf das Trinkwasser. Ich habe das also etwas falsch aus <strong>der</strong> Presse<br />

entnommen.<br />

Wir sehen allerdings die Gefahr, die von einem allein politisch<br />

motivierten Zusammenschluss ausgeht in folgenden Punkten, und zwar<br />

in einer dauerhaften Zahlungsunfähigkeit durch Kumulation <strong>der</strong><br />

Schulden <strong>der</strong> Verbände, Defiziten bei <strong>der</strong> Vergangenheitsbewältigung,<br />

wie Streitigkeiten in <strong>der</strong> Vermögenszuordnung, Nichterhebung von<br />

Straßenentwässerungskostenanteilen sowie in <strong>der</strong> Aufwertung eines<br />

bis dato unprofessionellen Managements durch Beibehaltung des<br />

Personals. Nur bei Beseitigung dieser Gefahren kann ein größerer<br />

leistungsfähiger Verband unter Ausschöpfung weiterer<br />

Rationalisierungspotenziale einen Beitrag zur Abgabenentlastung des<br />

Bürgers leisten.<br />

Das ist <strong>der</strong> Inhalt unseres Än<strong>der</strong>ungsantrages. Weil ich denke, dass<br />

dieser Antrag sehr vernünftig ist, könnten Sie diesem ohne Probleme<br />

zustimmen.<br />

<strong>Der</strong> zweite Antrag, den wir einbringen wollen, ist analog dem,<br />

worüber auch unser Fraktionsvorsitzen<strong>der</strong> Thomas Jurk schon<br />

gesprochen hat, nämlich die Ausweisung eines neuen Titels<br />

"För<strong>der</strong>ung erneuerbarer Energien".<br />

<strong>Der</strong> Bund hat sich hierzu klar positioniert. Auch Sachsen will<br />

sicherlich erhebliche Mittel in Anspruch nehmen. Es wäre daher nur<br />

sein Recht und seine Pflicht, entsprechende Komplementärmittel<br />

einzusetzen und nicht zu erwarten, dass <strong>der</strong> Bund allein die Last<br />

trägt. Wir haben es hier mit wichtigen Zukunftstechnologien zu tun.<br />

Wir befürchten, wenn die geson<strong>der</strong>te Ausweisung des Titels, wie von<br />

uns gewünscht, nicht erfolgt, dass Sachsen noch weiter ins<br />

Hintertreffen gerät. Das sollten wir gemeinsam verhin<strong>der</strong>n. Darum<br />

bitte ich um Zustimmung.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Wer möchte zu den Anträgen<br />

sprechen? Es sind gleich beide Anträge eingebracht worden. - Bitte,<br />

Herr Prof. Mannsfeld.<br />

Prof. Dr. Mannsfeld, CDU: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!<br />

Ich habe zu diesen beiden Än<strong>der</strong>ungsanträgen folgende Anmerkungen:<br />

<strong>Der</strong> erste eingebrachte Antrag betrifft die Erhöhung investiver<br />

Zuschüsse für Notleidende im Bereich Wasser und Abwasser. Frau Dr.<br />

Raatz, ich habe gedacht, Sie würden sich selbst und damit <strong>der</strong><br />

Öffentlichkeit die Peinlichkeit ersparen, dass wir diese Anträge<br />

genauer durchleuchten.


Ich kann nicht umhin zu kolportieren, welch merkwürdige Debatte es<br />

zu diesem Antrag bereits im Umweltausschuss gegeben hat. Auf die<br />

Frage, aus welchem Titel Sie die Deckung Ihrer 15 Millionen DM<br />

hernehmen wollen, haben Sie - dies wird das Protokoll bestätigen -<br />

geantwortet: Ich bin Opposition; ich muss mir überhaupt keine<br />

Gedanken darüber machen, woher Geld für unsere Anträge kommt.<br />

(Hört, hört! bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Das lassen wir einmal unkommentiert als Tatsache stehen.<br />

(Frau Dr. Raatz, SPD: Ich habe einen Vorschlag gemacht!)<br />

Heute haben Sie sich nicht viel besser verhalten. Sie haben einen<br />

Deckungsvermerk im Kapitel 15 03 im Titel 371 01 vorgesehen. Dazu<br />

sage ich Ihnen schlicht und ergreifend, dass es diesen Titel im<br />

Einzelplan 15 03 gar nicht gibt. Das wäre ohnehin ein<br />

Einnahmentitel. Diesen gibt es aber im gesamten Einzelplan 15<br />

nicht.<br />

Deshalb muss ich sagen: Auf eine Beschlussfassung zu solch einer<br />

Position können wir uns nicht einlassen. Wir haben vorhin sachlich<br />

begründet, warum es für uns kein Lösungsweg sein kann, für die<br />

Notleidenden zusätzliche Mittel einzustellen, und zwar weil für die<br />

Aufgabenträger, die in Schwierigkeiten geraten sind, ausreichend<br />

Möglichkeiten <strong>der</strong> Sanierung o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Unterstützung gegeben sind.<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Dann nehmen Sie doch unseren<br />

Vorschlag!)<br />

- Es ist keiner mehr da, Herr Porsch. Diese Chance haben Sie<br />

verspielt.<br />

Ich komme nun zu dem Än<strong>der</strong>ungsantrag, <strong>der</strong> sich mit dem Titel <strong>der</strong><br />

Erhöhung <strong>der</strong> erneuerbaren Energien befasst. Ich kann Ihnen das<br />

nicht ersparen, Frau Dr. Raatz. Ähnlich verhält es sich mit Ihrem<br />

Antrag, <strong>der</strong> hierzu vorliegt.<br />

In <strong>der</strong> Begründung verweisen Sie darauf, dass Sachsen im Jahr 1995<br />

schon einmal 23,45 Millionen DM für erneuerbare Energien ausgegeben<br />

habe. Ihr Fraktionsvorsitzen<strong>der</strong> ist im Moment nicht anwesend. Ich<br />

sage es trotzdem: Eine solche Arbeitsweise in diesem Hohen Haus<br />

muss ich persönlich als peinlich empfinden. Ich muss fragen,<br />

welchen Haushalt aus dem Jahr 1995 Sie sich überhaupt angesehen<br />

haben? Im Umweltbereich gab es gar keinen Titel für erneuerbare<br />

Energien. Das stand im Einzelplan 07.<br />

(Leroff, CDU: <strong>Der</strong> ist von Herrn Schommer!)<br />

- Das weiß ich, mein Guter!<br />

(Heiterkeit bei allen Fraktionen - Leroff, CDU: Ich sage das<br />

nur zur SPD!)<br />

Man kann doch nicht einen Titelvergleich im Umweltbereich bringen,<br />

wenn es zur damaligen Zeit den Titel im Umweltbereich gar nicht<br />

gegeben hat und dieser auch nicht mit 23,4 Millionen DM, son<strong>der</strong>n<br />

nur mit 12 Millionen DM ausgestattet war. Die beiden Titel, die<br />

dort im Umweltbereich standen - es waren auch nicht 23 Millionen<br />

DM, son<strong>der</strong>n es ergaben sich 38 Millionen DM -, waren die beiden<br />

Heizträgerumstellungsprogramme kommunaler und privater Art.<br />

Wenn man schon versucht uns für einen Antrag zu erwärmen mit <strong>der</strong><br />

Begründung, wir wären in dieser Frage schon einmal viel besser


gewesen, dann sollte man doch bitte auf dem Boden <strong>der</strong> Tatsachen<br />

bleiben.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Inhaltlich muss auch etwas dazu gesagt werden. Ich will es kurz<br />

machen, aber es wäre eigentlich eine Debatte für sich. Heute ist<br />

die Bemerkung gefallen, es gäbe einen Klimabericht von Sachsen. Ich<br />

möchte alle in diesem Hohen Hause bitten: Kolportieren Sie bitte<br />

nicht diese Begrifflichkeiten. Diesen gibt es nicht. Es gibt eine<br />

Studie <strong>der</strong> Freien Universität Berlin zu möglichen<br />

Klimaverän<strong>der</strong>ungen in diesem Lande. Diese Studie muss erst einmal<br />

gründlich geprüft werden, damit wir wissen, inwieweit wir das<br />

verallgemeinern können.<br />

Das heißt, mit <strong>der</strong> Begründung, wir müssten nun mehr dafür tun, ist<br />

es doch überhaupt nicht getan bzw. es ist die falsche<br />

Hintergrundplattform. Das, was wir an dieser Stelle nicht mittragen<br />

können, ist die Tatsache, dass die doppelte Privilegierung, die für<br />

erneuerbare Energien in Deutschland im Moment besteht, durch<br />

zusätzliche För<strong>der</strong>programme weiter gestärkt wird. Letztlich ist die<br />

erneuerbare Energie insbeson<strong>der</strong>e bei <strong>der</strong> Windkraft ein<br />

Investitionsmodell für Großverdiener. <strong>Der</strong> Steuerzahler und <strong>der</strong><br />

Stromkunde zahlen beide für diesen Vorgang.<br />

Deswegen sind die Staatsregierung und wir von <strong>der</strong> CDU-Fraktion <strong>der</strong><br />

Meinung, dass wir subventionsfreie Versorgungsstrukturen erzielen<br />

müssen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Diese bekommen wir über Wettbewerb und über die Möglichkeiten, die<br />

in allen Facetten <strong>der</strong> erneuerbaren Energien vorhanden sind.<br />

Diesbezüglich gibt es genügend Signale <strong>der</strong> <strong>Sächsische</strong>n<br />

Staatsregierung, die besagen, dass sie die im Durchschnitt <strong>der</strong><br />

alten Bundeslän<strong>der</strong> vergleichbare Quote erreichen will.<br />

Das Ziel, in Sachsen den Anteil <strong>der</strong> erneuerbaren Energien am<br />

Endenergieverbrauch auf 5 % zu steigern, steht als Ziel des SMUL<br />

und wird durch an<strong>der</strong>e Maßnahmen getragen und gestützt, nicht durch<br />

die, die insbeson<strong>der</strong>e Steuerzahler, Stromkunden und damit jeden<br />

Einzelnen von uns doppelt belasten.<br />

Dieser Antrag kann uns in <strong>der</strong> Argumentation nicht helfen. Deswegen<br />

können wir uns diesem Ansinnen nicht anschließen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Gibt es weiterhin Redebedarf? -<br />

Das ist nicht <strong>der</strong> Fall.<br />

Somit lasse ich jetzt über den Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> SPD<br />

in <strong>der</strong> Drucksache 3/3183 abstimmen. Wer möchte diesem<br />

Än<strong>der</strong>ungsantrag zustimmen? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich<br />

<strong>der</strong> Stimme? - Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist <strong>der</strong><br />

Antrag mehrheitlich abgelehnt.<br />

Wir kommen zum Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> SPD in <strong>der</strong><br />

Drucksache 3/3180. Wer möchte die Zustimmung geben? - Wer ist<br />

dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Bei einigen<br />

Stimmenthaltungen und einigen Stimmen dafür ist <strong>der</strong> Antrag<br />

mehrheitlich abgelehnt worden.


Ich rufe jetzt das Kapitel 09 03 auf. Wer möchte die Zustimmung<br />

geben? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Bei<br />

Stimmenthaltungen und Stimmen dagegen ist das Kapitel 09 03<br />

mehrheitlich angenommen worden.<br />

Ich rufe auf die Kapitel 09 04, 09 05 und 09 10. Wer möchte die<br />

Zustimmung geben? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme?<br />

- Gleiches Stimmverhalten. Somit wurde auch diesen Kapiteln<br />

mehrheitlich zugestimmt.<br />

Ich rufe Teil 2 auf. Da es keine Än<strong>der</strong>ungsanträge gibt, können wir<br />

in Gänze abstimmen. Es geht um die Kapitel 09 15 bis 09 90 und um<br />

die Stellenpläne. Gibt es dagegen Wi<strong>der</strong>spruch? - Das ist nicht <strong>der</strong><br />

Fall. Wer möchte die Zustimmung geben? - Wer ist dagegen? - Wer<br />

enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Ich sehe eine Stimmenthaltung und eine<br />

Reihe von Stimmen dagegen. Dennoch ist den Kapiteln mehrheitlich<br />

zugestimmt worden.<br />

Meine Damen und Herren! Ich rufe den Einzelplan 09 -<br />

Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft - auf. Wer die<br />

Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist<br />

dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Ich sehe eine<br />

Stimmenthaltung und eine Reihe von Stimmen dagegen.<br />

<strong>Der</strong> Einzelplan 09 ist mehrheitlich beschlossen worden.<br />

Ich rufe auf den<br />

Tagesordnungspunkt 4.6<br />

Einzelplan 03 - Staatsministerium des Innern<br />

Zunächst frage ich den Berichterstatter, Herrn Dr. Schubert, ob das<br />

Wort gewünscht wird. - Das ist nicht <strong>der</strong> Fall.<br />

Ich rufe jetzt die Fraktionen in folgen<strong>der</strong> Reihenfolge für die<br />

erste Runde auf: SPD, CDU, PDS, CDU und die Staatsregierung, wenn<br />

gewünscht. Die SPD-Fraktion hat jetzt das Wort. Frau Abg. Weihnert,<br />

bitte.<br />

Frau Weihnert, SPD: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich<br />

möchte mich bei diesem Haushalt nur auf einen Teilbereich<br />

konzentrieren und Sie auf die Personalstruktur <strong>der</strong> sächsischen<br />

Polizei aufmerksam machen.<br />

Seit Jahren wird von den Gewerkschaften und unserer Fraktion<br />

erheblicher Handlungsbedarf signalisiert. In keinem an<strong>der</strong>en<br />

Bundesland hat die Schutz- und Kriminalpolizei einen <strong>der</strong>art großen<br />

Wasserkopf auf <strong>der</strong> einen und eine so große Anzahl schlecht<br />

bezahlter Polizeibeamter im mittleren Dienst auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite.<br />

Wir sind diesem Problem intensiver nachgegangen. Drei Problemkreise<br />

wurden untersucht: die Stellenpläne, <strong>der</strong>en tatsächliche Besetzung<br />

und die Art und Weise, wie diese Stellenpläne entstanden sind. Um<br />

das Ergebnis vorwegzunehmen: Die Situation ist noch schlechter, als<br />

wir vermuteten.<br />

Einige Eckpunkte: Nach den Stellenplänen sind rund drei Viertel <strong>der</strong><br />

ausgewiesenen Stellen im Polizeibereich Stellen des mittleren<br />

Dienstes. Nur ein Viertel verteilt sich auf den gehobenen und<br />

höheren Dienst. <strong>Der</strong> Anteil des höheren Dienstes im Bereich <strong>der</strong><br />

Polizei kann vernachlässigt werden. Ein Vergleich mit NRW zum<br />

Beispiel macht deutlich, wie diese Erkenntnis zu bewerten ist. Dort<br />

ist das Verhältnis genau umgekehrt.


(Wi<strong>der</strong>spruch des Abg. Schimpff, CDU)<br />

Drei Viertel <strong>der</strong> Polizeibeamten arbeiten im gehobenen Dienst. Meine<br />

Damen und Herren, hören Sie erst einmal zu! Sachsen ist mit seinen<br />

Stellenplänen bundesweit das Schlusslicht. Für ein Land in dieser<br />

sicherheitsrelevanten Lage, Herr Abg. Schimpff, mit langen<br />

Außengrenzen ist dies we<strong>der</strong> angemessen noch motivierend für<br />

Polizeibedienstete. Eine zweigeteilte Laufbahn darf kein Tabuthema<br />

sein und sollte zumindest bei Neueinstellungen möglich sein.<br />

Doch selbst die von mir genannten Zahlen sind reine Theorie.<br />

Betrachtet man die tatsächliche Besetzung <strong>der</strong> in den Stellenplänen<br />

ausgewiesenen Stellen, verdunkelt sich für Sachsens Polizeibeamte<br />

das Bild zusehends. Mehr als 20 % <strong>der</strong> Stellen im Bereich <strong>der</strong><br />

Landes- und <strong>der</strong> Bereitschaftspolizei sind tatsächlich unterwertig<br />

besetzt.<br />

Meine Damen und Herren! Ein weiterer wun<strong>der</strong> Punkt ist die<br />

Verteilung <strong>der</strong> Planstellen auf die einzelnen Polizeidienststellen<br />

in unserem Land. Die entscheidende Frage ist, ob Polizeibedienstete<br />

in ausreichendem Maße am richtigen Ort verfügbar sind. Das<br />

Innenministerium nahm sich eine Firma. Diese entwickelte eine<br />

Formel zur Berechnung des Personalbedarfs. Die Besetzung <strong>der</strong><br />

einzelnen Polizeidirektionen und Polizeireviere ist auf den ersten<br />

Blick nach diesen ermittelten Vorgaben im Wesentlichen in Ordnung;<br />

nur hat diese Berechnungsformel einen großen Haken. <strong>Der</strong>en Angaben<br />

haben keinerlei Aussagekraft darüber, wie viele Polizeibedienstete<br />

<strong>der</strong> Dienststelle tatsächlich einsatzfähig sind.<br />

Unterbesetzte Polizeireviere sind tägliche Realität und keine<br />

Seltenheit, während in an<strong>der</strong>en Revieren durchaus noch Reserven<br />

vorhanden wären. Wir for<strong>der</strong>n Sie daher auf, Herr Innenminister,<br />

dass ein subjektiver Faktor in die Berechnung einfließt, unser<br />

aller Sicherheit wegen.<br />

Meine Damen und Herren! Zusammenfassend müssen wir feststellen:<br />

Eine Personalentwicklungskonzeption scheint auch in diesem<br />

Ministerium ein Fremdwort zu sein. Hier besteht dringen<strong>der</strong><br />

Handlungsbedarf. Wir benötigen dringend neue Strukturen und neue<br />

Steuerungssysteme, die zu einer Verbesserung <strong>der</strong> Effektivität, <strong>der</strong><br />

Arbeitsbedingungen und <strong>der</strong> Akzeptanz polizeilicher Arbeit führen.<br />

Dezentralisierung, verbunden mit <strong>der</strong> Verlagerung von Kompetenzen<br />

und Verantwortung auf die einzelnen Dienststellen, ist schnell und<br />

unproblematisch zu lösen.<br />

Schon nur aus diesem einen winzigen Punkt, <strong>der</strong> ein ganz wichtiger<br />

Bestandteil für unser aller Sicherheit ist, können wir dem<br />

Einzelplan 03 nicht zustimmen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Die CDU-Fraktion, bitte. Herr Abg.<br />

Bandmann.<br />

Bandmann, CDU: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und<br />

Herren! <strong>Der</strong> von <strong>der</strong> Staatsregierung eingebrachte Entwurf für den<br />

Bereich Innenpolitik und die Ergänzungsvorlagen haben in den<br />

überwiegenden Positionen unsere Zustimmung erhalten. Die dortigen<br />

Vorschläge entsprechen den politischen Zielen <strong>der</strong> CDU-Fraktion. Auf<br />

einige Bereiche möchte ich jetzt näher eingehen.


Zur Landespolizei. Frau Weihnert, ich finde es erfreulich, wenn Sie<br />

hier ausführen, dass Sie jetzt Ihr Herz für die sächsische Polizei<br />

und den Schutz <strong>der</strong> Bürgerinnen und Bürger entdeckt haben.<br />

(Wi<strong>der</strong>spruch <strong>der</strong> Abg. Frau Weihnert, SPD)<br />

In <strong>der</strong> Vergangenheit war das bei entsprechenden<br />

Gesetzgebungsverfahren, wo es um die kritischen Positionen ging,<br />

oftmals hier an<strong>der</strong>s zu hören. Mit großer Verwun<strong>der</strong>ung muss ich aber<br />

registrieren, dass Sie bei <strong>der</strong> entsprechenden Fachtagung und auch<br />

beim zehnjährigen Jubiläum <strong>der</strong> <strong>Sächsische</strong>n Zollverwaltung als SPD<br />

mit Abwesenheit geglänzt haben. Das ist dort sehr traurig vermerkt<br />

worden. Das ist Ihre Sache. Es ist bloß wichtig, um das Bild, das<br />

Sie hier versuchen zu erwecken, zu vervollständigen.<br />

(Frau Dr. Volkmer, SPD: Herr Bandmann, Sie sind fünfmal mehr.)<br />

Uns als CDU-Fraktion liegt es jedenfalls beson<strong>der</strong>s am Herzen, dass<br />

zum Schutz <strong>der</strong> Bürgerinnen und Bürger die innere Sicherheit auch<br />

weiterhin politischen Vorrang hat. Von einer weiteren Erhöhung <strong>der</strong><br />

Anzahl <strong>der</strong> Polizeibeamten im Vollzugsdienst haben wir aufgrund <strong>der</strong><br />

kontinuierlichen Steigerung in den letzten Jahren abgesehen.<br />

Einsparungspotenziale innerhalb des Innenministeriums nutzend kamen<br />

insgesamt 895 neue Planstellen in den letzten Jahren für den<br />

Polizeivollzugsdienst dazu.<br />

Das möchte ich deshalb beson<strong>der</strong>s herausstellen, da ja in den Jahren<br />

bis 2003 gerade im Bereich <strong>der</strong> staatlichen Verwaltung zahlreiche<br />

Stellen abgebaut werden. Die Bevölkerungsentwicklung und die<br />

Relation zu den an<strong>der</strong>en Bundeslän<strong>der</strong>n zwingen uns dazu.<br />

Ich denke, gerade auch die Verhandlungen zum Solidarpakt II sind<br />

uns deutlich vor Augen. Umso wichtiger ist es, dass es gerade im<br />

Polizeibereich in den vergangenen Jahren zu dieser deutlichen<br />

Aufstockung kam. Die Tendenz in den an<strong>der</strong>en Bundeslän<strong>der</strong>n ist<br />

gerade so, dass auch im Polizeibereich gespart wird. Dies ist bei<br />

uns nicht <strong>der</strong> Fall.<br />

Darüber hinaus wurde vonseiten des sächsischen Innenministers<br />

zugesagt, dass durch interne Umschichtungen versucht werden soll<br />

weitere Stellen für den Polizeivollzugsdienst zur Verfügung zu<br />

stellen. Auch werden in den Haushaltsjahren 2001 und 2002 246<br />

Stellenanhebungen durchgeführt. Frau Weihnert, ich denke, Sie<br />

sollten jetzt zuhören, weil das gerade das Anliegen war, das Sie<br />

scheinbar kritisiert haben. Dies bedeutet zirka 500<br />

Aufstiegsmöglichkeiten für Polizisten, womit Beför<strong>der</strong>ungschancen<br />

vor allem im Bereich des mittleren Polizeivollzugsdienstes eröffnet<br />

werden können. Wir sind aber grundsätzlich nicht <strong>der</strong> Auffassung,<br />

dass eine Polizei und auch eine Landespolizei überwiegend aus<br />

Häuptlingen und nur aus wenigen Indianern besteht. Eine normale<br />

Struktur ist genau an<strong>der</strong>sherum.<br />

(Wi<strong>der</strong>spruch <strong>der</strong> Abg. Frau Weihnert, SPD)<br />

Die technische Ausstattung <strong>der</strong> sächsischen Polizei hat im<br />

bundesweiten Vergleich ein sehr hohes Niveau. Dies sieht man daran,<br />

dass bereits im November 1997 das Land Brandenburg das in Sachsen<br />

entwickelte System PASS vom Innenministerium in Sachsen erworben<br />

hat. Dies unterstreicht die beson<strong>der</strong>e Leistungsfähigkeit des<br />

Systems.


Daneben hat das Landeskriminalamt Sachsen eine Erweiterung dieser<br />

Software um die Komponente einer integrierten Vorgangsverarbeitung<br />

entwickelt, für die sich nun <strong>der</strong> Bundesgrenzschutz interessiert.<br />

Wir sehen, dass wir fähige Informatiker in Sachsen haben. Auch<br />

je<strong>der</strong> Polizist, <strong>der</strong> mit EDV arbeitet o<strong>der</strong> arbeiten soll, wird im<br />

Rahmen <strong>der</strong> Aus- und Fortbildung während <strong>der</strong> Dienstzeit entsprechend<br />

geschult.<br />

Bei <strong>der</strong> Bewaffnung <strong>der</strong> Polizei ist sowohl an die Ausrüstung <strong>der</strong><br />

Polizeibeamten mit Pfefferspray zur Vorbeugung als auch mit neuer<br />

Deformationsmunition gedacht und diese ist vorgesehen. Im Gegensatz<br />

zu einigen an<strong>der</strong>en Bundeslän<strong>der</strong>n trägt <strong>der</strong> Freistaat Sachsen die<br />

Kosten für die Schutzweste zu 50 % aus dem Bekleidungskonto <strong>der</strong><br />

Beamten und zu 50 % aus Haushaltsmitteln des Landes.<br />

(Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Dies bedeutet, dass <strong>der</strong> Beamte nicht gezwungen ist sich privat<br />

diese Ausrüstung zu beschaffen. <strong>Der</strong> Freistaat investierte in den<br />

letzten beiden Jahren hierfür mehr als 3 Millionen DM.<br />

Was die Unterbringung <strong>der</strong> Polizeidienststellen anbelangt, wurden in<br />

den Jahren 1991 bis 1999 Bauleistungen in Höhe von 420 Millionen DM<br />

ausgewiesen. Für die nächsten Haushaltsjahre, also für 2001 stehen<br />

77,5 Millionen DM und für 2002 87,8 Millionen DM zur Verfügung.<br />

Zum Bereich Feuerwehr und Rettungswesen: Die Bereiche wurden<br />

haushaltstechnisch zusammengelegt. Für den Bereich Feuerwehr bleibt<br />

das bisherige Niveau <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung erhalten. Hier ist die Zuwendung<br />

für den Landesfeuerwehrverband infolge einer steigenden Anzahl von<br />

Jugendfeuerwehren um 80 000 DM erhöht worden.<br />

Durch einen Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> CDU-Fraktion zum Brandschutz im<br />

Haushaltsbegleitgesetz wird trotz <strong>der</strong> Entkopplung <strong>der</strong> Zweckbindung<br />

eindeutig klargestellt, dass die Einnahmen aus <strong>der</strong><br />

Feuerschutzsteuer in ihrer vollen Höhe in jedem Fall den Gemeinden,<br />

Zweckverbänden und Landkreisen zur Verfügung gestellt werden.<br />

Zum Bereich Spätaussiedler: Im Interesse <strong>der</strong> Integration <strong>der</strong><br />

Spätaussiedler haben wir mittels eines Än<strong>der</strong>ungsantrages, <strong>der</strong> in<br />

die Ihnen vorliegende Beschlussempfehlung des Haushalts- und<br />

Finanzausschusses bereits eingearbeitet ist, die Zuschüsse für die<br />

Einglie<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Spätaussiedler so erhöht, dass die in den letzten<br />

Jahren zur Verfügung stehende Summe von 1,5 Millionen DM erhalten<br />

bleibt. Auch die Zuschüsse für die Kulturarbeit bleiben in diesem<br />

Bereich auf dem Niveau <strong>der</strong> beiden Vorjahre, also bei einer Million<br />

DM.<br />

Die durch das Haushaltsbegleitgesetz vorgesehene Kürzung <strong>der</strong><br />

Pauschale für die Unterbringung von Spätaussiedlern tragen wir als<br />

CDU-Fraktion mit. Diese halten wir für gerechtfertigt, zumal <strong>der</strong> in<br />

<strong>der</strong> Pauschale bisher mitgerechnete Anteil an <strong>der</strong> Sozialhilfe eine<br />

freiwillige Leistung des Freistaates Sachsen darstellt.<br />

Nun zum Kapitel "Landesamt für Verfassungsschutz": Hierzu hatten<br />

wir einen Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> PDS-Fraktion auf dem Tisch. Dieser<br />

Än<strong>der</strong>ungsantrag, den Herr Tippach vorgetragen hat, ist in seiner<br />

Art und Weise schon bemerkenswert. In <strong>der</strong> Begründung heißt es: "Es<br />

entspricht dem politischen Willen <strong>der</strong> PDS, die Tätigkeit des<br />

Landesamtes für Verfassungsschutz sowie das Amt mit dem Ziel" - und


jetzt hören Sie zu! - "seiner Auflösung schrittweise zu<br />

reduzieren."<br />

Es war also zunächst geplant, eine sofortige Mittelkürzung von 10 %<br />

einzuführen und dann mittelfristig den Verfassungsschutz<br />

aufzulösen.<br />

(Tippach, PDS: Das steht in unserem Parteiprogramm!)<br />

Wenn ich die Position im Bereich des Radikalismus o<strong>der</strong> ähnlicher<br />

Aktionen, zum Beispiel bei <strong>der</strong> Position, die wir hier mit großem<br />

Einvernehmen im <strong>Landtag</strong> verabschiedet haben, "Aufklärung gegen<br />

Hass, Gewalt, Rassismus und Auslän<strong>der</strong>feindlichkeit", höre, dann<br />

passt es einfach nicht in die politische Landschaft,<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Das geht auch ohne Verfassungsschutz!)<br />

auch wenn das in Ihrem Parteiprogramm steht.<br />

Aber ich habe mich einmal schlau gemacht, woher die Motivation<br />

kommt. Da sieht man, dass im Verfassungsschutzbericht des Jahres<br />

1999 unter "Linksextremismus" steht: "Die parlamentarische<br />

Demokratie lehnen marxistisch-leninistische Bestrebungen ab. Eine<br />

Beteiligung an parlamentarischen Wahlen kommt nur unter<br />

strategischem Gesichtspunkt in Betracht."<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Da sehen Sie mal, was da für Blödsinn<br />

drinsteht!)<br />

"In <strong>der</strong> gemeinsamen Vision, eine angeblich bestehende konservative<br />

Hegemonie zu brechen, sind marxistisch-leninistische Parteien und<br />

Vereinigungen bemüht, bestehende soziale Konflikte aufzugreifen, zu<br />

verschärfen, ideologisch umzudeuten und im Sinne ihrer Strategie zu<br />

instrumentalisieren."<br />

Einige Seiten weiter wird unter dem Thema PDS vermerkt: "Allerdings<br />

haben die Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Kommunistischen Plattform wichtige<br />

Funktionen in Gremien <strong>der</strong> PDS inne."<br />

Damit wird natürlich klar, warum die PDS das Landesamt für<br />

Verfassungsschutz auflösen will.<br />

Unter "Aktionsform, Aktionsspektrum Autonomer" lese ich:<br />

"Demonstrationen werden bewusst als Ausgangsbasis für Gewalttaten<br />

genutzt. Diese werden im Schutz <strong>der</strong> Menge verübt. Die Gewalt<br />

richtet sich dabei in aller Regel nicht nur gegen das direkte<br />

politische Angriffsziel, wie zum Beispiel Rechtsextremisten,<br />

son<strong>der</strong>n ist auch gegen die Polizeikräfte als Vertreter des Staates<br />

gerichtet. Während es 1998 im Freistaat Sachsen noch<br />

Demonstrationen gab, in <strong>der</strong>en Verlauf es zu Ausschreitungen kam,<br />

verliefen die Demonstrationen autonomer Gruppen im Berichtszeitraum<br />

größtenteils friedlich o<strong>der</strong> es kam nur zu geringen Störungen. Die<br />

Ursachen lagen im Organisations- und Mobilisierungsdefizit <strong>der</strong><br />

autonomen Szene und insbeson<strong>der</strong>e in <strong>der</strong> hohen Präsenz <strong>der</strong><br />

Sicherheitsbehörden."<br />

Das zeigt als Fazit: Es ist also notwendig, dass wir Polizei und<br />

Verfassungsschutz in einer ordentlichen Ausstattung haben. Wir<br />

begrüßen auch die Stellenanhebung in dem Bereich des<br />

Verfassungsschutzes und für uns ist <strong>der</strong> Verfassungsschutz<br />

unverzichtbar. Und dass bei einer - -<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Gestatten Sie eine Zwischenfrage?


Bandmann, CDU: Bitte schön.<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Bitte, Herr Prof. Porsch.<br />

Prof. Dr. Porsch, PDS: Es sind jetzt zwei Fragen geworden, weil ich<br />

so lange gewartet habe. Darf ich zwei stellen?<br />

Die erste Frage ist folgende: Herr Bandmann, denken Sie nicht, dass<br />

<strong>der</strong> ganze Kuddelmuddel und Unsinn, den Sie da gerade aus dem<br />

Verfassungsschutzbericht zitiert haben, <strong>der</strong> beste Beweis dafür ist,<br />

dass das Geld rausgeschmissen wird?<br />

Das Zweite: Das habe ich am Ende nicht ganz richtig begriffen:<br />

Halten Sie den Verfassungsschutz für ein Sicherheitsorgan?<br />

Bandmann, CDU: <strong>Der</strong> Verfassungsschutz ist, um auf die zweite Frage<br />

zuerst zu antworten, eine unabhängige Gruppe,<br />

(Lachen des Abg. Tippach, PDS - Prof. Dr. Porsch, PDS:<br />

Gruppe?)<br />

die aufgrund von nachrichtendienstlichen Informationen und<br />

öffentlich zugänglichen Informationen genau die Informationen dort<br />

sammelt, wo im Extremismusbereich, wo im Staatsschutzbereich bzw.<br />

wo auch im Bereich von Bestrebungen, die demokratische Grundordnung<br />

zu beseitigen, Informationen gesammelt werden müssen. Diese<br />

Informationen werden dann sowohl den Polizeibehörden als auch <strong>der</strong><br />

Staatsregierung zur Verfügung gestellt.<br />

Aber um auf Ihre erste Frage zu antworten, Herr Porsch: Sie sind<br />

ein Teil von jener Kraft, die stets das Linke will und doch das<br />

Rechte schafft.<br />

Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.<br />

(Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Das war aber jetzt nicht korrekt,<br />

Herr Bandmann, was Sie gemacht haben. - Tut mir Leid, ich kann die<br />

Zwischenfrage jetzt nicht mehr zulassen. - Die PDS-Fraktion hat<br />

jetzt das Wort. Bitte.<br />

Tippach, PDS: Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und<br />

Kollegen! In unseren stürmischen Haushaltszeiten ist <strong>der</strong> Einzelplan<br />

03 so etwas wie die Insel <strong>der</strong> Seligen. Innenminister Hardraht hat<br />

offensichtlich gekämpft wie ein Löwe und den knausrigen Fingern<br />

seines Kollegen Milbradt einen Etat entrissen, <strong>der</strong> nach einer<br />

kleinen Delle im nächsten Jahr bereits im Jahr 2002 um 54 Millionen<br />

DM über dem diesjährigen Planungsansatz liegen soll.<br />

Das halte ich angesichts <strong>der</strong> schmerzhaften Kürzungen im Bildungs-<br />

und im Sozialbereich schon für eine bemerkenswerte Entwicklung.<br />

Darüber allerdings, wie dieses Geld ausgegeben wird und werden<br />

soll, gibt es - Sie werden es vermuten - durchaus den einen o<strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>en Dissens zwischen meiner Fraktion und Ihnen, meine Damen und<br />

Herren zur Rechten.<br />

Lassen Sie mich jedoch mit einer Gemeinsamkeit beginnen, die mir<br />

wichtig ist: Für die Besoldung <strong>der</strong> Beamten und Angestellten von<br />

Landespolizei, Landeskriminalamt und Bereitschaftspolizei sieht <strong>der</strong><br />

vorliegende Haushaltsplan in den kommenden zwei Jahren Mehrausgaben<br />

zwischen 5 und 10 % vor. Diese Mehrausgaben entstehen durch längst<br />

überfällige Stellenhebungen, insbeson<strong>der</strong>e im mittleren und<br />

gehobenen Dienst.


Dies begrüßen wir ausdrücklich. Sachsen braucht qualifizierte,<br />

ordentlich bezahlte und motivierte Polizistinnen und Polizisten,<br />

auch wenn es mitunter über einige Resultate <strong>der</strong> Arbeit<br />

unterschiedliche Ansichten gibt. Es spricht für die Hartnäckigkeit<br />

<strong>der</strong> Gewerkschaften und es spricht für die Weisheit <strong>der</strong> Regierung,<br />

dass sich in diesem Bereich etwas bewegt hat.<br />

Meine Damen und Herren! An etlichen an<strong>der</strong>en Stellen <strong>der</strong> sächsischen<br />

Innenpolitik vermisse ich jedoch genau diese Weisheit. Zum einen<br />

betrifft das den ständigen Ausbau von Überwachungs- und<br />

Kontrollmechanismen zulasten <strong>der</strong> bürgerlichen Grund- und<br />

Freiheitsrechte. Vorläufiger Höhepunkt dieser Entwicklung war<br />

zweifellos die Novelle zum <strong>Sächsische</strong>n Polizeigesetz, nachdem das<br />

vorherige Gesetz in Teilen für verfassungswidrig erklärt wurde.<br />

CDU und Regierung haben mit dieser Novelle we<strong>der</strong> den Grundrechten<br />

einen Gefallen getan noch <strong>der</strong> sächsischen Polizei, die auf dieser<br />

neuen, verfassungsrechtlich ebenso fragwürdigen Basis ihren Dienst<br />

versehen muss. Dass etwa die praktizierte Form <strong>der</strong> Schleierfahndung<br />

in Mecklenburg-Vorpommern bereits für rechtswidrig erklärt wurde,<br />

hätte für den Innenminister durchaus Anlass sein können eine<br />

selbstkritische Überprüfung vorzunehmen.<br />

(Zuruf von <strong>der</strong> PDS: War es aber nicht!)<br />

Da dem nicht so ist - Sie sagen es -, hat die PDS-Fraktion im<br />

Sommer dieses Jahres eine Normenkontrollklage beim<br />

Landesverfassungsgericht mit dem Ziel eingereicht, einige <strong>der</strong><br />

Auswüchse dieses Gesetzes zu stoppen.<br />

Fragwürdig ist auch <strong>der</strong> sächsische Spezialweg zur Erhebung von<br />

vorgeblich freiwilligen DNA-Proben bei Inhaftierten. Dass Häftlinge<br />

in ihrer Entscheidung nicht frei sind, vor allem nicht wirklich<br />

frei sind, liegt auf <strong>der</strong> Hand, in <strong>der</strong> Natur <strong>der</strong> Sache.<br />

Dass die Regierung in ihrer Sammelwut die richterliche Anordnung<br />

unterläuft, hat <strong>der</strong> Datenschutzbeauftragte mehrfach deutlich<br />

gerügt. Aber auch hier schiffen Innen- und Justizressort lieber<br />

durch unruhige See in <strong>der</strong> Hoffnung, schon irgendwie damit<br />

durchzukommen.<br />

Ein weiterer Haushaltsposten aus <strong>der</strong> Rubrik Überwachung und<br />

Kontrolle war für uns Anlass, im Ausschuss einen Än<strong>der</strong>ungsantrag zu<br />

stellen. <strong>Der</strong> Kollege Bandmann hat ja die Hälfte seiner Redezeit<br />

darauf verwandt. Denn ich halte es schon für ein gerütteltes Maß an<br />

Unverfrorenheit, wenn diese Regierung unter Verweis auf<br />

Haushaltskonsolidierung bei Schulen und Hochschulen, bei<br />

Kin<strong>der</strong>tagesstätten und Landesblindengeld spart und gleichzeitig dem<br />

Landesamt für Verfassungsschutz in den nächsten Jahren einen fetten<br />

Zuschlag von 15 % o<strong>der</strong> 2,4 Millionen DM spendiert.<br />

(Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Da muss ich die Regierung schon einmal fragen und da muss sie den<br />

Menschen in Sachsen schon erklären, warum ihr die Zukunft ihres<br />

Geheimdienstes wichtiger ist als die Zukunft unserer Kin<strong>der</strong>,<br />

Schüler und Studenten.<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Gestatten Sie eine Zwischenfrage?<br />

Tippach, PDS: Aber gern.


1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Bitte, Herr Porsch.<br />

Prof. Dr. Porsch, PDS: Herr Abgeordneter, <strong>der</strong> Abg. Bandmann hat<br />

vorhin gesagt, dass <strong>der</strong> Verfassungsschutz öffentlich zugängliches<br />

Material sammelt. Sind Sie nicht mit mir auch <strong>der</strong> Meinung, dass das<br />

dann besser eine Aufgabe für die Bibliotheken wäre und dass man<br />

dort das Geld, das man für den Verfassungsschutz ausgibt, anlegen<br />

sollte?<br />

(Heiterkeit bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Tippach, PDS: Ich denke, dass das Bibliothekswesen, vor allem im<br />

Archivwesen, durchaus eine Rolle in diesem Ressort spielt. Da wäre<br />

sicherlich das eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e angebracht.<br />

(Zuruf des Abg. Götzel, CDU)<br />

Die an<strong>der</strong>e Frage ist natürlich die Sammlung von öffentlich<br />

zugänglichem Material, auf die sich die Gruppe, wie sie Herr<br />

Bandmann nennt, Verfassungsschutz nicht nur beschränkt. Es geht<br />

auch um an<strong>der</strong>e Sachen. Die PDS ist deshalb prinzipiell für die<br />

Abschaffung des Verfassungsschutzes, weil sie meint, dass eine nur<br />

unzulänglich demokratisch kontrollierbare Institution, wie es <strong>der</strong><br />

Verfassungsschutz ist, <strong>der</strong> Demokratie eher schadet als ihr nutzt.<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Also gehen wir doch in die<br />

Bibliothek!)<br />

Ich komme noch einmal zurück. Es dürfte Ihnen nämlich schwer<br />

fallen, das zu begründen. Und deshalb haben wir diesen Antrag<br />

gestellt, dem Landesamt für Verfassungsschutz 10 % <strong>der</strong> Mittel zu<br />

kürzen. Wir haben beantragt, diese Mittel im Sachbereich zu kürzen,<br />

weil wir auf die Sozialverträglichkeit Wert legen.<br />

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Porsch, PDS)<br />

Das haben Sie jedoch abgelehnt.<br />

Liebe Kolleginnen und Kollegen! Vor zwei Jahren hat die<br />

Gesellschaft für Konsumforschung ihre jährliche repräsentative<br />

Studie zu den Ängsten <strong>der</strong> Bundesbürger vorgelegt. Und wie in den<br />

vergangenen Jahren auch ist das Gefühl <strong>der</strong> subjektiven Sicherheit<br />

in Sachsen bundesweit am geringsten. Ich zitiere: "Bei <strong>der</strong> Angst<br />

vor Straftaten sind die Sachsen die mit Abstand furchtsamsten<br />

Bundesbürger."<br />

Nun wissen Sie, Herr Innenminister, genauso gut wie ich, dass<br />

subjektive und objektive Sicherheit zwei verschiedene Dinge sein<br />

können. Aber dieses Ergebnis über Jahre hinweg sagt doch eindeutig<br />

eines: Ihre Politik macht den Sachsen Angst. Und das trotz<br />

Videoüberwachung, trotz Schleierfahndung, trotz Sicherheitswacht -<br />

o<strong>der</strong> vielleicht gerade deswegen. Da müssen Sie sich schon einmal<br />

fragen lassen, ob Sie Ihre Schwerpunkte richtig setzen.<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Übrigens auch in <strong>der</strong> Bibliothek!)<br />

Die Wirtschaftskriminalität ist allein im letzten Jahr um 80 %<br />

explodiert, sicher auch aufgrund verstärkten Fahndungsdrucks.<br />

Trotzdem gehen immer noch Staatsanwälte von einer Dunkelziffer von<br />

1 : 60 aus. Ebenso steigt die Beschaffungskriminalität, also<br />

Straftaten, die die Bürgerinnen und Bürger häufig unmittelbar<br />

treffen und auch ängstigen, in den großen und zunehmend auch in den<br />

kleinen Städten rapid an, vor allem bei Jugendlichen.


Ich kann Ihrer Politik und auch diesem Haushalt nichts entnehmen,<br />

was auf diese Entwicklung reagiert, obwohl Ihre bisherigen<br />

altbackenen Konzepte offensichtlich gescheitert sind. Stattdessen<br />

verfolgen Sie in Chemnitz mit immensem Aufwand Schwarzfahrer mit<br />

<strong>der</strong> vollen Härte des Gesetzes, was zwar die Aufklärungsquote in die<br />

Höhe treibt, aber Sachsen nicht sicherer macht.<br />

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Porsch, PDS)<br />

Wir haben im Innenausschuss den Antrag gestellt, die Mittel beim<br />

Landeskriminalamt zur Bekämpfung des Rechtsextremismus um 200 000<br />

DM aufzustocken. Die CDU-Fraktion hat daraufhin zunächst den Titel<br />

umgewidmet in "Bekämpfung von Hass und Gewalt" und danach auch noch<br />

unseren Än<strong>der</strong>ungsantrag zur Erhöhung <strong>der</strong> Mittel abgelehnt. Ich<br />

sage, das ist das falsche Zeichen aus diesem Haus.<br />

Nicht zuletzt bedaure ich, dass die CDU-Mehrheit unseren Antrag auf<br />

Erhöhung <strong>der</strong> Zuwendung für Jugendverkehrsschulen abgelehnt hat,<br />

obwohl ein Blick auf unsere Straßen und in die Unfallstatistik die<br />

Notwendigkeit eigentlich klar zeigen sollte.<br />

Ich möchte zum Schluss noch auf eine Position zu sprechen kommen,<br />

die im Haushalt zusammen mit dem Haushaltsbegleitgesetz für einige<br />

Aufregung gesorgt hat. Das Kabinett möchte in den nächsten Jahren<br />

jeweils knapp 14 Millionen DM bei <strong>der</strong> Unterbringung von<br />

Flüchtlingen einsparen.<br />

Dagegen hat sich Wi<strong>der</strong>stand breit im Land formiert. Ich kenne keine<br />

einzige untere Unterbringungsbehörde - vielleicht kennen Sie eine,<br />

Herr Innenminister, ich kenne keine -, die nicht ihre Besorgnis<br />

darüber geäußert hat, dass diese Einsparung zulasten <strong>der</strong> Kommunen<br />

und zulasten <strong>der</strong> Flüchtlinge geht. Allein die Stadt Dresden rechnet<br />

nach einer internen Studie im nächsten Jahr mit Mehrkosten von 4,13<br />

Millionen DM, die Stadt Leipzig mit Mehrkosten in Höhe von 2,2<br />

Millionen DM. Und so geht das Landkreis für Landkreis, Kommune für<br />

Kommune quer durch Sachsen.<br />

Am Beispiel <strong>der</strong> Stadt Leipzig kann ich Ihnen das konkret<br />

aufschlüsseln. Die Stadt Leipzig trägt zurzeit für fünf<br />

Asylbewerberunterkünfte die Kosten. Die Betreiberverträge hat sie<br />

noch im letzten Jahr zur Prüfung dem Regierungspräsidium vorgelegt.<br />

Das Regierungspräsidium hat sie in dieser Höhe geprüft und<br />

bestätigt. Dafür entstehen <strong>der</strong> Stadt Leipzig Kosten in einer Höhe<br />

von fünf Millionen DM. Dazu kommen noch 8,6 Millionen DM an<br />

Einnahmen für die Lebenshaltungskosten <strong>der</strong> Asylbewerberinnen und<br />

Asylbewerber; macht zusammen 13,6 Millionen DM. Nach dem<br />

zukünftigen Abrechnungsprinzip <strong>der</strong> Pauschalabrechnung bekommt die<br />

Stadt Leipzig aber nur 11,4 Millionen DM jährlich zugewiesen. Das<br />

heißt, die Summe von 2,2 Millionen DM wird jährlich fehlen. Dieser<br />

Fehlbetrag geht zwangsläufig zulasten <strong>der</strong> Asylbewerberinnen und<br />

Asylbewerber, <strong>der</strong> Flüchtlinge, und er geht zulasten <strong>der</strong> Kommunen,<br />

die sich Gedanken machen müssen, wie sie das finanzieren wollen.<br />

Da muss ich dem Ministerium schon sagen, wenn es einerseits über<br />

das Regierungspräsidium die Betreiberverträge auch in dieser Höhe<br />

akzeptiert und sogar im Jahre 2000 von <strong>der</strong> Stadt Leipzig noch<br />

for<strong>der</strong>t, dass sie ihre freien Vorhaltekapazitäten erhöht, das heißt<br />

noch neue Plätze auf Vorrat anschafft, aber dann überhaupt nicht


sagt, wie sie das bezahlen soll, son<strong>der</strong>n im Gegenteil, noch<br />

Millionen davon wegnimmt, und dazu kommt, dass es <strong>der</strong> Stadt nicht<br />

einmal die Flexibilität einräumt zu sagen, es könnte vielleicht mit<br />

dezentraler Unterbringung billiger werden, was ja <strong>der</strong> Fall ist,<br />

son<strong>der</strong>n es beharrt ja auf dieser Unterbringung - dann muss ich<br />

sagen: Das ist keine saubere Politik.<br />

(Beifall des Abg. Dr. Friedrich, PDS)<br />

Dann kann <strong>der</strong> Finanzminister natürlich behaupten, das geschehe<br />

alles zum Wohle <strong>der</strong> Kommunen und die Kommunen hätten jetzt einen<br />

größeren Spielraum. Mit weniger Geld die gleichen o<strong>der</strong> sogar mehr<br />

Aufgaben zu erfüllen, das ist für mich kein größerer Spielraum, das<br />

ist Betrug an den Kommunen, an den Bürgerinnen und Bürgern. Aus all<br />

diesen genannten Gründen können wir diesen Haushalt lei<strong>der</strong> nur<br />

ablehnen.<br />

Danke.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Die CDU-Fraktion, bitte. Herr Abg.<br />

Nitzsche.<br />

Nitzsche, CDU: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!<br />

Wahrscheinlich werde ich <strong>der</strong> einzige Redner sein, wie ich vermute,<br />

zum Wohnungswesen. Ich finde es bezeichnend, dass die Opposition<br />

nicht einmal Worte hat für die Probleme, - -<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Redezeit! - Frau Weihnert, SPD: Sie<br />

haben ein bisschen mehr!)<br />

- Ist ja gut. Sie hätten es wenigstens mit einflechten können.<br />

- für die gravierenden Probleme, vor denen wir noch stehen, im<br />

Wohnungsbau. Ich weiß, Frau Porsch - - Entschuldigung, Herr Porsch;<br />

na, ja, wir sind bald in <strong>der</strong> elften Stunde <strong>der</strong> Debatte, aber ich<br />

denke, für die anstehenden Probleme, die wir vor uns haben,<br />

brauchen wir noch ein bisschen Kraft zum Zuhören - in eine<br />

Haushaltsdebatte gehören trockene Worte hinein. Ich werde aber<br />

versuchen, das ein bisschen würziger und flüssiger zu gestalten,<br />

meine Damen und Herren.<br />

Wir haben bisher im Freistaat seit 1990 über 314 000 Mietwohnungen<br />

mo<strong>der</strong>nisiert - Herr Porsch, ich denke, das nehmen auch Sie zur<br />

Kenntnis,<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Das weiß ich!)<br />

davon 43 000, die nicht mehr bewohnbar waren, die wir instand<br />

gesetzt haben. Wir haben bisher über 130 000 Familien zu<br />

Wohneigentum verholfen und <strong>der</strong> Freistaat hat über die Hälfte dieser<br />

Familien direkt geför<strong>der</strong>t.<br />

(Zuruf <strong>der</strong> Abg. Frau Weihnert, SPD)<br />

Kein an<strong>der</strong>es <strong>der</strong> neuen Län<strong>der</strong>, meine Damen und Herren, hat auch nur<br />

im Ansatz so viel wie <strong>der</strong> Freistaat für die Bildung privaten<br />

Wohneigentums getan.<br />

(Beifall des Abg. Schimpff, CDU)<br />

Sie könnten jetzt natürlich Sachsen-Anhalt zitieren. Voriges Jahr<br />

wurden dort 56 Einfamilienhäuser durch das Land Sachsen-Anhalt<br />

geför<strong>der</strong>t.<br />

Meine Damen und Herren! Im Rahmen <strong>der</strong> Städtebauför<strong>der</strong>ung konnten<br />

über vier Milliarden DM bereitgestellt werden. Und weil jede


ausgegebene Mark sieben bis acht Mark an Investitionen nach sich<br />

zieht, wurden mit dieser Städtebauför<strong>der</strong>ung Investitionen von<br />

deutlich über 30 Milliarden DM ausgelöst.<br />

Ich denke, das sieht man unseren Städten an. Ich denke an unsere<br />

letzte Vor-Ort-Aktion bei meinem Kollegen Wolfgang Pfeiffer in<br />

Döbeln. Sie haben es sehr gut hingekriegt, ihre historische<br />

Innenstadt zu sanieren. Ich denke vor allem daran, dass sie zuletzt<br />

das Rathaus gemacht haben und nicht zuerst, wie einige Kommunen,<br />

dort den Großteil <strong>der</strong> Städtebauför<strong>der</strong>ung ablutschten für ihr<br />

Rathaus, son<strong>der</strong>n sie haben gesagt: Erst alles den privaten<br />

Häuslebesitzern!<br />

Meine Damen und Herren! Wir haben hier im Freistaat<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen. Ich denke an den Leerstand. Zirka 400 000<br />

Wohnungen stehen leer, davon 73 % im Altbau. <strong>Der</strong> Freistaat hat<br />

darauf reagiert. Mit Kabinettsbeschluss wurden 130 Millionen DM für<br />

den Abriss freigegeben - 30 Millionen DM dieses Jahr, je 50<br />

Millionen DM in den nächsten beiden Jahren. Ich denke hier - das<br />

ist ja die For<strong>der</strong>ung des Kabinetts, <strong>der</strong> ich mich deutlich<br />

anschließe -, dass nach integrierten Stadtentwicklungskonzepten<br />

bewusst herausgesucht wird, welches Haus rückgebaut, welches Haus<br />

abgerissen, welches Haus saniert wird; denn das gehört auch dazu.<br />

Wir brauchen für den Umbruch, den wir wohnungspolitisch begleiten,<br />

mehrere Instrumente. Ich denke hier auch an die 240 Millionen DM<br />

KfW-Mittel, die wir kofinanzieren. Manche versprengte SPD-<br />

Bundestagsabgeordnete sind ja über die Landschaft gerannt und haben<br />

sich gefreut, dass <strong>der</strong> Bund weiter über KfW för<strong>der</strong>t. Sie haben<br />

dabei aber wohlweislich vergessen, dass die Län<strong>der</strong> ja die Hälfte<br />

dazugeben müssen.<br />

Wir müssen allerdings darauf achten, meine Damen und Herren, dass<br />

aus den hier geschil<strong>der</strong>ten Problemen nicht die falschen<br />

Schlussfolgerungen gezogen werden. Die Bundesregierung ist<br />

offensichtlich <strong>der</strong> Meinung, die Wohnungsbauför<strong>der</strong>ung sei eigentlich<br />

überflüssig geworden, und hat diese deshalb auf ein Minimum<br />

zurückgeschnitten. Das bedeutet für uns in dem einzigen<br />

verbliebenen Län<strong>der</strong>programm im Bereich des Wohnungsbaues, dem<br />

Eigentumsprogramm, dass wir in den kommenden Jahren gerade einmal<br />

noch 103 Millionen DM haben werden. Das heißt, <strong>der</strong> Bund gibt uns<br />

51,5 Millionen DM; wir müssen den gleichen Betrag drauflegen, um<br />

sie zu bekommen.<br />

Ich erinnere einmal an einige Zahlen: 1994 haben wir 591 Millionen<br />

DM bekommen, 1998, im letzten Jahr <strong>der</strong> CDU/FDP-Regierung, waren es<br />

noch 295 Millionen DM, die wir über den sozialen Wohnungsbau<br />

bekommen haben. Nächstes Jahr - ich freue mich, dass <strong>der</strong> Kollege<br />

Jurk auch einmal anwesend ist - bekommen wir im Freistaat 50,1<br />

Millionen DM, da können wir vielleicht einmal, vielleicht<br />

(Jurk, SPD: Erst denken, dann reden!)<br />

100, 150, wenn wir gut sind, 300 o<strong>der</strong> 400 Eigenheime för<strong>der</strong>n.<br />

Auch ich denke, das ist Chefaufgabe des Kanzlers. Er hat 1998 auf<br />

dem Parteitag in Hessen o<strong>der</strong> Hannover erzählt, dass man den<br />

sozialen Wohnungsbau stärken müsse. So sehen die Ergebnisse <strong>der</strong><br />

Stärkung des sozialen Wohnungsbaus aus! Selbst die


Mieterbundpräsidentin Anke Fuchs for<strong>der</strong>t mittlerweile, dass <strong>der</strong><br />

soziale Wohnungsbau dramatisch erhöht werden muss, meine Damen und<br />

Herren! Dieses minimalisierte Engagement des Bundes verkennt<br />

zumindest Folgendes: Trotz <strong>der</strong> gewaltigen Aufholjagd bei <strong>der</strong><br />

Eigentumsför<strong>der</strong>ung, die wir gerade hier in Sachsen in den<br />

vergangenen zehn Jahren zurückgelegt haben, liegt die<br />

Wohneigentumsquote hierzulande bei knapp 29 %. Wir sind mit 23 %<br />

gestartet, jetzt liegen wir bei 29 %.<br />

(Schimpff, CDU: Das ist immer noch zu wenig!)<br />

- Das ist viel zu wenig. <strong>Der</strong> Bundesdurchschnitt liegt etwa bei 40<br />

%.<br />

Zum Zweiten. Das 2. Wohnungsbaugesetz geht davon aus, dass zum<br />

Ersten <strong>der</strong> Mangel an Wohnraum behoben werden muss - das ist<br />

richtig, wir haben keinen Mangel mehr -, aber zum Zweiten die<br />

Erhöhung <strong>der</strong> Wohneigentumsquote dann im Blickpunkt steht. Ich<br />

erinnere an die alten Bundeslän<strong>der</strong>. Jedes alte Bundesland -<br />

natürlich können wir das finanziell nicht mit uns vergleichen - hat<br />

in den letzten Jahren <strong>der</strong> Erhöhung <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung des Wohneigentums<br />

strategisches Augenmerk geschenkt. <strong>Der</strong> Freistaat Bayern zum<br />

Beispiel legte 800, 900 Millionen DM Landesmittel hinein. Das ist<br />

ein reiches Land - ich wäre froh, wenn wir über diese Mittel<br />

verfügen würden - und för<strong>der</strong>t in erheblichem Maße die Erhöhung <strong>der</strong><br />

Wohneigentumsquote.<br />

Ich meine, gerade daran wird deutlich, dass es falsch ist, das<br />

Wohneigentumsprogramm primär unter wohnungspolitischen<br />

Gesichtspunkten zu sehen. Wir verstehen die För<strong>der</strong>ung des selbst<br />

genutzten Eigentums nach wie vor in allererster Linie als eine<br />

Politik, die ganz gezielt Familien mit Kin<strong>der</strong>n för<strong>der</strong>t und damit<br />

Bestandteil unserer Familienpolitik ist. Wir verstehen sie<br />

natürlich auch als eine Politik, die unsere Bevölkerung an Sachsen<br />

bindet, meine Damen und Herren. Wir konnten im letzten Jahr im<br />

Neubau 5 600 För<strong>der</strong>fälle verzeichnen. Das sind 5 600 Familien, die<br />

sich für 15 Jahre verschulden wollen und die ihren<br />

Lebensmittelpunkt, ihre Zukunft im Freistaat Sachsen sehen.<br />

Wir verstehen die Eigentumsför<strong>der</strong>ung auch als wesentlichen Beitrag<br />

zur Vermögensbildung und damit auch zur Altersvorsorge. Das ist die<br />

einzige Altersvorsorge, die ich bereits in <strong>der</strong> Jugend genießen<br />

kann.<br />

Meine Damen und Herren, wenn dann die von <strong>der</strong> Bundesregierung<br />

eingesetzte Leerstandskommission for<strong>der</strong>t, die Eigenheimzulage für<br />

den Neubau eines Familieneigenheimes in den neuen Län<strong>der</strong>n auf die<br />

Hälfte zu reduzieren, so sagen wir deutlich Nein. Dieser Vorschlag<br />

verkennt, dass die Wohneigentumsför<strong>der</strong>ung in erster Linie ein<br />

Beitrag zur Vermögensbildung und zur Unterstützung einer sinnvollen<br />

Familienpolitik ist. Es wäre eine erneute Teilung Deutschlands,<br />

wenn man diesem Vorschlag folgen würde.<br />

Meine Damen und Herren, die Möglichkeit zum Neubau eines<br />

Familieneigenheimes darf in <strong>der</strong> För<strong>der</strong>strategie nicht gänzlich<br />

außen vor bleiben. Wir möchten deshalb das Innenministerium bitten,<br />

über das bisherige Programm hinaus durch Kopplung an<strong>der</strong>er


För<strong>der</strong>instrumente - ich denke dabei an die KfW-För<strong>der</strong>ung für junge<br />

Familien<br />

(Jurk, SPD: Na so was, vom Bund!)<br />

- ja - und zum Beispiel an die Abtretung <strong>der</strong> Eigenheimzulage über<br />

den För<strong>der</strong>zeitraum von allen acht Jahren, natürlich mit Anschub<br />

einer gewissen Landesfinanzierung, da die Eigenheimzulage erst<br />

fällig wird, wenn ich das Eigenheim bezogen habe -, hier zusätzlich<br />

unseren Bürgern die Möglichkeit zu geben, natürlich auch die<br />

För<strong>der</strong>ung des Bundes und auch unsere Landesprogramme zu genießen,<br />

selbst wenn eines unserer Landesprogramme nicht zum Einsatz kommt,<br />

hier also ergänzend tätig zu werden. Meine Fraktion hat das<br />

beschlossen. Ich bin dafür dankbar. Das war ein einstimmiger<br />

Beschluss. Wir haben damit den Auftrag an das Finanzministerium<br />

gestellt, eine Vorschrift zu erlassen, die dies ermöglicht, nämlich<br />

die Abtretung <strong>der</strong> Eigenheimzulage über den gesamten Zeitraum und<br />

nicht jedes Jahr eine Abtretung.<br />

Wichtig ist für uns, meine Damen und Herren - insofern verwun<strong>der</strong>t<br />

es nicht, dass Sie überhaupt nicht zum Wohnungswesen sprechen -,<br />

dass wir zum Ersten mit einem Haushaltsvermerk die Möglichkeit für<br />

gewisse finanzielle Spielräume in <strong>der</strong> Abfinanzierung des seit 1991<br />

bewilligten För<strong>der</strong>volumens im Wohnungsbau, für neue Bewilligungen<br />

geschaffen haben. Davon hat Sachsen bereits in vorbildlicher Weise<br />

in den zurückliegenden Jahren profitiert und auch im Jahr 2000<br />

Gebrauch gemacht. Diese Möglichkeit wollen wir uns für die beiden<br />

kommenden Jahre erhalten.<br />

Wir haben ganz bewusst den Haushaltsvermerk so abgefasst, meine<br />

Damen und Herren, dass mit diesem finanziellen Spielraum auch<br />

Neubewilligungen im gesamten Bau-, Wohnungs- und Siedlungswesen<br />

getätigt werden können. Nicht zuletzt denke ich dabei an den<br />

Denkmalschutz. Ich meine aber auch, dass wir auf die verschiedenen<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen reagieren müssen. Diese Haushaltsvermerke lassen<br />

uns dazu agieren.<br />

Im Bereich <strong>der</strong> Mietwohnungsför<strong>der</strong>ung setzen wir mit diesem Haushalt<br />

einen klaren und eindeutigen Akzent beim Rückbau nicht mehr<br />

benötigter Wohnungen. Wir wollen damit gleichermaßen einen Beitrag<br />

zur sinnvollen Stadtentwicklung wie auch zu einer gewissen<br />

Marktbereinigung leisten. Ich bin sehr froh, dass man über diese<br />

Thematik mittlerweile ohne Tabus, ohne Scheuklappen offen und ohne<br />

Denkverbote sprechen kann. Dabei dürfen wir nicht vergessen, auch<br />

wenn sich <strong>der</strong> Rückbau in erster Linie auf den Plattenbau<br />

konzentrieren wird, dass 73 % <strong>der</strong> leer stehenden Wohnungen im<br />

Altbau zu finden sind, bei uns hier in Sachsen natürlich. Die<br />

Schwierigkeiten, die wir damit haben, sind nach wie vor eine<br />

Erblast aus DDR-Zeiten in Verbindung mit wirtschaftlichen<br />

Monostrukturen und städtebaulich wenig sinnvollen<br />

Siedlungsstrukturen. Mein Kollege Wolfgang Schmitz kann davon<br />

Lie<strong>der</strong> singen.<br />

Die hohe Leerstandsquote im Altbaubereich macht uns aber auch<br />

deutlich, dass die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Mo<strong>der</strong>nisierung und Instandsetzung<br />

nicht völlig auf null gefahren werden kann. Ich denke, ich brauche<br />

mehrere Instrumentarien, um damit flexibel reagieren zu können. Ein


Instrumentarium ist mittels <strong>der</strong> KfW-Finanzierung die KfW-2 über die<br />

Wohnraumfinanzierung, die hier schon angesprochene Kofinanzierung<br />

von 294 Millionen DM. Somit können dem Freistaat bis zum Jahr 2002<br />

etwa 600 Millionen DM Mittel für die nötige Altbausanierung<br />

zugeführt werden.<br />

Wir vom Arbeitskreis unserer Fraktion geben hier die Bitte an das<br />

Ministerium weiter, mit <strong>der</strong> KfW so zu verhandeln, dass auch diese<br />

Mo<strong>der</strong>nisierung mit <strong>der</strong> Zustimmung <strong>der</strong> jeweiligen Gemeinde erfolgen<br />

sollte; denn es macht keinen Sinn, wenn wir zum einen Mittel zum<br />

Abriss geben und das gleiche Unternehmen dann mo<strong>der</strong>nisiert.<br />

Ich denke, hier sollte die kommunale Mitgestaltung erhöht werden.<br />

Ich gehe davon aus, Herr Staatsminister, dass das über Ihren<br />

Staatssekretär so erfolgen wird.<br />

Ausdrücklich erwähnen möchte ich die Ansätze zur städtebaulichen<br />

Entwicklung sowie zur Sanierung von Brachflächen, die wir aus<br />

Mitteln des Europäischen Fonds zur regionalen Entwicklung bzw. aus<br />

Mitteln <strong>der</strong> Gemeinschaftsaufgabe zur Verbesserung <strong>der</strong> regionalen<br />

Wirtschaftsstruktur finanzieren werden. Mit insgesamt etwa 90<br />

Millionen DM können wir einen deutlichen Akzent für die Entwicklung<br />

unserer Städte und Gemeinden setzen.<br />

Meine Damen und Herren! Ich fasse zusammen: Dieser Haushalt setzt<br />

trotz aller Engpässe, die in erster Linie auf stark rückläufige<br />

Bundeszuweisungen zurückzuführen sind, einen klaren Akzent im Sinne<br />

<strong>der</strong> aktuellen Herausfor<strong>der</strong>ungen im Wohnungs- und Städtebau. Dieser<br />

Haushalt lässt aber gleichwohl die familienpolitischen, auf<br />

Heimatbindung und Vermögensbildung ausgerichteten Ziele <strong>der</strong><br />

Wohneigentumsför<strong>der</strong>ung nicht aus dem Blick.<br />

Ich will in <strong>der</strong> letzten Minute noch ganz kurz auf die Rolle <strong>der</strong><br />

Opposition eingehen. Die Opposition hat im Ausschuss für Bauen,<br />

Wohnen und Verkehr keinen einzigen Än<strong>der</strong>ungsantrag eingebracht.<br />

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Porsch, PDS)<br />

Das ist vielleicht eine Zustimmung zu unserer bisherigen Politik.<br />

Aber wenn dann, Herr Prof. Porsch, Ihre wohnungspolitische<br />

Sprecherin am vergangenen Donnerstag beim Podium <strong>der</strong> freien<br />

Wohnungsunternehmen nicht aus <strong>der</strong> Kritik <strong>der</strong> sächsischen<br />

För<strong>der</strong>politik <strong>der</strong> CDU herauskommt, dann frage ich mich, wo hier die<br />

Rolle <strong>der</strong> Opposition ist. Ich bin immer davon ausgegangen, dass wir<br />

im Parlament mit Argumenten und Gegenargumenten versuchen das Beste<br />

herauszuholen. Aber von Ihrer Seite kommt überhaupt nichts.<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Wir haben Alternativen angeboten!)<br />

Die SPD hat ebenfalls nur einen einzigen Än<strong>der</strong>ungsantrag<br />

eingereicht.<br />

(Jurk, SPD: Da freuen Sie sich doch mal!)<br />

<strong>Der</strong> einzige Än<strong>der</strong>ungsantrag, <strong>der</strong> gekommen ist, kam von Frau Dr.<br />

Raatz; lei<strong>der</strong> ist sie jetzt nicht da. Er bezog sich auf die<br />

15 Millionen DM zur För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Windenergie. Die Deckung sollte<br />

aus <strong>der</strong> Mietwohnungsför<strong>der</strong>ung kommen. Wir haben dort nur noch<br />

"lumpige" 50 Millionen DM. Davon wollen Sie noch 15 Millionen DM<br />

haben. Ich denke, Sie gefährden hiermit sächsische Politik. Wir<br />

wollen mit diesen 50 Millionen DM dringend benötigte Abrisse,<br />

Rückbauten finanzieren. Mit diesem Antrag haben Sie sich meines


Erachtens aus den Herausfor<strong>der</strong>ungen des Wohnungsbaus und des<br />

Städtewesens verabschiedet, meine Damen und Herren.<br />

(Jurk, SPD: Wir hatten keinen Antrag zur Windenergie!)<br />

- Herr Kollege Jurk, da würde ich Sie bitten, Ihre eigenen<br />

Än<strong>der</strong>ungsanträge richtig durchzulesen. Wenn Sie nicht im Plenum<br />

anwesend sind, kann ich es nicht än<strong>der</strong>n.<br />

Ich bitte meine Fraktion um Zustimmung zu diesem Haushalt.<br />

Danke schön.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Es gibt noch den Redewunsch<br />

vonseiten <strong>der</strong> PDS-Fraktion? - Die Annahme ist richtig. Ich bitte<br />

Sie, Herr Abg. Dr. Friedrich, das Wort zu nehmen.<br />

Dr. Friedrich, PDS: Danke, Frau Präsidentin. -<br />

Meine Damen und Herren! Ich möchte in wenigen Minuten noch einige<br />

haushaltsrelevante Aspekte <strong>der</strong> Funktionalreform durchleuchten.<br />

Heute Morgen war davon schon die Rede.<br />

Ich darf daran erinnern, dass Sie, Herr Ministerpräsident<br />

Biedenkopf, vor reichlich einem Jahr diese Reform einmal als eines<br />

<strong>der</strong> vier zentralen Vorhaben dieser Legislatur benannt haben. Ich<br />

darf Sie zitieren: <strong>Der</strong>en Abschluss werde den Freistaat in eine<br />

Spitzenposition hinsichtlich Verwaltungseffektivität und Bürgernähe<br />

bringen und sei ein wichtiger Standortfaktor für ein<br />

zukunftsfähiges Sachsen.<br />

(Ministerpräsident Prof. Dr. Biedenkopf: Richtig!)<br />

Das kann auch die PDS unterschreiben.<br />

(Ministerpräsident Prof. Dr. Biedenkopf: Dann unterschreiben<br />

Sie es!)<br />

Auch Sie, Herr Staatsminister de Maizière - er ist jetzt lei<strong>der</strong><br />

nicht im Raum - haben heute früh sehr Vernünftiges zu dieser Reform<br />

gesagt. Sie sagten - ich zitiere: "Wir wollen uns selbst<br />

mo<strong>der</strong>nisieren. Wir wollen besser werden, besser im Interesse <strong>der</strong><br />

Bürgerinnen und Bürger." Natürlich will das auch die PDS.<br />

Wie spiegelt sich das nun im Doppelhaushalt wi<strong>der</strong>? Es spiegelt sich<br />

lei<strong>der</strong> völlig unzureichend wi<strong>der</strong>. Wenn es dazu noch eines Beweises<br />

bedurft hätte, dass Sie, Herr Ministerpräsident Biedenkopf, Ihre<br />

vollmundigen Ankündigungen aus Ihrer Regierungserklärung eingangs<br />

<strong>der</strong> 3. Wahlperiode nicht erfüllen, nicht einhalten werden, ja,<br />

nicht einzuhalten gewillt sind, so ist das doch <strong>der</strong> vorliegende<br />

Doppelhaushalt.<br />

Es sagt doch schon <strong>der</strong> gesunde Menschenverstand, dass spätestens zu<br />

solch einem Doppelhaushalt auch die parlamentarische Diskussion von<br />

Grundsätzen, Eckpunkten und Zielsetzungen dieser Reform zumindest<br />

hätte in Gang gekommen sein müssen.<br />

(Ministerpräsident Prof. Dr. Biedenkopf: Dann machen Sie<br />

doch mal einen Beitrag dazu!)<br />

- Das haben wir getan, Herr Ministerpräsident Biedenkopf.<br />

(Ministerpräsident Prof. Dr. Biedenkopf: Ich habe nichts<br />

davon gehört!)<br />

Wenn Sie sich erinnern, wir hatten im Oktober einen Antrag mit elf<br />

Punkten im Parlament.<br />

(Ministerpräsident Prof. Dr. Biedenkopf: Nicht im Oktober,


jetzt!)<br />

Den haben Sie lei<strong>der</strong> abgelehnt. <strong>Der</strong> hätte sehr wohl konkrete<br />

haushaltsrelevante Folgen gehabt.<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Hört, hört!)<br />

Sie haben etwas an<strong>der</strong>es: Sie haben Leitlinien laut<br />

Kabinettsbeschluss. Die sind gar nicht so falsch. Die kann man<br />

sogar größtenteils unterschreiben. Aber Sie haben nach wie vor kein<br />

geschlossenes Gesamtkonzept.<br />

Wie geht es? Es geht an<strong>der</strong>s. Staatsminister Milbradt hat sich als<br />

<strong>der</strong> eigentlich Fe<strong>der</strong>führende bei dieser Reform herausgestellt -<br />

Milbradt und nicht Hardraht. Warum? 3 531 Planstellen werden - ich<br />

nehme einmal die mittelfristige Finanzplanung - schon fest<br />

eingeplant für 2004 bis 2008 im Bereich <strong>der</strong> Allgemeinen Verwaltung.<br />

Die sollen abgebaut werden. Wie, ist dem Staatsminister <strong>der</strong><br />

Finanzen eigentlich egal. Er hat einen Kabinettsbeschluss<br />

durchbekommen. Ich zitiere ihn: "Wie dieser Stellenabbau im<br />

Einzelnen zu erbringen ist, obliegt <strong>der</strong> Verantwortung <strong>der</strong> Ressorts<br />

und kann unter an<strong>der</strong>em durch Maßnahmen <strong>der</strong> Verwaltungs- und<br />

Funktionalreform erreicht werden."<br />

(Ministerpräsident Prof. Dr. Biedenkopf: Was haben Sie<br />

dagegen?)<br />

- Wir haben nichts dagegen. Aber wenn Sie eine vernünftige Reform<br />

machen wollen, Herr Ministerpräsident Biedenkopf, das müsste doch<br />

ihr kritisch-analytischer Verstand sagen, dann wird das sehr<br />

schlecht möglich sein, wenn Sie das unter dem Damoklesschwert eines<br />

solch rigorosen Personalabbaus tun müssen.<br />

(Ministerpräsident Prof. Dr. Biedenkopf: Drei Prozent!)<br />

Wer soll denn dann noch unbefangen mit <strong>der</strong> Aufgabenkritik umgehen?<br />

Aufgabenkritik haben Sie ja in den Leitlinien drin. Das ist<br />

natürlich richtig. Aber es ist doch völlig klar, dass das dann<br />

zumindest im Sinne <strong>der</strong> vielen wissenschaftlichen Gutachten und<br />

Analysen, die Sie haben anfertigen lassen, nicht mehr wird <strong>der</strong> Fall<br />

sein können.<br />

Die PDS will natürlich nicht jede <strong>der</strong> 302 Son<strong>der</strong>- und<br />

Mittelbehörden einschließlich aller Standorte erhalten. Das wird<br />

nicht gehen. Wir setzen an<strong>der</strong>e Schwerpunkte. Wir sagen eindeutig:<br />

Kommunalisierung vor Privatisierung. Die Staatsregierung sagt:<br />

Privatisierung vor Kommunalisierung. Das ist wohl ein deutlicher<br />

Unterschied.<br />

Wir wollen - und da erinnere ich an die Diskussion heute Morgen -,<br />

dass das Konnexitätsprinzip strikt durchgesetzt wird. Insofern ist<br />

das Urteil des Verfassungsgerichtshofes zum FAG natürlich<br />

zukunftsweisend, denn Sie werden vor ganz an<strong>der</strong>en Hürden stehen,<br />

wenn Sie die Reform durchführen. Sie müssen nämlich für jede<br />

Kommunalisierung dann den Kommunen das erfor<strong>der</strong>liche Geld geben.<br />

Abschließend sage ich: Eine Entlassungspolitik nach Haushaltslage<br />

ist mit <strong>der</strong> PDS nicht zu machen. Wenn sich nach erfolgter<br />

Aufgabenkritik herausstellen sollte, dass man eben nicht 96 000<br />

Staatsdiener braucht, die jetzt in <strong>der</strong> mittelfristigen<br />

Finanzplanung noch vorgesehen waren, son<strong>der</strong>n weniger, so werden wir<br />

dem nicht wi<strong>der</strong>sprechen. Aber uns ist wichtig, dass Aufgabenkritik


und bürgernaher Dienstleistungscharakter <strong>der</strong> öffentlichen<br />

Verwaltung Primat haben und nicht pauschale<br />

Konsolidierungsvorgaben.<br />

Vielen Dank.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Ich frage, ob weitere Abgeordnete<br />

sprechen möchten. - Das ist nicht <strong>der</strong> Fall. Dann erteile ich Ihnen,<br />

Herr Staatsminister Hardraht, das Wort zum Einzelplan 03.<br />

Hardraht, Staatsminister des Innern: Frau Präsidentin! Meine Damen<br />

und Herren! Ich möchte zu vier Komplexen Stellung nehmen:<br />

schwerpunktmäßig zum Komplex Innere Sicherheit, also zur Polizei;<br />

dann zum Zweiten relativ kurz zu den Punkten, die Herr Tippach<br />

kritisch erwähnt hat, nämlich zur Unterbringung <strong>der</strong> Asylbewerber;<br />

zum Dritten kurz zum Städte- und Wohnungsbau und dann, Herr Dr.<br />

Friedrich, abschließend zur Verwaltungsreform.<br />

Zum ersten Komplex, <strong>der</strong> inneren Sicherheit, <strong>der</strong> Polizei. Die<br />

Grundaussage lautet: Wir haben in Sachsen keine Stellenstreichungen<br />

im Bereich <strong>der</strong> Polizei hinnehmen müssen. Wir haben auch im Bereich<br />

<strong>der</strong> Investitionen bei <strong>der</strong> Polizei keine Streichungen und Kürzungen<br />

hinnehmen müssen, obwohl <strong>der</strong> Investitionshaushalt insgesamt<br />

gesunken ist. Wir haben im Bereich <strong>der</strong> Investitionen teilweise<br />

sogar eine Erhöhung erreichen können.<br />

Aus dieser Kernaussage ersehen Sie, dass die innere Sicherheit eine<br />

<strong>der</strong> allerersten politischen Prioritäten in <strong>der</strong> Regierungsmeinung<br />

umsetzt.<br />

Lassen Sie mich im Detail dazu Folgendes ausführen: In den<br />

vergangenen Jahren haben wir den Stellenplan, wie Herr Bandmann<br />

schon ausgeführt hat, um 865 neue Stellen aufstocken können.<br />

Wir haben den zweiten Schwerpunkt damals im Baubereich mit einer<br />

knappen halben Milliarde bilden können. Diese Investitionen haben<br />

Erfolge gehabt. In den ersten neun Monaten dieses Jahres, meine<br />

Damen und Herren, ist die Kriminalität in Sachsen gegenüber den<br />

ersten neun Monaten des Vorjahres noch einmal um 6,5 % gesunken.<br />

Wenn Sie das Jahr 1994 zugrunde legen, so ist die Anzahl in<br />

absoluten Zahlen für die ersten neun Monate des jeweiligen Jahres<br />

von 386 000 Fällen im Jahre 1994 auf 255 000 Fälle im Jahre 2000<br />

zurückgegangen. Das bedeutet einen Rückgang um 130 000 Fälle. Das<br />

gibt es in dieser Größenordnung selbst in Thüringen nicht.<br />

Wir haben zugleich in den ersten neun Monaten dieses Jahres auch<br />

noch einmal eine Erhöhung <strong>der</strong> Aufklärungsquote erreichen können,<br />

nämlich ein Plus von 1,5 %, und zwar, Herr Tippach, nicht nur durch<br />

die Maßnahmen gegen Fahrgeldhinterziehung in Chemnitz. Wir haben<br />

<strong>der</strong>zeit in Sachsen insgesamt eine Aufklärungsquote von 55,2 %. Das<br />

ist ein deutlich guter Platz insgesamt.<br />

Sie mögen ja die Sachsen für ängstlich erklären, sie sind es aber<br />

nicht. Die beiden Umfragen, über die ich hier schon einmal<br />

berichtet habe, belegen das Gegenteil. In <strong>der</strong> von uns<br />

durchgeführten Umfrage haben 75 % - 75 %, Herr Tippach! - <strong>der</strong><br />

Befragten erklärt, dass sie sich in Sachsen sicher o<strong>der</strong> sehr sicher<br />

fühlten. Nach <strong>der</strong> auf Bundesebene durchgeführten Umfrage, ob man<br />

sich im näheren Wohnumfeld sicher o<strong>der</strong> sehr sicher fühle, waren das


immerhin 83 %. Ich habe das hier schon einmal vorgetragen. Das war<br />

<strong>der</strong> vierte Platz, auf <strong>der</strong>selben Höhe wie Baden-Württemberg.<br />

(Beifall des Abg. Bandmann, CDU)<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Herr Staatsminister, gestatten<br />

Sie eine Zwischenfrage?<br />

Hardraht, Staatsminister des Innern: Ja.<br />

Tippach, PDS: Vielen Dank. - Herr Staatsminister, ist Ihnen in<br />

meiner Rede aufgefallen, dass nicht ich die Sachsen für ängstlich<br />

erklärt habe, son<strong>der</strong>n dass ich lediglich die jährlich<br />

wie<strong>der</strong>kehrende Studie <strong>der</strong> Gesellschaft für Konsumforschung zitiert<br />

habe, die repräsentativ erstellt wird, im Unterschied zu einigen<br />

Umfragen, die in Sachsen gemacht werden und die willkürlich<br />

erstellt werden? Diese repräsentative Umfrage hat festgestellt,<br />

dass die Sachsen mit großem Abstand die furchtsamsten Bundesbürger<br />

im Bereich <strong>der</strong> subjektiven Sicherheit sind. Das können Sie nicht<br />

ignorieren.<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Würden Sie bitte Ihre Frage<br />

stellen?<br />

Tippach, PDS: Ich frage Sie noch einmal: Wo haben Sie in meiner<br />

Rede auch nur an einer einzigen Stelle gehört, dass ich die Sachsen<br />

als beson<strong>der</strong>s furchtsam erklärt habe?<br />

Hardraht, Staatsminister des Innern: Ich habe Sie so verstanden,<br />

als ob Sie tatsächlich die sächsische Bevölkerung als verängstigt<br />

erklärt hätten, und zwar insbeson<strong>der</strong>e vor dem staatlichen Apparat<br />

<strong>der</strong> Polizei und des Verfassungsschutzes.<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Nein, das hat er nicht gesagt!)<br />

Ich darf fortfahren. - Wir haben diese Erfolge mit dem Bestand <strong>der</strong><br />

Polizei erreicht, obwohl von den 865 Mitarbeitern, die neu<br />

eingestellt worden sind, ein erheblicher Teil noch nicht voll<br />

eingesetzt werden konnte, weil die dreijährige Ausbildungszeit noch<br />

nicht abgelaufen war. In dieser Zeit haben wir 85 neue<br />

Polizeiposten im ländlichen Bereich eingerichtet, 235<br />

Bürgerpolizisten eingesetzt, drei Einsatzeinheiten <strong>der</strong> mobilen<br />

Einsatz- und Fahndungskommandos geschaffen und ca. 400 Mitarbeiter<br />

für den präventiven Unterricht an Schulen und in an<strong>der</strong>en Bereichen<br />

kreiert.<br />

Die Schwerpunkte für den Doppelhaushalt 2001 und 2002 sind etwas<br />

an<strong>der</strong>s gesetzt. Ich möchte sie in Ergänzung zu dem, was Herr<br />

Bandmann schon gesagt hat, kurz skizzieren.<br />

In Richtung <strong>der</strong> SPD: Das, was Sie for<strong>der</strong>n, steht im<br />

Haushaltsentwurf. Ich rege an, dass Sie den Haushaltsentwurf lesen,<br />

ehe Sie uns bestimmte Dinge vorwerfen. Wir werden im Doppelhaushalt<br />

2001/2002 knapp 500 Hebungsmöglichkeiten bekommen, wenn Sie<br />

zustimmen - wenn Sie nicht zustimmen, trotzdem -, die genau das<br />

Problem lösen, das Sie hier skizziert haben.<br />

Wir haben in <strong>der</strong> Tat einen zu geringen Anteil von Beamten im<br />

gehobenen Dienst, wobei das, was Sie ergänzend gesagt haben, nicht<br />

stimmt. Die 20 % können nicht beför<strong>der</strong>t werden, weil wir zwar die<br />

Stellen haben, aber die laufbahnrechtlichen Voraussetzungen, Alter,<br />

Wartezeiten usw., nicht erfüllt sind.


(Frau Weihnert, SPD: Das habe ich gesagt!)<br />

Die Hilfen für die Dienststellen kommen, wenn auch die letzten <strong>der</strong><br />

865 neuen Stellen nicht nur besetzt, son<strong>der</strong>n die entsprechenden<br />

Mitarbeiter auch ausgebildet sind.<br />

Wir haben die Baumittel für den Doppelhaushalt noch einmal auf<br />

insgesamt 165 Millionen DM erhöhen können. Ich glaube, dass wir bis<br />

auf ganz wenige Ausnahmen das Bauprogramm mit Abschluss des Jahres<br />

2004 erledigt haben werden.<br />

Wir haben vor allem - das ist aus dem Haushaltsplan nicht ohne<br />

weiteres erkennbar, nur durch eine Erweiterung einer gewissen<br />

Öffnungsklausel - dafür Sorge getragen, dass wir den<br />

Personalausfällen aufgrund zunehmen<strong>der</strong> Mutterschaftsfälle durch die<br />

Einrichtung zusätzlicher Anwärterstellen und entsprechen<strong>der</strong><br />

Ersatzstellen begegnen können.<br />

Wir haben vor allem - und mir liegt sehr daran, das beson<strong>der</strong>s<br />

deutlich zu machen - wie<strong>der</strong>um erhebliche Mittel für<br />

Ersatzbeschaffungen, für das laufende Material und - Herr de<br />

Maizière hat das heute Vormittag erwähnt - für Maßnahmen<br />

eingestellt, die sicherstellen können, dass wir die flächendeckende<br />

Einführung des IVO-Programm mit Ablauf des Jahres 2002 abschließen<br />

können. Dieses IVO-Programm - integriertes<br />

Vorgangsbearbeitungsprogramm - ist von uns führend im gesamten<br />

Bundesgebiet entwickelt worden als integrierte Unterstützung <strong>der</strong><br />

Arbeit zwischen <strong>der</strong> Dateiverwaltung und den einzelnen<br />

Formularbearbeitungen, beides auf EDV-Technik geführt. Das ist ein<br />

bundesweit einmaliges System. Wir sind in den drei<br />

Pilotverfahrensbereichen inzwischen erfolgreich vorangeschritten.<br />

Wir haben das Verfahren, wie hier kurz angesprochen worden ist, an<br />

den BGS verkauft, haben teilweise mit Brandenburg eine<br />

Arbeitsgemeinschaft gegründet und - das ist Verwaltungsreform! -<br />

die Einnahmen aus dem Verkauf <strong>der</strong> entsprechenden Patente an den<br />

Bundesgrenzschutz haben wir im Haushaltsplan als im Ausgabentitel<br />

für Investitionen <strong>der</strong> Polizei verwendbar erklärt.<br />

Wir werden mit dem Ablauf des Jahres 2002 insgesamt flächendeckend<br />

5 000 neue PCs einschließlich <strong>der</strong> Zubehörsoftware in Sachsen haben,<br />

die eine schnellere Übermittlung von Daten, eine schnellere<br />

Übermittlung von Bil<strong>der</strong>n, von Fingerabdruckverfahren usw.<br />

ermöglichen.<br />

Ich sehe einige Probleme vor uns, die ich nicht verschweigen<br />

möchte. Zu den Problemen gehört nicht, wie ich das hier gehört<br />

habe, ob die DNA-Analyse mit o<strong>der</strong> ohne Zustimmung des Richters<br />

erfolgen kann. Das ist von <strong>der</strong> Rechtsprechung jedenfalls<br />

mehrheitlich bisher so abgedeckt worden. Was hier vorhin gesagt<br />

worden ist, stimmt nicht.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Es gibt im Übrigen zur Klarstellung dazu inzwischen eine bayerische<br />

Bundesratsinitiative, <strong>der</strong> wir uns voraussichtlich anschließen<br />

werden, um gewisse Unstimmigkeiten zwischen einzelnen Gerichten<br />

endgültig zu bereinigen. Das ist nicht das Problem.<br />

Wir haben drei an<strong>der</strong>e Probleme:


Einmal unterscheidet <strong>der</strong> Bürger nicht zwischen Verstößen gegen<br />

Bußgeldvorschriften auf <strong>der</strong> einen Seite und Verstößen gegen<br />

Strafvorschriften auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite. <strong>Der</strong> Bürger nimmt<br />

Müllecken, fehlende Bürgersteigreinigung und Verkehrsrüpeleien wahr<br />

und wirft diese Dinge <strong>der</strong> Polizei vor, obwohl mit Sicherheit die<br />

Kommunen für diese Dinge zuständig sind, jedenfalls ganz<br />

überwiegend.<br />

Wir haben versucht, durch das Programm "Sichere sächsische Städte"<br />

mit 40 Städten diese Probleme durch eine<br />

Zuständigkeitskanalisierung besser zu lösen. Das ist nicht in je<strong>der</strong><br />

Stadt so gelungen, wie wir uns das vorgestellt haben. Wir versuchen<br />

<strong>der</strong>zeit eine Analyse, eine Bestandsaufnahme und haben Vorarbeiten<br />

eingeleitet, um rechtlich, um gesetzlich die Kanalisierung <strong>der</strong><br />

Zuständigkeiten insoweit zu verbessern.<br />

Ein zweiter Punkt: Wir sehen - heute früh ist das angeklungen -<br />

nicht <strong>der</strong> EU-Erweiterung durch unsere Nachbar- und Freundesstaaten<br />

mit Sorge entgegen, wohl aber einer zu schnellen Sicherheitsunion.<br />

Eine Wirtschaftsunion mit Polen, Tschechien, Ungarn und <strong>der</strong><br />

Slowakei muss nicht zeitgleich mit einer Sicherheitsunion kommen.<br />

<strong>Der</strong> Beitritt zu Schengen kann zeitlich gestaffelt erfolgen, in<br />

deutlichem Abstand zum Beitritt zur EU, so wie das bei Griechenland<br />

und Österreich auch gemacht worden ist.<br />

(Beifall des Abg. Bandmann, CDU)<br />

Ich appelliere auch von dieser Stelle insbeson<strong>der</strong>e über die<br />

Opposition an die Bundesregierung, diese Möglichkeit auszuschöpfen<br />

und dadurch bestimmte Ängste in <strong>der</strong> Bevölkerung, die nicht ganz<br />

unbegründet sind, bei einem Beitritt <strong>der</strong> genannten Staaten zur EU<br />

zu min<strong>der</strong>n.<br />

(Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Ich erinnere bloß daran, dass Bayern im Bereich des Grenzschutzes<br />

zu Österreich, wo <strong>der</strong> Bundesgrenzschutz nicht mehr stationiert sein<br />

darf, ca. 2 000 Beamte stationiert hat, um eine Kontrolle<br />

durchzuführen, und zwar im Hinblick darauf, dass Österreich<br />

Schengen-Mitgliedsstaat ist und über die Außengrenzen von<br />

Österreich zu den Nicht-EU-Staaten in erheblichem Maße Kriminalität<br />

einfließt.<br />

Ich kann nur dringend davor warnen, die Sicherheitsunion zu früh zu<br />

erweitern. Es muss abgewartet werden, bis sämtliche Schritte<br />

unternommen worden sind, die die innere und vor allem die<br />

grenzüberschreitende Sicherheit im Verhältnis zu diesen<br />

Beitrittkandidaten gewährleisten.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Ich komme zu einem dritten Punkt. Mit zunehmen<strong>der</strong> Sorge beobachte<br />

ich, dass die von uns aus dem Innenministerium herausgegebenen<br />

objektiven, statistisch belegten Daten sowohl zum Linksextremismus<br />

als auch zum Rechtsextremismus we<strong>der</strong> gedruckt noch zur Kenntnis<br />

genommen werden.<br />

Ich sage es von dieser Stelle aus noch einmal: Die<br />

Körperverletzungsdelikte im Bereich des Rechtsextremismus sind in<br />

den ersten sechs Monaten dieses Jahres gegenüber dem entsprechenden<br />

Wert des Jahres 1999 um ungefähr 33 % zurückgegangen. Insgesamt gab


es in diesen sechs Monaten 30 solcher Delikte; im Jahr zuvor waren<br />

es 45 <strong>der</strong>artige Delikte. Die Anzahl <strong>der</strong> so genannten<br />

Propagandadelikte ist um 5 % zurückgegangen. Ebenso ist ein<br />

Rückgang bei <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> fremdenfeindlichen Straftaten zu<br />

verzeichnen.<br />

Dabei erfüllt es mich mit Sorge, dass Düsseldorf in voreiliger<br />

Bewertung dazu geführt hat, dass die ostdeutschen Län<strong>der</strong> in ein<br />

Licht gestellt worden sind, in das sie nicht gehören. Die<br />

Vorschläge, die gerade wir in Sachsen umgesetzt und auf den<br />

verschiedenen Innenministerkonferenzen seit dreieinhalb Jahren<br />

unterbreitet haben, werden von <strong>der</strong> Bundesregierung und einigen SPDgeführten<br />

Län<strong>der</strong>n jetzt als völlig neu wie<strong>der</strong>holt, jedoch ohne die<br />

Urheberschaft offen zu legen. Zum Schluss wird uns dann <strong>der</strong> Vorwurf<br />

gemacht, wir seien ein rechtsextremistisches Bundesland.<br />

Ich betrachte das als eine Entwicklung, die auf Dauer deutliche<br />

Gefahren in sich birgt. Diese sind insbeson<strong>der</strong>e darin zu sehen,<br />

dass sich diese Bevölkerung zu Unrecht in eine Ecke gedrängt fühlt,<br />

in die sie wirklich nicht gehört.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU - Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Ich komme zu dem zweiten Abschnitt, <strong>der</strong> Asylbewerberunterbringung.<br />

Herr Tippach, mehr als wir zur objektiven Datenerhebung beigetragen<br />

haben, können auch Sie nicht leisten. Wir wollten ein vereinfachtes<br />

Verfahren kreieren. Das werden wir auch durchsetzen. Unser Ziel ist<br />

nicht mehr die konkrete Einzelabrechnung pro Asylbewerber, son<strong>der</strong>n<br />

ein pauschaliertes Verfahren. Dafür haben wir die gesamten Ist-<br />

Ausgaben <strong>der</strong> Kommunen für das Jahr 1999 über das Statistische<br />

Landesamt abgerufen. <strong>Der</strong> Wert dieser Ist-Ausgaben wurde von uns<br />

durch die Anzahl <strong>der</strong> Asylbewerber dividiert. Auf diese Weise ergibt<br />

sich <strong>der</strong> bekannte Satz. Ein an<strong>der</strong>es Verfahren ist auch nicht<br />

möglich.<br />

Wenn eine Stadt, zum Beispiel Leipzig, mit diesem Satz nicht<br />

auskommt, dann muss man schon fragen, ob es auch daran liegt, dass<br />

dort ein Niveau aufrechterhalten wird, das von dem an<strong>der</strong>er<br />

Landkreise o<strong>der</strong> kreisfreien Städte deutlich abweicht. Damit ergeben<br />

sich auch die Lösungsansätze, um mit den überwiesenen 9 400 DM<br />

zurechtzukommen.<br />

Ich habe noch einen Hinweis, den Sie gern weitergeben können. Diese<br />

Beträge werden nicht monatlich, son<strong>der</strong>n quartalsweise ausgezahlt.<br />

Wer also zu <strong>Beginn</strong> des Quartals die abgelehnten Asylbewerber<br />

abschiebt und nicht länger unnötig bei sich belässt, <strong>der</strong> behält<br />

dennoch in seiner Kasse die entsprechenden Mittel für die<br />

verbleibenden beiden Monate.<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Herr Staatsminister, gestatten<br />

Sie eine Zwischenfrage?<br />

Hardraht, Staatsminister des Innern: Ja.<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Frau Weihnert, bitte.<br />

Frau Weihnert, SPD: Herr Staatsminister, bei <strong>der</strong> Anhörung im<br />

Haushaltsausschuss wiesen auch die Verbände darauf hin, dass die<br />

Pauschale von 9 400 DM nicht dem vom Statistischen Landesamt


mitgeteilten Ist-Wert von 10 700 DM entspricht. Wie erklären Sie<br />

sich die Differenz?<br />

Hardraht, Staatsminister des Innern: Ich kann Ihnen hier nur die<br />

Zahlen nennen, die uns das Statistische Landesamt geliefert hat.<br />

Wenn die Gemeinden behaupten, ihre Ist-Ausgaben seien höher<br />

gewesen, so kann ich dazu nur feststellen, dass sie dem<br />

Statistischen Landesamt die falschen Daten mitgeteilt haben. Ich<br />

gehe davon aus, dass das Statistische Landesamt uns nicht die<br />

falschen Daten übermittelt hat.<br />

(Abg. Tippach, PDS, meldet sich zu einer Zwischenfrage.)<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Herr Staatsminister, gestatten<br />

Sie eine weitere Zwischenfrage?<br />

Hardraht, Staatsminister des Innern: Nein, es ist schon spät, Herr<br />

Tippach.<br />

(Tippach, PDS: Das wird wohl die Angst sein!)<br />

Ich komme zu einem dritten Punkt, dem Wohnungsbau. Dabei kann ich<br />

mich auf die Ausführungen von Herrn Nitzsche beziehen. Auf<br />

Folgendes möchte ich jedoch hinweisen: Seit etwa zwei Jahren<br />

for<strong>der</strong>n wir wie<strong>der</strong>holt von <strong>der</strong> Bundesregierung eine Novellierung<br />

des Altschuldenhilfegesetzes, die Aufnahme <strong>der</strong> Verwertungskündigung<br />

in das neue Mietrecht und eine Verknüpfung <strong>der</strong> KfW-Mittel, die ja<br />

den Privaten zugewendet werden, mit den öffentlichen Belangen. Auch<br />

diese For<strong>der</strong>ungen sind bisher nur geringfügig o<strong>der</strong> gar nicht<br />

umgesetzt worden. Wir haben viel Zeit verloren.<br />

Es ist interessant, dass <strong>der</strong> Bericht <strong>der</strong> Kommission unter <strong>der</strong><br />

Fe<strong>der</strong>führung von Herrn Dr. Lehmann-Grube genau alle diese Punkte<br />

wie<strong>der</strong> aufgreift, die Bundesregierung aber nun in ihrem nächsten<br />

Vorschlag, <strong>der</strong> mit Sicherheit zu erwarten ist, den Eindruck<br />

erweckt, als ob sie die Institution gewesen sei, die sich diese<br />

Vorschläge habe einfallen lassen. Das ist Politik. Man kann es<br />

nicht än<strong>der</strong>n, aber ich glaube, "Sachsen vorn" gilt auch in diesem<br />

Bereich.<br />

Einen Hinweis möchte ich noch geben. Herr Nitzsche, auf <strong>der</strong><br />

Bauministerkonferenz in <strong>der</strong> letzten Woche haben wir zu <strong>der</strong><br />

Verwendung <strong>der</strong> KfW-Mittel nach einer Kontrolle <strong>der</strong><br />

Regierungspräsidien mit dem Staatssekretär aus dem<br />

Bundesbauministerium gesprochen. Ich persönlich habe zusammen mit<br />

Herrn Buttolo genau das erreicht, was wir wollten. Das Ziel war es,<br />

auf <strong>der</strong> kommunalen Ebene bzw. auf <strong>der</strong> Ebene <strong>der</strong> Regierungspräsidien<br />

diese Kontrolle herstellen zu können.<br />

In meinem vierten Punkt beziehe ich mich auf die Verwaltungsreform<br />

und spreche dabei beson<strong>der</strong>s Herrn Dr. Friedrich an. Ich möchte<br />

nicht alles vortragen, was man sagen könnte, aber Sie irren<br />

gewaltig, wenn Sie meinen, Herr Milbradt und ich lägen in dieser<br />

Frage auseinan<strong>der</strong>.<br />

(Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Ich möchte Ihnen die Entwicklung kurz darstellen. Dem Kabinett<br />

haben wir als Innenministerium die Vorschläge zur Funktionalreform<br />

am 18. Januar dieses Jahres vorgelegt. Wir sind beauftragt worden,<br />

diese Vorschläge einer Anhörung zuzuleiten. Die Anhörungsergebnisse<br />

wurden von uns Ende Juli dem Kabinett vorgelegt. Die Vorschläge


sind im Kabinett im Wesentlichen so beschlossen worden, wie wir als<br />

Innenministerium im Einvernehmen mit dem Finanzministerium uns das<br />

vorgestellt haben. Die Vorschläge entsprachen im Wesentlichen denen<br />

vom Januar.<br />

Danach haben wir uns unter Beteiligung <strong>der</strong> Staatskanzlei und<br />

selbstverständlich auch des Finanzministeriums darum bemüht<br />

herauszufiltern, welche Stelleneinsparungsmöglichkeiten sich aus<br />

diesen Vorschlägen zur Verwaltungsreform und zur Funktionalreform<br />

ergeben würden.<br />

Eines sage ich Ihnen ganz offen: Unter meiner persönlichen<br />

Fe<strong>der</strong>führung haben wir diese 3 531 Stellen errechnet und auf zwei<br />

Pakete verteilt. Das eine Paket kennen Sie. Es ist eindeutig als<br />

ein Ergebnis <strong>der</strong> Funktionalreform zu betrachten. Dabei ist vor<br />

jeden Einzelplan eine bestimmte Anzahl von Stellen geschrieben<br />

worden, die sich als Einsparpotenzial aus <strong>der</strong> Funktionalreform in<br />

den Jahren bis 2008 ergeben.<br />

Ein zweites Paket umfasst mit knapp 2 000 etwa die an<strong>der</strong>e Hälfte.<br />

Es gilt pauschal für alle Einzelpläne gemeinsam, weil zu diesen<br />

Vorschlägen noch bestimmte Prüfungen ausstehen und wir nicht<br />

hun<strong>der</strong>tprozentig sicher sind, ob man das in allen Teilen wirklich<br />

realisieren kann. Es geht ferner um die Absicherung, dass im Falle<br />

des Auftretens von Ausfällen diese in an<strong>der</strong>er Weise beigebracht<br />

werden. Das setzen wir intern unter unserer Fe<strong>der</strong>führung <strong>der</strong>zeit<br />

durch. Ich kann Ihnen dies sehr genau schil<strong>der</strong>n, wenn Sie es wissen<br />

wollen: Die knapp 1 700 Stellen, die in den Einzelplänen mit einem<br />

kw-Vermerk versehen worden sind, beruhen auf <strong>der</strong> Integration <strong>der</strong><br />

StUfäs in die Regierungspräsidien - es geht hierbei nicht um die<br />

Dezentralisierung auf die kommunale Ebene; das ist <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Teil<br />

-, auf <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Struktur <strong>der</strong> Gewerbeämter und <strong>der</strong><br />

Straßenbauämter, auf bestimmten kleineren Verän<strong>der</strong>ungen innerhalb<br />

des SMWK, auf bestimmten handfesten Än<strong>der</strong>ungen innerhalb <strong>der</strong><br />

Polizei und <strong>der</strong> übrigen Verwaltung und vor allem auch auf<br />

deutlichen Einsparungsmöglichkeiten und entsprechenden kw-Vermerken<br />

im Bereich des Finanzministers. Dies ist <strong>der</strong> Hergang. Das hat mir<br />

nicht Herr Milbradt oktroyiert; wir haben das gemeinschaftlich<br />

unter <strong>der</strong> Fe<strong>der</strong>führung des Innenministeriums erarbeitet.<br />

Wir werden diese Funktionalreform mit <strong>der</strong> Intensität fortsetzen,<br />

wie wir sie in den Ansätzen weitgehend erledigt haben. Bis zum<br />

Frühjahr werden wir die Blöcke B erledigen, die Prüfaufträge also<br />

abarbeiten, und vor allem dazu übergehen - das haben wir inzwischen<br />

umgesetzt -, die Nutzung <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen EDV stärker in den<br />

Vor<strong>der</strong>grund zu stellen. Das ist selbstverständlich und wurde von<br />

mir und auch von Herrn de Maizière schon am Beispiel <strong>der</strong> IVO-<br />

Entwicklung im Bereich <strong>der</strong> Polizei dargestellt.<br />

Ich erinnere aber zugleich an die Vermessungsverwaltung, wo auch<br />

über den EDV-Einsatz, zugleich aber auch über strukturelle<br />

Verän<strong>der</strong>ungen 484 Stellen bis 2002 mit einem kw-Vermerk versehen<br />

worden sind. Wir wollen in diesem Bereich zu <strong>der</strong> so genannten<br />

papierlosen Verwaltung übergehen. Dies gilt innerhalb <strong>der</strong><br />

Verwaltungsarbeit sowie in Ansätzen bei Pilotprojekten im


Verhältnis Verwaltung - Bürger. Dazu gibt es im Südraum Leipzig<br />

erste Ansätze, insbeson<strong>der</strong>e die "Vernetzte Region" bei Großpösna.<br />

Es gibt an<strong>der</strong>e Ansätze im Bereich Verkehrsverwaltung in <strong>der</strong> Stadt<br />

Chemnitz in Zusammenarbeit mit einem Subunternehmen von Siemens,<br />

die wir begleiten. Das sind die interessanten Dinge. Das wollen wir<br />

ausbauen.<br />

Lassen Sie mich noch eines anfügen. Papierlose Verwaltung ist nur<br />

ein Zweck dieser ganzen Sache. Wir haben auch an<strong>der</strong>e Dinge mit in<br />

den Vor<strong>der</strong>grund gestellt: einmal die Nutzung dieser PCs und Laptops<br />

- bei einer gleichzeitigen zunehmenden Ausstattung <strong>der</strong> Haushalte<br />

mit PCs - zur Aus- und Fortbildung für Bürger als Antwort auf einen<br />

verstärkten Umschulungsbedarf.<br />

Zum Zweiten wollen wir Möglichkeiten schaffen für eine verbesserte<br />

Kommunikation für ältere Menschen untereinan<strong>der</strong>, also eine gewisse<br />

Antwort auch auf den verän<strong>der</strong>ten Altersaufbau und die<br />

Altersstruktur in <strong>der</strong> sächsischen Bevölkerung finden.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Bei alledem wird deutlich, dass wir Innenpolitik als<br />

Sicherheitspolitik, als Wohnungs- und Städtebaupolitik verstehen,<br />

aber auch als Politik für eine bessere Verwaltung. Innenpolitik<br />

dient <strong>der</strong> Sicherheit, aber vor allem dient sie jedem einzelnen<br />

Bürger. Diesem Anliegen, jedem Einzelnen zu dienen, fühlen wir uns<br />

weiter verpflichtet.<br />

Vielen Dank.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Meine Damen und Herren! Wir<br />

kommen zur Abstimmung über den Einzelplan 03, Staatsministerium des<br />

Innern.<br />

Es gibt sicher eine Richtigstellung. Herr Tippach.<br />

Tippach, PDS: Vielen Dank, Frau Präsidentin, genau das ist <strong>der</strong><br />

Fall.<br />

Herr Staatsminister Hardraht hat vorhin behauptet, ich hätte in<br />

meiner Rede gesagt, dass die Sachsen beson<strong>der</strong>s ängstlich seien, und<br />

Herr Kollege Bandmann hat das in seiner unnachahmlichen Art von <strong>der</strong><br />

Seite auch noch lautstark bestätigt. Dem kann ich nur<br />

entgegensetzen: Das habe ich nicht gesagt. Ich kann nicht<br />

beeinflussen, was <strong>der</strong> Staatsminister des Innern verstanden hat. Bei<br />

Kollegen Bandmann bin ich ja schon froh, wenn er überhaupt etwas<br />

verstanden hat. Aber ich habe das nicht gesagt.<br />

(Zuruf von <strong>der</strong> CDU: Das ist unverschämt!)<br />

Ich habe eine Studie <strong>der</strong> Gesellschaft für Konsumforschung zitiert.<br />

Ich würde sie gern dem Innenminister zur Verfügung stellen o<strong>der</strong> die<br />

Internetadresse nennen, wo er sie abfragen kann, die repräsentativ<br />

erhoben wird und die tatsächlich das Gefühl subjektiver Sicherheit<br />

in Sachsen als am niedrigsten einstuft, worauf ich - denke ich - zu<br />

Recht gesagt habe, dass offensichtlich die Politik dieser Regierung<br />

vielen Sachsen Angst macht. - Vielen Dank.<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Das war eine sachliche<br />

Richtigstellung.


Ich wie<strong>der</strong>hole das vorher Gesagte: Wir kommen zur Abstimmung über<br />

den Einzelplan 03, Staatsministerium des Innern, Ihnen vorliegend<br />

in Drucksache 3/2400, die durch die Drucksachen 3/2784 und 3/3111<br />

verän<strong>der</strong>t wurde.<br />

Da uns auch hier keine Än<strong>der</strong>ungsanträge vorliegen, schlage ich<br />

Ihnen vor, dass wir über den Einzelplan insgesamt abstimmen, ohne<br />

dass ich die einzelnen Kapitel aufrufe. Es stehen also zur<br />

Abstimmung <strong>der</strong> Einzelplan 03 mit den Kapiteln 01 bis 23 und die<br />

Stellenpläne. Wer diesem Einzelplan zustimmt, den bitte ich um das<br />

Handzeichen. - Danke. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong><br />

Stimme? - Bei einer großen Zahl von Gegenstimmen und 2<br />

Stimmenthaltungen ist <strong>der</strong> Einzelplan 03, Staatsministerium des<br />

Innern, mit Mehrheit beschlossen.<br />

Ich rufe auf<br />

Tagesordnungspunkt 4.7<br />

Einzelplan 07 - Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit<br />

Ich frage den Berichterstatter des Haushalts- und<br />

Finanzausschusses, Herrn Bolick, ob er zu diesem Einzelplan das<br />

Wort nehmen möchte. - Das ist nicht <strong>der</strong> Fall. Dann eröffne ich die<br />

Aussprache zu diesem Einzelplan 07. In <strong>der</strong> ersten Runde sprechen:<br />

CDU, PDS, CDU, SPD und Staatsregierung, wenn gewünscht.<br />

Die Aussprache ist eröffnet. Das Wort erhält die CDU-Fraktion. Herr<br />

Abg. Lämmel spricht.<br />

Lämmel, CDU: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und<br />

Herren! Es tut mir ja Leid, dass ich immer <strong>der</strong> letzte Redner bin,<br />

zumindest vor Weihnachten und zur späten Stunde, und dazu noch die<br />

Debatte über wirtschaftliche Themen eröffnen muss. Ich hoffe, dass<br />

ich Sie nicht allzu sehr langweile. <strong>Der</strong> Planteil 07, Wirtschaft und<br />

Arbeit, Technologie und Tourismus, ist ja in dem ganzen<br />

Haushaltsgefüge ein sehr wichtiger Planteil, denn ohne die weitere<br />

wirtschaftliche Entwicklung Sachsens, ohne Gewinn erzielende und<br />

Steuern zahlende Unternehmen sind die Voraussetzungen für die<br />

Erfüllung an<strong>der</strong>er Planteile in diesem Haushaltsplan nicht gegeben.<br />

Meine Damen und Herren! Wenn man sich die wirtschaftliche Situation<br />

in Sachsen betrachtet, dann ist es immer gut, wenn man die Meinung<br />

Außenstehen<strong>der</strong> mit heranzieht, denn uns als Landespolitiker und<br />

vielen, die hier im Land leben, ist oftmals <strong>der</strong> Blick etwas<br />

eingeengt. Man wird einfach etwas betriebsblind. Dafür möchte ich<br />

ein Beispiel heranziehen, nämlich das Stimmungsbarometer des<br />

Deutschen Institutes für Wirtschaft in Köln, das zur<br />

wirtschaftlichen Situation im Osten und speziell in Sachsen unter<br />

<strong>der</strong> Überschrift geschrieben hat: "Das Stimmungsbarometer steigt,<br />

<strong>der</strong> Konjunkturhimmel über den ostdeutschen Bundeslän<strong>der</strong>n klart<br />

weiter auf".<br />

Als positiv wird die sehr gute Stimmung im verarbeitenden Gewerbe<br />

geschil<strong>der</strong>t und bei den Dienstleistern, als negativ gilt weiterhin<br />

die Entwicklung <strong>der</strong> Bauindustrie, auch wenn diese negative<br />

Entwicklung <strong>der</strong> Bauindustrie - man kann es nun als Glück o<strong>der</strong><br />

Unglück bewerten - immer weniger Einfluss auf die konjunkturelle<br />

Lage im Osten insgesamt hat.


Die Mehrzahl <strong>der</strong> Unternehmen, meine Damen und Herren, rechnet seit<br />

1990 erstmalig damit, höhere Absatzpreise am Markt durchsetzen zu<br />

können. Das ist ein sicheres Zeichen dafür, dass die ostddeutsche<br />

Wirtschaft im deutschen und europäischen Markt Fuß gefasst hat.<br />

Nun könnte man glauben, auch die Gewinne <strong>der</strong> Unternehmen würden<br />

steigen. Das wäre noch besser. Es wäre sicherlich auch so, wenn<br />

nicht in Berlin eine rot-grüne Regierung säße, die zum Beispiel<br />

über die Ökosteuer - ab 1.1.2001 weitere 6 Pfennige nach oben -<br />

diese hart verdienten Gewinne in großem Umfang wie<strong>der</strong> abschöpfen<br />

würde. Herr Lochbaum, darüber können Sie lachen, aber Sie sollten<br />

sich einmal das Gutachten <strong>der</strong> Handwerkskammern über die<br />

Auswirkungen <strong>der</strong> Ökosteuer auf das Handwerk ansehen. Genau dort<br />

wird das klargestellt, was wir immer sagen: Die Ökosteuer trifft<br />

die Kleinunternehmen des Handwerks am stärksten.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Dass Sie als SPD in Berlin eine Politik für die Großen machen, das<br />

ist doch nicht neu. Aber wir haben in Sachsen kleine Unternehmen.<br />

Deshalb trifft die Ökosteuer unter an<strong>der</strong>em Sachsen am stärksten.<br />

Die sächsische Wirtschaft braucht aber dringend Gewinne, um<br />

investieren und Forschung und Entwicklung weiter betreiben zu<br />

können, neue Arbeitsplätze einzurichten; denn nicht durch Ihre<br />

Politik, Herr Lochbaum, werden Arbeitsplätze eingerichtet, son<strong>der</strong>n<br />

durch die Unternehmen.<br />

Trotz aller schlechten Rahmenbedingungen geht es mit <strong>der</strong><br />

Beschäftigung im verarbeitenden Gewerbe ebenfalls erstmalig seit<br />

1990 wie<strong>der</strong> bergauf. Die Talsohle scheint man zumindest im<br />

verarbeitenden Gewerbe endgültig durchschritten zu haben. Aber<br />

je<strong>der</strong> Wan<strong>der</strong>er weiß, wenn er steile Berge mit einem schweren<br />

Rucksack emporklettert, wie dringend er den Sauerstoff braucht, um<br />

entsprechend Kraft für diesen Bergaufstieg zu haben. Wir sind<br />

gerade an einem steilen Aufstieg. Wird diesem Wan<strong>der</strong>er <strong>der</strong><br />

Sauerstoff entzogen, dann gehen die Kräfte schnell zu Ende.<br />

Entwe<strong>der</strong> man bleibt stehen o<strong>der</strong> man fällt schnell zurück.<br />

Das, was die SPD macht, ist zurzeit Sauerstoffentzug für die<br />

Wirtschaft. Im Freistaat Sachsen rechnen trotzdem 68 % <strong>der</strong><br />

Unternehmen mit steigen<strong>der</strong> Produktion, 64 % mit steigenden<br />

Erträgen, 22 % mit steigen<strong>der</strong> Beschäftigung, 65 % mit steigendem<br />

Export und 31 % mit steigendem Umsatz in Richtung alte<br />

Bundeslän<strong>der</strong>. Also insgesamt ein positives Bild, auch wenn wir<br />

bestehende Probleme, zum Beispiel die Arbeitslosigkeit und hier<br />

insbeson<strong>der</strong>e die Jugendarbeitslosigkeit, überhaupt nicht verkennen<br />

wollen.<br />

Aber auch die Europäische Union schätzt die Entwicklung Sachsens in<br />

den nächsten Jahren als positiv ein. Bei einer Prognose zur<br />

Entwicklung des Bruttoinlandsproduktes bis zum Jahr 2002 liegt <strong>der</strong><br />

Freistaat Sachsen an zweiter Stelle aller europäischen Regionen,<br />

meine Damen und Herren, nur noch von Irland übertroffen.<br />

Zum Vergleich: Brandenburg liegt an 33. Stelle, Sachsen-Anhalt an<br />

45. Stelle und Mecklenburg-Vorpommern an 54. Position. Im Vergleich<br />

<strong>der</strong> Technologieregionen Deutschlands wird in den neuen<br />

Bundeslän<strong>der</strong>n nur <strong>der</strong> Region Dresden/Obere Elbe eine gute


Leistungsfähigkeit bescheinigt. Bei <strong>der</strong> Effizienz <strong>der</strong> eingesetzten<br />

Mittel wird dieses Bild sogar sehr positiv gezeichnet.<br />

Meine Damen und Herren! Sachsen wird immer wie<strong>der</strong> genannt, wenn es<br />

darum geht, neue Automobilkapazitäten anzusiedeln, nicht Sachsen-<br />

Anhalt o<strong>der</strong> Mecklenburg-Vorpommern. Sachsen steht immer wie<strong>der</strong> im<br />

Mittelpunkt, wenn es darum geht, den Ausbau <strong>der</strong> Kapazitäten im<br />

Bereich <strong>der</strong> Mikroelektronik voranzubringen. Auch hier werden nicht<br />

Sachsen-Anhalt, Brandenburg o<strong>der</strong> Mecklenburg-Vorpommern genannt.<br />

Wenn man diese wenigen Stimmen zusammenfasst, bedeutet das: Sachsen<br />

genießt in Deutschland und in Europa wie<strong>der</strong> hohes Ansehen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Die steigende Leistungsfähigkeit wird überall honoriert. Man muss<br />

deutlich sagen: Die Bewertung von außen fällt wesentlich besser<br />

aus, als mancher Kollege aus den Reihen <strong>der</strong> Opposition <strong>der</strong><br />

erstaunten Öffentlichkeit weismachen will.<br />

Fassen Sie sich doch endlich auch einmal ein Herz, meine Damen und<br />

Herren von <strong>der</strong> Opposition, und danken Sie den Menschen, den<br />

Unternehmern und den Arbeitnehmern für ihre erbrachten Leistungen!<br />

Danken Sie allen, die daran mitgewirkt haben, diese großen<br />

Leistungen in den letzten zehn Jahren zu realisieren!<br />

(Frau Dr. Volkmer, SPD: Das könnte eine Rede sein,<br />

die die frühere Partei- und Staatsführung gehalten hat!)<br />

- Ich will Ihnen gleich sagen, wie das aussieht. Ihrem Kanzler<br />

Schrö<strong>der</strong> geht die Schwarzmalerei, die Sie betreiben, offensichtlich<br />

genauso auf die Nerven wie uns und den Leuten in unserem Lande;<br />

denn Schrö<strong>der</strong> hat doch bei seiner Rede vor dem Bundestag klar und<br />

deutlich gesagt, dass diese Form <strong>der</strong> Schwarzmalerei jenen<br />

Optimismus wirklich nicht hervorbringe, den wir bräuchten und auf<br />

den wir angesichts <strong>der</strong> Erfolge ein Recht hätten. Offensichtlich hat<br />

<strong>der</strong> Herr Bundeskanzler gewusst, welche griesgrämige Opposition hier<br />

auf den Bänken des <strong>Sächsische</strong>n <strong>Landtag</strong>es sitzt.<br />

Meine Damen und Herren! Wir wollen die erfolgreiche Politik auch in<br />

den nächsten Jahren fortsetzen. Das spiegelt unser Haushaltsplan so<br />

wi<strong>der</strong>. Schwerpunkte unseres Haushaltes sind die För<strong>der</strong>ungen von<br />

Investitionen, die Beför<strong>der</strong>ung von Forschung und Entwicklung,<br />

Hilfen für den Mittelstand in den verschiedensten Facetten, die<br />

Einführung neuer Technologien, zum Beispiel das große Programm für<br />

die Bio- und Gentechnologie, sowie die Unterstützung von<br />

arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen.<br />

Die Übereinstimmung im Ausschuss zu großen Teilen dieses<br />

Haushaltplanes zeigt deutlich an, dass die Opposition so<br />

unzufrieden mit dem Haushalt eigentlich gar nicht sein kann, denn<br />

ein Großteil <strong>der</strong> Anträge <strong>der</strong> CDU-Fraktion zum Haushalt wurde<br />

einstimmig verabschiedet.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Meine Damen und Herren! Über ein großes Problem, das wir haben, ist<br />

heute schon verschiedentlich diskutiert worden, und zwar über das<br />

Problem, dass im Haushalt Wirtschaft und Arbeit ein hoher Anteil<br />

von Mitteln aus an<strong>der</strong>en Kassen eingestellt ist. Das sind die<br />

Bundesmittel und die EU-Mittel. Beson<strong>der</strong>s schwierige Probleme<br />

werfen immer wie<strong>der</strong> die EU-Mittel auf.


Gestern ist nun das Operationelle Programm für Sachsen genehmigt<br />

worden, so dass die Auszahlungen für dieses Programm beginnen<br />

können. Es hat lange genug gedauert. Aber die Regeln, die mit<br />

diesem europäischen Programm immer wie<strong>der</strong> auferlegt werden, sind<br />

einfach zu kompliziert und produzieren einen Bürokratismus. Wenn<br />

das so weitergeht, wird die Einheit Europas nicht erfolgreich<br />

gelingen können.<br />

Welche Neuigkeiten des Haushaltes haben wir nun? - <strong>Der</strong><br />

För<strong>der</strong>dschungel, den die Opposition und viele im Lande immer wie<strong>der</strong><br />

beklagen, wird gelichtet werden. Künftig werden wir über eine<br />

einheitliche Mittelstandsrichtlinie eine Vielzahl von<br />

För<strong>der</strong>tatbeständen zusammenfassen. Das ist ein klares Signal an die<br />

Wirtschaft zu zeigen, dass hier gebündelt geför<strong>der</strong>t werden soll.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Es wird ebenfalls im Bereich <strong>der</strong> GA eine einheitliche Richtlinie<br />

geben, zum Beispiel bei <strong>der</strong> GA-Infrastruktur. Auch hier gibt es ein<br />

deutliches Signal zur Entbürokratisierung, Zusammenfassung und<br />

kompakteren För<strong>der</strong>ung sowie schließlich zu mehr Durchblick für<br />

alle.<br />

Das Programm für Existenzgründungen und Existenzfestigungen wird<br />

ausgeweitet werden. Ich hoffe, das wird Sie freuen. Es freut uns<br />

alle, denn die letzten Programme, die wir im Haushalt hatten, sind<br />

sehr gut gelaufen.<br />

Ich denke, wir sollten diese Initiativen weiterhin unterstützen. In<br />

Zusammenarbeit mit <strong>der</strong> Ausgleichsbank wird es möglich sein, diese<br />

Mittel, die wir im Landeshaushalt haben, auch noch auszuweiten.<br />

Genauso werden die Mittel für die För<strong>der</strong>ung des Marktzuganges und<br />

<strong>der</strong> außenwirtschaftlichen Beziehungen in diesem Haushalt steigen -<br />

entgegen dem, was Kollegen <strong>der</strong> SPD-Fraktion im Lande erzählen und<br />

in die Presse bringen. Man kann also sehen, dass teilweise nicht<br />

mit redlichen Mitteln gearbeitet wird, wenn es darum geht Punkte zu<br />

sammeln.<br />

Insgesamt erhöhen sich die Mittel für die Vorhaben im Technologie-<br />

und Forschungsbereich. Neu eingestellt sind die Mittel für die<br />

GmbE, Gebiete mit beson<strong>der</strong>em Entwicklungsbedarf. Ich glaube, es ist<br />

ein wichtiges Zeichen für diese Gebiete, dass <strong>der</strong> Freistaat Sachsen<br />

und die CDU-Fraktion sich ihrer Verantwortung bewusst sind, in<br />

diesen Gebieten alle ihre Initiativen zu unterstützen, die<br />

erfolgsorientiert sind.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Außer dem eingestellten Titel GmbE werden weitere För<strong>der</strong>richtlinien<br />

präzisiert, um den Tatbestand <strong>der</strong> Gebiete mit beson<strong>der</strong>en<br />

Entwicklungsaufgaben in diese För<strong>der</strong>richtlinien zu integrieren.<br />

Noch ein kurzes Wort zur beruflichen Bildung und zur<br />

Arbeitsmarktpolitik. Wir haben den Titel "Zuschüsse für die<br />

berufliche Bildung" neu strukturiert. Das heißt, in diesem Titel<br />

sind jetzt alle Mittel sichtbar, die in Sachsen für die berufliche<br />

Bildung eingesetzt werden. Man kann jetzt deutlich erkennen, dass<br />

ein sehr bedeuten<strong>der</strong> Betrag eingesetzt wird, um Berufsausbildung<br />

und berufliche Bildung in Sachsen insgesamt zu beför<strong>der</strong>n.


Die För<strong>der</strong>ung von Plätzen für die Ausbildung junger Menschen ist in<br />

den nächsten Jahren weiterhin notwendig, auch wenn <strong>der</strong> Anteil<br />

betrieblicher Plätze in diesem Jahr leicht gestiegen ist.<br />

Die Mittel zur verstärkten För<strong>der</strong>ung von<br />

Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen in Höhe <strong>der</strong> 37,5 Millionen DM, die<br />

immer wie<strong>der</strong> genannt werden, werden in den Haushalt eingestellt, so<br />

dass garantiert werden kann, dass es nicht passiert, dass ABM im<br />

nächsten Jahr nicht organisiert werden können.<br />

Ganz klar ist - das hatten wir schon in einer letzten Debatte<br />

deutlich gemacht -, die Qualität <strong>der</strong> ABM muss steigen. Es müssen<br />

Qualifizierungsanteile integriert werden und die investiven<br />

Maßnahmen bei den Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen werden deutlicher im<br />

Mittelpunkt stehen.<br />

Das bewährte Instrument ZABS - eine Kreation <strong>der</strong> CDU mit <strong>der</strong> SPD-<br />

Fraktion - wird weitergeführt. Auch hierbei wird es notwendig sein,<br />

die Maßnahmen im Rahmen <strong>der</strong> ZABS weiter zu qualifizieren.<br />

Wir haben über diese arbeitsmarktpolitischen Themen im Ausschuss<br />

ausführlich diskutiert und letztlich alle Bremsen abgebaut, so dass<br />

diese Programme am 1. Januar 2001 auch dann hätten anlaufen können,<br />

wenn das Operationelle Programm gestern nicht bestätigt worden<br />

wäre.<br />

Meine Damen und Herren! Ich komme zum Schluss meiner Rede mit <strong>der</strong><br />

Frage: Was ist <strong>der</strong> Unterschied zwischen Berlin und Dresden? Da Sie<br />

den Unterschied sicherlich nicht so schnell nennen können, erkläre<br />

ich es Ihnen ganz kurz: In Berlin sitzt ein gewisser Bundeskanzler<br />

Schrö<strong>der</strong>, <strong>der</strong> ständig von <strong>der</strong> "Chefsache Aufbau Ost" erzählt.<br />

Gelegentlich im Sommer, wenn die Sonne scheint, macht er Ausflüge<br />

in die neuen Bundeslän<strong>der</strong>, unternimmt ansonsten aber nichts für die<br />

neuen Bundeslän<strong>der</strong>. Im Gegenteil: Er sieht zu, wie die rot-grüne<br />

Mehrheit im Bundestag die Mittel für den Aufbau Ost drastisch kürzt<br />

bzw. die Rahmenbedingungen verschlechtert.<br />

(Jurk, SPD: Dann geben Sie doch die GA-Mittel zurück! Das ist<br />

wirklich unverschämt!)<br />

Ich denke nur daran, dass die Investitionsmittel GA stark<br />

zurückgehen. Herr Jurk, Sie hätten mit Ihrer Mehrheit ja dafür<br />

sorgen können, dass die Investitionsmittel für die GA wie<strong>der</strong><br />

aufgestockt werden.<br />

Die Forschungsmittel für die KMU werden gekürzt. <strong>Der</strong><br />

Verbraucherschutz geht ganz leer aus. Nur aufgrund eines Antrages<br />

<strong>der</strong> CDU-Fraktion ist die Verbraucherzentrale Sachsen überhaupt in<br />

<strong>der</strong> Lage ihre Aufgabe in den nächsten Jahren zu erfüllen. Von heute<br />

auf morgen streicht die Bundesregierung ihre Zuweisungen.<br />

Die Streichung <strong>der</strong> Investitionszulage für Handwerker. Herr Jurk,<br />

Sie werden sehen, welche Auswirkungen das haben wird. Ich denke nur<br />

an das schlechte Gesetz gegen Zahlungsverzug. Wir brauchen die<br />

gesamte Liste nicht herzubeten.<br />

Zum Glück sitzen in Dresden eine Staatsregierung und eine CDU-<br />

Fraktion,<br />

(Lachen bei PDS und SPD)<br />

die den Aufbau Ost wirklich zur Chefsache gemacht haben.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)


Das soll auch so bleiben. Das spiegelt sich in unserem<br />

Haushaltsplanentwurf 07 wi<strong>der</strong>. Ich bitte Sie herzlich um Ihre<br />

Zustimmung.<br />

Danke schön.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU - Jurk, SPD: In Ostsachsen sieht es aber<br />

ziemlich trübe aus!)<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Es folgt die PDS-Fraktion. Frau<br />

Abg. Mattern, bitte.<br />

Frau Mattern, PDS: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen<br />

und Kollegen! Herr Lämmel, ich hatte eher den Eindruck, dass sich<br />

in den letzten zehn Jahren unser Wirtschaftsministerium zu einer<br />

Art alten Raddampfer mit starker Schlagseite entwickelt hat und<br />

nicht dazu, wozu Sie es gerade hochgelobt haben. Dennoch wollen wir<br />

nicht über Ihre Glücksgefühle reden, son<strong>der</strong>n über den Haushalt des<br />

Wirtschaftsministeriums.<br />

In <strong>der</strong> Debatte dazu stellte die PDS-Fraktion Än<strong>der</strong>ungsanträge. Das<br />

sind Sie gewohnt und das sind wir gewohnt. Wie immer haben Sie<br />

unseren Enthusiasmus und Sachverstand gefor<strong>der</strong>t. Wir haben gute<br />

Arbeit geleistet, die Sie mit <strong>der</strong> üblichen Ignoranz gewürdigt<br />

haben. Das wie<strong>der</strong>um sind Sie gewohnt, das sind wir gewohnt, obwohl<br />

wir uns sicher nicht damit abfinden werden.<br />

Unsere Vorschläge für ein neues Programm <strong>der</strong> Regionen, das wir<br />

"Zukunft in unserem Land" genannt haben, sowie die Einrichtung<br />

einer Innovationsstiftung zur För<strong>der</strong>ung technologieorientierter<br />

Unternehmen junger Hochschulabsolventen und auch unsere Vorschläge<br />

für ein mo<strong>der</strong>nes, umweltgerechtes Verkehrswesen haben Ihre<br />

Kreativität nicht wecken können. Natürlich wurde auch unser<br />

wichtigster Vorschlag zur Arbeitsmarktpolitik, nämlich in den<br />

Kommunen einen Wettbewerb für die besten arbeitsmarktpolitischen<br />

Projekte auszuschreiben, ebenso ignoriert. An<strong>der</strong>e Ideen <strong>der</strong> PDS-<br />

Fraktion haben Sie einfach umdefiniert o<strong>der</strong> als die Ihrigen<br />

ausgegeben.<br />

Gerade aber das Wirtschaftsministerium müsste doch für neue Ideen,<br />

für Innovationen offen sein. Aber wie es scheint, wollen Sie, Herr<br />

Schommer, so weitermachen wie bisher. Da haben Sie nun schon den<br />

größten und finanzreichsten Haushalt aller Ministerien und<br />

antworten auf diese Chance nur mit einem "Weiter so!". Wer im<br />

Haushalt des Wirtschaftsministeriums nach wirklichen Innovationen<br />

für die Arbeitsmarktpolitik und die Wirtschaftspolitik in Sachsen<br />

sucht, <strong>der</strong> wird nur ein tiefes, ein gestaltungsloses Loch<br />

vorfinden.<br />

Meine Damen und Herren! So entledigen Sie sich mit ihrem Haushalt<br />

durch pure Geringschätzung <strong>der</strong> wichtigsten Aufgabe, die es an<br />

dieser Stelle gäbe, nämlich durch eine gezielte, intelligente<br />

För<strong>der</strong>politik alle sächsischen Regionen zu entwickeln, keine dabei<br />

zurückzulassen und dadurch den größten sozialen Skandal in diesem<br />

Land, nämlich die massenhafte Arbeitslosigkeit, zu beseitigen bzw.<br />

sie wenigstens zu bekämpfen.<br />

540 000 Menschen in Sachsen, nimmt man die SAM, ABM und an<strong>der</strong>e<br />

Maßnahmen hinzu, stehen zurzeit außerhalb von Arbeit. Das<br />

entspricht 26,4 % <strong>der</strong> erwerbsfähigen Bevölkerung. 38 300 junge


Menschen unter 25 Jahren sind heute arbeitslos. Ich denke, dass<br />

hier an<strong>der</strong>e Überlegungen notwendig sind. <strong>Der</strong> Handlungsbedarf ist<br />

nämlich nicht geringer geworden, er ist sogar sehr groß; denn von<br />

allen Verän<strong>der</strong>ungen, die hier seit 1990 stattgefunden haben, sind<br />

die im Bereich <strong>der</strong> Wirtschaft wohl die gravierendsten und wohl auch<br />

die folgenreichsten. <strong>Der</strong> Transformationsprozess, <strong>der</strong> vor zehn<br />

Jahren begann und eine wettbewerbsfähige Wirtschaft zum Ziel hatte,<br />

ist noch nicht abgeschlossen. Seine möglichen Ergebnisse könnten,<br />

gemessen an dem heute erreichten Stand, eine ganze Reihe von neuen<br />

Umbrüchen mit sich bringen. Die Größenordnung <strong>der</strong> realisierten<br />

Wertschöpfung wird schließlich auch künftig darauf Einfluss haben,<br />

was in Haushaltsdebatten verteilt werden kann.<br />

Wir als PDS-Fraktion haben jedoch Anlass zu befürchten, dass diese<br />

Summe in <strong>der</strong> Zukunft aufgrund <strong>der</strong> hier vorliegenden konservierenden<br />

Wirtschaftspolitik geringer werden wird, denn lei<strong>der</strong> gibt es einige<br />

Kennziffern, die mehr als Besorgnis erregend sind. Seit 1996<br />

verlangsamt sich die wirtschaftliche Entwicklung. Mit einer<br />

durchschnittlichen Wachstumsrate des Bruttoinlandsproduktes von nur<br />

noch 1 % liegen die neuen Bundeslän<strong>der</strong> und so auch Sachsen seit<br />

1997 wie<strong>der</strong> unter dem westdeutschen Wert von 1,7 %.<br />

Die Gründe dafür sind vielfältig und gerade deshalb darf man darauf<br />

nicht länger einfältig reagieren. Sie liegen eben nicht nur in den<br />

rückläufigen Tendenzen in <strong>der</strong> Bauwirtschaft o<strong>der</strong> auch im<br />

dauerhaften Rückgang <strong>der</strong> Stromerzeugung <strong>der</strong> sächsischen Kraftwerke<br />

begründet, in einem Bereich, <strong>der</strong> nie wie<strong>der</strong> expandieren wird.<br />

Beson<strong>der</strong>s negativ schlagen sich auch die Entwicklungen nie<strong>der</strong>, die<br />

man mit Einbußen im Bereich des Handels benennen kann. Jede Mark,<br />

die in Sachsen nicht verdient wird, kann auch nicht zum Nutzen <strong>der</strong><br />

regionalen Wirtschaft ausgegeben werden.<br />

Insbeson<strong>der</strong>e die wie<strong>der</strong> zunehmenden Abwan<strong>der</strong>ungen in den Westen,<br />

die Sie mit Ihrer Wirtschaftspolitik auch mit zu verantworten<br />

haben, hinken <strong>der</strong> Entwicklung hinterher. Man muss sich das einmal<br />

bewusst machen: Gemessen am Bruttoinlandsprodukt je Einwohner im<br />

Kaufkraftstandard rangiert Sachsen heute im Vergleich in <strong>der</strong><br />

Europäischen Union knapp über dem Niveau Griechenlands und immer<br />

noch hinter dem Portugals. Diese beiden Län<strong>der</strong> sind wahrlich nicht<br />

die führenden Industrienationen in Europa.<br />

Ich muss es vielleicht auch einmal so sagen: Ihre<br />

Wirtschaftspolitik, Herr Schommer, erinnert stark an den örtlichen<br />

Fußballverein Dynamo Dresden. Er ist in die Bedeutungslosigkeit<br />

abgestiegen, aber er hat ein Getue <strong>der</strong> Funktionäre, als würde er<br />

mit Bayern München in <strong>der</strong> Champions League spielen.<br />

Hinzu kommt, dass <strong>der</strong> wirtschaftliche Strukturwandel stagniert. Das<br />

lässt sich an einer Reihe von Kennziffern festmachen. In Sachsen<br />

existieren heute eine Reihe strukturschwacher Regionen, die trotz<br />

ihrer Umbenennung in "Gebiete mit beson<strong>der</strong>en Entwicklungsaufgaben"<br />

doch genau das geblieben sind, was sie waren, nämlich<br />

strukturschwache Regionen. Nur weil Sie dem Kind einen an<strong>der</strong>en<br />

Namen gegeben haben, ist es jetzt nicht größer, stärker o<strong>der</strong><br />

selbstbewusster. Es leidet nach wie vor an <strong>der</strong> gleichen Schwäche.


Wortkosmetik ist gerade an dieser Stelle kein Ersatz für<br />

Wirtschaftspolitik.<br />

Das Licht <strong>der</strong> Leuchttürme strahlt ja noch nicht einmal so stark,<br />

dass in ihrem unmittelbaren Umfeld eine ausgewogene sektorale<br />

Wirtschaftsstruktur entstanden ist. Nach wie vor sind im<br />

verarbeitenden Gewerbe und im Bereich <strong>der</strong> Dienstleistungen im<br />

Vergleich zu den alten Län<strong>der</strong>n erhebliche Defizite zu verzeichnen.<br />

Die durchschnittliche Kapitalausstattung pro Kopf beträgt im<br />

Unternehmenssektor in Ostdeutschland gerade mal 60 % des<br />

westdeutschen Niveaus. Diese Zahl macht nicht nur die allgemeine<br />

Lücke im Unternehmensbestand deutlich, son<strong>der</strong>n auch die<br />

unbefriedigende Wirtschaftskraft <strong>der</strong> KMU selbst.<br />

Niemand, Herr Lämmel, unterschätzt die Leistungen <strong>der</strong> kleinen und<br />

mittelständischen Unternehmen für die wirtschaftliche Entwicklung<br />

Sachsens. Aber die von mir genannten Probleme haben die<br />

ostdeutschen Unternehmen nun einmal und die kann man auch nicht mit<br />

Stimmungsbarometern, die Sie hier aufgezählt haben, wegdiskutieren.<br />

Dennoch, und das kann man überall nachlesen, werden <strong>der</strong>zeit relativ<br />

optimistische Wachstumserwartungen für den Bereich <strong>der</strong><br />

industriellen Produktion und die neuen Dienstleistungen abgegeben.<br />

Diese werden aber, und da braucht man sich überhaupt nichts<br />

vormachen, durch eine Ausweitung <strong>der</strong> Produktionskapazitäten bei<br />

rückläufiger Beschäftigungszahl erreicht.<br />

Wir wissen, und damit meine ich mich selbst und auch Sie - ganz<br />

egal welcher Art das jeweilige Parteibuch ist -, dass die<br />

Ergebnisse des Wachstums immer weniger Menschen zugute kommen<br />

werden, wenn, ja wenn hier nicht gerechtere Modelle Einzug halten.<br />

Wenn wir also von Wachstum sprechen, dann von <strong>der</strong> damit verbundenen<br />

Wachstumsideologie, in welcher lei<strong>der</strong> die Menschen immer weniger<br />

eine Rolle spielen. Es ist eine Entwicklung, die im Großen und<br />

Ganzen von <strong>der</strong> CDU-Fraktion und <strong>der</strong> Staatsregierung sogar noch als<br />

positiv bewertet wird, welche sich aber mit Hun<strong>der</strong>ttausenden<br />

arbeitslosen Menschen abgefunden zu haben scheint und die Sie<br />

höchstens noch als Zahlen in Berichten und Meldungen zur Kenntnis<br />

nehmen.<br />

<strong>Der</strong> Haushalt, das wurde heute schon häufig gesagt, ist in Zahlen<br />

gegossene Politik. Liest man den Haushalt des<br />

Wirtschaftsministeriums, dann wird deutlich, dass sich die<br />

<strong>Sächsische</strong> Staatsregierung von ihrem wichtigsten Ziel, nämlich dem<br />

Abbau <strong>der</strong> Massenarbeitslosigkeit, verabschiedet. Nur Halbherziges<br />

findet sich noch. 4,3 Milliarden DM werden durch das Ministerium<br />

für Wirtschaft und Arbeit insgesamt ausgegeben. Ganze 3 % davon,<br />

nämlich 125 Millionen DM, sollen für das neue Programm für Gebiete<br />

mit beson<strong>der</strong>en Entwicklungsaufgaben eingesetzt werden, für die<br />

Gebiete Sachsens also, <strong>der</strong>en größtes Problem die seit Jahren<br />

anhaltende Massenarbeitslosigkeit ist und die in den Spitzen bei 25<br />

% und darüber liegt.<br />

Hält man die unwesentlich geringere Summe von knapp 97 Millionen DM<br />

dagegen, die allein im Jahr 2001 als Geschenk an AMD, also an den<br />

Marktführer, übergeben werden wird, und stellt in Rechnung, wie<br />

viele neue Arbeitsplätze dieses Unternehmen nach eigenen Angaben


schaffen wird, dann können wir den Lausitzern, den Vogtlän<strong>der</strong>n, den<br />

Torgauern, den Döbelnern, den Annabergern und ihren erzgebirgischen<br />

Schicksalskollegen heute schon deutlich sagen: Mit mehr als 300 bis<br />

500 neuen Arbeitsplätzen in euren Regionen rechnet die<br />

Staatsregierung nicht. - Das ist die in Zahlen gegossene Politik<br />

des sächsischen Wirtschaftsministers. Das Programm für die Regionen<br />

mit beson<strong>der</strong>en Entwicklungsaufgaben ist wichtig, aber es ist ein<br />

Trostpflaster, nicht mehr.<br />

Ich möchte im Folgenden noch kurz auf einige Prämissen und<br />

Eckpunkte des Haushalts eingehen, die deutlich machen, wie weit man<br />

am Ziel vorbeischießen kann, wenn man die realen Entwicklungen<br />

nicht mehr zur Kenntnis nimmt.<br />

Wir haben mit dem Haushalt ein Dokument vorliegen, welches die<br />

Entwicklung <strong>der</strong> vergangenen Jahre nahezu unverän<strong>der</strong>t fortschreibt.<br />

Es sieht ganz so aus, als wollte man wie zu Helmut Kohls Zeiten<br />

abwarten und die Probleme aussitzen.<br />

Diese Mentalität, die bremst und nicht voranbringt, erkenne ich bei<br />

<strong>der</strong> Art und Weise <strong>der</strong> För<strong>der</strong>mittelprogrammierung. Sie wollen<br />

weiterhin das Geld von oben dirigieren, den Einsatz bis ins letzte<br />

Zipfelchen kontrollieren und sich von niemandem hineinreden lassen.<br />

Warum werden zurzeit eigentlich regionale Entwicklungspläne und -<br />

konzepte erarbeitet, wenn Sie als Staatsregierung den Regionen bei<br />

<strong>der</strong> Vergabe <strong>der</strong> För<strong>der</strong>mittel kein Mitspracherecht zugestehen - an<br />

keiner einzigen Stelle?<br />

Ich erkenne des Weiteren diese Mentalität bei <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

regionalen Wirtschaftsstruktur, die man, einfach übersetzt, auch<br />

als Infrastrukturför<strong>der</strong>ung im Bereich des Straßenbaus bezeichnen<br />

könnte. Sicher gibt es immer noch einen Nachholbedarf bei gut<br />

ausgebauten Verkehrswegen auf Straße und Schiene. Doch wenn Sie es<br />

wirklich ernst meinen mit dem Ziel, die wirtschaftsnahe<br />

Infrastruktur för<strong>der</strong>n zu wollen, dann müsste es wenigstens ein<br />

Grundniveau an wirtschaftlichen Strukturen geben.<br />

Ich will an dieser Stelle gerne an die kürzlich im <strong>Landtag</strong><br />

unrühmlich zu Ende gegangene Debatte zu den wirtschaftlichen<br />

Effekten <strong>der</strong> Autobahn A 4 erinnern. Auch wenn Sie hier seinerzeit<br />

zwei Ihrer CDU-Kollegen noch so herumschreien ließen, unter dem<br />

Strich bleibt es dabei: Bislang hat die These, dass durch eine<br />

Autobahn auch Investoren in Massen in eine Region kommen, noch<br />

keinen Beweis erfahren.<br />

(Bandmann, CDU: Das ist doch Blödsinn!)<br />

Außerdem nützt einem Unternehmer in Zittau und in Weißwasser diese<br />

Autobahn nur sehr wenig, wenn es kein weiterführendes Verkehrsnetz<br />

gibt<br />

(Bandmann, CDU: Das ist doch ein Schwachsinn, was Sie<br />

hier von sich geben!)<br />

und er hernach auf den von Lkws überfüllten Bundes- und<br />

Staatsstraßen in Staus stecken bleibt.<br />

Hier liegt eine Aufgabe. Da gebe ich Ihnen Recht, Herr Bandmann,<br />

die wurde vernachlässigt und die wird auch noch vernachlässigt.<br />

Dennoch, die einseitige Ausrichtung auf die För<strong>der</strong>ung des<br />

Straßenbaus stellt gleichzeitig einen Wi<strong>der</strong>spruch zu <strong>der</strong> ebenso von


<strong>der</strong> CDU formulierten Zielstellung <strong>der</strong> Verlagerung des Verkehrs von<br />

<strong>der</strong> Straße auf die Schiene dar. Gerade im Bereich des<br />

Schienennetzes existieren größte Defizite, die eine ähnliche<br />

För<strong>der</strong>ung rechtfertigen würden wie bei <strong>der</strong> Straße. Ihre bisherigen<br />

Begründungen für die einseitige Ausrichtung auf den Straßenbau sind<br />

insofern nicht stichhaltig und können nicht überzeugen.<br />

Rechnet man selbst all das zusammen, was man im Haushalt 07 für den<br />

Bereich des Verkehrs und für die wirtschaftsnahe Infrastruktur<br />

findet, also nimmt man auch die Regionalisierungsmittel usw. hinzu,<br />

dann bleibt es dabei: Es gibt eine ungleiche Gewichtung zwischen<br />

Straße und Schiene.<br />

Bei diesem Missverhältnis bleibt es auch, sieht man sich zum<br />

Beispiel die Mittel an, die aus dem<br />

Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz aufgeteilt werden. Hier in<br />

Sachsen gibt man 90 % in Projekte auf den Straßen und nur 10 %<br />

fließen in den ÖPNV. An<strong>der</strong>e Län<strong>der</strong> liegen da ganz woan<strong>der</strong>s; kein<br />

einziges Land hat dieses Missverhältnis aufzuweisen. Die meisten<br />

versuchen ein Verhältnis von 50 zu 50 zu realisieren. Einen solchen<br />

Antrag haben wir im Ausschuss gestellt. Er wurde natürlich<br />

abgelehnt.<br />

Einen weiteren Punkt Ihrer Mentalität des Augen-zu-und-durch<br />

erkenne ich beim geplanten Einsatz <strong>der</strong> För<strong>der</strong>mittel <strong>der</strong><br />

Europäischen Union. Nun ist Gott sei Dank das Operationelle<br />

Programm bestätigt worden, aber hier sehe ich nun ein Problem in<br />

<strong>der</strong> Umsetzung.<br />

Wie Sie wissen, besteht das oberste Ziel <strong>der</strong> Strategie <strong>der</strong> EU für<br />

die Strukturfonds, insbeson<strong>der</strong>e natürlich für den Europäischen<br />

Fonds für die regionale Entwicklung, in einer Nachhaltigkeit <strong>der</strong><br />

Regionalentwicklung. Anhand Ihrer Haushaltsvorschläge - und man<br />

kann sich jeden einzelnen vornehmen - kann man die Umsetzung dieses<br />

Zieles nicht erkennen. Allen Einzeltiteln ist eines gemeinsam:<br />

Explizite regionale Schwerpunkte sind an keiner einzigen Stelle<br />

gesetzt worden.<br />

Meine Damen und Herren! Gerade Ihrem so genannten Son<strong>der</strong>programm<br />

zur För<strong>der</strong>ung von Gebieten mit beson<strong>der</strong>en Entwicklungsaufgaben<br />

fehlt eine solche spezifische und regionale Programmatik.<br />

(Unruhe - Glocke des Präsidenten)<br />

Die PDS hat Ihnen in <strong>der</strong> Haushaltsdebatte ein Programm <strong>der</strong> Regionen<br />

vorgeschlagen. Wir wollen, dass es eine Zukunft für die Bürgerinnen<br />

und Bürger Sachsens im eigenen Land gibt. Das wollen Sie als CDU<br />

offensichtlich nicht; denn mit den alten Methoden modeln Sie<br />

weiterhin an Ihren imaginären Investoren herum und nichts ist<br />

hinzugekommen. Es scheint Sie dabei auch nichts aus <strong>der</strong> Ruhe zu<br />

bringen, nicht einmal die Prognose, dass bis 2015 weitere 15 % <strong>der</strong><br />

Bevölkerung das Land verlassen haben werden. Es werden auch diesmal<br />

wie<strong>der</strong> die jungen, mobilen, gut ausgebildeten Menschen sein, die<br />

sich in den Westen absetzen, weil sie hier keine Zukunft sehen.<br />

Wir haben Ihnen in diesem Jahr außerdem ein eigenes Programm für<br />

die Entwicklung <strong>der</strong> Lausitz vorgelegt und weitere werden folgen.<br />

Soweit ich es sehe, steht es auch nach einem Jahr<br />

Lausitzbeauftragtem <strong>der</strong> Staatsregierung immer noch eins zu null für


die PDS, obwohl wir eigentlich gemeinsam im Team für Sachsen<br />

spielen müssten.<br />

Doch zurück zur För<strong>der</strong>politik. Die Ankündigung des<br />

Ministerpräsidenten, die För<strong>der</strong>politik auf den Prüfstand zu<br />

stellen, war offensichtlich reine Blasphemie. Sie wollen auch<br />

künftig das Prinzip <strong>der</strong> verlorenen Zuschüsse fortsetzen.<br />

Zukunftssichernd ist das nicht; denn einmal gezahlte Zuschüsse sind<br />

ein für alle Male weg.<br />

Unser Vorschlag war mit einem Zukunftsinnovationsprogramm eine<br />

Innovationsstiftung zu gründen, die jungen technologieorientierten<br />

Unternehmen die Existenzgründung ermöglicht und in welche nach<br />

erfolgreichem Start jährlich 3 % des erzielten Umsatzes<br />

zurückgezahlt werden. Eine solche Stiftung würde sich irgendwann<br />

selbst tragen können und die Existenzgrün<strong>der</strong>, die eben aufgrund des<br />

fehlenden Eigenkapitals und aufgrund <strong>der</strong> technologiepolitischen<br />

Zurückhaltung <strong>der</strong> Banken keine Kredite o<strong>der</strong> kein Venture Capital<br />

erhalten, würden so auf Dauer hier in Sachsen bleiben können, hier<br />

forschen und produzieren und natürlich auch Arbeitsplätze schaffen.<br />

Ich habe es nicht verstanden, wie Sie, Herr Lämmel, als Sprecher<br />

<strong>der</strong> CDU-Fraktion diesen Vorschlag im Ausschuss ablehnen konnten,<br />

und zwar mit dem Hinweis, dass die CDU etwa im Jahr 2004 eine<br />

solche Stiftung gründen lassen will. Sie wollen also wie<strong>der</strong> einmal<br />

etwas für die CDU tun, anstatt sich für Sachsen zu engagieren. Aber<br />

natürlich wollen Sie das nicht jetzt tun, wo es beiden nützen<br />

würde, son<strong>der</strong>n dann, wenn es vielleicht den Nutzen für die CDU<br />

deutlicher aufwertet.<br />

Wie können Sie, Herr Lämmel, eigentlich rechtfertigen, dass durch<br />

eine solche Zeitverschwendung noch viele weitere Jahre Absolventen<br />

<strong>der</strong> Universitäten und Hochschulen Sachsen verlassen und irgendwo<br />

an<strong>der</strong>s ihre Ideen verwirklichen werden? Nach einem internen Ranking<br />

sieht es doch heute schon so aus, dass Studenten jedes an<strong>der</strong>e<br />

Bundesland dem Freistaat Sachsen vorziehen, wenn es darum geht, wo<br />

man für eine spätere Existenzgründung das innovationsför<strong>der</strong>ndste<br />

Klima im Land vorfindet. Das müsste Ihnen doch zu denken geben,<br />

wenn Sie das bei Ihrer seltsamen Terminierung nicht überfor<strong>der</strong>t.<br />

Meine Damen und Herren! Es wäre <strong>der</strong> richtige Weg gewesen, sich hier<br />

in Sachsen ein Vorbild, ein Beispiel an <strong>der</strong> EU zu nehmen und in<br />

Sachsen eine Reform <strong>der</strong> För<strong>der</strong>politik ins Werk zu setzen. Ein<br />

Umsteuern in diese Richtung wäre gerade jetzt, in diesem Jahr,<br />

möglich gewesen. Sie haben diese Chance verpasst und Sie können von<br />

uns nicht verlangen, dass wir einem Haushalt <strong>der</strong> verpassten Chancen<br />

zustimmen. Die Verantwortung dafür tragen Sie ganz alleine.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Die CDU-Fraktion ist an <strong>der</strong><br />

Reihe. Ich bitte Herrn Abg. Nitzsche.<br />

Nitzsche, CDU: Frau Präsident!<br />

(Verwun<strong>der</strong>ung im Saal)<br />

Frau Präsident!<br />

(Zurufe von SPD und PDS)<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Herr Nitzsche, da sage ich das<br />

nächste Mal "Herr Präsidentin".


(Heiterkeit)<br />

Nitzsche, CDU: Okay. - <strong>Der</strong> liebe Herr Porsch ist ja zurzeit nicht<br />

da. Sie haben vorhin erst erzählt, Sie hätten keine Redezeit. Ich<br />

bin enttäuscht. Offenbar haben Sie doch genug Redezeit. Sie haben<br />

uns hier mit Frau Mattern gelangweilt. Ich möchte, bevor ich auf<br />

den Verkehrshaushalt eingehe, auf ein paar Punkte eingehen, die<br />

mich betreffen.<br />

Ich denke, es ist richtig, was Kollege Schommer mit seinem<br />

Ministerium macht, was wir als CDU-Fraktion hier machen. Kollege<br />

Jahr hat es in <strong>der</strong> Landwirtschaftsdebatte angesprochen: Wir<br />

verfressen nicht das Saatgut, um über den Winter zu kommen, son<strong>der</strong>n<br />

wir wollen Investitionen säen, Investitionen säen in die<br />

Infrastruktur, in den Straßenbau. Und ich möchte Ihnen, Frau<br />

Mattern, sagen, das Eisenbahnnetz gehört immer noch <strong>der</strong> Deutschen<br />

Bahn und nicht dem Freistaat Sachsen.<br />

Meine Damen und Herren! Ich denke, wir setzen hier mit diesem<br />

Staatshaushalt erneut ein klares Zeichen für die Infrastruktur. Ich<br />

denke an ein Beispiel aus meinem Wahlkreis. Mit TDK ist uns das in<br />

<strong>der</strong> Lausitz gelungen. Ich meine, man kann die Investoren nicht an<br />

den Haaren herbeiziehen. Ausschlaggebend war ein Wort von Kajo<br />

Schommer, <strong>der</strong> gesagt hatte, innerhalb von zwei Jahren habt ihr eine<br />

Anbindung an die Japaner, an die A 4. Kollege Jurk, Sie können<br />

jetzt lachen, wie Sie wollen, auf die Brandenburger müssen wir ja<br />

noch warten.<br />

(Jurk, SPD: Lesen Sie mal im Protokoll nach, warum ich<br />

gelacht habe!)<br />

Uns ist es dieses Jahr erstmalig gelungen, mit Brandenburg die<br />

Revision des Bundesverkehrswegeplanes A 13 anzumelden. Vorher haben<br />

sie immer geblockt. Ich weiß, Sie ziehen jeden Tag in Krauschwitz<br />

den brandenburgischen Adler hoch, aber insgeheim sind Sie froh,<br />

dass Sie in Sachsen sind.<br />

(Jurk, SPD: Ich wohne gar nicht in Krauschwitz!)<br />

Also lassen Sie mich auf das Beispiel zurückkommen. Wir konnten die<br />

Japaner hier im Freistaat Sachsen gewinnen, weil leistungsfähige<br />

Verkehrsanbindung versprochen und ganz einfach investiert wurde,<br />

meine Damen und Herren.<br />

(Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Ja, das ist einmal einen Beifall wert. Das muss man einfach sagen,<br />

meine Damen und Herren.<br />

<strong>Der</strong> CDU-Fraktion, dem Wirtschafts-/Verkehrsministerium,<br />

Finanzministerium - ich möchte mich noch einmal nachträglich bei<br />

den CDU-Mitglie<strong>der</strong>n im Finanzausschuss bedanken - ist es gelungen,<br />

die Investitionen in die Verkehrswege nicht nur auf dem hohen<br />

Niveau zu halten, son<strong>der</strong>n sogar noch jährlich gezielt um zehn<br />

Millionen DM aufzustocken.<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Was bringt es?)<br />

- Dazu komme ich gleich, was es bringt, Herr Porsch, wenn Sie mich<br />

so fragen.<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Ich frage seit zehn Jahren!)<br />

Ihre Fraktion ist ja kometenhaft gestiegen. Ich habe mich gefreut<br />

auf die Ankündigung von unserer lieben Frau Kipping und von Frau


Mattern, 150 Millionen DM mehr wollen wir in den kommunalen<br />

Straßenbau und in die Brücken stecken; wie ein Komet gestartet und<br />

als Sternschnuppe gelandet. Im Ausschuss kein einziger Antrag!<br />

Nichts zu diesem Thema!<br />

Vielleicht haben Sie sich vorher mit Herrn Weckesser konsultiert.<br />

Schuldenfreier Sozialismus ist vielleicht doch nicht ganz so<br />

einfach, meine Damen und Herren.<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Was machen Sie seit zehn Jahren?)<br />

Wir werden jedenfalls dafür sorgen, dass auf die<br />

Verkehrsinfrastruktur weiterhin ein beson<strong>der</strong>es Augenmerk gelegt<br />

wird. Das ist deshalb so geboten, meine Damen und Herren, weil sich<br />

Sachsen unter Berücksichtigung <strong>der</strong> bevorstehenden Erweiterung <strong>der</strong><br />

EU durchaus in einer zentralen Lage, in Deutschland aber in einer<br />

Randlage befindet. Beides, die Randlage sowie die zentrale Lage in<br />

einer größer gewordenen Europäischen Union, erfor<strong>der</strong>t eine<br />

leistungsfähige Infrastruktur.<br />

Kollege Bandmann hat mich erst darauf aufmerksam gemacht.<br />

Schlesien, Nie<strong>der</strong>schlesien muss darauf Obacht geben und darum<br />

bitten wir vielleicht noch einmal, Kollege Schommer, dass Sie die<br />

Bundesregierung auf die Verkehrsplanung in <strong>der</strong> Woiwodschaft<br />

Nie<strong>der</strong>schlesien darauf aufmerksam machen. Das Stück zwischen<br />

Görlitz und Liegnitz ist ausgeklammert von <strong>der</strong> Korridorplanung. Ich<br />

denke, es muss bis Liegnitz die Autobahn geplant werden, meine<br />

Damen und Herren.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU - Jurk, SPD: Noch ist Liegnitz nicht<br />

sächsisch!)<br />

<strong>Der</strong> Freistaat Sachsen engagiert sich hier in einer Art und Weise<br />

wie keines <strong>der</strong> neuen Län<strong>der</strong>. Beim Flughafen Leipzig/Halle konnten<br />

wir im April die interkonti-verkehrstaugliche Start- und Landebahn<br />

in Betrieb nehmen. Leipzig/Halle bietet sich im expandierenden<br />

Luftverkehr als ein rund um die <strong>Uhr</strong> nutzbares Drehkreuz für ganz<br />

Mitteldeutschland an.<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Herr Nitzsche, gestatten Sie eine<br />

Zwischenfrage?<br />

Nitzsche, CDU: Selbstverständlich.<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Bitte.<br />

Frau Mattern, PDS: Herr Nitzsche, ich habe eine Frage.<br />

(Nitzsche, CDU: Ich dachte schon, es wäre eine Zwischenfrage!<br />

Nun nehme ich an, dass es doch eine Frage ist.)<br />

Könnte es möglich sein,<br />

(Nitzsche, CDU: Sie sind ja ganz freundlich!)<br />

dass Sie im Ausschuss vor lauter Langeweile o<strong>der</strong> warum auch immer<br />

geschlafen haben? Wir hatten dort zweimal auf <strong>der</strong> Tagesordnung, im<br />

Archiv nachzulesen,<br />

(Nitzsche, CDU: Ja, Sie hatten das Schülerticket! -<br />

Prof. Dr. Porsch, PDS: Lassen Sie sie doch ausreden!)<br />

einen Antrag für ein Son<strong>der</strong>programm für den kommunalen Straßen- und<br />

Brückenbau. Soweit ich mich erinnere, Herr Nitzsche, haben Sie das<br />

doch wohlwollend aufgenommen und dann mit einigen kleinen


Verän<strong>der</strong>ungen in die Realität umgesetzt. Etwas Schöneres kann sich<br />

Opposition überhaupt nicht wünschen, nicht mal von Ihnen.<br />

Nitzsche, CDU: Wo ist denn jetzt die Frage? Ich verstehe das so,<br />

dass Sie jetzt fragen, ob ich etwas Falsches gesagt habe. Ich<br />

beziehe mich auf den letzten Haushaltsausschuss, wo wir den ganzen<br />

Haushaltsplan durchgegangen sind. Da war kein Antrag zu finden. Es<br />

waren Anträge zu finden von unserer lieben Frau Kipping über den<br />

Schülerinnen- und Schülerverkehr.<br />

(Heiterkeit)<br />

Aber diese Aufstockung haben wir vergebens gesucht, meine Damen und<br />

Herren.<br />

Also, ich war bei Dresden. Dort wird im kommenden Frühjahr nicht<br />

nur <strong>der</strong> neue Terminal, son<strong>der</strong>n auch die Flughafen-S-Bahn in Betrieb<br />

gehen. Die sächsischen Flughäfen - mein Kollege Andreas Lämmel hat<br />

das schon gesagt - sind zum Kristallisationspunkt hochkarätiger<br />

Industrieansiedlungen im Städtedreieck geworden: Porsche, AMD,<br />

Infineon. Ich meine, die Lausitz ist davon lei<strong>der</strong> noch<br />

ausgeschlossen, vielleicht packen wir es auch, aber wir können<br />

keinen zwingen zu investieren. Ich denke, wir sind froh, dass wir<br />

hier unsere Flughäfen als Katalysatoren für Industrieansiedlungen<br />

haben.<br />

Gerade auch beim Straßenbau setzen wir unseren Investitionskurs<br />

fort. Seit 1991 wurden über 15 Milliarden DM in das sächsische<br />

Straßennetz investiert. Für den Staatsstraßenbau werden wir in den<br />

kommenden zwei Jahren jeweils 250 Millionen DM bereitstellen und<br />

für den kommunalen Staatsstraßenbau per anno 260 Millionen DM, mit<br />

allen Mitteln insgesamt aus dem FAG 375 Millionen DM.<br />

Ein Vergleich. Ich war vorletzten Mittwoch in Sachsen-Anhalt. Als<br />

ich meinem Kollegen Dehre diese Zahlen genannt habe, hat er Tränen<br />

in die Augen bekommen. Dort hält es ja die PDS-tolerierte SPD-<br />

Regierung mit ganzen 100 Millionen DM für den kommunalen<br />

Straßenbau, lediglich 80 Millionen DM für den Staatsstraßenbau.<br />

(Staatsminister Dr. Schommer: Landesstraßenbau!)<br />

- Landesstraßen, Entschuldigung, die sind kein Freistaat. Das ist<br />

vollkommen klar. Ich bin ein Freistaatanhänger, wie wir mit<br />

Thüringen und Bayern versuchen, als Freistaat gemeinsam an einer<br />

Linie zu ziehen.<br />

(Beifall des Abg. Schiemann, CDU)<br />

Jawohl! - Also Landesstraßen. Poplige 80 Millionen DM will Sachsen-<br />

Anhalt in die Landesstraßen investieren.<br />

(Jurk, SPD: Landstraßen! - Prof. Dr. Porsch, PDS: Die sind<br />

schon fertig!)<br />

Wir stellen dagegen 260 Millionen DM bereit. Vielleicht, Kollege<br />

Jurk, können Sie das ja beim nächsten Mal Kollegen Schwanitz sagen.<br />

Wir als Freistaat, wir sind ein armes Land, aber wir stellen<br />

insgesamt für Staatsstraßenbau und kommunalen Straßenbau 625<br />

Millionen DM zur Verfügung. Vom Bund bekommen wir gerade 500<br />

Millionen DM. Mit <strong>der</strong> Aufstockung aus den UMTS-Zinserlösen sind es<br />

150 Millionen DM mehr, also sind es 750 Millionen DM.<br />

(Zuruf des Abg. Jurk, SPD)


Das sind immer noch 250 Millionen DM weniger als unter <strong>der</strong> letzten<br />

CDU-Bundesregierung, meine Damen und Herren.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU - Dr. Münch, CDU: Hört, hört!)<br />

Stand in den zurückliegenden Jahren die Instandsetzung des<br />

bestehenden Netzes im Vor<strong>der</strong>grund, so gewinnt nunmehr die<br />

Realisierung von wichtigen Ortsumgehungen zunehmend an Bedeutung.<br />

Krauschwitz ist lei<strong>der</strong> noch nicht drauf, wird aber auch bald<br />

kommen.<br />

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Porsch, PDS)<br />

Wir wollen damit gleichermaßen die schnelle Erreichbarkeit von<br />

Regionen verbessern, die Verkehrssicherheit erhöhen und den<br />

Lebenswert unserer Städte und Gemeinden durch die Entlastung von<br />

überörtlichem Durchgangsverkehr verbessern.<br />

Schwieriger als im Straßenbau, meine Damen und Herren, gestaltet<br />

sich auch von den Kompetenzen her die Entwicklung des sächsischen<br />

Eisenbahnnetzes. Im Grundsatz gilt, dass auch hier <strong>der</strong> Bund als<br />

Eigentümer <strong>der</strong> Deutschen Bahn in <strong>der</strong> Pflicht steht.<br />

(Beifall des Staatsministers Dr. Schommer)<br />

Eigentum verpflichtet; Grundgesetz Artikel 14.<br />

(Jurk, SPD: War nur einer, <strong>der</strong> geklatscht hat!)<br />

Wie wir wissen, wird <strong>der</strong> Bund dieser Verpflichtung trotz mancher<br />

zusätzlicher Anstrengung für die Bahn auch nicht ansatzweise<br />

gerecht, meine Damen und Herren. Bisher hat die rot-grüne<br />

Bundesregierung vor allem damit Aufsehen erregt, dass wichtige<br />

Schienenprojekte nunmehr seit fast eineinhalb Jahren auf Eis<br />

liegen, meine Damen und Herren. Vom Vorrang für die Schiene ist<br />

hier wenig zu merken.<br />

Das gilt für die großen Fernverkehrsstrecken, <strong>der</strong>en Ausbau alles in<br />

allem nur schleppend vorankommt, was wir hier schon thematisiert<br />

haben. Es gilt aber ganz beson<strong>der</strong>s auch für die Strecken des<br />

Regionalnetzes, und zwar auch für die, an <strong>der</strong>en Bestand und<br />

Bedeutung für den Schienenpersonennahverkehr es langfristig gar<br />

keine Zweifel gibt.<br />

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Porsch, PDS)<br />

Frau Kollegin Mattern, ich erinnere da an die grüne Liste. Sie<br />

wissen, was ich meine. Es sind jetzt nicht die Grünen benannt,<br />

son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Bestand, den wir hier als wichtig erachten. <strong>Der</strong><br />

Freistaat hat deshalb, obwohl er an sich gar nicht zuständig ist,<br />

in den zurückliegenden Jahren in stetig steigendem Maße den Ausbau<br />

und die Instandsetzung von Strecken im Schienenpersonennahverkehr<br />

geför<strong>der</strong>t. 1999 waren das zum Beispiel 120 Millionen DM.<br />

(Zuruf des Abg. Jurk, SPD)<br />

Im Jahre 2000 sind es bisher 150 Millionen DM. Darin sind<br />

Primärinvestitionen in S-Bahn-Strecken, Flughafenanbindung und<br />

natürlich auch För<strong>der</strong>mittel für die Instandsetzung von<br />

Regionalnetzstrecken enthalten.<br />

(Jurk, SPD: Regionalisierung!)<br />

Frau Mattern, wenn Sie sich erst aufgeregt haben, dass wir die<br />

Mittel des GVFG 10 : 90 - wohlgemerkt auch als einziges Land in <strong>der</strong><br />

Bundesrepublik - schichten, so denke ich dennoch, es ist richtig.<br />

Sie vergaßen zu erwähnen, dass wir jährlich mit dem


Landesinvestitionsplan aus Regionalisierungsmitteln nach 8.2. knapp<br />

400 Millionen DM in die Infrastruktur und in den ÖPNV, also<br />

beson<strong>der</strong>s in den ÖPNV, schießen, meine Damen und Herren.<br />

Das sollen uns erst einmal an<strong>der</strong>e nachmachen. Deshalb ist sie<br />

wichtig, die För<strong>der</strong>ung des Straßenverbundes ÖPNV, sei es <strong>der</strong> Ausbau<br />

von Stadtbahnsystemen o<strong>der</strong> auch die notwendige Erneuerung <strong>der</strong><br />

Fahrzeugflotten unserer Omnibusunternehmen. Diese För<strong>der</strong>ung dient<br />

primär dem Ziel eines attraktiven ÖPNV. Nicht zu unterschätzen ist<br />

auch <strong>der</strong> Effekt, die Wirtschaftlichkeit des Nahverkehrs durch<br />

Investitionen zu erhöhen. Damit leistet <strong>der</strong> Freistaat einen ganz<br />

entscheidenden Beitrag, um unsere sächsischen Unternehmen auf den<br />

bevorstehenden Wettbewerb in <strong>der</strong> Europäischen Union im Bereich des<br />

öffentlichen Personennahverkehrs vorzubereiten.<br />

Unser Ziel ist es auch, für die Aufgabenträger des öffentlichen<br />

Personennahverkehrs eine längerfristige Finanzierungsperspektive zu<br />

schaffen. In diesem Sinne haben wir uns bereits hier im Frühjahr<br />

für eine neue Finanzierungsverordnung eingesetzt. Wir sind dem<br />

Verkehrsministerium dankbar, dass dieses Projekt mittlerweile auf<br />

gutem Wege ist. Ich erlaube mir allerdings die Bitte, Herr<br />

Schommer, in <strong>der</strong> Verordnung auch einen geeigneten<br />

Revisionsmechanismus aufzuzeigen - wir haben das Ihren Fachleuten<br />

schon benannt. Es ist nämlich unbestritten, dass es über die Jahre<br />

zu einer regionalen Verschiebung <strong>der</strong> finanziellen Erfor<strong>der</strong>nisse<br />

kommen kann. Angesichts <strong>der</strong> langfristigen vertraglichen Bindung,<br />

die die Nahverkehrs-Zweckverbände bei <strong>der</strong> Bestellung <strong>der</strong><br />

Nahverkehrsleistungen eingehen, ist Berechenbarkeit hier eine<br />

begründete For<strong>der</strong>ung. Wir haben dies eingebracht. Ich denke, es<br />

wird im Frühjahr o<strong>der</strong> Anfang des Jahres so geregelt werden.<br />

Ich möchte ausdrücklich unterstreichen, dass <strong>der</strong> Freistaat mit<br />

diesem Haushalt erneut einen klaren Akzent zugunsten von<br />

Investitionen in den öffentlichen Personennahverkehr setzt. Mit<br />

jährlich 100 Millionen DM werden Investitionen in den ÖPNV aus<br />

Mitteln des Investitionsför<strong>der</strong>gesetzes unterstützt. Unter dieser<br />

Voraussetzung halten wir auch die gefundene Lösung bei <strong>der</strong><br />

Finanzierung <strong>der</strong> Ausbildungsverkehre für akzeptabel. Ich hoffe -<br />

wir werden vielleicht noch auf den Än<strong>der</strong>ungsantrag zu sprechen<br />

kommen, Frau Kollegin Raatz, Sie kennen ja sicherlich schon meine<br />

Antwort zu dem Thema dann -, wenn die IFG-Mittel auslaufen, sehr<br />

geehrter Herr Finanzminister, dass wir nicht in ein investives Loch<br />

fallen. Ich bin mir da ganz sicher. Ich nehme einmal an, bei <strong>der</strong><br />

Revision <strong>der</strong> Regionalisierungsmittel wird es eher zu einem<br />

Mehrbedarf kommen; denn es ist ja Politik des Bundes mit <strong>der</strong><br />

Deutschen Bahn, Fernverkehrsleistungen in den Nahverkehr<br />

abzudrücken, die dann durch die Län<strong>der</strong> zu finanzieren sind.<br />

Lassen Sie mich noch abschließend zu den For<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong><br />

Oppositionsfraktion Folgendes sagen: Ich stelle zum einen fest -<br />

Herr Weckesser, ich hatte das schon einmal gesagt -, dass <strong>der</strong><br />

"schuldenfreie Sozialismus" offenbar mit Schwierigkeiten verbunden<br />

ist - ich lese das jetzt vor; an sich habe ich das schon gesagt -<br />

vorab mit Ihren Mehrfor<strong>der</strong>ungen von 150 Millionen DM zugunsten des<br />

kommunalen Straßenbaus. Ich erinnere an Komet Sternschnuppe usw.


Ich denke, die Zeit gebietet das auch. Es war hier unsere Fraktion,<br />

die dafür gesorgt hat, dass trotz knapper Kassen die Mittel gezielt<br />

zur Instandsetzung kommunaler Brücken aufgestockt wurden.<br />

Ganz beson<strong>der</strong>s freut uns natürlich, dass mit den Mitteln aus dem<br />

IFG auch hier ein höherer För<strong>der</strong>satz möglich ist. Ich denke an die<br />

Projektierung von Brücken, die mit 75 % sehr hart für kommunale<br />

Träger ist. Durch die IFG-Bindung ist es möglich bis 90 % zu<br />

för<strong>der</strong>n. Das ist im Interesse nicht nur <strong>der</strong> Brücken, son<strong>der</strong>n auch<br />

<strong>der</strong> sächsischen Infrastruktur, meine Damen und Herren.<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Herr Nitzsche, gestatten Sie noch<br />

eine Zwischenfrage?<br />

Nitzsche, CDU: Ja, Herr Weckesser, bitte.<br />

Weckesser, PDS: Nichts zum schuldenfreien Sozialismus und seinen<br />

Problemen. Ich denke, das ist heute nicht das Thema, son<strong>der</strong>n, da<br />

Sie das heute zum zweiten Mal ansprechen: Könnte es sein, dass ich<br />

mich richtig erinnere, dass unser Antrag zu diesem kommunalen<br />

Brückenbauprogramm Monate vor Ihrem da war, dass er mehrfach<br />

verzögert wurde, dass Sie dann einen eigenen gemacht haben, <strong>der</strong><br />

selbstverständlich die Mehrheit fand, was ja keine Kunst ist, und<br />

dass unter diesen Bedingungen Sie mir zustimmen können, dass es<br />

sinnlos gewesen wäre, einen inhaltlich erledigten Antrag noch<br />

einmal zu stellen, nur dass Sie heute darauf herumdreschen können?<br />

(Jurk, SPD: Jetzt kommt es raus!)<br />

Nitzsche, CDU: Herr Weckesser, Sie haben vollkommen Recht. Er war<br />

ein halbes Jahr vorher in <strong>der</strong> Presse. Wir haben noch keine<br />

Pressemitteilung gemacht. Wir haben uns noch nicht gefreut, dass<br />

wir sagen: Hier, so und so usw., hier ist kometenhaft etwas<br />

aufgestiegen. Ich denke allerdings, Herr Weckesser,<br />

(Weckesser, PDS: Sie haben ihn übernommen!)<br />

wenn wir ihn übernommen hätten, so hätten Ihnen Ihre Kollegen im<br />

Ausschuss sagen können, dass es mit 150 Millionen DM finanziell<br />

nicht möglich wäre - Punkt 1 - und Punkt 2, dass bestehende<br />

Projekte in <strong>der</strong> För<strong>der</strong>summe gar nicht da wären, vielleicht doch.<br />

Aber Punkt 3 - das sagen Sie mir als ehemaligem Bürgermeister, das<br />

können Sie mir glauben: Öffentliches Geld, das ausgegeben wird,<br />

muss natürlich über Verwaltung exekutiert werden. Ich denke, bei<br />

allem Engagement und aller Kreativität, die das Verkehrsministerium<br />

und die nachgeordneten Bereiche an den Tag legen, wird es nicht so<br />

einfach sein, so viel Geld "durchzuschieben". Wir haben von<br />

vornherein diese Priorität wie Sie erkannt. Von Ihnen ist im<br />

Ausschuss kein Antrag gekommen. Ich hätte mich darauf gefreut.<br />

Ich denke, wir haben hier den ersten Ansatz gelegt. Stattdessen<br />

haben Sie versucht, mit unausgegorenen Anträgen zur Einführung von<br />

Schülertickets, die es ohnehin schon gibt, sowie zur kostenlosen<br />

Fahrradmitnahme auf Nebenkriegsschauplätzen zu agieren, auch<br />

hinsichtlich Ihres Engagements für den Lärmschutz.<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Herr Nitzsche, sind Sie bereit,<br />

auf eine weitere Zwischenfrage zu antworten?<br />

Nitzsche, CDU: Ja.


Frau Mattern, PDS: Herr Nitzsche, ich beziehe mich kurz auf das,<br />

was Sie gerade gesagt haben. Können Sie mir einmal genauer<br />

erklären, wie Sie seinerzeit als Bürgermeister Geld exekutiert<br />

haben?<br />

Nitzsche, CDU: Mit "Geld exekutiert" meine ich, För<strong>der</strong>mittel<br />

verwaltet, ausgegeben zu haben. Die müssen ja in die Planung usw.,<br />

das muss ja vorgegeben werden.<br />

(Heiterkeit bei PDS und SPD)<br />

Meine Damen und Herren, niemand in diesem Hohen Hause wird<br />

grundsätzlich das bestehende - -<br />

(Anhaltende Heiterkeit bei PDS und SPD)<br />

- Also, liebe Leute, ich weiß, Herr Prof. Porsch, wir sind in <strong>der</strong><br />

zwölften Stunde <strong>der</strong> Haushaltsdebatte. Aber ich denke, von Ihnen als<br />

Professor müsste man verlangen können, dass Sie mit links und 40<br />

Fieber mit <strong>der</strong> gebotenen Aufmerksamkeit dabei sind und hier<br />

sachdienliche Debatten liefern, meine Damen und Herren.<br />

(Jurk, SPD: Aber Ursache und Wirkung nicht verdrehen!)<br />

Wir setzen als CDU-Fraktion mit diesem Staatshaushaltsplan für die<br />

beiden kommenden Jahre erneut ein klares Zeichen zugunsten einer<br />

leistungsfähigen Verkehrsinfrastruktur. Deshalb haben wir auch<br />

Grund, den Bund an seine Verpflichtung für die<br />

Verkehrsinfrastruktur in Sachsen zu erinnern. Aber <strong>der</strong><br />

grundsätzliche Nachholbedarf verlangt nach wie vor vonseiten des<br />

Bundes ein beherztes und engagiertes Vorgehen. Ich erinnere zum<br />

Beispiel an die zusammen mit unserem Verkehrsministerium und den<br />

verkehrspolitischen Sprechern aus allen Bundeslän<strong>der</strong>n<br />

verabschiedete Dresdener Erklärung - ich denke, Kajo Schommer wird<br />

noch darauf eingehen -, an die zügige Fortschreibung des<br />

Bundesverkehrswegeplanes, die nicht fünf o<strong>der</strong> sechs Jahre dauern<br />

kann, die notwendige Entscheidung zu wichtigen Schienenprojekten,<br />

meine Damen und Herren, bis hin zu klaren Schlussfolgerungen aus<br />

dem Bericht <strong>der</strong> Pällmann-Kommission zur Verkehrswegefinanzierung.<br />

Wir sind zu konstruktiven Gesprächen bereit und hoffen, dass sich<br />

mit dem neuen Bundesverkehrsminister Kurt Bodewig bald schon eine<br />

Gelegenheit zu Gesprächen im Freistaat Sachsen ergeben wird.<br />

Danke.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Ich übergebe das Wort an die SPD-<br />

Fraktion. Herr Abg. Lucassen, bitte.<br />

Lucassen, SPD: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und<br />

Herren! Zu den Aufgaben <strong>der</strong> Politik gehört es sicherlich auch, den<br />

Standort Sachsen zu preisen. Das hat Herr Lämmel ja getan und das<br />

tut sicherlich nicht nur Herr Lämmel, son<strong>der</strong>n das tun auch die<br />

an<strong>der</strong>en, Oppositionspolitiker. Aber, Herr Lämmel, ich würde Ihnen<br />

einmal empfehlen, den Optiker zu wechseln. Sie sehen ja alles nur<br />

noch rosig. So ist es sicherlich nicht in Sachsen. Ich wollte nicht<br />

sagen: mit rosaroter Brille. Vielleicht haben Sie sonst Angst, dass<br />

Sie in Ihrer eigenen Fraktion eventuell in eine an<strong>der</strong>e<br />

Parteirichtung abgeschoben werden. Das will ich einmal so zu <strong>Beginn</strong><br />

sagen.


Gerne werden ja von <strong>der</strong> Regierungsseite die Beschäftigtenzahlen<br />

genannt. Das haben Sie getan. Sie haben Ihrem Ministerpräsidenten -<br />

lei<strong>der</strong> ist er nicht da - fleißig nachgeplappert. Aber bitte,<br />

schmücken Sie sich nicht mit fremden Fe<strong>der</strong>n! Ohne die aktive<br />

Arbeitsmarktpolitik - man höre und staune - gäbe es keine, wenn Sie<br />

so wollen, hohe Beschäftigtenzahl. Das tatsächliche Niveau <strong>der</strong><br />

sächsischen Beschäftigtenentwicklung ist wesentlich nüchterner. 76<br />

Industriebeschäftigte pro tausend Einwohner - Platz 10 <strong>der</strong><br />

Statistik in Deutschland - und die Entwicklung - das haben Sie<br />

selbst gesagt - in einigen an<strong>der</strong>en Branchen ist ja mehr als<br />

Besorgnis erregend.<br />

Zu den Aufgaben <strong>der</strong> sächsischen Politik und dieses Hohen Hauses<br />

gehört natürlich auch das Recht auf menschenwürdiges Dasein,<br />

insbeson<strong>der</strong>e auf Arbeit. Das können Sie im Artikel 7 unserer<br />

Verfassung nachlesen. Schönreden verän<strong>der</strong>t nichts, dazu sind die<br />

Sachsen viel zu helle, wenn man es ihnen auch tausendmal erzählt,<br />

das wissen die. Und die Investoren, die hierher kommen, sind auch<br />

nicht blind.<br />

Das will ich mal so deutlich sagen.<br />

Wenn ich jetzt zu den Haushaltszahlen für Wirtschaft und Arbeit<br />

spreche, so will ich auch das Grundproblem benennen - die anhaltend<br />

hohe Arbeitslosigkeit. Das gehört einfach in diesen Saal hinein.<br />

Dieses Problem, verbunden mit hohem menschlichen Leid, gehört in<br />

den Mittelpunkt unserer gesellschaftlichen Diskussion und des<br />

Handelns.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD - Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Davon lasse ich mich nicht abbringen, auch wenn <strong>der</strong><br />

Ministerpräsident das gern möchte.<br />

370 000 Menschen sind ohne Arbeit und weitere 110 000 Menschen sind<br />

in Maßnahmen des Arbeitsamtes, auch wenn manchmal<br />

Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen - zu Unrecht - einen kleinen Anstrich<br />

von "sozialem Klimbim" haben.<br />

Eines finde ich gut, das sage ich ganz deutlich: dass Sie nämlich<br />

auf das Problem <strong>der</strong> Jugendarbeitslosigkeit eingegangen sind. Schön,<br />

dass Sie es auch begriffen haben. Über 65 000 junge Sachsen sind<br />

arbeitslos o<strong>der</strong> in Maßnahmen. Sachsen hat den Spitzenplatz in<br />

Ostdeutschland bei <strong>der</strong> Jugendarbeitslosigkeit.<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Hört, hört! - Frau Dr. Volkmer, SPD:<br />

Schlimm, schlimm!)<br />

Das erfüllt mich mit großer Sorge. Da tickt eine Zeitbombe.<br />

Deswegen ist es mir unverständlich, dass gerade in dieser Frage<br />

gespart worden ist.<br />

Es ist richtig, dass wir den zweiten Platz haben. <strong>Der</strong> erste Platz<br />

ist in Nordrhein-Westfalen, die haben ein paar Tausend mehr. Aber<br />

die sind auch vier Mal so groß. In Ostdeutschland haben wir den<br />

Platz eins.<br />

(Schiemann, CDU: Seit zwei Jahren!)<br />

Die Zahl <strong>der</strong> Erwerbstätigen in Sachsen, meine Damen und Herren, ist<br />

nach den letzten Zahlen von 1999 im Vergleich zu den an<strong>der</strong>en<br />

Bundeslän<strong>der</strong>n nur unterdurchschnittlich gestiegen. Auf dem<br />

Arbeitsmarkt in Sachsen ist Stagnation zu verzeichnen. Das sind die


Fakten und vielleicht ein Grund zur Abwan<strong>der</strong>ung. Die Sachsen gehen<br />

nicht weg, weil <strong>der</strong> Lucassen diese Probleme irgendwo benennt,<br />

son<strong>der</strong>n sie gehen weg, weil sie hier keine Perspektive haben, die<br />

ihnen den Lebensunterhalt sichert.<br />

Unsere Wirtschaft ist immer noch nicht stark genug. Herr Lämmel,<br />

das wissen Sie auch. Ein selbsttragen<strong>der</strong> Aufschwung ist weit<br />

entfernt. Ohne Unterstützung des Staates geht es nicht. Allein mit<br />

Tauris o<strong>der</strong> <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung von Niedriglohnprojekten ist keine<br />

Wirtschaftspolitik zu machen.<br />

(Beifall bei SPD und PDS)<br />

Ich kann Ihnen einen Rat geben: Anstatt viel Geld für teure<br />

Gutachten auszugeben sollten Sie einfach die Ideen <strong>der</strong><br />

Oppositionsparteien aufgreifen.<br />

(Vereinzelt Beifall bei SPD und PDS)<br />

Erstens haben wir dann mehr Geld für Arbeitsmarktprojekte und<br />

zweitens kämen wir, so glaube ich, auch zu Problemlösungen.<br />

(Dr. Hähle, CDU: Sie sind deswegen gewählt worden.)<br />

<strong>Der</strong> Entwurf des Haushalts des Staatsministeriums für Wirtschaft und<br />

Arbeit ist <strong>der</strong> größte Haushaltsposten. Damit könnte eigentlich<br />

richtige Politik gemacht werden. Aber im Wesentlichen ist das eine<br />

Fortschreibung des Zustandes - was nicht allein das SMWA zu<br />

vertreten hat.<br />

Ich will mich auf drei Punkte beschränken: 1. die Mittel für die<br />

aktive Arbeitsmarktpolitik, 2. die Ausstattung <strong>der</strong> Stiftung<br />

Innovation und Arbeit und 3. die Situation in den Regionen mit<br />

beson<strong>der</strong>en Entwicklungsaufgaben.<br />

Die aktive Arbeitsmarktpolitik bleibt das Stiefkind <strong>der</strong><br />

Staatsregierung. Dieser Haushalt ist deshalb auch unsozial. Aus dem<br />

Zahlenwerk lassen sich keine tief greifenden Neuerungen ablesen.<br />

Die Struktur des Haushaltes wird in erster Linie mit<br />

Verstärkungsmitteln aus EU- und Bundesmitteln zunehmend zum<br />

Globalhaushalt.<br />

Die CDU-Fraktion hat ja, so denke ich, erst nach Attacken <strong>der</strong><br />

Oppositionsparteien in den Haushaltsberatungen eine<br />

Sachkostenfinanzierung für ABM in Höhe von 45 Millionen DM<br />

zugesichert, nachdem die 37,5 Millionen DM eingefor<strong>der</strong>t sind. Ich<br />

gehe davon aus, dass Sie willens und in <strong>der</strong> Lage sind, dieses<br />

Versprechen im Haushaltsvollzug einzuhalten. Ich gehe davon aus. Da<br />

sind Sie, Herr Dr. Münch, in <strong>der</strong> Verpflichtung und auch Sie, Herr<br />

Lämmel, zu dem zu stehen, was Sie im Ausschuss gesagt haben. Ich<br />

verspreche Ihnen an dieser Stelle schon, wir werden das<br />

kontrollieren.<br />

(Lämmel, CDU: Dazu stehe ich ja! - Prof. Dr. Porsch, PDS:<br />

Ihr steht meistens!)<br />

- Fein, da freue ich mich.<br />

<strong>Der</strong> Ansatz für die Sachkostenfinanzierung ist nach unserer<br />

Einschätzung nach wie vor zu niedrig. Aber ein Mehr war trotz<br />

besserer Argumente <strong>der</strong> Opposition gegen die Mehrheit nicht<br />

durchzusetzen. Aber gut, dass Sie dazu stehen, damit wir zumindest<br />

diesen Bereich absichern können.


Meine Sorge ist, dass durch die Umfinanzierung die<br />

Arbeitsmarktpolitik möglicherweise ein Stückchen von <strong>der</strong> CDU als<br />

Sozialklimbim behandelt wird. Das darf nicht sein. Die<br />

wirtschaftlichen Impulse, die mit den Instrumenten aktiver<br />

Arbeitsmarktpolitik gegeben werden können, setzen Sie<br />

möglicherweise leichtfertig aufs Spiel.<br />

Wenn aber fast 270 Millionen DM für Strukturanpassungsmittel wie<strong>der</strong><br />

ungenutzt aus Sachsen zurückfließen, dann muss sich die<br />

Staatsregierung schon fragen lassen, ob sie wirklich alle<br />

Möglichkeiten ausgeschöpft hat. Hier ist ein Umsteuern dringend<br />

notwendig und wir bieten hierzu unsere Mitarbeit an.<br />

Ungenutztes Potenzial sehe ich zum Beispiel in einer verstärkten<br />

Kopplung von Struktur- und Arbeitsmarktpolitik. Nicht zuletzt die<br />

Kommunen brauchen als wichtige Träger innovativer Maßnahmen<br />

finanzielle Spielräume.<br />

Dass Arbeitsmarktpolitik und Wirtschaftspolitik keinen Gegensatz<br />

darstellen, zeigt sich auch an an<strong>der</strong>er Stelle. Hier möchte ich den<br />

Aspekt <strong>der</strong> Qualifizierung beson<strong>der</strong>s hervorheben. Darin sehe ich<br />

einen entscheidenden wirtschaftspolitischen Erfolgsfaktor für die<br />

Zukunft. Es genügen nicht nur Lippenbekenntnisse zur<br />

Wissensgesellschaft. Dass es offenbar ab und an nur um<br />

Lippenbekenntnisse geht, zeigt sich augenfällig am Protest <strong>der</strong><br />

8 000 Studenten heute Nachmittag vor diesem Haus.<br />

Die Mittel für die berufliche Bildung und die lebenslange Fort- und<br />

Weiterbildung müssen als eine Investition in die Zukunft verstanden<br />

werden. Hier zeigt sich ganz exemplarisch, dass die aktive<br />

Arbeitsmarktpolitik ein Bestandteil <strong>der</strong> Wirtschaftspolitik sein<br />

muss.<br />

Umso bedauerlicher ist es, dass die CDU-Mehrheitsfraktion die<br />

erfolgreiche Arbeit des sächsischen Bündnisses für Arbeit infrage<br />

stellt. Die vorgesehenen Mittelkürzungen für die Stiftung<br />

Innovation und Arbeit erschweren <strong>der</strong>en Arbeit. Wenn 262 Millionen<br />

DM hier für Straßenbau ausgegeben werden, warum sollen dann 760 000<br />

DM für die Stiftung Innovation und Arbeit eingespart werden?<br />

(Beifall bei SPD und PDS - Prof. Dr. Porsch, PDS: So ist das!)<br />

Die Stiftung mit ihren beiden Säulen, den Regionalforen und dem<br />

Sachverständigennetz, ist <strong>der</strong> einzige sächsische Beitrag, <strong>der</strong> den<br />

Normen <strong>der</strong> europäischen Beschäftigungsstrategie zur Beteiligung <strong>der</strong><br />

Regionen und <strong>der</strong> Sozialpartner entspricht.<br />

Darüber hinaus sprechen die bisherigen Erfolge <strong>der</strong> Stiftung für<br />

sich. Allein von Januar bis Juni sind 96 Sachverständigeneinsätze<br />

erfolgt. Es ist auch Wahrheit, Herr Lämmel, dass nach wie vor in<br />

den Betrieben ein großes Problem existiert. Hinter diesen 96<br />

Feuerwehreinsätzen <strong>der</strong> Stiftung stehen 4 900 Beschäftigte. In 50 %<br />

<strong>der</strong> Fälle geht es um den Bereich Konkurs/Insolvenz und soziale<br />

Auslösung, wenn überhaupt nichts mehr möglich ist.<br />

In den Regionalforen <strong>der</strong> Stiftung werden <strong>der</strong>zeit zirka 35 regionale<br />

Leitprojekte mit hoher Qualität geführt, was sicherlich auch für<br />

die Regionen mit beson<strong>der</strong>en Entwicklungsaufgaben wichtig ist.<br />

Welche Größenordnungen solche Vorhaben annehmen, zeigt das positive


Projekt Lutki aus <strong>der</strong> Lausitz, in dem allein zehn<br />

Unternehmensverbünde zu finden sind.<br />

Als SPD-Fraktion halten wir an <strong>der</strong> vollständigen Aufhebung <strong>der</strong><br />

Sperrvermerke fest. Dieses bewährte Instrument ist von <strong>der</strong> CDU<br />

bisher nie infrage gestellt worden. Ich frage mich, warum hier<br />

solche qualifizierten Sperrvermerke angebracht werden. Will man<br />

reglementieren? Wir for<strong>der</strong>n eine verlässliche Finanzierung des<br />

Sachverständigennetzes.<br />

Als weiteren Schwerpunkt meiner Ausführungen habe ich die Regionen<br />

mit beson<strong>der</strong>en Entwicklungsaufgaben angekündigt. Die SPD-Fraktion<br />

hat schon frühzeitig die wirtschaftlichen Chancen und Risiken <strong>der</strong><br />

strukturschwachen Regionen thematisiert.<br />

In seiner Regierungserklärung hat <strong>der</strong> Ministerpräsident vor einem<br />

Jahr nach langem Stillstand das Problem endlich aufgegriffen.<br />

Versprochen wurde, ein beson<strong>der</strong>es Augenmerk auf die<br />

wirtschaftlichen und sozialen Probleme <strong>der</strong> Regionen außerhalb <strong>der</strong><br />

Ballungszentren zu richten.<br />

Dass diese For<strong>der</strong>ung berechtigt ist, belegt die Antwort auf die<br />

Große Anfrage <strong>der</strong> SPD zum Südraum Leipzig. In Abwandlung eines<br />

bekannten Sprichwortes glauben wir an die Statistik, obwohl wir sie<br />

nicht selbst gefälscht haben. Wer heute als Kind südlich von<br />

Leipzig groß wird, wird auch im Jahre 2015 noch seinen Ausbildungs-<br />

und Arbeitsplatz woan<strong>der</strong>s suchen müssen. Minister Hardraht, <strong>der</strong> für<br />

diesen Bereich zuständig ist, will den Südraum zu einem<br />

erstklassigen touristischen Gebiet entwickeln. Viel Erfolg!<br />

Außerdem soll es eine vorsichtige Erweiterung - ich wie<strong>der</strong>hole:<br />

eine vorsichtige Erweiterung - <strong>der</strong> Industrie geben. Vor allem aus<br />

seiner letzten Äußerung sprechen Selbstzweifel <strong>der</strong> Staatsregierung<br />

an einer positiven Entwicklung dieses Raumes.<br />

Mir wäre es viel lieber, wir hätten dort eine positive Entwicklung.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Die regionalen Entwicklungspläne auch für diese Region mit<br />

beson<strong>der</strong>en Entwicklungsaufgaben stehen immer noch aus. Auf dieses<br />

Versäumnis haben wir bereits mehrfach hingewiesen. Nun müssen wir<br />

auf einige wenige Äußerungen zu den Entwicklungszielen für diese<br />

Regionen aus Artikeln in <strong>der</strong> Presse zurückgreifen.<br />

Erfor<strong>der</strong>lich ist auch eine komplexe Analyse einer sinnvollen<br />

Wirtschaftsentwicklung. Mit einer Politik, die nur nach dem Motto<br />

handelt: "Es geht schon seinen Gang, Hauptsache, es erzählt keiner,<br />

wie groß und wie schwer die Probleme sind", ist kein Blumentopf zu<br />

gewinnen.<br />

(Beifall des Abg. Prof. Dr. Porsch, PDS)<br />

Nehmen Sie die Realitäten wahr, dann wird Sachsen ein liebenswertes<br />

Land für Menschen, die eine Perspektive für ihre Familie brauchen!<br />

Damit wird Abwan<strong>der</strong>ung gestoppt, Arbeitslosigkeit bekämpft und es<br />

werden wirtschaftliche Perspektiven geschaffen.<br />

(Beifall bei SPD und PDS)<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Gibt es bei <strong>der</strong> CDU-Fraktion noch<br />

Redebedarf? - Ich sehe, dass das nicht <strong>der</strong> Fall ist. Dann bitte ich<br />

die PDS-Fraktion, Herrn Abg. Zais.


Zais, PDS: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kollege<br />

Lucassen, da ich keine Brille habe, aber Ihre Sichtweise teile,<br />

glaube ich, dass die vorher gemachten Beiträge mehr auf fehlenden<br />

Realitätssinn zurückzuführen sind.<br />

Die Wirtschaftsprognosen für das kommende Jahr sehen in Sachsen<br />

nicht wesentlich an<strong>der</strong>s aus als in den an<strong>der</strong>en Bundeslän<strong>der</strong>n.<br />

Gedämpfte Stimmung herrscht vor. Hoffnungsträger bleibt <strong>der</strong> Export,<br />

dessen Stärke jedoch hauptsächlich aus <strong>der</strong> Schwäche des Euro<br />

resultiert.<br />

Trübe Aussichten auch im Hinblick auf den Abbau <strong>der</strong><br />

Arbeitslosigkeit. Obwohl die Unternehmen in den neuen Län<strong>der</strong>n an<br />

Produktivität und Konkurrenzfähigkeit deutlich aufholen, bleibt die<br />

Arbeitslosigkeit doppelt so hoch wie in den alten Län<strong>der</strong>n. Eine<br />

grundlegende Wende ist nicht absehbar. Die neuen Technologien und<br />

die Ausweitung <strong>der</strong> darauf basierenden Dienstleistungssektoren<br />

werden trotz <strong>der</strong> in den letzten Jahren in Milliardenhöhe erfolgten<br />

För<strong>der</strong>ung noch lange nicht die notwendige Entlastung auf dem<br />

Arbeitsmarkt bringen. Selbst die größten Optimisten machen keinen<br />

Hehl daraus, dass das prognostizierte Wirtschaftswachstum erneut am<br />

Arbeitsmarkt vorbeigehen wird.<br />

Leichte Verbesserungen bei den Arbeitsmarktdaten haben ihre Ursache<br />

hauptsächlich in <strong>der</strong> demografischen Entwicklung. Die Freude darüber<br />

kann nur kurz beruhigen; denn die Abwan<strong>der</strong>ungsquote macht deutlich,<br />

dass Sachsen für zunehmend mehr Menschen keine berufliche und damit<br />

keine Lebensperspektive bietet.<br />

Unter diesen Gesichtspunkten ist <strong>der</strong> Haushaltsentwurf eine<br />

Bankrotterklärung in Sachen Beschäftigungspolitik.<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Richtig!)<br />

Während <strong>der</strong> Entwurf <strong>der</strong> Staatsregierung keine Untersetzung <strong>der</strong> ABM-<br />

För<strong>der</strong>mittel mit Landesmitteln vorsah und so die<br />

Mindestbereitstellung <strong>der</strong> Sachkostenzuschüsse durch das Land<br />

infrage stand, wurde dank <strong>der</strong> Kollegen <strong>der</strong> CDU-Fraktion, beson<strong>der</strong>s<br />

von Dr. Münch und Herrn Lämmel, zumindest eine Einstellung <strong>der</strong><br />

Landesmittel im Ausschuss beschlossen. Gleiches trifft auf die<br />

Weiterführung <strong>der</strong> ABS zu. Hier ist die Untersetzung für das Jahr<br />

2002 mit einem Rest von eventuell noch 2 Millionen DM Landesmitteln<br />

aus den Überhängen des Jahres 2001 noch nicht ausreichend.<br />

Diese beiden Beispiele verdeutlichen, dass die haushaltspolitischen<br />

Ansätze <strong>der</strong> Staatsregierung im Hinblick auf den Arbeitsmarkt<br />

inkonsequent sind und den tatsächlichen Erfor<strong>der</strong>nissen nicht<br />

entsprechen. Es wäre natürlich schön, wenn Sachsen auf<br />

arbeitsmarktpolitische Intentionen verzichten könnte o<strong>der</strong> die<br />

Realität einen Abbau möglich machen würde. Aber die Realität ist<br />

eine an<strong>der</strong>e und je<strong>der</strong> Abbau, jede Reduzierung des bisherigen<br />

Niveaus <strong>der</strong> arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen bleibt aus unserer<br />

Sicht eine Fehlentscheidung.<br />

Lassen Sie mich an dieser Stelle den CDU-Mann Jagoda zitieren:<br />

"Solange es nicht genügend reguläre Arbeitsplätze gibt, ist<br />

Langzeitarbeitslosigkeit in vielen Fällen die einzige Alternative.<br />

ABM müssen auch unter sozialpolitischen Gesichtspunkten gesehen


werden. Wer die Arbeit verliert, keine neue Beschäftigung bekommen<br />

kann, ist auf unsere Hilfe angewiesen." - So Herr Jagoda.<br />

Sie, Herr Schommer, und die <strong>Sächsische</strong> Staatsregierung nehmen sich<br />

zunehmend aus dieser Hilfe zurück. Für die meisten Menschen im<br />

erwerbsfähigen Alter ist die Berufstätigkeit neben einem erfüllten<br />

Familienleben das wichtigste Instrument zur Selbstverwirklichung.<br />

Mit herkömmlichen Mitteln wie ABM o<strong>der</strong> SH ist im Osten eine<br />

Vollbeschäftigung nicht zu erreichen.<br />

Und, meine Damen und Herren, es bleibt dabei: Für die stärkste<br />

Oppositionskraft ist das sächsische Modell <strong>der</strong> Zusammenführung von<br />

Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe genauso wenig akzeptabel wie die<br />

Absichten <strong>der</strong> Bundesregierung.<br />

(Beifall des Abg. Prof. Dr. Porsch, PDS)<br />

Tauris trifft nicht die Erwartungen <strong>der</strong> Betroffenen, weil es nicht<br />

die Integration in Erwerbsarbeit zum Ziel hat. Im Gegenteil, Tauris<br />

zielt auf Verfestigung von Hilfebezug und manifestiert eine<br />

dauerhafte Ausgrenzung. Die in Tauris ausgeübten Tätigkeiten und<br />

Aufgaben sind definierte Erwerbsarbeitsplätze, das finanzielle<br />

Niveau verhin<strong>der</strong>t damit Erwerbsarbeitsplätze.<br />

Arbeitslosigkeit wird abgebaut durch die Beteiligung an<br />

Erwerbsarbeit. Ihr Haushalt ist unter dieser Prämisse ein<br />

Abschiebebahnhof von überschüssigen Arbeitskräften auf das Gleis<br />

Tauris.<br />

Solange die Zahl <strong>der</strong> arbeitslosen Jugendlichen zwischen 20 und 25<br />

Jahren weiter spürbar steigt, so lange werfe ich <strong>der</strong><br />

Staatsregierung Leistungsverweigerung vor. Bedenkt man, dass es in<br />

vielen Firmen Fachkräftemangel gibt, so ist das niemandem zu<br />

erklären.<br />

(Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

<strong>Der</strong> Herr Ministerpräsident - er ist jetzt nicht anwesend - hat in<br />

einem Interview in <strong>der</strong> "Freien Presse" erklärt, dass die Jugend<br />

dieses Land aus Interesse verlasse. Herr Biedenkopf - Herr<br />

Schommer, richten Sie es ihm bitte aus -, diese Jugend verlässt<br />

Sachsen nicht deshalb, weil junge Menschen gerne die Welt sehen<br />

wollen. Nein, sie verlässt dieses Land, weil es keine Perspektive<br />

erkennt, von einer Aufbruchstimmung ganz zu schweigen. Niedriglohn<br />

durch eine falsche För<strong>der</strong>politik führte dazu.<br />

(Zuruf des Abg. Dr. Hähle, CDU - Gegenruf des Abg.<br />

Prof. Dr. Porsch, PDS: Herr Hähle, das ist ein bisschen<br />

makaber um diese Zeit!)<br />

- Herr Hähle, hören Sie zu, das betrifft die Gegend, aus <strong>der</strong> wir<br />

beide kommen! Die Zahl <strong>der</strong> Abwan<strong>der</strong>ungen von Jugendlichen allein in<br />

unserer Industrieregion Südwestsachsen, also Zwickau/Chemnitz,<br />

betrug von 1995 bis 1998 knapp 44 000 18- bis 35-Jährige. Seitdem<br />

sind erneut über 20 000 dazugekommen. Die Staatsregierung kennt<br />

diese Zahlen.<br />

(Schimpff, CDU: Wenn Sie doch auch weggewan<strong>der</strong>t wären!)<br />

- Da haben Sie Pech. Ich gehöre jetzt zu Ihnen.<br />

(Heiterkeit und Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Aber zum Abschluss: Aus dem großen Korb von Antworten, die Herr<br />

Schommer des Öfteren gibt, will ich heute eine positive


herausgreifen. Im Rahmen des Einsatzes <strong>der</strong> ESF-Mittel wurde<br />

folgende Bewertung durch Sie, Herr Schommer, vorgenommen:<br />

Fortführung <strong>der</strong> Ausrichtung <strong>der</strong> ESF-För<strong>der</strong>strategie insbeson<strong>der</strong>e<br />

auf die Schaffung von Arbeitsplätzen am ersten Arbeitsmarkt,<br />

stärkere Ausrichtung von Qualifizierungsstrategien, insbeson<strong>der</strong>e<br />

für Langzeitarbeitslose, an die Erfor<strong>der</strong>nisse des ersten<br />

Arbeitsmarktes, Intensivierung <strong>der</strong> partnerschaftlichen Einbeziehung<br />

aller relevanten Akteure, stärkere Konkretisierung einzelner<br />

Maßnahmen, stärkere Quantifizierung einzelner Ziele und Teilziele,<br />

Chancengleichheit von Frauen als eigenständige Priorität <strong>der</strong><br />

För<strong>der</strong>ung. Die Mitteilung, durch welche Projekte o<strong>der</strong> Maßnahmen<br />

diese guten Ansätze erreicht werden sollen, bleiben Sie uns wie<br />

immer schuldig, auch im Einzelplan 07. In diesem Sinne werden wir<br />

Sie aber begleiten.<br />

Danke.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Präsident Iltgen: Ich erteile <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> SPD das Wort. Frau<br />

Dr. Raatz, bitte.<br />

Frau Dr. Raatz, SPD: Herr Präsident! Aufgrund <strong>der</strong> vorgeschrittenen<br />

Tageszeit möchte ich meinen Redebeitrag zu Protokoll geben.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Die Aufmerksamkeit ist sowieso am Boden.<br />

Präsident Iltgen: Ich erteile <strong>der</strong> Staatsregierung das Wort. Herr<br />

Staatsminister Dr. Schommer, bitte.<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Geben Sie Ihre Rede auch zu<br />

Protokoll!)<br />

Dr. Schommer, Staatsminister für Wirtschaft und Arbeit: Herr<br />

Präsident! Meine Damen, meine Herren! Ich gebe hiermit zu<br />

Protokoll, dass ich einen erneuten Versuch unternehme, Herrn Prof.<br />

Porsch zumindest rudimentäre Kenntnisse über Haushalts- und<br />

Wirtschaftspolitik beizubringen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU - Schimpff, CDU: Das ist verlorene<br />

Liebesmüh! - Prof. Dr. Porsch, PDS: Aber ich muss nichts<br />

dafür bezahlen!)<br />

Verehrter Herr Porsch, Wirtschaftsregionen stehen heute genauso wie<br />

Professoren und einzelne Unternehmen im weltweiten Wettbewerb.<br />

(Leroff, CDU: Aber nicht alle!)<br />

<strong>Der</strong> Unterschied zwischen Ihnen und den Unternehmen besteht darin,<br />

dass Sie ohne große Leistungsnachweise abgesichert sind.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU - Prof. Dr. Porsch, PDS: Nein, das stimmt<br />

nicht!)<br />

Präsident Iltgen: Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Minister?<br />

Prof. Dr. Porsch, PDS: Herr Staatsminister, ist Ihnen bekannt, dass<br />

ich als Angestellter nach BAT-Ost mit einem halben Jahr<br />

Kündigungsfrist aus dem öffentlichen Dienst entlassen werden kann?<br />

(Zustimmung bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Dr. Schommer, Staatsminister für Wirtschaft und Arbeit: Verehrter<br />

Herr Prof. Porsch, ich kenne die Bedingungen des BAT-Ost.<br />

Meine Damen, meine Herren! Haushaltspläne sind deshalb schon längst<br />

nicht mehr nur Pläne für die Verwaltung von Einnahmen und Ausgaben


des Staates; Haushaltspläne sind heute vielmehr Businesspläne für<br />

Wirtschaftsregionen. Sie müssen das Ziel verfolgen, die<br />

Wettbewerbsposition einer Wirtschaftsregion nachhaltig zu<br />

verbessern.<br />

Meine Damen, meine Herren! Mit <strong>der</strong> Umsetzung des Haushalts<br />

2001/2002 werden wir erneut dazu beitragen, die Wettbewerbsposition<br />

des Wirtschaftsstandortes Sachsen nachhaltig zu verbessern. Wir<br />

werden helfen, Sachsen auf dem langen Weg zu einem sich selbst<br />

tragenden Aufschwung ein deutliches Stück voranzubringen. Mit <strong>der</strong><br />

Umsetzung dieses Haushalts werden wir in Sachsen gezielt die<br />

Kompetenzen fortentwickeln, die Voraussetzungen für den<br />

wirtschaftlichen Erfolg im beginnenden Zeitalter <strong>der</strong><br />

Wissensgesellschaft sind.<br />

Meine Damen, meine Herren! Haushaltspolitik heißt: keine<br />

Neuverschuldung, aber Investitionen. Ich darf Äußerungen von Prof.<br />

Sinn von heute zitieren: "Unternehmen, die nach Sachsen kommen,<br />

brauchen keine Angst vor einem überschuldeten Landesetat zu haben,<br />

wie dies in an<strong>der</strong>en Bundeslän<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Fall ist."<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Meine Damen, meine Herren! Die Vision, die wir unbeirrt auch mit<br />

diesem Haushalt verfolgen, lautet: Sachsen als Kompetenzzentrum<br />

Wissensgesellschaft. Dies gilt in beson<strong>der</strong>em Maße für den<br />

Einzelplan 07. Er weist nach wie vor überdurchschnittlich hohe<br />

Investitionsquoten von über 60 % in den kommenden Jahren auf. Dies<br />

ist <strong>der</strong> Beweis für die zuvor getätigte Aussage.<br />

Herr Lucassen, Sie haben richtig gesagt, dieser Haushalt sei eine<br />

Festschreibung des Zustandes. Ja, so ist <strong>der</strong> Zustand: Wir werden<br />

nämlich weiterhin die Neuverschuldung abbauen und die höchsten<br />

Investitionsquoten aller 16 Bundeslän<strong>der</strong> aufweisen.<br />

Herr Jurk, im Übrigen bin ich sehr dankbar, dass Herr Lucassen<br />

heute geredet hat. Dadurch hatte Herr Nolle sicherlich genügend<br />

Zeit, um in <strong>der</strong> Stadt Dresden weiterhin Wahlkampf für<br />

Oberbürgermeister Wagner zu machen.<br />

(Heiterkeit bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Meine Damen, meine Herren! Es zeigt sich, dass die Industrie in<br />

Sachsen es immer besser versteht, und zwar sowohl mit als auch ohne<br />

Unterstützung des Euro, in dem sich rasch verän<strong>der</strong>nden Umfeld Tritt<br />

zu fassen. Im Gesamtzeitraum von Januar bis September dieses Jahres<br />

stieg die Beschäftigung in <strong>der</strong> sächsischen Industrie gegenüber dem<br />

entsprechenden Vorjahreszeitraum um 2,4 %. <strong>Der</strong> Gesamtumsatz wies<br />

eine Steigerungsrate von 10,9 % auf. <strong>Der</strong> Auslandsumsatz erhöhte<br />

sich um 12,7 %.<br />

<strong>Der</strong> Schrumpfungsprozess in <strong>der</strong> Bauwirtschaft ist lei<strong>der</strong> noch nicht<br />

zum Stehen gekommen. Er ist notwendig und wird auch toleriert.<br />

Jedoch erfolgt eine Abfe<strong>der</strong>ung durch unsere Haushaltspolitik, indem<br />

wir Investitionen in den Mittelpunkt stellen, von denen gerade auch<br />

die Bauwirtschaft in Sachsen profitiert. Man hilft nicht mit falsch<br />

verstandenen Konsolidierungsprogrammen.<br />

Wir müssen deshalb auch in Zukunft auf eine Verbreiterung <strong>der</strong><br />

industriellen Basis, aber auch auf eine Verbreiterung von


Dienstleistungen mit überregionalem Absatz hinwirken. Dazu bleibt<br />

die einzelbetriebliche För<strong>der</strong>ung unverzichtbar.<br />

Ich begrüße es, dass <strong>der</strong> Bund die GA-Ausstattung auch im Jahr 2001<br />

auf hohem Niveau beibehalten wird. Im kommenden Jahr werden 1 047<br />

500 000 DM einschließlich <strong>der</strong> Kofinanzierungsmittel nach <strong>der</strong><br />

tatsächlichen Bundeszuweisung zur Verfügung stehen. In diesem Jahr<br />

waren es allerdings knapp 150 Millionen DM mehr. Im Übrigen fließen<br />

Strukturfondsmittel nicht zurück, verehrter Herr Lucassen. Sie<br />

werden alle ausgegeben bzw. auf das nächste Jahr übertragen.<br />

Auch im Bereich <strong>der</strong> wirtschaftsnahen Infrastruktur werden wir bei<br />

<strong>der</strong> GA-För<strong>der</strong>ung den Schwerpunkt auf Einrichtungen legen, die den<br />

Unternehmen helfen ihre Wettbewerbsposition zu festigen. Dazu<br />

gehört auch <strong>der</strong> Aufbau von Netzwerken, die für die<br />

Wissensgesellschaft kennzeichnend sind. Mit <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung von<br />

Unternehmensnetzwerken gehen wir in Sachsen nicht nur einen Schritt<br />

in Richtung Kompetenzzentrum Wissensgesellschaft; wir leisten damit<br />

auch einen Beitrag zum Ausgleich <strong>der</strong> Nachteile, die mit <strong>der</strong><br />

vorherrschenden kleinbetrieblichen Unternehmensstruktur in Sachsen<br />

nach wie vor verbunden sind.<br />

Dies gilt in beson<strong>der</strong>em Maße für die Gebiete mit beson<strong>der</strong>en<br />

Entwicklungsaufgaben. Frau Mattern, wir geben nicht nur 3 % <strong>der</strong><br />

Mittel für diese Regionen aus, son<strong>der</strong>n sehr viel mehr. Aus unserem<br />

ganzen Haushalt ist dies möglich.<br />

(Lachen bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Beispiele für bereits gut funktionierende Netzwerke sind die<br />

Verbundinitiative "Automobilzulieferer 2005" und in Zukunft das<br />

Biomedizinzentrum in Leipzig und das Biotechnologiezentrum in<br />

Dresden.<br />

In diesem Zusammenhang möchte ich kurz auf die Stiftung "Innovation<br />

und Arbeit Sachsen" eingehen. Diese Stiftung hat in den vergangenen<br />

Jahren Pionierarbeit geleistet und eine beachtliche<br />

Netzwerkkompetenz entwickelt.<br />

(Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Ich freue mich, dass im Stiftungsrat Konsens besteht, die Arbeit<br />

<strong>der</strong> Sachverständigen auch künftig zu sichern und effizienter zu<br />

gestalten.<br />

Ein weiterer wichtiger Bestandteil <strong>der</strong> Mittelstandsför<strong>der</strong>ung bleibt<br />

die Außenwirtschaftsför<strong>der</strong>ung. Zwischen 1995 und 1999 stieg die<br />

Exportquote <strong>der</strong> sächsischen Industrie von 12,9 % auf 24,4 %. <strong>Der</strong><br />

Anteil des gesamten Exports am Bruttoinlandsprodukt stieg von 5 %<br />

auf 12 %. Ich bin überzeugt, dass wir mit unseren Instrumenten auch<br />

weiterhin Hilfen geben werden und dass unsere sächsische Industrie<br />

auf den Weltmärkten präsent sein wird.<br />

Meine Damen, meine Herren! Ich freue mich, dass <strong>der</strong> Haushalt auch<br />

für Forschung und Technologieför<strong>der</strong>ung in den beiden kommenden<br />

Jahren eindeutige Zeichen setzt. Immerhin arbeiten 46 % aller FuE-<br />

Beschäftigten <strong>der</strong> ostdeutschen Flächenlän<strong>der</strong> in sächsischen<br />

Unternehmen. Das ist eine gute Ausgangsbasis für den Weg zum<br />

Kompetenzzentrum Wissensgesellschaft. Um auf diesem Weg zügig<br />

voranzukommen, werden wir die einzelbetriebliche FuE-<br />

Projektför<strong>der</strong>ung und die Verbundprojektför<strong>der</strong>ung fortsetzen.


Ab 2001 wollen wir zwei neue För<strong>der</strong>programme starten. Eines dieser<br />

neuen För<strong>der</strong>programme soll den kleinen und mittleren Unternehmen<br />

die Vorbereitung von internationalen Technologieprojekten <strong>der</strong> EU<br />

ermöglichen und erleichtern. Ziel des zweiten Programms ist es,<br />

Beteiligungsgesellschaften mit einem rückzahlbaren Zuschuss zu<br />

stimulieren sich an jungen Technologieunternehmen in <strong>der</strong> so<br />

genannten Seed-Phase zu beteiligen.<br />

Frau Mattern, Sie haben einen Antrag zur Innovationsstiftung<br />

gestellt. Dies ist <strong>der</strong> Weg, den wir schon längst vorbereiten und<br />

damit auch gehen werden.<br />

(Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Niemand kann sich auf dem Gebiet <strong>der</strong> Informations-, Kommunikations-<br />

und Medientechnologien ungestraft ein Kompetenzdefizit leisten.<br />

Damit insbeson<strong>der</strong>e auch die kleinen und mittleren Unternehmen in<br />

Sachsen wettbewerbsfähig bleiben, helfen wir seit Jahren. Im Jahr<br />

1998 gab es das von <strong>der</strong> CDU-Fraktion initiierte 1000x1000-Programm,<br />

das in den Jahren 1999 und 2000 als Kompri weitergeführt wurde und<br />

in den kommenden Jahren als Kompri 2.0 die Integration interner<br />

Geschäftsprozesse sowie <strong>der</strong>en Interaktion mit externen Prozessen<br />

för<strong>der</strong>t. Wir haben in den vergangenen Jahren mit den uns zur<br />

Verfügung stehenden IT-Mitteln eine Menge erreicht.<br />

Wie sieht es am Arbeitsmarkt im künftigen Kompetenzzentrum<br />

Wissensgesellschaft aus? Eines zeichnet sich jedenfalls schon heute<br />

ab: Durch die neuen Technologien und die sich beschleunigende<br />

Wissensvermehrung wird sich die Nachfrage nach hoch qualifizierten<br />

Arbeitskräften weiter erhöhen, und das vermutlich auf allen<br />

Wissensgebieten. Diesen eindeutigen Trend berücksichtigen wir bei<br />

<strong>der</strong> laufenden Anpassung unserer För<strong>der</strong>programme.<br />

(Beifall <strong>der</strong> Abg. Nitzsche, CDU, und Schimpff, CDU)<br />

Für die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> beruflichen Erstausbildung stehen im<br />

kommenden Jahr insgesamt 192 Millionen DM zur Verfügung. Im Jahr<br />

2002 wird es ein Betrag in gleicher Höhe sein.<br />

Meine Damen und Herren! Wir haben uns entschieden, künftig die<br />

Einsatzfel<strong>der</strong> des Europäischen Sozialfonds zu erweitern. Es ist<br />

vorgesehen, ab dem Jahr 2001 vor allem Maßnahmen zu finanzieren,<br />

die <strong>der</strong> präventiven Arbeitsmarktpolitik im Bereich <strong>der</strong><br />

Jugendarbeitslosigkeit und <strong>der</strong> Verringerung <strong>der</strong><br />

Langzeitarbeitslosigkeit von Jugendlichen dienen. Ganz im Sinne <strong>der</strong><br />

Kommission soll die Finanzierung vollständig mit kofinanzierten<br />

ESF-Mitteln erfolgen.<br />

Hierzu gehören die Zuschüsse zur beruflichen Erstausbildung, an<br />

<strong>der</strong>en Finanzierung <strong>der</strong> ESF ohnehin schon beteiligt war. Dazu werden<br />

weiter überbetriebliche Lehrunterweisungen, Braunkohlensanierung<br />

und die ABM-begleitende Qualifizierung gehören.<br />

Meine Damen und Herren! In <strong>der</strong> Novembersitzung des Plenums hat die<br />

SPD-Fraktion beklagt, <strong>der</strong> Sparpolitik des Freistaates Sachsen falle<br />

die Arbeitsmarktpolitik zum Opfer. Die Arbeitsmarktpolitik stelle<br />

eine Verwaltung des Mangels dar. In <strong>der</strong> damaligen Erwi<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

CDU-Fraktion wurde bereits darauf hingewiesen, dass EU, Bund und<br />

Land zusammen allein in Sachsen im Jahr 2000 rund 5,7 Milliarden DM<br />

für aktive Arbeitsmarktpolitik ausgeben werden, das heißt für ABM,


Strukturanpassungsmaßnahmen, Einglie<strong>der</strong>ungshilfen,<br />

Qualifizierungsmaßnahmen. Nicht enthalten sind in diesem Betrag<br />

Lohnersatzleistungen und Kurzarbeitergeld.<br />

Angesichts <strong>der</strong> von <strong>der</strong> SPD getroffenen Einschätzung stellen sich<br />

für mich folgende Fragen: Charakterisiert eine Ausgabe von rund 5,7<br />

Milliarden DM für aktive Arbeitsmarktpolitik in Sachsen eine<br />

Verwaltung des Mangels? 5,7 Milliarden DM für aktive<br />

Arbeitsmarktpolitik auszugeben, das sind im Monat 475 Millionen DM<br />

o<strong>der</strong> fast 1 000 DM, die pro Monat und Person für die aktive<br />

Arbeitsmarktpolitik in Sachsen ausgegeben werden. Sieht so eine<br />

Verwaltung des Mangels aus? Wie sähe die Alternative aus, meine<br />

Damen, meine Herren?<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Vollbeschäftigung!)<br />

Die bisherige For<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> SPD-Fraktion nach einer Erhöhung <strong>der</strong><br />

Landesmittel für aktive Arbeitsmarktpolitik kommt einer For<strong>der</strong>ung<br />

nach mehr Schuldenmachen gleich, ohne dass die Generation, die<br />

diese Schulden künftig zurückzahlen muss, einen erkennbaren Vorteil<br />

davon hätte.<br />

(Jurk, SPD: Das stimmt doch gar nicht!)<br />

Über die Entwicklung des Arbeitsmarktes in Sachsen, Herr Zais, hat<br />

Ihnen offensichtlich Ihr wissenschaftlicher Dienst aus Sachsen-<br />

Anhalt versehentlich zugearbeitet, denn was Sie hier vorgetragen<br />

haben, stimmt nun wirklich mit <strong>der</strong> sächsischen Wirklichkeit nicht<br />

überein.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Aber nichtsdestotrotz, Herr Zais, Herr Lucassen, möchte ich mich<br />

auch bei Ihnen - bei <strong>der</strong> CDU-Fraktion ohnehin - für die<br />

konstruktive Zusammenarbeit in den Ausschüssen bedanken. Ich möchte<br />

noch einmal meinen Wunsch und meine Bitte äußern: Lasst uns wegen<br />

<strong>der</strong> schwierigen Situation auch über Parteigrenzen hinweg im<br />

Ausschuss noch konstruktiver zusammenarbeiten, so wie wir das in<br />

den früheren Jahren getan haben! Ich glaube, das wäre ein richtiger<br />

Weg zur Bewältigung <strong>der</strong> noch vor uns liegenden unbestreitbaren<br />

Probleme.<br />

Zur Sicherstellung des Landesanteiles für die Kofinanzierung <strong>der</strong><br />

ABM-Sachkosten sollen zusätzliche Fachför<strong>der</strong>programme an<strong>der</strong>er<br />

Ressorts eingesetzt werden. Rechtzeitig zum Jahresanfang werden wir<br />

dem Landesarbeitsamt im Rahmen <strong>der</strong> bestehenden<br />

Verwaltungsvereinbarung Mittel zur Verfügung stellen, damit die<br />

einzelnen Arbeitsämter ohne Verzögerung im neuen Jahr AB-Maßnahmen<br />

genehmigen können.<br />

Meine Damen, meine Herren, dies werden wir sicherstellen.<br />

Im Übrigen, Herr Zais, ist die Konvergenz von Arbeitslosenhilfe und<br />

Sozialhilfe ein dramatisch notwendiges Ziel, hat aber nichts mit<br />

Tauris zu tun. Wir können uns noch einmal darüber unterhalten. Ich<br />

erkläre Ihnen das gern noch einmal. Ich weiß, es ist ein<br />

kompliziertes Gebiet.<br />

Wirtschaftsstandortkompetenz heißt für Wirtschaftsregionen vor<br />

allem, über eine erstklassige Verkehrs- und<br />

Kommunikationsinfrastruktur zu verfügen. Bei <strong>der</strong><br />

Kommunikationsinfrastruktur, glaube ich, können wir sagen, diese


lässt nichts mehr zu wünschen übrig. Allerdings bestehen bei <strong>der</strong><br />

Verkehrsinfrastruktur weitere Defizite, obwohl wir in den<br />

vergangenen zehn Jahren zirka 30 Milliarden DM in die Verbesserung<br />

<strong>der</strong> Verkehrsinfrastruktur in Sachsen investiert haben.<br />

(Beifall des Abg. Bandmann, CDU)<br />

Mit dem Doppelhaushalt 2001/2002 werden wir die Investitionen in<br />

die Verkehrsinfrastruktur auf hohem Niveau fortführen.<br />

Einschließlich <strong>der</strong> Bundesfernstraßen, <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung kommunalen<br />

Straßenbaues stehen im nächsten Jahr und im Jahr 2002 für<br />

Investitionen im Straßenbau jeweils 1,4 Milliarden DM zur<br />

Verfügung, für den Staatsstraßenbau jeweils 250 Millionen DM, für<br />

kommunalen Straßenbau über 300 Millionen DM. Ich begrüße es, meine<br />

Damen, meine Herren, dass die CDU-Fraktion im Rahmen <strong>der</strong><br />

parlamentarischen Beratungen die För<strong>der</strong>mittel für den kommunalen<br />

Straßenbau um 10 Millionen DM aufgestockt hat.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Diese zusätzlichen Mittel werden insbeson<strong>der</strong>e für die Sanierung von<br />

Brücken eingesetzt und auch zügig umgesetzt werden.<br />

Zum Schienenverkehr hier nur einige wenige Anmerkungen: Kollege<br />

Nitzsche hat sich hier sehr ausführlich mit diesem Thema<br />

auseinan<strong>der</strong> gesetzt. Es ist mir gelungen, die von <strong>der</strong> DB AG<br />

vorgesehene weitere Abkopplung <strong>der</strong> Lausitz, Frau Mattern, vom<br />

Fernverkehr abzuwenden.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Die Bahn wird auch nach dem Fahrplanwechsel im Juni 2001 drei<br />

Interregio-Zugpaare zwischen Dresden und Görlitz und weiter nach<br />

Breslau verkehren lassen. Damit sparen wir rund 4 Millionen DM für<br />

notwendig erachtete Regionalexpress-Ersatzzüge.<br />

(Jurk, SPD: Und Berlin?)<br />

Das reicht allerdings noch nicht aus. Hier werden wir mit <strong>der</strong> Bahn<br />

und <strong>der</strong> Bundesregierung weiter Tacheles reden.<br />

Für den ÖPNV, das heißt den Schienenpersonennahverkehr und den<br />

Nahverkehr mit Bussen und Straßenbahnen, stehen in den kommenden<br />

Jahren jeweils 1,1 Milliarden DM zur Verfügung. Das ist eine<br />

leichte Steigerung gegenüber den Ansätzen zum diesjährigen<br />

Haushalt. Daher, meine Damen, meine Herren, können die<br />

Maßnahmenträger, die Unternehmer im Regionalverkehr, weiter ihre<br />

Bahnen und Strecken mo<strong>der</strong>nisieren.<br />

Frau Mattern, Sie sprachen das Verhältnis von Investitionen<br />

zwischen Straße und Schiene an und sagten, das müsse 50 zu 50 sein.<br />

Wir machen eine sehr realitätsbezogene Politik und richten unsere<br />

Investitionen nach den tatsächlichen Nachfragen nach Verkehr in<br />

Sachsen aus. Da ist das Verhältnis <strong>der</strong> Nachfrage nach Verkehr auf<br />

Schiene und Straße eben nicht 50 zu 50, son<strong>der</strong>n dramatisch weiter<br />

auseinan<strong>der</strong>. Dem werden wir auch weiter Rechnung tragen, allerdings<br />

gleichzeitig zusätzliche Anreize geben, damit mehr Verkehr auf <strong>der</strong><br />

Schiene stattfindet. Wir schließen uns aber nicht <strong>der</strong> Illusion an,<br />

wir könnten nun mit einigen paar Millionen DM mehr Mittel für die<br />

Schiene den Verkehr von <strong>der</strong> Straße auf die Schiene locken. Das ist<br />

nicht die Wirklichkeit. Entsprechend reagieren wir mit unserer<br />

Politik und handeln wir bei unseren Verhandlungen mit


Bundesregierung und Bahn AG. Ich sage es noch einmal: Hier<br />

entscheidet allein und autonom das private Unternehmen Deutsche<br />

Bahn AG und es entscheidet auch, was den Fernverkehr angeht,<br />

aufgrund <strong>der</strong> grundsätzlichen Allgemeinwohlverpflichtung für<br />

Fernverkehr die Bundesregierung.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Meine Damen, meine Herren! Ich danke <strong>der</strong> CDU-Fraktion für diesen<br />

Haushaltsentwurf. Mit diesem Entwurf überzeugen wir Investoren<br />

weltweit und festigen den Ruf Sachsens als ein Land, das auf<br />

Eigenverantwortung setzt, ohne Menschen allein zu lassen. Abbau von<br />

Verschuldung und Konzentration auf investive Maßnahmen schafft<br />

Vertrauen und nimmt Zukunftsangst. Sachsen machen Politik für<br />

Sachsen, meine Damen, meine Herren, wenn Sie dem Einzelplan 07 in<br />

<strong>der</strong> vorliegenden Form zustimmen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Wir haben zehn Jahre nach <strong>der</strong> deutschen Einheit noch Probleme.<br />

Aber, meine Damen, meine Herren, SPD-geführte neue Bundeslän<strong>der</strong><br />

wären glücklich, hätten sie unsere Probleme, die wir heute noch<br />

haben.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Ich glaube, dieser Weg, den wir eingeschlagen haben, den wir auch<br />

dank des Wählervertrauens konsequent in den nächsten Jahren<br />

fortgehen werden, wird dazu führen, dass Sachsen weiterhin auf dem<br />

Weg nach vorn ist.<br />

Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Präsident Iltgen: Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen<br />

liegen mir nicht vor. Damit ist die Debatte zum Einzelplan 07,<br />

Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit, beendet.<br />

Wir kommen nun zu den Abstimmungen. Da es Än<strong>der</strong>ungsanträge gibt,<br />

schlage ich vor, dass wir über einzelne Kapitel bzw.<br />

Zusammenfassungen abstimmen.<br />

Wir beginnen mit <strong>der</strong> Abstimmung zum Einzelplan 07,<br />

Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit, einschließlich<br />

Anlagen, Drucksache 3/2400, durch Drucksachen 3/2784 und 3/3111,<br />

Seite 15 bis 23, verän<strong>der</strong>t.<br />

Ich lasse über das Kapitel 07 01 abstimmen. Wer dem die Zustimmung<br />

geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke. Wer ist<br />

dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Bei einer Anzahl von<br />

Stimmenthaltungen ist dem Kapitel zugestimmt.<br />

Wir kommen jetzt zum Kapitel 07 03. Hier gibt es einen<br />

Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> SPD, Drucksache 3/3179. Ich bitte<br />

um Einbringung.<br />

Jurk, SPD: Herr Präsident! Ich möchte den Antrag einbringen und<br />

auch begründen. Es geht darum, dass es mit diesem Doppelhaushalt<br />

einen neuen Titel gibt: Das sind die GA-Zuschüsse an private<br />

Unternehmen für die Gebiete mit beson<strong>der</strong>en Entwicklungsaufgaben.<br />

Ich freue mich zunächst darüber, dass wir Einigkeit in diesem Hohen<br />

Hause darüber haben, dass wir die Gebiete mit beson<strong>der</strong>en<br />

Entwicklungsaufgaben beson<strong>der</strong>s unterstützen wollen. Deshalb bin ich<br />

<strong>der</strong> Auffassung, dass die GmbE nicht zu "Gebieten mit beson<strong>der</strong>er


Enttäuschung" werden dürfen. Das heißt für mich auch, dass wir das<br />

Geld möglichst realitätsbezogen einstellen.<br />

Es handelt sich dabei um vier För<strong>der</strong>schwerpunkte: die Oberlausitz -<br />

Herr Schommer, ich muss Ihnen lei<strong>der</strong> sagen, dass Sie, wenn es mit<br />

dem Aufbau Ostsachsen nicht klappt, eine gewisse Verantwortung<br />

dafür haben -, das Erzgebirge, die Region Torgau/Oschatz/Döbeln und<br />

den Südraum Leipzig.<br />

Wenn Sie unserem Antrag auf Verdoppelung dieser GA-Mittel folgen<br />

würden, hieße das, dass etwa ein Drittel <strong>der</strong> Gesamt-GA-Zuschüsse<br />

aus dem GA-Topf in diese Regionen fließen würden. Wenn ich das auf<br />

<strong>der</strong> Landkarte richtig überschaue, so ist das auch etwa ein Drittel<br />

<strong>der</strong> Landesfläche. Ich meine, das hätten die Regionen wirklich<br />

verdient.<br />

<strong>Der</strong> Titel ist deckungsfähig, weil wir aus dem Gesamttopf GA diese<br />

Zuschüsse zahlen würden. Ich bitte Sie als Signal und als<br />

Prioritätensetzung für die Gebiete mit beson<strong>der</strong>en<br />

Entwicklungsaufgaben <strong>der</strong> Verdoppelung <strong>der</strong> GA-Zuschüsse an private<br />

Unternehmen zuzustimmen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Präsident Iltgen: Wird dazu das Wort gewünscht? - Bitte, Herr<br />

Lämmel.<br />

Lämmel, CDU: Herr Präsident! Ich möchte kurz zu dem Antrag<br />

sprechen. Herr Jurk, wenn für Sie 125 Millionen DM ein Grund sind,<br />

von Gebieten mit beson<strong>der</strong>er Enttäuschung zu sprechen, frage ich<br />

mich, welches Verhältnis Sie zum Geld haben.<br />

Zum sachlichen Hintergrund. Es ist einfach nicht nötig diesem<br />

Antrag zuzustimmen. Denn die Mittel, die in diesen Titel fließen<br />

sollen, sind GA-Mittel. 125 Millionen DM sind jetzt reserviert für<br />

die Gebiete mit beson<strong>der</strong>en Entwicklungsaufgaben, die nach GA-<br />

Kriterien vergeben werden.<br />

Dieser Antrag ist nicht neu. Wir haben bereits im Ausschuss darüber<br />

diskutiert. Wir haben dort die deutliche Aussage <strong>der</strong><br />

Vergabebehörde, dass die 125 Millionen DM eine gute Summe sind.<br />

Selbst dann, wenn beispielsweise drei Großinvestitionen in <strong>der</strong><br />

Lausitz, vier im Erzgebirge und zwei im Südraum Leipzig<br />

stattfänden, ist durch die Deckungsfähigkeit <strong>der</strong> Titel<br />

untereinan<strong>der</strong>, also des GmbE-Titels und des GA-Titels,<br />

sichergestellt, dass automatisch, wenn die Anträge vorliegen, diese<br />

125 Millionen DM aufgestockt werden.<br />

(Jurk, SPD: Das, was Sie jetzt sagen, bestätigt meine Ansicht!<br />

Genau diese Deckungsfähigkeit ist <strong>der</strong> Punkt!)<br />

Deshalb kann die CDU-Fraktion diesem Antrag nicht zustimmen. <strong>Der</strong><br />

Antrag hätte keinerlei praktische Auswirkungen.<br />

(Jurk, SPD: Dann brauchen Sie das doch gar nicht erst<br />

einzustellen!)<br />

Präsident Iltgen: Meine Damen und Herren! Wird dazu das Wort<br />

gewünscht? - Bitte, Frau Mattern.<br />

Frau Mattern, PDS: Sehr geehrter Herr Lämmel! Es ist eben nicht<br />

unerheblich, wo diese Summe eingestellt wird, auch wenn Sie<br />

begründen, es sei alles deckungsfähig und man könne hin- und<br />

herschieben. Wissen Sie, wir haben vielleicht Grund genug, Ihnen


nicht zu trauen. Es ist schon besser, das Geld, das hier<br />

vorgeschlagen worden ist, bzw. die Summe, die die SPD in Rede<br />

stellt, dorthin zu schreiben, wo sie am zielgerichtetsten<br />

eingesetzt werden kann, nämlich für die Regionen mit beson<strong>der</strong>en<br />

Entwicklungsaufgaben.<br />

Es ist auch wahr, dass es dafür bisher keine För<strong>der</strong>prioritäten und<br />

keine regionalen Programmuntersetzungen gibt. Es ist vielleicht ein<br />

erster Schritt von Ihnen zu leisten. Sie sollten uns so etwas<br />

einmal vorlegen, damit man sich besser dafür entscheiden kann diese<br />

Mittel auch aufzustocken.<br />

Präsident Iltgen: Meine Damen und Herren! Ich bringe den<br />

Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> SPD in Drucksache 3/3179 zur<br />

Abstimmung. Wer diesem Än<strong>der</strong>ungsantrag zustimmen möchte, den bitte<br />

ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong><br />

Stimme? - Bei Stimmenthaltungen und einer Anzahl von Stimmen dafür<br />

ist <strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ungsantrag abgelehnt.<br />

Wir stimmen über das Kapitel 07 03 ab. Wer dem Kapitel zustimmt,<br />

den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält<br />

sich? - Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dagegen ist dem Kapitel<br />

zugestimmt.<br />

Wir kommen zu Kapitel 07 04. Hier gibt es ebenfalls einen<br />

Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> SPD in Drucksache 3/3178 zu den<br />

Titeln 682 02 und 637 05. Ich bitte um Einbringung. - Bitte, Frau<br />

Raatz.<br />

Frau Dr. Raatz, SPD: Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe<br />

Kolleginnen und Kollegen! Eine sachgerechte und transparente<br />

Zuteilung <strong>der</strong> Mittel sollte Grundprinzip eines jeden<br />

Haushaltsplanes sein. Doch im vorliegenden Entwurf werden erstens<br />

den Kommunen bzw. dem ÖPNV sichere Bundesmittel entzogen und<br />

zweitens wird <strong>der</strong> Fehlbetrag zunächst einmal durch ein<br />

Son<strong>der</strong>programm kompensiert.<br />

Wenn dann diese so genannten zusätzlichen 100 Millionen DM für<br />

Investitionen bei <strong>der</strong> erstbesten Gelegenheit gestrichen o<strong>der</strong><br />

reduziert werden, spart <strong>der</strong> Freistaat bis zu 87 Millionen DM<br />

zulasten Dritter, selbstverständlich des ÖPNV bzw. <strong>der</strong> Kommunen.<br />

Liebe Kolleginnen und Kollegen, weil man in Bayern, in<br />

Nie<strong>der</strong>sachsen, in Rheinland-Pfalz und an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n auf solche<br />

Fehlgriffe wartet und die Bundesminister für Finanzen und Verkehr<br />

schon lange nach den Dieben fahnden - von den 13 Milliarden DM<br />

Regionalisierungsmitteln kommen immer weniger, zurzeit noch zirka 8<br />

Milliarden DM, bei <strong>der</strong> Bahn an -, sollten Sie im Interesse des ÖPNV<br />

sowie aus Selbsterhaltungstrieb diesem Verschiebebahnhof des<br />

Finanzministers nicht tatenlos zusehen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Handeln Sie also vorausschauend und stimmen Sie unserem<br />

Än<strong>der</strong>ungsantrag zu!<br />

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Präsident Iltgen: Wird dazu das Wort gewünscht? - Herr Nitzsche,<br />

bitte.


Nitzsche, CDU: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Dr.<br />

Raatz, wir haben diesen Antrag bereits im Ausschuss behandelt. Wir<br />

haben ihn im Ausschuss abgelehnt und wir werden das wie<strong>der</strong> tun.<br />

Dafür gibt es folgende Begründung: Sie tun auch nichts an<strong>der</strong>es, als<br />

dass Sie einen geringeren Betrag als wir eingestellt haben und den<br />

Ansatz aus dem letzten Jahr in Höhe von 86,7 Millionen DM aus den<br />

Regionalisierungsmitteln für die Personenbeför<strong>der</strong>ungsverkehre nach<br />

§ 45a nehmen. Wenn Sie konsequent wären, würden Sie sagen, woher<br />

die 100 Millionen DM genommen werden. Sie sprechen von 86,7<br />

Millionen DM.<br />

Ich habe in meiner Rede bereits gesagt, dass wir nicht in ein<br />

investives Loch fallen werden. Wir werden Ihrem Antrag nicht<br />

zustimmen. Im Übrigen nehmen Sie das auch aus<br />

Regionalisierungsmitteln. Ich hoffe, dass meine Fraktion diesen<br />

Antrag ablehnen wird.<br />

(Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> CDU - Jurk, SPD: Sie haben die<br />

Än<strong>der</strong>ungsanträge nicht verstanden!)<br />

Präsident Iltgen: Wird zum Än<strong>der</strong>ungsantrag noch das Wort gewünscht?<br />

- Frau Kipping, bitte.<br />

Frau Kipping, PDS: Ich hoffe, Herr Nitzsche, Sie werden irgendwann<br />

fündig. Das Anliegen <strong>der</strong> SPD, dass <strong>der</strong> Ausbildungsverkehr nach<br />

§ 45a des Personenbeför<strong>der</strong>ungsgesetzes unterstützt wird, ist eine<br />

Herzensangelegenheit <strong>der</strong> PDS. Darum haben wir im Ausschuss<br />

nachgehakt. Wir wollen, dass die Aufgabenträger entsprechend<br />

unterstützt werden.<br />

Frau Raatz, Sie wissen doch, dass die Aufgabenträger einen<br />

rechtlichen Anspruch auf die Vergütung haben. Sie müssten auch<br />

wissen, dass die Summe, die Sie hier benennen, wirklich nicht<br />

ausreicht, diesen rechtlichen Anspruch zu decken. Ich bin etwas<br />

verwun<strong>der</strong>t darüber, dass Sie diesen Antrag hier wie<strong>der</strong> stellen. Ich<br />

bin außerdem verwun<strong>der</strong>t darüber, dass Sie angesichts des großen<br />

Verän<strong>der</strong>ungsbedarfes, den es nun wirklich im Verkehrshaushalt gibt,<br />

nur diese eine Formalie zum Inhalt eines Än<strong>der</strong>ungsantrages machen.<br />

Es ist <strong>der</strong> einzige Än<strong>der</strong>ungsantrag, den Sie überhaupt gestellt<br />

haben, und zwar sowohl im Ausschuss als auch hier.<br />

Wir haben eine ganz an<strong>der</strong>e Prioritätensetzung vorgenommen.<br />

Vielleicht ist das ein bisschen symptomatisch für Ihre Politik und<br />

Ihre Vorstellung von Verkehrspolitik, die vor allem davon ausgeht,<br />

Aktivitäten vorzutäuschen. Wenn es aber um wirkliche Verän<strong>der</strong>ungen<br />

bzw. Verbesserungen und vor allen Dingen um eine an<strong>der</strong>e<br />

Prioritätensetzung geht, schrecken Sie ängstlich zurück, weil das<br />

Konsequenzen nach sich ziehen würde.<br />

Nun kann <strong>der</strong> einzelne Än<strong>der</strong>ungsantrag nichts für ein verfehltes<br />

Gesamtkonzept. Deshalb haben wir den Antrag auf Unschädlichkeit hin<br />

geprüft. Da beide Titel deckungsfähig sind, können wir uns getrost<br />

<strong>der</strong> Stimme enthalten.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS - Jurk, SPD: Sie haben es auch nicht<br />

begriffen! Das Geld ist nachher weg!)<br />

Präsident Iltgen: Meine Damen und Herren! Ich lasse jetzt über den<br />

Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> SPD in Drucksache 3/3178<br />

abstimmen. Wer dem Än<strong>der</strong>ungsantrag zustimmen möchte, den bitte ich


um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong><br />

Stimme? - Bei Stimmenthaltungen und Stimmen dafür ist <strong>der</strong><br />

Än<strong>der</strong>ungsantrag mehrheitlich abgelehnt.<br />

(Unruhe im Saal)<br />

Meine Damen und Herren! Darf ich um etwas mehr Aufmerksamkeit<br />

bitten. Sie haben es doch gleich geschafft.<br />

Ich lasse jetzt über das Kapitel 07 04 abstimmen. Wer dem Kapitel<br />

zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist dagegen? -<br />

Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Bei einer größeren Anzahl von<br />

Stimmen dagegen ist dem Kapitel mehrheitlich zugestimmt.<br />

Ich lasse abstimmen über die Kapitel 07 05, 07 06, 07 07, 07 08, 07<br />

09, 07 10, 07 14 und die Stellenpläne. Wer dem zustimmt, den bitte<br />

ich um das Handzeichen. - Danke. Wer ist dagegen? - Wer enthält<br />

sich <strong>der</strong> Stimme? - Bei einer Stimmenthaltung und einer großen<br />

Anzahl von Stimmen dagegen ist den von mir genannten Kapiteln und<br />

den Stellenplänen zugestimmt.<br />

Meine Damen und Herren! Damit ist <strong>der</strong> Einzelplan 07 des<br />

Staatsministeriums für Wirtschaft und Arbeit beschlossen.<br />

Erklärung zu Protokoll<br />

Frau Dr. Raatz, SPD: Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte<br />

Damen und Herren Abgeordnete! Ich möchte Ihr Interesse zu dieser<br />

späten Stunde auf eine einzige Stelle richten, nämlich auf die<br />

Verwendung <strong>der</strong> Regionalisierungsmittel.<br />

Lassen Sie mich mit <strong>der</strong> These einsteigen: "Eigentlich ist für<br />

ÖPNV/SPNV genug Geld da." "Eigentlich" heißt: gäbe es in Sachsen<br />

einen Verkehrsminister, <strong>der</strong> für die zweckentsprechende und<br />

effiziente Verwendung <strong>der</strong> Mittel sorgen würde.<br />

Gibt es aber nicht! Stattdessen einen Finanzminister, vor dem<br />

nichts im Haushalt sicher ist, was nicht niet- und nagelfest ist.<br />

Was uns <strong>der</strong> vorliegende Haushaltsplanentwurf in diesem Zusammenhang<br />

offenbart, ist eine Story aus dem Buch "1000 halblegale<br />

Haushaltstricks für Finanzminister" mit dem möglichen Untertitel:<br />

"Wie sägt man sich den Ast ab, auf dem man sitzt?"<br />

Zum konkreten Sachverhalt: Sozusagen als "Mitgift zur Bahnreform"<br />

erhalten die deutschen Län<strong>der</strong> vom Bund pro Jahr etwa 13 Milliarden<br />

DM so genannter Regionalisierungsmittel, die sie für den ÖPNV -<br />

insbeson<strong>der</strong>e den SPNV - zu verwenden haben.<br />

Die diesbezügliche Mittelzuweisung für Sachsen liegt 2001 bei knapp<br />

unter und 2002 schon bei über einer Milliarde DM - ein<br />

Riesenposten, <strong>der</strong> offenbar auch Riesen-Begehrlichkeiten weckt. Doch<br />

bereits im nächsten Jahr steht die längst fällige Revision <strong>der</strong><br />

Regionalisierungsmittel an, das heißt, erstmals seit 1993 werden<br />

die Mittel zwischen den Bundeslän<strong>der</strong>n neu aufgeteilt.<br />

Frage: Wie verhält sich vor diesem Hintergrund ein kluger, ein<br />

vorausschauen<strong>der</strong> Verkehrsminister?<br />

Einzig mögliche Antwort: Er wird dem seinerzeit von allen<br />

Bundestagsfraktionen einmütig geäußerten Willen des Gesetzgebers<br />

gerecht, benutzt die Regionalisierungsmittel zu einer Qualitäts-<br />

und Quantitätsoffensive im ÖPNV (speziell SPNV) und unterstreicht<br />

somit klar und deutlich den Bedarf vor Ort.


Zu welchem Spiel lässt sich hingegen <strong>der</strong> sächsische<br />

Verkehrsminister von seinem übermächtigen Kollegen aus dem<br />

Finanzressort verführen? - Zunächst werden kräftige<br />

Querverschiebungen zwischen den so genannten 8.1.er-Mitteln (für<br />

Bestellungen von ÖPNV/SPNV-Leistungen) und den 8.2.er-Mitteln (für<br />

Investitionen im ÖPNV/insbeson<strong>der</strong>e SPNV) vorgenommen, obgleich <strong>der</strong><br />

SPD-Fraktion erst unlängst erklärt wurde, dass die beiden<br />

Haushaltsposten ohnehin gegeneinan<strong>der</strong> deckungsfähig sind.<br />

Als Nächstes werden ab 2001 in den 620-Millionen-Topf <strong>der</strong> 8.1.er-<br />

Mittel die Zuschüsse gemäß § 45a Personenbeför<strong>der</strong>ungsgesetz<br />

"hineingerührt", also jene stattlichen 87,8 Millionen DM für den<br />

Schüler- und Ausbildungsverkehr.<br />

Es sind "klassische" konsumtive Leistungen im Verantwortungsbereich<br />

<strong>der</strong> Län<strong>der</strong>, die, was die Zweckbindung betrifft, bei den<br />

Regionalisierungsmitteln nichts zu suchen haben.<br />

Wir haben deshalb beim Verkehrsminister Herrn Schommer nachgefragt<br />

und folgende Antwort erhalten:<br />

"Mit dem Haushaltsentwurf 2001/2002 wird das Ziel verfolgt, die<br />

Neuverschuldung des Freistaates weiter zu senken. Während bisher<br />

für die Ausgleichszahlungen gemäß § 45a Personenbeför<strong>der</strong>ungsgesetz<br />

(Schülerbeför<strong>der</strong>ung) ausschließlich Landesmittel veranschlagt<br />

wurden, werden hierfür ab 2001 Regionalisierungsmittel eingesetzt.<br />

Gleichzeitig werden aber für den ÖPNV/SPNV in gleicher Höhe<br />

zusätzliche Investitionsmittel zur Verfügung gestellt."<br />

Auf ein Land, das schwarz auf weiß erklärt, dass es mit den vom<br />

Bund anvertrauten Schienenverkehrsmitteln seinen Landeshaushalt zu<br />

sanieren gedenkt - und das wenige Monate vor <strong>der</strong> Neuverteilung <strong>der</strong><br />

Mittel -, auf ein solches Bundesland hat man jedenfalls in Berlin,<br />

aber auch in München, Hannover und Mainz lange gewartet.<br />

Präsident Iltgen: Gestatten Sie mir noch eine Bemerkung. Ich habe<br />

mit großer Freude festgestellt, dass doch um diese Zeit eine<br />

außerordentlich hohe Präsenz hier vorhanden ist. Die<br />

Staatsregierung ist vollständig anwesend<br />

(Beifall bei CDU und PDS - Jurk, SPD: Das ist eigentlich<br />

eine Selbstverständlichkeit.)<br />

und auch die Abgeordneten, bis auf ganz wenige bekannte Ausnahmen,<br />

(Heiterkeit bei CDU und PDS)<br />

sind ebenfalls komplett.<br />

Meine Damen und Herren! Ich unterbreche jetzt die 26. <strong>Sitzung</strong>. Sie<br />

wird morgen, Mittwoch, den 13. Dezember 2000, 10.00 <strong>Uhr</strong>,<br />

fortgesetzt. Ich wünsche Ihnen einen guten Nachhauseweg.<br />

(Unterbrechung <strong>der</strong> <strong>Sitzung</strong>: 22.31 <strong>Uhr</strong>)


Fortsetzung <strong>der</strong> 26. <strong>Sitzung</strong> am 13.12.2000<br />

<strong>Eröffnung</strong><br />

(<strong>Beginn</strong> <strong>der</strong> <strong>Sitzung</strong>: 10.00 <strong>Uhr</strong>)<br />

Präsident Iltgen: Meine Damen und Herren! Wir setzen die 26.<br />

<strong>Sitzung</strong> des 3. <strong>Sächsische</strong>n <strong>Landtag</strong>es fort. Zuerst darf ich ganz<br />

herzlich wie<strong>der</strong> einer Abgeordneten zum Geburtstag gratulieren. Am<br />

heutigen Tag hat Frau Margit Werner Geburtstag. Ich wünsche Ihnen<br />

alles Gute und Wohlergehen. Herzlichen Glückwunsch!<br />

(Abg. Prof. Dr. Porsch übergibt Blumen an die Abg.<br />

Frau Margit Werner, PDS)<br />

Folgende Abgeordnete, von denen Entschuldigungen zu unserer<br />

heutigen <strong>Sitzung</strong> vorliegen, sind beurlaubt: Herr Adamczyk und Herr<br />

Adler. Von dieser Stelle aus möchte ich Herrn Adler alles Gute<br />

wünschen; Herr Adler ist schwer erkrankt.<br />

Meine Damen und Herren! Das Haushaltsgesetz 2001/2002 wird weiter<br />

in seinen Einzelplänen behandelt. Folgende Redezeiten stehen noch<br />

zur Verfügung: CDU 164 Minuten, PDS 93 Minuten, SPD 34 Minuten,<br />

Staatsregierung 98 Minuten.<br />

Meine Damen und Herren! Ich rufe auf<br />

Tagesordnungspunkt 4.8<br />

Einzelplan 08 - Staatsministerium für Soziales,<br />

Gesundheit, Jugend und Familie<br />

Zunächst erhält, wenn gewünscht, <strong>der</strong> Berichterstatter des<br />

Haushalts- und Finanzausschusses, Herr Wöller, das Wort. - Das ist<br />

nicht <strong>der</strong> Fall. Danach werden in folgen<strong>der</strong> Reihenfolge die<br />

Vertreter <strong>der</strong> Fraktionen reden: PDS, CDU, SPD, CDU, dann die<br />

Staatsregierung, wenn gewünscht.<br />

Die Aussprache ist eröffnet. Ich bitte die Fraktion <strong>der</strong> PDS das<br />

Wort zu nehmen. Herr Dr. Pellmann, bitte.<br />

Dr. Pellmann, PDS: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und<br />

Herren! Es ist sehr erfreulich, dass das Präsidium die Tagesordnung<br />

so festgelegt hat, dass <strong>der</strong> Einzelplan 08 am <strong>Beginn</strong> eines neuen<br />

Tages behandelt werden kann. Er ist in <strong>der</strong> Tat einer <strong>der</strong><br />

wichtigsten Einzelpläne; denn bei ihm geht es wirklich um ganz<br />

entscheidende Fragen, die die Menschen im Freistaat Sachsen ganz<br />

unmittelbar berühren.<br />

Ich möchte, sozusagen einleitend zu diesem Block, einige kritische<br />

Bemerkungen <strong>der</strong> Oppositionsfraktion vortragen, möchte allerdings<br />

voranstellen, dass es selbstverständlich das Geschäft <strong>der</strong><br />

Opposition ist, nicht in Jubelchöre einzustimmen. Das überlassen<br />

wir gern - auch in <strong>der</strong> Weihnachtswoche - <strong>der</strong> CDU.<br />

Aber ich stelle ganz bewusst auch voran, dass wir sehr wohl<br />

anerkennen und würdigen, was auch und gerade auf sozial- und<br />

gesundheitspolitischem Gebiet in den letzten zehn Jahren im<br />

Freistaat Sachsen geschehen ist. Nur, wenn ich das tue - ich kann<br />

das aufgrund <strong>der</strong> Redezeit lei<strong>der</strong> nicht ausführlich begründen -,<br />

habe ich als Opposition auch das Recht - das ist sozusagen mein<br />

Geschäft - auf jene Dinge zu verweisen, die kritisch anzumerken<br />

wären.<br />

Zunächst zur sozialen Situation in Sachsen einige thesenhafte<br />

Bemerkungen:


Wir haben es in <strong>der</strong> Tat in Sachsen damit zu tun - das ist auch<br />

gestern bereits mehrfach angesprochen worden -, dass <strong>der</strong> Freistaat<br />

Sachsen auf einer Reihe von Gebieten im Vergleich zu den neuen<br />

Bundeslän<strong>der</strong>n wirklich nicht jenes Land ist, das die höchsten<br />

Sozialstandards aufzuweisen hätte. Auf einigen Gebieten liegen wir<br />

sogar im hinteren Feld. Ich meine, aufgrund <strong>der</strong> Wirtschaftskraft<br />

des Freistaates Sachsen, wie sie immer wie<strong>der</strong> betont wird und wie<br />

sie zum Teil auch real ist, sollte sich das än<strong>der</strong>n.<br />

Zum Zweiten haben wir in Permanenz einen Anstieg bei <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong><br />

Sozialhilfeempfänger zu verzeichnen. Diese Tendenz wird sich - da<br />

muss man kein Prophet sein - auch in den nächsten Jahren mit hoher<br />

Wahrscheinlichkeit fortsetzen. Obwohl uns logischerweise die Zahlen<br />

für das Jahr 2000 noch nicht zur Verfügung stehen können, kann man<br />

mit Fug und Recht davon ausgehen - und das ist keine Übertreibung -<br />

, dass wir es im Freistaat Sachsen gegenwärtig zumindest mit 110<br />

000 Menschen zu tun haben, die auf ständige Hilfe zum<br />

Lebensunterhalt angewiesen sind.<br />

Wenn wir bei den Sozialhilfeausgaben und den entsprechenden Fällen<br />

glücklicherweise noch weit unter dem Bundesdurchschnitt liegen, so<br />

ist bei einem weiteren Aspekt, den man zu den sozialen Standards<br />

rechnen müsste, die Situation zu verzeichnen, dass wir inzwischen<br />

durchaus lei<strong>der</strong> eine führende Position bekleiden. Das betrifft die<br />

Überschuldung von Haushalten.<br />

Aus einer bisher nicht veröffentlichten Studie <strong>der</strong> Bundesregierung,<br />

die allerdings <strong>der</strong> Presse bereits bekannt war, geht hervor, dass<br />

Ende 1999 in Deutschland 2,8 Millionen Haushalte überschuldet<br />

waren. In den neuen Bundeslän<strong>der</strong>n sollen es 870 000 gewesen sein.<br />

Wenn wir das auf Sachsen hochrechnen, so ist es sicher nicht<br />

untertrieben, dass wir auch für den Freistaat Sachsen dann<br />

zumindest von rund 300 000 überschuldeten Haushalten ausgehen<br />

müssen. Wir werden sicher demnächst die entsprechenden<br />

statistischen Angaben erhalten.<br />

Dies alles trägt dazu bei, dass sich die Abwan<strong>der</strong>ung eines Teils<br />

<strong>der</strong> sächsischen Bevölkerung vornehmlich in die alten Bundeslän<strong>der</strong><br />

beschleunigt hat bzw. dass sie zumindest nicht rückläufig ist. Dies<br />

- das wurde gestern mehrfach deutlich - bezieht sich lei<strong>der</strong><br />

insbeson<strong>der</strong>e auf die jüngeren Jahrgänge und lei<strong>der</strong> auch auf Frauen.<br />

<strong>Sächsische</strong> Frauen scheinen, wie das Sprichwort sagt, auch in<br />

an<strong>der</strong>en Bundeslän<strong>der</strong>n recht begehrt zu sein.<br />

(Zurufe von <strong>der</strong> CDU)<br />

- Wegen <strong>der</strong> heiteren Zwischenrufe sage ich: Natürlich sind sie auch<br />

in Sachsen begehrt. Ich bin selbstverständlich mit einer Sächsin<br />

verheiratet.<br />

Das hat allerdings auch den Nachteil, meine Damen und Herren, dass<br />

die Geburtenrate im Freistaat Sachsen nicht nur gegenwärtig immer<br />

weiter absinkt, son<strong>der</strong>n lei<strong>der</strong> hat diese demografische Entwicklung<br />

Langzeitwirkungen. Wenn die heutigen Babys <strong>der</strong>einst ins gebärfähige<br />

Alter geraten, dann werden wir weniger davon haben. Wir können also<br />

nicht sagen, dass dieses Problem uns lediglich gegenwärtig und in<br />

einigen Jahren beschäftigt.


Ich möchte gern etwas dazu sagen, wie dieser Haushaltsplan 08 und<br />

die entsprechenden Begleitgesetze auf die nur thesenhaft<br />

angedeutete soziale Situation reagieren: nach meinem Dafürhalten -<br />

und das hat meine Fraktion auch mehrfach deutlich gemacht - nicht<br />

ausreichend.<br />

Wir haben ganz bewusst gerade auch auf dem Gebiet <strong>der</strong> Sozialpolitik<br />

in unseren alternativen Haushalt weitaus mehr Mittel eingestellt,<br />

als das von <strong>der</strong> Staatsregierung in ihrem Haushaltsentwurf geschehen<br />

ist, und wir bleiben bei unserem Credo: Wir werden auch zu diesem<br />

Einzelplan keine Än<strong>der</strong>ungsanträge einbringen.<br />

(Einzelbeifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

- Ja, da können Sie klatschen. - Wir bleiben bei unserer<br />

Methodologie und wechseln sie nicht ständig wie ein Hemd. Das ist<br />

unsere Stärke.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS - Zuruf des Abg. Kannegießer, CDU)<br />

Die soziale Sicherheit, meine Damen und Herren, ist und bleibt für<br />

uns ein Grundwert. Ich glaube, hier sollten wir alle gemeinsam<br />

überlegen, wie diesbezüglich noch mehr in die Zukunft zu<br />

investieren wäre. Ich füge - auch als Sozialpolitiker, <strong>der</strong><br />

selbstverständlich nicht dafür ist, dass <strong>der</strong> sächsische Haushalt<br />

weitere Schulden in Größenordnungen anhäuft - ganz bewusst hinzu,<br />

dass es selbstverständlich nötig ist, dass wir, wenn wir sagen,<br />

dass wir in die Zukunft investieren, Sozialausgaben auch ganz<br />

bewusst als Investitionen verstehen,<br />

(Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

weil es sich dabei, meine sehr verehrten Damen und Herren,<br />

selbstverständlich um Probleme handelt, die - wenn wir bei <strong>der</strong><br />

Debatte bleiben - die Stärken des Freistaates Sachsen insbeson<strong>der</strong>e<br />

hervorbringen.<br />

Wir haben es damit zu tun, denke ich, dass die Sozialausgaben des<br />

Freistaates Sachsen - das ist unser Wille, wir werden ihn nicht<br />

durchsetzen - sich gleichrangiger auf Kommunen und Freistaat<br />

verteilen.<br />

Zu <strong>der</strong> Rechnung, die Herr Milbradt immer wie<strong>der</strong> anstellt, sage ich<br />

als Stadtrat von Leipzig, <strong>der</strong> nun an <strong>der</strong> Basis von diesen Dingen<br />

betroffen ist: Diese Rechnung geht einfach nicht auf! Wir haben<br />

allein in Leipzig in <strong>der</strong> vergangenen Woche 18 Millionen DM mehr für<br />

Sozialhilfeleistungen des Jahres 1999 bewilligen müssen und diese<br />

Tendenz wird weiter anhalten.<br />

In den entsprechenden Schlüsselzuweisungen wird gerade auf diesem<br />

Gebiet nicht genügend seitens des Landes getan.<br />

Wir meinen auch, dass <strong>der</strong> Einzelplan 08 in <strong>der</strong> Tat ein Einzelplan<br />

ist, <strong>der</strong> im Detail Versprechen, die 1999 durch die Staatsregierung<br />

gegeben worden sind, gebrochen hat. Ich erinnere Sie nur an das<br />

Problem des Landesblindengeldes und des Nachteilsausgleichs.<br />

Es hat bei den entsprechenden Anhörungen scharfe Proteste <strong>der</strong><br />

Behin<strong>der</strong>tenverbände und Interessenvertretungen gegeben. Die<br />

behin<strong>der</strong>ten Menschen wollen nicht länger hinnehmen, dass es bei<br />

einem Status quo bleibt, was die Ausgaben betrifft. Aber bliebe es<br />

wenigstens bei dem Status quo, dann wäre man zwar nicht zufrieden,<br />

doch man könnte noch Milde walten lassen. Aber nein! Und das


verstehe ich dann überhaupt nicht. Ich weiß auch nicht, ob es<br />

juristisch einwandfrei ist, dass sozusagen das Landesblindengeld<br />

auf dem jetzigen Niveau nicht nur bis 2002 verharren soll, son<strong>der</strong>n<br />

sogar bis 2004. Also, ich denke, wir werden in dieser<br />

Legislaturperiode dann kaum noch eine Chance haben, über dieses<br />

wichtige soziale Element hier sprechen zu können.<br />

Wir meinen - Herr Staatsminister Geisler hat da bekanntermaßen eine<br />

an<strong>der</strong>e Auffassung -, dass es aufgrund <strong>der</strong> sozialen Defizite in<br />

unserem Lande nötig wäre, dass sich <strong>der</strong> Freistaat auch weiterhin<br />

stärker an Beratungsstellen auf den verschiedensten Gebieten<br />

beteiligt. Nun wird uns vorgehalten, das sei originäre kommunale<br />

Aufgabe und das Land könne nur Modelle för<strong>der</strong>n. Ich denke, wir<br />

sollten uns hier nicht so sklavisch an Buchstaben halten. Wenn eine<br />

Notwendigkeit besteht, dass Beratungsstellen auf den<br />

verschiedensten Gebieten weiter geför<strong>der</strong>t werden, weil sie einfach<br />

an die Grenzen ihrer finanziellen und personellen Kapazitäten<br />

gekommen sind, dann müssen wir gemeinsam überlegen, wie das gehen<br />

kann.<br />

(Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Die Kommunen allein sind dazu nicht in <strong>der</strong> Lage. Ich will das hier<br />

noch einmal ausdrücklich betonen.<br />

Wir begrüßen, dass es nun doch gelungen ist, im Endeffekt mehr<br />

Mittel für das Ehrenamt einzustellen, insbeson<strong>der</strong>e die "Aktion 55".<br />

Aber wir meinen auch hier, dass das zu wenig ist, weil es nämlich<br />

die an<strong>der</strong>en in das Ehrenamt Gehenden, auf die wir dringend<br />

angewiesen sind, nicht ausreichend berücksichtigt; also an<strong>der</strong>e<br />

Jahrgänge. Dafür reichen die Mittel nicht aus. Hier knüpfe ich an<br />

das an, was mein Fraktionskollege Karl-Friedrich Zais gestern<br />

gesagt hat: Das, was mit Tauris versucht wird, hat mit<br />

sozialpolitischen Grundwerten in diesem Freistaat nichts zu tun.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS - Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Wir müssen, verehrter Herr Staatsminister, selbstverständlich auch<br />

überlegen: Wie werden wir künftig mit dem Landeswohlfahrtsverband<br />

umgehen?<br />

(Frau Zschoche, PDS: Sehr richtig!)<br />

Ich glaube, wir sollten hier eine ergebnisoffene Diskussion<br />

beginnen und nicht von vornherein sagen, weil das in Sachsen so<br />

einzigartig ist, ist es das Nonplusultra.<br />

Ich habe mich sachkundig gemacht in verschiedenen Sozialämtern.<br />

Dort wird gesagt: Manches ließe sich auf die Städte und Landkreise<br />

übertragen und wäre dort kostengünstiger zu realisieren. Oft wird<br />

nämlich durch den Landeswohlfahrtsverband sozusagen Doppelarbeit<br />

verrichtet.<br />

Ich will anmahnen, dass wir auf diesem Gebiet in den nächsten<br />

Jahren konzeptionelle Arbeit zu leisten haben, um wirklich<br />

einzuschätzen, wie sich die Perspektive des<br />

Landeswohlfahrtsverbandes entwickeln wird. O<strong>der</strong> müssen wir<br />

gegebenenfalls zu einer an<strong>der</strong>en Sichtweise kommen?<br />

Was ich auch einfor<strong>der</strong>n möchte, ist, dass uns die Staatsregierung<br />

über das Bisherige hinaus informiert. Ich kann mich, was die<br />

Beantwortung von Anfragen meinerseits an die Staatsregierung


etrifft, nicht beklagen, insbeson<strong>der</strong>e möchte ich da Staatsminister<br />

Geisler danken für die sehr instruktive Antwort, die ich nun dort<br />

erhalten habe. Aber das heißt noch lange nicht, dass man damit<br />

zufrieden sein müsste.<br />

Wir brauchen in <strong>der</strong> Tat einen Report "Armut und Reichtum". Wir<br />

brauchen in <strong>der</strong> Tat Analysen über Bedarf auf den verschiedensten<br />

Gebieten. Ich habe auch Antworten bekommen, in denen gesagt wird:<br />

Da kennen wir den Bedarf nicht. Da frage ich natürlich: Wenn man<br />

den Bedarf nicht ermittelt hat und ihn nicht kennt, wie will man<br />

dann sinnvollerweise gezielt För<strong>der</strong>mittel einsetzen? O<strong>der</strong> - das<br />

merke ich jetzt einmal ganz freundlich an - ist das etwa so<br />

gedacht: Es ist vielleicht ganz gut, wenn man den Bedarf nicht<br />

genau kennt, dann muss man natürlich auch nicht unbedingt die<br />

nötigen För<strong>der</strong>mittel einsetzen.<br />

Ich bitte darum, dass - insbeson<strong>der</strong>e was die analytische Tätigkeit<br />

betrifft - einiges mehr getan wird.<br />

Abschließend, meine Damen und Herren: Ich habe lange überlegt,<br />

woran es denn liegen könnte, dass wir nun doch im Einzelplan 08<br />

eine beträchtliche Verän<strong>der</strong>ung erreicht haben. Die CDU wird<br />

natürlich - Sie haben heute Weihnachtsfeier, ich will Ihnen die<br />

nicht vermiesen - sofort sagen: Das liegt daran, weil wir in <strong>der</strong><br />

Fraktion den Aufstand geprobt haben.<br />

Ich möchte Ihnen drei Punkte nennen - die ich mir überlegt habe -,<br />

die die Ursachen sein könnten.<br />

<strong>Der</strong> erste ist: In erster Linie hat es Verän<strong>der</strong>ungen gegeben, die<br />

auf den Protest <strong>der</strong> Bevölkerung zurückzuführen sind. Das war die<br />

entscheidende Position, so dass auch Teile <strong>der</strong> CDU-Fraktion<br />

sozusagen zum Jagen getragen o<strong>der</strong> getrieben worden sind.<br />

(Frau Nicolaus, CDU: Zum Jagen?)<br />

- Na, selbstverständlich, Frau Nicolaus! Sie können das doch dann<br />

alles klären.<br />

Zum Zweiten. Da möchte ich persönlich meinen Respekt vor<br />

Staatsminister Geisler bekunden.<br />

(Zuruf des Abg. Dr. Hähle, CDU)<br />

Ich glaube, er hat mehr zur Konsolidierung dieses Einzelplanes im<br />

positiven Sinne getan als Sie als CDU-Fraktion und er hat vor allem<br />

mehr erreicht.<br />

(Wi<strong>der</strong>spruch <strong>der</strong> Abg. Frau Nicolaus, CDU)<br />

Zum Dritten, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat<br />

selbstverständlich - dafür ist er ein sehr ausgewiesener Fachmann -<br />

<strong>der</strong> Finanzminister eine Knautschzone eingebaut. Es ist völlig klar,<br />

dass das je<strong>der</strong> Finanzminister macht. So hat er Ihnen als CDU-<br />

Fraktion die Möglichkeit geboten sich sozusagen an dem Plan<br />

abzuarbeiten.<br />

(Lachen des Abg. Nolle, SPD)<br />

Ich sage Ihnen eines: Das Problem besteht nur darin, dass Sie es<br />

jetzt so darstellen, als ob es selbst in <strong>der</strong> CDU demokratisch<br />

zugegangen wäre.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS - Proteste bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Aber im Endeffekt, meine sehr verehrten Damen und Herren, war dies<br />

bereits vorher in weiten Zügen vom Finanzminister


(Frau Nicolaus, CDU: Sie haben keine Ahnung!)<br />

zumindest nicht ausgeschlossen worden. Deshalb, meine sehr<br />

verehrten Damen und Herren, können Sie nicht erwarten, dass wir in<br />

Ihren Jubelchor einstimmen, was den Einzelplan 08 betrifft.<br />

(Ha, ha, ha! bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Ich gönne Ihnen, den Sozialpolitikern <strong>der</strong> CDU, selbstverständlich,<br />

dass Sie sich heute Abend separat an einen Tisch setzen und Ihren<br />

so genannten Sieg feiern. Aber für uns ist es kein Sieg. Für uns<br />

enthält dieser Plan eine Reihe von Defiziten und deshalb werden wir<br />

ihm selbstverständlich nicht zustimmen können.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS - Bandmann, CDU: Erbsenzähler!)<br />

Präsident Iltgen: Ich erteile <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> CDU das Wort. Frau<br />

Nicolaus, bitte.<br />

Frau Nicolaus, CDU: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und<br />

Herren! Es ist ganz interessant, was so alles von <strong>der</strong> PDS-Fraktion<br />

kommt, wenn ich zum Beispiel an Herr Porsch gestern denke, <strong>der</strong><br />

meinem Namen gefrönt hat. Das ist doch wun<strong>der</strong>bar. Und wenn ich<br />

jetzt als lebende Legende an das Pult treten kann und Sie mich als<br />

koalitionsfähig betrachten, dann gibt mir das glatt den Glauben an<br />

den Weihnachtsmann zurück, Herr Porsch.<br />

(Beifall und Heiterkeit bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Dies gilt für Herrn Dr. Pellmann gleichermaßen. Einmal sprechen die<br />

Oppositionsfraktionen davon, dass die Wirtschaftskraft von Sachsen<br />

hinten und vorn hinke. Und er stellt sich dann hierher und sagt,<br />

die Wirtschaftskraft ist toll und klasse und wir können uns noch<br />

viel mehr Soziales leisten. Also wie das alles so übereinstimmt,<br />

das frage ich mich wirklich.<br />

(Frau Schulz, PDS: Zuhören!)<br />

Aber na ja, gut. In einem stimmen wir überein: dass <strong>der</strong><br />

Sozialhaushalt eine große Bedeutung für die sächsische Bevölkerung<br />

hat.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Und deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren, hat gerade<br />

dieser Haushalt die größten Nachbesserungen durch die CDU-Fraktion<br />

erfahren. Dafür möchte ich mich auch recht herzlich bei meinen<br />

Fraktionskollegen bedanken.<br />

Nehmen wir einmal das Beispiel <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>tagesstätten. Es war<br />

vorgesehen, dass die Kürzungen für jedes Haushaltsjahr um die 70<br />

Millionen DM betragen sollten.<br />

Jetzt haben wir in unserem Entwurf bzw. als Ergebnis unserer<br />

heutigen <strong>Sitzung</strong>, wenn <strong>der</strong> Vorschlag so beschlossen wird,<br />

Einsparungen von ca. 30 Millionen DM pro Haushaltsjahr. Ich denke<br />

schon, dass das ein Erfolg gerade für unsere sächsische<br />

Familienpolitik ist.<br />

Natürlich haben Sie von <strong>der</strong> Opposition nichts Besseres zu tun, als<br />

diesen schlechtzureden. Sie hatten dem letzten<br />

Kin<strong>der</strong>tagesstättengesetz nicht zugestimmt; jetzt verteidigen Sie es<br />

mit Vehemenz . So hätten wir auch bei dem jetzigen Haushaltsansatz<br />

bleiben können, das wäre Ihnen auch nicht recht gewesen. Dann<br />

hätten Sie eine Erhöhung des Haushaltsansatzes gefor<strong>der</strong>t.


Lassen Sie mich noch ein paar Worte zu unserem Familienkompromiss<br />

verlieren. Wir haben das Landeserziehungsgeld umgestellt und damit<br />

eine gute Lösung gefunden. Wir werden über neun Monate 400 DM<br />

zahlen und wir haben eine Familienkomponente eingebaut, die den<br />

Wünschen und Vorstellungen unserer sächsischen Bevölkerung<br />

entsprechen wird.<br />

Es wird so sein, dass man für das dritte, vierte und jedes nächste<br />

Kind bei 600 DM bleibt und die Auszubildenden und Studenten<br />

ebenfalls 600 DM für ihre Kin<strong>der</strong> erhalten werden. Gleichermaßen<br />

werden wir an die "Turboregelung" anknüpfen, so dass dieses<br />

Instrumentarium, das uns <strong>der</strong> Bund gegeben hat, in unserer Lösung<br />

mit aufgeht.<br />

Im Gegensatz dazu ist es nämlich so, dass Bayern, Baden-Württemberg<br />

und Thüringen dies so nicht aufgenommen haben. An dieser Stelle<br />

möchte ich das Hohe Haus noch einmal daran erinnern, wer denn<br />

überhaupt Landeserziehungsgeld zahlt: Das sind Bayern, Baden-<br />

Württemberg, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern. Ich hatte es<br />

schon einmal erwähnt: In Mecklenburg-Vorpommern gibt es 600<br />

Anspruchsberechtigte und in Sachsen ca. 20 000. Das ist wohl ein<br />

"kleiner " Unterschied!<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

In Bezug auf die Kin<strong>der</strong>tagesstätten war es für uns beson<strong>der</strong>s<br />

wichtig, dass die Wahlfreiheit im Interesse <strong>der</strong> Flexibilität für<br />

unsere sächsischen Familien gesichert wird. Das entsprach <strong>der</strong><br />

For<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> sächsischen Bevölkerung. Ebenso lässt unser Vorschlag<br />

die Bedarfsregelung und die unverhältnismäßig hohen Beiträge in den<br />

Krippen wegfallen, so dass diese nunmehr in einem verträglichen<br />

Rahmen geblieben sind. Wir haben einen Kompromiss gefunden, <strong>der</strong><br />

vorsieht, dass wir die Personalkostenzuschüsse um 3,5 % zum<br />

1.1.2001 senken. Das bedeutet, wenn sich die Kommune dazu<br />

entschließt, diesen Betrag bis auf die Eltern durchzureichen, dass<br />

sich 15 DM Elternbeitragserhöhung ergibt, und zwar<br />

durchschnittlich.<br />

(Frau Dr. Schwarz, SPD: Durchschnittlich!)<br />

- Das kann man so jetzt nicht sagen, ob es im Hort, im Kin<strong>der</strong>garten<br />

o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Krippe gleich ist, daher durchschnittlich. Bereits<br />

jetzt differieren die Elternbeiträge. Das möchte ich an dieser<br />

Stelle einmal betonen, weil es immer wie<strong>der</strong> in die verkehrte Kehle<br />

kommt. Die einen zahlen für den Kin<strong>der</strong>gartenplatz 150 DM<br />

Elternbeitrag und an<strong>der</strong>e 190 DM. Das kann man nicht alles über<br />

einen Kamm scheren, denn das obliegt auch <strong>der</strong> kommunalen Ebene,<br />

dies dementsprechend zu regulieren.<br />

Wir haben uns <strong>der</strong> Verantwortung auch dahin gehend gestellt, dass<br />

die kommunale Ebene ein an<strong>der</strong>es Verantwortungsspektrum erhält und<br />

diese Verantwortung in Gänze aufgewertet werden wird. Wir werden<br />

den Entschließungsantrag zum Haushaltsbegleitgesetz entsprechend<br />

einbringen. Er liegt Ihnen vor. Hier sind wir ein Vorreiter in ganz<br />

Deutschland. Die kommunale Ebene wird mit einer<br />

Verantwortungskompetenz ausgestattet, die sich sehen lassen kann,<br />

aber auch in ganz Deutschland gesucht wird. Wir müssen es schon<br />

unseren Kommunalpolitikern, den Bürgermeistern, Gemein<strong>der</strong>äten,


Stadträten zutrauen, dass sie sach- und fachkompetent entscheiden<br />

werden.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Herr de Maizière hat gestern gesagt, dass wir von Dresden aus nicht<br />

bestimmen können, ob <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>garten neun, elf o<strong>der</strong> 12 Stunden<br />

geöffnet haben soll. Das soll unten entschieden werden. Das ist ihr<br />

gutes Recht, denn es wird ja auch entsprechend mitfinanziert.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Wir haben hier eine günstige Grundlage zur Pauschalierung<br />

aushandeln können. Grundlage <strong>der</strong> Pauschale ist <strong>der</strong> Haushaltsansatz<br />

von 430 Millionen DM. Sie wird für wohnhafte Kin<strong>der</strong> von ein bis<br />

zehn Jahren an die kommunale Ebene gegeben. Das ist eine gute<br />

Grundlage. Die kommunale Ebene wird aber mindestens den gleichen<br />

Betrag dazugeben müssen. Ebenso sind die Elternbeiträge verträglich<br />

geregelt - das können Sie auch alles nachlesen. Grundlage sind 20<br />

bis 30 % <strong>der</strong> Betriebskosten. Diese Regelung gibt es ja auch jetzt<br />

schon. Damit werden die Eltern nicht ungebührlich belastet. Das war<br />

unser Grundtenor bei den gesamten Verhandlungen.<br />

Lassen Sie mich noch weitere Ausführungen hierzu machen. Wir haben<br />

bei den Kin<strong>der</strong>tagesstätten zusätzlich zu den laufenden konsumtiven<br />

Kosten auch die Investitionen erhöhen können. Es wird ein Programm<br />

in Höhe von 20 Millionen DM pro Jahr zur Verfügung stehen. Das<br />

werden wir unkompliziert umsetzen, indem wir diese Mittel den<br />

Landkreisen, also den örtlichen Trägern <strong>der</strong> Jugendhilfe, pauschal<br />

zur Verfügung stellen, damit diese sie mit entsprechenden<br />

Eigenmitteln kumulieren und vor Ort einsetzen können, ohne dass<br />

langwierige Antragsformulare ausgefüllt werden müssen und ihnen<br />

auch langwierige Prüfungen erspart bleiben. Das Geld soll zur<br />

Sanierung zum Beispiel von Sanitäranlagen eingesetzt werden o<strong>der</strong><br />

auch für kleinere Mo<strong>der</strong>nisierungen. Das ist eine gute Sache. Hier<br />

gibt es noch großen Nachholbedarf, denn Gott sei Dank haben wir ja<br />

wie<strong>der</strong> steigende Kin<strong>der</strong>zahlen. In Bezug auf die Geburten sehe ich<br />

es an<strong>der</strong>s als Herr Dr. Pellmann. Es liegt wohl nicht an den<br />

sächsischen Frauen allein; auch die Männer müssen ihren Beitrag zur<br />

Steigerung <strong>der</strong> Geburtenrate leisten.<br />

(Teilweise Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Anwesende natürlich ausgenommen.<br />

In diesem Haushalt gibt es ja auch noch an<strong>der</strong>e Schwerpunkte, die<br />

von dem einen o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>en kritisch beleuchtet werden. Ich denke<br />

hierbei an die jugendpolitischen Maßnahmen, bei denen Einsparungen<br />

im investiven Bereich vorgenommen worden sind und nicht, wie das<br />

immer dargestellt wurde, dass global um 25 % gesenkt wurde. Das ist<br />

nur in einem Haushaltstitel <strong>der</strong> Fall. Ansonsten bleiben wir bei<br />

unserer altbewährten För<strong>der</strong>ung. Wir haben als CDU-Fraktion neue<br />

Akzente gesetzt durch Verlagerungen, indem zum Beispiel<br />

Jugen<strong>der</strong>holungsmaßnahmen erhalten bleiben und weiter geför<strong>der</strong>t<br />

werden, einmal die Leistungsverträge und zum an<strong>der</strong>en auch die<br />

Jugen<strong>der</strong>holungsmaßnahmen, die über die Landkreise und kreisfreien<br />

Städte geför<strong>der</strong>t werden. Das ist eine gute Lösung, die auch im<br />

Lande begrüßt wird.<br />

(Teilweise Beifall bei <strong>der</strong> CDU)


Zum an<strong>der</strong>en haben wir ein Programm von ca. 350 000 DM pro Jahr ins<br />

Leben gerufen, das mein Kollege Lars Rohwer initiiert und<br />

ausgearbeitet hat. Es wird heißen "Toleranz und Demokratieerziehung<br />

als Prävention". Hiermit können wir auch vielen Dingen<br />

gegensteuern, die sich hier in <strong>der</strong> Gesellschaft teilweise<br />

abzeichnen. Wir werden sehen, wie es am Ende läuft.<br />

Lassen Sie mich noch einen Gedanken zur "Aktion 55" verlieren. Das<br />

ist bei jedem Haushalt ein Dauerbrenner. Ich bin froh und dankbar,<br />

dass wir es hier erreicht haben, pro Jahr 10 Millionen DM in diesen<br />

Haushalt einstellen zu können.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Es ist zwar weniger als im vergangenen Haushaltsansatz, hat aber<br />

auch seine Ursachen. Einmal ist die Personengruppe, die wir damit<br />

erreichen wollten und erreichen wollen, einfach nicht mehr in <strong>der</strong><br />

bisherigen Größenordnung vorhanden. Wir hatten schon beim<br />

Haushaltsabschluss in diesem und im vergangenen Jahr, also<br />

1999/2000, nicht mehr die 15 Millionen DM ausschöpfen können,<br />

son<strong>der</strong>n es waren nur 12 bis 13 Millionen DM, die abgeflossen sind<br />

bzw. abfließen werden. So denke ich, dass es sachgerecht ist, wenn<br />

wir hier mit 10 Millionen DM dabei bleiben, denn diese Aktion hat<br />

sich bewährt. Damit sind wir weiterhin in Deutschland beispielhaft.<br />

Gleichermaßen haben wir dem Ehrenamt eine beson<strong>der</strong>e Bedeutung<br />

zugemessen. Wir werden die Ehrenamtsför<strong>der</strong>ung mit 2,5 Millionen DM<br />

pro Haushaltsjahr begleiten, weil das Ehrenamt an sich das<br />

Gemeinschaftsgefühl, die Solidarität, die Verantwortung und das<br />

Engagement in <strong>der</strong> Gesellschaft för<strong>der</strong>t und einmal mehr<br />

herausstellt. Dafür sind wir auch den Menschen im Freistaat<br />

dankbar, die dieses mit Leben erfüllen. Ich denke an den<br />

Sportbereich, ganz beson<strong>der</strong>s an den Behin<strong>der</strong>tenbereich, in denen<br />

viele ehrenamtliche Betreuer mitwirken. Es ist nicht hoch genug<br />

anzurechnen, dass es Menschen gibt, die dies tun.<br />

Einen Punkt wird die Opposition auch kritisch beleuchten, denn wir<br />

müssen uns aus den Schuldnerberatungsstellen als Freistaat zum Teil<br />

zurückziehen. Das war auf <strong>der</strong> kommunalen Ebene schon lange bekannt,<br />

denn in den Schuldnerberatungsstellen sollen die Menschen beraten<br />

werden, die von Sozialhilfe leben o<strong>der</strong> von Sozialhilfe bedroht<br />

sind. Und es wird oftmals verkannt: Es werden schlichtweg alle<br />

Menschen betreut, die dort vorstellig werden - die haben auch ihr<br />

gutes Recht dazu -, aber <strong>der</strong> eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e kann auch eine<br />

entsprechende Gebühr für so etwas bezahlen. Das darf dabei nicht<br />

vergessen werden.<br />

(Wi<strong>der</strong>spruch bei <strong>der</strong> SPD)<br />

- Aber natürlich!<br />

Es ist ja nicht so, dass zum Beispiel bei den Menschen, wie wir sie<br />

hier im sächsischen Parlament wi<strong>der</strong>spiegeln, nicht <strong>der</strong> eine o<strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>e auch in eine diverse Schieflage durch Überschuldung geraten<br />

kann, aber dann mit Sicherheit nicht direkt von Sozialhilfe bedroht<br />

ist.<br />

Die Pflichtaufgabe <strong>der</strong> kommunalen Ebene ist es, die<br />

Schuldnerberatungsstellen zu betreiben. Sie kann sie natürlich auch<br />

an freie Träger abgeben; das ist ganz klar.


(Unruhe bei CDU und SPD)<br />

Aber im Großen und Ganzen ist es dort angesiedelt und wir haben<br />

bisher Anschubfinanzierung geleistet. Und wenn wir uns jetzt<br />

langsam zurückziehen, muss man auch betonen, dass wir uns bei <strong>der</strong><br />

Insolvenzberatung in einem herausragenden Maße beteiligen und die<br />

Mittel dafür aufgestockt haben. Das muss an <strong>der</strong> Stelle betont<br />

werden. Das war ja auch ein Wunsch von Ihnen, Herr Dr. Pellmann.<br />

Präsident Iltgen: Gestatten Sie eine Zwischenfrage?<br />

Frau Nicolaus, CDU: Aber natürlich.<br />

Dr. Pellmann, PDS: Verehrte Frau Nicolaus, könnten Sie dem Hohen<br />

Haus vielleicht mal sagen, wie viel Insolvenzverfahren im Freistaat<br />

Sachsen 1999 und im Jahr 2000 bisher erfolgreich abgeschlossen<br />

worden sind?<br />

Frau Nicolaus, CDU: Das kann ich Ihnen ad hoc nicht beantworten.<br />

Aber ich werde Ihnen das gerne nachreichen, wenn Sie das möchten.<br />

Es geht ja auch darum, dass auch diejenigen honoriert werden, die<br />

nicht zum Erfolg geführt haben.<br />

(Unruhe im Saal)<br />

Lassen Sie mich noch ein Wort dazu sagen, was die Altenpflegeheime<br />

und die Ausfinanzierung und Sanierung <strong>der</strong> Krankenhäuser betrifft.<br />

Ich denke, hier sind wir beispielgebend, was gerade die<br />

Altenhilfepläne betrifft. Wir haben ein vorbildliches Netz im<br />

Altenpflegebereich geschaffen. Die alten Menschen, die auch ein<br />

Recht haben, entsprechend betreut zu werden, haben in unseren<br />

sächsischen Gefilden vorbildliche Ausgangsbedingungen und damit<br />

auch Betreuungsbedingungen. Dazu stehen wir als Freistaat Sachsen<br />

auch weiterhin.<br />

Was in Gänze die Krankenhausfinanzierung betrifft, so war Sachsen<br />

schon immer vorbildlich. Wir haben einen Krankenhausbettenplan, <strong>der</strong><br />

konsequent umgesetzt wurde. Es war auch damit verbunden, dass wir<br />

Bettenreduzierungen vornehmen mussten und vorgenommen haben. Das<br />

ist natürlich immer im Abgleich mit dem jeweiligen<br />

Krankenhausplanungsausschuss passiert.<br />

Dementsprechend haben wir uns auch zu dieser Pauschale bekannt, zur<br />

Pauschalierung pro Bett, was die Krankenhäuser ebenfalls dringend<br />

brauchen. Und die CDU-Fraktion hat einen entsprechenden Antrag<br />

eingebracht und die finanzielle Untersetzung ist ebenfalls gegeben,<br />

so dass wir weiterhin bei <strong>der</strong> bewährten Finanzierung bleiben können<br />

- 2 000 DM pro Bett plus Qualitätsfaktor.<br />

Ich denke, damit haben wir ein gutes Werk geleistet für unseren<br />

Freistaat, und ich bitte Sie dem Haushalt zuzustimmen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Präsident Iltgen: Ich erteile <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> SPD das Wort; Frau<br />

Dr. Volkmer, bitte.<br />

Frau Dr. Volkmer, SPD: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! <strong>Der</strong><br />

diesjährige Haushaltsentwurf <strong>der</strong> Staatsregierung war ein<br />

Testballon: Wie viel an Kürzungen im Sozialbereich ist die<br />

sächsische Bevölkerung bereit hinzunehmen, und das insbeson<strong>der</strong>e bei<br />

den Familien?<br />

(Beifall bei SPD und PDS)


Da waren Sie, liebe Kolleginnen und Kollegen von <strong>der</strong> CDU, selbst<br />

über den Wi<strong>der</strong>stand überrascht, <strong>der</strong> Ihnen da entgegenkam. Unter dem<br />

Slogan "Keine Kürzung bei den Kurzen", initiiert durch die SPD-<br />

Fraktion, war <strong>der</strong> Protest im ganzen Lande sofort da.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD - Proteste bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Und da haben Sie ganz schnell begriffen, dass Sie hier gegen die<br />

Pläne <strong>der</strong> Staatsregierung gegensteuern müssen, weil sonst die<br />

Wahlchancen in Ihren Wahlkreisen das nächsten Mal gegen Null<br />

gegangen wären.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD - Proteste und Gelächter bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Aber nicht nur im Kin<strong>der</strong>tagesstättenbereich regte sich Protest. Bei<br />

<strong>der</strong> öffentlichen Anhörung zum Haushaltsbegleitgesetz wurde<br />

offenbar, dass das, was die Staatsregierung vorgelegt hatte,<br />

unausgereift und unverantwortlich war. Kein einziger Teil des<br />

Haushaltsbegleitgesetzes, das ja die gesetzliche Grundlage für<br />

Einsparungen im Sozialhaushalt schaffen sollte, hat in <strong>der</strong><br />

ursprünglichen Form überlebt.<br />

Aber auch jetzt werden wir diesem Haushaltsbegleitgesetz nicht<br />

zustimmen können.<br />

Und was Sie uns heute als einen vierseitigen Entschließungsantrag<br />

zu einem Gesetz vorgelegt haben, finde ich schon sehr<br />

verwun<strong>der</strong>lich. Sagen kann ich dazu noch nichts, ich hatte ja noch<br />

keine Zeit, das durchzulesen.<br />

(Zurufe von <strong>der</strong> SPD: Das ist unverschämt! Das ist eine<br />

Frechheit!)<br />

Unverantwortlich war <strong>der</strong> vorgelegte Haushaltsentwurf, weil in den<br />

nächsten beiden Jahren im Sozialbereich 334 Millionen DM eingespart<br />

werden sollten. Das entspricht 16 % des Gesamtetats des<br />

Sozialhaushaltes.<br />

Was können wir aus diesen Vorgängen schlussfolgern? Offensichtlich<br />

wird das Soziale als Verfügungsmasse seitens <strong>der</strong> Haushälter in<br />

Sachsen gesehen. Und begünstigt wird das dadurch - und da habe ich<br />

eine ganz an<strong>der</strong>e Einschätzung als Sie, Herr Pellmann -, dass <strong>der</strong><br />

zuständige Sozialminister die Kürzungen landauf, landab verteidigt<br />

und keinen Wi<strong>der</strong>stand entgegensetzt.<br />

O<strong>der</strong> steckt hinter solch gravierenden Kürzungen tatsächlich ein<br />

sozialpolitisches Konzept? Wir hoffen nicht, dass das <strong>der</strong> Fall ist;<br />

denn dann könnte man ja jungen Leuten nur raten, den Freistaat zu<br />

verlassen, da er ihnen keine erstrebenswerte Perspektive bietet.<br />

Aber das wäre katastrophal und verheerend für unser Land.<br />

Sie haben gestern viel vom Prinzip <strong>der</strong> Subsidiarität geredet. Nur<br />

haben Sie es genauso wenig verstanden, wie Sie das Gen<strong>der</strong>-<br />

Mainstreaming-Konzept verstanden haben. Subsidiarität ist nämlich<br />

die Befähigung und Unterstützung des Einzelnen bei <strong>der</strong> Übernahme<br />

<strong>der</strong> Verantwortung, bei <strong>der</strong> Übernahme von Eigenverantwortung. Und<br />

ohne begleitende Solidarität <strong>der</strong> Gesellschaft kann Subsidiarität<br />

nicht verwirklicht werden.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

In Sachsen wird <strong>der</strong> Begriff <strong>der</strong> Subsidiarität benutzt, um<br />

Verantwortung, insbeson<strong>der</strong>e auch finanzielle Verantwortung,<br />

abzuschieben.


(Teilweise Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Meine Damen und Herren, auf Kürzungen im Bereich <strong>der</strong><br />

Kin<strong>der</strong>tagesstätten und bei den Nachteilsausgleichen für Behin<strong>der</strong>te<br />

war ich vorbereitet. Das sind immer wie<strong>der</strong> beliebte Einspartitel,<br />

wie uns die Haushalte <strong>der</strong> letzten Jahre bewiesen haben.<br />

(Dr. Münch, CDU: Brandenburg!)<br />

Aber über die geplante Einsparung bei <strong>der</strong> Krankenhausfinanzierung<br />

war ich doch überrascht. Da ermöglichen Sie den Krankenhäusern eine<br />

hohe Ausstattung und dann kürzen Sie ausgerechnet die Mittel, die<br />

zur Instandhaltung benötigt werden.<br />

(Zuruf von <strong>der</strong> CDU)<br />

- Na ja, aber es war <strong>der</strong> Entwurf <strong>der</strong> Staatsregierung - einstimmig.<br />

Was soll man dazu noch sagen, außer dass es an Kurzsichtigkeit kaum<br />

noch zu überbieten ist.<br />

(Teilweise Beifall bei <strong>der</strong> SPD - Zuruf des Abg. Dr. Jahr, CDU)<br />

Glücklicherweise hat auch die CDU-Fraktion diesen Unsinn erkannt<br />

und rückgängig gemacht.<br />

Diese kurzsichtige, undurchdachte Sparpolitik finden wir lei<strong>der</strong> in<br />

weiteren Bereichen. Sie offenbart sich gleichfalls zum Beispiel in<br />

<strong>der</strong> Drogenpolitik. Es wird keine vorausschauende Planung betrieben,<br />

keine Bedarfsanalyse, die auf regionale Beson<strong>der</strong>heiten, auf<br />

Altersgruppen und geschlechtsspezifische Unterschiede eingeht.<br />

Kurz, es mangelt an einem differenzierten Gesamtkonzept.<br />

<strong>Der</strong> Bericht zur Suchtprävention in Sachsen, <strong>der</strong> kürzlich<br />

vorgestellt wurde, brachte immensen Handlungsbedarf zum Vorschein.<br />

In den Ausschussberatungen hatten wir darauf hingewiesen, dass mit<br />

den im Haushalt eingestellten Mitteln eine effektivere,<br />

zukunftsfähige Präventionspolitik nicht möglich sein wird.<br />

Die weiteren Empfehlungen und Schlußfolgerungen - Einbeziehen<br />

mo<strong>der</strong>ner Medien, verstärkte wissenschaftliche Begleitung,<br />

Vorverlegung <strong>der</strong> Maßnahmen vor das 13. Lebensjahr - werden nicht<br />

einmal annähernd mit den durch diesen Haushalt zur Verfügung<br />

stehenden Mitteln umgesetzt werden.<br />

Trotzdem haben Sie, meine Damen und Herren, die von uns beantragte<br />

vergleichsweise geringe Aufstockung <strong>der</strong> Mittel schon im<br />

Sozialhaushalt abgelehnt. Nicht einmal dort ist <strong>der</strong> Wille<br />

vorhanden, tatsächlich - außer schönen Sonntagsreden - die<br />

präventive Arbeit im Drogen- und Suchtbereich zu verbessern.<br />

Auf weitere Defizite, die sich vor allem am Grad <strong>der</strong> Vernetzung von<br />

sozialen Einrichtungen manifestieren und wo unserer Meinung nach<br />

viele Ressourcen versteckt sind, kann ich lei<strong>der</strong> aus Zeitgründen<br />

nicht ausführlicher eingehen.<br />

Nur eines noch dazu: Wenn es diese Vernetzung gäbe und wenn<br />

sichergestellt wäre, dass die Menschen vor Ort, die sich tagtäglich<br />

mit den vielen sozialen Problemen <strong>der</strong> Menschen beschäftigen, in<br />

Planungs- und Entscheidungsprozesse einbezogen würden, dann würden<br />

viele Verbesserungen gar nicht viel Geld kosten. Manchmal ist nur<br />

guter Wille notwendig, vielleicht auch ab und zu genaues Hinhören<br />

und Nachdenken, um Vorschläge <strong>der</strong> Opposition aufzugreifen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)


Meine Damen und Herren! Die soziale Infrastruktur ist eben nicht<br />

unerheblich dafür, ob sich Menschen für ein Leben im Freistaat<br />

Sachsen entscheiden.<br />

Noch ein paar Worte zur Sozialhilfe, zur Armut und auch zur<br />

Verschuldung privater Haushalte. Auch hierbei haben wir in Sachsen<br />

enorme Probleme, weil die Staatsregierung einige Tatsachen<br />

schlichtweg ignoriert, an<strong>der</strong>e in ihrem Sinne interpretiert. Seit<br />

1991 steigen die Zahlen <strong>der</strong> Empfänger von Sozialhilfe stetig an.<br />

Das ist ein Indikator für eine gefährdete Armutsregion. Dazu kommt,<br />

dass nur 30 % <strong>der</strong> einkommensärmeren Haushalte überhaupt Sozialhilfe<br />

bekommen.<br />

Schauen Sie doch einmal in die Sozialhilfestatistik, dann wissen<br />

Sie, warum gerade junge Frauen scharenweise Sachsen verlassen.<br />

Junge Frauen zwischen 20 und 25 Jahren und Kin<strong>der</strong> unter drei Jahren<br />

unterliegen in Sachsen dem mit Abstand größtem Risiko,<br />

sozialhilfeabhängig zu werden. Das ist doch keine erstrebenswerte<br />

Perspektive für die Jugend.<br />

(Beifall bei SPD und PDS)<br />

Wir denken, dass ein Sozialminister eine solche Sozialpolitik, wie<br />

sie die <strong>Sächsische</strong> Staatsregierung in Gänze vertritt, nicht<br />

verteidigen dürfte. Wir lehnen den Haushalt ab, weil er in<br />

zahlreichen Bereichen über eine fantasielose Sparpolitik nicht<br />

hinauskommt, unter dem Deckmantel <strong>der</strong> Subsidiarität Kommunen und<br />

Familien belastet und zukunftsfähige Sozialpolitik überhaupt<br />

verhin<strong>der</strong>t.<br />

(Beifall bei SPD und PDS)<br />

Präsident Iltgen: Die CDU-Fraktion. Bitte, Frau Nicolaus.<br />

Frau Nicolaus, CDU: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und<br />

Herren! Liebe Frau Dr. Volkmer, wenn Sie sagen, dass wir das bei<br />

den Kin<strong>der</strong>tagesstätten erkannt hätten, so ist das zwar richtig, Sie<br />

haben aber hinzugefügt, dass wir Angst gehabt hätten, ansonsten in<br />

unseren Wahlkreisen nicht mehr gewählt zu werden. Da frage ich mich<br />

echt, wenn ich die Kürzungen sehe, die in den an<strong>der</strong>en neuen<br />

Bundeslän<strong>der</strong>n vorgenommen worden sind, ob Sie von <strong>der</strong> SPD dort noch<br />

lange an <strong>der</strong> Macht sein werden; denn das wäre wohl gleichermaßen so<br />

zu verstehen, dass Sie Ihre Wahlkreise dort auch nicht mehr<br />

gewinnen werden.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Gerade in Brandenburg ist das doch gravierend. Wir stellen eine<br />

Pauschale von 1 760 DM pro Kind auf die Beine und Brandenburg hat<br />

eine Pauschale von 900 DM pro Kind. Und dann stellen Sie sich hier<br />

hin und sagen, bei uns sei es schlechter. Also bitte!<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Präsident Iltgen: Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Frau Nicolaus?<br />

Frau Nicolaus, CDU: Ja, bitte.<br />

Präsident Iltgen: Bitte.<br />

Frau Dr. Volkmer, SPD: Frau Nicolaus, wo, bitte, ist das, was Sie<br />

vorschlagen, also beispielsweise die Höhe <strong>der</strong> Pauschale, bereits<br />

veröffentlicht? Wo kann ich das nachlesen und wo können wir darüber<br />

diskutieren?


Frau Nicolaus, CDU: Ja, ich habe mich eben direkt informiert. Ich<br />

war zu einem kommunalwissenschaftlichen Forum in Berlin. Dort ist<br />

das von kompetenten Leuten vorgestellt worden. Die Kommunen in<br />

Brandenburg richten sich bei ihrer Haushaltsaufstellung bereits auf<br />

die entsprechenden Pauschalen ein; denn die Kommunen müssen ja<br />

zufinanzieren.<br />

Frau Dr. Volkmer, SPD: Nein, ich frage nach Ihrer Pauschale, ich<br />

frage nach Ihren Vorstellungen.<br />

Frau Nicolaus, CDU: Da müssen Sie einmal den Entschließungsantrag<br />

durchlesen!<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Frau Dr. Volkmer, SPD: Na, also, das konnten wir ja noch gar nicht!<br />

(Unruhe bei SPD und PDS - Jurk, SPD: Laut Artikel 70 <strong>der</strong><br />

Verfassung ist das gar nicht zulässig!)<br />

Frau Nicolaus, CDU: - Wieso, sind wir etwa nicht Mitglie<strong>der</strong> des<br />

Parlaments, Herr Jurk?<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Aber wann reden wir miteinan<strong>der</strong><br />

darüber? - Weitere Zurufe von PDS und SPD)<br />

- Ja, natürlich werden wir darüber reden. Wir können doch darüber<br />

diskutieren. Aber das ist unser Vorschlag und er ist um vieles<br />

besser. O<strong>der</strong> wollen Sie weitere Verschlechterungen, wenn Sie sagen,<br />

die Pauschale sei Ihnen zu hoch?<br />

(Unruhe bei PDS und SPD)<br />

Na ja, darüber ließe sich noch viel diskutieren. Dazu werden wir<br />

noch kommen.<br />

Noch ein Wort zum Behin<strong>der</strong>tenbereich, weil mir das auch sehr am<br />

Herzen liegt. Es trifft zu, dass wir als Freistaat Sachsen die<br />

Prioritäten etwas an<strong>der</strong>s gesetzt haben. Aber wir haben zumindest<br />

eines erreicht: Wir haben im Behin<strong>der</strong>tenbereich im nächsten Jahr 9<br />

Millionen DM mehr und im Jahr 2002 22,5 Millionen DM mehr an<br />

Investitionsmitteln. Wir schaffen damit die Voraussetzungen, dass<br />

Behin<strong>der</strong>teneinrichtungen weiterhin gebaut werden können und damit<br />

die Behin<strong>der</strong>ten in den Genuss von Lebensqualitätserhöhungen kommen.<br />

Ich denke, das ist ein wichtiger Punkt für unsere behin<strong>der</strong>ten<br />

Menschen draußen.<br />

Wir haben außerdem Nachbesserungen im Nachteilsausgleich zum<br />

Beispiel bei den taubstummen Mitbürgern. Denn diese Menschen sind<br />

am meisten vom Leben ausgegrenzt. Wir haben als eines von wenigen<br />

Bundeslän<strong>der</strong>n an<strong>der</strong>e Nachteilsgruppen in unser<br />

Nachteilsausgleichsgesetz aufgenommen. Während an<strong>der</strong>e Bundeslän<strong>der</strong><br />

nur die blinden Bürger aufgenommen haben, haben wir die<br />

Taubstummen, die Taubblinden, die mehrfach schwerstgeschädigten<br />

Kin<strong>der</strong> aufgenommen. Das sind Personengruppen, die es gleichermaßen<br />

verdienen hier berücksichtigt zu werden. Das können an<strong>der</strong>e<br />

Bundeslän<strong>der</strong> nicht vorweisen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Zum Suchtbereich: So wie Sie, Frau Dr. Volkmer, das hier<br />

vorgestellt haben, finde ich es schon ein bisschen daneben. Wir<br />

haben in <strong>der</strong> letzten o<strong>der</strong> vorletzten Plenarsitzung einen<br />

gemeinsamen Antrag verabschiedet und wir sind dabei, ein


entsprechendes Konzept zu erarbeiten. Wir haben in Sachsen mit den<br />

jeweiligen Kostenträgern zwei Reha-Einrichtungen schaffen können.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Das verschweigen Sie natürlich. Alles Gute, was von uns angestoßen<br />

wurde, ist für Sie natürlich nicht gut. Es muss durch Sie<br />

geschaffen werden und dann sollen wir Beifall klatschen. Aber<br />

darauf können Sie lange warten.<br />

Präsident Iltgen: Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Frau Nicolaus?<br />

Frau Nicolaus, CDU: Nein, ich bin fertig.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Präsident Iltgen: Ich erteile <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> PDS das Wort. Frau<br />

Werner, bitte.<br />

Frau Werner, Heike, PDS: Herr Präsident! Meine Damen und Herren!<br />

Die Haushalts-Kita-Debatte ließe sich wohl am besten so<br />

beschreiben: die wun<strong>der</strong>same Wandlung vom Wolf im Schafsfell hin zur<br />

Geißleinvariante, das heißt genügend Kreide gefressen und mit Mehl<br />

verhüllt und dann geht man vielleicht sogar als revolutionärer<br />

Erneuerer durchs Ziel.<br />

(Beifall bei PDS und SPD)<br />

Was für schöne Reden konnten wir uns doch vor den Wahlen anhören:<br />

Sachsen - ein Land <strong>der</strong> Zukunft, Bildungsland gar, aber in jedem<br />

Falle kin<strong>der</strong>- und familienfreundlich. Und was ist davon geblieben?<br />

Die Wahl war kaum ein Jahr vorbei und <strong>der</strong> Wolf schüttelte das Fell<br />

ab. Die CDU-Staatsregierung legte uns unter an<strong>der</strong>em ein Kita-Gesetz<br />

auf den Tisch, dessen Gruseligkeit einem die Sprache verschlug, für<br />

einen Moment wenigstens.<br />

Ich will jetzt nicht mehr detailliert auf alles eingehen, Fakt ist<br />

aber eines: Mit einer unverschämten Erhöhung <strong>der</strong> Elternbeiträge,<br />

mit einer willkürlichen Herabsetzung des Alters für den Eintritt in<br />

den Kin<strong>der</strong>garten, mit einer realitätsfernen Bedarfsprüfung für<br />

einen Kin<strong>der</strong>gartenanspruch haben Sie einen Entwurf geliefert, <strong>der</strong><br />

unsozial, ungerecht, inkompetent, frauen- und kin<strong>der</strong>feindlich ist.<br />

(Beifall bei PDS und SPD)<br />

Es könnte mir egal sein. Die Menschen im Land wissen sehr wohl,<br />

dass "CDU" auf dem Paket stand. Aber was nach solchen<br />

Unverschämtheiten vor allem hängen bleibt, ist: Die Politik geht an<br />

den Menschen vorbei. Es wun<strong>der</strong>t dann nicht, wenn die Mehrzahl <strong>der</strong><br />

jungen Leute <strong>der</strong> Meinung ist, dass ihre Meinung die Politiker ja eh<br />

nicht interessiere.<br />

Aber Politikverdrossenheit führt zum Glück nicht immer zu<br />

Masochismus, wenn er auch an<strong>der</strong>swo neuerdings um sich greift. Herr<br />

de Maizière, wenn Sie vermuten, dass die Eltern sich auf Ihre neuen<br />

Formen <strong>der</strong> Mitbestimmung freuen, muss ich Sie enttäuschen. Im<br />

Gegensatz zu Herrn Minister Meyer sind dies keine Masochisten. Im<br />

Gegenteil, Sie werden sich auf reichlich weiteren Gegenwind freuen<br />

können. Denn dazu hat die CDU-Fraktion wie<strong>der</strong>um zu wenig Kreide und<br />

Mehl dem Wolf zugeworfen, als dass sich die Eltern, die<br />

Erzieherinnen und Erzieher in diesem Land hätten verwirren lassen.<br />

Dumm ist nur, dass die Staatsregierung aber selbst glaubt, nun<br />

plötzlich jemand an<strong>der</strong>es zu sein, revolutionärer Erneuerer nämlich.


Ich muss Sie warnen. Das wird man nicht dadurch, dass man diesen<br />

Anspruch laut und immer wie<strong>der</strong> beschwört. Man muss sich än<strong>der</strong>n, und<br />

zwar auch in <strong>der</strong> Qualität. Für Sie ist es anscheinend revolutionär,<br />

wenn fast alle Entscheidungen für Kitas in die Hände <strong>der</strong> Kommunen<br />

gelegt werden, weil die am genauesten wüssten, wie Kin<strong>der</strong> am besten<br />

betreut werden. Ich fürchte, Sie meinen, wie sie am effizientesten<br />

betreut werden.<br />

(Einzelbeifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Eine an<strong>der</strong>e Interpretation ist mir <strong>der</strong>zeit nicht möglich, ist doch<br />

nur bekannt, dass die Kommunen nun alles Geld bekommen, natürlich<br />

weniger als für den Erhalt des Status quo notwendig, dies wie<strong>der</strong>um<br />

pro Kind und damit die Eltern irgendwie beteiligt werden. Dabei<br />

reden Sie dann gern von politischer Verantwortung, die Sie für<br />

diese Entscheidungen übernehmen. Das ist eine Frechheit. Sie haben<br />

den schwarzen Peter den Kommunen zugeschoben, und das mit<br />

Dreistigkeit.<br />

(Vereinzelt Beifall bei PDS und SPD)<br />

Wie sonst ist es zu verstehen, wenn öffentlich gesagt wird, dass<br />

die Kommunen, in denen Wahlen anstehen, sicher die durchschnittlich<br />

15 DM übernehmen werden, die Sie ihnen durch die Kürzung <strong>der</strong><br />

Personalzuschüsse eben einmal überhelfen? Sie wissen genau, dass<br />

die Kommunen unter <strong>der</strong> Finanzlast ächzen. Sie wissen weiterhin,<br />

dass die von Ihnen genannten 15 DM gelogen sind, weil es natürlich<br />

mehr Familien geben wird, die Beitragsbefreiungen benötigen. Diese<br />

Last trägt auch die Kommune.<br />

(Beifall <strong>der</strong> Abg. Frau Dr. Volkmer, SPD)<br />

Sie wissen genau, dass sich die Tarife än<strong>der</strong>n. O<strong>der</strong> spekulieren Sie<br />

vielleicht darauf, dass die Kommunen das halbe Jahr schon irgendwie<br />

verschmerzen und aus <strong>der</strong> Not eine Tugend machen werden? An<strong>der</strong>e<br />

Län<strong>der</strong> haben es vorgemacht. Die Zweitkraft ist keine Fachkraft<br />

mehr. In Hauptzeiten werden Omas und Opas eingespannt. Man för<strong>der</strong>t<br />

mehr Tagesmütter. Damit lässt sich auch einiges einsparen.<br />

Den Kommunen kann ich es nicht verdenken. <strong>Der</strong>en Aufgabe ist es nur,<br />

ein Angebot vorzuhalten, aber nicht, pädagogische Ansprüche<br />

umzusetzen. Das wollen diese ja auch nicht. Das haben die Vertreter<br />

<strong>der</strong> kommunalen Spitzenverbände zumindest im Zusammenhang mit <strong>der</strong><br />

Übertragung <strong>der</strong> Schulnetzplanung gesagt. Sie haben nämlich darauf<br />

bestanden, dass Rahmenbedingungen, fachliche Hintergründe und<br />

Bedingungen unbedingt vorgegeben werden müssen. Bei den Kitas<br />

ließen sie diesen Anspruch dann fallen. Ich frage mich, warum.<br />

Wahrscheinlich geht man hier eben immer noch davon aus, dass Kin<strong>der</strong><br />

entwe<strong>der</strong> zu Hause behütet o<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Kita betreut werden.<br />

International, aber inzwischen auch bundesdeutsch und sogar<br />

sächsisch wird die Notwendigkeit einer Qualitätsdebatte für<br />

Kin<strong>der</strong>gärten eingefor<strong>der</strong>t. Sachsen ist an einem Modellprojekt<br />

"Bildungsauftrag für Kin<strong>der</strong>tageseinrichtungen" beteiligt. Es geht<br />

eben nicht mehr nur um Betreuung.<br />

Frau Nicolaus, auch ich will Sie heute stellvertretend für die<br />

starken Frauen in Ihrer Fraktion und natürlich auch Herrn<br />

Kannegießer - er hat sich immer etwas vernachlässigt gefühlt -<br />

ansprechen:


(Heiterkeit bei PDS und CDU - Prof. Dr. Porsch, PDS: Er sitzt<br />

zwischen allen Stühlen!)<br />

Frau Nicolaus, Sie und ich wissen, wovon wir reden, denn jede von<br />

uns hat ein Kind im Alter von vier Jahren. Reden wir also gemeinsam<br />

über neue Qualitäten! Seien wir revolutionär; wir haben jetzt den<br />

Segen <strong>der</strong> Staatsregierung! Lassen Sie uns gemeinsam mit den<br />

Betroffenen und den Wissenschaftlern diskutieren, dann aber auch<br />

mit viel Zeit, und vielleicht an einem neuen Gesetz arbeiten.<br />

Um mit einem Klassiker <strong>der</strong> PDS abzuschließen: Wer, wenn nicht wir?<br />

Wo, wenn nicht hier? Und natürlich nicht ohne Liebe zu unseren<br />

Kin<strong>der</strong>n!<br />

Danke.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS - Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Präsident Iltgen: Wird von <strong>der</strong> CDU-Fraktion das Wort gewünscht? -<br />

Frau Nicolaus.<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Frau Nicolaus, <strong>der</strong> Nikolaus kommt nur<br />

einmal im Jahr! - Frau Nicolaus, CDU: Aber zu Ihnen komme ich<br />

doch gern, Herr Porsch! - Prof. Dr. Porsch, PDS: Aber schieben<br />

Sie mir nicht alles in die Schuhe!)<br />

Frau Nicolaus, CDU: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und<br />

Herren! Ich möchte einige Punkte klarstellen. Die kommunale Ebene,<br />

die kommunalen Spitzenverbände haben die Pauschalierung und die<br />

Übernahme <strong>der</strong> Verantwortung gefor<strong>der</strong>t.<br />

(Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> CDU - Frau Ludwig, SPD: Was?)<br />

Meine sehr verehrten Damen und Herren, wir dürfen doch eines nicht<br />

vergessen: Es ist eine kommunale Pflichtaufgabe. Diese<br />

Pflichtaufgabe soll dort ebenfalls mit mehr Verantwortungskompetenz<br />

ausgestattet werden. Ich zweifle nicht daran, dass wir hier ein<br />

Gesetz schaffen werden, das die Qualitätsparameter entsprechend<br />

hochwertig behandeln wird. Eine diesbezügliche Formulierung findet<br />

sich auch in dem Entschließungsantrag. Natürlich müssen wir eine<br />

neue Bildungsdiskussion im Hinblick auf unsere Kin<strong>der</strong>tagesstätten<br />

führen.<br />

(Abg. Frau Dr. Volkmer, SPD, meldet sich zu einer<br />

Zwischenfrage)<br />

Präsident Iltgen: Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Frau Nicolaus?<br />

Frau Nicolaus, CDU: Ich rede zunächst einmal aus. - Schließlich<br />

müssen wir unsere Kin<strong>der</strong> mit den entsprechenden sozialen<br />

Kompetenzen ausstatten, damit sie zum Zeitpunkt <strong>der</strong> Einschulung<br />

besser vorbereitet sind. Darüber sind wir uns auch alle einig<br />

gewesen. Das war ein parteiübergreifen<strong>der</strong> Konsens, dem wir uns auch<br />

stellen müssen. Ich sehe überhaupt keinen Dissens in <strong>der</strong> Frage, ob<br />

die kommunale Ebene diese Aufgabe erfüllen kann.<br />

Präsident Iltgen: Gestatten Sie jetzt eine Zwischenfrage, Frau<br />

Nicolaus?<br />

Frau Nicolaus, CDU: Ich möchte zuerst zum Ende kommen. Dann kann<br />

sie fragen.<br />

Präsident Iltgen: Wann ist das etwa?<br />

(Heiterkeit)


Frau Nicolaus, CDU: Ich möchte zunächst mit meinen Ausführungen zu<br />

den Kin<strong>der</strong>tagesstätten zum Ende kommen und dann auf die Eltern<br />

eingehen. Anschließend kann Frau Volkmer ihre Frage stellen.<br />

Ich möchte noch einmal deutlich machen, dass die Eltern ein<br />

qualifiziertes Mitspracherecht bereits lange vorher eingefor<strong>der</strong>t<br />

haben. Dieses Recht werden sie auch erhalten müssen, damit sie über<br />

die Konzeption in <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>tagesstätte, in <strong>der</strong> ihr Kind betreut<br />

wird, mitbestimmen können. Es geht zum Beispiel auch um die Frage<br />

<strong>der</strong> Ausgestaltung <strong>der</strong> Öffnungszeiten. Es ist wichtig, dass die<br />

Eltern in die Lösung dieser Fragen einbezogen werden.<br />

Von herausragen<strong>der</strong> Bedeutung wird die Wahlfreiheit unserer Eltern<br />

sein. Es geht um die Möglichkeit, sein Kind aus <strong>der</strong> Kommune, in <strong>der</strong><br />

man wohnt, in die Kommune, in <strong>der</strong> man arbeitet, mitzunehmen. Das<br />

ist bisher immer ein Knackpunkt gewesen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Warum wollen wir uns denn nicht neuen Regelungen öffnen? Warum soll<br />

man immer gleich mauern nach dem Motto: Hier kommt etwas Neues,<br />

also hebe ich die Hände hoch, wenn möglich vor das ganze Gesicht,<br />

damit ich überhaupt nichts mehr sehe! - Nein, wir müssen uns neuen<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen stellen!<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Präsident Iltgen: Gestatten Sie jetzt eine Zwischenfrage?<br />

Frau Nicolaus, CDU: Frau Volkmer, bitte.<br />

Präsident Iltgen: Frau Dr. Volkmer, bitte.<br />

Frau Dr. Volkmer, SPD: Da es jetzt länger gedauert hat, habe ich<br />

zwei Fragen.<br />

(Heiterkeit)<br />

Frau Nicolaus, die erste Frage lautet: Stimmen Sie mir zu, dass bei<br />

<strong>der</strong> Anhörung zum Haushaltsbegleitgesetz <strong>der</strong> Städte- und Gemeindetag<br />

sehr wohl für die Pauschalierung eingetreten ist, aber zugleich<br />

gesagt hat, dass für die Beratung Zeit benötigt werde, deshalb<br />

diese Regelung im Jahr 2001 noch nicht durchgeführt werden könne<br />

und daher im Jahr 2001 alles bleiben solle wie bisher?<br />

Frau Nicolaus, CDU: Das ist wohl richtig; eine entsprechende<br />

Formulierung findet sich auch im Protokoll. Aber warum sollen wir<br />

uns nicht den neuen Möglichkeiten öffnen, wenn wir uns jetzt an<br />

dieser Stelle befinden? Wir befinden uns in <strong>der</strong><br />

Kin<strong>der</strong>tagesstättendiskussion. Die entsprechenden Argumente sollten<br />

wir aufnehmen, ausfeilen und in ein neues Gesetz einfügen.<br />

Natürlich werden die kommunalen Spitzenverbände in diesen Prozess<br />

einbezogen, das ist doch ganz logisch.<br />

Frau Dr. Volkmer, SPD: Sie glauben also nicht, dass damit ein<br />

Zeitdruck ausgelöst wird?<br />

Frau Nicolaus, CDU: Nein, überhaupt nicht.<br />

Frau Dr. Volkmer, SPD: Danke. - Meine zweite Frage lautet: Können<br />

Sie sich daran erinnern, dass die SPD-Fraktion in <strong>der</strong> vergangenen<br />

Legislaturperiode in Bezug auf das Kin<strong>der</strong>tagesstättengesetz den<br />

Antrag eingebracht hat, den Eltern das Recht einzuräumen, ihre<br />

Kin<strong>der</strong> auch in <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>tagesstätte einer angrenzenden Gemeinde<br />

betreuen zu lassen? Wir wollten also insoweit die Wahlfreiheit


herstellen. Wissen Sie noch, dass Sie diesen Vorschlag abgelehnt<br />

haben?<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Frau Nicolaus, CDU: Das stimmt nur zum Teil. Sie haben Recht, dass<br />

dieser Antrag abgelehnt wurde. Aber im KJHG ist bereits<br />

festgeschrieben worden, dass eine Wahlfreiheit gegeben sein muss.<br />

Es gab jedoch organisatorische Schwierigkeiten. Sie können doch<br />

hoch zufrieden sein, wenn wir jetzt ein neues Gesetz verabschieden,<br />

in dem diese Wahlfreiheit festgeschrieben wird. Sie können doch<br />

dazu nur Beifall klatschen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Präsident Iltgen: Ich erteile <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> SPD das Wort.<br />

Frau Ludwig, SPD: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Erstmals<br />

ist <strong>der</strong> Sozialminister für den Etat für Jugendarbeit und<br />

Jugendsozialarbeit allein zuständig. In den letzten Jahren ist noch<br />

nie so wenig Geld für Jugendarbeit eingeplant worden wie in dem<br />

Doppelhaushalt für die nächsten zwei Jahre. Für präventive<br />

Jugendarbeit sollen in den nächsten beiden Jahren rund 10 Millionen<br />

DM weniger ausgegeben werden. Es geht also nicht nur darum, dass<br />

bei Investitionen gekürzt wird, son<strong>der</strong>n auch ganz klar bei <strong>der</strong><br />

präventiven Jugendarbeit. Das hält meine Fraktion für prinzipiell<br />

falsch.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD - Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Da wir nicht über viel Redezeit verfügen, möchte ich ganz kurz auf<br />

zwei Punkte eingehen, an denen wir die Folgen erkennen können, die<br />

Sie sich vor Augen halten sollten. Noch haben Sie die Chance. Wir<br />

hätten sofort einen Än<strong>der</strong>ungsantrag parat. Wenn Sie wollen, bringen<br />

wir ihn noch einmal ein. Ansonsten lassen wir das heute. Herr<br />

Rohwer kann ja noch ein Signal geben.<br />

Die erste Folge ist, dass über eine Million DM bei <strong>der</strong><br />

Fachkraftför<strong>der</strong>ung eingespart werden sollen, das heißt, die mühsam<br />

entstandene Struktur von fest angestellten Jugendarbeitern wird in<br />

Sachsen wie<strong>der</strong> zerstört. Man kann sich die Folgen dieses Tuns im<br />

Grunde gar nicht vorstellen. Wir wissen, wie wichtig es für die<br />

Qualität <strong>der</strong> Jugendarbeit ist, dass es eine verlässliche Struktur<br />

und Ansprechpartner gibt. Mit diesen Kürzungen beginnen Sie die<br />

eigene Struktur, an <strong>der</strong>en Aufbau Sie einmal mühselig mitgewirkt<br />

haben, wie<strong>der</strong> zu zerstören.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Die zweite Folge ist, dass <strong>der</strong> finanzielle Druck an die Kommunen<br />

weitergereicht wird. <strong>Der</strong> Minister hat vor dem Ausschuss gesagt,<br />

dass er das sogar so will. Wir alle wissen aber - viele von Ihnen<br />

sind auch noch in <strong>der</strong> Kommunalpolitik aktiv -, dass die Kommunen<br />

diese Belastungen nicht abfangen können. Es wird also nicht nur zu<br />

einem Stellenabbau kommen, son<strong>der</strong>n die Folge wird effektiv die<br />

Reduzierung <strong>der</strong> Angebote an präventiver Jugendarbeit sein.<br />

Herr Minister, Ihnen muss ich sagen, dass es vor allem die kleinen<br />

Träger treffen wird. Für die landesweiten haben Sie zugesagt, dass<br />

sie auch weiter finanziert werden. Die große Hoffnung, die die<br />

Kleinen in sie gesetzt haben, haben Sie keinesfalls erfüllt.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)


Präsident Iltgen: Wird von <strong>der</strong> CDU das Wort gewünscht? - Das ist<br />

nicht <strong>der</strong> Fall. Dann bitte die PDS, Herr Neubert.<br />

Neubert, PDS: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!<br />

Ich möchte einige Worte zum Bereich Jugendhilfe innerhalb des<br />

Sozialhaushaltes sagen.<br />

Über die Verantwortlichkeit <strong>der</strong> Jugendhilfe wird immer wie<strong>der</strong> viel<br />

diskutiert. Sie liegt natürlich auf kreislicher Ebene, auf <strong>der</strong><br />

Ebene <strong>der</strong> kreisfreien Städte, aber auch das Land hat eine Funktion:<br />

auszugleichen, För<strong>der</strong>ungen anzuschieben - insoweit sind wir ja noch<br />

mit dem Sozialminister und <strong>der</strong> CDU-Fraktion einig -, aber über die<br />

Höhe <strong>der</strong> finanziellen Zuweisungen und <strong>der</strong> einzustellenden Mittel im<br />

Haushalt gehen dann die Meinungen auseinan<strong>der</strong>.<br />

In einem Haushalt auf Kreisebene habe ich gelesen: "In den<br />

vergangenen Jahren waren im Sozial- und Jugendhilfebereich die<br />

größten Einsparpotenziale zu verzeichnen. Die Möglichkeiten <strong>der</strong><br />

Einflussnahme auf die Entwicklung dieser Ausgaben sind<br />

zwischenzeitlich aber nahezu erschöpft."<br />

Das ist aus meiner Sicht eine sehr bedauerliche Beschreibung, weil<br />

die Frage aufgemacht wird, dass <strong>der</strong> Jugend- und Sozialbereich nur<br />

als Kürzungspunkt gesehen wird und nicht als Investition in die<br />

Zukunft. Aber ich habe die Vermutung, dass die Staatsregierung an<br />

dieser Stelle ähnliche Vorstellungen hat. Aus unserer Sicht<br />

entziehen sich die Staatsregierung und auch die CDU-<br />

Mehrheitsfraktion, die diesen Haushalt tragen, ihrer Verantwortung.<br />

Das alles sollten wir vor dem Hintergrund von rechtsextremistischen<br />

Tendenzen in diesem Land, aber auch vor dem Hintergrund eines hohen<br />

Parteien- und Politikerverdrusses betrachten. Nur 4 % <strong>der</strong><br />

Jugendlichen sind <strong>der</strong> Meinung, dass Politiker an ihrer Meinung<br />

interessiert sind. An dieser Stelle sind dringen<strong>der</strong> Handlungsbedarf<br />

im Jugendhilfebereich und nicht Kürzungen notwendig. Es gilt den<br />

Jugendhilfebereich auszubauen, innovativ auf aktuelle Situationen<br />

zu reagieren. Das ist die einzige Möglichkeit, um soziale<br />

Folgekosten zu vermeiden.<br />

Doch wie antwortet die Staatsregierung auf diese Situation? Im<br />

Sozialhaushalt wurde von 67 Millionen DM in diesem Jahr auf 57<br />

Millionen DM gesenkt. Im Jahr darauf verbleiben noch 54 Millionen<br />

DM.<br />

Die Argumentation für die Kürzungen im Jugendbereich ist vor allem<br />

auf die Ist-Ausgaben 1999 zurückzuführen. Das ist die<br />

grundsätzliche Argumentation. Es wird gesagt, es wurde so viel<br />

ausgegeben, also werden wir auch im nächsten Jahr so viel<br />

einstellen. Allerdings besteht natürlich dabei ein Problem, nämlich<br />

die Ausschöpfung <strong>der</strong> Mittel de facto als Bedarf hinzustellen. Ziel<br />

sollte es sein, die Mittel, die im Jugendbereich zur Verfügung<br />

stehen, auch für Jugendhilfe auszugeben. Gegen dieses Argument<br />

spricht auch, dass die Ausschöpfung im Jahr 2000 schon jetzt höher<br />

ist als 1999.<br />

Die CDU hat an diesen Vorschlägen <strong>der</strong> Staatsregierung nur marginale<br />

Spuren hinterlassen. Die Vorschläge <strong>der</strong> Opposition wurden<br />

abgelehnt.


Aus unserer Sicht ist <strong>der</strong> Schwerpunkt außerschulische<br />

jugendpolitische Bildung und Fachkräfteför<strong>der</strong>ung verstärkt<br />

auszubauen. Wir haben das Problem in <strong>der</strong> Jugendarbeit, dass<br />

Jugendarbeit nur kontinuierlich funktionieren und qualitativ gute<br />

Arbeit leisten kann, wenn gute Fachkräfte vorhanden sind. Dafür<br />

werden aber die Mittel von 7,2 auf 6,1 Millionen DM im nächsten<br />

Jahr gekürzt. Das ist ziemlich absurd, weil in den letzten Jahren<br />

doppelt so viele Anträge gestellt wurden wie von <strong>der</strong><br />

Staatsregierung Fachkräfte für die Jugendarbeit bewilligt wurden.<br />

Das heißt, es gab immer mehr Anträge in diesem Bereich, aber das<br />

Geld wird trotzdem gekürzt. Es gibt damit, wie auch in den letzten<br />

Jahren, keine Chance für neue Projekte, eigene und neue Akzente in<br />

diesem Bereich zu starten.<br />

Wir haben des Weiteren ein eigenes För<strong>der</strong>programm, über das wir<br />

hier im <strong>Landtag</strong> schon debattiert hatten, in unseren alternativen<br />

Haushalt integriert, ein För<strong>der</strong>programm zur antirassistischen und<br />

interkulturellen Jugendarbeit und Jugendbildung, um vor Ort<br />

kulturelle Alternativen gegen rechtsextremistische Hegemonien zu<br />

bieten, um zu ermöglichen, ergänzend zu dem Bundesprogramm zu<br />

wirken, das die Bundesregierung aufgelegt hat.<br />

Die einzige Antwort, die die Staatsregierung auf die Entwicklung,<br />

die sich abgezeichnet hat, wusste, ist wie immer die SokoRex. Die<br />

Diskrepanz <strong>der</strong> Zahlen ist bezeichnend, nämlich nur 300<br />

Jugendarbeiter in Sachsen werden lediglich vom Freistaat<br />

kofinanziert, aber über 400 Polizisten arbeiten im so genannten<br />

präventiven Bereich. Die Polizei übernimmt Aufgaben <strong>der</strong><br />

Jugendhilfe. Man kann dort zwar eine Verbindung herstellen, aber es<br />

ist nie die grundsätzliche Aufgabe von Polizei in diesem Bereich zu<br />

agieren.<br />

Die Antwort <strong>der</strong> CDU war ein Modellprojekt mit 350 000 DM. Das ist<br />

aus meiner Sicht ebenfalls eine sehr inkonsequente Antwort auf<br />

diese Situation. Die Frage ist natürlich: Was wollen sie mit dem<br />

Geld machen? Damit lässt sich nicht einmal mobile Jugendarbeit in<br />

einem Landkreis finanzieren.<br />

(Zuruf von <strong>der</strong> CDU - Prof. Dr. Porsch, PDS: Trampelpfade!)<br />

Es gibt noch an<strong>der</strong>e Aspekte, zum Beispiel die Jugendstiftung. Sie<br />

hatte die Möglichkeit, im Bereich von Projekten, die nicht <strong>der</strong><br />

För<strong>der</strong>ung unterliegen, durch Ausschüttung Geld auszureichen.<br />

500 000 DM hat die Staatsregierung eingestellt. Herr<br />

Staatsminister, Sie hatten bei <strong>der</strong> Preisverleihung in meine<br />

Richtung geschaut, ob es denn die PDS ebenfalls mitträgt, dass das<br />

Grundkapital wie<strong>der</strong> aufgestockt wird. Von unserer Seite kamen die<br />

Bedenken nicht, das Grundkapital aufzustocken auch mit dem Ziel,<br />

dass in <strong>der</strong> Satzung sechs Millionen DM als Grundkapital stehen. Die<br />

CDU-Fraktion hat diese Zuschüsse auf null gesetzt. Ich hoffe nur,<br />

dass sie morgen den Anträgen <strong>der</strong> Opposition zur Übertragung <strong>der</strong><br />

Restmittel zustimmen.<br />

Aus unserer Sicht ist <strong>der</strong> Haushaltsansatz im Jugendbereich ein<br />

Desaster und bringt uns keinen Schritt nach vorn. Er bewirkt lei<strong>der</strong><br />

das Gegenteil.


In unserem Haushaltsansatz gehen die Mittel in diesem Bereich <strong>der</strong><br />

Jugendarbeit und Jugendsozialarbeit nicht um zehn Millionen DM nach<br />

unten, son<strong>der</strong>n um zehn Millionen DM nach oben. Diese Alternative<br />

wurde von Ihnen nicht angenommen. Ich kann nur dafür votieren,<br />

diesen Haushaltsvorschlag von CDU und Staatsregierung abzulehnen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Präsident Iltgen: Wird von den Fraktionen <strong>der</strong> CDU und <strong>der</strong> SPD noch<br />

das Wort gewünscht? - Das ist <strong>der</strong> Fall. Bitte, Herr Rohwer.<br />

Rohwer, CDU: Jetzt muss man doch noch etwas zum Thema Jugend sagen.<br />

Ich halte es für völligen Quatsch, was Herr Neubert hier vertreten<br />

hat: dass wir Jugendarbeit in diesem Land kaputtmachten.<br />

Ich denke, es hat sich Einiges entwickelt. Wenn sich etwas<br />

entwickelt, muss man es nach zehn Jahren einfach weiterentwickeln<br />

und darf nicht beim Ist-Stand stehen bleiben. Das tun wir. In<br />

dieser Situation sind wir.<br />

Ich habe gestern in <strong>der</strong> Debatte gesagt, dass wir bitte keinen<br />

Aktionismus, son<strong>der</strong>n Verstetigung, Kontinuität und Flexibilität<br />

brauchen. Diesem Anspruch fühlen wir uns verpflichtet.<br />

Präsident Iltgen: Gestatten Sie eine Zwischenfrage?<br />

Rohwer, CDU: Nein!<br />

(Zuruf von <strong>der</strong> SPD: Das habe ich mir gedacht!)<br />

- Es ist mein gutes Recht, eine Frage nicht zuzulassen.<br />

(Zuruf von <strong>der</strong> PDS - Jurk, SPD: Wenn wir an <strong>der</strong> Tafelrunde<br />

teilnehmen wollen, können Sie auch nicht Nein sagen!)<br />

Kommen wir zur Jugendstiftung. Ich kann Ihnen ehrlich sagen, dass<br />

die CDU-Fraktion ihr Engagement für die Jugendstiftung nicht<br />

zurückfahren wird, schon gar nicht in dem Sinne, dass wir die<br />

Stiftung im Regen stehen lassen wollten. Aber wir mussten zwischen<br />

unterschiedlichen Prioritäten abwägen. Es ist klar geworden, dass<br />

uns <strong>der</strong> Zuwendungsvertrag "Jugen<strong>der</strong>holung" mit dem Kin<strong>der</strong>- und<br />

Jugendring Sachsen wichtiger ist, weil dort ganz konkrete<br />

Jugendarbeit stattfindet. Sie können es mir abnehmen, dass wir uns<br />

damit nicht leicht getan haben. Aber wir haben uns zum Schluss für<br />

diesen Schwerpunkt entschieden. Wir werden trotzdem <strong>der</strong><br />

Jugendstiftung weiterhin unsere Aufmerksamkeit schenken.<br />

Kommen wir zu dem Problembereich <strong>der</strong> politischen Jugendbildung.<br />

Herr Neubert, verkürzen Sie bitte politische Jugendbildung nicht<br />

auf den Kampf gegen Extremismus.<br />

(Neubert, PDS: Das habe ich nie gesagt!)<br />

- So habe ich Sie aber verstanden.<br />

Ich glaube, dass wir mit dem Ansatz, den wir vorgeschlagen haben,<br />

und mit dem neuen Projekt, bei dem wir hoffen, dass es sich in<br />

diesem Freistaat gut entwickeln wird, einen neuen Weg gehen werden.<br />

Es soll Initiativen vor Ort unterstützen, aber nicht sofort Geld in<br />

Aussicht stellen. Dies gibt den Jugendlichen die Möglichkeit, neue<br />

Wege <strong>der</strong> Demokratie zu gehen.<br />

(Frau Dr. Volkmer, SPD: Wie denn?)<br />

Auf diesen Wegen können sie auch um Geld kämpfen, damit ihre<br />

Initiativen und Ideen umgesetzt werden.


Lassen Sie mich zum Schluss kommen und kurz sagen, weshalb wir <strong>der</strong><br />

Meinung sind, dass wir die Jugendhilfe in diesem Land nicht<br />

brachliegen lassen.<br />

Wir sind das einzige Bundesland in <strong>der</strong> gesamten Bundesrepublik<br />

Deutschland, das eine flächendeckende Jugendhilfeplanung sämtlicher<br />

Landkreise und kreisfreien Städte hat. In keinem an<strong>der</strong>en<br />

Bundesland, auch dort gilt das Kin<strong>der</strong>- und Jugendhilfegesetz seit<br />

zehn Jahren, kann man das finden. Ich denke, es ist eine gute<br />

Grundlage geschaffen worden. Die Staatsregierung - so sind die<br />

Informationen, die wir haben - wird auch sehr konkret am<br />

jugendpolitischen Programm weiterarbeiten.<br />

Ich glaube, dass wir auf einem guten Weg sind. Mit 58 Millionen DM,<br />

die wir für Jugendarbeit ausgeben wollen, liegen wir immer noch an<br />

<strong>der</strong> Spitze <strong>der</strong> neuen Bundeslän<strong>der</strong>. Dort, wo Sie Verantwortung<br />

haben, sollten Sie bitte auch einmal so viel Geld für Jugendhilfe<br />

ausgeben.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Präsident Iltgen: Das Wort hat die Fraktion <strong>der</strong> PDS. Möchten Sie<br />

sprechen? - Das ist nicht <strong>der</strong> Fall.<br />

Meine Damen und Herren! Das Wort hat die Staatsregierung. Herr<br />

Staatsminister Dr. Geisler, bitte.<br />

Dr. Geisler, Staatsminister für Soziales, Gesundheit, Jugend und<br />

Familie: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Über den geplanten<br />

Doppelhaushalt 2001/2002 des Staatsministeriums für Soziales,<br />

Gesundheit, Jugend und Familie ist in den vergangenen Monaten so<br />

viel öffentlich diskutiert worden wie bei keinem Einzelplan 08 in<br />

den vergangenen zehn Jahren.<br />

(Frau Dr. Volkmer, SPD: Das stimmt! Das muss aber nicht<br />

zwingend etwas Gutes bedeuten!)<br />

Betroffene und Interessenvertretungen haben ihre For<strong>der</strong>ungen mit<br />

Nachdruck erhoben und ihre Positionen zur Sprache gebracht. Wir<br />

erlebten auch ein beson<strong>der</strong>s starkes öffentliches Medienecho.<br />

Manches war irreführend, einseitig und damit auch falsch. Viele<br />

Reaktionen waren sachbezogen, aber trotzdem emotionalisiert. Alles,<br />

was öffentlich gesagt und gefor<strong>der</strong>t worden ist, ist gehört und<br />

bedacht worden. Wir mussten abwägen. Im Ergebnis kann ich sagen,<br />

dass wir einen tragfähigen Weg gefunden haben. Dies ist ein Erfolg<br />

für meine Fraktion.<br />

Bezüglich <strong>der</strong> jeweils 20 Millionen DM für Investitionen ist zu<br />

sagen: Die Reduktion bedeutet nicht, wie gestern gesagt wurde, dass<br />

30 Millionen DM und 36 Millionen DM bei den Kitas übrig geblieben<br />

seien, son<strong>der</strong>n es sind 10 Millionen DM bzw. 16 Millionen DM. Je<strong>der</strong><br />

von uns muss erkennen, dass unsere Spielräume zu eigenständiger<br />

Politikgestaltung noch einmal deutlich enger geworden sind, als sie<br />

es vorher schon waren. Ich sage nur: Tariferhöhung und<br />

Steuereinnahmensituation.<br />

Es geht noch stärker als in den Vorjahren um die Frage, wie die<br />

politischen Rahmenbedingungen aussehen müssen, die unseren Kin<strong>der</strong>n<br />

gestaltende Entwicklungsräume und sich entwickelnde<br />

Gestaltungsräume ermöglichen, Räume, die in eine offene und nicht<br />

in eine durch Staatsschulden verbaute Zukunft weisen. Dies ist eine


Frage, die mir als Familien- und Jugendminister beson<strong>der</strong>s am Herzen<br />

liegt.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Wir alle haben mit zu verantworten, ob und wofür wir heute Schulden<br />

machen, die unsere Kin<strong>der</strong> morgen bezahlen müssen. Gerade auch vor<br />

diesem Hintergrund haben wir im Kabinett und in meiner Fraktion<br />

sehr intensiv um Wege gerungen, die auch unseren Kin<strong>der</strong>n gegenüber<br />

als verantwortlich und zukunftsweisend bezeichnet und von den<br />

Kin<strong>der</strong>n als nachhaltig erlebt werden können.<br />

Bei dieser Frage haben wir es im Län<strong>der</strong>vergleich mit<br />

bemerkenswerten Unterschieden zu tun. Ich nenne ein Beispiel, das<br />

einmal nicht aus einem ostdeutschen Bundesland stammt: <strong>Der</strong> Etat von<br />

Nordrhein-Westfalen ist dreimal so hoch wie unser Etat. <strong>Der</strong> Anteil<br />

<strong>der</strong> Kreditfinanzierung in Nordrhein-Westfalen ist aber dreizehnmal<br />

höher als unser Etat. Das müssen wir im Hinterkopf haben, wenn wir<br />

die Fragen des zweiten Solidarpaktes vor uns sehen.<br />

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich komme zu den Eckdaten<br />

des Einzelplanes 08. Er liegt mit den Gesamtausgaben einschließlich<br />

FAG-Mitteln in den kommenden zwei Jahren bei knapp 2,1 Milliarden<br />

DM. Er ist damit um nur weniger als 3 % niedriger als in diesem<br />

Jahr.<br />

Frau Volkmer, Sie sollten sich wirklich mit den Zahlen besser<br />

beschäftigen o<strong>der</strong> auf Bemerkungen dazu verzichten. Nur wenn Sie die<br />

beiden Beträge <strong>der</strong> Reduzierung des Haushaltentwurfes für die Jahre<br />

2001 und 2002 zusammenzählen und den Haushalt eines Jahres<br />

dagegenstellen, können Sie auf diese 16 % kommen. Ansonsten sind es<br />

weniger als 7 %. Diese Dinge sollten Sie besser vorbereiten. Dass<br />

gerade <strong>der</strong> Sozialetat Kürzungen hinnehmen muss, liegt an <strong>der</strong><br />

Struktur unseres Einzelplanes. Für die gesetzlichen Leistungen ohne<br />

Personal- und Sachausgaben wenden wir rund 1,6 Milliarden DM auf.<br />

Das sind 80 % des gesamten Einzelplanes. Deshalb sind Kürzungen bei<br />

den gesetzlichen Leistungen nicht zu umgehen, wenn wir genügend<br />

Spielräume für wichtige freiwillige Leistungen offen halten wollen.<br />

<strong>Der</strong> Einzelplan 08 ist selbstverständlich nicht nur konsumtiv<br />

ausgerichtet. Vielmehr ist auch <strong>der</strong> neue Doppelhaushalt durch<br />

erhebliche Investitionsför<strong>der</strong>ungen in sozialpolitische<br />

Infrastruktur gekennzeichnet. Die Investitionsquote konnte sogar um<br />

2 % auf immerhin 48 % erhöht werden. Das sind nicht nur die gestern<br />

von Ihnen so abschätzig genannten Investitionen im Bereich Stein,<br />

Beton und Asphalt.<br />

Dies ist, gemessen an <strong>der</strong> Investitionsquote des gesamten<br />

Staatshaushaltes von rund 27 %, ein höchst beachtliches Ergebnis.<br />

Ich nenne nur die größten Investitionsbereiche - viele von Ihnen<br />

kennen das -: Krankenhausför<strong>der</strong>ung mit fast 600 Millionen DM,<br />

Altenpflegeeinrichtungen mit 266 Millionen DM - jetzt kommt ein<br />

Bereich, auf den ich später noch eingehen werde -:<br />

Behin<strong>der</strong>teneinrichtungen mit 52 Millionen DM bzw. 65 Millionen DM,<br />

Landeskrankenhäuser und die forensische Psychiatrie mit 23<br />

Millionen DM und 26 Millionen DM und die Kin<strong>der</strong>tageseinrichtungen<br />

mit zweimal 20 Millionen DM.


In all diesen Bereichen <strong>der</strong> sozialen Infrastruktur beseitigen wir<br />

immer noch Defizite des real existierenden Sozialismus. Das müssen<br />

sich diejenigen, die mehr for<strong>der</strong>n, immer wie<strong>der</strong> sagen lassen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Es geht darum, dass die Ärmsten <strong>der</strong> Armen - das stammt nicht von<br />

mir, son<strong>der</strong>n diese Begriffe werden von Ihnen genannt -, also die<br />

Kranken, Behin<strong>der</strong>ten und die Kin<strong>der</strong>, unter menschenwürdigen<br />

Bedingungen leben bzw. arbeiten können.<br />

Herr Porsch, da Sie gestern so schwärmerisch von <strong>der</strong> Substanz <strong>der</strong><br />

Kitas gesprochen haben, muss ich Ihnen sagen, dass diese Substanz<br />

sehr bedauerlich war und an vielen Stellen nicht den Wünschen<br />

entsprach. Und das war noch die beste Substanz, die wir im sozialen<br />

Bereich überhaupt hatten.<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Anteilsmäßig haben wir damals mehr<br />

dafür ausgegeben als Sie heute!)<br />

Meine Damen und Herren! Wir haben die Weichen richtig gestellt. Wir<br />

verstärken unsere Investitionen bei Behin<strong>der</strong>teneinrichtungen und<br />

bei Einrichtungen für chronisch psychisch Kranke und wir sorgen für<br />

die Kontinuität <strong>der</strong> Investitionen im Krankenhausbereich und im<br />

Altenpflegeheimbereich.<br />

Auch im Jahr 2000 können wir feststellen, dass das<br />

Investitionsprogramm bezüglich <strong>der</strong> Krankenhäuser das Ziel erreichen<br />

wird. Das heißt, dass im Jahr 2004 <strong>der</strong> Nachholbedarf, <strong>der</strong> aus <strong>der</strong><br />

Zeit <strong>der</strong> maroden DDR stammt, ausgeglichen sein wird. Wir brauchen<br />

dann Investitionsför<strong>der</strong>ungen wie in den alten Bundeslän<strong>der</strong>n, nicht<br />

- wie die Krankenhausgesellschaften <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en neuen Bundeslän<strong>der</strong><br />

for<strong>der</strong>n - weiterhin ein Son<strong>der</strong>programm. Sie ist zwar geringer, aber<br />

die Angleichung wäre im Jahr 2004 im Krankenhausbereich noch nicht<br />

erreicht. Wir sagen, an dieser Stelle haben wir es besser geschafft<br />

als die an<strong>der</strong>en neuen Bundeslän<strong>der</strong>.<br />

Meine Damen, meine Herren! Ich habe schon darauf hingewiesen, dass<br />

Kürzungen unumgänglich waren. Aber sie müssen differenziert<br />

betrachtet werden. Die Kürzungen beim Landeserziehungsgeld halte<br />

ich für schmerzhaft. Die echte Entscheidungsfreiheit zwischen<br />

häuslicher Erziehung und Erziehung in Einrichtungen ist nicht<br />

gegeben, im Gegenteil, die Begünstigung <strong>der</strong> institutionellen<br />

Erziehung wird verstärkt. Bei den Kin<strong>der</strong>tageseinrichtungen halte<br />

ich die Entscheidung, wie sie heute vorliegt, im Län<strong>der</strong>vergleich<br />

für verantwortbar, insbeson<strong>der</strong>e auch vor dem Hintergrund <strong>der</strong><br />

erheblichen Aufstockung im investiven Teil.<br />

Die öffentliche Hand finanziert weiterhin 70 bis 80 % <strong>der</strong> Kosten<br />

<strong>der</strong> Kitas, also den dominanten Teil. Das Argument, durch die höhere<br />

Belastung <strong>der</strong> Kitas würden junge Menschen aus Sachsen vertrieben,<br />

entbehrt je<strong>der</strong> Realität. In keinem alten Bundesland sind die<br />

Möglichkeiten so günstig wie in Sachsen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Die Ausgaben in Sachsen für die Kitas - Herr Porsch, Sie haben<br />

gestern immer Mecklenburg-Vorpommern zitiert - betragen, auf die<br />

Einwohner bezogen, wenn wir nur die Kitas zugrunde legen, in<br />

Sachsen 96 DM und in Mecklenburg-Vorpommern 71 DM. Das sind<br />

ungefähr 25 % weniger.


(Prof. Dr. Porsch, PDS: Es ist aber ein ärmeres Land.)<br />

Wenn wir die Landeserziehungsgeldausgaben dazurechnen, liegen wir<br />

nach Sachsen-Anhalt weiterhin an zweiter Stelle in Deutschland.<br />

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Porsch, PDS)<br />

- Ja, das habe ich auch nie verschwiegen. Trotzdem wird man in<br />

Sachsen-Anhalt nächstes und übernächstes Jahr bei den<br />

Elternbeiträgen um die gestern von Herrn de Maizière genannten<br />

Steigerungen lei<strong>der</strong> nicht herumkommen. Sie lagen immerhin bei 67 %.<br />

Vielleicht erinnern Sie sich.<br />

Präsident Iltgen: Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?<br />

Dr. Geisler, Staatsminister für Soziales, Gesundheit, Jugend und<br />

Familie: Bitte schön.<br />

Präsident Iltgen: Frau Dr. Schwarz, bitte.<br />

Frau Dr. Schwarz, SPD: Da ja immer so viel über den Län<strong>der</strong>vergleich<br />

gesprochen wird: Wissen Sie, Herr Minister, dass das neue Gesetz in<br />

Brandenburg einen Kernrechtsanspruch vom zweiten Lebensjahr bis zum<br />

Ende <strong>der</strong> Grundschulzeit und einen bedingten Anspruch von null bis<br />

zwei Jahren und von <strong>der</strong> 5. bis zur 6. Klasse enthält, dass <strong>der</strong><br />

Landeszuschuss - ich meine, das ist eine Größe, da kann man<br />

vergleichen - pro Einwohner in Brandenburg 97 DM beträgt, in<br />

Sachsen vor <strong>der</strong> Kürzung, also so, wie das Gesetz jetzt existiert,<br />

96 DM? Ich meine, wenn wir schon vergleichen, dann müssen wir das<br />

auch vernünftig tun.<br />

Man kann jetzt auch bedauern, dass in Brandenburg Einsparungen in<br />

diesem Bereich stattgefunden haben, aber das ist doch auch in<br />

erster Linie <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> CDU in Brandenburg zu verdanken.<br />

(Gelächter bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Dr. Geisler, Staatsminister für Soziales, Gesundheit, Jugend und<br />

Familie: Frau Schwarz, die 96 DM und die 97 DM bestätige ich Ihnen.<br />

Ich sage Ihnen aber auch, dass wir in Sachsen mit dem<br />

Landeserziehungsgeld, und das ist schließlich ein Teil <strong>der</strong> Politik<br />

für die Familie, bei 124 DM pro Einwohner liegen.<br />

(Frau Dr. Schwarz, SPD: Es geht um das<br />

Kin<strong>der</strong>tagesstättengesetz.)<br />

Das Kin<strong>der</strong>tagesstättengesetz wird in Brandenburg dazu führen, dass<br />

die Elternbeiträge, die von Ihnen so dramatisch hoch genannt<br />

wurden, aber bei uns nur in speziellen Fällen so waren, auf 500 DM<br />

und mehr steigen. Das sollten Sie auch dazusagen.<br />

(Frau Dr. Schwarz, SPD: Das ist genauso einkommensgestaffelt.)<br />

Ich komme zur Frage <strong>der</strong> Nichtanpassung <strong>der</strong> Dynamisierung nach dem<br />

Landesblindengeldgesetz. Ich halte die jetzt von uns gefahrene<br />

Richtung für akzeptabel und begründe das auch ganz deutlich. Im<br />

Gegensatz zu den Vorwürfen seitens <strong>der</strong> PDS-Fraktion bewegt es sich<br />

im Rahmen unseres beschlossenen Gesetzes. Wir haben nicht gesagt,<br />

dass alle Mittel, die durch die Nichtgleichsetzung des<br />

Landesblindengeldes mit <strong>der</strong> Blindenhilfe frei werden, nur für<br />

individuelle Nachteilsausgleiche genommen werden. Unter <strong>der</strong><br />

Voraussetzung, dass wir jetzt nur die individuellen<br />

Nachteilsausgleiche betrachten, haben wir immerhin in


Gesamtdeutschland den achten Platz, liegen genau in <strong>der</strong> Mitte.<br />

Somit kann man nicht sagen, dass wir beson<strong>der</strong>s schlecht liegen.<br />

Das an<strong>der</strong>e Geld nehmen wir für die Integration, indem wir<br />

entsprechende Institutionen, wie Wohnstätten und Werkstätten,<br />

bauen. Da ist ein entsprechend höherer Anteil geplant. Gleichzeitig<br />

- das ist schon berichtet worden, deshalb will ich es nur nennen -<br />

gibt es einige Erhöhungen für die Gehörlosen, Taubblinden und<br />

mehrfach Behin<strong>der</strong>ten.<br />

Meine Damen, meine Herren! Für die freiwilligen Leistungen konnten<br />

wir genügend Spielräume offen halten. Für die Jahre 2001 und 2002<br />

sind Ausgaben in Höhe von 265 bzw. 272 Millionen DM vorgesehen. Das<br />

sind Mittel in <strong>der</strong>selben Höhe wie in diesem Jahr. Darunter fällt<br />

zum Beispiel die Behin<strong>der</strong>tenhilfe - dazu habe ich, denke ich, jetzt<br />

schon ausreichend gesprochen -, aber dazu zählen auch die<br />

Jugendhilfe mit 58 Millionen DM, die Familienhilfe mit 18 Millionen<br />

DM und die Hilfen für psychisch Kranke, die mit 29 bzw. 26<br />

Millionen DM veranschlagt sind.<br />

Beson<strong>der</strong>s freue ich mich darüber, dass es uns gelungen ist, auch in<br />

den kommenden zwei Jahren die "Aktion 55" mit jeweils 10 Millionen<br />

DM fortzuführen. Dazu muss ich sagen, Herr Pellmann, die Gel<strong>der</strong> für<br />

die ehrenamtliche Tätigkeit im Bereich außerhalb <strong>der</strong> Altersgruppe<br />

<strong>der</strong> "Aktion 55", also <strong>der</strong> unter 55-Jährigen bzw. <strong>der</strong> über 60-<br />

Jährigen, haben wir von 600 000 DM auf 2,6 Millionen DM erhöht. Das<br />

heißt, hier haben wir fast eine Verfünffachung bzw. eine reichliche<br />

Vervierfachung. Damit wird die Möglichkeit, Aufwendungen von<br />

ehrenamtlich Tätigen zu erstatten, entscheidend verbessert. Ich<br />

denke, dass dies ein notwendiger, aber auch richtiger Schritt in<br />

die Zukunft sein wird.<br />

Ich will noch zu einigen Politikfel<strong>der</strong>n etwas ausführlicher kommen,<br />

und zwar zuerst zur Jugendpolitik, die Sie, Frau Ludwig, und Sie,<br />

Herr Neubert, angesprochen haben. Die Zusammenführung <strong>der</strong> beiden<br />

obersten Landesjugendbehörden zu einer einzigen war sinnvoll und<br />

bedeutete eine einfachere Handhabung im Haushaltsvollzug.<br />

(Frau Ludwig, SPD: Das haben wir auch immer gewollt.)<br />

Die Reduzierung <strong>der</strong> Haushaltsansätze muss einzeln betrachtet<br />

werden. Es gibt keine echten Kürzungen, denn die Höhe <strong>der</strong> neu<br />

eingestellten Mittel entspricht im Wesentlichen den Ausgaben des<br />

Vorjahres. Das haben Sie, Herr Neubert, kritisch hinterfragt. Die<br />

Ausgaben des Vorjahres sind nicht willkürlich gewesen, son<strong>der</strong>n<br />

je<strong>der</strong> einzelne Antrag ist geprüft und entschieden worden. An <strong>der</strong><br />

Stelle müssen wir ganz klar feststellen, dass wir aufgrund <strong>der</strong><br />

Aussagen des Rechnungshofes bestimmte För<strong>der</strong>ungen, die ganz<br />

ursächlich im kommunalen Bereich liegen, in Zukunft nicht mehr<br />

vornehmen können. Damit sind die Spielräume schon gegeben, um neue<br />

Modelle o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Dinge finanzieren zu können.<br />

Präsident Iltgen: Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Minister?<br />

Dr. Geisler, Staatsminister für Soziales, Gesundheit, Jugend und<br />

Familie: Bitte.<br />

Präsident Iltgen: Frau Ludwig, bitte.


Frau Ludwig, SPD: Herr Minister, selbst wenn man dieser<br />

Argumentation folgen will, wobei mir natürlich klar ist, dass man<br />

keine Spielräume für neue Ideen hat, aber wenn man <strong>der</strong><br />

Argumentation folgt - es ist ja nicht mehr Geld abgeflossen,<br />

deshalb stellen wir auch nur so viel Geld ein, wie verbraucht<br />

worden ist -, muss ich fragen, warum die Mittel für die<br />

Fachkraftför<strong>der</strong>ung gesenkt werden.<br />

Nach Ihren eigenen Zahlen, die Sie mir übermittelt haben, lag <strong>der</strong><br />

Bedarf im Jahr 1999 bei 11 Millionen DM, im Jahr 2000 noch bei 8<br />

Millionen DM, wobei viele dann schon nicht mehr beantragt haben,<br />

weil sie wussten, dass sie keine Chance haben. Warum senken Sie<br />

hier trotzdem, obwohl <strong>der</strong> Bedarf da ist und er nach Ihren<br />

Bedarfsmessgrößen nachgewiesen ist, den Ansatz um 1,1 Millionen DM<br />

ab?<br />

(Beifall des Abg. Jurk, SPD)<br />

Dr. Geisler, Staatsminister für Soziales, Gesundheit, Jugend und<br />

Familie: Da Sie offensichtlich die zweite Hälfte meines Satzes<br />

schon nicht mehr gehört haben, fragen Sie. Da wurde die Erklärung<br />

gegeben.<br />

Es wurde deshalb abgesenkt, weil Anteile <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung nach <strong>der</strong><br />

Rechnungshofeinschätzung in den kommunalen Bereich fallen und diese<br />

Anteile eben nicht von uns zu för<strong>der</strong>n sind. Damit kann man<br />

Freiräume schaffen, ganz eindeutig, Frau Ludwig.<br />

(Frau Ludwig, SPD: Das ist ja falsch!)<br />

Jetzt will ich gleich noch auf eine Aussage von Ihnen eingehen. Sie<br />

kritisieren, dass wir die landesweiten Programme in gleicher Weise<br />

weiter för<strong>der</strong>n wie in diesem Jahr und die kleinen örtlichen eben<br />

unter Umständen geringer. Sie bestätigen nur, dass wir das<br />

entsprechend dem Rechnungshofbericht richtig machen.<br />

Meine Damen, meine Herren! Ich lege Wert auf die Feststellung, dass<br />

in den Bereichen Jugendarbeit, Jugendbildung, Jugendbegegnung und<br />

Jugendsozialarbeit keine Kürzungen erfolgen werden. Unsere<br />

Jugendbildungsprogramme haben sich beim Bund stets als för<strong>der</strong>fähig<br />

erwiesen.<br />

Eventuelle Bundesmittel werden wir auch in Zukunft aktiv in<br />

Anspruch nehmen. Einen wichtigen Akzent setzen wir erneut in einem<br />

engagierten Auseinan<strong>der</strong>setzen mit Jugendverführern und Extremisten<br />

aller Couleur.<br />

Präsident Iltgen: Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Minister?<br />

Dr. Geisler, Staatsminister für Soziales, Gesundheit, Jugend und<br />

Familie: Bitte schön.<br />

Frau Ludwig, SPD: Herr Minister, geben Sie mir Recht, dass in <strong>der</strong><br />

erwähnten Passage des Berichtes des Landesrechnungshofes auch<br />

steht, dass das Land natürlich weiterhin auch Jugendarbeit in den<br />

Kommunen för<strong>der</strong>n kann, nämlich dann, wenn es ähnlich wie bei <strong>der</strong><br />

Krankenhausfinanzierung entsprechende För<strong>der</strong>richtlinien erlässt?<br />

Dr. Geisler, Staatsminister für Soziales, Gesundheit, Jugend und<br />

Familie: Nein, da gebe ich Ihnen nicht Recht, denn das haben Sie<br />

wie<strong>der</strong> nicht richtig zitiert; und zwar geht es nicht um<br />

entsprechende För<strong>der</strong>richtlinien, son<strong>der</strong>n um entsprechende Gesetze.


Zwischen Gesetzen und För<strong>der</strong>richtlinien gibt es sehr wohl<br />

Unterschiede, Frau Ludwig, und ich muss Ihnen schon sagen, dass wir<br />

hier die Verantwortung <strong>der</strong> kommunalen Ebene nicht auf das Land<br />

ziehen werden. Wir werden in dieser Hinsicht keine Gesetze machen,<br />

dazu ist die Aussage sehr eindeutig.<br />

Präsident Iltgen: Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?<br />

Dr. Geisler, Staatsminister für Soziales, Gesundheit, Jugend und<br />

Familie: Bitte sehr.<br />

Präsident Iltgen: Herr Tischendorf, bitte.<br />

Tischendorf, PDS: Herr Minister, Sie sprachen von diesem<br />

Rechnungshofbericht und davon, dass es daher natürlich zwingend<br />

notwendig ist, über die Landeszuschüsse nachzudenken.<br />

Würden Sie mir dann - wenn Jugendhilfe kommunale Pflichtaufgabe ist<br />

-, auch Recht geben, dass in dem zu beschließenden FAG gar keine<br />

Kompensierung für die Pflichtaufgabe, die die Kommune zu erfüllen<br />

hat, vorhanden ist?<br />

(Beifall <strong>der</strong> Abg. Frau Zschoche, PDS)<br />

Dr. Geisler, Staatsminister für Soziales, Gesundheit, Jugend und<br />

Familie: Herr Tischendorf, Sie sind so lange in dem Geschäft, dass<br />

ich denke, dass die Frage suggestiv und bewusst falsch gestellt<br />

ist. Deshalb kann ich sie nicht ernst nehmen, sonst würde ich Sie<br />

nicht ernst nehmen. Aber wenn Sie meinen, dass sie doch ernst<br />

gestellt ist - so muss ich Ihre Reaktion interpretieren -, dann<br />

will ich darauf antworten.<br />

Sie wissen ganz genau, erstens, dass es im KJHG nicht nur<br />

Pflichtaufgaben gibt, son<strong>der</strong>n Kann-, Soll- und Ist-Aufgaben; und<br />

zweitens gilt das KJHG seit 1991, in den neuen Län<strong>der</strong>n seit dem 3.<br />

Oktober 1990. Insofern ist das immer bei den entsprechenden<br />

Zuweisungen des FAG impliziert gewesen. Es sind keine neuen<br />

Aufgaben. Wenn wir 1998 ein Gesetz gemacht hätten, in dem diese<br />

Aufgaben festgeschrieben worden wären, dann hätten Sie Recht. Aber<br />

es ist seit dem ersten FAG Pflichtaufgabe und insofern nichts<br />

Neues.<br />

Präsident Iltgen: Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?<br />

Dr. Geisler, Staatsminister für Soziales, Gesundheit, Jugend und<br />

Familie: Bitte.<br />

Präsident Iltgen: Herr Neubert, bitte.<br />

Neubert, PDS: Herr Staatsminister, ich habe eines noch nicht ganz<br />

verstanden: Sie haben gesagt, dass es nächstes Jahr im Bereich<br />

Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit 10 Millionen DM weniger gibt. Sie<br />

haben gleichzeitig gesagt, dass es in Jugendarbeit,<br />

Jugendsozialarbeit keine Kürzungen gibt. Könnten Sie das bitte noch<br />

näher ausführen, das kommt mir noch nicht so ganz nahe.<br />

Dr. Geisler, Staatsminister für Soziales, Gesundheit, Jugend und<br />

Familie: Ich habe nichts von 10 Millionen DM gesagt. Das haben Sie<br />

gesagt - Frau Ludwig hat von einer Million DM gesprochen; das ist<br />

schon ein Unterschied. - Ich habe diese Debatte hier schon mehrfach


geführt, insofern habe ich nicht die Absicht, sie ein drittes Mal<br />

zu führen.<br />

Präsident Iltgen: Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?<br />

Dr. Geisler, Staatsminister für Soziales, Gesundheit, Jugend und<br />

Familie: Nein, im Augenblick nicht mehr. - Ich habe gesagt, ich<br />

führe die Debatte kein drittes Mal und es käme wohl wie<strong>der</strong> eine<br />

Nachfrage dazu.<br />

Meine Damen, meine Herren, die Jugendhilfelandschaft ist solide<br />

ausgebaut und mit dem heute erreichten Stand dürfen wir durchaus<br />

zufrieden sein, auch wenn manches - das sage ich genauso - gewiss<br />

weiterhin verbesserungswürdig ist. Unter den gegebenen<br />

Verhältnissen sind die eingestellten Mittel ausreichend.<br />

Ein ganz an<strong>der</strong>er Punkt, den ich durchaus an dieser Stelle einmal<br />

nennen möchte, ist, dass wir als <strong>Sächsische</strong> Staatsregierung für den<br />

Haushalt 2001 vorgesehen haben, verfolgte Schüler ein wenig<br />

moralisch zu würdigen. Wir haben versucht eine entsprechende<br />

finanzielle Entschädigung - unserer Meinung nach unstrittig<br />

Bundesaufgabe - zu erreichen. Dies ist aber nicht gelungen, weil<br />

sich auch die SPD-geführten neuen Län<strong>der</strong> im Bundesrat nicht dazu<br />

haben entschließen können.<br />

Wir sind aber <strong>der</strong> Meinung, dass Schüler, die im DDR-Regime verfolgt<br />

worden sind und aufgrund ihrer persönlichen Haltung o<strong>der</strong><br />

Einstellung - also nicht aus Gründen mangeln<strong>der</strong> Leistung - nicht<br />

zum Besuch <strong>der</strong> Erweiterten Oberschule o<strong>der</strong> zur Berufsausbildung mit<br />

Abitur zugelassen worden sind, eine Entschädigung bekommen sollten.<br />

Gerade die älteren Betroffenen sind dadurch während ihres gesamten<br />

Berufslebens erheblich benachteiligt worden. Ihnen soll nach dem<br />

Willen <strong>der</strong> <strong>Sächsische</strong>n Staatsregierung je nach Schwere des<br />

Einzelfalles eine Einmalzahlung zwischen 1 000 und 10 000 DM als<br />

symbolische Entschädigung gewährt werden.<br />

Meine Damen, meine Herren, ich hatte auch noch vor, zur Sucht und<br />

zu Behin<strong>der</strong>ten einige Ausführungen zu machen; aber ich stelle diese<br />

zurück, um aktuell auf Äußerungen von Ihnen einzugehen. Ich möchte<br />

das anhand von zwei speziellen Punkten tun, die heute und beson<strong>der</strong>s<br />

gestern immer wie<strong>der</strong> zur Sprache gekommen sind.<br />

<strong>Der</strong> erste war: Alles, was wir in <strong>der</strong> <strong>Sächsische</strong>n Staatsregierung<br />

tun, führe dazu, dass die Menschen aus Sachsen weggehen. Herr<br />

Porsch hat sich zwar dann plötzlich besonnen, dass es<br />

offensichtlich einen Teil gibt, <strong>der</strong> <strong>der</strong> <strong>Sächsische</strong>n Staatsregierung<br />

überhaupt nicht anzulasten ist, aber doch insgesamt als den<br />

wesentlichen Punkt seiner Argumentation ausgeführt: Eine halbe<br />

Million Menschen verlassen Sachsen.<br />

Ich kann es Ihnen genau sagen: Es sind 570 000, die von 1989 bis<br />

1999 weggegangen sind. Davon sind 274 000 - das sind 48 % -<br />

Wan<strong>der</strong>ungsverlust von 1989 bis 1991. Das ist eindeutig Ihr bzw. das<br />

Erbe <strong>der</strong> SED.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU - Zuruf des Abg. Prof. Dr. Porsch, PDS)<br />

Und 300 000 sind Sterbeüberschuss. Das ist eine Frage, die<br />

insgesamt in Deutschland steht - sicher beson<strong>der</strong>s in den neuen


Bundeslän<strong>der</strong>n mit geringeren Geburtenzahlen. Damit sind die 570 000<br />

eindeutig belegt.<br />

Aber es geht weiter: Es gibt 40 000 Wan<strong>der</strong>ungsgewinn, das sind<br />

immerhin 7 %. - Hören Sie nur zu, bevor Sie dann falsche Fragen<br />

stellen!<br />

(Heiterkeit und Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Aber ich sage Ihnen: Es hat 1998/99 insgesamt wie<strong>der</strong>um knapp 22 000<br />

Wan<strong>der</strong>ungsverlust gegeben, das sind 3,8 % von den 570 000, das<br />

heißt, etwa je 11 000 in den letzten beiden Jahren, das sind<br />

jeweils 0,25 % <strong>der</strong> Bevölkerung. Ich will das überhaupt nicht<br />

kleinreden. Aber 570 000 ist eine an<strong>der</strong>e Zahl als 11 000.<br />

Von daher sage ich: Wir müssen uns dieser Situation nicht nur<br />

bewusst sein, son<strong>der</strong>n wir wollen dem gegensteuern. Das<br />

entscheidende Gegensteuern ist eindeutig die Infrastruktur zu<br />

verbessern. Dazu zählt neben <strong>der</strong> sozialen Infrastruktur, über die<br />

ich schon ausführlich gesprochen habe, auch die Infrastruktur in<br />

den an<strong>der</strong>en Bereichen, die von Ihnen häufig diskreditiert werden<br />

als solche in Beton und Asphalt.<br />

Meine Damen, meine Herren, es geht um Arbeitsplätze.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Präsident Iltgen: Gestatten Sie eine Zwischenfrage?<br />

Dr. Geisler, Staatsminister für Soziales, Gesundheit, Jugend und<br />

Familie: Bitte.<br />

Prof. Dr. Porsch, PDS: Herr Staatsminister - eigentlich sind es<br />

zwei Fragen geworden, nachdem Sie gesagt haben, bevor ich eine<br />

falsche Frage stelle -, Sie kennen vielleicht Brechts "Turandot und<br />

die Weißwäscher"; da müssten Sie wissen, dass es nur falsche<br />

Antworten gibt, keine falschen Fragen.<br />

Dr. Geisler, Staatsminister für Soziales, Gesundheit, Jugend und<br />

Familie: Weil Sie nicht zugehört haben.<br />

Prof. Dr. Porsch, PDS: Aber meine Frage ist: Kennen Sie die<br />

Broschüre des Landesamtes für Statistik zum 10. Jahrestag des<br />

Freistaates Sachsen? Wenn ja, dann sollten Sie - -<br />

Dr. Geisler, Staatsminister für Soziales, Gesundheit, Jugend und<br />

Familie: Ich habe sie durchgeblättert, aber nicht jede Seite<br />

gelesen.<br />

Prof. Dr. Porsch, PDS: Ich habe sie mir sehr genau angeschaut,<br />

gerade in Bezug auf Abwan<strong>der</strong>ung und Zuwan<strong>der</strong>ung.<br />

(Zuruf des Abg. Götzel, CDU)<br />

Ich muss noch einmal meine Frage formulieren: Ich frage Sie, ob Sie<br />

bereit sind, dort noch einmal ordentlich hineinzuschauen und dann<br />

vielleicht doch Ihre Zahlen zu korrigieren?<br />

(Bandmann, CDU: Ungenügend, setzen!)<br />

Dr. Geisler, Staatsminister für Soziales, Gesundheit, Jugend und<br />

Familie: Die Zahlen, die ich jetzt genannt habe, sind genau aus <strong>der</strong><br />

Statistik, daran ist nichts Falsches. Sie können sie für alle Jahre<br />

von 1989 bis 1999 bekommen. Die Zahlen, die ich Ihnen vorgetragen<br />

habe, sind vom Statistischen Landesamt.<br />

Aber ich kann Ihnen noch eine an<strong>der</strong>e Mitteilung des Statistischen<br />

Landesamtes vom 12.12.2000 nennen. Sie lautet: Sachsen ist im


Durchschnitt knapp 43 Jahre alt; Nie<strong>der</strong>schlesische Oberlausitz am<br />

jüngsten, Chemnitz am ältesten.<br />

(Jurk, SPD: Das liegt an den Neubaugebieten, das ist nun<br />

einmal so. Das ist wirklich <strong>der</strong> Grund, Herr Geisler.)<br />

- Ja, sicher, da bin ich auch mit Ihnen einer Meinung. Ich sage<br />

Ihnen auch, dass die Abwan<strong>der</strong>ung dort in den letzten Jahren von uns<br />

genauso als kritisch gesehen wird. Nur, die 500 000, die Herr<br />

Porsch gestern genannt hat, - -<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: 100 000!)<br />

- 500 000, schauen wir dann einmal ins Protokoll hinein!<br />

Meine Damen, meine Herren, das war <strong>der</strong> eine Teil. Meine<br />

Schlussfolgerung dazu lautet: Wir haben weiterhin die<br />

Verpflichtung, die Infrastruktur aufzubauen.<br />

Da bin ich nämlich bei einer an<strong>der</strong>en, heute mehrfach zitierten<br />

Legende bezüglich <strong>der</strong> Sozialhilfeempfänger. Es wird immer wie<strong>der</strong><br />

zitiert, dass 40 % <strong>der</strong> sächsischen Sozialhilfeempfänger jünger -<br />

also Kin<strong>der</strong> und Jugendliche - sind. Das bestreite ich nicht. Nur es<br />

ist eine wesentlich ungenaue und damit falsche Aussage. Und zwar<br />

lautet die richtige Aussage - da ist jetzt die Folgerung, Frau<br />

Volkmer, wenn ich sie zu dem, was Sie ausgesprochen haben, ziehe<br />

bezüglich <strong>der</strong> Armut in Deutschland o<strong>der</strong> in Sachsen; für mich eher<br />

schon kritisch zu sehen, aber in an<strong>der</strong>e Richtung -, die richtigen<br />

Zahlen, denke ich, sind die Absolutzahlen o<strong>der</strong> wenn wir sie im<br />

Verhältnis zu den Einwohnern sehen, zu den Einwohnern einer<br />

bestimmten Altersgruppe o<strong>der</strong> den Gesamteinwohnern.<br />

(Zuruf <strong>der</strong> Abg. Frau Dr. Volkmer, SPD)<br />

Da kann ich Ihnen nur sagen, dass Kin<strong>der</strong> und Jugendliche als<br />

Sozialhilfeempfänger bezogen auf die Gesamtgruppe <strong>der</strong><br />

entsprechenden Kin<strong>der</strong> und Jugendlichen in Sachsen 5,2 vom Hun<strong>der</strong>t<br />

sind, in den neuen Län<strong>der</strong>n durchschnittlich 5,7 und in den alten<br />

Län<strong>der</strong>n 7,1. Nordrhein-Westfalen hat mit 8,6 zum Beispiel 60 % mehr<br />

Kin<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Sozialhilfe als Sachsen.<br />

Von daher ist das keine Beschönigung, aber im Westen sind insgesamt<br />

mehr Kin<strong>der</strong> von <strong>der</strong> Sozialhilfe abhängig als in Sachsen.<br />

Und die 40 % sind ohne Aussagekraft, das habe ich Ihnen immer<br />

wie<strong>der</strong> schon vorgetragen. Das liegt daran, weil wir wenig<br />

Rentnerinnen und Rentner in <strong>der</strong> Sozialhilfe haben. Dann muss <strong>der</strong><br />

Anteil <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>, wenn man das nur auf die Sozialhilfeempfänger<br />

bezieht, natürlich höher sein.<br />

Präsident Iltgen: Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Minister?<br />

Dr. Geisler, Staatsminister für Soziales, Gesundheit, Jugend und<br />

Familie: Bitte.<br />

Präsident Iltgen: Frau Dr. Volkmer, bitte.<br />

Frau Dr. Volkmer, SPD: Sie haben gerade gesagt, dass in den alten<br />

Bundeslän<strong>der</strong>n die Quote <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>, die Sozialhilfe beziehen, höher<br />

ist als in Sachsen. Geben Sie mir Recht, dass das mit <strong>der</strong> deutlich<br />

höheren Auslän<strong>der</strong>quote in den alten Bundeslän<strong>der</strong>n zusammenhängt?<br />

Dr. Geisler, Staatsminister für Soziales, Gesundheit, Jugend und<br />

Familie: Ich habe nicht von <strong>der</strong> Quote gesprochen, damit wir uns


nicht wie<strong>der</strong> missverstehen, son<strong>der</strong>n vom Anteil an einer<br />

gleichaltrigen Bevölkerungsgruppe. Unter Quote wird immer die<br />

Prozentzahl bezüglich <strong>der</strong> Gesamtzahl verstanden. Deswegen<br />

korrigiere ich das.<br />

In den alten Bundeslän<strong>der</strong>n hat <strong>der</strong> höhere Auslän<strong>der</strong>anteil durchaus<br />

einen Einfluss, aber er ist nicht allein dafür ausschlaggebend. Ich<br />

sage auch, dass es in den alten Bundeslän<strong>der</strong>n - und da komme ich<br />

nun endgültig noch einmal zurück auf die Frage Arbeit -, in den<br />

beiden Bundeslän<strong>der</strong>n Bayern und Baden-Württemberg mit <strong>der</strong> niedrigen<br />

Arbeitslosensituation weniger Sozialhilfeempfänger im Kin<strong>der</strong>- und<br />

Jugendalter als in Sachsen gibt: 3,6 und 4,5. Wir haben 5,2. Von<br />

daher ist es sehr eindeutig eine auf die Arbeit bezogene<br />

Konsequenz, wie viele Sozialhilfeempfänger entstehen o<strong>der</strong><br />

Sozialhilfe in Anspruch nehmen müssen.<br />

Bloß - und das ist das Letzte, was ich dazu sagen will -, Herr<br />

Pellmann, wir geben in Sachsen in allen Kommunen im Schnitt bisher<br />

weniger für Sozialhilfe aus - das sind reichlich 200 DM und damit<br />

sind wir immer noch günstig dran in Sachsen; ich sage an so einer<br />

Stelle bewusst nicht: Spitze -, weil wir einen relativ hohen Anteil<br />

<strong>der</strong>er haben, die ergänzende Sozialhilfe erhalten, die also<br />

entsprechende Leistungen entwe<strong>der</strong> durch eigene Arbeit o<strong>der</strong> durch<br />

Arbeitslosenversicherung haben. Von daher ist die Belastung in den<br />

Kommunen - auch wenn sie noch ansteigt, was Sie ja beschrieben<br />

haben - immerhin noch deutlich niedriger als in allen an<strong>der</strong>en<br />

westlichen Kommunen. Von daher ist die Sozialhilfebelastung und die<br />

Sozialhilfesituation in Sachsen insgesamt noch günstiger als für<br />

Deutschland einzuschätzen.<br />

Präsident Iltgen: Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Minister?<br />

Dr. Geisler, Staatsminister für Soziales, Gesundheit, Jugend und<br />

Familie: Ich bin eigentlich fertig.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Präsident Iltgen: Meine Damen und Herren! Weitere Wortmeldungen<br />

liegen mir nicht vor. Damit ist die Aussprache zum Einzelplan 08,<br />

Staatsministerium für Soziales, Gesundheit, Jugend und Familie,<br />

beendet. Wir kommen jetzt zur Beschlussfassung. - Bitte, Herr<br />

Porsch, Sie wollen vor <strong>der</strong> Abstimmung eine Richtigstellung machen?<br />

Prof. Dr. Porsch, PDS: Ja. Danke, Herr Präsident, eine sachliche<br />

Richtigstellung. <strong>Der</strong> Herr Staatsminister hat nämlich gesagt, ich<br />

hätte gestern die Zahl 500 000 genannt bei den Fortzügen. Das ist<br />

nicht <strong>der</strong> Fall. Das Protokoll weist aus, dass ich die Zahl 500 000<br />

an keiner Stelle genannt habe. Ich habe nach Protokoll allerdings<br />

gesagt: "<strong>Der</strong> Anteil <strong>der</strong> 20- bis 40-Jährigen an <strong>der</strong> erwerbstätigen<br />

Bevölkerung verringerte sich von 1988 bis 1999 um fast 300 000<br />

Menschen." Das geht aus dem Statistikmaterial hervor. Und ich habe<br />

noch gesagt nach Protokoll: "Von 1989 bis 1991 gab es beson<strong>der</strong>s<br />

hohe Zahlen von Fortzügen aus Sachsen. Das war verständlich. Die<br />

Zahlen sanken dann." Und ich habe dann gesagt: "Seit zwei Jahren<br />

steigt die Zahl <strong>der</strong> Fortzüge wie<strong>der</strong> und das Saldo zwischen Zu- und<br />

Fortzügen ist negativ." Das Saldo zwischen Zu- und Fortzügen ist


negativ. Auch das habe ich aus dem statistischen Material. Und das<br />

hat mit Todesfällen nichts zu tun.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS - Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Präsident Iltgen: Bitte, Herr Minister.<br />

(Jurk, SPD: Ich habe es auch so gelesen! - Prof. Dr. Porsch,<br />

PDS: Steht im Protokoll!)<br />

Dr. Geisler, Staatsminister für Soziales, Gesundheit, Jugend und<br />

Familie: Das will ich jetzt auch nicht bestreiten. Aber das eine<br />

bestreite ich, und zwar, dass es die letzten zwei Jahre steigt. Von<br />

1998 zu 1999 ist es nicht gestiegen.<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Dann stimmt das statistische Material<br />

nicht!)<br />

11 100 zu 10 700 - das ist höchstens eine Konstanz, aber kein<br />

Steigen mehr.<br />

Präsident Iltgen: Meine Damen und Herren, wir kommen jetzt zur<br />

Beschlussfassung. Es ist aufgerufen zur Abstimmung <strong>der</strong> Einzelplan<br />

08 - Staatsministerium für Soziales, Gesundheit, Jugend und Familie<br />

- einschließlich Anlagen. Es handelt sich um die Drucksache 3/2400,<br />

durch Drucksache 3/2784 und durch Drucksache 3/3111 Seite 24 bis 29<br />

verän<strong>der</strong>t.<br />

Ich lasse abstimmen über die Kapitel 08 01 und 08 03. Wer den<br />

Kapiteln zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. -<br />

Danke. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Bei<br />

Stimmenthaltungen und einer Anzahl Stimmen dagegen ist dem<br />

mehrheitlich zugestimmt worden.<br />

Wir kommen zu Kapitel 08 04. Hier gibt es einen Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong><br />

Fraktion <strong>der</strong> SPD, Drucksache 3/3182, zu Titel 633 83 und zu Titel<br />

684 83. Ich bitte um Einbringung. Frau Dr. Schwarz.<br />

Frau Dr. Schwarz, SPD: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich<br />

kann es Ihnen nicht ersparen. Unser Än<strong>der</strong>ungsantrag hat das Ziel,<br />

die Zuweisungen für Gemeinden, Gemeindeverbände und freie Träger<br />

für den Betrieb von Kin<strong>der</strong>tagesstätten auf dem gleichen Niveau wie<br />

im Vorjahr zu belassen.<br />

(Beifall des Abg. Jurk, SPD)<br />

Wir können nur immer wie<strong>der</strong>holen: Es ist nicht zukunftsweisend in<br />

diesem Bereich zu kürzen, gerade vor dem Hintergrund steigen<strong>der</strong><br />

Geburtenzahlen und <strong>der</strong> Lohnentwicklung. Jetzt haben Sie, meine<br />

Damen und Herren von <strong>der</strong> CDU-Fraktion, die letzte Möglichkeit Ihre<br />

Versprechen einzulösen. Sie versprachen vor <strong>der</strong> <strong>Landtag</strong>swahl 1999<br />

Kontinuität und Nachhaltigkeit für die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

Kin<strong>der</strong>tagesstätten.<br />

(Zuruf <strong>der</strong> Abg. Frau Dr. Volkmer, SPD)<br />

Und einige versprachen ja auch noch in diesem Jahr, dass es nicht<br />

zu Gebührenerhöhungen kommt. Bedenken Sie, was diese Kürzungen - so<br />

zementiert - für die Zukunft bedeuten. Was erwartet uns im nächsten<br />

Jahr? O<strong>der</strong> besser: Was erwartet die Kin<strong>der</strong>, die Eltern, die<br />

Kin<strong>der</strong>tageseinrichtungen? Alle sind verunsichert. Keiner glaubt<br />

nach den Erfahrungen <strong>der</strong> letzten Jahre, dass das neue<br />

Kin<strong>der</strong>tagesstättengesetz zugunsten <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> und Familien hier in<br />

Sachsen ausgehen wird. Deshalb halten wir es auch für


unverantwortlich, unter dem Zeitdruck - wir sehen einen Zeitdruck,<br />

Frau Nicolaus - ein Gesetz erarbeiten zu müssen, welches enorme<br />

Än<strong>der</strong>ungen bringen soll, und dieses dann ohne Übergangszeit im<br />

nächsten Jahr zur Geltung zu bringen.<br />

(Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Sie sagen, Sie stellen sich dieser Verantwortung. Und ich muss<br />

Ihnen sagen, das lässt Schlimmes befürchten, wenn Sie es weiter so<br />

tun, wie Sie sich jetzt in <strong>der</strong> Familienpolitik hier geoutet haben.<br />

Nachdem für die Finanzierung nun ab Januar nach Ihrem Willen neue<br />

Grenzbeträge für den Landeszuschuss gelten und ab Oktober ein neues<br />

Gesetz in Kraft treten soll, wird die Verunsicherung das gesamte<br />

nächste Jahr vorhalten. Und ob das gut für unsere Kin<strong>der</strong> ist,<br />

möchte ich bezweifeln.<br />

Es ist nicht gut für die jungen Familien, für junge Paare, für<br />

junge Frauen. Die aktuelle Statistik sagt doch gerade etwas über<br />

die Abwan<strong>der</strong>ung junger Frauen. Wenn Sie darüber lamentieren, dann<br />

tun Sie etwas und stimmen unserem Antrag zu!<br />

Ich finde es auch absurd, Herr Staatsminister Geisler, welche<br />

Diskussion Sie hier um Zahlen und um Statistik führen. Das zeigt,<br />

dass Sie die Dramatik dieses Prozesses überhaupt nicht erkannt<br />

haben.<br />

(Beifall bei SPD und PDS)<br />

Und ich muss Ihnen auch den Zahn ziehen, dass in den alten<br />

Bundeslän<strong>der</strong>n die Strukturen schlechter seien und dies kein Grund<br />

sein kann. In den Ballungsräumen in den alten Bundeslän<strong>der</strong>n haben<br />

wir inzwischen vergleichbare Bedingungen. Aber mit den vorgesehenen<br />

Gesetzesän<strong>der</strong>ungen ziehen hier Strukturen ein, da wird es uns bald<br />

so gehen wie in den ländlichen Bereichen in den alten<br />

Bundeslän<strong>der</strong>n: Da gibt es Kin<strong>der</strong>betreuung nur noch bis Mittag.<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Sehr richtig! - Beifall bei SPD<br />

und PDS)<br />

Präsident Iltgen: Wird dazu das Wort gewünscht? - Frau Nicolaus,<br />

bitte.<br />

Frau Nicolaus, CDU: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und<br />

Herren! Frau Dr. Schwarz, wo Sie Ihre Weisheiten hernehmen, möchte<br />

ich auch gerne einmal wissen. Wir verän<strong>der</strong>n die Strukturen<br />

überhaupt nicht. Es bleibt bei den alten Betreuungszeiten und bei<br />

den Betreuungsstandards. Was wollen Sie denn überhaupt?!<br />

Das neue Gesetz, das kommen wird, ist zukunftsweisend. Sie haben<br />

wahrscheinlich überhaupt kein Vertrauen in die kommunale Ebene,<br />

auch nicht in Ihre eigenen Kommunalpolitiker,<br />

(Jurk, SPD: Das stimmt doch gar nicht! - Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

sonst wäre das, was Sie hier vorgetragen haben, total aus <strong>der</strong> Luft<br />

geholt. Wir werden sehr wohl Neuerungen einbringen. Ich habe an<br />

dieser Stelle schon einmal gefragt, warum man Neuerungen gegenüber<br />

nicht aufgeschlossen sein will. Lassen Sie uns die Dinge doch erst<br />

einmal beginnen. Wir haben als CDU-Fraktion hier im Rahmen <strong>der</strong><br />

Haushaltsfinanzen unseren Beitrag gebracht. Wir können sehr wohl<br />

vertreten, dass wir auf einem Niveau von 430 Millionen DM<br />

Pauschalierungen vornehmen werden, wohl wissend, dass dann, wenn


mehr Kin<strong>der</strong> geboren werden, auch <strong>der</strong> Betrag erhöht wird. Das ist<br />

ganz klar.<br />

Präsident Iltgen: Gestatten Sie eine Frage, Frau Nicolaus?<br />

Frau Nicolaus, CDU: Ja, Frau Dr. Schwarz.<br />

Frau Dr. Schwarz, SPD: Frau Nicolaus, glauben Sie denn nicht, dass<br />

es für alle Beteiligten am besten gewesen wäre - und dies hat ja<br />

auch <strong>der</strong> <strong>Sächsische</strong> Städte- und Gemeindetag gefor<strong>der</strong>t -, hier nicht<br />

Hals über Kopf jetzt schon ab dem Jahr 2001 in eine Verän<strong>der</strong>ung zu<br />

gehen?<br />

Frau Nicolaus, CDU: Dazu muss ich Ihnen sagen, Frau Dr. Schwarz, ob<br />

wir das Hals über Kopf machen o<strong>der</strong> über Jahre hinweg - es wird bei<br />

Ihnen immer verkehrt ankommen. Sie werden dem nie zustimmen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Präsident Iltgen: Wird weiter das Wort gewünscht? - Frau Werner,<br />

bitte.<br />

Frau Werner, Heike, PDS: Wir unterstützen die Än<strong>der</strong>ungsanträge <strong>der</strong><br />

Fraktion <strong>der</strong> SPD. Es geht darum, wie<strong>der</strong> etwas mehr Kontinuität für<br />

die Kommunen, für die Eltern und für Kin<strong>der</strong>tageseinrichtungen<br />

einzubringen. Frau Nicolaus, wenn Sie sagen, dass sich nichts<br />

än<strong>der</strong>t und Sie im nächsten Jahr sowohl eine Gesetzesnovelle als<br />

auch ein neues Gesetz einbringen wollen, dann frage ich mich, ob<br />

das nicht doch eine Strukturverän<strong>der</strong>ung zur Folge hat.<br />

Wir wissen, dass die Weiterreichung <strong>der</strong> Personalkostenzuschüsse an<br />

die Kommunen einen Mehraufwand für die Kommunen bedeutet.<br />

Es wird zum einen heißen, wenn die Kommunen dies nicht an die<br />

Eltern weiterreichen, dass ein großes Finanzloch in <strong>der</strong><br />

Haushaltskasse entsteht, so dass an an<strong>der</strong>en Stellen gespart werden<br />

muss. Die Kommunen sind zum Teil dazu gezwungen, das wurde auch<br />

öffentlich von Ihnen gesagt, weil natürlich Wahlen bevorstehen und<br />

man Interesse hat wie<strong>der</strong> gewählt zu werden.<br />

Zum Dritten werden die Elternbeiträge und damit auch die<br />

Beitragsbefreiungen steigen. Für einige Träger - um das einmal in<br />

Zahlen auszudrücken - wird es bedeuten, dass es für Kin<strong>der</strong>krippen<br />

35 bis 45 DM im Monat mehr sein werden, für Kin<strong>der</strong>gärten werden es<br />

20 DM im Monat mehr sein, die dann Eltern zu leisten haben. Nur<br />

durch den Hort kann es dann einigermaßen wettgemacht werden. Das<br />

ist unzumutbar für Eltern, für Träger und für die Kommunen.<br />

Deswegen lehnen wir die Kürzungen ab und stimmen den<br />

Än<strong>der</strong>ungsanträgen <strong>der</strong> SPD zu.<br />

(Beifall bei PDS und SPD)<br />

Präsident Iltgen: Meine Damen und Herren! Ich lasse jetzt abstimmen<br />

über den Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> SPD Drucksache 3/3182.<br />

Wer dem zustimmen will, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke.<br />

Wer ist dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Bei einer großen<br />

Anzahl von Stimmen dafür ist <strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ungsantrag mehrheitlich<br />

abgelehnt.<br />

Ich lasse abstimmen über das Kapitel 08 04. Wer dem zustimmt, den<br />

bitte ich um das Handzeichen. - Danke. Wer ist dagegen? - Wer<br />

enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Damit ist dem Kapitel 08 04 mehrheitlich<br />

zugestimmt.


Ich rufe auf Kapitel 08 05. Hier gibt es einen Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong><br />

Fraktion <strong>der</strong> SPD, Drucksache 3/3181, zu Titel 681 55 und Titel 681<br />

01. Ich bitte um Einbringung. Frau Dr. Volkmer, bitte.<br />

Frau Dr. Volkmer, SPD: Herr Präsident! Meine Damen und Herren!<br />

"Niemand darf wegen seiner Behin<strong>der</strong>ung benachteiligt werden", so<br />

steht es im Grundgesetz <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland. Das<br />

bedeutet, dass auch schwerbehin<strong>der</strong>te Menschen die Möglichkeit haben<br />

werden, vollständig am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen, dass<br />

sie voll integriert sein müssen. Es dürfen diesen Menschen auch<br />

keine zusätzlichen Erschwernisse bei <strong>der</strong> Nutzung <strong>der</strong> für alle<br />

Menschen geschaffenen Einrichtungen und Angebote auferlegt werden.<br />

<strong>Der</strong> <strong>Sächsische</strong> <strong>Landtag</strong> und die Staatsregierung hatten diesen<br />

Grundsatz nach intensiver Diskussion mit den Behin<strong>der</strong>tenverbänden<br />

auch anerkannt. Ausdruck fand das 1992 mit <strong>der</strong> Novellierung des<br />

Gesetzes über die Gewährung des Landesblindengeldes. Den<br />

Vorschlägen von SPD und PDS wurde damals teilweise gefolgt und es<br />

wurden für Gehörlose und für schwerstbehin<strong>der</strong>te Kin<strong>der</strong> ebenfalls<br />

Nachteilsausgleiche eingeführt. <strong>Der</strong> Gruppe erwachsener Behin<strong>der</strong>ter<br />

mit erheblichen Einschränkungen <strong>der</strong> Mobilität und Kommunikation<br />

wurde die Einbeziehung in den Nachteilsausgleich zu einem späteren<br />

Zeitpunkt in Aussicht gestellt. Aber schon beim vorigen<br />

Doppelhaushalt, also 1999/2000, wurde das teilweise wie<strong>der</strong> außer<br />

Kraft gesetzt. Nunmehr sollte diese Situation bis zum Jahre 2004<br />

festgeschrieben werden, also über sechs Jahre lang ein Aussetzen<br />

<strong>der</strong> Zielstellung des Nachteilsausgleichsgesetzes.<br />

Inzwischen hat die CDU-Fraktion hier eine kleine Verbesserung<br />

vorgenommen, allerdings zulasten des barrierefreien Bauens. Wir<br />

finden es nicht in Ordnung, dass hier Behin<strong>der</strong>ten quasi etwas von<br />

Behin<strong>der</strong>ten wie<strong>der</strong> weggenommen wird. Außerdem wollen wir das<br />

unbedingte Festhalten am Nachteilsausgleichsgesetz, wie es 1992<br />

verabschiedet wurde. Deswegen wollen wir den Artikel 11 im<br />

Haushaltsbegleitgesetz aufheben. Das würde bedeuten, dass wir 6<br />

Millionen DM für das Landesblindengeld und 17 Millionen DM für<br />

Nachteilsausgleiche für an<strong>der</strong>e Behin<strong>der</strong>te jeweils für das Jahr 2001<br />

und 2002 hier im Haushalt einstellen müssen.<br />

(Teilweise Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Meine Damen und Herren! Sie haben damals alle dem<br />

Nachteilsausgleichsgesetz, so wie es jetzt Gesetz im Freistaat<br />

Sachsen ist, zugestimmt. Wenn das nicht nur Makulatur sein soll,<br />

müssen Sie unserem Än<strong>der</strong>ungsantrag zustimmen.<br />

(Jurk, SPD: Sehr richtig! - Teilweise Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Präsident Iltgen: Wird dazu das Wort gewünscht? - Herr Kannegießer,<br />

bitte.<br />

Kannegießer, CDU: Im Haushaltsentwurf des Freistaates Sachsen sind<br />

für den Bereich Behin<strong>der</strong>te in dem Titelbereich "Maßnahmen, Dienste<br />

und Einrichtungen für Behin<strong>der</strong>te" für das Jahr 2000 157,9 Millionen<br />

DM eingestellt. Das erhöht sich im Jahr 2002 auf 185 Millionen DM.<br />

In <strong>der</strong> Titelgruppe stationäre und ambulante Pflegeeinrichtungen<br />

erhöht sich <strong>der</strong> Betrag von 257,2 Millionen DM auf 276,0 Millionen<br />

DM.


Diese Zahlen nenne ich deshalb, weil es hier so scheint, als ob für<br />

die Behin<strong>der</strong>ten nichts getan würde. In den zwei Jahren erfolgt aber<br />

eine Erhöhung von insgesamt 46,5 Millionen DM, die Behin<strong>der</strong>ten<br />

zuteil wird, die nicht nur den Grad <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>ung von 100 haben,<br />

wie das aus dem Landesblindengeldgesetz hervorgeht, wo Blinde,<br />

Gehörlose, schwerst körperbehin<strong>der</strong>te Kin<strong>der</strong> und Sehschwache<br />

berücksichtigt worden sind, und zwar in diesem Behin<strong>der</strong>tenbereich<br />

nur mit einem Grad <strong>der</strong> Behin<strong>der</strong>ung von 100, während diese<br />

Leistungen, die ich jetzt genannt habe, auch Behin<strong>der</strong>ten zugute<br />

kommen, die unter einem Behin<strong>der</strong>ungsgrad von 100 liegen. Insofern<br />

ist <strong>der</strong> Haushaltsentwurf, wie wir ihn hier verabschieden wollen,<br />

bedeutend weitergehend als jetzt <strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> SPD-<br />

Fraktion. Ich bitte diesen abzulehnen.<br />

Präsident Iltgen: Wird weiter das Wort gewünscht? - Herr<br />

Dürrschmidt, bitte.<br />

Dürrschmidt, PDS: <strong>Der</strong> Antrag <strong>der</strong> SPD-Fraktion liegt vor. Wir hatten<br />

ja einen ähnlichen Antrag gestellt. Unser Alternativhaushalt, wie<br />

wir ihn vorgestellt hatten, ist ja abgelehnt worden. Deswegen ist<br />

das nur ein Teilaspekt, doch dazu will ich noch einmal kurz reden,<br />

denn er ist aus meiner Sicht von großer Bedeutung.<br />

Herr Kannegießer, wenn Sie jetzt wie<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Dinge mit<br />

hineinbringen, dann machen Sie das, was vorhin <strong>der</strong> Herr<br />

Staatsminister und was Frau Nicolaus auch gemacht haben: Sie<br />

entfernen sich völlig davon, was wir eigentlich als Gesetz<br />

beschlossen hatten. Wenn wir schon Politiker sind, Verantwortung<br />

haben und Gesetze beschließen, müssten wir uns eigentlich immer für<br />

Gesetzestreue einsetzen. Das ist das Problem. Es ist doch<br />

beschlossen worden, dass wir die individuellen Leistungen<br />

einstellen wollen für an<strong>der</strong>e Menschen mit Benachteiligungen<br />

entsprechend den Möglichkeiten, die wir dazu haben.<br />

Die CDU-Fraktion gemeinsam mit <strong>der</strong> Staatsregierung höhlen permanent<br />

genau dieses Gesetz aus und bringen immer an<strong>der</strong>e Begründungen dazu.<br />

Jetzt wird die individuelle Hilfe wie<strong>der</strong> eingestellt. Man sagt: wir<br />

investieren. Gleichzeitig sagt <strong>der</strong> Herr Staatsminister aber auch:<br />

Ich bräuchte die Regelung überhaupt nicht betrachten; ich weiß<br />

nicht, was Sie eigentlich wollen! - Fakt ist aber, dass Menschen<br />

mit Beeinträchtigungen, so wie es Frau Dr. Volkmer deutlich gesagt<br />

hat, die nach dem Grundgesetz gleichgestellt sind und die für ihre<br />

Gleichstellung bestimmte Nachteilsausgleiche kompensieren müssen,<br />

indem sie dafür Unterstützung bekommen, im Freistaat Sachsen,<br />

obwohl wir uns dazu alle vor Jahren bekannt hatten, keine<br />

individuellen Nachteilsausgleiche erhalten. Jetzt versuchen Sie das<br />

irgendwie schönzureden.<br />

Wir wollten in unserem Alternativhaushalt ganz konkret nicht nur<br />

die blinden Menschen einbeziehen, wir wollten auch nicht nur, wie<br />

Sie sagten, irgendwelche Gruppen aufstocken, son<strong>der</strong>n weitere<br />

Gruppen hinzunehmen.<br />

Und all das wird nicht getan. Sagen Sie es doch ehrlich, dass Sie<br />

eigentlich auf dem Gebiet nichts mehr investieren wollen! Sagen Sie<br />

doch ehrlich, dass Sie ganz schnell davon weg wollen! Sagen Sie


doch, dass Ihnen die individuelle Behin<strong>der</strong>tenför<strong>der</strong>ung gar nicht so<br />

sehr am Herzen liegt!<br />

Sonst müssten Sie wirklich das, was wir wollen, unterstützen und<br />

müssten auch das, was im Än<strong>der</strong>ungsantrag von <strong>der</strong> SPD-Fraktion hier<br />

vorgelegt wird, eigentlich unterstützen, weil nur das <strong>der</strong> einzige<br />

Weg ist, um unsere eigenen Versprechungen einzuhalten und wirklich<br />

etwas dafür zu tun, dass Menschen mit Beeinträchtigungen<br />

gleichgestellt werden in diesem Freistaat und dass sie die Chance<br />

zur Teilnahme am gesellschaftlichen Leben haben.<br />

(Beifall bei PDS und SPD)<br />

Präsident Iltgen: Meine Damen und Herren! Ich lasse jetzt abstimmen<br />

über die Drucksache 3/3181, Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> SPD.<br />

Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Danke. Wer<br />

ist dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Bei einer großen<br />

Anzahl von Stimmen dafür ist <strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ungsantrag mehrheitlich<br />

abgelehnt.<br />

Ich lasse jetzt abstimmen über die Kapitel 08 05, 08 06, 08 07, 08<br />

08, 08 10, 08 20, 08 21, 08 40, 08 50, 08 52, 08 61 und den<br />

Stellenplan. Wer den Kapiteln und dem Stellenplan zustimmen möchte,<br />

den bitte ich um das Handzeichen. - Danke. Wer ist dagegen? - Wer<br />

enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Bei einer Stimmenthaltung und einer<br />

ganzen Anzahl von Stimmen dagegen ist dem zugestimmt.<br />

Meine Damen und Herren! Ich lasse jetzt noch einmal über den<br />

gesamten Einzelplan abstimmen. Wer dem zustimmt, den bitte ich um<br />

das Handzeichen. - Danke. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich? -<br />

Bei einer Stimmenthaltung und einer ganzen Anzahl von Stimmen<br />

dagegen ist <strong>der</strong> Einzelplan beschlossen und damit <strong>der</strong><br />

Tagesordnungspunkt beendet.<br />

Tagesordnungspunkt 4.9<br />

Einzelplan 05 - Staatsministerium für Kultus<br />

Ich rufe auf den Einzelplan 0 - -<br />

- Ja, bitte, Herr Porsch.<br />

Prof. Dr. Porsch, PDS: Herr Präsident, ich möchte gemäß<br />

Geschäftsordnung § 6 Abs. 5 eine unverzügliche Einberufung des<br />

Präsidiums beantragen.<br />

Uns liegt in <strong>der</strong> Drucksache 3/3194 ein Entschließungsantrag mit dem<br />

Thema "Haushaltsbegleitgesetz 2001/2002" zur Drucksache 3/3110 vor.<br />

Dieser Entschließungsantrag ist heute im Tagesordnungspunkt 4.12 zu<br />

behandeln und gegebenenfalls ist darüber abzustimmen.<br />

Wir haben erhebliche Zweifel an <strong>der</strong> Zulässigkeit dieses<br />

Entschließungsantrags. Abgesehen vom Gestank des Eigenlobs im Teil<br />

I, den die CDU zum Gestank des gesamten <strong>Landtag</strong>s machen will,<br />

entspricht <strong>der</strong> Abschnitt II in keiner Weise dem, was ein<br />

Entschließungsantrag sein kann.<br />

Hier wird ein Gesetz präjudiziert, über das erst noch abzustimmen<br />

wäre und das einzubringen wäre. Hier werden per<br />

Entschließungsantrag Festlegungen getroffen, die de facto einen<br />

Gesetzgebungsvorgang bedeuten - ohne Beratung im Ausschuss, ohne<br />

Anhörung und ohne all die an<strong>der</strong>en Dinge, die einem<br />

Gesetzgebungsprozess eigen sind.<br />

(Beifall bei PDS und SPD)


Das heißt, es liegt ein Missbrauch, es liegt ein eklatanter<br />

Missbrauch <strong>der</strong> Vorlage "Entschließungsantrag" vor. Und ich möchte<br />

im Präsidium darüber beraten, ob das zulässig ist, ob man ein<br />

Rechtsgutachten dazu einholt o<strong>der</strong> wie überhaupt damit umzugehen<br />

ist.<br />

(Leroff, CDU: Können wir darüber nicht abstimmen?)<br />

Präsident Iltgen: Wird dazu das Wort noch gewünscht? - Bitte sehr,<br />

Herr Jurk.<br />

Jurk, SPD: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!<br />

Auch für die SPD-Fraktion möchte ich die unverzügliche Einberufung<br />

einer Präsidiumssitzung zur Klärung dieser Fragen beantragen.<br />

Präsident Iltgen: Ich muss das selbst noch mal prüfen. Ich denke,<br />

dass Sie mir das auch zugestehen. Ich habe den Entschließungsantrag<br />

nicht gelesen.<br />

Ich würde Folgendes vorschlagen: dass wir jetzt erst mal mit dem<br />

Einzelplan 05 fortfahren. Und ich würde mich jetzt im Verlaufe <strong>der</strong><br />

Diskussion kundig machen und dann darüber befinden, wie wir dann<br />

weiter verfahren.<br />

- Bitte.<br />

Prof. Dr. Porsch, PDS: Herr Präsident, es ist zunächst <strong>der</strong><br />

Geschäftsordnungsantrag, nach § 6 Abs. 5 unverzüglich eine<br />

Präsidiumssitzung einzuberufen. Und das ist zu tun, wenn es ein<br />

Fünftel des <strong>Landtag</strong>s o<strong>der</strong> eine Fraktion verlangt.<br />

Ich habe ihn nur mit einer inhaltlichen Frage begründet. Die wäre<br />

ja dann im Präsidium zu klären.<br />

Präsident Iltgen: Gut. - Also Sie meinen, zum Gegenstand <strong>der</strong><br />

Präsidiumssitzung diesen Entschließungsantrag <strong>der</strong> CDU-Fraktion zu<br />

machen? - Ja. - "Unverzüglich" ist ohne schuldhaftes Zögern. Aber<br />

Sie werden mir gestatten, dass ich den Einzelplan schon aufgerufen<br />

hatte.<br />

(Zurufe von <strong>der</strong> SPD: Nein! - Bewegung im Saal)<br />

Ich hab' doch gesagt - schauen Sie im Protokoll nach; also daran<br />

kann ich mich schon noch erinnern: Ich rufe auf den Einzelplan 05,<br />

Staatsministerium für Kultus - und danach haben Sie das Wort<br />

gewünscht.<br />

(Wi<strong>der</strong>spruch bei PDS und SPD - Unruhe im Saal)<br />

Bitte sehr.<br />

Prof. Dr. Porsch, PDS: Herr Präsident, ich will mich nicht in<br />

kleinlichen Dingen hier verlieren. Aber ich stand natürlich schon<br />

am Mikro, bevor Sie das aufgerufen haben.<br />

(Zuruf von <strong>der</strong> CDU: Nein!)<br />

Sie hatten mich nicht gesehen. Dann sind Sie von <strong>der</strong><br />

Schriftführerin darauf aufmerksam gemacht worden.<br />

Das passiert hier im Verlauf <strong>der</strong> <strong>Sitzung</strong>; das ist völlig klar. Aber<br />

ich denke, es war ja eindeutig mein Wille bekundet, vor Eintritt in<br />

den nächsten Tagesordnungspunkt und nach Beendigung des<br />

vorhergehenden diesen Geschäftsordnungsantrag zu stellen. Und den<br />

habe ich dann auch so gestellt.


Präsident Iltgen: Aber gestatten Sie mir, dass ich mich wirklich in<br />

dieser Zeit ebenfalls zu dem Antrag kundig mache, da Sie ihn ja nun<br />

schon vom Titel genannt haben, um dann in die Präsidiumssitzung<br />

gehen zu können.<br />

(Zuruf von <strong>der</strong> PDS: Das können Sie doch machen!)<br />

Ich würde deshalb bitten, dass wir jetzt mit dem Einzelplan 05<br />

fortfahren, so wie das jetzt vorgesehen war.<br />

(Unruhe im Saal)<br />

Ich denke, dieser Bitte können Sie doch durchaus entsprechen. Damit<br />

än<strong>der</strong>t sich doch das Problem als solches nicht. Es ist ja nicht<br />

unmittelbar, son<strong>der</strong>n es geht ja dann darum, dass drinsteht<br />

"unverzüglich". Und unverzüglich ist auch noch, wenn wir diesen<br />

Tagesordnungspunkt hier behandelt haben.<br />

Meine Damen und Herren, ich frage zunächst, ob <strong>der</strong> Berichterstatter<br />

des Haushalts- und Finanzausschusses, Herr Teubner, das Wort<br />

wünscht? - Das ist nicht <strong>der</strong> Fall.<br />

Dann eröffne ich die Debatte. Es spricht zuerst die Fraktion <strong>der</strong><br />

SPD, dann CDU, PDS, CDU; Staatsregierung, wenn gewünscht.<br />

Die Debatte ist eröffnet. Ich bitte, dass die Fraktion <strong>der</strong> SPD das<br />

Wort nimmt.<br />

Hatzsch, SPD: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und<br />

Herren! Lassen Sie mich immer mit dem jeweils Erfreulichen<br />

beginnen.<br />

<strong>Der</strong> vorliegende Kultushaushalt hat Realitäten <strong>der</strong> Schulentwicklung<br />

zur Kenntnis genommen. Die lineare Fortschreibung <strong>der</strong> Schüler-<br />

Lehrer-Relation ist endlich aufgegeben worden.<br />

Ich betone dies deshalb, weil wir noch vor einem Jahr mit unserem<br />

entsprechenden Antrag auf Granit stießen. Wir mussten uns damals<br />

anhören, dass unsere Rechnung falsch sei und die ausgehandelte<br />

Schüler-Lehrer-Relation die Unterrichtsversorgung sichere.<br />

Wir mussten uns darüber belehren lassen, dass die<br />

Unterrichtsversorgung nicht dann gesichert ist, wenn pro Ort alle<br />

Unterrichtsstunden gehalten werden, son<strong>der</strong>n dann gesichert ist,<br />

wenn im Durchschnitt alle Normative eingehalten werden.<br />

Meine Damen und Herren! Nunmehr folgt <strong>der</strong> Kultusminister und mit<br />

ihm sowohl das Kabinett als auch die CDU-Fraktion im Prinzip<br />

unserer Argumentation. Und das bestätigt uns in unserer<br />

schulpolitischen Kompetenz und ermutigt uns, weiter für eine gute<br />

Schule in Sachsen zu streiten.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Allerdings wird auch im vorliegenden Haushalt <strong>der</strong> Lehrerbedarf<br />

nicht auf Grundlage von Berechnungen ermittelt, son<strong>der</strong>n orientiert<br />

sich an einer politisch gesetzten Zahl, nämlich von 70 %. Das Ganze<br />

nennt man den Schulkompromiss und es ist ein Kompromiss, <strong>der</strong> am<br />

Ende eben doch auf Kosten <strong>der</strong> jungen Menschen hier im Lande gehen<br />

wird.<br />

Wenn Sie schon mal einen Blick in unsere Än<strong>der</strong>ungsanträge werfen,<br />

dann finden Sie dort ein Verfahren geschil<strong>der</strong>t sich dem<br />

tatsächlichen Lehrerbedarf anzunähern.<br />

Wir haben inzwischen Erfahrungen über die praktischen Auswirkungen<br />

an den Grundschulen gesammelt. Die haben wir auf die


weiterführenden Schulen extrapoliert. Wir haben als <strong>Landtag</strong> exakte<br />

Kenntnis über die nicht besetzten Stellen an den einzelnen<br />

Schularten. Die haben wir natürlich berücksichtigt.<br />

Was dann bei unserer Rechnerei herauskommt, ist keine utopische<br />

Aufstockung <strong>der</strong> Lehrerstellen gegenüber dem vorliegenden Entwurf.<br />

In einem Fall stimmen die Zahlen sogar annähernd mit denen des<br />

Ministeriums überein.<br />

Meine Damen und Herren! Sie haben dann die Gelegenheit unserem<br />

Antrag zuzustimmen. Wenn Sie es nicht tun, was ich ja befürchte,<br />

wird die Welt und auch Sachsen nicht untergehen. Wir werden "nur"<br />

den unbefriedigenden und ungerechten Zustand fortschreiben, dass<br />

für junge Menschen in Sachsen Bildung nicht gleichmäßig verfügbar<br />

sein wird, dass es Schulen und Klassen geben wird, in denen <strong>der</strong><br />

Unterricht über ein akzeptables Maß hinaus ausfallen wird. Das ist<br />

umso ungerechter, als die betroffenen Schüler am Ende ja die<br />

gleichen Prüfungen absolvieren müssen.<br />

Und wir wissen alle, dass mit den Schulabschlüssen Berechtigungen<br />

für die künftige Entwicklung vergeben werden. Aus diesem Grunde<br />

müssen wir sehr sensibel bei Ungerechtigkeiten sein.<br />

Mit aller Deutlichkeit: <strong>Der</strong> vorliegende Haushalt 05 produziert<br />

soziale Ungerechtigkeit. Und dies ist mit <strong>der</strong> SPD nicht zu machen!<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Meine Damen und Herren! Es gibt noch ein Zweites positiv zu<br />

vermelden. Die Kürzungen im Bereich <strong>der</strong> Weiterbildung sind im<br />

Wesentlichen vom Tisch. Es bleibt uns nur nach wie vor<br />

unverständlich, wie die Staatsregierung und die CDU überhaupt auf<br />

den Gedanken kommen konnten bei <strong>der</strong> Weiterbildung zu sparen.<br />

Wenn Sie nun, meine Damen und Herren von <strong>der</strong> CDU, aber die Deckung<br />

aus <strong>der</strong> Lehrerweiterbildung nehmen, wo wir doch geradezu am Ende<br />

des vergangenen Monats im Schulausschuss dort Einvernehmen erzielt<br />

hatten, dann kann auch dies von uns nicht mitgetragen werden.<br />

Aller guten Dinge sind drei. Wir sind auch erleichtert, dass den<br />

freien Trägern Schulbaumittel zur Verfügung gestellt werden.<br />

Allerdings haben wir massive Probleme mit <strong>der</strong> Herkunft dieser<br />

Mittel. Wenn sie nämlich von den ohnehin zu knappen Mitteln <strong>der</strong><br />

kommunalen Träger genommen werden, dann zeigt das einmal mehr die<br />

kommunalfeindliche Haltung <strong>der</strong> CDU o<strong>der</strong> vielleicht auch nur die<br />

Hilflosigkeit und Ohnmacht. Ohnehin ist nach allen vorangegangenen<br />

Argumentationen des Kultusministeriums, dass man die freien Träger<br />

gegenüber den kommunalen ja nicht bevorzugen könne, weswegen man<br />

sie gleich ganz leer ausgehen lassen wollte, nunmehr eine deutliche<br />

Bevorzugung entstanden. Vielleicht steht dahinter aber auch nur die<br />

Vermutung, dass die Landkreise und die kreisfreien Städte es<br />

ohnehin so schnell nicht auf die Reihe bekommen werden, eine<br />

genehmigte Schulentwicklungsplanung aufzustellen, und somit die<br />

Mittel ohnehin nicht in nächster Zeit abfließen.<br />

Sei es, wie es sei, auf jeden Fall ist die Kürzung bei den<br />

kommunalen Schulträgern für uns nicht hinnehmbar. Wir müssen die<br />

Landesmittel deutlich aufstocken, wenn wir bis 2010 überall würdige<br />

und auch lernför<strong>der</strong>nde Bedingungen an unseren Schulen haben wollen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)


Meine Damen und Herren! Wir sehen, das Schlimmste ist im<br />

Kultushaushalt verhin<strong>der</strong>t worden. Aber was besser ist, muss noch<br />

lange nicht gut sein. Wir messen <strong>der</strong> schulischen Bildung einen<br />

wesentlich höheren Stellenwert bei, als es sich in diesem Haushalt<br />

wi<strong>der</strong>spiegelt. Wir haben deshalb Än<strong>der</strong>ungsanträge vorbereitet. Ich<br />

werde sie nachher einbringen. Von <strong>der</strong>en Annahme machen wir unser<br />

weiteres Stimmverhalten abhängig.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Die CDU-Fraktion, bitte. Herr Abg.<br />

Colditz.<br />

Colditz, CDU: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die<br />

Entwicklung schulischer Angebote in Sachsen hat in den letzten<br />

Wochen und Monaten einen sehr breiten Raum in <strong>der</strong> öffentlichen<br />

Diskussion eingenommen, sicherlich nicht immer konstruktiv,<br />

sicherlich nicht immer differenziert genug, aber sicherlich auch zu<br />

Recht, wenn man die Rolle von Bildung und Erziehung für die<br />

gesellschaftliche Entwicklung und damit letztlich für den Aufbau<br />

dieses Landes im Blick hat, wenn es um die Erörterung <strong>der</strong> Frage<br />

geht, wie gravierende demografische Verän<strong>der</strong>ungen mit<br />

leistungsfähigen Schulstrukturen in Einklang zu bringen sind, zu<br />

Recht auch im Blick auf die Bereitstellung von entsprechenden<br />

materiellen und personellen Ressourcen für die Ausgestaltung dieses<br />

Prozesses.<br />

Zweifellos hat <strong>der</strong> vorliegende Haushaltsentwurf insbeson<strong>der</strong>e auf<br />

diese und auf an<strong>der</strong>e Probleme <strong>der</strong> Schulentwicklung Bezug zu nehmen<br />

und einen optimalen finanziellen Rahmen für die anstehenden<br />

Schulentwicklungsaufgaben vorzugeben.<br />

(Dr. Hahn, PDS: Nimmt er aber nicht!)<br />

- Herr Hahn und liebe Kolleginnen und Kollegen, wir wollen uns<br />

dieser Aufgabe mit den bereitgestellten Mitteln stellen und lassen<br />

uns das auch von Ihnen, Herr Hahn, nicht ausreden.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Meine Damen und Herren, gerade weil eben die Bedeutung von Bildung<br />

und Erziehung für die gesellschaftliche Entwicklung zugenommen hat,<br />

gerade weil es dabei aber auch um die Gestaltung kontinuierlicher<br />

und zukunftsweisen<strong>der</strong> Schulentwicklungsprozesse geht, bedarf es<br />

auch <strong>der</strong> Berücksichtigung objektiver Rahmenbedingungen, die diesen<br />

Prozess prägen. Es reicht eben nicht aus, Herr Hahn, kurzschrittige<br />

For<strong>der</strong>ungen aufzumachen, <strong>der</strong>en Realisierbarkeit, zumindest aber<br />

<strong>der</strong>en dauerhafte Umsetzbarkeit infrage gestellt werden muss, weil<br />

sie entwe<strong>der</strong> Leistungsfähigkeit schulischer Angebote infrage<br />

stellen o<strong>der</strong> aber sinnvolle und auch notwendige Effizienz von<br />

vornherein ausblenden.<br />

Meine Damen und Herren! Den Herausfor<strong>der</strong>ungen des Bildungswesens<br />

gerecht zu werden heißt demgegenüber, aktuelle und kurzfristige<br />

Entwicklungen in die Betrachtung einzubeziehen. Dazu gehören<br />

demografische Verän<strong>der</strong>ungen ebenso wie finanzpolitische, die es mit<br />

einer qualitativen Weiterentwicklung schulischer Angebote in<br />

Einklang zu bringen gilt, wobei sich diese Qualitätsdebatte - auch<br />

dies haben wir zum Teil erlebt - nicht loslösen darf von Leistungs-<br />

und Strukturanfor<strong>der</strong>ungen an das Gesamtsystem.


Meine Damen und Herren, wir haben die Diskussion auch im Blick auf<br />

den vorliegenden Kultushaushalt kontrovers geführt. Trotz all<br />

dieser kontroversen Auffassungen gehen wir davon aus, dass <strong>der</strong><br />

vorliegende Haushaltsentwurf, <strong>der</strong> durch unsere Fraktion maßgeblich<br />

mitgeprägt worden ist, den Erfor<strong>der</strong>nisen einer zukunftsweisenden<br />

Schulentwicklung Rechnung trägt.<br />

Es ist keine Selbstverständlichkeit, son<strong>der</strong>n eine deutliche<br />

Prioritätensetzung für die Bildungspolitik in Sachsen - und dazu<br />

bedurfte es nicht Ihrer Anregungen, Herr Hatzsch -, dass trotz<br />

einer absehbar komplizierter werdenden Gesamthaushaltslage im<br />

Personalbereich perspektivisch ein Stellenpool erhalten bleibt, <strong>der</strong><br />

über dem linear ableitbaren Bedarf aufgrund <strong>der</strong><br />

Schülerzahlentwicklung liegt und im vorliegenden Entwurf und<br />

darüber hinaus festgeschrieben wird.<br />

Wir wollen diese Ressourcen dazu nutzen, die Unterrichtsversorgung<br />

weiter zu verbessern, den Ergänzungsbereich schrittweise<br />

auszugestalten und auch den Schulen eine flexible Handhabung eines<br />

gewissen Stundenpools zu ermöglichen.<br />

Bereits jetzt ist absehbar, meine Damen und Herren, dass die im<br />

Haushalt getroffenen Personalentscheidungen und die Entwicklung in<br />

den nächsten Jahren die Schüler-Lehrer-Relation auf ein Niveau<br />

heben werden, das deutschlandweit statistisch auf den vor<strong>der</strong>en<br />

Plätzen zu finden sein wird. Auch das muss man bei <strong>der</strong> aktuellen<br />

und perspektivischen Personalplanung berücksichtigen.<br />

Wir halten es aber für verantwortungsbewusst - und hier<br />

unterscheiden wir uns von <strong>der</strong> Opposition -, die Verbesserungen <strong>der</strong><br />

personellen Ressourcenausstattung in engem Zusammenhang mit dem<br />

Schülerrückgang und <strong>der</strong> damit objektiv anstehenden Schulnetzplanung<br />

zu gestalten. Wer demgegenüber angesichts dieser aktuell absehbaren<br />

Entwicklungen Mehrfor<strong>der</strong>ungen nach Stellen aufmacht, handelt in<br />

gewisser Weise aktionistisch. Auch wenn man kurzfristig mit diesem<br />

Aktionismus sicherlich populistische Wirkungen erzielen wird,<br />

bleibt doch die Nachhaltigkeit und damit auch das<br />

Verantwortungsbewusstsein einer solchen Vorgehensweise zu<br />

hinterfragen.<br />

<strong>Der</strong> vorliegende Haushaltsentwurf schafft auch die Rahmenbedingungen<br />

für die bedarfsgerechte Fortschreibung des Schulnetzes, beson<strong>der</strong>s<br />

natürlich im Mittelschulbereich. Auch hier können wir uns<br />

sicherlich nicht von Vorstellungen leiten lassen, die in ihrer<br />

Ausformung entwe<strong>der</strong> unrealistisch sind o<strong>der</strong> aber durch die<br />

Auflösung von bewährten Strukturen Qualität schulischer Angebote<br />

infrage stellen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Meine Damen und Herren! Sowohl das Haushaltsbegleitgesetz als auch<br />

die personellen Ressourcen im Einzelplan des Kultusministeriums<br />

schaffen demgegenüber organisatorische und finanzielle<br />

Voraussetzungen, die insbeson<strong>der</strong>e auch einer unvertretbaren<br />

Ausdünnung des Schulnetzes entgegenwirken sollen. Natürlich sind<br />

trotzdem insbeson<strong>der</strong>e im ländlichen Raum große Anstrengungen und<br />

große Herausfor<strong>der</strong>ungen einer konzertierten Verständigung<br />

gefor<strong>der</strong>t.


(Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Gerade deshalb ist auch die Planung aus regionaler Sicht notwendig<br />

und sinnvoll, wie sie mit <strong>der</strong> Übertragung <strong>der</strong> Schulnetzplanung auf<br />

die Landkreise im Haushaltsbegleitgesetz vorgesehen ist. Damit<br />

werden die Schulträger nicht, wie dies teilweise in <strong>der</strong><br />

Öffentlichkeit unterstellt wird, entmündigt und damit wird auch die<br />

Verantwortung <strong>der</strong> Mitwirkungsgremien nicht außer Kraft gesetzt; im<br />

Gegenteil, es wird eine regional abgestimmte Verständigung<br />

geför<strong>der</strong>t. Es bietet sich die Chance, ein regional ausgewogenes<br />

bedarfsgerechtes Schulnetz zu erhalten und Verständigungsprozesse<br />

zwischen benachbarten Schulstandorten zu beför<strong>der</strong>n.<br />

(Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Mögliche Solidareffekte <strong>der</strong> Verdichtungsräume und <strong>der</strong> Kommunen mit<br />

mehr als einem Schulstandort sollen und können bei den anstehenden<br />

Entscheidungen einbezogen werden. Schülerbeför<strong>der</strong>ungszeiten, -<br />

kosten und -entfernungen lassen sich regional abgestimmt besser<br />

planen, als dies bisher <strong>der</strong> Fall ist.<br />

Das Festhalten aber an strukturellen Eckpunkten für Mittelschulen<br />

und Gymnasien einerseits, das sich letztlich aus qualitativen und<br />

schulorganisatorischen Überlegungen heraus notwendig macht, und die<br />

regionale Akzeptanz für ein gestrafftes Schulnetz an<strong>der</strong>erseits<br />

lassen sich damit durchaus zukunftsweisend für die<br />

Weiterentwicklung dieses Schulsystems in Einklang bringen.<br />

Meine Damen und Herren, für die materiellen Voraussetzungen <strong>der</strong><br />

Schulentwicklung setzt <strong>der</strong> vorliegende Haushaltsentwurf ebenfalls<br />

zukunftsweisend Zeichen. Die im Entwurf ausgebrachten Mittel für<br />

den Schulhausbau sind ein wesentlicher Beitrag zur Bewältigung des<br />

natürlich nach wie vor vorhandenen Investitionsstaus, den auch wir<br />

nicht leugnen.<br />

(Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Zudem wird die kontinuierliche För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Ausstattung unserer<br />

Schulen mit IuK-Technik einen wesentlichen Beitrag zur<br />

Mo<strong>der</strong>nisierung <strong>der</strong> Lehr- und Lernbedingungen an unseren Schulen<br />

schaffen. Rund 440 Millionen DM für den Schulhausbau, wenn man FAG<br />

und Einzelplan gemeinsam betrachtet, und 30 Millionen DM für die<br />

Ausstattung <strong>der</strong> Schulen mit mo<strong>der</strong>ner IuK-Technik einschließlich <strong>der</strong><br />

dazu auch notwendigen Qualifizierung unserer Lehrkräfte schaffen<br />

einen deutlichen Schub nicht nur in <strong>der</strong> materiellen Ausgestaltung<br />

unserer Schullandschaft.<br />

Sie sind zudem Ausdruck einer deutlichen Prioritätensetzung für den<br />

Bildungsbereich. Das kann man beim besten Willen nicht kleinreden.<br />

Das lässt sich auch mit <strong>der</strong> Behauptung, <strong>der</strong> Bildungsbereich sei<br />

einseitiges Opfer von Sparentscheidungen, nicht in Einklang<br />

bringen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Meine Damen und Herren! Wir wollen natürlich, dass die<br />

bereitgestellten Mittel schnell und auch flächendeckend im Sinne<br />

einer mo<strong>der</strong>nen Beschulung zum Einsatz kommen. Natürlich bedarf es<br />

dazu - das ist auch von <strong>der</strong> kommunalen Ebene her nachvollziehbar -<br />

<strong>der</strong> Standortsicherheit <strong>der</strong> Schulen, in die investiert werden soll.<br />

Von daher macht es sicherlich Sinn, die Kommunen und die Landkreise


zu einer möglichst zeitnahen Verständigung über dauerhaft<br />

gesicherte Schulstandorte anzuregen.<br />

Sicherlich sind wir uns <strong>der</strong> Problematik dieses Prozesses bewusst.<br />

Ich denke aber auch, dass sich die Popularität <strong>der</strong> aktuell<br />

anstehenden Aufgaben <strong>der</strong> Schulnetzplanung nicht darin erschöpfen<br />

kann, am Erhalt des Vorhandenen festzuhalten. Vielmehr ist auf<br />

Qualität und erreichbares Niveau von bestandssicheren Einrichtungen<br />

abzuheben. Diesem Gedanken sollte von allen, die sich in den<br />

nächsten Wochen und Monaten den Aufgaben <strong>der</strong> Schulentwicklung bzw.<br />

Schulnetzplanung stellen wollen, wesentlich mehr Aufmerksamkeit<br />

geschenkt werden, als das bislang geschieht.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Meine Damen und Herren! Bei aller notwendigen Straffung des<br />

Schulnetzes wollen wir am differenzierten Angebot pädagogischer<br />

Konzepte festhalten. Neben Schulentwicklungsprozessen, die es zu<br />

beför<strong>der</strong>n und im Sinne eines positiven Wettbewerbs auch transparent<br />

zu gestalten gilt, sind es natürlich nach wie vor die Schulen in<br />

freier Trägerschaft, die diese Vielfalt pädagogischer und<br />

schulischer Angebote prägen und bereichern.<br />

Entgegen allen an<strong>der</strong>en Behauptungen will ich von dieser Stelle aus<br />

nochmals klarstellen, dass es mit den Festlegungen insbeson<strong>der</strong>e im<br />

Haushaltsbegleitgesetz eben nicht darum geht, das Engagement freier<br />

Schulträger zu dämpfen. Nur kann sich die Schulentwicklung auch in<br />

diesem Bereich nicht von Einflüssen lösen, denen das staatliche<br />

Schulsystem objektiv ausgesetzt ist. Die rückläufigen Schülerzahlen<br />

insgesamt lassen es sinnvoll und notwendig erscheinen, Angebote<br />

freier Träger stärker und vielleicht auch selbstverständlicher als<br />

bisher in das Schulnetz insgesamt einzubeziehen. Dabei muss<br />

natürlich <strong>der</strong> Begriff "Ersatzschule" wesentlich stärker mit Sinn<br />

erfüllt werden, als dies bislang geschieht. Es kann letztlich nicht<br />

darum gehen, das einfach auszublenden. Dies ist von existenziellem<br />

Interesse auch für die freien Träger selbst.<br />

Demgegenüber muss dort - das berührt die Festlegungen im<br />

Haushaltsbegleitgesetz -, wo kein Ersatz, son<strong>der</strong>n gewissermaßen ein<br />

zusätzliches Angebot geschaffen werden soll, auch die staatliche<br />

Mitfinanzierungspflicht flexibler geregelt werden können, als dies<br />

bisher <strong>der</strong> Fall ist. Dies geschieht ganz einfach durch die<br />

Neuregelungen, zumal die Fristenregelungen.<br />

Meine Damen und Herren! Allzu leicht und allzu oft werden bei den<br />

öffentlich geplanten Ausgaben für den staatlichen freien<br />

Schulbereich, die den Einzelplan doch sehr dominant prägen, Titel<br />

mit geringerem Volumen ein Stück weit aus dem Blick verloren.<br />

Lassen Sie mich deshalb zumindest auf zwei Bereiche noch kurz Bezug<br />

nehmen, die zwar von ihrem Ausgabenvolumen her eine geringere<br />

Bedeutung haben, in ihrer Breitenwirksamkeit aber umso bedeutsamer<br />

sind.<br />

Zum einen geht es um die Weiterbildung und dabei beson<strong>der</strong>s um die<br />

weitere Finanzierung <strong>der</strong> Volkshochschulen. Unsere Fraktion ist sich<br />

<strong>der</strong> Bedeutung <strong>der</strong> Weiterbildungsangebote und <strong>der</strong> Notwendigkeit des<br />

Erhalts eines flächendeckenden Netzes dieser Angebote bewusst.<br />

Deshalb haben wir im Rahmen <strong>der</strong> Haushaltsdiskussion eine


entsprechende Prioritätenverschiebung zugunsten dieses Bereiches<br />

vorgenommen. Herr Hatzsch, Ihre Anmerkung, dass das durch Deckung<br />

aus Mitteln für die Fortbildung <strong>der</strong> Lehrer geschehen ist, ist zwar<br />

richtig, lässt sich aber angesichts <strong>der</strong> Zahlen und <strong>der</strong> Mittel, die<br />

wir für die Lehrerfortbildung dennoch zur Verfügung stellen,<br />

durchaus rechtfertigen. Diese Prioritätensetzung war dennoch<br />

sinnvoll,<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

zumal damit die Kontinuität von Weiterbildungsangeboten gewahrt<br />

bleibt und bedarfsgerecht fortgeführt werden kann.<br />

In ähnlicher Weise gilt dies für die Sportför<strong>der</strong>ung. Wenn <strong>der</strong><br />

vorliegende Haushaltsentwurf verbandliches Engagement des<br />

Landessportbundes und eine Vielzahl von Vereinsaktivitäten för<strong>der</strong>t,<br />

dann soll damit einem wichtigen gesellschaftlichen Anliegen bei uns<br />

in Sachsen weiterhin entsprochen werden. Dabei handelt es sich um<br />

weit mehr als um eine sinnvolle Freizeitgestaltung.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Sportliche Betätigung trägt in hohem Maße zur Entwicklung <strong>der</strong><br />

Gemeinschaftsfähigkeit, zur Integration von benachteiligten Kin<strong>der</strong>n<br />

und Jugendlichen, aber auch zur Abwehr von Aggressivität und<br />

Gewaltbereitschaft bei.<br />

(Vereinzelt Beifall bei CDU und SPD)<br />

Es handelt sich also um wesentliche Erziehungs- und<br />

Entwicklungsaufgaben, denen sich in Sachsen neben <strong>der</strong> Schule und<br />

<strong>der</strong> Familie auch Vereine mit viel Engagement stellen.<br />

Dabei ist es beson<strong>der</strong>s wesentlich, dass gerade in diesem Bereich<br />

nicht nur For<strong>der</strong>ungen an den Staat aufgestellt werden, son<strong>der</strong>n<br />

durch ehrenamtliches Engagement vieles bewegt wird. Dies wollen wir<br />

auch mit den bereitgestellten Mitteln weiter beför<strong>der</strong>n.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU - Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Mit dem vorliegenden Haushaltsentwurf, insbeson<strong>der</strong>e mit <strong>der</strong><br />

Fortführung <strong>der</strong> Vereinssportstättenför<strong>der</strong>ung, wollen wir das breite<br />

Engagement, aber auch die vielfältigen sportlichen Angebote weiter<br />

beför<strong>der</strong>n.<br />

Meine Damen und Herren! <strong>Der</strong> Einzelplan des Kultusministeriums<br />

stellt im Gesamthaushalt für die nächsten Jahre - ich habe es<br />

bereits gesagt - einen politischen Gestaltungsschwerpunkt dar. Er<br />

setzt den Rahmen für die Weiterentwicklung <strong>der</strong> Bildungslandschaft<br />

in ihrer ganzen Breite und nimmt zugleich auf sich än<strong>der</strong>nde<br />

Rahmenbedingungen Bezug. Wir erwarten nun von allen beteiligten<br />

Verantwortungsebenen und von allen beteiligten Verwaltungen, dass<br />

dieser mit dem Haushalt gesetzte Rahmen inhaltlich zukunftsweisend<br />

und im Sinne einer optimalen Beschulung unserer Kin<strong>der</strong> und<br />

Jugendlichen umgesetzt wird.<br />

Vielen Dank.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Herr Dr. Hahn für die PDS-<br />

Fraktion, bitte.<br />

Dr. Hahn, PDS: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und<br />

Herren! Herr Kollege Colditz, allein durch Schönreden wird <strong>der</strong><br />

Haushalt natürlich nicht besser - lei<strong>der</strong>!


(Lachen bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wer nach den zahlreichen und<br />

bisweilen auch heftigen bildungspolitischen Debatten im<br />

zurückliegenden Jahr und insbeson<strong>der</strong>e nach den Versprechungen <strong>der</strong><br />

CDU geglaubt o<strong>der</strong> zumindest gehofft hatte, dass nunmehr endlich<br />

an<strong>der</strong>e Prioritäten zugunsten <strong>der</strong> sächsischen Schulen gesetzt würden<br />

und sich dies auch im Haushalt nie<strong>der</strong>schlagen würde, <strong>der</strong> muss vom<br />

vorliegenden Einzelplan 05 ganz zwangsläufig bitter enttäuscht<br />

sein. Obwohl schon jetzt die Zahl <strong>der</strong> vorhandenen Lehrerinnen und<br />

Lehrer nicht ausreicht, um den planmäßigen Unterricht abzusichern,<br />

sollen in den kommenden Jahren etwa 7 000 Stellen für Pädagogen<br />

abgebaut werden. Grundschulen, Mittelschulen und Gymnasien in<br />

dreistelliger Zahl sollen geschlossen werden. Längere Schulwege und<br />

<strong>der</strong> Verlust kultureller Zentren, insbeson<strong>der</strong>e im ländlichen Raum,<br />

werden die Folge sein, ganz zu schweigen von den drastisch<br />

steigenden Kosten für die Schülerbeför<strong>der</strong>ung.<br />

Herr Kollege Colditz, wenn <strong>der</strong> Haushalt in <strong>der</strong> vorliegenden Fassung<br />

beschlossen wird, dann bedeutet dies, dass Sachsen bei den Pro-<br />

Kopf-Ausgaben für die Bildung auch in den kommenden zwei Jahren den<br />

16. und damit letzten Platz in <strong>der</strong> Bundesrepublik einnehmen wird.<br />

Herr Kultusminister und auch Herr Ministerpräsident, dies ist<br />

wahrlich kein Ruhmesblatt, son<strong>der</strong>n ein Armutszeugnis.<br />

(Vereinzelt Beifall bei PDS und SPD)<br />

Den vollmundigen Versprechungen aus <strong>der</strong> Regierungserklärung, <strong>der</strong><br />

hektischen Betriebsamkeit nach dem Mord an einer Gymnasiallehrerin<br />

in Meißen, den Ankündigungen einer Bildungsoffensive durch die CDU<br />

sind lei<strong>der</strong> keine Taten gefolgt. In einem "DNN"-Interview am 11.<br />

Januar dieses Jahres hatte Minister Rößler noch erklärt: "Politik<br />

und Gesellschaft müssen, wenn sie in die Zukunft investieren<br />

wollen, die Stücke des Kuchens, <strong>der</strong> ja nicht größer wird, an<strong>der</strong>s<br />

schneiden. Wenn <strong>der</strong> Freistaat Sachsen von Platz 16 auf Platz 8<br />

vorrückt, wird das je<strong>der</strong> verstehen, an<strong>der</strong>es sicher nicht."<br />

Richtig, Herr Minister! Aber das genaue Gegenteil wird mit dem<br />

vorliegenden Etatentwurf zementiert. <strong>Der</strong> geringfügige Anstieg des<br />

Volumens im Schulbereich hat nichts mit neuen Prioritätensetzungen<br />

zu tun, son<strong>der</strong>n ist ausschließlich auf die Umsetzung <strong>der</strong><br />

Tarifabschlüsse im öffentlichen Dienst zurückzuführen. Um die rote<br />

Laterne bei den Pro-Kopf-Bildungsausgaben abzugeben - das heißt,<br />

Mecklenburg-Vorpommern auf Platz 15 zu erreichen -, müsste <strong>der</strong><br />

Einzelplan 05 um 142 Millionen DM aufgestockt werden. Wenn wir das<br />

beste ostdeutsche Bundesland, also Thüringen, das auf Platz 12<br />

liegt, einholen wollen, müssten wir den Etat um 923 Millionen DM<br />

erhöhen. Um auf den achten Rang, den Rheinland-Pfalz belegt -<br />

diesen Platz hat <strong>der</strong> Minister als Ziel vorgegeben -, zu gelangen,<br />

hätten wir im Haushalt sage und schreibe 1,28 Milliarden DM mehr<br />

einplanen müssen als gegenwärtig vorgesehen.<br />

Natürlich - das weiß auch die PDS - kann man einen solchen<br />

Rückstand, kann man die von <strong>der</strong> CDU zu verantwortenden Versäumnisse<br />

eines ganzen Jahrzehnts nicht auf einmal und auch nicht in einem<br />

Doppelhaushalt wettmachen bzw. korrigieren. Aber man muss<br />

wenigstens einen erkennbaren Schritt in diese Richtung gehen und


genau dieser Schritt ist im Haushaltsentwurf <strong>der</strong> Staatsregierung<br />

nicht zu erkennen. Die CDU-Mehrheit verweigerte selbst marginale<br />

Korrekturen am sächsischen Bildungsystem und hat zugleich sämtliche<br />

Än<strong>der</strong>ungsanträge <strong>der</strong> Opposition zum Haushalt im Schulausschuss<br />

abgelehnt. Ich will heute noch einmal die wesentlichsten Punkte<br />

daraus nennen.<br />

Da gab es zunächst den Entwurf <strong>der</strong> PDS für eine Novelle des<br />

Schulgesetzes, worin wir drei Än<strong>der</strong>ungen vorgeschlagen hatten.<br />

Erstens wollten wir die Verantwortung für die<br />

Schulentwicklungsplanung auf die Landkreise und kreisfreien Städte<br />

übertragen. Zweitens wollten wir den Klassenteiler und die<br />

Mindestschülerzahlen für die Klassenbildung absenken und erstmals<br />

gesetzlich verankern. Drittens wollten wir die Schulkonferenz in<br />

ihrer Zusammensetzung verän<strong>der</strong>n und auch <strong>der</strong>en Aufgaben neu<br />

definieren. Unser Schulgesetzentwurf scheiterte an <strong>der</strong> CDU-Mehrheit<br />

in diesem Hause.<br />

Was die Übertragung <strong>der</strong> Schulnetzplanung auf die Landkreise<br />

anbelangt, befinden wir uns auf den ersten Blick in einer<br />

ungewöhnlichen Allianz mit <strong>der</strong> Staatsregierung, die diesen Schritt<br />

in ihrem Haushaltsbegleitgesetz gleichfalls vorsieht. Ich habe dazu<br />

in <strong>der</strong> 2. Lesung zu unserem Gesetzentwurf gesprochen. Mir liegt nur<br />

noch einmal daran, den Unterschied zwischen unserem Ansatz und dem<br />

<strong>der</strong> Staatsregierung deutlich zu machen, weil Herr Colditz eben<br />

darauf eingegangen ist.<br />

CDU und Kultusministerium wollen die vorhandenen Einrichtungen<br />

maximal auslasten, die vorhandenen Klassen weitestgehend auffüllen,<br />

im Endeffekt also viele Schulen dichtmachen. Wir dagegen wollen so<br />

wenig Schulen wie möglich schließen. Das ist <strong>der</strong> entscheidende<br />

Unterschied.<br />

Die Staatsregierung plädiert nicht für eine Übertragung <strong>der</strong><br />

Standortplanung, weil sie plötzlich für ein Mehr an Mitbestimmung<br />

ist, son<strong>der</strong>n sie möchte lediglich den schwarzen Peter los sein und<br />

nicht für die bevorstehenden massenhaften Schulschließungen<br />

verantwortlich gemacht werden. Zugleich will <strong>der</strong> Minister die<br />

Entscheidungshoheit aber nicht wirklich abgeben, im Gegenteil, die<br />

Landkreise und kreisfreien Städte sollen geradezu sklavisch an die<br />

technokratischen Vorgaben <strong>der</strong> Kultusbehörden gebunden werden.<br />

Wir wollten und wollen einen an<strong>der</strong>en Weg einschlagen: Die<br />

Landkreise und kreisfreien Städte beschließen zunächst ihren<br />

Schulnetzplan, <strong>der</strong> natürlich die vorhandenen Schülerzahlen zur<br />

Grundlage haben muss, aber eben zur Grundlage und nicht als Dogma<br />

wie in den Planungen <strong>der</strong> Regionalschulämter. Haben die Kreise ihr<br />

Konzept beschlossen, hätte das Kultusministerium nach unserem<br />

Entwurf dann die dazu benötigten Lehrer zur Verfügung stellen<br />

müssen.<br />

Dies ist ein grundsätzlich an<strong>der</strong>es Herangehen als das <strong>der</strong> CDU und<br />

deshalb können wir diesen Punkt des Haushaltsbegleitgesetzes nicht<br />

mittragen.<br />

Gleiches gilt für die beabsichtigte Verlängerung <strong>der</strong> Wartefrist bis<br />

zum Einsetzen <strong>der</strong> staatlichen För<strong>der</strong>ung bei Schulen in freier<br />

Trägerschaft, die von zwei auf vier Jahre erhöht werden soll. Die


Zielrichtung ist eindeutig. Die CDU will verhin<strong>der</strong>n, dass nach<br />

erfolgten Schulschließungen Eltern o<strong>der</strong> Bürgerinitiativen gebildet<br />

werden und am gleichen Standort eine freie Schule errichten. Da im<br />

Prinzip keine neugegründete Schule vier Jahre ohne staatliche<br />

Finanzzuschüsse auskommen kann, würde eine Annahme <strong>der</strong> Regelung de<br />

facto eine Errichtungssperre für Schulen in freier Trägerschaft<br />

bedeuten. Genau dies jedoch wäre verfassungswidrig, wie durch<br />

höchstrichterliche Urteile bereits festgestellt wurde. Aus diesem<br />

Grund werden wir uns auch vorbehalten, diesen Passus im Fall <strong>der</strong><br />

Annahme des Gesetzes rechtlich prüfen zu lassen.<br />

In dem schon erwähnten Interview erklärte <strong>der</strong> Kultusminister im<br />

Januar: "Ich möchte, dass wir den Schülerrückgang nutzen, um die<br />

Anzahl <strong>der</strong> Lehrer gleich zu halten, damit wir gewaltige Freiräume<br />

erschließen. Wir wollen die Qualität <strong>der</strong> Schule verbessern, mehr<br />

Wertevermittlung und Erziehung leisten. Dazu brauchen wir kleine<br />

Klassen, den Erhalt von Schulstandorten und mehr<br />

Abmin<strong>der</strong>ungsstunden, damit die Lehrer auch Zeit haben für Gespräche<br />

mit Schülern und Eltern und für Projekte."<br />

All das, Herr Minister, wollen wir auch. Nur ist lei<strong>der</strong> davon in<br />

Ihrem Haushalt nichts zu erkennen.<br />

Außerdem wurde ja nicht nur unsere Schulgesetznovelle abgelehnt,<br />

son<strong>der</strong>n auch sämtliche Än<strong>der</strong>ungsanträge, die wir zum Haushalt<br />

eingereicht hatten. Diese Anträge hätten in <strong>der</strong> Tat zu neuen<br />

Weichenstellungen im Schulbereich beitragen können.<br />

Im Kern ging es bei den insgesamt sechs Än<strong>der</strong>ungsvorschlägen, die<br />

wir heute nicht wie<strong>der</strong> einbringen werden, um eine spürbare<br />

Aufstockung bei <strong>der</strong> Zahl <strong>der</strong> Lehrerstellen, und dies, wenn auch mit<br />

unterschiedlicher Gewichtung, über alle Schularten hinweg. Während<br />

die Staatsregierung und offenbar auch die CDU in den kommenden<br />

Jahren Tausende Lehrerstellen streichen wollen, vertritt die PDS<br />

die Auffassung, dass es für den hier zu diskutierenden<br />

Doppelhaushalt notwendig wäre, insgesamt 3 340 zusätzliche<br />

Pädagogen einzustellen. Dies nicht etwa, um eine Vorreiterrolle zu<br />

spielen, son<strong>der</strong>n lediglich, um den bundesweiten Mindeststandard<br />

endlich auch in Sachsen einzuführen und den normalen Unterricht<br />

gemäß Lehrplan und Stundentafel abzusichern - eigentlich eine<br />

Selbstverständlichkeit, lei<strong>der</strong> jedoch nicht hierzulande.<br />

Mit ihren Anträgen verfolgte die PDS-Fraktion zunächst das Ziel,<br />

den Unterrichtsausfall im Freistaat Sachsen auf ein Mindestmaß zu<br />

reduzieren. Gemäß <strong>der</strong> letzten uns vom SMK übergebenen Statistik<br />

beträgt <strong>der</strong> offiziell zugegebene Unterrichtsausfall in Sachsen<br />

durchschnittlich 3,4 %, wobei dies im Einzelnen zwischen 0,6 % bei<br />

den Grundschulen und 7,4 % bei den beruflichen Schulen schwankt.<br />

Wir alle wissen jedoch auch, dass <strong>der</strong> reale Stundenausfall deutlich<br />

höher liegt. Auch in den jüngsten Erhebungen werden die fachfremd<br />

erteilten Stunden sowie <strong>der</strong> so genannte Stillunterricht nicht als<br />

Ausfall gewertet. Auch <strong>der</strong> Zeitpunkt <strong>der</strong> halbjährlichen Erhebung<br />

relativ kurz nach den großen Ferien schönt die Statistik in<br />

erheblichem Maße. Wir gehen deshalb davon aus, dass <strong>der</strong> wirkliche<br />

Unterrichtsausfall in Sachsen irgendwo zwischen 5 und 5,5 % liegt.<br />

Dies ist für ein sich mo<strong>der</strong>n nennendes Land absolut inakzeptabel.


Natürlich weiß auch die PDS, dass <strong>der</strong> Unterrichtsausfall nicht<br />

völlig auf null zu fahren ist, denn nicht jede kurzfristige<br />

Erkrankung eines Lehrers kann kompensiert werden. Ein bis<br />

eineinhalb Prozent werden als Rest trotz aller Bemühungen<br />

unvermeidbar sein. Daher sind wir bei unseren Berechnungen für die<br />

notwendigen Lehrerstellen von 4 % ausgegangen. Daraus ergibt sich<br />

ein Mehrbedarf von 1 500 Pädagogen. Davon haben wir 1 250 Stellen<br />

auf konkrete Schularten aufgeteilt und wollten die restlichen 250<br />

dazu nutzen, einen flexiblen Vertretungspool zu schaffen, <strong>der</strong> den<br />

Regionalschulämtern zugeordnet werden sollte.<br />

Durch die Annahme <strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ungsanträge <strong>der</strong> PDS wäre außerdem<br />

sichergestellt worden, dass für alle Klassenlehrer an Mittelschulen<br />

und Gymnasien die seit Jahren gefor<strong>der</strong>te Abmin<strong>der</strong>ungsstunde gewährt<br />

werden kann.<br />

Weiterhin ist die PDS <strong>der</strong> Meinung, dass es dringend erfor<strong>der</strong>lich<br />

ist, die deutschlandweit höchsten Pflichtstundenzahlen für<br />

Pädagogen zu reduzieren. Bei <strong>der</strong> Anhebung im Jahre 1993 war dies im<br />

Übrigen durch die Staatsregierung auch versprochen worden, nach<br />

drei bis vier Jahren sollte diese Anhebung zurückgenommen werden.<br />

Wir wollten mit unserem Antrag <strong>der</strong> Staatsregierung dazu verhelfen,<br />

ihr ursprüngliches Versprechen, wenn auch mit erheblicher<br />

Verspätung, doch noch einzulösen. Perspektivisch gehen wir davon<br />

aus, dass die <strong>der</strong>zeitigen Pflichtstundenzahlen um zwei Stunden<br />

reduziert werden müssen. Aus Gründen <strong>der</strong> Haushaltsdisziplin und um<br />

eine Erhöhung <strong>der</strong> Neuverschuldung zu vermeiden, hatten wir für den<br />

Doppelhaushalt 2001/2002 lediglich eine Reduzierung um eine Stunde<br />

eingerechnet.<br />

Schließlich wollten wir mit unseren Anträgen den Erhalt von kleinen<br />

Grund- und Mittelschulen im ländlichen Raum ermöglichen, obwohl<br />

auch wir wissen, dass aufgrund <strong>der</strong> demografischen Entwicklung nicht<br />

alle <strong>der</strong>zeit bestehenden Schulen überlebensfähig sind. Gleichwohl<br />

gehen wir davon aus, dass etwa die Hälfte <strong>der</strong> Einrichtungen, die<br />

von Schließung bedroht sind, erhalten werden können und angesichts<br />

erfreulicherweise wie<strong>der</strong> steigen<strong>der</strong> Geburtenraten mittelfristig<br />

auch eine Zukunft haben. Aus diesem Grund hatten wir dafür in<br />

unseren Vorschlägen 300 Lehrerstellen berücksichtigt.<br />

Für alle diese Än<strong>der</strong>ungsanträge, die natürlich auch Geld kosten,<br />

hatten wir im Übrigen konkrete Deckungsvorschläge unterbreitet.<br />

Meine Damen und Herren von <strong>der</strong> CDU! Wenn Sie schon nicht auf die<br />

Opposition hören, dann hören Sie wenigstens auf Ihre eigenen<br />

Kreisverbände und sollten <strong>der</strong>en Beschlüssen folgen. So wurde<br />

beispielsweise auf dem Kreisparteitag <strong>der</strong> CDU Bautzen am 27.<br />

Oktober 2000, also vor knapp sechs Wochen, ein Leitantrag zur<br />

Bildungspolitik beschlossen, den ich mit großem Interesse gelesen<br />

habe. Darin heißt es u. a.: "Bei einer Beibehaltung <strong>der</strong><br />

gegenwärtigen gesetzlichen Regelungen, insbeson<strong>der</strong>e in Bezug auf<br />

die ausschließliche Zweizügigkeit von Mittelschulen an einem<br />

Standort, den Klassenteiler, die Richt- und Mindestschülerzahlen,<br />

werden 50 % <strong>der</strong> Schulen im Landkreis Bautzen geschlossen werden<br />

müssen. Das kann so nicht mitgetragen werden." Dem stimmt die PDS-<br />

Fraktion ausdrücklich zu.


<strong>Der</strong> CDU-Kreisverband stellt daraufhin sieben For<strong>der</strong>ungen an die<br />

<strong>Landtag</strong>sfraktion, von denen ich hier nur vier vortragen möchte.<br />

"Erstens. Die Richtschülerzahlen für Mittelschulen sind von 25 auf<br />

20 nach unten zu korrigieren. Die Mindestschülerzahlen von<br />

Mittelschulen sind von 16 auf 13 nach unten zu korrigieren.<br />

Zweitens. Die Mindestschülerzahlen für Grundschulen sind von 15 auf<br />

12 nach unten zu korrigieren.<br />

Drittens. Die bisherigen Schulstrukturen im Bereich <strong>der</strong><br />

Mittelschulen sind so lange wie möglich zu erhalten.<br />

Viertens. In Fällen, bei welchen es sich aus organisatorischen und<br />

räumlichen Gründen anbietet, sind Schulverbünde zuzulassen. Das<br />

heißt, dass durch Zweckvereinbarungen zwischen den Gemeinden eine<br />

Mittelschule an zwei o<strong>der</strong> mehreren Standorten zu ermöglichen ist.<br />

Dabei sind die guten Erfahrungen beim Angebot mit Basis- und<br />

Neigungskursen zu berücksichtigen."<br />

Auch diesen Punkten kann die PDS weitgehend zustimmen, zumal einige<br />

davon in unserem Schulgesetzentwurf enthalten waren.<br />

All das zeigt: Die CDU hat für ihre Bildungspolitik offenbar nicht<br />

einmal die eigene Basis hinter sich. Dieser Leitantrag ist, wenn<br />

ich das recht in Erinnerung habe, in Bautzen einstimmig beschlossen<br />

worden. Wie gut ist es da, dass es eine starke Opposition im<br />

<strong>Sächsische</strong>n <strong>Landtag</strong> gibt, die den Draht zu den Menschen im Land<br />

nicht verloren hat und die manchmal auch Teilerfolge erzielen kann.<br />

So hatte die PDS-Fraktion im Ausschuss zwei weitere Anträge<br />

gestellt, die das Ziel verfolgten, zum einen die von <strong>der</strong><br />

Staatsregierung geplanten Kürzungen bei den Volkshochschulen zu<br />

verhin<strong>der</strong>n und zum an<strong>der</strong>en die seit Jahren stagnierende<br />

Sportför<strong>der</strong>ung aufzustocken. Zumindest hierbei hat sich die CDU-<br />

Mehrheit aufgrund massiver Proteste letztlich doch bewegt.<br />

Die ursprünglich geplanten drastischen Kürzungen im Bereich <strong>der</strong><br />

Weiterbildung, die zahlreiche Volkshochschulen existenziell bedroht<br />

hätten, wurden weitgehend wie<strong>der</strong> zurückgenommen und die Zuweisungen<br />

an den Landessportbund wurden zwar nicht um 5 Millionen, wie von<br />

uns gefor<strong>der</strong>t wurde, son<strong>der</strong>n nur um 2 Millionen DM erhöht, aber<br />

dies ist immerhin ein Schritt in die richtige Richtung.<br />

Die wenigen und im Übrigen ohnehin notwendigen Korrekturen sind<br />

jedoch ungeeignet, den Einzelplan 05 im Ganzen so zu verän<strong>der</strong>n,<br />

dass er für uns zustimmungsfähig wäre. <strong>Der</strong> Etat stellt die falschen<br />

Weichen und ist insgesamt nicht zukunftsfähig. Aus diesem Grund<br />

wird die PDS-Fraktion den Kultushaushalt auch diesmal ablehnen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Die CDU-Fraktion, bitte. Herr Abg.<br />

Colditz.<br />

Colditz, CDU: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr<br />

Kollege Hahn, dass Sie aus Ihrer Oppositionsrolle und insbeson<strong>der</strong>e<br />

aus <strong>der</strong> Sicht <strong>der</strong> PDS heraus nichts Gutes an diesem Einzelplan<br />

lassen können, ist nachvollziehbar. Wenn Sie aber <strong>der</strong>artig<br />

undifferenziert, pauschal und gebetsmühlenartig - die Aussagen<br />

hätte man vor einem Jahr von Ihnen genauso hören können - Ihre<br />

Ansichten vortragen,<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Sie machen doch auch immer das


Gleiche!)<br />

so lässt das doch an <strong>der</strong> Glaubwürdigkeit Ihrer Darstellung<br />

zweifeln.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Ich glaube, dass mittlerweile auch die Bürger dieses Landes das<br />

etwas differenzierter sehen.<br />

Ich möchte trotzdem auf einige Ihrer Ausführungen eingehen. Ich<br />

finde es nach wie vor ziemlich unglaubwürdig und banal - die<br />

Diskussion haben wir eigentlich verlassen -, linear aus den<br />

Ausgaben für den Bildungsbereich die Qualität ableiten zu wollen.<br />

Wir haben in den verschiedenen Anhörungen auch außerhalb dieses<br />

Gremiums und von Außenstehenden mehrfach gehört, dass eben genau<br />

diese Beziehung nicht ableitbar ist, son<strong>der</strong>n dass es an<strong>der</strong>e<br />

Parameter sind, die die Qualität schulischer Ausbildung prägen. Es<br />

ist uns auch bestätigt worden - das lässt sich objektiv belegen -,<br />

dass wir trotz dieser geringen Ausgaben im Bildungsbereich in<br />

Sachsen weiß Gott qualitativ nicht das Schlusslicht von Deutschland<br />

insgesamt sind.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Dass Sie als Opposition, insbeson<strong>der</strong>e die PDS, ein sehr<br />

oberflächliches Verhältnis zum Geld haben, hat unter an<strong>der</strong>em Ihr<br />

Schulgesetzentwurf gezeigt.<br />

Herr Hahn, es muss etwas hinzugefügt werden, denn das unterstellen<br />

Sie wie<strong>der</strong>um völlig falsch. Ich weiß nicht, ob das Kollege Hatzsch<br />

bestätigen kann, aber es lässt sich zumindest anhand <strong>der</strong><br />

Diskussionen nachvollziehen. Ihr Schulgesetz ist nicht an <strong>der</strong> CDU-<br />

Fraktion gescheitert, son<strong>der</strong>n Ihr Schulgesetz ist schon im<br />

Ausschuss gescheitert, und zwar bei den unparteiischen<br />

Sachverständigen, die zu hören gewesen sind und von denen dieses<br />

Schulgesetz wirklich infrage gestellt worden ist. Das gilt sowohl<br />

von den inhaltlichen Aussagen her als auch in Bezug auf das, was<br />

Sie an Machbarkeitsmöglichkeiten dargestellt haben, was Schulgrößen<br />

und Klassengrößen anbelangt. Das ist letztlich schon dort abgelehnt<br />

worden. Ich kann mich erinnern, dass auch die SPD-Fraktion diese<br />

Position hatte.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Gestatten Sie eine Zwischenfrage?<br />

- Bitte.<br />

Prof. Dr. Porsch, PDS: Herr Colditz, Sie haben soeben gesagt, dass<br />

die PDS ein oberflächliches Verhältnis zum Geld habe. Ist Ihnen<br />

bekannt, dass unser alternativer Haushaltsentwurf bei<br />

ausgeglichenen Einnahmen und Ausgaben nicht mehr Geld braucht als<br />

<strong>der</strong> von <strong>der</strong> Staatsregierung vorgelegte Entwurf, son<strong>der</strong>n noch ein<br />

kleines Quäntchen weniger?<br />

Colditz, CDU: Herr Porsch, das Problem scheint zu sein, dass Sie<br />

von Einnahmenmöglichkeiten ausgehen, die unrealistisch sind. Das<br />

ist das, was nach wie vor die Unglaubwürdigkeit Ihres Vorhabens<br />

kennzeichnet.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU - Prof. Dr. Porsch, PDS: Demzufolge<br />

haben Sie ein oberflächliches Verhältnis zum Geld!)


Herr Hahn, auf das, was Sie zum Schulnetz gesagt haben, muss ich<br />

ebenfalls etwas erwi<strong>der</strong>n. Es geht gar nicht darum - auch darüber<br />

haben wir mehrfach diskutiert -, die Einrichtungen vollzustopfen<br />

und maximal auszunutzen. Sie müssen ganz einfach zur Kenntnis<br />

nehmen, wie die objektiven Entwicklungen in diesem Lande sind. Wir<br />

haben einen Rückgang <strong>der</strong> Schülerzahlen um 50 %. Demzufolge sind wir<br />

darauf angewiesen, das Schulnetz dem Bedarf anzupassen.<br />

Es geht also überhaupt nicht darum, dass wir unsere Schulen<br />

vollstopfen wollen. Vielmehr müssen wir Strukturen schaffen, die<br />

letztlich auch mit geringen Schülerzahlen noch ein entsprechendes<br />

qualitatives Angebot vorhalten und auch einem Gefälle zwischen dem<br />

ländlichen und dem städtischen Verdichtungsraum entgegenwirken,<br />

wobei wir - auch das wird dieser Haushalt bewirken - auch den<br />

ländlichen Raum differenzierter im Blick haben, so dass wir dort<br />

Schülerzahlen, die im städtischen Raum vorgegeben sind, ein Stück<br />

weit unterschreiten können. Damit wird einer Ausdünnung des<br />

ländlichen Raumes im Schulnetz entgegengewirkt werden.<br />

In ähnlicher Weise ist es für die freien Träger. Auch das hatte ich<br />

schon in meiner Rede gesagt. Ich denke, die freien Träger haben<br />

selbst ein existenzielles Interesse daran, und zwar auch im Blick<br />

auf die rückläufigen Schülerzahlen und die Finanzen, die durch die<br />

freien Träger mitzutragen sind, dass gewisse Mindestschülerzahlen<br />

für diese Schulen vorzusehen sind und dass sie in gewisser Weise<br />

selbstverständlich in vorhandene Schulnetze eingebunden werden.<br />

Das ist letztlich die Intention dieses Haushaltsbegleitgesetzes,<br />

zumindest bezüglich dieser Frage. Ich sage es noch einmal: Es ist<br />

keine Entscheidung gegen die freien Träger.<br />

Abschließend einige Sätze zum Unterrichtsausfall. Herr Dr. Hahn,<br />

ich frage mich langsam, ob Sie das unbewusst ober böswillig tun.<br />

Ich würde gern wissen, was Sie als Hintergrund haben, dass Sie<br />

<strong>der</strong>art falsche Aussagen treffen.<br />

(Beifall des Abg. Bandmann, CDU)<br />

Wir haben gemeinsam überfraktionell mit Zustimmung <strong>der</strong> CDU-Fraktion<br />

im Schulausschuss einen Antrag verabschiedet, <strong>der</strong> den tatsächlichen<br />

Unterrichtsausfall in Sachsen transparent machen sollte. Wir haben<br />

gefor<strong>der</strong>t, dass uns die Dinge, die bisher unter planmäßigem<br />

Unterrichtsausfall genannt werden, etwas differenzierter<br />

ausgewiesen werden. Das haben wir aber alles schriftlich vorliegen.<br />

Wir kommen zu dem Resultat, dass <strong>der</strong> Unterrichtsausfall planmäßig<br />

bei 3 % liegt. Wie Sie da eine Konstruktion finden können, die<br />

besagt, dass <strong>der</strong> Unterrichtsausfall wesentlich höher sei - damit<br />

wollen Sie Ihre Argumentation rechtfertigen -, bleibt mir nebulös<br />

und ist von <strong>der</strong> Darstellung her nicht redlich.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Wird weiterhin das Wort gewünscht?<br />

Dr. Hahn, PDS: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Da Kollege<br />

Colditz mir Unredlichkeit vorgeworfen hat, muss ich kurz darauf<br />

erwi<strong>der</strong>n.<br />

Erstens. Dieser Antrag, von dem gesprochen wurde, ist in <strong>der</strong> Tat im<br />

Schulausschuss beschlossen worden, nachdem über Jahre hinweg immer


eschönigende Zahlen durch das Kultusministerium vorgelegt worden<br />

sind. Das ist selbst <strong>der</strong> CDU zu viel geworden.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Die Zahlen, die ich vorgelesen habe, sind die Zahlen aus <strong>der</strong><br />

letzten offiziellen Statistik des Kultusministeriums, die diesen<br />

Beschluss des Schulausschusses noch nicht berücksichtigt hatte.<br />

Aktuellere Zahlen habe ich jedenfalls nicht auf dem Tisch.<br />

Zweitens. Sie haben auf die Anhörung hingewiesen und von den<br />

neutralen Sachverständigen gesprochen. Dazu möchte ich Ihnen nur<br />

sagen, dass fünf Sachverständige von <strong>der</strong> CDU und zwei <strong>der</strong><br />

Sachverständigen von <strong>der</strong> PDS benannt waren. Ein Sachverständiger<br />

wurde von <strong>der</strong> SPD benannt. Ich möchte auch sagen, dass in <strong>der</strong><br />

Anhörung insbeson<strong>der</strong>e die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft,<br />

also die Lehrervertretung, und <strong>der</strong> Landesschülerrat den<br />

Gesetzentwurf <strong>der</strong> PDS unterstützt haben. Das ist uns eigentlich das<br />

Wichtigste.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Gibt es weiteren Redebedarf<br />

vonseiten <strong>der</strong> Fraktionen? - Nein. Dann bitte ich jetzt Herrn<br />

Staatsminister Dr. Rößler das Wort zu nehmen.<br />

Dr. Rößler, Staatsminister für Kultus: Sehr geehrte Frau<br />

Präsidentin! Meine verehrten Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte<br />

Damen und Herren! Ich bedanke mich zunächst einmal bei Thomas<br />

Colditz dafür, dass er die Auseinan<strong>der</strong>setzung zu verschiedenen<br />

einzelnen Punkten, die in <strong>der</strong> Diskussion angesprochen worden sind,<br />

geführt hat. Deshalb kann ich mich auf einen Überblick über die<br />

wesentlichen Schwerpunkte des Haushaltes beschränken.<br />

(Dr. Hahn, PDS: Zu Bautzen hat er nichts gesagt!)<br />

<strong>Der</strong> Haushaltsplanentwurf 2001 und 2002 des <strong>Sächsische</strong>n<br />

Staatsministeriums für Kultus ist wie in den vergangenen Jahren<br />

einer <strong>der</strong> ausgabenintensivsten Einzelpläne in diesem Landeshaushalt<br />

überhaupt.<br />

Bei <strong>der</strong> Erarbeitung hat es zahlreiche Auseinan<strong>der</strong>setzungen und<br />

Diskussionen gegeben. Es haben viele an diesem Ergebnis mitgewirkt.<br />

Ich bedanke mich ausdrücklich bei meinen Kolleginnen und Kollegen<br />

im Arbeitskreis Schule, bei meiner Fraktion und bei den vielen<br />

an<strong>der</strong>en, die uns hierbei unterstützt haben.<br />

Ich habe mich beson<strong>der</strong>s über die konstruktive Diskussion im<br />

Finanzausschuss des <strong>Sächsische</strong>n <strong>Landtag</strong>es gefreut. Das zeigt, dass<br />

es auch parteiübergreifend durchaus eine nüchterne und pragmatische<br />

Herangehensweise an solche Dinge geben kann. Ich habe mich auch<br />

über Sie, Herr Hatzsch, gefreut. Zumindest kam von Ihnen zu dieser<br />

und jener Sache Anerkennung.<br />

Ich denke, dass wir mit diesem Haushalt eine Weichenstellung zu<br />

einer weiteren qualitativen Verbesserung unserer sächsischen<br />

Schulen vorgenommen haben. Dass nicht je<strong>der</strong> Blütentraum reifen<br />

kann, weiß je<strong>der</strong>, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Politik tätig ist.<br />

Ich möchte einige Zahlen nennen, damit man die Dimension erkennt.<br />

<strong>Der</strong> Haushaltsplanentwurf weist für das Jahr 2001 Ausgaben in Höhe<br />

von 4,3 Milliarden DM aus. Im Haushaltsjahr 2002 weist er eine<br />

Ausgabenhöhe von rund 4,5 Milliarden DM aus. Davon entfallen 3,7


zw. 3,8 Milliarden DM auf die Personalausgaben zur Finanzierung<br />

von zirka 40 000 Stellen.<br />

Daran sehen Sie schon, worauf es in einem Kultushaushalt ankommt:<br />

Er besteht zu fast 90 % aus Personalausgaben für die Lehrerinnen<br />

und Lehrer.<br />

Vor allen Dingen vor dem Hintergrund weiter sinken<strong>der</strong> Schülerzahlen<br />

war dieses Problem ein wesentlicher Gegenstand <strong>der</strong><br />

Haushaltsverhandlungen. Die Schule, meine sehr geehrten Damen und<br />

Herren, wird in den nächsten Jahren am stärksten von <strong>der</strong> Auswirkung<br />

<strong>der</strong> demografischen Entwicklung betroffen sein, denn die<br />

Schülerzahlen in diesem Land werden sich schlicht halbieren. Vor<br />

den Folgen dieser Entwicklung können wir die Augen nicht<br />

verschließen, und zwar sowohl im Hinblick auf die Schulnetzplanung,<br />

die schmerzhaft genug sein wird, als auch auf den Schulhausbau.<br />

Natürlich hat das auch Auswirkungen auf die zur Unterrichtung<br />

unserer Kin<strong>der</strong> und Enkel notwendigen Lehrerinnen und Lehrer.<br />

Es gab viele Diskussionen, wie man mit dem Schülerrückgang umgehen<br />

könnte. Gerade in diesem Punkt hat sich die CDU-Fraktion beson<strong>der</strong>s<br />

engagiert. Ich denke, wir haben einen guten Schulkompromiss<br />

erreicht, wobei wir die demografische Entwicklung zur Kenntnis<br />

nehmen, aber auch Ressourcen zur qualitativen Verbesserung <strong>der</strong><br />

sächsischen Schulen erschließen. Es ist ein guter Weg, <strong>der</strong> auch mit<br />

den finanziellen Zwängen in Übereinstimmung gebracht worden ist,<br />

denen sich <strong>der</strong> Freistaat Sachsen in den nächsten Jahren ausgesetzt<br />

sieht. Es ist eine klare Priorität zugunsten <strong>der</strong> Bildung gesetzt<br />

worden.<br />

Wie sieht das im Einzelnen aus? In den nächsten zwei Jahren werden<br />

wir nur die Altersabgänge unter den Lehrerinnen und Lehrern zur<br />

Stellenreduzierung heranziehen, obwohl die Schülerzahlen, meine<br />

Damen und Herren, dramatisch schneller sinken. Danach wird die<br />

Stellenzahl parallel zum Schülerrückgang bis auf ein Niveau von 70<br />

% <strong>der</strong> Stellenzahl zurückgeführt, die wir am 1.8.2000 hatten. Im<br />

Ergebnis werden wir also im Bereich <strong>der</strong> Mittelschulen, Gymnasien<br />

und För<strong>der</strong>schulen trotz eines Rückgangs <strong>der</strong> Schülerzahlen auf 50 %<br />

noch 70 % <strong>der</strong> Lehrerstellen zur Verfügung haben.<br />

(Dr. Hahn, PDS: Die brauchen Sie auch!)<br />

- Die brauchen wir auch - Herr Hahn, da haben Sie Recht -, um den<br />

Unterrichtsausfall zu senken. Sie wissen alle, meine Damen und<br />

Herren, dass es in den an<strong>der</strong>en Bundeslän<strong>der</strong>n noch viel höheren<br />

Unterrichtsausfall als in Sachsen gibt und dass es überhaupt kein<br />

Bundesland außer uns gibt, das Stillarbeit und an<strong>der</strong>es überhaupt<br />

erfasst. In vielen Bundeslän<strong>der</strong>n wird gar kein Unterrichtsausfall<br />

erfasst, wie in Schleswig-Holstein. Die Gründe können Sie sich<br />

erklären.<br />

Wir brauchen Schritt für Schritt eine Aufstockung des<br />

Ergänzungsbereichs. Wir müssen natürlich auch etwas für die<br />

Erhaltung von Schulstandorten im ländlichen Raum tun. Und, Herr<br />

Hahn, einige Zahlen müssen Sie ganz einfach zur Kenntnis nehmen.<br />

Wir haben jetzt an den Mittelschulen und Gymnasien etwa ein<br />

Verhältnis von Schülern pro Lehrer von um die 16. Im Schuljahr<br />

2006/2007 werden zwischen zwölf und 13 Schüler auf einen Lehrer


kommen. Das ist doch eine eindeutige Verbesserung <strong>der</strong> Versorgung<br />

mit Lehrern. Automatisch werden die Klassen viel kleiner sein. Wir<br />

werden auch pro Kopf <strong>der</strong> Schüler wesentlich mehr Geld ausgeben.<br />

Diese Langzeitperspektive müssen Sie sehen, wenn es um den<br />

Stellenwert Sachsens in <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland geht. Wir<br />

werden dann in dieser Tabelle zu den Ausgaben pro Schüler deutlich<br />

weiter vorn liegen. Wer Realist ist, weiß, dass wir das überhaupt<br />

nicht von einem Jahr auf das an<strong>der</strong>e erreichen können.<br />

Um zu sagen, wie es in Thüringen weitergeht, meine Damen und<br />

Herren, warten Sie erst einmal die ersten zwei Monate des nächsten<br />

Jahres ab. Dann kann ich mir vorstellen, dass die Situation in<br />

Sachsen vergleichsweise günstiger ist.<br />

Im Bereich <strong>der</strong> Grundschulen ist <strong>der</strong> Stellenplan unter<br />

Berücksichtigung <strong>der</strong> schon geschlossenen Teilzeitvereinbarungen aus<br />

dem Jahre 1997 festgeschrieben. Im berufsbildenden Bereich wurden<br />

bei <strong>der</strong> Veranschlagung <strong>der</strong> Lehrerstellen die bisher gültigen<br />

Schüler-Lehrer-Relationen weiter fortgeschrieben. Aber, meine Damen<br />

und Herren, wir wollen ja, und das wissen Sie auch, jedem<br />

Schulleiter an den beruflichen Schulen ein Budget von etwa - ich<br />

nenne einfach mal eine Summe - 100 000 DM geben, mit dem er von<br />

außen über Honorare und an<strong>der</strong>es ganz notwendige Spezialisten, die<br />

wir überhaupt nicht in den Schuldienst bekommen, zum Beispiel aus<br />

<strong>der</strong> Informatik, "einkaufen" kann.<br />

Einige Worte zum Schulhausbau. Neben <strong>der</strong> Schaffung <strong>der</strong> personellen<br />

Voraussetzungen für die Absicherung eines qualitativ hochwertigen<br />

Unterrichts müssen wir natürlich auch die sächlichen<br />

Voraussetzungen an den Schulen verbessern. Dazu gehört neben <strong>der</strong><br />

Ausstattung mit mo<strong>der</strong>ner Computertechnik auch die Sanierung <strong>der</strong><br />

Schulgebäude. Wie in den vergangenen Jahren auch wird <strong>der</strong> Freistaat<br />

Sachsen hier erhebliche Mittel bereitstellen. Er wird sich auch<br />

noch wesentlich mehr engagieren. Es ist erklärtes Ziel des<br />

Freistaates Sachsen und <strong>der</strong> kommunalen Spitzenverbände, alle im<br />

Freistaat Sachsen tatsächlich benötigten Schulgebäude in einen<br />

einwandfreien baulichen Zustand zu versetzen. Dazu sind<br />

Investitionen im Umfang von mindestens 5 Milliarden DM<br />

erfor<strong>der</strong>lich. Eine solche Ausgabe kann nicht von heute auf morgen<br />

bewältigt werden. Wir müssen hier einen gewissen Zeitraum vorsehen.<br />

In den letzten Jahren haben wir etwa die Hälfte aller Schulen in<br />

Sachsen entwe<strong>der</strong> neu gebaut o<strong>der</strong> saniert. Es wurden etwa 4<br />

Milliarden DM ausgegeben. Vor uns steht <strong>der</strong> zweite Schritt dieses<br />

weiten Weges und wir werden im nächsten Doppelhaushalt ein<br />

erhebliches Stück vorankommen. Insgesamt stehen uns - Thomas<br />

Colditz hat das schon gesagt - rund 440 Millionen DM zur Verfügung.<br />

Und, Kollege Hatzsch, wenn Sie sagen, dass das wenig ist,<br />

(Hatzsch, SPD: Das sage ich nicht. Es reicht noch nicht.)<br />

- es reicht noch nicht, das ist ganz klar -, dann nennen Sie mir<br />

ein an<strong>der</strong>es Bundesland hier im Osten, das einen ähnlichen Betrag in<br />

seinen Haushalt einstellt.<br />

Wichtig ist natürlich, meine Damen und Herren, dass wir diese<br />

erheblichen Mittel in die richtigen Schulstandorte investieren.<br />

Deshalb brauchen wir eine vorausschauende Schulnetzplanung. Wir


können es uns nicht leisten, diese erheblichen Mittel in<br />

Schulstandorte zu investieren, die unter Umständen nicht<br />

überlebensfähig sind. Im Bereich des Baues <strong>der</strong> berufsbildenden<br />

Schulen werden wir vielleicht im Schuljahr 2005/2006 schon zu einem<br />

Abschluss kommen. Wir haben dann etwa eine Milliarde DM allein in<br />

die Berufsschulen in Sachsen gesteckt.<br />

Eine weitere wichtige Aufgabe, die vor uns steht, und hier<br />

übernimmt <strong>der</strong> Freistaat Sachsen sogar Schulträgerangelegenheiten,<br />

ist die Ausstattung unserer Schulen mit Computertechnik, mit<br />

Internetanschlüssen und allem, was zur mo<strong>der</strong>nen Informations- und<br />

Kommunikationsinfrastruktur gehört.<br />

Unsere Medienoffensive Medios, die wir über sechs Jahre<br />

fortschreiben - auch hier brauchen wir einen langen Atem -, wird<br />

pro Jahr etwa 30 Millionen DM in diesem Bereich an die Schulen<br />

bringen. Dazu kommen etwa 26 Millionen DM für die<br />

Schulinfrastruktur. Es werden also Computer, Internetanschlüsse,<br />

aber auch <strong>der</strong> entsprechende Service dazu finanziert. Wir werden<br />

eine För<strong>der</strong>quote von 75 % vorsehen. Ich denke, das wird die Schulen<br />

voranbringen.<br />

In solchen Größenordnungen, meine Damen und Herren, investiert in<br />

diesem Bereich kein an<strong>der</strong>es neues Bundesland. Ich bin glücklich und<br />

froh, dass wir hierfür europäische Mittel aus dem Efre-Fonds zur<br />

Verfügung haben. Natürlich nutzen ihnen die Computer allein nicht<br />

allzu viel, es braucht auch die entsprechenden Ideen und Konzepte,<br />

und deshalb bin ich froh, dass wir unser Programm<br />

"Medienpädagogische Innovation" fortschreiben können. Wir haben<br />

damit in den letzten Jahren schon einen erheblichen Vorlauf an<br />

Ideen und Konzepten erreicht.<br />

Zur Lehrerfortbildung in diesem Bereich: Kollege Hatzsch, was von<br />

<strong>der</strong> einen Million DM durch unsere Fraktion abgesenkt worden ist,<br />

haben wir in diesem Bereich aufgestockt. Allein 2 Millionen DM<br />

geben wir in diesem Bereich <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Informations- und<br />

Kommunikationstechnologien für die Fortbildung <strong>der</strong> Lehrerinnen und<br />

Lehrer aus. Ich denke, dass dieser Schwerpunkt richtig gesetzt ist.<br />

Meine Damen und Herren! Natürlich ist die Erweiterung <strong>der</strong><br />

Medienkompetenz bei Schülern und Lehrern ganz stark mit <strong>der</strong><br />

Novellierung entsprechen<strong>der</strong> Lehrpläne verknüpft. Ich denke, dass<br />

die medienpädagogischen Bezüge in den Lehrplänen, die wir in den<br />

nächsten Jahren schaffen müssen, einen entsprechenden Stellenwert<br />

erhalten.<br />

Lassen Sie mich, meine Damen und Herren, noch einige Worte zur<br />

Sportpolitik sagen. Sie wissen ja selbst, dass in Sachsen die<br />

Sportpolitik einen erheblichen Stellenwert hat. Was wir vielleicht<br />

im Schulbereich an vielen Stellen noch aufholen müssen und werden,<br />

haben wir in <strong>der</strong> Sportpolitik schon erreicht. Hier liegen wir ganz<br />

vorn im weiten Feld <strong>der</strong> Bundeslän<strong>der</strong>. Wir werden in diesen<br />

Anstrengungen auch fortfahren. Die Sportför<strong>der</strong>ung bewegt sich bei<br />

75 Millionen DM pro Jahr. Es gibt hier also eine Kontinuität. Das<br />

ist in Zeiten knapper Kassen keine Selbstverständlichkeit.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)


<strong>Der</strong> überwiegende Teil <strong>der</strong> Mittel wird genutzt, um den baulichen<br />

Zustand <strong>der</strong> Sportstätten im Freistaat Sachsen zu verbessern, und<br />

wir möchten auch eine flächendeckende Grundausstattung mit<br />

Sportstätten erreichen. Wir freuen uns natürlich, wenn jetzt im<br />

Rahmen des "Goldenen Planes Ost" zu dem, was wir uns vornehmen,<br />

noch zusätzlich einige Millionen bereitgestellt werden, aber die<br />

meisten Bemühungen kommen aus dem Freistaat Sachsen selbst.<br />

Wir möchten entsprechend <strong>der</strong> Verfassung unseres Freistaates dem<br />

gesamten Volk die Teilnahme am Sport ermöglichen und ich denke, das<br />

wird auch dadurch gewährleistet, dass wir die konsumtiven Mittel<br />

<strong>der</strong> Sportför<strong>der</strong>ung so fortschreiben wie bisher.<br />

Wir gehen auch neue Wege in <strong>der</strong> Ausreichung. Durch den<br />

Zuwendungsvertrag, den wir mit dem <strong>Sächsische</strong>n Landessportbund<br />

haben, wird die gesamte konsumtive Sportför<strong>der</strong>ung neu geregelt und<br />

strukturiert. Dieser Zuwendungsvertrag hat sich bewährt,<br />

insbeson<strong>der</strong>e da vor Ort viel besser entschieden werden kann, wie<br />

die Masse <strong>der</strong> durchzuführenden Einzelprojekte finanziert und<br />

gesteuert werden soll.<br />

Ziel ist es auch, durch ein vereinfachtes Antrags- und<br />

Nachweisverfahren diejenigen zu ermutigen, die als Ehrenamtler<br />

dafür sorgen, dass in dieser größten Bürgerbewegung des Freistaates<br />

Sachsen, wie <strong>der</strong> Präsident Hermann Winkler immer so schön<br />

formuliert, die Ehrenamtler nicht durch übermäßige Bürokratie<br />

frustriert werden.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

500 000 Menschen, davon 180 000 Kin<strong>der</strong> und Jugendliche, sind im<br />

Landessportbund organisiert. Er ist ein äußerst verlässlicher und<br />

kooperativer Partner. Mein Dank geht an die vielen Ehrenamtler, die<br />

wir mit diesem Geld nicht bezahlen und ohne <strong>der</strong>en Hilfe wir den<br />

Sportbetrieb in Sachsen nicht aufrechterhalten könnten.<br />

(Zuruf und Beifall des Abg. Prof. Dr. Porsch, PDS)<br />

Meine Damen und Herren! Ich denke, dass es uns trotz aller Probleme<br />

in den letzten zehn Jahren gelungen ist, in Sachsen eine<br />

funktionierende und effiziente Schulstruktur zu erreichen. Sicher<br />

ist an dieser Struktur vieles zu verbessern, aber manche Dinge<br />

haben auch außerhalb Sachsens Anklang und viele Nachahmer gefunden,<br />

wenn ich nur an das Abitur nach zwölf Jahren denke, Kollege<br />

Hatzsch. <strong>Der</strong> Damm bricht auf breiter Front in den SPD-regierten<br />

Län<strong>der</strong>n und ich denke, dass wir über kurz o<strong>der</strong> lang - in den CDUregierten<br />

Län<strong>der</strong>n sowieso - hier in Deutschland zum Abitur nach<br />

zwölf Jahren kommen werden.<br />

(Prof. Dr. Porsch, PDS: Das haben wir in <strong>der</strong> DDR auch gehabt!<br />

In Österreich!)<br />

- Ja, das sind auch Erfahrungen - Österreich; es gibt nicht nur im<br />

deutschsprachigen Raum viele Erfahrungen, Kollege Porsch -, die man<br />

hier in Deutschland auch anwenden kann. Ich denke an das Setzen von<br />

Standards; das wird uns in <strong>der</strong> Aktuellen Debatte noch beschäftigen.<br />

Und um zentrale Prüfungen kommt in Deutschland und in an<strong>der</strong>en<br />

Nationen auf Dauer niemand herum.<br />

Ich bedanke mich noch einmal ganz herzlich für die Mithilfe dieses<br />

Hauses, insbeson<strong>der</strong>e meiner Fraktion, am Einzelplan des


Kultusministeriums und bitte Sie, trotz dieses und jenes<br />

Vorbehaltes - beson<strong>der</strong>s auch die SPD-Fraktion - um die Zustimmung<br />

zu diesem Einzelplan.<br />

Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Verehrte Abgeordnete, wir kommen<br />

jetzt zur Abstimmung. Ich schlage Ihnen vor, die Abstimmung wie<strong>der</strong><br />

kapitelweise vorzunehmen. Gibt es dagegen Wi<strong>der</strong>spruch? - Das ist<br />

nicht <strong>der</strong> Fall.<br />

Ich rufe jetzt auf den Einzelplan 05 - Staatsministerium für Kultus<br />

- in <strong>der</strong> Drucksache 3/2400, durch Drucksache 3/2784 und Drucksache<br />

3/3111 verän<strong>der</strong>t; Kapitel 05 01 und Kapitel 05 02. Wer möchte seine<br />

Zustimmung geben? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme?<br />

- Bei einer Reihe von Stimmenthaltungen ist den Kapiteln<br />

mehrheitlich zugestimmt worden.<br />

Ich rufe auf Kapitel 05 03 und die Drucksache 3/3168, den<br />

Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> SPD, und bitte um Einbringung.<br />

Herr Abg. Hatzsch.<br />

Hatzsch, SPD: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und<br />

Herren! Herr Kultusminister! Die SPD investiert in die Zukunft<br />

Sachsens, ohne den Gesamthaushalt infrage zu stellen. Deshalb gibt<br />

es aus unserer Sicht Verän<strong>der</strong>ungsbedarf, im Bereich Schule ganz<br />

beson<strong>der</strong>s.<br />

Ich bin jetzt beim Schulhausbau. Herr Kollege Rößler hat eine<br />

bemerkenswerte Zahl genannt. Nach <strong>der</strong> Einschätzung und den<br />

Überlegungen des Kultusministeriums besteht ein aktueller Bedarf<br />

von 5 Milliarden DM für Schulbausanierung, das sind also 5 000<br />

Millionen DM. Bei dem jetzigen Tempo, das wir haben, würde diese<br />

Sanierung sämtlicher sächsischer Schulen weit über das Jahr 2020<br />

hinaus dauern, ehe wir allen sächsischen Jugendlichen und Kin<strong>der</strong>n<br />

gleich gute Lernbedingungen schaffen würden.<br />

Wir stellen den Antrag, dies zu beschleunigen, so dass wir<br />

wenigstens im Jahre 2010 diesen Punkt erreicht haben. Wenn wir dies<br />

erreichen wollen, dann müssen wir den Haushalt in jedem Jahr um 100<br />

Millionen DM aufstocken. Wir haben auch Deckungsvorschläge dafür,<br />

wir wollen keine Neuverschuldung für diese Mittel. Wir hätten und<br />

haben in unserem Antrag auch vorgeschlagen, dass wir davon notfalls<br />

15 - -<br />

(Zuruf des Abg. Prof. Dr. Mannsfeld, CDU)<br />

- Ja, Herr Mannsfeld, wir haben Deckungsvorschläge. Legen Sie den<br />

Antrag vor sich und schauen Sie ihn sich an - Sie sind ja Experte<br />

für sofortiges Erkennen, welche Titelgruppen wofür zuständig sind -<br />

und dann werden Sie es sehen.<br />

Ich bitte um Zustimmung im Interesse unserer Jugendlichen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Zum Antrag, bitte Herr Colditz.<br />

Colditz, CDU: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr<br />

Kollege Hatzsch! Dass wir auch diesem Bereich natürlich große<br />

Aufmerksamkeit schenken, ist offensichtlich. Wenn Sie sich den<br />

vorliegenden Einzelplan anschauen, werden Sie dort noch einmal die


Zahlen finden, die <strong>der</strong> Minister - bzw. ich in meinem Redebeitrag -<br />

dargestellt hat.<br />

Wir gehen von einer Landesför<strong>der</strong>ung in Höhe von 440 Millionen DM<br />

aus. Dazu kommt natürlich noch die Kofinanzierung <strong>der</strong> Kommunen in<br />

dem gleichen Umfang, so dass wir also von einer Bausumme von<br />

ungefähr 800 bis 900 Millionen DM im nächsten Doppelhaushalt<br />

ausgehen können, die für den Schulhausbau umgesetzt wird.<br />

Ich denke, dass mit diesen Festlegungen deutliche Prioritäten für<br />

den Schulhausbau gesetzt worden sind und dass es deshalb keiner<br />

weiteren Än<strong>der</strong>ung bedarf. - Vielen Dank.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Gibt es noch Redebedarf zum<br />

Antrag? - Das ist nicht <strong>der</strong> Fall.<br />

Dann rufe ich jetzt den Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> SPD in <strong>der</strong><br />

Drucksache 3/3168 auf. Wer möchte seine Zustimmung geben? - Wer ist<br />

dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Bei Stimmen dafür und<br />

Stimmenthaltungen ist <strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ungsantrag mehrheitlich abgelehnt<br />

worden.<br />

Ich rufe Kapitel 05 03 in <strong>der</strong> ursprünglichen Fassung auf. Wer<br />

möchte seine Zustimmung geben? - Wer ist dagegen? - Wer enthält<br />

sich <strong>der</strong> Stimme? - Bei einer Reihe von Stimmen dagegen wurde<br />

Kapitel 05 03 mehrheitlich zugestimmt.<br />

Die folgenden Kapitel würde ich jetzt bis zum nächsten<br />

Än<strong>der</strong>ungsantrag zusammenfassen.<br />

(Hatzsch, SPD: Dann können wir nicht differenziert zustimmen<br />

o<strong>der</strong> ablehnen.)<br />

Ich kann sie auch einzeln aufrufen. Ich habe gefragt.<br />

(Hatzsch, SPD: Kapitel 05 06 bitte noch einzeln.)<br />

- Gut, dann rufe ich sie einzeln auf.<br />

Kapitel 05 06. Wer möchte seine Zustimmung geben? - Wer ist<br />

dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Bei einer großen Anzahl<br />

von Stimmen dagegen ist Kapitel 05 06 dennoch mehrheitlich<br />

beschlossen.<br />

Ich rufe Kapitel 05 18 auf. Wer möchte seine Zustimmung geben? -<br />

(Hatzsch, SPD: Jetzt können Sie bis zu Kapitel 05 25, wenn es<br />

Ihnen recht ist, zusammen abstimmen lassen.)<br />

- Jetzt kann ich alle aufrufen. Gut, dann machen wir es noch<br />

einmal.<br />

Dann bitte noch einmal zurück: Kapitel 05 18, Kapitel 05 19,<br />

Kapitel 05 23, Kapitel 05 24 und Kapitel 05 25. Wer möchte seine<br />

Zustimmung geben? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme?<br />

- Bei Stimmenthaltungen wurde den Kapiteln mehrheitlich zugestimmt.<br />

Ich rufe Kapitel 05 35 auf. Dazu gibt es einen Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong><br />

Fraktion <strong>der</strong> SPD in <strong>der</strong> Drucksache 3/3165 und ich bitte um<br />

Einbringung. Herr Abg. Hatzsch, bitte.<br />

Hatzsch, SPD: Frau Präsidentin, wenn es Ihnen recht ist, würde ich<br />

die gesamten Anträge, die sich auf die einzelnen Schulformen<br />

beziehen, in Gänze vortragen.<br />

Wir sind bei dem sensibelsten Punkt. Wir haben schon heute Morgen<br />

gehört - zumindest von mir -, dass es zur Vermeidung von<br />

Unterrichtsausfall und zur vollständigen Zuweisung des


Ergänzungsbereiches und <strong>der</strong> entsprechenden Klassenbildung noch<br />

immer notwendig ist, die Stellenzahl bei sächsischen Lehrern nicht<br />

so fortzuschreiben, wie es das Kultusministerium vorhat.<br />

Noch einmal ganz klar für die Kolleginnen und Kollegen, die nicht<br />

intensiv mit dem Stoff beschäftigt sind: Selbstverständlich ist<br />

auch die SPD-Fraktion <strong>der</strong> Meinung, dass die Lehrerstellenzahl nicht<br />

konstant bleiben kann, wenn die Schülerzahl so dramatisch sinkt.<br />

Wir gehen nur von einem an<strong>der</strong>en Einstieg aus. Wir sind <strong>der</strong> Meinung,<br />

wir müssen erst einmal die jetzt vorhandenen Defizite korrigieren -<br />

denn die Defizite kennen wir aufgrund <strong>der</strong> Erfahrungen aus dem<br />

Grundschulbereich, wo dieser Prozess mehr o<strong>der</strong> weniger zu Ende<br />

gegangen ist -, um uns aufgrund dieser Zahlen dann mit an<strong>der</strong>en<br />

Zahlen <strong>der</strong> Notwendigkeit, sprich: auch Vermin<strong>der</strong>ung von<br />

Lehrerstellen, anzupassen.<br />

Aber wir brauchen dann eben im Jahre 2001 und im Jahre 2002 noch<br />

einmal eine an<strong>der</strong>e, höhere Stellenzahl, als jetzt vom<br />

Kultusministerium vorgesehen ist. Das kostet Geld, Herr Mannsfeld,<br />

selbstverständlich. Schauen Sie sich unseren Antrag an. Ja, Herr<br />

Mannsfeld, Sie sind zum Experten gestern geworden in Ihrer mehr<br />

o<strong>der</strong> weniger - - Aber das ist ja nicht mein Thema.<br />

Wir werden über kw-Vermerke, denn wir arbeiten auch intensiv am<br />

Stoff, durch an<strong>der</strong>s ausgebrachte kw-Vermerke einen großen Teil <strong>der</strong><br />

Mittel zur Verfügung stellen. Und wir würden über globale<br />

Min<strong>der</strong>ausgaben für nicht o<strong>der</strong> für unterwertig besetzte Stellen den<br />

größten Teil dieser Mittel zur Verfügung haben. Das Geld ist also<br />

vorhanden. Im Sinne unserer sächsischen Kin<strong>der</strong> und Jugendlichen:<br />

Stimmen Sie unserem großen Än<strong>der</strong>ungsantrag zu!<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Wer möchte zum Antrag sprechen? -<br />

Bitte, Herr Colditz.<br />

Colditz, CDU: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Kollege<br />

Hatzsch, ich denke, Ihr Antrag ist in zweierlei Richtung<br />

unsystematisch.<br />

(Frau Ludwig, SPD: Nein!)<br />

Ich meine die Begründung, die Sie selber vorgetragen haben. Sie<br />

haben die Wi<strong>der</strong>sprüchlichkeit eigentlich selber deutlich gemacht.<br />

Wir gehen davon aus, dass sich in absehbarer Zeit die Schülerzahlen<br />

nahezu halbieren werden, und wollen jetzt in dieser Phase, an <strong>der</strong>en<br />

Anfang wir uns befinden, Neueinstellungen in Größenordnungen<br />

vornehmen, so wie Sie sie jetzt vorsehen,<br />

(Zuruf des Abg. Hatzsch, SPD)<br />

um im Nachgang dann einen noch größeren Teil dieser Stellen abbauen<br />

zu müssen.<br />

(Hatzsch, SPD: Nein, nein!)<br />

Zweiter Gedanke. Wir werden im aktuellen Doppelhaushalt - auch das<br />

haben wir im Ausschuss intensiv diskutiert - einen reinen<br />

Altersabbau letztlich vornehmen. Das heißt, auch in diesem<br />

Doppelhaushalt werden wir schon Stellen zur Verfügung haben, die in<br />

Ihrem Sinne o<strong>der</strong> im Sinne <strong>der</strong> Intention Ihres Antrages<br />

Qualitätsverbesserungen mit Blick auf die Unterrichtsversorgung und


im Ergänzungsbereich ermöglichen, wenn es uns gelingt, auch die<br />

Schulnetzplanung bedarfsgerecht voranzubringen.<br />

Und die an<strong>der</strong>e Unstimmigkeit in Ihrem Antrag sehe ich in Ihrem<br />

Deckungsvorschlag. Sie schlagen dort eine Deckung aus den globalen<br />

Min<strong>der</strong>ausgaben aus 05 02/462 01 vor.<br />

Das Erste, was wir voraussetzen müssen, ist, dass in diesem Titel<br />

bereits globale Min<strong>der</strong>ausgaben ausgewiesen sind. Die wollen Sie ja<br />

im Prinzip noch zusätzlich um die Summe erhöhen, wie sie jetzt hier<br />

vorgedruckt ist. Davon gehe ich einmal aus. Wenn es dann aber darum<br />

gehen soll, diese globalen Min<strong>der</strong>ausgaben zu realisieren, greifen<br />

Sie damit automatisch zum <strong>Beginn</strong> des nächsten Jahres in die<br />

Stellenpläne ein, die Sie im Nachgang wie<strong>der</strong> aufstocken wollen. Das<br />

heißt also, Sie suchen eine Deckung, indem Sie vorher Löcher reißen<br />

in einen Bereich, den Sie nachher wie<strong>der</strong> ausfüllen wollen. Das ist<br />

irgendwie völlig unsystematisch, auch vom Deckungsvorschlag her.<br />

Aus diesen beiden genannten Gründen können wir diesem Antrag so<br />

nicht zustimmen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Wer möchte noch zum Antrag<br />

sprechen? - Herr Dr. Hahn, bitte.<br />

Dr. Hahn, PDS: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir werden<br />

dem Antrag zustimmen, weil er im Wesentlichen dem entspricht, was<br />

wir im Ausschuss auch eingebracht hatten. Wir sind in einigen<br />

Punkten noch weiter gegangen. Dennoch meinen wir - insofern geben<br />

wir auch Herrn Hatzsch Recht und können die Position von Herrn<br />

Colditz nicht verstehen -, dass es die verdammte Pflicht und<br />

Schuldigkeit des <strong>Landtag</strong>es ist, dafür Sorge zu tragen, dass<br />

wenigstens <strong>der</strong> normale Unterricht an Sachsens Schulen gehalten<br />

werden kann und <strong>der</strong> Unterrichtsausfall weitgehend kompensiert wird.<br />

Es ist Fakt, es fehlen an den sächsischen Schulen gegenwärtig<br />

Lehrer. Und da kann ich nicht auf irgendwelche Entwicklungen<br />

verweisen, die bei den Schülerzahlen tatsächlich eintreten, son<strong>der</strong>n<br />

wir müssen jetzt für das laufende und für das kommende Schuljahr<br />

den Unterricht sichern. Deshalb stimmen wir dem Antrag zu.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS - Frau Ludwig, SPD: Das ist gut!)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Gibt es noch Redebedarf? - Das ist<br />

nicht <strong>der</strong> Fall. Dann rufe ich jetzt auf den Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong><br />

Fraktion <strong>der</strong> SPD in <strong>der</strong> Drucksache 3/3165. Wer möchte die<br />

Zustimmung geben? - Wer ist dagegen? - Und wer enthält sich <strong>der</strong><br />

Stimme? - Bei einer Reihe von Stimmen dafür ist <strong>der</strong> Antrag dennoch<br />

mehrheitlich abgelehnt worden.<br />

Ich rufe auf Kapitel 05 35. Wer möchte - -<br />

(Hatzsch, SPD: Frau Präsidentin, Sie können wie<strong>der</strong><br />

zusammenfassen!)<br />

Die an<strong>der</strong>en Än<strong>der</strong>ungsanträge muss ich jetzt also nicht mehr<br />

aufrufen, das war ja in Gänze.<br />

Dann rufe ich auf Kapitel 05 35, 05 36, 05 37, 05 38, 05 39. Erst<br />

einmal bis dahin. Wer möchte die Zustimmung geben? - Wer ist<br />

dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Bei einer Reihe von<br />

Stimmen dagegen ist den Kapiteln dennoch mehrheitlich zugestimmt<br />

worden.


Wird jetzt wie<strong>der</strong> Einzelabstimmung gewünscht? -<br />

(Hatzsch, SPD: Nein!)<br />

Also: Kapitel 05 45, Kapitel 05 51, Kapitel 05 52, Kapitel 05 53.<br />

(Dr. Hahn, PDS: Wir hätten gern 05 52 einzeln!)<br />

- Ich habe gerade danach gefragt, Herr Dr. Hahn. Also erst einmal<br />

die Kapitel 05 45 und 05 51. Wer möchte die Zustimmung geben? - Wer<br />

ist dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Bei Stimmenthaltungen<br />

und Stimmen dagegen ist den Kapiteln mehrheitlich zugestimmt<br />

worden.<br />

Kapitel 05 52 soll einzeln aufgerufen werden. Wer möchte die<br />

Zustimmung geben? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme?<br />

- Bei 2 Stimmenthaltungen und einer Reihe von Stimmen dagegen ist<br />

dennoch mehrheitlich die Zustimmung erfolgt.<br />

Kapitel 05 53. Kann ich weiter fortfahren o<strong>der</strong> auch<br />

Einzelabstimmung?<br />

(Hatzsch, SPD: Nein!)<br />

Kapitel 05 54, 05 55, 05 60 und die Stellenpläne. Wer möchte die<br />

Zustimmung geben? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme?<br />

- Ich habe eine Reihe von Stimmenthaltungen gesehen, dennoch ist<br />

mehrheitlich zugestimmt worden.<br />

Meine Damen und Herren! Ich rufe jetzt auf den Einzelplan 05 in<br />

Gänze: Einzelplan 05, Staatsministerium für Kultus. Wer möchte die<br />

Zustimmung geben? - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme?<br />

- Bei einer großen Zahl von Stimmen dagegen ist dem Einzelplan 05<br />

dennoch mehrheitlich zugestimmt worden. Damit ist <strong>der</strong> Einzelplan<br />

beschlossen und <strong>der</strong> Tagesordnungspunkt beendet.<br />

Ich möchte Ihnen jetzt zwischendurch noch kurz die Redezeiten <strong>der</strong><br />

Fraktionen sagen, damit Sie sich orientieren können: CDU 121<br />

Minuten, PDS 50 Minuten und SPD 18 Minuten.<br />

(Staatsminister Dr. Geisler: Und die Staatsregierung?)<br />

- Die Zeit für die Staatsregierung sage ich später, die müssen wir<br />

erst noch einmal ausrechnen.<br />

Ich lasse jetzt erst einmal Herrn Porsch sprechen. Bitte.<br />

Prof. Dr. Porsch, PDS: Schönen Dank, Frau Präsidentin. - Ich hatte<br />

vorhin namens meiner Fraktion eine Präsidiumssitzung beantragt. Die<br />

sollte jetzt stattfinden.<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Ja.<br />

Prof. Dr. Porsch, PDS: Ich spreche jetzt nur für meine Fraktion.<br />

Vorhin hatten wir uns verabredet, das ging in <strong>der</strong> Eile nicht.<br />

Ich habe jetzt die Zusage des Einreichers, den Teil II des<br />

Entschließungsantrages, <strong>der</strong> insbeson<strong>der</strong>e aus unserer Sicht dem<br />

Charakter eines Entschließungsantrages, so wie er vorliegt, nicht<br />

entsprochen hat, so zu än<strong>der</strong>n, dass dieser Teil II dem Charakter<br />

eines Entschließungsantrages entspricht, unabhängig davon, ob uns<br />

<strong>der</strong> Inhalt gefällt o<strong>der</strong> nicht. Das wäre hier natürlich dann<br />

Gegenstand <strong>der</strong> Debatte.<br />

Ich gehe davon aus, dass <strong>der</strong> Einreicher dies tatsächlich so macht<br />

und uns bis heute Abend zur Behandlung im Tagesordnungspunkt 4.12<br />

dann eine Version vorlegt, die als Entschließungsantrag akzeptabel<br />

ist. Er wird dann aber noch einmal zu überprüfen und Gegenstand <strong>der</strong>


Auseinan<strong>der</strong>setzung sein, gegebenfalls auch, wenn dies nicht<br />

zufriedenstellend ist, den Antrag auf Einberufung einer<br />

Präsidiumssitzung nach sich ziehen können. Von <strong>der</strong> Warte aus würde<br />

ich jetzt meinen Antrag auf Einberufung des Präsidiums<br />

zurückziehen.<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Gut. Sie haben ja die Möglichkeit,<br />

nach <strong>der</strong> Vorlage dann noch einmal neu zu entscheiden. - Herr Jurk,<br />

bitte.<br />

Jurk, SPD: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich habe<br />

bemerkt, dass zwischenzeitlich Gespräche zwischen <strong>der</strong> CDU- und <strong>der</strong><br />

PDS-Fraktion stattgefunden haben. Wir wurden daran nicht beteiligt.<br />

Deshalb beantrage ich für meine Fraktion eine Auszeit von 15<br />

Minuten.<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Gut, dann bekommen Sie jetzt die<br />

Auszeit von 15 Minuten.<br />

(Leroff, CDU: Dazu will ich auch etwas sagen!)<br />

Ja, die CDU-Fraktion möchte dazu noch Stellung nehmen. Bitte.<br />

Leroff, CDU: Frau Präsidentin! Ich möchte nur insofern dazu<br />

Stellung nehmen, als wir nach wie vor <strong>der</strong> Meinung sind, dass unser<br />

Entschließungsantrag, so wie er besteht, in Ordnung ist. Aber da<br />

wir uns stets bemühen, <strong>der</strong> Opposition die Möglichkeit zu geben, die<br />

Dinge auch so nachzuvollziehen, dass sie es versteht, werden wir<br />

den Teil II unseres Antrages als Entschließungsantrag neu<br />

formulieren.<br />

Da werden wir die Än<strong>der</strong>ungen, die wir als gegeben ansehen, so<br />

einfach formulieren, dass auch die Oppositionsfraktionen sie<br />

nachvollziehen können, und den Teil I unseres<br />

Entschließungsantrages am Freitag als erneuten Entschließungsantrag<br />

mit einer eigenen Drucksachennummer einbringen.<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Gut. Dann bitte ich das<br />

vorzubereiten. Herr Dr. Hahn, bitte.<br />

Dr. Hahn, PDS: Frau Präsidentin! Ich muss noch einmal auf Herrn<br />

Leroff reagieren, wenn er sagt, <strong>der</strong> Entschließungsantrag ist so<br />

geän<strong>der</strong>t worden, dass die Opposition ihn verstehen könne. Ich<br />

denke, dass es eine Unverschämtheit ist, in <strong>der</strong> Weise hier zu<br />

agieren. <strong>Der</strong> Entschließungsantrag, den die CDU vorgelegt hat, hätte<br />

eine Gesetzgebung dieses Hohen Hauses durch die Beschlussfassung<br />

zum Entschließungsantrag vorweggenommen. Das war aus unserer Sicht<br />

unzulässig. Deshalb hatten wir die Son<strong>der</strong>sitzung des Präsidiums<br />

verlangt. Wenn die CDU das zurücknimmt, nehmen wir das zur<br />

Kenntnis. Aber es kann nicht so sein, dass jetzt so getan wird, als<br />

wäre alles in Ordnung gewesen.<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Herr Leroff, bitte.<br />

Leroff, CDU: Frau Präsidentin! Ich möchte nur klarstellen, Herr<br />

Kollege Hahn, ich bleibe bei dem, was ich gesagt habe: dass man die<br />

deutsche Sprache richtig lesen und interpretieren sollte. Aber wenn<br />

wir uns über die Sache unterhalten wollen, sind wir <strong>der</strong> Meinung,


dass wir dem so nachgehen und den Entschließungsantrag entsprechend<br />

än<strong>der</strong>n, damit auch Sie das wirklich nachvollziehen können.<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Gut. Jetzt sind 15 Minuten<br />

Bedenkzeit. Bitte.<br />

(Unterbrechung von 13.22 <strong>Uhr</strong> bis 13.38 <strong>Uhr</strong>)<br />

Ich möchte nun Herrn Jurk um seine Erklärung bitten. - Würden Sie<br />

bitte die Plätze einnehmen!<br />

Herr Jurk, bitte.<br />

Jurk, SPD: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die SPD-<br />

Fraktion hat sich beraten.<br />

Ich ziehe den Antrag auf die Einberufung einer außerordentlichen<br />

<strong>Sitzung</strong> des Präsidiums zurück, weil die Geschäftsgrundlage in Form<br />

des Entschließungsantrages 3/3194 mittlerweile entfallen ist.<br />

Wir sind in <strong>der</strong> Weihnachtszeit gespannt, welche Bescherung uns die<br />

CDU am Freitag in Form eines geän<strong>der</strong>ten Entschließungsantrages<br />

vorlegen wird.<br />

Ich möchte aber dennoch den Unmut <strong>der</strong> SPD-Fraktion über das hier<br />

gewählte Beratungsverfahren über die Zulässigkeit des Antrages noch<br />

einmal zum Ausdruck bringen.<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Gut. - Meine Damen und Herren! Ich<br />

rufe nun auf den<br />

Tagesordnungspunkt 4.10<br />

Einzelplan 12 - Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst<br />

Zunächst erhält <strong>der</strong> Berichterstatter das Wort. - Wird es gewünscht,<br />

Herr Dr. Kunckel? - Es wird nicht gewünscht.<br />

Jetzt können die Fraktionen in folgen<strong>der</strong> Reihenfolge Stellung<br />

nehmen: CDU, PDS, CDU, SPD und die Staatsregierung, wenn gewünscht.<br />

Ich erteile <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> CDU das Wort. Herr Abg. Grüning,<br />

bitte.<br />

Dr. Grüning, CDU: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich las<br />

in <strong>der</strong> Stellungnahme des Mitteldeutschen Rundfunks zum<br />

Rechnungshofbericht, dass <strong>der</strong> Musiksommer des Mitteldeutschen<br />

Rundfunks vor allem auch deswegen veranstaltet werde, um die<br />

Gegenden nicht zu musikalischen Notstandsgebieten werden zu lassen.<br />

Als ich das mit höchstem Erstaunen las, konnte ich mich <strong>der</strong><br />

Verwun<strong>der</strong>ung nicht enthalten und muss glauben, dass <strong>der</strong>jenige vom<br />

Mitteldeutschen Rundfunk, <strong>der</strong> diese Erwi<strong>der</strong>ung auf die<br />

Rechnungshofkritik verfasst hat, wohl niemals in Sachsen gewesen<br />

ist. Von musikalischen Notstandsgebieten kann in keiner Weise und<br />

auch nicht im geringsten regionalen Bereich in Sachsen die Rede<br />

sein.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU - Zuruf des Abg. Prof. Dr. Porsch, PDS)<br />

- Herr Porsch, Sie haben in Leipzig genug Orchester, Sie müssen<br />

sich nicht beklagen.<br />

Im Gegenteil, wir haben Orchester, die in <strong>der</strong> ganzen Welt einen<br />

guten Ruf und einen großen Namen besitzen, und wir haben auch in<br />

den Kulturräumen ein reges musikalisches Leben, sei es durch die<br />

Orchester <strong>der</strong> Opernhäuser, sei es durch Sinfonieorchester, sei es<br />

durch Laienorchester o<strong>der</strong> - nicht zu vergessen! - durch die


musikalischen Veranstaltungen, die im Rahmen unserer Kirchen und im<br />

Rahmen von Vereinen stattfinden. Das alles zeugt von einer<br />

lebendigen Kultur in Sachsen.<br />

Diese lebendige Kultur in Sachsen hat natürlich eine<br />

außerordentlich reiche Tradition. Sie ist selbstverständlich nicht<br />

nach 1989 entstanden, aber sie hat im Gegensatz zu manchen<br />

Meinungen nach 1989 beson<strong>der</strong>s auf dem Gebiet <strong>der</strong> Laienkunst<br />

bedeutende Facetten gewonnen.<br />

Unser ganzer Haushalt Wissenschaft und Kunst zeugt von dieser<br />

Kontinuität <strong>der</strong> Entwicklung, wie ich bereits in Bezug auf die<br />

Kultur angedeutet habe. Es wird immer von Kürzungen im<br />

Hochschulbereich geredet. Meine Damen und Herren, wenn wir die<br />

reinen Finanzen betrachten, die Zuordnung des Geldes aus dem<br />

Gesamthaushalt in diesen Haushalt, dann frage ich mich verwun<strong>der</strong>t:<br />

Wo sind denn diese Kürzungen? Es sei denn, Kürzungen versähe man<br />

auch mit einem mathematischen Vorzeichen.<br />

Tatsächlich haben negative Kürzungen stattgefunden, auf die<br />

Gesamtheit gesehen. Wir können in diesem Haushalt einen Zuwachs<br />

beobachten und liegen jetzt bei knapp 3 Milliarden DM, wenn man die<br />

Ergänzungsvorlage berücksichtigt. Im ursprünglichen Entwurf war das<br />

noch etwas höher, was natürlich auch mit Umordnungen zu tun hat, so<br />

dass beispielsweise die Akademie <strong>der</strong> Wissenschaften die Zuwendungen<br />

des Bundes direkt erhält, ohne dass sie im sächsischen Haushalt<br />

ihren Nie<strong>der</strong>schlag finden. Dieser Zuwachs bedeutet natürlich auch<br />

einen Zuwachs am prozentualen Anteil.<br />

Ich will nicht verschweigen, dass <strong>der</strong> Zuwachs im Jahre 2002 nicht<br />

in gleicher Weise ausfallen wird. Hier ist gemessen an 2001 ein<br />

leichter Rückgang zu verzeichnen, aber immerhin noch ein Zuwachs<br />

bezogen auf das laufende Haushaltsjahr.<br />

Ich darf Sie versichern, dass eine solche Haushaltsgestaltung in<br />

Zeiten knapper Kassen, in Zeiten <strong>der</strong> Kürzungen, die nahezu alle<br />

Haushalte entgegennehmen mussten, bedeutet, dass bedeutende<br />

Anstrengungen unternommen worden sind. Das zeugt davon, dass das<br />

Bekenntnis unserer Fraktion zu Wissenschaft und Hochschule und<br />

natürlich auch zur Kultur und das gleichlautende Bekenntnis <strong>der</strong><br />

Staatsregierung nicht bloße Worte sind, son<strong>der</strong>n dass sich das<br />

tatsächlich im materiellen Bereich nie<strong>der</strong>schlägt.<br />

Selbstverständlich ist das, was ich jetzt sage, auf den Gesamtplan<br />

des Einzelplans 12 bezogen. Wenn wir die Einzelheiten betrachten,<br />

dann sind gewiss noch Lücken, dann gibt es auch einzelne Rückgänge,<br />

weil verantwortliche Haushaltspolitik natürlich darin bestehen<br />

muss, dass man Schwerpunkte setzt, dass man diese Schwerpunkte auch<br />

finanziell und in Bezug auf die Stellen beson<strong>der</strong>s würdigt und<br />

notgedrungen, weil die Mittel nicht für alles ausreichen, an<strong>der</strong>e<br />

Bereiche etwas zurückstellen muss, vor allen Dingen dann, wenn sie<br />

nicht die gleiche Bedeutung wie vielleicht in <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

besitzen.<br />

Um diese Defizite zu nennen, müsste ich erst ein Positivum<br />

benennen: Das ist das Engagement des Freistaates in <strong>der</strong> Forschung<br />

zur Bio- und zur Gentechnik. Hier werden wir mit einem ca. 26


Millionen DM zählenden Aufwand unsere Position nicht nur<br />

verteidigen, son<strong>der</strong>n stärken.<br />

(Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Es ist dies eine zukunftsträchtige Forschung, ja neben <strong>der</strong><br />

Informationstechnologie die zukunftsträchtigste Forschung. Das<br />

bedeutet, dass wir den gesamten Forschungsbereich nicht in gleicher<br />

Weise bedenken können. Zu beklagen sind dann vermin<strong>der</strong>te<br />

Unterstützungsmittel für laufende Forschungsprojekte. Zu beklagen<br />

ist auch, dass wahrscheinlich die Verstärkungsmittel, die<br />

Grundmittel für Son<strong>der</strong>forschungsbereiche nicht wie in den<br />

vergangenen Jahren zur Verfügung gestellt werden können.<br />

Viel ist die Rede von den Stellenkürzungen im Hochschulbereich.<br />

Täglich flattern uns Briefe auf den Tisch. Die Demonstration am<br />

gestrigen Tage hat ein Übriges getan. Hier sind natürlich auch<br />

Mythos und Wirklichkeit voneinan<strong>der</strong> zu trennen.<br />

Fakt ist, dass Stellenkürzungen vorgesehen sind. Fakt ist auch,<br />

dass diese Stellenkürzungen die Universitäten und Fachhochschulen<br />

vorübergehend vor einige Probleme stellen. Ich darf an die<br />

Kontinuität <strong>der</strong> Ausbildung erinnern, die wir auf jeden Fall<br />

gewährleisten werden. Ich darf auch daran erinnern, dass natürlich<br />

jede Stelle dem deutschen Arbeitsrecht unterliegt - das soll auch<br />

so sein - und dass sie damit keinen Verschiebebahnhof darstellt.<br />

Aber die Stellenkürzungen, die im Haushalt vorgesehen sind,<br />

beschränken sich in beiden Jahren zusammen auf ca. 130 Stellen.<br />

Diese Stellenkürzungen werden nicht pauschal vorgenommen in dem<br />

Sinne, dass sie nach Uni-Größe aufgeteilt werden, son<strong>der</strong>n sie<br />

werden erst dann erfolgen, wenn ein genaues Konzept <strong>der</strong><br />

Staatsregierung, das auch in diesem Hohen Hause diskutiert werden<br />

wird, vorliegt.<br />

Grundlage für dieses Konzept wird <strong>der</strong> Bericht <strong>der</strong> <strong>Sächsische</strong>n<br />

Hochschulentwicklungskommission sein, den wir in den ersten Monaten<br />

des neuen Jahres, wahrscheinlich im Februar, erwarten. Wenn dieser<br />

Bericht vorliegt, wird es noch Gespräche mit allen Beteiligten<br />

geben, das heißt mit den Hochschulen einschließlich <strong>der</strong> Studenten,<br />

natürlich auch mit den einschlägigen Forschungsinstituten; denn wir<br />

können die Lehre nicht getrennt von <strong>der</strong> Forschung und nicht<br />

getrennt von <strong>der</strong> wissenschaftlichen und wirtschaftlichen<br />

Entwicklung in diesem Lande überhaupt sehen. Hierbei werden wir<br />

darauf achten, dass es keine Kürzungen schlechthin gibt, son<strong>der</strong>n<br />

dass Doppelangebote, Dreifachangebote minimiert werden, dass es zu<br />

einer verstärkten Kooperation kommt und dass auch die<br />

Synergieeffekte ausgenutzt werden können.<br />

Ich war in <strong>der</strong> vorigen Woche bei <strong>der</strong> Vorstellung des Kosten-<br />

Leistung-Modells <strong>der</strong> TU Chemnitz. Da war für mich interessant, dass<br />

die entsprechenden Vorarbeiten dazu geführt haben, dass die interne<br />

Verwaltung sehr stark ausgeleuchtet werden konnte. Ich habe den<br />

Eindruck gewonnen, dass sich durch die elektronische<br />

Datenverarbeitung und durch die wissenschaftliche Durchdringung<br />

dieser Verwaltungsprozesse auch Einsparungspotenziale ergeben, dass<br />

also die Einsparungen nicht notgedrungen im wissenschaftlichen<br />

Bereich und bei den Studienrichtungen erfolgen müssen.


Das heißt, wir werden mit <strong>der</strong> Verabschiedung des Haushalts keinen<br />

Schlussstrich ziehen können. Die Aufgaben ergeben sich für diese<br />

Parlamente im Haushaltsvollzug, damit die notwendigen Kürzungen,<br />

die sich aus <strong>der</strong> Bevölkerungsentwicklung und den Einsparungen im<br />

öffentlichen Dienst ergeben, ohne Schaden für die Weiterentwicklung<br />

<strong>der</strong> Hochschulen ablaufen können. Dies ist bei den besagten 130<br />

Stellen möglich.<br />

Über alles an<strong>der</strong>e werden wir uns noch unterhalten müssen. Das gilt<br />

natürlich auch für die anvisierten 415 Stellen. Wir haben zwar die<br />

Kürzungen für die Jahre 2003 und 2004 in Aussicht gestellt, aber es<br />

ist selbstverständlich, dass bei <strong>der</strong> Verabschiedung des<br />

Haushaltsplanes für diese beiden Jahre dies noch einmal zur<br />

Diskussion stehen wird, weil wir dann ein neues Haushaltsgesetz<br />

erlassen werden. Es gilt insoweit alle Faktoren gegeneinan<strong>der</strong><br />

abzuwägen. Auf <strong>der</strong> einen Seite steht die Sparnotwendigkeit <strong>der</strong><br />

öffentlichen Hand, insbeson<strong>der</strong>e des Freistaates Sachsen. Die an<strong>der</strong>e<br />

Seite bildet die Notwendigkeit des Erhalts <strong>der</strong> Zukunftsfähigkeit<br />

unseres Landes in Wissenschaft, Forschung und selbstverständlich<br />

auch im Hochschulbereich.<br />

Ich will noch etwas zu den Än<strong>der</strong>ungen sagen, die meine Fraktion auf<br />

Antrag am Haushalt vornehmen ließ. Zum Teil fanden diese Än<strong>der</strong>ungen<br />

die Zustimmung <strong>der</strong> Opposition, zum Teil auch ihren Wi<strong>der</strong>stand.<br />

In einem Punkt sind wir entscheidend vom Entwurf <strong>der</strong><br />

Staatsregierung abgewichen. Meiner Ansicht nach ist es keine<br />

Grundsatzfrage, ob die Musikschulen im Ressort des Kultusministers<br />

o<strong>der</strong> im Ressort des Staatsministers für Wissenschaft und Kunst<br />

untergebracht werden. Für beide Zuordnungen gibt es außerordentlich<br />

gute Gründe. <strong>Der</strong> Entwurf <strong>der</strong> Staatsregierung hat sich für die<br />

Zuordnung im Bereich des Staatsministeriums für Wissenschaft und<br />

Kunst entschieden. Das ist übrigens eine For<strong>der</strong>ung, die von<br />

verschiedenen Seiten über viele Jahre an mich herangetragen wurde.<br />

Es ist also nicht so, dass all diejenigen, die jetzt for<strong>der</strong>n, die<br />

Musikschulen müssten beim Kultusministerium angesiedelt bleiben,<br />

diese Meinung immer vertreten haben. Beim Staatsministerium für<br />

Wissenschaft und Kunst sind die Musikschulen ebenso gut aufgehoben,<br />

wie sie es beim Kultusministerium waren.<br />

(Beifall des Abg. Clemen, CDU)<br />

Es gibt eine Einschränkung zum Entwurf <strong>der</strong> Staatsregierung:<br />

Selbstverständlich sollten sich die Kulturräume um ihre<br />

Musikschulen kümmern. Es wäre auch gut, wenn die Kulturräume zum<br />

Gedeihen unserer Musikschulen einen Beitrag leisten würden. Wenn<br />

wir jedoch, wie ursprünglich beabsichtigt, die Musikschulen<br />

gänzlich den Kulturräumen zuordnen, dann setzen wir sie zumindest<br />

kurzfristig den Interessenkonflikten aus. Das wollte meine Fraktion<br />

vermeiden.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU - Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Wir wollten die Musikschulen so erhalten, wie es bisher geschehen<br />

ist. Dabei geht es vor allem um die Musikschulen in den ländlichen<br />

Kulturräumen sowie im urbanen Kulturraum Chemnitz.<br />

Eine an<strong>der</strong>e Frage betrifft die ehemaligen Landesmusikschulen, die<br />

auch überregionale Aufgaben zu erfüllen haben. Jedoch sind von


ihnen auch Aufgaben zu bewältigen, die mit den städtischen Aufgaben<br />

vergleichbar sind, also mit denen, die beispielsweise die<br />

Musikschulen in Chemnitz haben. Es gibt dazu einen Vertrag mit <strong>der</strong><br />

Staatsregierung, <strong>der</strong> im Jahre 2001 ausläuft und selbstverständlich<br />

zu erfüllen ist. Von Anfang an wurde eine Nachverhandlung in<br />

Aussicht gestellt. Es war also nicht damit zu rechnen, dass das<br />

Modell in voller Höhe weitergeführt werden würde. Wenn jetzt das<br />

Gegenteil behauptet wird, so ist das eine fromme Illusion.<br />

In unserem Ansatz erfolgt eine leichte Einschränkung <strong>der</strong><br />

staatlichen Zuwendungen. Diese liegen aber immer noch deutlich über<br />

den Zuwendungen, die die kommunalen Musikschulen erhalten. Ich<br />

glaube, das wird dem Ansehen dieser Musikschulen ebenso gerecht wie<br />

<strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung nach einer möglichen Gleichbehandlung aller<br />

Institutionen.<br />

<strong>Der</strong> an<strong>der</strong>e wichtige Punkt betrifft das Verhältnis zur <strong>Sächsische</strong>n<br />

Berufsakademie. Insoweit hat <strong>der</strong> Entwurf <strong>der</strong> Staatsregierung schon<br />

eine Stärkung <strong>der</strong> Berufsakademie vorgesehen. Uns scheint aber<br />

angesichts des Fachkräftemangels in manchen Bereichen eine Stärkung<br />

notwendig; denn die Berufsakademie, <strong>der</strong>en Ausbildungsrichtungen mit<br />

einem akademischen Grad abgeschlossen werden, ermöglicht es, am<br />

schnellsten studierte Fachkräfte zur Verfügung zu stellen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Vor allem die Praxisnähe und die Flexibilität <strong>der</strong> Ausbildung sind<br />

beson<strong>der</strong>s hervorzuheben. Deshalb haben wir uns entschlossen,<br />

innerhalb unseres Haushaltsplanes eine Deckung vorzuschlagen. Ich<br />

weiß, dass uns auch dieser Deckungsvorschlag vor Schwierigkeiten<br />

stellen wird, weil die Leistung im Wesentlichen von den Hochschulen<br />

erbracht werden muss, aber in Anbetracht unserer<br />

Gesamtverantwortung erscheint uns diese Zuordnung als sinnvoll.<br />

Ich will noch etwas zum Hochschulbau sagen. <strong>Der</strong> Hochschulbau<br />

schlägt sich in <strong>der</strong> Regel nicht in unserem Haushalt nie<strong>der</strong>, son<strong>der</strong>n<br />

ressortiert im Einzelplan 15. Das Gleiche gilt natürlich auch für<br />

viele Kulturbauten. Meine Damen und Herren von <strong>der</strong> SPD und von <strong>der</strong><br />

PDS, schauen Sie auf unser Nachbarland Sachsen-Anhalt, wo es eine<br />

SPD-Regierung von Gnaden <strong>der</strong> PDS gibt. Dort wurde versprochen, die<br />

Kulturausgaben nicht unter 1 % <strong>der</strong> Gesamtausgaben zu senken.<br />

Gehalten hat man dieses Versprechen dort nicht.<br />

(Schimpff, CDU: Hört, hört!)<br />

Ich hoffe, wir kommen in Sachsen nie dahin, dass wir nur 1 % des<br />

Haushaltsvolumens für die Kultur ausgeben.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Das wäre eine Katastrophe für unsere sächsische Kultur. Wir geben<br />

natürlich viel mehr aus. Wenn es nach dem Willen meiner Fraktion<br />

geht, soll es auch dabei bleiben.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Für den Hochschulbau, <strong>der</strong> bekanntlich von Bund und Län<strong>der</strong>n<br />

finanziert wird, war in <strong>der</strong> mittelfristigen Finanzplanung eine<br />

Summe von ca. 250 Millionen DM pro Jahr vorgesehen. Real kommt es<br />

oft dazu, dass wir 300 Millionen DM verbauen.<br />

Meine Damen und Herren von <strong>der</strong> Opposition, wenn Sie die<br />

Investitionen einschränken wollen, dann treffen Sie natürlich auch


die Investitionen in den Hochschulbau. Es ist sinnlos, so viel Geld<br />

für die Hochschulen zur Verfügung zu stellen, wenn wir nicht<br />

zugleich die äußeren Bedingungen verbessern. <strong>Der</strong> Hochschulbau ist<br />

äußerst wichtig. Ich sage auch, er ist nicht in jedem Fall<br />

zureichend in Bezug auf die Investitionen. Wir wissen sehr wohl,<br />

dass wir in Bezug auf die Hochschulbibliotheken Defizite haben.<br />

(Beifall des Abg. Bandmann, CDU)<br />

Wir haben viel getan auch was die Bibliotheksgebäude betrifft. Sehr<br />

schöne Beispiele dafür wird auch <strong>der</strong> Staatsminister, wie ich ihn<br />

kenne, geben. <strong>Der</strong> Bibliotheksbestand muss jedoch in den kommenden<br />

Jahren verbessert werden. Auch das ist eine Frage <strong>der</strong><br />

Gesamtfinanzierung <strong>der</strong> Hochschulen. Wir müssen die Garantie <strong>der</strong><br />

Lehre gegen die Garantie <strong>der</strong> Ausrüstung abwägen. Es nützt uns<br />

nichts, wenn wir eine breite Ausbildung ermöglichen, diese jedoch<br />

nur auf unterem o<strong>der</strong> allenfalls auf mittlerem Niveau stattfindet.<br />

Die sächsischen Hochschulen haben einen ausgezeichneten Ruf. Diesen<br />

Ruf gilt es nicht nur zu erhalten, son<strong>der</strong>n auch zu stärken.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

1. Vizepräsidentin Frau Dombois: Herr Prof. Bramke für die PDS-<br />

Fraktion, bitte.<br />

Prof. Dr. Bramke, PDS: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen<br />

und Herren! Herr Grüning, Sie haben die Kontinuität im Bereich von<br />

Wissenschaft und Hochschule betont. Darauf werde ich mich auch<br />

beziehen. In Wirklichkeit täuscht <strong>der</strong> Einzelplan 12 in seinem<br />

Entwurf jedoch Kontinuität vor. Vielmehr stehen wir mit diesem<br />

Entwurf vor einem Kontinuitätsbruch. Doch zunächst zum<br />

kontinuierlichen Moment.<br />

Ich gebe gern Folgendes zu: Kommt jemand, <strong>der</strong> sich im<br />

Hochschulwesen <strong>der</strong> Bundesrepublik auskennt, von auswärts nach<br />

Sachsen, so wird er bei Betrachtung des Entwurfs feststellen, dass<br />

er keine üppige, aber doch eine annähernd ausreichende Finanzierung<br />

<strong>der</strong> Hochschulen und <strong>der</strong> außeruniversitären Wissenschaft vorsieht,<br />

was wie<strong>der</strong>um bei Berücksichtigung <strong>der</strong> Gesamtsituation gar nicht so<br />

schlecht ist.<br />

Die Schwachstellen aber auch in diesem kontinuierlichen Teil sind<br />

die Unterfinanzierung <strong>der</strong> Bibliotheken, beson<strong>der</strong>s in den beiden<br />

großen Universitäten, wo es für einzelne Studiengänge bereits eine<br />

dramatische Situation gibt, die immer noch zu geringe För<strong>der</strong>ung des<br />

wissenschaftlichen Nachwuchses, dessen Perspektive auch vor dem<br />

Hintergrund <strong>der</strong> geplanten Kürzungsabsichten wenig hoffnungsfroh<br />

ist, auch <strong>der</strong> viel zu niedrige Ansatz für wissenschaftliche und<br />

ständige Hilfskräfte - entgegen den Argumentationen, die es von <strong>der</strong><br />

CDU im Ausschuss gegeben hat. Ich habe mich noch einmal kundig<br />

gemacht.<br />

Im Bereich <strong>der</strong> außeruniversitären Forschung fällt vor allem die<br />

Abwicklung <strong>der</strong> Materialforschungs- und Prüfanstalt in Leipzig<br />

negativ ins Gewicht. Die Begründung ist für uns bisher<br />

inakzeptabel, weil <strong>der</strong> Beweis für die beson<strong>der</strong>s schweren Verstöße<br />

bei <strong>der</strong> Verwendung von För<strong>der</strong>mitteln bisher nicht angetreten wurde<br />

und die Auffanglösung für die bisher erfolgreich arbeitende<br />

Belegschaft nur vage angedeutet ist.


Die Entscheidung <strong>der</strong> Staatsregierung, was die Materialforschungs-<br />

und Prüfanstalt betrifft, ist auch gegen eines <strong>der</strong> Pflänzchen <strong>der</strong><br />

Industrieforschung und damit gegen die Industrie in <strong>der</strong> Leipziger<br />

Region gerichtet. Das gibt umso mehr zu denken, als ja die<br />

Hochschulentwicklungskommission das endgültige Aus für eine<br />

mögliche große technische Fakultät an <strong>der</strong> Leipziger Universität<br />

angedacht hat. Regierungspräsident Steinbach und Oberbürgermeister<br />

Tiefensee haben aber die Situation, was Industriebeschäftigte<br />

betrifft, für ihre Region als dramatisch bezeichnet - spät, zu<br />

spät, aber die Lage betreffend haben Sie das richtig festgestellt.<br />

Es war doch von vornherein ein Trugschluss anzunehmen, die Region<br />

um Leipzig und Leipzig könnte ein Zentrum <strong>der</strong> Dienstleistungen und<br />

<strong>der</strong> Medien sein, wenn keine Industrie vorhanden ist. Wie wollen<br />

Dienstleistungen wirklich lebendig sein und sich ausdehnen, wenn<br />

die Industrie ihre Anfor<strong>der</strong>ungen nicht an sie richtet. Hier wäre<br />

eine Verstärkung <strong>der</strong> Industrieforschung unverzichtbar. Hier steht<br />

die Strukturpolitik <strong>der</strong> Staatsregierung auf dem Prüfstand.<br />

Das alles wird überschattet von dem seit Juli zum strategischen<br />

Ziel erklärten Plan eines Gesundschrumpfens für die Zukunft durch<br />

exorbitanten Stellenabbau. In <strong>der</strong> seitdem auch außerhalb Sachsens<br />

stark beachteten Diskussion zwischen präsumtiven Tätern und Opfern<br />

- also Täter, die das andenken, und Opfer, die dafür leiden; hier<br />

im <strong>Landtag</strong> sitzen ja mehrere, die Täter und Opfer zugleich sind,<br />

Studierende und <strong>Landtag</strong>sabgeordnete, Lehrende und Abgeordnete -<br />

sind bisher alle wichtigen Argumente ausgetauscht.<br />

Was die Argumentationen aus den Universitäten und Fachhochschulen<br />

heraus betrifft, verweise ich auf ein beson<strong>der</strong>es Merkmal, das<br />

wirklich ernst zu nehmen ist. Es wurden fast immer - entgegen den<br />

Behauptungen, es sei nicht so - <strong>der</strong> Reformbedarf, die Notwendigkeit<br />

zum Sparen auch im eigenen Haus und hausgemachte Mängel genannt und<br />

eingestanden. Die von mir erlebten Diskussionsrunden waren keine<br />

Talkshows; denn Talkshows laufen ja wohl so ab, dass man sich als<br />

Podiumsteilnehmer vor allen Dingen selbst darstellt, die an<strong>der</strong>en<br />

ins Unrecht setzt und nicht zugesteht, welche Schwächen man hat,<br />

son<strong>der</strong>n nur die Stärken zeigt. Genau das ist nicht <strong>der</strong> Fall<br />

gewesen.<br />

Das betonten auch die Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />

Hochschulentwicklungskommission, aber sie haben das - zum Teil auch<br />

einige CDU-Mitglie<strong>der</strong> - offenkundig falsch verstanden. Sie stehen<br />

scheinbar auf dem Standpunkt, die Rektoren und die an<strong>der</strong>en<br />

Vertreter <strong>der</strong> Hochschulen mauern sowieso, gestehen Schwächen nicht<br />

ein und deshalb müssen wir sie auch entsprechend hart beurteilen.<br />

Eine so verstandene Diskussionskultur ist eine falsch verstandene<br />

und wird zu einem unguten Klima in <strong>der</strong> Diskussion zwischen Politik<br />

und Wissenschaft führen.<br />

Die Kürzungen im Personalbereich <strong>der</strong> Hochschulen, die schon 2001<br />

beginnen sollen, würden schnell einen Stopp des jetzt noch<br />

erfreulichen Trends von Tausenden Studierenden zur Folge haben. Die<br />

Seminarräume werden trotzdem voll sein.<br />

Staatsminister Meyer hat vor reichlich einer Woche in Leipzig laut<br />

darüber nachgedacht, dass ein armes Land in einer Situation wie


Sachsen die Politik in Bildung und Wissenschaft wie ein reiches<br />

Land betreiben müsse. Das haben alle dort in Leipzig sehr gut<br />

verstanden und auch entsprechend mit Beifall honoriert.<br />

Es wäre aber wichtig, Herr Kollege Meyer, dass das zumindest auch<br />

in die Gehörgänge Ihrer Kollegin und Ihrer Kollegen auf den<br />

Ministerbänken, die jetzt leer sind, und bei <strong>der</strong> Mehrheit <strong>der</strong><br />

Abgeordneten Ihrer Fraktion Eingang finden würde. Stattdessen will<br />

Finanzminister Milbradt mit rein buchhalterischen Mitteln für die<br />

Zukunft arbeiten, mit knappen Mitteln Druck auf die Studierenden<br />

und Wissenschaftler machen und sie damit so schnell wie möglich für<br />

den Markt fit machen. Das kann - Kollege Porsch hat das gestern<br />

schon gesagt - kurzzeitig Effekt haben, wird aber langfristig für<br />

die Perspektive in Sachsen nicht günstig sein. Langfristig wird<br />

vielmehr die spezialistisch verengte Ausbildung <strong>der</strong> Einschränkung<br />

von universeller Bildung für wenige und auch die Reduzierung <strong>der</strong><br />

Forschungsprofile - immer eine Folge einer Politik knappen Geldes -<br />

die jetzt schon von außen konstatierte Stagnation verstärken.<br />

Die Politik <strong>der</strong> Staatsregierung, die einmal mit einer<br />

Zukunftskommission Wege für Deutschland beschreiten wollte, ist in<br />

dem Bereich, in dem sie selbst die Entscheidung für die Zukunft zu<br />

sehen vorgibt, zur bloßen Reaktion, die kaum eine vernünftige<br />

Defensive darstellt, übergegangen. Das merkten wir auch übrigens in<br />

den Verhandlungen unseres Ausschusses, aber auch des Haushalts- und<br />

Finanzausschusses. Maßvolle Än<strong>der</strong>ungsvorschläge bei<strong>der</strong><br />

Oppositionsparteien wurden nur müde abgewehrt: Eigentlich müssten<br />

wir ja zustimmen, aber wir tun es nicht, weil wir nicht können.<br />

Die PDS wird daher aus den genannten Gründen den Haushaltsentwurf<br />

zum Einzelplan 12 ablehnen.<br />

In einem Punkt aber, Herr Grüning, stimmen wir Ihnen zu: Die<br />

Diskussion um die Perspektive <strong>der</strong> Hochschulen und <strong>der</strong> Wissenschaft<br />

überhaupt in Sachsen beginnt eigentlich erst nach dieser<br />

Haushaltsdebatte, wenn die Hochschulentwicklungskommission ihre<br />

Vorschläge vorlegen wird.<br />

Dann noch eine Bemerkung zu den interessanten Interviews <strong>der</strong><br />

"Freien Presse" vom 11. Dezember, als eine Reihe von CDU-<br />

Abgeordneten sich dazu äußerten, wie sie mit den Stellenkürzungen<br />

umgehen werden. Wenn ich diese Äußerungen allen Schmuses entkleide,<br />

kommt nichts an<strong>der</strong>es heraus, als: Wir werden uns genau im Rahmen<br />

<strong>der</strong> vorgedachten Kürzungen bewegen; denn diese jetzt vorgesehenen<br />

Kürzungen für 2001/2002 sind genau die Teile für die Kürzung von<br />

allen 1 715 Stellen. Da kann man nur sagen: Hic Rhodus, hic salta!<br />

Hier, heute, im Anschluss an diese Debatte stimmen Sie generell<br />

gegen die Kürzungen; dann wird das auch als ehrliche Willensmeinung<br />

gegen die Kürzungen und für eine Perspektive von Sachsens<br />

Hochschulen verstanden werden.<br />

Ich danke für die Aufmerksamkeit.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Es spricht noch einmal die CDU-<br />

Fraktion. Herr Abg. Dr. Grüning.<br />

Dr. Grüning, CDU: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr<br />

Kollege Bramke, was Sie über die Hochschulhaushalte im Allgemeinen


gesagt haben, kann man durchaus in die Sorgen einreihen, die wir<br />

auch um die günstige Entwicklung <strong>der</strong> Hochschulen haben. Sie sehen<br />

einiges an<strong>der</strong>s als wir. Das ist Ihr gutes Recht als oppositioneller<br />

Abgeordneter.<br />

Eines fand ich ganz schlimm, was Sie gemacht haben. Sie haben von<br />

Tätern und Opfern gesprochen und haben mit den Tätern diejenigen<br />

gemeint, die diesem Haushalt eventuell auch mit <strong>der</strong> Kürzung<br />

zustimmen, und haben sich selbst als Opfer bezeichnet.<br />

(Prof. Dr. Bramke, PDS: Das stimmt nicht!)<br />

Herr Bramke, Sie wissen, dass Täter und Opfer in einem ganz an<strong>der</strong>en<br />

Zusammenhang zu sehen sind. Wenn Sie einen freien Parlamentarier,<br />

<strong>der</strong> hier nach bestem Wissen und Gewissen abstimmt, als einen Täter<br />

bezeichnen und damit im Zusammenhang mit irgendwelchen Stasi-<br />

Offizieren - -<br />

(Zurufe von <strong>der</strong> PDS)<br />

- Das sind im Sprachgebrauch die Täter, meine Damen und Herren von<br />

<strong>der</strong> Opposition!<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU - Zuruf des Abg. Jurk, SPD)<br />

- Entschuldigen Sie, Herr Jurk, ich meinte die von <strong>der</strong> PDS. Ich<br />

entschuldige mich bei <strong>der</strong> SPD.<br />

(Prof. Dr. Bramke, PDS: Ich habe mich selbst als Täter<br />

bezeichnet!)<br />

- Herr Prof. Bramke, ich hoffe sehr, dass Sie nicht zu den Tätern<br />

in diesem Sinne, die ich angesprochen habe, gehören, sonst wären<br />

Sie hier in diesem <strong>Landtag</strong> fehl am Platze. Aber ich hoffe, dass Sie<br />

nicht dazugehören.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Ich hatte im Ausschuss schon einmal versucht, unsere Argumente zu<br />

den ständigen Hilfskräften darzulegen. Lesen Sie bitte nach und<br />

lassen Sie Kundige nachlesen: Es sind die Titel "Personalausgaben"<br />

bis einschließlich Titel 427 "Studentische Hilfskräfte" gegenseitig<br />

deckungsfähig.<br />

Die Universität Leipzig hat einen Teil des Titels in den<br />

vergangenen Jahren zurückgegeben, weil die reale Personalsituation<br />

nicht immer mit <strong>der</strong> geplanten Personalsituation übereinstimmte.<br />

Das, was man in <strong>der</strong> Universität Leipzig verwaltungstechnisch zu<br />

ungeschickt angeht, sollten Sie nicht dem Parlament zu Lasten<br />

legen.<br />

Zu <strong>der</strong> Kürzung. Ich glaube, dass es eine Unterstellung ist. Wir<br />

sind gesetzlich verpflichtet, jeden Haushalt getrennt zu behandeln.<br />

Wir beschließen hier über die Kürzungen 2001 und 2002. Ich<br />

wie<strong>der</strong>hole: Wir werden die konkreten Stellen erst dann benennen<br />

lassen und auch erst dann die Staatsregierung ersuchen, das zu tun,<br />

wenn es einen festen Plan gibt.<br />

Ihre Argumentation ist so, dass sämtliche Fachrichtungen als<br />

sakrosankt erklärt werden müssten und auch <strong>der</strong> Umfang, <strong>der</strong><br />

ebenfalls nur durch eine zeitgemäße Setzung festgelegt würde, als<br />

sakrosankt zu erklären sei. Das ist keine verantwortliche<br />

Hochschulpolitik. Eine verantwortliche Hochschulpolitik muss das<br />

Detail berücksichtigen. Es muss auch gesagt werden, ob dort, wo die<br />

Hörsäle überfüllt sind, mehr Plätze geschaffen werden müssen o<strong>der</strong>


weniger Studenten zu immatrikulieren sind. Es muss alles in einem<br />

Gesamtzusammenhang gesehen werden.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Es kann nicht ein Bereich beliebig aufgebauscht werden und dann vom<br />

Finanzminister verlangt werden, dass er soundso viele Millionen in<br />

dreistelliger Höhe zuschießt.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Ich bitte nun die SPD-Fraktion um<br />

das Wort zu nehmen. Herr Abg. Prof. Dr. Weiss.<br />

Prof. Dr. Weiss, SPD: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen<br />

und Herren Abgeordnete! Wir sind uns ganz gewiss einig, wenn ich<br />

sage: Ein gesun<strong>der</strong> Haushalt, <strong>der</strong> sich durch strikte Sparsamkeit,<br />

durch kontinuierliche Reduzierung <strong>der</strong> Nettokreditaufnahme und durch<br />

Konzentration auf Investitionen auszeichnet, entspricht den<br />

Zukunftsinteressen dieses Landes. Das gilt nicht nur in Zeiten<br />

knapper Kassen.<br />

Wir müssen uns, obwohl das gestern schon geschehen ist, jedoch noch<br />

einmal darüber unterhalten, was wir unter dem Begriff "Investition"<br />

verstehen.<br />

Seit Jahren, meine sehr verehrten Damen und Herren, gilt als<br />

gesicherte Erkenntnis <strong>der</strong> mo<strong>der</strong>nen Volkswirtschaftslehre, dass im<br />

Informationszeitalter <strong>der</strong> Begriff "Investition" weiter gefasst<br />

werden muss. Neben den Finanzaufwendungen für Infrastruktur, also<br />

den klassischen Investitionen, gehören auch die für Bildung und<br />

Forschung eingesetzten Finanzmittel zum investiven und keineswegs<br />

zum konsumtiven Bereich. Die Rendite dieser nicht klassischen<br />

Investitionen in Forschung und Bildung ist sogar höher als die <strong>der</strong><br />

klassischen Investitionen.<br />

Allerdings sind die Ergebnisse solcher Investitionen nicht<br />

materieller Natur. Sie sind also nicht mit den Händen greifbar. Die<br />

Ergebnisse sind ein Vorsprung an Wissen, an so genanntem<br />

Exklusivwissen. Das ist an sich schon ein Exportgut. Denken Sie an<br />

Lizenzen und Patente. Exklusivwissen kann aber über Innovationen<br />

direkt in materiell fassbare Exportgüter überführt werden.<br />

Warum - jetzt wollte ich den Herrn Finanzminister ansprechen, aber<br />

er fehlt lei<strong>der</strong>; ich hoffe es ist kein demonstratives Desinteresse<br />

an Wissenschaft und Kultur - nimmt <strong>der</strong> Finanzminister das nicht zur<br />

Kenntnis? Jetzt kommt er. Herr Milbradt, warum nehmen Sie nicht zur<br />

Kenntnis, dass es auch noch den mo<strong>der</strong>nen Begriff "Investition" in<br />

Wissenschaft und Bildung gibt?<br />

(Beifall bei SPD und PDS)<br />

Warum klammern Sie sich an den Wissensstand <strong>der</strong> sechziger Jahre in<br />

Ihrem Fachgebiet, <strong>der</strong> Volkswirtschaftslehre? Warum leugnen Sie,<br />

dass Hochschulen an die Gesellschaft mehr zurückgeben, als sie<br />

erhalten?<br />

Gerade Sachsen verfügt über wenig materielle Ressourcen, also<br />

Bodenschätze und Kapital. Es muss die geistigen Ressourcen, die<br />

vorhanden sind, pflegen und weiterentwickeln.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Das bedeutet, dass jedem jungen Menschen, <strong>der</strong> es wünscht, eine<br />

gediegene Hochschulbildung zur Verfügung stehen muss. Wir wollen


mit guten Bildungsangeboten weitere junge Leute ins Land holen und<br />

hoffen, dass sie hierbleiben. Wir müssen berufliche Perspektiven in<br />

<strong>der</strong> Wissenschaft anbieten. Diesbezüglich gebe ich Herrn de Maizière<br />

Recht: Wir müssen selbstverständlich auch Weiterbildungsangebote<br />

entwickeln.<br />

Hinzu kommt die dringende Notwendigkeit einer originären eigenen<br />

Forschung. Wer keine Forschung leistet, wird innerhalb weniger<br />

Jahre zu dumm, um Forschungsergebnisse, die an<strong>der</strong>e möglicherweise<br />

aufgebracht haben, zu verstehen und anzuwenden.<br />

Diese Aufgaben brauchen funktionsfähige und ordentlich<br />

ausgestattete Hochschulen. Diese Funktionsfähigkeit ist im Moment<br />

noch gegeben - das konzediere ich gern -, aber sie wird - das sage<br />

ich mit allem Ernst - nach dem vorgesehenen Stellenabbau nicht mehr<br />

vorhanden sein.<br />

Die Studierenden haben deswegen gestern mit vollem Recht gegen die<br />

Stellenkürzungspläne demonstriert.<br />

(Beifall bei SPD und PDS)<br />

Es ist halt wie im Märchen von des Kaisers neuen Klei<strong>der</strong>n: Die<br />

Jugend sagt ganz unbefangen, dass <strong>der</strong> Kaiser - o<strong>der</strong> <strong>der</strong> König -<br />

zunehmend nackt wird.<br />

Auch die SPD-Fraktion kann sich mit dem Stellenabbau nicht mehr<br />

einverstanden erklären. Sie wird deswegen nachher einen<br />

Än<strong>der</strong>ungsantrag einbringen, <strong>der</strong> erstens vorsieht, dass Pauschal-kw-<br />

Vermerke für den Hochschulbereich, Einzelplan 12 01, ersatzlos<br />

gestrichen werden, und <strong>der</strong> zweitens die Einführung von<br />

Globalhaushalten ab 2002 für alle Hochschulen vorsieht.<br />

Wir wollen damit, meine sehr verehrten Damen und Herren, die<br />

Hochschulen in die Lage versetzen, flexibel, effektiv und auch<br />

sparsam auf die Anfor<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Gesellschaft und <strong>der</strong> Zukunft zu<br />

reagieren.<br />

Vielen Dank.<br />

(Beifall bei SPD und PDS)<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Ich frage die CDU-Fraktion, ob<br />

sie noch einmal zu sprechen wünscht. - Ich sehe, dass dies nicht<br />

<strong>der</strong> Fall ist. Dann bitte ich von <strong>der</strong> PDS-Fraktion die Abg. Frau<br />

Lattmann-Kretschmer das Wort zu nehmen.<br />

Frau Lattmann-Kretschmer, PDS: Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine<br />

Damen und Herren Abgeordnete! Während <strong>der</strong> letzten <strong>Sitzung</strong> des<br />

<strong>Landtag</strong>es vor <strong>der</strong> Sommerpause haben Sie, sehr geehrter Herr<br />

Staatsminister Prof. Dr. Meyer, hier im Parlament eine Rede<br />

gehalten, auf die ich im Zusammenhang mit <strong>der</strong> Debatte über den<br />

Kulturhaushalt im Einzelplan 12 zurückkommen möchte.<br />

Es handelte sich meiner Auffassung nach um eine Art programmatische<br />

Rede. Sie war weniger an die Oppositionsfraktionen - das war mein<br />

Eindruck - im <strong>Landtag</strong> gerichtet als vielmehr an maßgebliche<br />

Vertreter aus den eigenen Reihen und an die Öffentlichkeit. Dass<br />

mich mein damaliger Eindruck nicht täuschte, hat Ihr Auftreten auf<br />

dem im Oktober in Leipzig veranstalteten Kolloquium des <strong>Sächsische</strong>n<br />

Kultursenates zum Thema "Investitionen in Kultur" gezeigt. Hier<br />

sind fast deckungsgleich Gedanken geäußert worden, die Herr Prof.


Weiss vor mir am Rednerpult zur Investition in Wissenschaft und<br />

Bildung äußerte.<br />

<strong>Der</strong> Inhalt Ihrer Ausführungen damals im <strong>Landtag</strong> stellte, auf eine<br />

kurze Formel gebracht, einen eindringlichen kulturstaatlichen<br />

Appell dar. Kultur, so betonten Sie, sei kein weicher<br />

Standortfaktor. Die verbreitete Rede von Kultur als einem weichen<br />

Standortfaktor lehnten Sie ab, weil sie sich als verhängnisvoll<br />

auswirke. "Eine <strong>der</strong>art zweckbezogene Auffassung" - so fügten Sie<br />

wörtlich hinzu - "ruiniert Kultur und im Übrigen auch die<br />

Wissenschaft".<br />

Mit an<strong>der</strong>en Worten: Kultur hat ihren Zweck in sich und nicht<br />

außerhalb. Gehorcht sie einem ihr fremden Zweck, dem <strong>der</strong><br />

Vermarktung zum Beispiel, büßt sie ihre Autonomie ein. <strong>Der</strong><br />

kulturstaatliche Appell steht in Tradition mit Wilhelm von<br />

Humboldt, auf den Sie sich in Ihrer Rede ausdrücklich berufen<br />

haben. Von Humboldt stammt die Formulierung vom Kulturstaat.<br />

Demnach verdient <strong>der</strong> Staat das Prädikat "Kulturstaat" dann, wenn er<br />

die Zweckfreiheit und die Autonomie <strong>der</strong> Bildung und <strong>der</strong> Kultur<br />

gegen die partikularen Interessen <strong>der</strong> bürgerlichen Gesellschaft<br />

garantiert.<br />

Es scheint, Herr Dr. Grüning, doch nicht so toll bestellt um die<br />

Verpflichtung zum Kulturstaat, von <strong>der</strong> noch in einer Druckschrift<br />

des SMWK aus dem Jahre 1994 die Rede gewesen ist. Aus welchem<br />

Grunde sonst fühlte sich wohl auch Ihr Staatsminister für<br />

Wissenschaft und Kunst veranlasst, einen eindringlichen<br />

kulturstaatlichen Appell abzugeben? Doch wohl aus Sorge darüber,<br />

dass die Staatsregierung ihrer Verpflichtung, <strong>der</strong> Kultur<br />

finanzielle Mittel in einem ausreichenden Maße zur Verfügung zu<br />

stellen, nicht länger nachkommen könne. <strong>Der</strong> Grund hierfür ist nicht<br />

so sehr in <strong>der</strong> angespannten Haushaltslage des Freistaates zu suchen<br />

als vielmehr in dem Ansatz, wie ihr begegnet werden soll. Dieser<br />

Ansatz ist durchdrungen von wirtschaftsbürgerlicher Gesinnung.<br />

Diese betrachtet alles, eingeschlossen die Kultur, stets vorrangig<br />

unter ökonomischen Gesichtspunkten. Sie gehorcht einem Kosten-<br />

Nutzen-Kalkül, wonach nur das etwas zählt und als brauchbar gilt,<br />

was sich auszahlt.<br />

Prof. Bramke wie<strong>der</strong>um hat in seinem Beitrag auch ähnliche Gedanken<br />

geäußert. Kultur, so will es <strong>der</strong> Geist <strong>der</strong> Rechenhaftigkeit, habe<br />

einen direkten finanziellen Nutzeffekt zu erbringen, ansonsten sei<br />

sie ein Luxus, den keiner bezahlen könne.<br />

<strong>Der</strong> Finanzminister vertrat auf dem erwähnten Kolloquium in Leipzig<br />

folgende Auffassung. Kulturaufgaben müssten künftig im Einzelfall<br />

abrechenbar sein und nachweisen, welche externen Effekte sie<br />

auslösen. Kulturför<strong>der</strong>ung im Sinne einer Investition könne er noch<br />

verstehen, wenn sie für Kin<strong>der</strong> und Jugendliche getätigt werde, bei<br />

Erwachsenen jedoch nicht. Wer hier Kultur will, solle sie auch<br />

selbst bezahlen. Ansonsten wäre das ein Eingriff des Staates - und<br />

das habe ich mir wörtlich mitgeschrieben - "in das demokratische<br />

Selbstbestimmungsrecht".<br />

Die Zielrichtung <strong>der</strong> milbradtschen Politik - und ich erwähne ihn<br />

hier wirklich beson<strong>der</strong>s - ist klar. Diesem Kulturverständnis


entsprechend könne sich <strong>der</strong> Staat weitaus stärker als bisher aus<br />

<strong>der</strong> Kulturverantwortung zurückziehen und sie dem freien Spiel <strong>der</strong><br />

Marktkräfte überlassen, finanziell potenten Sponsoren, wenn wir sie<br />

nur hätten, und privaten Stiftungen sowie dem verstärkten<br />

ehrenamtlichen Engagement <strong>der</strong> Bürgerinnen und Bürger, das wir<br />

allerdings inzwischen schon sehr reichlich haben.<br />

Dann jedoch ist es mit <strong>der</strong> Zweckfreiheit, die zugegebenermaßen<br />

immer schon ein ideologischer Schein war, vorbei. Kunst und Kultur<br />

würden vollständig unter privatwirtschaftliche Kuratel gestellt. Ob<br />

ihr das bekommen würde, kann bezweifelt werden. Kritiker, wie <strong>der</strong><br />

französische Soziologe Pierre Bordieu, warnen davor. Wenn <strong>der</strong><br />

Profit zum einzigen Bewertungsmaßstab, zum einzigen Maßstab in<br />

Erziehung und Kultur, Kunst und Literatur wird, so sind wir zu<br />

spießbürgerlicher Seichtheit verdammt in einer Zivilisation <strong>der</strong><br />

Einschaltquote, Bestseller o<strong>der</strong> Fernsehserie.<br />

Ihren kulturstaatlichen Appell, Herr Staatsminister, verstehe ich<br />

als ein Aufbegehren gegen die im Regierungskabinett und zunehmend<br />

in <strong>der</strong> Gesellschaft vorherrschende wirtschaftsbürgerliche<br />

Gesinnung. Das bildungsbürgerliche Kulturverständnis, das<br />

verantwortungsbewussten Umgang mit den Ressourcen durchaus<br />

einschließt, verdient allemal mehr Unterstützung als das rein<br />

wirtschaftsbürgerliche. In ihm steckt <strong>der</strong> Gedanke, dass es außer<br />

dem Tauschwert noch an<strong>der</strong>e Werte gibt, die sich nicht in Mark und<br />

Pfennig ausdrücken lassen. Es ist <strong>der</strong> Gedanke, aus dem die Idee des<br />

Kulturstaates hervorgegangen ist, ein Begriff, <strong>der</strong> es verdient,<br />

dass ihm auch in den kommenden zwei Jahren in diesem Hause mehr<br />

Beachtung geschenkt wird.<br />

Wir bedauern es sehr, dass Sie, Herr Prof. Meyer, offensichtlich<br />

entgegen Ihrer persönlichen Überzeugung, im Verlaufe <strong>der</strong><br />

Haushaltsverhandlungen den Kampf für eine höhere Kulturför<strong>der</strong>ung in<br />

einigen Teilbereichen Ihres Planes aufgesteckt haben. Sie hätten<br />

dabei in unserer Fraktion, in <strong>der</strong> es auch kühle Rechner gibt, eine<br />

gute Partnerin.<br />

Unser Alternativhaushalt sah mehr Mittel für die Kultur in den<br />

Jahren 2001/2002 vor als <strong>der</strong> Entwurf <strong>der</strong> Staatsregierung. Meiner<br />

Fraktion bin ich dankbar dafür, dass sie <strong>der</strong> Kultur einen solchen<br />

Stellenwert einräumt. In Zahlen ausgedrückt wären das rund 36<br />

Millionen DM gewesen.<br />

Unser Haushaltsansatz in <strong>der</strong> Kulturpolitik konzentrierte sich dabei<br />

auf drei Schwerpunkte:<br />

1. Die Musikschulen. Hier wollten wir das auch im geän<strong>der</strong>ten<br />

Haushaltsentwurf mit dem neu eingestellten Titel beim SMWK noch<br />

vorhandene Minus von 2 Millionen DM als verpflichtende<br />

Landesför<strong>der</strong>ung ab dem Jahr 2002 nicht zulassen. Umso bedauerlicher<br />

ist es, dass <strong>der</strong> Protest <strong>der</strong> Musikschulen und ihres Dachverbandes<br />

in dem Moment endete, als <strong>der</strong> parteiübergreifende Kompromiss mit<br />

diesem Son<strong>der</strong>titel und dem "Raus aus den Kulturräumen!" sichtbar<br />

wurde. Die effektive Kürzung <strong>der</strong> Landesmittel, ermutigend für<br />

schneidige kommunale Kämmerer - Dresden spielte hier in <strong>der</strong> letzten<br />

Woche schon mal den Vorreiter -, wird vor dem Hintergrund des noch


ungeschützten Namens Musikschule den <strong>Landtag</strong> künftig noch<br />

beschäftigen. Dafür wird unsere Fraktion Sorge tragen.<br />

2. Den zweiten Schwerpunkt unseres Alternativhaushaltes stellte <strong>der</strong><br />

Bereich <strong>der</strong> allgemeinen Bewilligungen für Kunst und Schrifttum dar.<br />

Unser Ziel war es, die gravierenden Einschnitte von<br />

durchschnittlich 25 % des auslaufenden Doppelhaushaltes 1999/2000<br />

wenigstens annähernd zu korrigieren. Vielleicht erinnern sich<br />

einige von Ihnen noch an den Protest, den es hier vor fast genau<br />

zwei Jahren von <strong>der</strong> Tribüne zu diesem Thema gegeben hat und <strong>der</strong><br />

auch heute nicht aus <strong>der</strong> Welt ist. Insbeson<strong>der</strong>s <strong>der</strong> Soziokultur,<br />

<strong>der</strong> Jugendmusik, <strong>der</strong> freien Kunstszene, <strong>der</strong> Literatur und <strong>der</strong><br />

Leseför<strong>der</strong>ung wollten wir mehr Mittel zur Verfügung stellen, für<br />

beide Haushaltsjahre 3,9 Millionen DM.<br />

3. <strong>Der</strong> gewichtigste Schwerpunkt sah ein Ende <strong>der</strong> chronischen<br />

Unterfinanzierung <strong>der</strong> Kulturräume vor. Sechseinhalb Jahre nach dem<br />

In-Kraft-Treten des Kulturraumgesetzes sollte endlich die<br />

versprochene Mindestsumme von 150 Millionen DM den Kulturräumen zur<br />

Verfügung stehen. Wir hatten für 2001 eine um 10 Millionen DM<br />

erhöhte För<strong>der</strong>ung vorgesehen, für 2002 um 20 Millionen DM.<br />

Mit den genannten drei kulturpolitischen Schwerpunkten <strong>der</strong> PDS-<br />

Fraktion wäre nach unserer Auffassung folgende Wirkung zu erzielen<br />

gewesen: Einem immer stärkeren Auseinan<strong>der</strong>driften von so genannter<br />

Hoch- und Basiskultur könnte wirksam begegnet werden. Anschaulich<br />

wird dieses Missverhältnis, wenn man einmal die landesgeführten<br />

Kultureinrichtungen mit den kommunalen, insbeson<strong>der</strong>e denen im<br />

ländlichen Raum, vergleicht. Das wi<strong>der</strong>spricht keineswegs <strong>der</strong><br />

angesprochenen Verantwortung des Freistaates für die ganze<br />

Kulturszene.<br />

Wir legen <strong>der</strong> Kulturpolitik allerdings einen weiter gefassten<br />

Kulturbegriff zugrunde. Deswegen haben wir ein größeres Gewicht auf<br />

die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Bereiche, die nicht zur so genannten Hochkultur<br />

gehören, gelegt, ohne dabei wie<strong>der</strong>um <strong>der</strong>en Wirkungsmöglichkeiten,<br />

die unschätzbar für die Ausstrahlungskraft unseres Landes sind, zu<br />

beschneiden.<br />

Mit unseren Alternativvorschlägen könnte auch verhin<strong>der</strong>t werden,<br />

was gestern Prof. Peter Porsch so beschrieben hat: "Diese<br />

Staatsregierung ist nicht auf <strong>der</strong> Höhe <strong>der</strong> Zeit. Sie zerstört auch<br />

das, was sie selbst aufgebaut hat."<br />

Das trifft auch für eines <strong>der</strong> wichtigsten und innovativsten Gesetze<br />

des Freistaates zu, für das Kulturraumgesetz. <strong>Der</strong> inzwischen<br />

sträflich zu nennende Umgang mit dem Kulturraumgesetz verlangt nach<br />

einer politischen Umkehr. Er führt zur Entsolidarisierung, wie sie<br />

im erbitterten Streit <strong>der</strong> Sparten in einigen Kulturbeiräten und -<br />

konventen bereits bedrohliche Ausmaße angenommen hat.<br />

Doch von <strong>der</strong> Kulturraumkommission, berufen vom SMWK unter Landrat<br />

Oettel, hört man nichts außer <strong>der</strong> Tatsache, dass am 16. Juni 2000<br />

ein Rechtsgutachten zur Fortführung des Kulturraumgesetzes in<br />

Auftrag gegeben wurde. Hätte nicht vor <strong>der</strong> erneuten Festlegung <strong>der</strong><br />

Deckelung <strong>der</strong> 150 Millionen DM eine gründliche Zwischenanalyse auf<br />

die Tagesordnung gehört? Doch immerhin gibt es, veröffentlicht in<br />

<strong>der</strong> Zeitschrift des <strong>Sächsische</strong>n Städte- und Gemeindetages, einen


eachtlichen Diskussionsbeitrag von Werner Schnabel, dem Kanzler<br />

<strong>der</strong> Verwaltungsfachhochschule Meißen, <strong>der</strong> sich mit <strong>der</strong><br />

Kulturraumför<strong>der</strong>ung im Freistaat auseinan<strong>der</strong> setzt.<br />

Er zieht folgendes Fazit aus seiner Analyse: "<strong>Der</strong> Solidargedanke<br />

des regionalisierten Kulturlastenausgleichs ist die richtige Basis<br />

für die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> kulturellen Infrastruktur im Freistaat<br />

Sachsen. Diesem Ansatz des <strong>Sächsische</strong>n Kulturraumgesetzes muss mit<br />

verbesserter administrativer Qualität stärker zum Durchbruch<br />

verholfen werden." - Es formuliert ein Verwaltungsfachmann! - "Bis<br />

zum Ende des Jahres 2004 müssen alle Anstrengungen unternommen<br />

werden, um die Intentionen des <strong>Sächsische</strong>n Kulturraumgesetzes zur<br />

Wirkung zu bringen und sicherzustellen, dass passgenaue<br />

Nachfolgeregelungen zur Sicherung <strong>der</strong> sächsischen Kulturlandschaft<br />

geschaffen werden."<br />

Die PDS-Fraktion lehnt aus den genannten Gründen auch den Kultur-<br />

Haushaltsentwurf des Einzelplans 12 ab. Finanziert wird im<br />

Wesentlichen das, was die Staatsregierung für unbedingt notwendig<br />

erachtet. Mehr als das Notwendige in Bildung und Kultur zu<br />

konservieren strebt <strong>der</strong> Entwurf nicht an; Impulse für eine mo<strong>der</strong>ne,<br />

den experimentellen Ansprüchen <strong>der</strong> Zeit entsprechende Kultur gehen<br />

von diesem Haushalt nicht aus.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Es gibt noch eine Wortmeldung <strong>der</strong><br />

SPD-Fraktion. Ich darf Sie, Herr Abg. Dr. Kunckel, bitten das Wort<br />

zu nehmen.<br />

Dr. Kunckel, SPD: Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen!<br />

Die Debatte, die wir gerade führen, und auch <strong>der</strong> Verlauf <strong>der</strong><br />

Debatte von gestern haben mich dazu bewogen, nicht mehr in die<br />

Auseinan<strong>der</strong>setzung um einzelne Positionen des Haushaltes<br />

einzusteigen, son<strong>der</strong>n den Versuch zu unternehmen, noch einen<br />

grundsätzlichen Beitrag zur weiteren Entwicklung von Kultur und<br />

Kunst im Zusammenhang mit an<strong>der</strong>en Entwicklungen des Landes zu<br />

leisten. Viel Zeit habe ich dazu nicht.<br />

Wir haben in den Ausschüssen - sowohl im Fachausschuss als auch im<br />

Haushalts- und Finanzausschuss - die einzelnen Titel streitig<br />

diskutiert. Sie sind weiter streitig gestellt. Wir haben darüber<br />

abgestimmt und damit ist zunächst einmal die Diskussion darüber in<br />

den Einzelfragen für mich zu Ende; ich akzeptiere das.<br />

Gleichwohl steht in unserem Grundgesetz und auch in unserer<br />

<strong>Sächsische</strong>n Verfassung, Artikel 21 - Herr Schiemann nickt -,<br />

wortgleich <strong>der</strong> Satz: "Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre<br />

sind frei."<br />

Was heißt das für Kulturpolitik? Das heißt, wir haben diese<br />

Freiräume zu schaffen und wir haben uns ansonsten in die Inhalte<br />

nicht einzumischen. Auch glaube ich, dass <strong>der</strong> Staat, nicht <strong>der</strong><br />

Einzelne, sich in seinem ästhetischen Urteil über künstlerische<br />

Produkte zurücknehmen soll. Fragen des Wahren, Guten, des Schönen<br />

und des Glaubens sind einer mehrheitlichen Abstimmung nicht<br />

zugänglich.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)


Wir müssen sie auf den Weg des Dialogs o<strong>der</strong> in die Obhut <strong>der</strong><br />

Toleranz verweisen, auch wenn dagegen das eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Mal<br />

verstoßen wird.<br />

Diese Debatte wird geführt im Lande, sie wird auch im <strong>Sächsische</strong>n<br />

<strong>Landtag</strong> geführt, manchmal mit Leidenschaft, manchmal auch mit einer<br />

leidenschaftlichen Verzagtheit. Bei diesen Debatten - vor allen<br />

Dingen hier im <strong>Landtag</strong> - ist mir aufgefallen, dass es Zeitgenossen<br />

gibt - auch das hat Kollegin Lattmann-Kretschmer angesprochen -,<br />

die in Kunst und Kultur eher eine dienende Funktion <strong>der</strong> Wirtschaft<br />

sehen. Zu diesen Zeitgenossen gehört meine Fraktion nicht und<br />

gehöre ich nicht und auch Staatsminister Meyer nicht, was man von<br />

einigen an<strong>der</strong>en Kabinettsmitglie<strong>der</strong>n so nicht sagen kann.<br />

(Einzelbeifall bei <strong>der</strong> SPD - Bandmann, CDU: Es sind aber<br />

keine Genossen!)<br />

Ich denke, dass ich mich heute trotzdem einmal - natürlich gibt es<br />

Beziehungen zwischen den geistigen und dem kulturellen Klima eines<br />

Landes und dem, was die Ökonomie hervorbringt - auf die Spielwiese<br />

dieser Zeitgenossen begeben sollte. Mein Credo dazu habe ich<br />

genannt.<br />

Da muss ich eine Frage stellen. Wir stehen vor großen Umbrüchen,<br />

vor <strong>der</strong> Wissensgesellschaft. Das ist, glaube ich, inzwischen<br />

allgemein anerkannt. Es werden neuartige Arbeitsplätze entstehen,<br />

wobei wir eigentlich schon relativ genau beschreiben können, was<br />

für Arbeitsplätze das sein werden, zumindest für die, die in den<br />

nächsten zehn, 15 Jahren entstehen werden. Auch können wir<br />

einigermaßen genau beschreiben, unter welchen sozialen Bedingungen<br />

sie sich darstellen lassen. Was wir nicht beschreiben können - und<br />

das ist das Manko <strong>der</strong> Debatte, im Übrigen auch <strong>der</strong> Haushaltsdebatte<br />

und <strong>der</strong> Debatte insgesamt im Freistaat; jedenfalls sehe ich nicht,<br />

dass eine solche Debatte geführt wird -, ist, warum diese neuen<br />

Arbeitsplätze ausgerechnet hier in Sachsen entstehen sollen.<br />

(Jurk, SPD: Sehr richtig!)<br />

Welches sind die Bedingungen dafür, damit sie hier in Sachsen<br />

entstehen, was wir ja alle wollen?<br />

Natürlich, meine Damen und Herren, wird es auch in Zukunft noch<br />

Fabriken geben. Da bin ich an<strong>der</strong>er Meinung, als sie Kollege Bramke<br />

gerade in <strong>der</strong> Diskussion darstellte. Diese müssen im Übrigen nicht<br />

unbedingt in Ballungszentren stehen, in Leipzig zum Beispiel. Diese<br />

Fabriken, in denen am Eisen gewerkelt wird, werden an<br />

Verkehrsknotenpunkten stehen.<br />

(Schiemann, CDU: Sehr gut!)<br />

Und es werden nicht sehr viel Leute in diesen Fabriken arbeiten.<br />

Aber es wird sie geben und natürlich wird es auch in Zukunft in <strong>der</strong><br />

Wissensgesellschaft Frisöre geben - nichts gegen Frisöre - und die<br />

werden dort hingehen, wo die Menschen sind, denen Haare wachsen.<br />

Aber was passiert mit den neuen Arbeitsplätzen, die wir beschreiben<br />

können,<br />

(Zuruf des Abg. Bandmann, CDU)<br />

und wo ist die Diskussion, was wir tun müssen, damit sie zu uns<br />

kommen? Da wird vieles eine Rolle spielen. Ich glaube, dass wir<br />

dort einen Paradigmenwechsel erleben werden.


(Bandmann, CDU: Da gibt es dann Perückenmacher! - Gegenruf des<br />

Abg. Jurk, SPD: Er sprach von Paradigmen, Kollege Bandmann!)<br />

Möglicherweise wird das Klima einer Region von entscheiden<strong>der</strong><br />

Bedeutung sein.<br />

Wir können heute die Banken <strong>der</strong> Bundesrepublik Deutschland ohne<br />

große Probleme aus <strong>der</strong> Region Annaberg-Buchholz managen. Dazu<br />

müssen wir nicht mehr in Frankfurt sein und dort große Paläste<br />

haben.<br />

(Götzel, CDU: Wenn wir es nur so machen würden, Herr Kunckel!)<br />

- Ja, gut. Dass die dort weggehen, ist nicht zu erwarten. Aber<br />

vielleicht könnte das Neue, das entsteht, in diese Region o<strong>der</strong> nach<br />

Sachsen kommen.<br />

Ich möchte diese Debatte anregen, weil ich glaube, dass sie im<br />

Moment unterbelichtet ist. Dabei werden bestimmte Faktoren eine<br />

Rolle spielen. Deswegen habe ich gesagt, ich begebe mich nicht auf<br />

das Spielfeld jener Zeitgenossen, <strong>der</strong>en Kunst- und<br />

Kulturverständnis ich nicht teile, son<strong>der</strong>n Ihres, Herr Minister.<br />

Aber wir müssen die Frage stellen, welche Bereiche wir in Zukunft<br />

im Haushalt an<strong>der</strong>s bewerten müssen. Ich bin ganz sicher - und die<br />

meisten von Ihnen auch -, dass <strong>der</strong> Kultushaushalt, <strong>der</strong><br />

Wissenschaftshaushalt und die Fragen <strong>der</strong> Kultur, das geistige Klima<br />

einer Region, von seinem Innovationswillen bis hin zu seiner<br />

Toleranz, an <strong>der</strong> wir auch arbeiten müssen, ganz entscheidende<br />

Fragen sein werden.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD - Beifall <strong>der</strong> Abg. Schiemann und<br />

Bandmann, CDU)<br />

Diese Diskussion, meine Damen und Herren, müssen wir ex ante<br />

führen, damit wir hinterher nicht auf unser Sachsen schauen und<br />

eben auch in Zukunft keine Arbeitsplätze für kreative junge Leute<br />

da sind.<br />

Herzlichen Dank.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Zum Einzelplan 12 spricht nun die<br />

Staatsregierung. Ich darf Sie, Herr Staatsminister Prof. Dr. Meyer,<br />

bitten.<br />

Prof. Dr. Meyer, Staatsminister für Wissenschaft und Kunst: Frau<br />

Präsidentin! Meine Damen und Herren! <strong>Der</strong> dem <strong>Landtag</strong> vorliegende<br />

Staatshaushalt für die Jahre 2001 und 2002 zeigt insgesamt - darauf<br />

hat Abg. Dr. Grüning bereits hingewiesen - keine Verringerung des<br />

Stellenwerts von Wissenschaft und Kunst in Sachsen. Im Gegenteil,<br />

sowohl im prozentualen Anteil am Gesamthaushalt als auch in den<br />

absoluten Zahlen gibt es sogar einen leichten Anstieg. In den<br />

Jahren 1999 und 2000 betrug <strong>der</strong> Anteil 9,5 % bzw. 9,3 %. In den<br />

Jahren 2001 und 2002 wird <strong>der</strong> Anteil 9,6 % bzw. 9,8 % betragen und<br />

die Gesamtausgaben betragen in absoluten Zahlen in beiden Jahren,<br />

also 2001 und 2002, rund 3 Milliarden DM.<br />

Nun hat dieser Anstieg unterschiedliche Gründe. Zum kleineren Teil<br />

ergibt sich <strong>der</strong> Anstieg daraus, dass die HBFG-Mittel für die<br />

Erstausstattung neuer Hochschulgebäude aus dem Einzelplan 15 in den<br />

Einzelplan 12 übertragen wurden. Zum größeren Teil jedoch ergibt<br />

sich dieser Anstieg einerseits aus <strong>der</strong> Verbesserung des BAföG und


an<strong>der</strong>erseits aus <strong>der</strong> Verstärkung <strong>der</strong> Forschungsför<strong>der</strong>ung. Nun ist<br />

zwar die Verbesserung des BAföG eine Entscheidung des Bundestages,<br />

sie entspricht aber auch dem Landesinteresse, nämlich dem<br />

Landesinteresse, die Studienbereitschaft zu stärken und es den<br />

Studenten zu ermöglichen sich auf ihr Studium zu konzentrieren.<br />

<strong>Der</strong> verstärkte Mitteleinsatz für die Forschung folgt aus unserer<br />

Entscheidung, das biotechnologische Potenzial in Sachsen zu för<strong>der</strong>n<br />

und zu entwickeln. Ich denke, alle Seiten des Hohen Hauses sind<br />

sich einig: Dieser Schritt ist für die Zukunft des Landes dringend<br />

erfor<strong>der</strong>lich.<br />

Bei <strong>der</strong> Ausbildungsför<strong>der</strong>ung erhöhen sich die Beträge - ich will<br />

sie noch einmal nennen - um 59 Millionen DM im Jahre 2001 und um<br />

127 Millionen DM im Jahre 2002. Davon sind 35 % durch das Land<br />

aufzubringen.<br />

Zur För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Biotechnologie werden in beiden Jahren rund 26<br />

Millionen DM aus Efre-Mitteln, das sind ja Einnahmen des Landes,<br />

und dazu 6,4 bzw. 6,7 Millionen DM aus den übrigen Einnahmen des<br />

Landes - man sagt immer Landesmittel, das ist etwas<br />

missverständlich - eingesetzt.<br />

Beide finanziellen Schwerpunktsetzungen gehen jedoch weit über die<br />

leichte Steigerung des Haushaltsvolumens hinaus. Sie erfor<strong>der</strong>n<br />

daher Verän<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong> Haushaltsstruktur zulasten an<strong>der</strong>er<br />

Aufgaben. Das ist zwar schmerzlich, aber im Rahmen <strong>der</strong> reellen<br />

finanziellen Möglichkeiten unvermeidlich. Dazu gehören Kürzungen<br />

bei den Zuschüssen für die Studentenwerke und die Reduzierung <strong>der</strong><br />

ursprünglich geplanten Investitionen für die Studentenheime um mehr<br />

als die Hälfte. Angesichts des weiter wachsenden Interesses junger<br />

Menschen außerhalb Sachsens, hier zu studieren, ist uns dies<br />

beson<strong>der</strong>s schwer gefallen.<br />

Sorge bereitet uns ebenfalls, dass wir unser Engagement in<br />

landesfinanzierten Forschungseinrichtungen reduzieren mussten, um<br />

die Grundlagenforschung in den von Bund und Land geför<strong>der</strong>ten<br />

Forschungseinrichtungen zu sichern und um zu einer nennenswerten<br />

Anstrengung für die Biotechnologie zu kommen, die wir als eine<br />

unverzichtbare Ergänzung unserer Schwerpunkte in <strong>der</strong><br />

Mikroelektronik und in <strong>der</strong> Materialwissenschaft betrachten.<br />

Dankbar bin ich dafür, dass es im Verlaufe <strong>der</strong> Etatberatungen<br />

beson<strong>der</strong>s durch das Engagement <strong>der</strong> CDU-Fraktion gelang,<br />

Voraussetzungen für eine erfolgreiche Privatisierung <strong>der</strong><br />

Materialforschungs- und Prüfanstalt bei Wahrung des<br />

Forschungsinteresses <strong>der</strong> Leipziger Hochschulen zu schaffen.<br />

Meine Damen und Herren, da Kollege Bramke auf diesen Punkt<br />

beson<strong>der</strong>s einging - verständlich für einen Abgeordneten aus Leipzig<br />

-, will ich ihn auch meinerseits in seiner inneren Problematik<br />

etwas eingehen<strong>der</strong> beleuchten. Es ist natürlich keine Entscheidung<br />

gegen die Industrieforschung. Aber das Problem, das wir in <strong>der</strong> MFPA<br />

hatten, und die Tatsache, dass die finanziellen Aktivitäten dort<br />

die Gemeinnützigkeit <strong>der</strong> Anstalt ernsthaft beeinträchtigten,<br />

zeigten ja - wenn ich so sagen darf - gleichsam als positive Chance<br />

die Möglichkeit, dass diese Aktivitäten auch privatisiert werden<br />

können.


Nun galt es für uns abzuwägen, was wichtiger ist - speziell für den<br />

Leipziger Forschungsraum -, das für die Geisteswissenschaften<br />

außerordentlich interessante Simon-Dubnow-Institut weiter zu<br />

stärken o<strong>der</strong> den Versuch zu machen, den finanziell schwierigen und<br />

in Bezug auf die Aufgabenstellung dieser Anstalt nicht unbedingt<br />

aussichtsreichen Versuch, diese Anstalt weiter als eine öffentlich<br />

finanzierte Einrichtung zu halten. Wir haben uns für die<br />

Geisteswissenschaften entschieden.<br />

Da darf ich daran erinnern, dass gerade gestern im Zusammenhang mit<br />

<strong>der</strong> Studentendemonstration <strong>der</strong> CDU und <strong>der</strong> Staatsregierung <strong>der</strong><br />

Vorwurf gemacht wurde, sie würden einseitig auf Natur- und<br />

Ingenieurwissenschaften setzen. Ich stehe dazu, dass die Natur- und<br />

Ingenieurwissenschaften für die Zukunft dieses Landes von eminenter<br />

Bedeutung sind. Aber hier haben wir uns für die<br />

Geisteswissenschaften entschieden. Und ich stehe zu dieser<br />

Entscheidung, auch wenn sie uns in Bezug auf die MFPA schwer fällt.<br />

Aber ich sehe hier auch eine realistische Perspektive.<br />

Wichtig ist, dass wir - wenn auch lei<strong>der</strong> erst ab 2002 - wie<strong>der</strong> zu<br />

einer nennenswerten Graduiertenför<strong>der</strong>ung des Landes kommen werden.<br />

Eine solche För<strong>der</strong>ung ist für die künftige Rolle des<br />

wissenschaftlichen Nachwuchses aus Sachsen in Deutschland und ganz<br />

generell in <strong>der</strong> Welt dringend notwendig.<br />

Von beson<strong>der</strong>er Bedeutung für die sächsische Wirtschaft ist <strong>der</strong> auf<br />

Antrag <strong>der</strong> CDU-Fraktion neu o<strong>der</strong> richtiger gesagt verstärkt in den<br />

Etatentwurf aufgenommene weitere Ausbau <strong>der</strong> Berufsakademie, - -<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Herr Staatsminister, gestatten<br />

Sie eine Zwischenfrage?<br />

Prof. Dr. Meyer, Staatsminister für Wissenschaft und Kunst: - weil<br />

<strong>der</strong>en Absolventen - einen kleinen Moment! - auf dem Arbeitsmarkt<br />

sehr erfolgreich sind und sich diese Absolventen <strong>der</strong> zunehmenden<br />

Sympathie <strong>der</strong> Praxis erfreuen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Bitte.<br />

Frau Kipping, PDS: Herr Prof. Meyer, Sie haben sich auf die<br />

gestrige Demonstration bezogen. Nach <strong>der</strong> gestrigen Demonstration<br />

waren ja legitimierte Vertreter <strong>der</strong> StudentInnen bei Ihnen und<br />

haben angefragt, ob es möglich wäre, dass im Rahmen dieser Debatte<br />

auch ein Vertreter <strong>der</strong> StudentInnen hier spricht. Sie haben das<br />

abgelehnt, nicht nur mit Verweis auf die Geschäftsordnung, son<strong>der</strong>n<br />

auch mit <strong>der</strong> Bemerkung,<br />

(Zurufe von <strong>der</strong> CDU)<br />

da könnte ja dann je<strong>der</strong> kommen. Stimmt das, dass Sie denken, die<br />

legitimierten VertreterInnen <strong>der</strong> StudentInnen könnte man so leicht<br />

als "je<strong>der</strong>" abkanzeln? Das ist meine erste Frage.<br />

Und die zweite Frage ist: Denken Sie wirklich, dass es nicht zur<br />

qualitativen Anreicherung <strong>der</strong> Debatte beigetragen hätte, wenn Sie<br />

von Ihren 20 Minuten Redezeit vielleicht nur 15 in Anspruch<br />

genommen hätten und 5 Minuten den StudentInnenvertreterInnen<br />

übergeben hätten?<br />

(Zuruf von <strong>der</strong> CDU: Es ist <strong>der</strong> Minister!)


Prof. Dr. Meyer, Staatsminister für Wissenschaft und Kunst: Also,<br />

ich will gern auf diese Frage antworten. Ich habe den Begriff<br />

"je<strong>der</strong>" nach meiner Erinnerung gestern nicht benutzt, aber ich will<br />

ihn durchaus aufgreifen und positiv interpretieren.<br />

In <strong>der</strong> Tat: Wenn die Vertreter <strong>der</strong> Studenten für sich das Recht in<br />

Anspruch nehmen, hier vor dem Plenum sprechen zu wollen, dann<br />

müsste auch je<strong>der</strong> Student für sich das Recht in Anspruch nehmen, es<br />

müsste je<strong>der</strong> Bürger dieses Landes dieses Recht für sich in Anspruch<br />

nehmen.<br />

(Beifall des Abg. Jurk, SPD)<br />

Das Prinzip <strong>der</strong> repräsentativen Demokratie besteht nun einmal<br />

darin, dass durch Wählerwillen Abgeordnete ausgewählt und bestimmt<br />

werden und diese führen hier vor dem Land und für das Land eine<br />

Debatte - natürlich in ständiger Rückkopplung mit <strong>der</strong><br />

Öffentlichkeit.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Aus diesem Grunde, so populär sich das anhören mag, wenn man<br />

for<strong>der</strong>t, hier selbst seine Interessen und Anliegen vorzutragen,<br />

halte ich dies - in aller Härte gesagt - für eine undemokratische<br />

For<strong>der</strong>ung.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Da zeigt sich das ganze Verräterische des Begriffs<br />

"Basisdemokratie".<br />

(Beifall des Abg. Schimpff, CDU)<br />

Man lässt sich nicht auf Strukturen ein. Und da kann ich <strong>der</strong><br />

Versuchung nicht wi<strong>der</strong>stehen darauf hinzuweisen, dass einige Ihrer<br />

Kommilitonen bei dem gestrigen Gespräch aus <strong>der</strong> Fachschaft<br />

Politikwissenschaft <strong>der</strong> Leipziger Universität kommen.<br />

(Dr. Münch, CDU: Hört, hört!)<br />

In dieser Fachschaft Politikwissenschaft lagen die letzten<br />

Beteiligungsquoten zum Fachschaftsrat und damit einer studentischen<br />

Selbstverwaltung bei 13 %.<br />

(Zuruf von <strong>der</strong> CDU: Hört, hört!)<br />

Das muss man sich einmal auf <strong>der</strong> Zunge zergehen lassen. Und<br />

vielleicht könnten Sie Ihren Kommilitoninnen und Kommilitonen in<br />

<strong>der</strong> Politikwissenschaft wie ganz generell den dringenden Rat geben,<br />

es würde für die wirkungsvolle Vertretung studentischer Interessen<br />

wie <strong>der</strong> Interessen <strong>der</strong> Hochschule insgesamt sehr hilfreich sein,<br />

wenn sie sich <strong>der</strong> durch das Hochschulgesetz des Landes gebotenen<br />

Möglichkeit bedienten, um ihre Interessen zu artikulieren.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Ich bin ganz sicher, dass das seine Wirkung in <strong>der</strong> Öffentlichkeit<br />

nicht verfehlen würde, wenn hier Studentenvertreter sagen könnten:<br />

Wir sind - wie das einmal 1946/47 selbstverständlich war - von 80 %<br />

bis 90 % <strong>der</strong> Studenten gewählt worden und nicht von 13 % bis 20 %.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Ich komme zurück zu den Hochschulhaushalten. Die Ansätze für<br />

Sachausgaben, für Investitionen entsprechen im Wesentlichen denen<br />

<strong>der</strong> Vorjahre. Innerhalb des Landeszuschusses für die medizinischen<br />

Fakultäten wird <strong>der</strong> für Investitionen vorgesehene Anteil verstärkt.


Das ist natürlich eine Herausfor<strong>der</strong>ung für die neue Rechtsform <strong>der</strong><br />

Universitätsklinika.<br />

Meine Damen und Herren! Im Mittelpunkt <strong>der</strong> öffentlichen<br />

Aufmerksamkeit steht naturgemäß die Frage, wie viele<br />

Personalstellen den Hochschulen künftig und vor allem langfristig<br />

zur Verfügung stehen werden. Für die Zeit bis 2004 ist ein Abbau<br />

von 415 Stellen geplant. Dafür sind für die Jahre 2001 und 2002<br />

mo<strong>der</strong>ate Quoten festgelegt, die mit Rücksicht auf die tatsächliche<br />

Fluktuation angesetzt wurden.<br />

Was die öffentliche Debatte beherrscht, ist selbstverständlich die<br />

langfristige - das heißt die über das Jahr 2004 hinausgehende -<br />

Perspektive, weil diese für die Zukunft <strong>der</strong> Hochschulen und damit<br />

für die Zukunft des Landes entscheidend ist.<br />

Grundsätzlich muss <strong>der</strong> Umfang des öffentlichen Dienstes eines<br />

Landes in unmittelbarer Beziehung stehen zu seinen finanziellen<br />

Ressourcen und zur Größe seiner Bevölkerung. Trotz <strong>der</strong> großen<br />

Leistungen und beträchtlichen Erfolge seit 1990 liegen die<br />

Einnahmen des Freistaates Sachsen auch in Zukunft deutlich unter<br />

dem Durchschnitt <strong>der</strong> alten Bundeslän<strong>der</strong>.<br />

Ferner ist das Maß des künftigen Län<strong>der</strong>finanzausgleichs und <strong>der</strong><br />

künftigen gesamtdeutschen Solidarität ungeklärt. Vor allem aber<br />

muss Sachsen mit <strong>der</strong> Herausfor<strong>der</strong>ung fertig werden, dass seine<br />

Bevölkerung abnimmt und im Durchschnitt älter wird.<br />

Nun kann niemand bestreiten, dass die wissenschaftliche und die<br />

kulturelle Kraft des Landes die wichtigste Chance ist, um eine gute<br />

Zukunft zu sichern. Dennoch müssten auch Wissenschaft und Kultur<br />

einen Beitrag leisten zur Stabilität und Solidität <strong>der</strong> öffentlichen<br />

Finanzen. Entscheidend ist, das rechte Maß zwischen beiden<br />

Notwendigkeiten zu bestimmen.<br />

In den Jahren nach 1990 und insbeson<strong>der</strong>e nach 1993 im Ergebnis<br />

unserer Hochschulreform haben unsere Universitäten und Hochschulen<br />

in Lehre und Forschung eine ständige Aufwärtsentwicklung genommen.<br />

Sachsens wie<strong>der</strong>gewonnenes Ansehen in Deutschland und <strong>der</strong> Welt<br />

beruht in einem hohen Grade auf seinen Leistungen in Wissenschaft<br />

und Kultur. Die Zahl <strong>der</strong> Studenten und die Zahl <strong>der</strong> eingeworbenen<br />

Forschungsmittel steigt ständig. Zu häufig wird übersehen, dass <strong>der</strong><br />

Umfang des Hochschulpersonals in dieser Zeit ständig abnahm. Es<br />

wurde mehr als halbiert. Es gibt keinen öffentlichen Bereich in<br />

Sachsen mit einem solchen Maß an Leistungssteigerung und einem<br />

solchen Maß an Personalabbau.<br />

(Beifall des Abg. Prof. Dr. Weiss, SPD)<br />

Meine Damen und Herren! Diese Herausfor<strong>der</strong>ung ist für uns keine<br />

Sache von Talkshow-Politik - das will ich in aller Deutlichkeit<br />

sagen, Herr Kollege Bramke -,<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

son<strong>der</strong>n wir müssen die unterschiedlichen Aufgabenfel<strong>der</strong> und die<br />

unterschiedlichen Sorgen, die diese Gesellschaft bewegen, in einem<br />

ernsthaften und notwendigerweise auch harten Gespräch gegeneinan<strong>der</strong><br />

abwägen und zu einer verantwortbaren Entscheidung kommen. Dabei ist<br />

unser Weg in Bezug auf das Hochschulstudium nicht <strong>der</strong> Weg in ein<br />

enges Spezialistentum.


Sie wissen sehr gut, dass ich mich in <strong>der</strong> Debatte <strong>der</strong> letzten zwei<br />

bis drei Jahre mit allem Nachdruck gegen eine vor<strong>der</strong>gründige und,<br />

wie ich auch glaube, verfälschte Anwendung eines amerikanischen<br />

Modells nach dem Bachelor-Master-Prinzip auf unser deutsches<br />

Hochschulstudium ausgesprochen habe. Ich sehe sehr wohl, welche<br />

positiven Lehren auch daraus gezogen werden können. Aber ich bin<br />

mit Nachdruck dagegen, den Versuch zu machen, die Qualität des<br />

deutschen Hochschulstudiums gleichsam auf drei Jahre einzudampfen<br />

und dann zu meinen, es wäre die gleiche Leistung wie vorher. Das<br />

ist mit Sicherheit ein falscher Weg.<br />

Dass eine sinnvolle Glie<strong>der</strong>ung des Studiums auch im Interesse <strong>der</strong><br />

jungen Leute ist und eine systematische Hinführung zur<br />

Wissenschaft, kann an<strong>der</strong>erseits nicht bestritten werden. Es ist<br />

eine Debatte, in <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Tat mit griffigen Formeln, mit<br />

vor<strong>der</strong>gründigen Formulierungen nicht gearbeitet werden kann. Ich<br />

jedenfalls werde mich mit Nachdruck dafür einsetzen, dass wir in<br />

diesen wie in allen an<strong>der</strong>en Fragen von Wissenschaft und Kultur eine<br />

differenzierte und sachbezogene Debatte führen.<br />

Ein Datum, das dabei naturgemäß eine Rolle spielt, da wir in einem<br />

hohen Maße von <strong>der</strong> gesamtdeutschen Solidarität abhängig sind, ist<br />

<strong>der</strong> Vergleich <strong>der</strong> Leistung des Landes bezogen auf die Hochschulen,<br />

bezogen auf Studenten. Ein Vergleich konkreter sächsischer<br />

Universitäten, konkreter einzelner, mit gleichartigen Universitäten<br />

in den alten Län<strong>der</strong>n, also zum Beispiel von Leipzig mit Heidelberg<br />

o<strong>der</strong> von Dresden mit Darmstadt, erweist, dass sich bei uns die<br />

Ausgaben des Landes pro Student durchaus in einem normalen Bereich<br />

bewegen. Wenn die sächsischen Durchschnittswerte in den Ausgaben<br />

pro Student gleichwohl in <strong>der</strong> deutschen Spitzengruppe liegen, so<br />

deshalb, weil Sachsen ein Land <strong>der</strong> Natur- und<br />

Ingenieurwissenschaften ist. Ich meine, es war ein Land <strong>der</strong><br />

Ingenieur- und Naturwissenschaften, es ist ein Land <strong>der</strong> Ingenieur-<br />

und Naturwissenschaften und es muss ein Land <strong>der</strong> Ingenieur- und<br />

Naturwissenschaften bleiben,<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

da nur dies garantiert, dass Sachsen wie<strong>der</strong> ein führen<strong>der</strong><br />

Wirtschaftsstandort wird. Diese Feststellung min<strong>der</strong>t in keiner<br />

Weise die Bedeutung <strong>der</strong> Geistes- und Sozialwissenschaften für<br />

dieses Land. <strong>Der</strong> Ausbau und die Erneuerung <strong>der</strong> Geistes- und<br />

Sozialwissenschaften in den letzten zehn Jahren - meine Damen und<br />

Herren, Sie wissen, in was für einer Situation die Geistes- und<br />

Sozialwissenschaften vor 1989/90 waren - ist ein vorzeigbarer<br />

Erfolg und eine unaufgebbare Voraussetzung für die intellektuelle<br />

Vitalität des Landes und für das künftige Gewicht Sachsens in<br />

Deutschland und im internationalen Leben.<br />

Die finanziellen Umstände zwingen uns dazu, die Chancen zur<br />

Bewegung und Verän<strong>der</strong>ung im sächsischen Hochschulwesen durch<br />

Profilierung in einem sich verengenden Hochschulhaushaltsrahmen zu<br />

suchen. Das erfor<strong>der</strong>t Konzentration und Kooperation. Nicht zuletzt<br />

erfor<strong>der</strong>t das eine Neubestimmung <strong>der</strong> Ziele und Aufgaben. Eine<br />

solche Operation kann nur gelingen mit Sachkenntnis und mit


Augenmaß, denn je<strong>der</strong> falsche Schritt kann eine erfolgreiche<br />

Entwicklung abbrechen und unser Ansehen zerstören.<br />

Zurzeit spricht alles dafür, dass die hohen Studentenzahlen unserer<br />

Hochschulen noch bis mindestens 2008 anhalten und wahrscheinlich<br />

sogar noch zunehmen werden. Zugleich wachsen die Aufgaben in <strong>der</strong><br />

wissenschaftlichen Weiterbildung, die unsere Hochschulen schon seit<br />

längerem tatkräftig in Angriff nehmen und die eine völlig neue<br />

Qualität darstellt. In einer alternden Gesellschaft, in <strong>der</strong> die<br />

Bedeutung und das Entwicklungstempo von Wissen zunehmen, wird<br />

Weiterbildung, insbeson<strong>der</strong>e die wissenschaftliche Weiterbildung, zu<br />

einer Überlebensnotwendigkeit. Was bedeutet das aber für unsere<br />

Hochschulen? Es bedeutet, dass unsere Hochschulen gleichzeitig ihr<br />

Forschungsniveau ständig erhöhen, eine große Anzahl von Studenten<br />

gut ausbilden und die Weiterbildung als ein künftig<br />

gleichberechtigtes Aufgabenfeld ausbauen müssen.<br />

Insbeson<strong>der</strong>e für die Zeit ab 2004 sehe ich deshalb die<br />

Personalentwicklung mit großer Sorge. So wichtig Weitblick und<br />

Vorausschau sind, so notwendig sind auch <strong>der</strong> Wille und die<br />

Fähigkeit, sich rasch auf neue Entwicklungen einzustellen. Noch nie<br />

war es im vergangenen Jahrhun<strong>der</strong>t möglich, die Entwicklungen eines<br />

Jahrzehnts vorauszusehen. Ständig erleben wir, was unsere<br />

längerfristigen Annahmen und Voraussetzungen in Wahrheit wert sind.<br />

Wer hätte vor drei Jahren gedacht, dass sich die deutschen<br />

Kultusminister um Lehrer in die Haare kommen würden?! Darum ist es<br />

auch beson<strong>der</strong>s unsinnig, wenn in den Medien ständig von einer<br />

Abbauzahl von 1 715 geredet wird. Was hier addiert wird, sind die<br />

Beschlüsse für diese Legislaturperiode, also bis 2004, und die<br />

Planung ab 2004. Was hier offenbar undifferenziert einbezogen wird,<br />

sind 300 Stellen, die durch Investitionsmittel ersetzt werden<br />

sollen, und 300 Stellen, die für Umwidmungen vorgesehen sind, sowie<br />

die Prüfbitte, ob es möglich werden könnte, 400 Stellen im Ergebnis<br />

einer längeren Entwicklung durch gebührenpflichtige<br />

Weiterbildungsangebote zu finanzieren.<br />

Eine solche differenzierte Betrachtungsweise ist dringend<br />

notwendig. Es ist am Beispiel <strong>der</strong> Bibliotheken wie<strong>der</strong> deutlich<br />

gemacht worden. Niemand wird bestreiten können, dass Sachsen in den<br />

letzten Jahren für die Hochschulbibliotheken enorme Mittel<br />

aufgewandt hat.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Man sehe die wie<strong>der</strong>hergestellte Leipziger Universitätsbibliothek;<br />

man sehe das neu entstehende Gebäude <strong>der</strong> <strong>Sächsische</strong>n<br />

Landesbibliothek, die zugleich Staats- und Universitätsbibliothek<br />

ist; man bedenke, dass wir - jedenfalls für eine bestimmte Zeit -<br />

für Chemnitz eine akzeptable Situation geschaffen haben; man sehe<br />

die völlig neue Hochschulbibliothek in Zwickau.<br />

Aber natürlich sind wir uns dessen bewusst - das ist ja eine<br />

gesamtdeutsche Herausfor<strong>der</strong>ung -, dass die Notwendigkeiten einer<br />

guten Bibliotheksversorgung ständig steigen und ständig schwieriger<br />

werden. Da ist doch auch die Überlegung sinnvoll und gerechtfertigt<br />

zu sagen: Wenn wir denn mit Rücksicht auf den Umfang des<br />

öffentlichen Dienstes reduzieren müssen, dann müssen wir zugleich


das auch nutzen als eine Chance und, wenn man so will, auch als<br />

einen For<strong>der</strong>ungspunkt, Investitionsmittel - da schließe ich<br />

durchaus Mittel für die Bibliotheken ein - den Hochschulen<br />

gleichsam als Äquivalent zur Verfügung zu stellen.<br />

(Teilweise Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Ich finde es auch nicht hilfreich, in einer schwierigen Debatte, wo<br />

Prioritäten gegeneinan<strong>der</strong> gesetzt werden - die Priorität; die<br />

Notwendigkeit von Hochschulen gegen die Notwendigkeit von<br />

Wirtschaftsför<strong>der</strong>ung o<strong>der</strong> von Sozialpolitik -, mit solchen globalen<br />

Zahlen zu operieren wie 1 715.<br />

Herr Kollege Weiss, ich habe immer geglaubt und glaube es<br />

eigentlich immer noch, dass Naturwissenschaftler sehr viel besser<br />

rechnen können als Philologen. Aber Sie haben mich gestern in die<br />

große Versuchung geführt, als Sie den Studenten erklärten, 1 715<br />

Stellen sollen abgebaut werden. Ich hätte mich hinstellen und sagen<br />

können, den ersten Erfolg können wir gleich verkünden. Es sind 700<br />

in Wahrheit weniger, nämlich 300, die ja in den Hochschulen bleiben<br />

und eine neue Widmung erhalten sollen, und 400, bei denen wir erst<br />

einmal sehen wollen, wie wir durch gebührenpflichtige<br />

Weiterbildungsstudiengänge zu diesen 400 Stellen kommen.<br />

Also das ist keine Basis, wie ich denke, für eine differenzierte<br />

und konstruktive Debatte. Und wir werden uns doch darüber einig<br />

sein: Nur durch eine solche konstruktive Debatte können wir zu<br />

tragfähigen Entscheidungen kommen.<br />

Die Frage, ob und wie im vorgesehenen Rahmen die weitere<br />

erfolgreiche Entwicklung <strong>der</strong> sächsischen Hochschulen erreicht<br />

werden kann, muss unter Berücksichtigung <strong>der</strong> Empfehlungen <strong>der</strong> in<br />

ihrer Arbeit unabhängigen Hochschulentwicklungskommission durch<br />

eine gründliche, sachgerechte und ernsthafte Debatte politisch<br />

entschieden werden.<br />

Dabei kommen wir auch nur voran, wenn wir die Handlungsfähigkeit<br />

und Planungsmöglichkeit <strong>der</strong> Hochschulen deutlich stärken. Die<br />

Zielvereinbarung mit <strong>der</strong> Technischen Universität Dresden, die wir<br />

vor wenigen Tagen unterzeichnen konnten, ist, wie wir alle hoffen<br />

wollen, ein wesentlicher Schritt in die richtige Richtung. Und es<br />

ist, meine Damen und Herren, ein Schritt in die richtige Richtung<br />

auf einer soliden Grundlage, die solide Grundlage, die <strong>der</strong><br />

Gesetzgeber geschaffen hat, die die Voraussetzung dafür schafft,<br />

wie man die Ausgaben in <strong>der</strong> Hochschule transparent gestalten kann,<br />

wie man dadurch sichern kann, dass sie auch effizient eingesetzt<br />

werden.<br />

Meine Damen und Herren! Zu den Etatansätzen für Kunst und Kultur<br />

sind drei Feststellungen zu treffen:<br />

Erstens zeigt sich erneut, dass die Bewahrung des kostbaren Erbes<br />

<strong>der</strong> sächsischen Kultur, <strong>der</strong> sächsischen Kulturgeschichte und dessen<br />

finanzielle Notwendigkeiten den Raum für die För<strong>der</strong>ung<br />

zeitgenössischer Kunst und Kultur stark einschränkt, wie ich gar<br />

nicht bestreite. So wurden zwar die Ausgaben für die Staatsoper und<br />

das Staatsschauspiel gehalten, was im Vergleich mit an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n<br />

eine gewaltige Leistung ist, obwohl es tatsächlich diese<br />

Institutionen nicht befriedigt.


Die Mittel zur För<strong>der</strong>ung künstlerischer Projekte und kultureller<br />

Aktivitäten mussten dagegen erneut um jährlich 1,2 Millionen DM<br />

eingeschränkt werden. Das ist umso gravieren<strong>der</strong>, als die aus<br />

Sachsen kommende private Kunstför<strong>der</strong>ung immer noch sehr gering ist.<br />

Das sehen wir sehr wohl.<br />

Aber ich vermag überhaupt nicht einzusehen, Frau Lattmann-<br />

Kretschmer, wie man hier auf die Idee kommen kann, einen solchen<br />

Gegensatz zwischen Wirtschaftsbürgertum und Bildungsbürgertum<br />

aufzureißen. Warum ist denn das Bildungsbürgertum nicht mehr in<br />

einem solchen Maße in <strong>der</strong> Lage, aktiv und schöpferisch in das<br />

kulturelle Leben einzugreifen? Weil das Wirtschaftsbürgertum<br />

zerstört worden ist in diesem Teil Deutschlands. Das ist doch die<br />

schlichte Wahrheit!<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Ich weiß auch, dass wirtschaftsbürgerliche Interessen und<br />

bildungsbürgerliche Anliegen nicht identisch sind. Aber sie kommen<br />

in einem hohen Maße zusammen. Darin bestand ja die große Wirkung<br />

des Bürgertums, die große kulturelle Leistung des Bürgertums.<br />

An<strong>der</strong>s wäre sie auch gar nicht möglich gewesen.<br />

Daher ist die Stärkung <strong>der</strong> wirtschaftlichen Grundlage dieses Landes<br />

auch eine wesentliche Voraussetzung dafür, dass das kulturelle<br />

Leben wie<strong>der</strong> stärker blüht und dass das kulturelle Leben in einer<br />

gleichsam natürlichen Weise geför<strong>der</strong>t werden kann, nämlich durch<br />

das Eigeninteresse von Bürgerinnen und Bürgern, was den<br />

öffentlichen Auftrag, Kultur zu för<strong>der</strong>n, in keiner Weise eingrenzt<br />

- in keiner Weise!<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Ich sehe auch, dass die Weiterführung bisheriger Etatansätze für<br />

die großen Kultureinrichtungen durchaus eine Herausfor<strong>der</strong>ung<br />

darstellt, denn diese müssen ja in Wahrheit Kostensteigerungen<br />

auffangen.<br />

Bei den Museen und Kunstsammlungen müssen die finanziellen<br />

Anstrengungen des Landes weiterhin darauf gerichtet sein, Verluste<br />

durch Restitutionsansprüche so klein wie möglich zu halten.<br />

Insgesamt waren wir auf diesem Gebiet dank <strong>der</strong> Unterstützung durch<br />

den Bund und die Kulturstiftung <strong>der</strong> Län<strong>der</strong>, aber auch dank unserer<br />

eigenen Verhandlungsstrategie und natürlich unseres finanziellen<br />

Einsatzes im Großen und Ganzen erfolgreich. Soweit bisher<br />

erkennbar, sind die erfor<strong>der</strong>lichen Entscheidungsvorgänge im<br />

Wesentlichen jetzt abgeschlossen, und zwar erfolgreich<br />

abgeschlossen. Die finanziellen Konsequenzen werden uns aber noch<br />

begleiten.<br />

Zweitens wurde <strong>der</strong> Umfang <strong>der</strong> Investitionsleistungen auf<br />

kulturellem Gebiet verstärkt. Hier möchte ich insbeson<strong>der</strong>e das<br />

<strong>Sächsische</strong> Industriemuseum erwähnen, dessen Aufbau durch das<br />

Engagement des Freistaates kräftig voranschreitet.<br />

(Beifall des Abg. Schimpff, CDU)<br />

Auch im Wirkungsbereich des Kulturraumgesetzes wurde die<br />

Investitionsquote erhöht. Die Erfahrungen <strong>der</strong> letzten Jahre zeigen,<br />

dass <strong>der</strong> vorgesehene Anteil realistisch ist.


Herr Abg. Dr. Kunckel, Sie haben auf den notwendigen Zusammenhang<br />

zwischen <strong>der</strong> Freiheit <strong>der</strong> Kunst und dem Freiraum für die Kunst<br />

hingewiesen. Wir sind uns einig: Freiheit <strong>der</strong> Kunst heißt zunächst<br />

einmal, dass we<strong>der</strong> <strong>der</strong> Staat noch irgendeine an<strong>der</strong>e Institution mit<br />

Macht sich <strong>der</strong> Kunst und Kultur bemächtigen darf. Das ist ja<br />

zunächst einmal <strong>der</strong> geschichtliche Fortschritt in <strong>der</strong> Etablierung,<br />

<strong>der</strong> Feststellung <strong>der</strong> Freiheit von Kunst und Kultur.<br />

Aber natürlich ist Freiheit von Kunst und Kultur eine schöpferische<br />

Möglichkeit und ich sehe sehr wohl die Notwendigkeit für die<br />

Gesellschaft wie auch für den Staat hier för<strong>der</strong>nd einzugreifen.<br />

Aber hier haben wir wie<strong>der</strong>um einen echten Konflikt, den wir immer<br />

wie<strong>der</strong> neu austragen müssen, einerseits die För<strong>der</strong>ung dessen, was<br />

man mit Recht als lebendige Kultur bezeichnet, was aber den<br />

leichten Unterton hat, als wenn das die allein richtige Kultur sei.<br />

Wir müssen auch für unsere Kulturbauten Mittel zur Verfügung<br />

stellen. Und erneut ist dies eine Abwägungsfrage.<br />

Also Freiräume zu sichern ist eine vielfältige Aufgabe, eine<br />

vielschichtige Aufgabe. Wir versuchen immer wie<strong>der</strong> erneut, im<br />

Rahmen unserer finanziellen Möglichkeiten da den rechten Punkt zu<br />

treffen. Ich bin mir darüber im Klaren, dass das auch immer wie<strong>der</strong><br />

neu justiert werden muss.<br />

Wir stehen - dessen bin ich mir immer wohl bewusst - durch unsere<br />

jetzige Entwicklungsphase in <strong>der</strong> Schwierigkeit, gelegentlich auch<br />

in <strong>der</strong> Gefahr, zu sehr auf das Bewahren zu setzen und zu wenig<br />

Chancen für das Neue zu eröffnen.<br />

Nur, meine Damen und Herren, wer von uns will denn verantworten,<br />

was in Jahrhun<strong>der</strong>ten gewachsen ist - wie beispielsweise ein<br />

berühmtes Orchester - aufs Spiel zu setzen, in <strong>der</strong> Hoffnung, dass<br />

jetzt etwas entsteht, was dann in 300 o<strong>der</strong> 400 Jahren einen<br />

einzigartigen Rang hat? Ich gestehe, dass ich diesen Mut nicht<br />

habe.<br />

(Beifall des Abg. Dr. Münch, CDU)<br />

Drittens war es möglich, für die Musikschulen, <strong>der</strong>en För<strong>der</strong>ung<br />

künftig im Verantwortungsbereich des SMWK liegen soll, ein<br />

befriedigendes Maß <strong>der</strong> weiteren finanziellen Unterstützung zu<br />

erhalten. Insbeson<strong>der</strong>e ist bedeutsam, dass es dank <strong>der</strong> Initiative<br />

<strong>der</strong> CDU-Fraktion möglich war, für die Musikschulen weiterhin die<br />

politische Sichtbarkeit zu garantieren und die Konvente <strong>der</strong><br />

Kulturräume in ihren Entscheidungsnotwendigkeiten nicht zusätzlich<br />

zu belasten.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Für die Bemühungen, eine geeignete Form für ein neues<br />

Kulturraumgesetz zu finden, ist dies wahrscheinlich von einiger<br />

Bedeutung. Frau Lattmann-Kretschmer, ich gehe davon aus, dass uns<br />

das kommende Jahr auch eine Debatte über ein neues Kulturraumgesetz<br />

bringen wird, weil die Kommission <strong>der</strong>zeit gründlich arbeitet, wobei<br />

ich auch für völlig richtig halte, dass sie dies zunächst einmal<br />

diskret und ausschließlich sachorientiert tut.<br />

Die von Ihnen gefor<strong>der</strong>te Zwischenbilanz haben wir in diesem Saal<br />

hier angestellt, nämlich genau zur Halbzeit des Kulturraumgesetzes.<br />

Das war eine große, landesweit beschickte Konferenz, die sehr


erfolgreich war, die damals auch große öffentliche Aufmerksamkeit<br />

erregt hat, die sozusagen <strong>der</strong> Auftakt für die Tätigkeit <strong>der</strong> neuen<br />

Kulturraumkommission war. Daher kann ich nicht finden, dass diese<br />

Zwischenbilanz nicht angestellt worden ist.<br />

Meine Damen und Herren! Insgesamt gesehen ermöglicht <strong>der</strong><br />

Etatentwurf, jedenfalls für die Jahre 2001 und 2002, das<br />

öffentliche Leistungsvermögen für Wissenschaft und Kunst weitgehend<br />

zu sichern und eine vielversprechende Entwicklung auf dem<br />

zukunftsbedeutsamen Gebiet <strong>der</strong> Biotechnologie neu zu beginnen.<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Herr Staatsminister, gestatten<br />

Sie noch eine Zwischenfrage?<br />

Prof. Dr. Meyer, Staatsminister für Wissenschaft und Kunst: Ja,<br />

gut. Ich habe nur noch einen Satz. Also bitte, noch sind Sie drin.<br />

Frau Lattmann-Kretschmer, PDS: <strong>Der</strong> Übergang von den Kulturräumen<br />

zum Schluss Ihrer Rede war sehr schnell. Ich war ja auch bei dieser<br />

Konferenz dabei und weiß von dieser Zwischenbilanz.<br />

Ich möchte Sie dennoch fragen, ob Sie nicht auch eine große<br />

Verän<strong>der</strong>ung in dem letzten Jahr in den Kulturräumen sehen<br />

zuungunsten einer funktionierenden solidarischen Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />

um die Probleme?<br />

Prof. Dr. Meyer, Staatsminister für Wissenschaft und Kunst: Also<br />

das scheint mir ein sehr pauschales Negativurteil zu sein. Es gibt<br />

Kulturräume, die weithin und wesentlich ihre Stukturierungsaufgabe<br />

erfolgreich gelöst haben. Und es gibt solche, die noch mittendrin<br />

sind, wo aus meiner Sicht ein wesentlicher Schritt noch fehlt. Da<br />

nenne ich als Beispiel den Kulturraum Oberlausitz-Nie<strong>der</strong>schlesien.<br />

Da sind natürlich Debatten. Und in einer Debatte gibt es immer die<br />

Versuchung zu meinen, man könnte die Probleme nur in seinem eigenen<br />

Kreis lösen und will dadurch auch zugleich etwas Dauerhaftes<br />

schaffen, was ich für eine Illusion halte.<br />

Daher setze ich darauf, dass in allen Kulturräumen die<br />

Strukturierungsaufgabe, wie sie die Präambel des Kulturraumgesetzes<br />

beschreibt, bis zur Laufzeit dieses Kulturraumgesetzes erfolgreich<br />

abgeschlossen ist und dass dann <strong>der</strong> Erfolg, den wir insgesamt damit<br />

erreicht haben, auch eine gute Basis ist für die Formulierung eines<br />

neuen Kulturraumgesetzes.<br />

(Beifall des Abg. Schimpff, CDU)<br />

Ja, jetzt hat mir Frau Lattmann-Kretschmer den Schluss weggenommen.<br />

Ich sage noch einmal: Es ist ein Etat, <strong>der</strong> die Entwicklung von<br />

Wissenschaft und Kunst weitgehend sichert und neue Ansätze erlaubt.<br />

Daher bitte ich um Annahme des Etats.<br />

Danke.<br />

(Lebhafter Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Es gibt eine Wortmeldung. Herr<br />

Prof. Bramke.<br />

Prof. Dr. Bramke, PDS: Frau Präsidentin, gestatten Sie eine<br />

Richtigstellung?<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Ja, bitte.


Prof. Dr. Bramke, PDS: Eine <strong>der</strong> Missdeutungen meiner Rede möchte<br />

ich doch richtig stellen. Herr Kollege Meyer, ich habe we<strong>der</strong> Sie<br />

noch Ihr Haus verdächtigt, Showveranstaltungen, Talkshows<br />

inszeniert zu haben. Ich habe im Gegenteil betont, dass ich bei<br />

allen Veranstaltungen - und ich habe an vielen Veranstaltungen<br />

teilgenommen -, bei denen es um Auseinan<strong>der</strong>setzungen über die<br />

Stellenkürzungen und die Perspektiven <strong>der</strong> Hochschulen überhaupt<br />

gegangen ist, großen Ernst erlebt habe. Ich habe aber gesagt - und<br />

das hat möglicherweise das Missverständnis ausgelöst -, dass<br />

demgegenüber Mitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> Hochschulentwicklungskommission und<br />

auch einige CDU-Abgeordnete dies nicht für bare Münze genommen,<br />

son<strong>der</strong>n geglaubt haben, hier sei gemauert worden. Das ist ein<br />

erheblicher Unterschied.<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Meine Damen und Herren! Wir<br />

kommen jetzt zur Abstimmung über den Einzelplan 12,<br />

Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst, Ihnen vorliegend in<br />

<strong>der</strong> Drucksache 3/2400 und durch die Drucksachen 3/3784 und 3/3111<br />

verän<strong>der</strong>t.<br />

Ich rufe auf zur Abstimmung Teil 1.<br />

Zu Kapitel 12 01 liegt ein Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> SPD in<br />

<strong>der</strong> Drucksache 3/3164 vor. Ich bitte die SPD-Fraktion den Antrag<br />

einzubringen.<br />

Prof. Dr. Weiss, SPD: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen<br />

und Herren! Ich hatte Ihnen diesen Antrag schon angekündigt. Er<br />

liegt Ihnen vor.<br />

Wir beantragen, die pauschalen kw-Vermerke für den Hochschulbereich<br />

in Kapitel 12 01 ersatzlos zu streichen und die Kapitel 12 08 bis<br />

12 41 so zu än<strong>der</strong>n, wie in mehreren Anlagen aufgeführt. Es geht um<br />

die Einführung von Globalhaushalten ab 2002.<br />

Wir begründen diesen Antrag damit, dass in den nächsten acht Jahren<br />

- zumindest in den ersten Jahren dieses Zeitraums - die<br />

Studentenzahlen linear weiter ansteigen werden. Niemand weiß, ob<br />

sie unter den jetzigen Stand zurückgehen werden. Und wir begründen<br />

den Antrag damit, dass im Sinne des Subsidiaritätsprinzips die<br />

Hochschulen natürlich in <strong>der</strong> Lage wären, am sparsamsten mit den<br />

vorhandenen knappen Ressourcen umzugehen. Ich verweise noch darauf,<br />

dass dieser Antrag für die beiden kommenden Jahre absolut<br />

kostenneutral ist.<br />

Erlauben Sie mir noch ein persönliches Wort. Sie wissen,<br />

Naturwissenschaftler gelten als zurückhaltend und kaum zu Pathos<br />

neigend. Auch ich gehöre zu dieser nüchternen Spezies. In dieser<br />

Stunde aber, in <strong>der</strong>, wie <strong>der</strong> Herr Minister sagte, je<strong>der</strong> falsche<br />

Schritt eine hoffnungsvolle Entwicklung abbrechen kann o<strong>der</strong> - in<br />

einem an<strong>der</strong>en Bild - eine entscheidende Weichenstellung bevorsteht,<br />

eine Weichenstellung, die den Zug <strong>der</strong> Wissenschaft und unseres<br />

Hochschulwesens entwe<strong>der</strong> in eine fruchtbare Zukunft fahren lassen<br />

wird o<strong>der</strong> auf ein Abstellgleis, in dieser für die Hochschulen<br />

wirklich entscheidenden Stunde appelliere ich an jeden Einzelnen<br />

von Ihnen, an Ihre Verantwortung für die Zukunft des Landes: Bitte,


prüfen Sie Ihr Gewissen und entscheiden Sie so, wie es Ihr Gewissen<br />

Ihnen empfiehlt; denn die Konsequenzen werden nachhaltig sein!<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Herr Dr. Grüning, Sie möchten zu<br />

dem Än<strong>der</strong>ungsantrag zu Kapitel 12 01 sprechen? - Ich bitte Sie dies<br />

zu tun.<br />

Dr. Grüning, CDU: Frau Präsidentin! Ich bin jetzt etwas irritiert.<br />

Darf ich zu dem gesamten Än<strong>der</strong>ungsantrag sprechen o<strong>der</strong> zunächst nur<br />

zu Kapitel 12 01?<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Ich bitte Sie, nur zu Drucksache<br />

3/3163 zu sprechen, soweit sie das Kapitel 12 01 anbelangt.<br />

Dr. Grüning, CDU: Dann nehme ich zu den an<strong>der</strong>en Än<strong>der</strong>ungsanträgen<br />

später Stellung, Frau Präsidentin.<br />

Herr Prof. Weiss, ich hätte dies nicht vom Pult aus getan, wenn Sie<br />

nicht mit einigem Pathos hinter dieses Pult getreten wären. Da Sie<br />

an das Gewissen aller Abgeordneten appelliert haben, darf ich auch<br />

an das Gewissen aller Abgeordneten appellieren, auch an das Ihre.<br />

Es geht ja nicht nur darum, dass wir die Stellenzahl erhalten und<br />

damit eine mögliche Entwicklung vorantreiben, son<strong>der</strong>n es geht<br />

darum: Wie treiben wir diese Entwicklung voran bzw. wie halten wir<br />

den Stand, den Sachsens Universitäten erreicht haben? Nach meinen<br />

Informationen hat unser Nachbarland Sachsen-Anhalt 18,6 % seiner<br />

Studenten verloren. 40 % <strong>der</strong> Hochschulanfänger Sachsen-Anhalts<br />

studieren in an<strong>der</strong>en Bundeslän<strong>der</strong>n. Das Letztere will ich gar nicht<br />

negativ sehen; wir sind ja auch an Zuwachs interessiert.<br />

Aber <strong>der</strong> Verlust hat ja seine Gründe. Sie werden nur dann hohe<br />

Studentenzahlen bekommen, wenn Sie die Hochschulen attraktiv<br />

halten. Wir haben in den vergangenen Jahren auch gekürzt. Ich<br />

selbst war in meiner Fraktion ein Gegner dieser Kürzungen, ich habe<br />

mich dann dem Kompromiss angeschlossen. Diese Stellenkürzung in <strong>der</strong><br />

Vergangenheit hat zu nicht einer Mark Einsparung im<br />

Hochschulhaushalt geführt. Sie können das verfolgen. Aber wenn wir<br />

diese Kürzungen nicht vorgenommen hätten, läge die Finanzierung des<br />

Hochschulhaushalts jetzt auf einem Niveau, das wir gar nicht mehr<br />

verantworten könnten. Entwe<strong>der</strong> müssten wir uns neu verschulden o<strong>der</strong><br />

wir müssten die Sachzuwendungen an die Hochschulen <strong>der</strong>maßen kürzen,<br />

dass sie jegliche Attraktivität verlören. Wenn wir jetzt nicht in<br />

unserem Rahmen bleiben und das, was wir finanziell leisten können,<br />

auch leisten und die Fachgebiete, die wir verstärken wollen, auch<br />

verstärken, werden die Hochschulen keinerlei Attraktivität mehr<br />

haben.<br />

Ich habe es schon einmal gesagt, lieber Herr Kollege Weiss: Dieser<br />

globale Aspekt hilft überhaupt nicht. Wir müssen uns jedes Fach<br />

gemeinsam anschauen und sagen: In diesem Bereich brauchen wir kein<br />

Dreifachangebot, während in jenem Bereich zu wenig getan wird.<br />

Denken Sie auch an die Bibliotheken! Das, was Sie machen, ist nicht<br />

<strong>der</strong> Weg, um die Bibliotheken, die unbedingt gestärkt werden müssen,<br />

zu stärken.<br />

Aus diesen Gründen würde ich alle bitten, ihrem Gewissen zu folgen,<br />

unsere Hochschulen zu stärken und den Än<strong>der</strong>ungsantrag abzulehnen.


(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Es gibt eine weitere Wortmeldung<br />

zum gleichen Än<strong>der</strong>ungsantrag in Kapitel 12 01. Herr Prof. Bramke,<br />

bitte.<br />

Prof. Dr. Bramke, PDS: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!<br />

Auch ich beziehe mich zunächst nur auf das Kapitel 12 01. Die PDS-<br />

Fraktion unterstützt den Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> SPD-Fraktion. Ich muss<br />

das nicht ausführlich begründen und will deshalb auch nicht auf die<br />

Ausführungen von Herrn Dr. Grüning eingehen. Ich habe dazu in<br />

meinem Beitrag zum Gesamteinzelplan 12 bereits gesprochen und<br />

gesagt, dass wir diesen ersten Schritt <strong>der</strong> Stellenkürzungen, was<br />

die kw-Stellen betrifft, für nicht zuträglich und für einen<br />

Einstieg in weitere Kürzungen halten.<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Es gibt keine Wortmeldungen mehr.<br />

Ich lasse jetzt über den Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> SPD-Fraktion in<br />

Drucksache 3/3164 zu Kapitel 01 des Einzelplans 12 abstimmen. Wer<br />

diesem Än<strong>der</strong>ungsantrag seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich<br />

um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong><br />

Stimme? - Bei einer großen Zahl von Zustimmungen ist dem<br />

Än<strong>der</strong>ungsantrag mehrheitlich nicht zugestimmt.<br />

Meine Damen und Herren! Ich lasse jetzt über das Kapitel 01<br />

abstimmen. Wer diesem Kapitel 01 entsprechend den Ihnen<br />

vorliegenden Drucksachen die Zustimmung geben möchte, den bitte ich<br />

um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong><br />

Stimme? - Bei einer großen Zahl von Stimmen dagegen und einer<br />

Stimmenthaltung ist dem Kapitel 01 mehrheitlich zugestimmt worden.<br />

Meine Damen und Herren! Ich frage Sie, ob Sie damit einverstanden<br />

sind, dass ich über die Kapitel, zu denen keine Än<strong>der</strong>ungsanträge<br />

vorliegen, in Gänze abstimmen lasse. Das sind die Kapitel 02 bis<br />

07. -<br />

(Dr. Kunckel, SPD: Die Kapitel 02 bis 04 gemeinsam und dann<br />

bitte einzeln!)<br />

Ich soll einzeln abstimmen lassen?<br />

(Dr. Kunckel, SPD: Die Kapitel 02 bis 04 gemeinsam und die<br />

restlichen Kapitel einzeln!)<br />

Die Kapitel 02 bis 04 gemeinsam, begehrt die SPD-Fraktion, und dann<br />

die an<strong>der</strong>en auch im Block?<br />

(Jurk, SPD: Getrennt!)<br />

Gibt es vonseiten an<strong>der</strong>er Fraktionen an<strong>der</strong>e Wünsche? - Dann<br />

verfahren wir so.<br />

Ich lasse jetzt über die Kapitel 12 02, 12 03 und 12 04 gemeinsam<br />

abstimmen. Wer diesen drei Kapiteln die Zustimmung gibt, den bitte<br />

ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich<br />

<strong>der</strong> Stimme? - Bei einigen Stimmenthaltungen ist diesen drei<br />

Kapiteln zugestimmt worden, wobei das Kapitel 12 02 bekanntermaßen<br />

entfällt.<br />

Ich rufe Kapitel 12 05 auf. Wer diesem Kapitel zustimmt, den bitte<br />

ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich<br />

<strong>der</strong> Stimme? - Bei einer großen Zahl von Gegenstimmen und 2


Stimmenthaltungen ist dem Kapitel 12 05 mehrheitlich zugestimmt<br />

worden.<br />

Ich rufe Kapitel 12 06 zur Abstimmung auf. Wer diesem Kapitel die<br />

Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer<br />

stimmt dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Bei einer<br />

Gegenstimme und mehreren Stimmenthaltungen ist dem Kapitel 12 06<br />

mit Mehrheit zugestimmt worden.<br />

Ich lasse jetzt über das Kapitel 12 07 abstimmen. Wer diesem<br />

Kapitel zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt<br />

dagegen? - Keine Gegenstimme. Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Bei<br />

einer großen Zahl von Stimmenthaltungen ist auch Kapitel 12 07 mit<br />

Mehrheit beschlossen worden.<br />

Ich rufe Kapitel 12 08 zur Abstimmung auf. Dazu liegt Ihnen in <strong>der</strong><br />

vorhin schon erwähnten Drucksache 3/3164 ein Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong><br />

Fraktion <strong>der</strong> SPD vor, den ich einzubringen bitte. Es geht um den<br />

Teil, <strong>der</strong> das Kapitel 12 08 betrifft.<br />

Prof. Dr. Weiss, SPD: Frau Präsidentin, so wie ich es verstanden<br />

habe, haben wir über diesen Antrag bereits im Zusammenhang mit<br />

Kapitel 12 01 abgestimmt.<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Nein, Herr Prof. Weiss, wir haben<br />

nur über den Teil des Än<strong>der</strong>ungsantrages abgestimmt, <strong>der</strong> in Ihrer<br />

Drucksache das 1. Kapitel zum Gegenstand hatte. Wir gehen<br />

kapitelweise vor.<br />

Prof. Dr. Weiss, SPD: Dann kann ich mich aber sehr kurz fassen. An<br />

<strong>der</strong> Universität Dresden läuft ein Modellversuch zur Einführung von<br />

Globalhaushalten. Nach Erfahrungen in den alten Bundeslän<strong>der</strong>n wird<br />

damit ein ganz erheblicher Gewinn an Effizienz und Effektivität<br />

erzielt. Wir schlagen deshalb vor, ab dem Jahr 2002 solche<br />

Globalhaushalte auch für die Universität Leipzig einzuführen.<br />

Die Anträge zu den an<strong>der</strong>en Kapiteln sind sinngemäß gleich und<br />

beziehen sich auf die an<strong>der</strong>en Hochschulen. Ich werde sie nicht<br />

separat begründen.<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Meine Damen und Herren! Wer<br />

möchte sich zu diesem Än<strong>der</strong>ungsantrag äußern? - Ich bitte, dass wir<br />

dabei effektiver vorgehen, indem wir auf den Vorschlag des Abg.<br />

Prof. Weiss zurückkommen und die Ausführungen, die insgesamt zu<br />

diesem Än<strong>der</strong>ungsantrag vorzutragen sind, in <strong>der</strong> jetzigen Debatte<br />

besprechen, darüber aber bei den Kapiteln einzeln abstimmen lassen.<br />

Herr Prof. Bramke, bitte.<br />

Prof. Dr. Bramke, PDS: Frau Präsidentin, dieser Än<strong>der</strong>ungsantrag<br />

betrifft die folgenden Kapitel bis 12 11. Das ist ein Vorschlag,<br />

<strong>der</strong> die Budgetierung und die Folgen in den Einzelkapiteln<br />

hinsichtlich <strong>der</strong> Umsetzung zum Gegenstand hat, so dass das schon<br />

zusammengehört.<br />

Die PDS hat sich bereits im Ausschuss dafür ausgesprochen. Es hat<br />

hierzu eine interessante Diskussion gegeben. In <strong>der</strong> Tat ist Sachsen<br />

ein Land, das bereits hinter eine ganze Reihe an<strong>der</strong>er Bundeslän<strong>der</strong><br />

zurückgefallen ist. Es ist an <strong>der</strong> Zeit, dass eine größere Autonomie


vor allem im Finanzbereich endlich mit einigem Mut zum Risiko<br />

hergestellt wird.<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Herr Dr. Grüning, bitte.<br />

Dr. Grüning, CDU: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In <strong>der</strong><br />

hochschulpolitischen Zielsetzung stimmt meine Fraktion mit den<br />

Ausführungen von Herrn Prof. Weiß und Herrn Prof. Bramke überein.<br />

Auch wir wollen die schrittweise Einführung <strong>der</strong> Globalhaushalte an<br />

den sächsischen Universitäten. Die Universität Dresden ist mit<br />

gutem Beispiel vorangegangen.<br />

Ich muss jedoch ein "aber" hinzufügen. Herr Prof. Weiß, Ihr Antrag<br />

wi<strong>der</strong>spricht dem Entschließungsantrag <strong>der</strong> SPD-Fraktion, denn darin<br />

heißt es: "... sobald die Voraussetzungen nach § 99 <strong>Sächsische</strong>s<br />

Hochschulgesetz erfüllt sind". Genau das wollen wir. Die<br />

Globalisierung mag einen Motivierungsschub bedeuten; sie wird aber<br />

erst effektiv, wenn die Hochschule ihre eigenen Leitungsprozesse<br />

genügend durchdrungen hat. Ich habe das an <strong>der</strong> TU Chemnitz gesehen.<br />

Durch die Kosten-Leistung-Rechnung werden Strukturen in <strong>der</strong><br />

Verwaltung bloßgelegt und Effektivitätsgewinne erzielt, die sonst<br />

nicht erreichbar sind. Die Hochschulen sind dabei und sollen sich<br />

auch weiter bemühen. Meine Fraktion wird sich dafür einsetzen, dass<br />

während des laufenden Haushalts jede Hochschule diese<br />

Globalisierung bekommt, wenn sie die Voraussetzungen dafür<br />

geschaffen hat. In Chemnitz dürfte es sehr bald so weit sein.<br />

Zwickau und Zittau sind ebenfalls weit fortgeschritten.<br />

Im Augenblick sind diese Voraussetzungen jedoch noch nicht gegeben.<br />

Sie sollten sich an Ihren eigenen Entschließungsantrag halten.<br />

(Jurk, SPD: <strong>Der</strong> hat doch eine an<strong>der</strong>e Geschichte!)<br />

- Lieber Herr Jurk, auch Sie sollten sich an das Gesetz halten. Die<br />

Bedingungen sind im Hochschulgesetz genau festgehalten. Lesen Sie<br />

es bitte nach. Dann können Sie Ihren Zorn gegen mich kehren. Ich<br />

kenne Sie aber als gesetzestreuen Menschen. Diesen Eindruck werden<br />

Sie doch nicht verwischen wollen.<br />

Im Moment lehnen wir den Antrag also ab. Wir hoffen jedoch, dass<br />

wir im Laufe des Haushaltsvollzugs immer mehr Hochschulen in die<br />

Globalisierung entlassen können.<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Die SPD-Fraktion wünscht noch<br />

einmal das Wort. Herr Abg. Dr. Kunckel.<br />

Dr. Kunckel, SPD: Frau Präsidentin, zur Sache will ich nicht<br />

sprechen, son<strong>der</strong>n ich möchte einen Verfahrensvorschlag<br />

unterbreiten. Ich würde Sie bitten, über den Än<strong>der</strong>ungsantrag jetzt<br />

abstimmen zu lassen. Sollten zu den Kapiteln 12 08 bis 12 86 von<br />

den an<strong>der</strong>en Fraktionen keine Än<strong>der</strong>ungsanträge mehr vorliegen,<br />

können Sie über diese Kapitel im Block abstimmen lassen.<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Dann frage ich die Abgeordneten,<br />

ob sie ein solches Abstimmungsverhalten für korrekt erklären. Ich<br />

bin mir insoweit nicht schlüssig. Wenn zu einem Kapitel, über das<br />

wir abstimmen, Än<strong>der</strong>ungsanträge vorliegen, muss ich dieses extra<br />

aufrufen. Wer dafür ist, dass wir nach dem soeben vorgeschlagenen


einfacheren Verfahren vorgehen, den bitte ich um das Handzeichen. -<br />

Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme?<br />

Dann lasse ich jetzt über den Än<strong>der</strong>ungsantrag abstimmen, <strong>der</strong> dann<br />

nicht noch einmal bei den einzelnen Kapiteln zur Abstimmung<br />

aufgerufen wird. Wer dem Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> SPD-Fraktion, <strong>der</strong><br />

bekanntlich in viele Kapitel des Einzelhaushaltes 12 eingreift,<br />

zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? -<br />

Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Bei einer Stimmenthaltung und einer<br />

großen Zahl von Stimmen dafür ist dem Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> SPD-<br />

Fraktion mehrheitlich nicht zugestimmt worden.<br />

Meine Damen und Herren! Ich lasse jetzt über die Kapitel 12 08 bis<br />

12 14 abstimmen. Diese Kapitel fallen unter Teil I. Wer mit diesen<br />

Kapiteln einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer<br />

stimmt dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Bei einer Reihe<br />

von Gegenstimmen und einer Stimmenthaltung ist diesen Kapiteln und<br />

damit Teil I mehrheitlich zugestimmt worden.<br />

Ich rufe Teil II mit den Kapiteln 12 15 bis 12 86 und die<br />

Stellenpläne auf. Wer mit diesen Kapiteln und den Stellenplänen<br />

einverstanden ist, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt<br />

dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Es gibt eine große Anzahl<br />

von Abgeordneten, die gegen diesen Teil II stimmten. Zwei<br />

Abgeordnete enthielten sich <strong>der</strong> Stimme. Mehrheitlich ist diesem<br />

Teil II zugestimmt worden.<br />

Wir kommen zur Abstimmung über den Einzelplan Staatsministerium für<br />

Wissenschaft und Kunst in Gänze. Wer diesem Einzelplan seine<br />

Zustimmung geben möchte, den bitte ich nun um das Handzeichen. -<br />

Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Bei einer<br />

großen Zahl von Stimmen dagegen ist dem Einzelplan 12 mehrheitlich<br />

zugestimmt worden.<br />

Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen bekannt geben, wie viel<br />

Redezeit die Fraktionen noch haben: <strong>Der</strong> CDU-Fraktion stehen noch 99<br />

Minuten zur Verfügung, <strong>der</strong> PDS-Fraktion 28 Minuten und <strong>der</strong> SPD-<br />

Fraktion 7 Minuten; die Redezeit <strong>der</strong> Staatsregierung beträgt noch<br />

25 Minuten.<br />

Meine Damen und Herren, ich rufe auf<br />

Tagesordnungspunkt 4.11<br />

Einzelplan 04 - Staatsministerium <strong>der</strong> Finanzen<br />

Einzelplan 14 - Staatliche Hochbau- und Liegenschaftsverwaltung<br />

Einzelplan 15 - Allgemeine Finanzverwaltung<br />

Zunächst haben die Berichterstatter des Haushalts- und<br />

Finanzausschusses die Möglichkeit das Wort zu nehmen. Ich frage<br />

Frau Simon, Herrn Albrecht und Herrn Dr. Metz, ob sie das tun<br />

möchten. - Ich sehe, das ist nicht <strong>der</strong> Fall. Dann treten wir in die<br />

Debatte zu den drei Einzelplänen ein.<br />

Die Fraktionen werden in <strong>der</strong> ersten Runde in <strong>der</strong> Reihenfolge<br />

sprechen: PDS, CDU, SPD, CDU und Staatsregierung. Die Debatte zu<br />

den drei Einzelplänen 04, 14 und 15 ist eröffnet. Ich bitte die<br />

PDS-Fraktion, Frau Abg. Simon.<br />

Frau Simon, PDS: Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und<br />

Herren! "Die Wissenschaft <strong>der</strong> Planung besteht darin, den<br />

Schwierigkeiten <strong>der</strong> Ausführung zuvorzukommen." Das von Marquis de


Vauvenargues um 1750 trefflich formulierte Bonmot bestärkte mich<br />

bei meiner Beschäftigung mit dem Einzelplan 04 sowie den<br />

Einzelplänen 14 und 15.<br />

Zum Einzelplan 14 ist zu sagen, dass die PDS-Fraktion den<br />

Reformansatz <strong>der</strong> Zusammenfassung <strong>der</strong> Investitionstätigkeit und <strong>der</strong><br />

Bewirtschaftung <strong>der</strong> Immobilien in einem Plan akzeptiert, begrüßt<br />

und aufmerksam dieses Vorhaben verfolgen wird. Auf unsere Anregung<br />

hin werden die damit verbundenen Strukturän<strong>der</strong>ungen im Bereich <strong>der</strong><br />

staatlichen Hochbau- und Liegenschaftsverwaltung ab Januar 2001 im<br />

Haushalts- und Finanzausschuss auf <strong>der</strong> Tagesordnung stehen und<br />

weiter hinterfragt werden.<br />

Noch viel ausführlicher hingegen werden wir uns mit <strong>der</strong> im<br />

Einzelplan 04 dokumentierten Struktur <strong>der</strong> Einnahmenbeschaffung<br />

auseinan<strong>der</strong> setzen müssen. Jawohl, meine Damen und Herren <strong>der</strong><br />

Mehrheitsfraktion, die PDS sorgt sich um die Verbesserung <strong>der</strong><br />

Einnahmen des Freistaates, und das sehr zu Recht, wie Sie gleich<br />

hören werden.<br />

An <strong>der</strong> Schwelle zum dritten Jahrtausend verän<strong>der</strong>t sich unsere<br />

Gesellschaft tief greifend. Die europäische Integration gewinnt<br />

immer schärferes Profil. Soziale Gerechtigkeit und<br />

Steuergerechtigkeit gehören untrennbar zusammen. Wenn trotz<br />

deutlich wachsendem Bruttosozialprodukt die Steuereinnahmen<br />

stagnieren, zum Teil sogar zurückgehen, wenn Steuerzahler über<br />

Verlustzuweisungen, Son<strong>der</strong>abschreibungen und Ausnahmeregelungen<br />

sowie Son<strong>der</strong>tatbestände weiterhin ihre Steuerschuld drastisch<br />

min<strong>der</strong>n können, während Arbeitnehmer bis an die Grenze ihrer<br />

wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit mit Steuern belastet werden,<br />

dann ist vor allem <strong>der</strong> soziale Frieden in Gefahr.<br />

Schattenwirtschaft und Steuerkriminalität lassen risikolos reiche<br />

Erträge einfahren.<br />

Wie nun ist <strong>der</strong> Freistaat auf diese Herausfor<strong>der</strong>ung eingestellt? In<br />

Sachsen gab es 1999 ca. 326 000 Betriebe und 322 eingesetzte<br />

Betriebsprüfer. Das heißt, ein Prüfer sieht sich ca. 1 000<br />

Betrieben gegenüber. Allein aus diesem Zahlenverhältnis ist zu<br />

ersehen, dass es nicht mehr darum geht, die komplexen Grundlagen<br />

<strong>der</strong> Besteuerung zu ermitteln und eine qualitativ hochwertige Arbeit<br />

zu leisten, son<strong>der</strong>n lediglich die Mängel <strong>der</strong> Arbeitsfälle zu<br />

bewältigen, die Arbeit irgendwie in den Griff zu bekommen.<br />

Trotz aller Bemühungen ergibt sich ein Prüfungsrhythmus bei den<br />

Großbetrieben von fünf Jahren, bei Mittelbetrieben von knapp zehn<br />

Jahren, bei den Kleinbetrieben von 26 Jahren und bei<br />

Kleinstbetrieben von 206 Jahren. Dabei erreicht in Sachsen ein<br />

Betriebsprüfer ein Steuermehrergebnis von immerhin 879 000 DM, also<br />

wesentlich mehr, als er selber kostet.<br />

Die hier genannten Zahlen bedeuten übrigens im Vergleich mit den<br />

an<strong>der</strong>en Bundeslän<strong>der</strong>n nur die letzten o<strong>der</strong> vorletzten Plätze. Wir<br />

werden sicherlich noch ein paar Jahre brauchen, um Hessens<br />

Mehrergebnis von 6 Millionen DM je Steuerprüfer zu erreichen. So<br />

wird <strong>der</strong> Freistaat selbst von Mecklenburg-Vorpommern mit 1,18<br />

Millionen DM und Brandenburg in Höhe von 1,5 Millionen DM um Längen<br />

geschlagen. Beson<strong>der</strong>s pikant werden diese Zahlen durch den Fakt,


dass bundesweit 75 % <strong>der</strong> Steuermehreinnahmen aus <strong>der</strong> Prüfung von<br />

Großbetrieben resultieren. Sollte also das schlechte sächsische<br />

Ergebnis Ausdruck einer ganz beson<strong>der</strong>en Art <strong>der</strong><br />

Wirtschaftsför<strong>der</strong>ung für Großbetriebe, sprich Leuchttürme, sein,<br />

indem ein sächsisches Steuerparadies geschaffen wurde?<br />

Selbstverständlich empfehlen wir nicht einfach nur, ein paar Prüfer<br />

mehr einzustellen und schon ist Sachsen jede Finanzsorge los. Nein,<br />

das wäre wohl zu einfach. Aber über Regularien zu einer<br />

ergebnisorientierten Arbeit, höchstmögliche Unterstützung und<br />

Anerkennung dieser verantwortungsvollen Tätigkeit, Nutzung <strong>der</strong><br />

landeseigenen Ausbildungsstätte und verstärkte Einstellung von<br />

Absolventen dieser Ausbildungsrichtungen und durchaus auch über<br />

eine angemessene bessere Vergütung in <strong>der</strong> Steuerverwaltung werden<br />

wir uns schon unterhalten müssen, denn bedenken Sie bitte - und mit<br />

den Worten Lichtenbergs möchte ich schließen: "Es gibt Leute, die<br />

gut zahlen, die schlecht zahlen, die prompt zahlen, die nie zahlen,<br />

Leute, die schleppend zahlen, Leute, die bar zahlen, die abzahlen,<br />

draufzahlen, heimzahlen, nur Leute, die gern zahlen, die gibt es<br />

nicht."<br />

Vielen Dank.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Das Wort hat die CDU-Fraktion.<br />

Ich darf Herrn Abg. Albrecht dazu bitten.<br />

Albrecht, CDU: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und<br />

Herren! Meine Vorgängerin hatte schon darauf hingewiesen: Es geht<br />

in den drei Haushalten tatsächlich um viel Struktur und um viel<br />

Verwaltung. Zu den einzelnen Plänen lässt sich vieles sagen. Ich<br />

möchte mich relativ kurz fassen.<br />

Zum Einzelplan gerafft: Es ist ein reiner Verwaltungshaushalt und<br />

insoweit von Personalausgaben dominiert. Schwerpunkt sind die<br />

Sachinvestitionen für die Reformierung im EDV-Bereich, insbeson<strong>der</strong>e<br />

die Umsetzung verschiedener Verfahren.<br />

Mit einem Stellenabbau von 483 Stellen im Jahr 2001 und weiteren 40<br />

im Jahr 2002 leistet <strong>der</strong> Geschäftsbereich des SMF einen erheblichen<br />

Beitrag zur Personalreduzierung auf Landesebene. Die CDU ist dem<br />

Ministerium und dem Minister sehr dankbar, dass sie an dieser<br />

Stelle mit gutem Beispiel vorangehen.<br />

Zum Einzelplan 14: Im erstmals aufgestellten Einzelplan 14 - es<br />

wurde schon auf die Strukturän<strong>der</strong>ung hingewiesen - sind die<br />

ehemaligen Kapitel "Landesbau" und "Hochschulbau" sowie einige<br />

Titel aus dem ehemaligen Kapitel "Grundstücksbewirtschaftung" und<br />

aus dem Kapitel "Staatsvermögen" zusammengefasst. Ich denke, dies<br />

ist <strong>der</strong> richtige Schritt.<br />

Die einzelnen Kapitel sind ressortbezogen aufgestellt und damit ist<br />

auch für das Hohe Haus eine stärkere Transparenz gegeben.<br />

Rund 74 % aller Ausgaben entfallen auf Baumaßnahmen. Lediglich 15 %<br />

werden für Maßnahmen <strong>der</strong> Grundstücksbewirtschaftung und 10 % für<br />

Mieten eingesetzt. Das heißt also ganz klar, Investitionen stehen<br />

im Mittelpunkt.<br />

Aus dem Globalansatz für den staatlichen Hochschulbau wurden knapp<br />

5 Millionen DM zugunsten von kleineren Umbau- und


Erweiterungsmaßnahmen an <strong>der</strong> TU Dresden umgeschichtet. Das ist<br />

zweifelsohne ein Schritt zu mehr Eigenverantwortlichkeit.<br />

Des Weiteren wurden aufgrund des Planungsfortschritts verschiedene<br />

Stellensperren aufgehoben sowie einige redaktionelle<br />

Titelverän<strong>der</strong>ungen vorgenommen.<br />

Zum Einzelplan 15: <strong>Der</strong> Einzelplan 15 sieht Gesamteinnahmen von rund<br />

25 Milliarden DM im Jahr 2001 und ca. 25 Milliarden DM im Jahr 2002<br />

vor. Dem stehen Ausgaben von 9,2 Milliarden DM bzw. 9,6 Milliarden<br />

DM gegenüber.<br />

Nun hat Frau Simon sicherlich recht präzise auf die verschiedenen<br />

Einnahmequellen hingewiesen, und zwar aus dem Bereich <strong>der</strong> Steuern.<br />

Ich möchte hier noch ergänzend anfügen, dass neben den Steuern<br />

natürlich <strong>der</strong> Län<strong>der</strong>finanzausgleich, Fehlbedarfs-<br />

Bundesergänzungszuweisungen sowie EFG-Mittel zu benennen sind.<br />

Ausgabenschwerpunkte bildet mit rund 6,25 Milliarden DM im Jahr<br />

2001 und etwa in gleicher Größenordnung für 2002 <strong>der</strong> kommunale<br />

Finanzausgleich.<br />

Wesentliche Än<strong>der</strong>ungen, die wir als CDU-Fraktion getragen haben,<br />

kann man so zusammenfassen: Aufgrund <strong>der</strong> Steuerschätzung wurden die<br />

Ansätze <strong>der</strong> Steuereinnahmen - ich denke, das ist völlig berechtigt<br />

- um jeweils 80 Millionen DM verringert. Im Gegenzug konnte <strong>der</strong><br />

Ansatz für die Ausschüttung des Sachsen-Finanzverbandes an den<br />

Freistaat Sachsen um jeweils 20 Millionen DM erhöht werden.<br />

Weiterhin wurde aufgrund <strong>der</strong> Haushaltsentwicklung des laufenden<br />

Haushaltsjahres eine Absenkung <strong>der</strong> geplanten Zinsausgaben für die<br />

aufgelaufenen Staatsschulden um 46 Millionen DM bzw. 56 Millionen<br />

DM möglich.<br />

Zusammengefasst kann man emotionslos sagen: Alle drei Einzelpläne<br />

sind Ausdruck einer soliden Finanzpolitik.<br />

Danke.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Möchte die SPD-Fraktion sprechen?<br />

- Gibt es Abgeordnete, die zu einem <strong>der</strong> drei Einzelpläne noch das<br />

Wort wünschen? - Möchte die Staatsregierung sprechen? - Auch das<br />

ist nicht <strong>der</strong> Fall. Somit kommen wir zur Abstimmung.<br />

Ich rufe Einzelplan 04 - Staatsministerium <strong>der</strong> Finanzen - zur<br />

Abstimmung auf. Er liegt Ihnen in Drucksache 3/2400, verän<strong>der</strong>t<br />

durch die Drucksachen 3/2784 und 3/3111, vor. Wer damit<br />

einverstanden ist, dass wir in Gänze über diesen Einzelplan<br />

abstimmen, weil es keine Än<strong>der</strong>ungsanträge gibt, den bitte ich mir<br />

das zu signalisieren. - Sie sind einverstanden.<br />

Ich lasse über die Kapitel 04 01 bis 04 13 und über die<br />

Stellenpläne des Einzelplanes 04 in Gänze abstimmen. Wer mit diesem<br />

Einzelplan 04 in Gänze einverstanden ist, den bitte ich um<br />

Zustimmung durch das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Wer<br />

enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Es gab keine Gegenstimmen, aber eine<br />

Reihe von Stimmenthaltungen. Diesem Einzelplan stimmte <strong>der</strong> <strong>Landtag</strong><br />

mit Mehrheit zu.<br />

Ich rufe zur Abstimmung Einzelplan 14 - Staatliche Hochbau- und<br />

Liegenschaftsverwaltung - in Drucksache 3/2400, verän<strong>der</strong>t durch die<br />

Drucksachen 3/2784 und 3/3111, auf. Auch hier liegen mir keine


Än<strong>der</strong>ungsanträge vor. Gibt es Wi<strong>der</strong>spruch, wenn ich über den<br />

Einzelplan 14 in Gänze abstimmen lasse? - Ich sehe, das ist nicht<br />

<strong>der</strong> Fall.<br />

Somit rufe ich den Einzelplan 14 in Gänze einschließlich <strong>der</strong><br />

Kapitel 14 01 bis 14 40 zur Abstimmung auf. Wer diesem Einzelplan<br />

14 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt<br />

dagegen? - Es gibt keine Gegenstimmen. Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme?<br />

- Es gibt eine Reihe von Stimmenthaltungen. <strong>Der</strong> <strong>Landtag</strong> hat dem<br />

Einzelplan 14 mit Mehrheit zugestimmt.<br />

Ich rufe den Einzelplan 15 - Allgemeine Finanzverwaltung - zur<br />

Abstimmung auf. Es liegt Ihnen die Drucksache 3/2400, geän<strong>der</strong>t<br />

durch die Drucksachen 3/2784 und 3/3111, vor. Ich stimme jetzt mit<br />

Ihnen gemeinsam kapitelweise ab, weil es eine Zahl von<br />

Än<strong>der</strong>ungsanträgen gibt.<br />

Ich rufe Kapitel 15 01 auf. Wer diesem Kapitel seine Zustimmung<br />

geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es<br />

Gegenstimmen? - Es gibt eine Gegenstimme. Wer enthält sich <strong>der</strong><br />

Stimme? - Eine Zahl Abgeordneter enthält sich <strong>der</strong> Stimme. Damit ist<br />

dem Kapitel 15 01 mehrheitlich zugestimmt worden.<br />

Zum Kapitel 15 03 liegen uns zwei Än<strong>der</strong>ungsanträge <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong><br />

SPD in den Drucksachen 3/3185 und 3/3184 vor. Ich bitte Sie diese<br />

Än<strong>der</strong>ungsanträge einzubringen. Herr Abg. Lochbaum, bitte.<br />

Lochbaum, SPD: Frau Präsidentin! Unsere Än<strong>der</strong>ungsanträge zu Kapitel<br />

15 03 sind Deckungsvorschläge. Deshalb bitte ich Sie, die<br />

Än<strong>der</strong>ungsanträge zu Kapitel 15 03 und damit auch die Abstimmung<br />

über das Kapitel 15 03 zurückzustellen. Wir müssen zuerst über<br />

unseren Än<strong>der</strong>ungsantrag zu Kapitel 15 30 abstimmen. Dann müssten<br />

Sie noch einmal das Kapitel 15 03 aufrufen. Es geht lei<strong>der</strong> nicht<br />

an<strong>der</strong>s, Frau Präsidentin.<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Es gibt keinen Wi<strong>der</strong>spruch<br />

dagegen. Wir verfahren so, weil es die Logik gebietet, und stellen<br />

die Abstimmung zu Kapitel 15 03 an das Ende.<br />

Ich rufe auf Kapitel 15 10, 15 20, 15 21 und 15 28. Es liegen keine<br />

Än<strong>der</strong>ungsanträge vor. Deshalb schlage ich Ihnen vor, über diese<br />

Kapitel gemeinsam abzustimmen.<br />

Wer diesen Kapiteln, die ich soeben aufgerufen habe, zustimmen<br />

möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? -<br />

Es gibt eine Gegenstimme. Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Es gibt<br />

eine Reihe von Stimmenthaltungen. Damit wurde diesen vier Kapiteln<br />

mit Mehrheit zugestimmt.<br />

Ich rufe Kapitel 15 30 auf. Hierzu liegt ein Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong><br />

Fraktion <strong>der</strong> SPD in Drucksache 3/3189 vor. Ich bitte, diesen<br />

Än<strong>der</strong>ungsantrag einzubringen. Frau Abg. Weihnert, bitte.<br />

Frau Weihnert, SPD: Meine Damen und Herren! Ich habe heute mit<br />

Freude vernommen, dass Sie den Kommunen sehr viel Kompetenz<br />

zubilligen und auch sagen, Kommunen seien in <strong>der</strong> Lage, mit den<br />

Dingen vor Ort korrekt umzugehen. Genau dies wollen wir auch mit<br />

unserem Antrag.<br />

Wir for<strong>der</strong>n Sie auf, die investiven Schlüsselzuweisungen jeweils um<br />

100 Millionen DM in diesen beiden Haushalten zu erhöhen. Sachsens


Kommunen erhielten in den letzten Jahren weniger kommunale<br />

Zuweisungen, als es in an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Fall ist. Herr<br />

Finanzminister, Sie haben uns gestern Zahlen genannt.<br />

Ich gebe kurz einmal für Sie zur Verdeutlichung Zahlen aus <strong>der</strong><br />

Kassenstatistik bekannt: Sachsen-Anhalt 2 300, Brandenburg 2 137,<br />

Mecklenburg-Vorpommern 2 037, Thüringen 1 950 und Sachsen, meine<br />

Damen und Herren, liegt an letzter Stelle bei 1 772 DM pro<br />

Einwohner. <strong>Der</strong> Antrag ist dringend geboten, damit <strong>der</strong> investive<br />

Handlungsspielraum vor Ort geklärt und geregelt werden kann. Unsere<br />

Kommunen sind tatsächlich in <strong>der</strong> Lage selbst zu entscheiden, wo sie<br />

ihre investiven Schwerpunkte setzen.<br />

Wir bitten Sie, unserem Antrag zuzustimmen und pro Haushaltsjahr<br />

100 Millionen DM zusätzlich einzustellen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Zu dem Än<strong>der</strong>ungsantrag spricht<br />

die CDU-Fraktion. Herr Abg. Dr. Metz, bitte.<br />

Dr. Metz, CDU: Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kolleginnen<br />

und Kollegen! Es tut mir Leid, Frau Weihnert, wenn ich Ihnen mit<br />

aller Deutlichkeit sagen muss, dass dieser Antrag, den Sie hier<br />

stellen, dem Finanzausgleichsgesetz, wie wir es im Zuge des<br />

Gleichmäßigkeitsgrundsatzes in Sachsen praktizieren, wi<strong>der</strong>spricht.<br />

Ihr Antrag ist vollkommen systemwidrig. Wir haben in Sachsen ein<br />

Finanzausgleichsgesetz, das aufgrund des<br />

Gleichmäßigkeitsgrundsatzes funktioniert - ich bitte Sie, das<br />

künftig zu beachten - und völlig unabhängig von <strong>der</strong> Verbundquote<br />

ist. Die Verbundquote ist ein Resultat des<br />

Gleichmäßigkeitsgrundsatzes und nicht, wie in an<strong>der</strong>en,<br />

möglicherweise SPD-regierten Län<strong>der</strong>n, die Voraussetzung für das<br />

FAG. Wie im Antrag gefor<strong>der</strong>t, Mittel in Höhe von 100 Millionen DM<br />

zusätzlich bereitzustellen, ist im Zuge unseres gesetzlich<br />

festgeschriebenen FAG überhaupt nicht möglich.<br />

Ich bitte die SPD-Fraktion endlich zu erkennen, dass ihr Antrag<br />

unserem Gleichmäßigkeitsgrundsatz, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> Anhörung<br />

deutschlandweit als sehr gutes Beispiel hervorgehoben worden ist -<br />

ich habe in meiner Rede davon gesprochen -, vollkommen<br />

wi<strong>der</strong>spricht. Ich verstehe Ihr Anliegen überhaupt nicht. Ich<br />

verstehe nicht, wie Sie ein solches Anliegen überhaupt stellen<br />

können.<br />

Ich möchte darauf hinweisen, dass wir im Rahmen des FAG, das wir<br />

gestern im Hohen Hause verabschiedet haben, auf Antrag <strong>der</strong> CDU-<br />

Fraktion Verän<strong>der</strong>ungen vorgenommen haben. Wir haben uns aber<br />

inhaltlich dazu bekannt, dass wir die Erhöhung <strong>der</strong> investiven<br />

Schlüsselzuweisungen in dem Rahmen, wie es die Staatsregierung<br />

vorgelegt hat, mittragen. Ich habe auch deutlich gesagt, dass wir<br />

in den nächsten Jahren bis zum Jahr 2004 die Erhöhung von jeweils<br />

125 Millionen DM mittragen wollen und mittragen werden.<br />

Aber ich bitte darum, nicht systemkonforme, gesetzwidrige Anträge<br />

künftig zu unterlassen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Wir werden den Antrag ablehnen.


2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Es gibt eine weitere<br />

Stellungnahme zu dem Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> SPD-Fraktion. Ich bitte<br />

Herrn Abg. Dr. Friedrich, PDS-Fraktion.<br />

Dr. Friedrich, PDS: In aller Kürze: Kollege Dr. Metz, gesetzwidrig<br />

o<strong>der</strong> systemwidrig ist dieser Än<strong>der</strong>ungsantrag selbstverständlich<br />

nicht. Die PDS-Fraktion hat grundsätzlich Sympathie für das<br />

Anliegen, welches die SPD-Fraktion mit diesem Antrag verfolgt,<br />

nämlich die kommunale Investitionskraft zu verstärken.<br />

Man muss natürlich fragen, ob <strong>der</strong> Weg, <strong>der</strong> mit diesem<br />

Än<strong>der</strong>ungsantrag vorgeschlagen wird, <strong>der</strong> richtige und im Sinne <strong>der</strong><br />

kommunalen Selbstverwaltung ist. Hier, ich erinnere an die gestrige<br />

Debatte, hat meine Fraktion Zweifel. Wir hätten es vorgezogen, und<br />

insofern gibt es eine gewisse Parallelität zu <strong>der</strong> Argumentation von<br />

Dr. Metz, dass, wenn man für die Kommunen mehr Geld haben will, es<br />

in die Verbundmasse des FAG einstellt und den Kommunen überlässt,<br />

frei und disponibel zu entscheiden. Das wäre <strong>der</strong> richtige Weg<br />

gewesen.<br />

Wir sind prinzipiell dagegen, den Kommunen über diverse<br />

Son<strong>der</strong>programme praktisch neben dem und außerhalb des FAG zu viele<br />

För<strong>der</strong>töpfe, die sich verwaltungstechnisch schwierig behandeln<br />

lassen, zu geben. Wir würden diese Mittel gern ins FAG einstellen.<br />

Für uns ist auch die Deckung nur schwer nachvollziehbar. Unser Weg<br />

wäre, auf <strong>der</strong> Grundlage einer Qualifizierung des<br />

Gleichmäßigkeitsgrundsatzes, die natürlich aufgabenseitig erfolgen<br />

muss, die FAG-Mittel zu erhöhen.<br />

Wir empfehlen Enthaltung zu diesem Än<strong>der</strong>ungsantrag.<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Meine Damen und Herren! Ich<br />

stelle den Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> SPD-Fraktion in Drucksache 3/3189<br />

zur Abstimmung. Wer diesem Än<strong>der</strong>ungsantrag seine Zustimmung geben<br />

möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Ich danke. Wer ist<br />

dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Bei wenigen Dafür-Stimmen<br />

und bei einer Reihe von Stimmenthaltungen ist dem Antrag nicht<br />

gefolgt worden. Er ist abgelehnt.<br />

Ich darf jetzt die Rückfrage stellen, ob sich damit die im Kapitel<br />

15 03 vorgesehenen Än<strong>der</strong>ungsanträge <strong>der</strong> SPD-Fraktion erledigt<br />

haben.<br />

Lochbaum, SPD: Sie haben sich erledigt.<br />

2. Vizepräsidentin Frau Zschoche: Dann lasse ich jetzt zunächst<br />

über das Kapitel 15 30 abstimmen. Wer dem Kapitel 15 30 seine<br />

Zustimmung geben will, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer<br />

lehnt es ab? - Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Bei einer Anzahl von<br />

Gegenstimmen ist dem Kapitel 15 30 mehrheitlich zugestimmt.<br />

Ich rufe auf das Kapitel 15 40. Wer diesem Kapitel zustimmt, den<br />

bitte ich um das Handzeichen. - Danke. Wer stimmt dagegen? - Wer<br />

enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Bei einer Reihe von Gegenstimmen ist<br />

diesem Kapitel 15 40 zugestimmt worden.<br />

Jetzt holen wir die Abstimmung zum Kapitel 15 03 nach. Wer diesem<br />

Kapitel seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das<br />

Handzeichen. - Danke. Wer stimmt dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong>


Stimme? - Bei wenigen Gegenstimmen und einer Reihe von<br />

Stimmenthaltungen ist diesem Kapitel 15 03 zugestimmt.<br />

Ich rufe auf Einzelplan 15, Allgemeine Finanzverwaltung. Wir<br />

stimmen über den Einzelplan 15 in Gänze ab. Wer dem Einzelplan 15<br />

zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? -<br />

Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Es gab sehr viele Gegenstimmen.<br />

Mehrheitlich ist dem Einzelplan 15 zugestimmt worden.<br />

Meine Damen und Herren! Wir kommen nun zum<br />

Tagesordnungspunkt 4.12<br />

- Beschlussfassung zu Drucksache 3/2401 (Haushaltsbegleitgesetz<br />

2001 und 2002) auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> Beschlussfassung in Drucksache<br />

3/3110<br />

- Beschlussfassung zu den Drucksachen 3/2400 und 3/2784<br />

(Haushaltsgesetz 2001 und 2002 sowie Ergänzungsvorlage)<br />

auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong> Beschlussempfehlung<br />

in Drucksache 3/3111<br />

Es handelt sich im Einzelnen, wie die Tagesordnung ausweist, um die<br />

Beschlussfassung zu den Entwürfen<br />

- Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplanes des Freistaates<br />

Sachsen für die Haushaltsjahre 2001 und 2002 und die Festlegung <strong>der</strong><br />

Finanzausgleichsmassen und <strong>der</strong> Verbundquoten in den Jahren 2001 und<br />

2002, Drucksache 3/3111 als Beschlussempfehlung des Haushalts- und<br />

Finanzausschusses und<br />

- Gesetz über Maßnahmen zur Sicherung <strong>der</strong> öffentlichen Haushalte<br />

2001 und 2002 im Freistaat Sachsen (Haushaltsbegleitgesetz) und zur<br />

Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Vorläufigen Haushaltsordnung des Freistaates Sachsen,<br />

Drucksache 3/3110 als Beschlussempfehlung des Haushalts- und<br />

Finanzausschusses.<br />

Meine Damen und Herren! Ich schlage Ihnen vor, über beide<br />

Gesetzentwürfe gemeinsam zu beraten und danach getrennt<br />

abzustimmen. Ich sehe, es gibt keinen Wi<strong>der</strong>spruch. Dann verfahren<br />

wir auf diese Weise.<br />

Den Fraktionen wird das Wort zur allgemeinen Aussprache nach<br />

Geschäftsordnung § 42 Abs. 1 Satz 1 erteilt. Die Fraktionen können<br />

in folgen<strong>der</strong> Reihenfolge in <strong>der</strong> ersten Runde sprechen. Es beginnt<br />

die Fraktion <strong>der</strong> CDU, es folgen PDS, CDU, SPD und die<br />

Staatsregierung. Die Aussprache ist eröffnet. Ich bitte die CDU-<br />

Fraktion, Herrn Abg. Hahn.<br />

Hahn, CDU: Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zur<br />

vorgerückten Stunde und fast zum Abschluss <strong>der</strong> Haushaltsdebatte von<br />

mir noch ein paar wenige Worte zum Haushaltsbegleitgesetz. Das<br />

Haushaltsbegleitgesetz glie<strong>der</strong>t sich in 17 Artikel. Zu den Artikeln<br />

1 bis 13 ist in <strong>der</strong> vorangegangenen Diskussion inhaltlich,<br />

emotional, politisch und ganz umfangreich gesprochen worden, so<br />

dass ich mir das ersparen kann. Zu kurz gekommen ist die Diskussion<br />

des Artikels 14, nämlich die Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> <strong>Sächsische</strong>n<br />

Haushaltsordnung.<br />

<strong>Der</strong> Freistaat gibt sich damit ein mo<strong>der</strong>nes Regelwerk, das die auf<br />

Bundesebene vereinbarten Än<strong>der</strong>ungen sowie die Vorgaben <strong>der</strong><br />

Landesverfassung umsetzt. <strong>Der</strong> Entwurf hat zum Ziel, durch höhere<br />

Flexibilität und durch Einführung betriebswirtschaftlicher Elemente


mehr Wirtschaftlichkeit im Umgang mit öffentlichen Gel<strong>der</strong>n und ein<br />

verbessertes ergebnisorientiertes staatliches Handeln zu erzielen.<br />

Mit <strong>der</strong> vorgesehenen Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Haushaltsordnung wurde zunächst<br />

den Än<strong>der</strong>ungen im Haushaltsgrundsätzegesetz des Bundes Rechnung<br />

getragen. Darüber hinaus wurde auch bedacht, dass nach <strong>der</strong><br />

Beschlussfassung <strong>der</strong> Vorläufigen <strong>Sächsische</strong>n Haushaltsordnung vor<br />

Jahren später dann die vom Parlament beschlossenen und in <strong>der</strong><br />

<strong>Sächsische</strong>n Verfassung verankerten haushaltsrelevanten Probleme<br />

Beachtung finden konnten. Diese Probleme wurden teilweise in den<br />

vorangegangenen Jahren in die Haushaltsgesetze eingearbeitet und<br />

hatten somit nur zeitlich befristeten Charakter.<br />

Auch einige Regelungen, die dauerhafte Gültigkeit hatten, sind<br />

jetzt durch die Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Vorläufigen <strong>Sächsische</strong>n<br />

Haushaltsordnung nicht mehr zeitlich befristet, son<strong>der</strong>n sind in<br />

dieses Regelwerk mit eingearbeitet. Die jetzt vorliegende<br />

Haushaltsordnung, die heute beschlossen werden wird, übernimmt<br />

diese Dauerhaftigkeit und ist eigentlich für weitere Regelungen<br />

geschaffen.<br />

Schließlich wurde auch dem Wunsch des <strong>Landtag</strong>es Rechnung getragen,<br />

ausdrücklich neue Steuerungselemente in die Haushaltsordnung, die<br />

bisher ausschließlich auf Kameralistik abgestellt war,<br />

einzubeziehen. Einer dieser Punkte ist zum Beispiel die bereits<br />

angesprochene Nettoveranschlagung bei Staatsbetrieben. Wesentlich<br />

sind weitere Neuerungen, wie zum Beispiel die Möglichkeit, Ausgaben<br />

ins Folgejahr zu übertragen - diese Ausgabenermächtigung wird<br />

erweitert -, ebenso die Voraussetzungen, unter denen Ausgaben für<br />

gegenseitig deckungsfähig erklärt werden können. Wir hatten gestern<br />

in <strong>der</strong> Diskussion um den Einzelplan 09 dieses Problem schon<br />

angesprochen. Ich denke, dass durch die Än<strong>der</strong>ungen in <strong>der</strong><br />

Vorläufigen Haushaltsordnung auch diesem Problem Rechnung getragen<br />

werden kann.<br />

Durch die Lockerung des Gesamtdeckungsgrundsatzes sollen Anreize<br />

zur Erzielung von Mehreinnahmen geschaffen werden.<br />

Betriebswirtschaftliche Elemente, wie vor allem die Kosten- und<br />

Leistungsrechnung, werden in Zukunft gesetzlich festgeschrieben.<br />

Mit dem neuen § 7a wird eine dauerhafte Rechtsgrundlage für die<br />

Einführung von Budgetierungsverfahren und betriebswirtschaftlichen<br />

Steuerungselementen geschaffen.<br />

Künftig wird auch <strong>der</strong> Freistaat Sachsen eine Vermögensrechnung<br />

aufstellen, was umfangreicher Vorbereitungen bedarf. Dann wird also<br />

sichtbar, wenn kurzfristige Ausgaben durch Vermögensverzehr an<br />

an<strong>der</strong>er Stelle finanziert werden sollen.<br />

Als Folge <strong>der</strong> verstärkten Privatisierung <strong>der</strong> vergangenen Jahre soll<br />

das Prüfungsrecht des Rechnungshofes auch auf privatrechtliche<br />

Beteiligungen des Freistaates erweitert werden. Wir hatten gestern<br />

bei <strong>der</strong> Diskussion um die Mo<strong>der</strong>nisierung des<br />

Rundfunkstaatsvertrages dieses Thema konkret in die Präambel mit<br />

aufgenommen. Das ist nur konsequent; denn schließlich stecken auch<br />

in diesem Unternehmen Steuergel<strong>der</strong>. Über § 111 <strong>der</strong> <strong>Sächsische</strong>n<br />

Haushaltsordnung gilt diese Än<strong>der</strong>ung übrigens auch für<br />

privatrechtliche Beteiligungen in den Kommunen.


Meine Damen und Herren! <strong>Der</strong> Haushalts- und Finanzausschuss hat sich<br />

in seiner 12. <strong>Sitzung</strong> mit dieser umfangreichen Thematik intensiv<br />

auseinan<strong>der</strong> gesetzt. Unter an<strong>der</strong>em wurden auch die Einwände <strong>der</strong><br />

Opposition, die vorgeschlagen hatte, die Novellierung <strong>der</strong><br />

<strong>Sächsische</strong>n Haushaltsordnung als einen Gesetzentwurf darzustellen,<br />

ausdiskutiert. Auch <strong>der</strong> Bericht des Verfassungs- und<br />

Rechtsausschusses wies mit Recht darauf hin, dass man solch ein<br />

umfangreiches Gesetz zukünftig als eigenes Gesetzeswerk darstellen<br />

sollte. Ich denke, das kann in Zukunft Berücksichtigung finden.<br />

(Beifall des Abg. Schiemann, CDU)<br />

Auf die Frage nach <strong>der</strong> verfassungsrechtlichen Akzeptanz dieses<br />

Gesetzes wurde durch den Juristischen Dienst des <strong>Landtag</strong>es erklärt,<br />

dass es zu dieser Art und Weise keine verfassungsrechtlichen<br />

Bedenken gebe.<br />

Die CDU-Fraktion hat unter Bezugnahme auf ein Diskussionspapier des<br />

Rechnungshofes reagiert und die Vorschläge, die <strong>der</strong> Rechnungshof<br />

dargelegt hat, in Än<strong>der</strong>ungsanträgen umgesetzt. Diese umfangreichen<br />

Än<strong>der</strong>ungen - es sind insgesamt 14, die wir in diesen Artikel<br />

eingebracht haben - nahmen im Wesentlichen die Bedenken und<br />

Anregungen auf, die im Laufe des Beratungsverfahrens seitens des<br />

<strong>Sächsische</strong>n Rechnungshofes vorgetragen worden sind. Hierüber<br />

bestand im Haushalts- und Finanzausschuss weitestgehend Konsens.<br />

Insgesamt erhält <strong>der</strong> Freistaat Sachsen mit <strong>der</strong> Neufassung <strong>der</strong><br />

<strong>Sächsische</strong>n Haushaltsordnung ein zeitgemäßes Instrumentarium, um<br />

auf den raueren Wogen <strong>der</strong> künftigen Finanzwelt erfolgreich bestehen<br />

zu können.<br />

Ich möchte dennoch nochmals ergänzen, dass die jetzige Novellierung<br />

<strong>der</strong> Haushaltsordnung nur ein erster, vorläufiger Schritt ist.<br />

Vermutlich wird man sich in naher Zukunft mit einer weiteren<br />

grundsätzlichen Än<strong>der</strong>ung des Haushaltsrechtes befassen müssen.<br />

Aufgrund <strong>der</strong> Verän<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Bedingungen, die mit dem Beschluss des<br />

Haushalts für die Jahre 2001 und 2002 wirksam werden, die wir in<br />

den vergangenen Stunden bereits beraten und beschlossen haben, ist<br />

eine Neufassung <strong>der</strong> <strong>Sächsische</strong>n Haushaltsordnung zwingend zum<br />

1.1.2001 erfor<strong>der</strong>lich. Daraus ergibt sich auch die Feststellung,<br />

dass wir diese Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Haushaltsordnung in das Begleitgesetz<br />

mit aufgenommen haben.<br />

Ich möchte dazu nur sagen: Zum Entwurf des Gesetzes über die<br />

Feststellung des Haushaltsplanes des Freistaates Sachsen für die<br />

Haushaltsjahre 2001 und 2002, dargestellt in <strong>der</strong> Drucksache 3/2400<br />

und in <strong>der</strong> Ergänzungsvorlage in Drucksache 3/2784, verweise ich auf<br />

die Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses in <strong>der</strong><br />

Drucksache 3/3110. Dazu brauche ich im Plenum heute keine weiteren<br />

Ausführungen mehr zu machen.<br />

Nur noch ganz kurz: Die CDU-Fraktion schlägt Ihnen vor, <strong>der</strong><br />

Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses in den<br />

vorgelegten Drucksache 3/3110 und 3/3111 Ihre Zustimmung zu<br />

erteilen.<br />

Danke schön.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)


Präsident Iltgen: Ich erteile <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> PDS das Wort. Frau<br />

Abg. Dr. Runge, bitte.<br />

Frau Dr. Runge, PDS: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und<br />

Herren! Die Fortentwicklung des bundesdeutschen Haushaltsrechts zum<br />

1. Januar 1998 hatte zum Ziel, die Haushaltsinstrumente des Bundes<br />

und <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> zu flexibilisieren, um eine effiziente<br />

Haushaltswirtschaft und ein stärkeres Kostenbewusstsein auf allen<br />

Ebenen zu för<strong>der</strong>n.<br />

Die Län<strong>der</strong> sind damit aufgefor<strong>der</strong>t, bis zum 1. Januar 2001 ihre<br />

Haushaltsordnungen den verän<strong>der</strong>ten Haushaltsgrundsätzen des Bundes<br />

anzupassen. Mithin, es besteht Novellierungsbedarf.<br />

Nun legte kurz vor Ablauf <strong>der</strong> Frist die <strong>Sächsische</strong> Staatsregierung<br />

ihre Än<strong>der</strong>ungsvorschläge auf den Tisch. Sie wurden als Artikel 14<br />

in ein Haushaltsbegleitgesetz zur Sicherung <strong>der</strong> öffentlichen<br />

Haushalte 2001/2002 implementiert. Dass die Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

<strong>Sächsische</strong>n Haushaltsordnung als eines <strong>der</strong> nicht unwesentlichen<br />

Gesetze dennoch die notwendige öffentliche Aufmerksamkeit erhält,<br />

ist einem Artikel des Rechnungshofpräsidenten zur Mo<strong>der</strong>nisierung<br />

von Haushaltsplanung, Haushaltsvoillzug und Finanzkontrolle in<br />

einer Festschrift anlässlich zehnjähriger sächsischer Gesetzgebung<br />

zu verdanken.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Bei <strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ung solch grundsätzlicher rechtlicher<br />

Verfahrensordnungen, wie sie die Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Haushaltsordnung ist,<br />

sind wir im Unterschied zum Juristischen Dienst des <strong>Landtag</strong>es <strong>der</strong><br />

Auffassung, dass die Implementierung als Artikel 14 in das<br />

Haushaltsbegleitgesetz zur Sicherung des Haushaltes neben an<strong>der</strong>en<br />

Artikelgesetzen zu einfachgesetzlichen Regelungen nicht<br />

systemgerecht ist. Vielmehr hätte die Novellierung <strong>der</strong> <strong>Sächsische</strong>n<br />

Haushaltsordnung in einem eigenständigen Gesetz erfolgen müssen;<br />

denn nach Artikel 93 Abs. 3 <strong>der</strong> <strong>Sächsische</strong>n Verfassung dürfen nur<br />

Vorschriften in das Haushaltsgesetz aufgenommen werden, die sich<br />

auf Einnahmen und Ausgaben des Freistaates und auf den Zeitraum<br />

beziehen, für den das Haushaltsgesetz beschlossen wird. Damit wird<br />

ein so genanntes Bepackungsverbot ausgesprochen. Bereits die<br />

Tatsache, dass die Haushaltsordnung ein die Haushaltswirtschaft<br />

generell regelndes und damit als ein zeitlich unbegrenzt geltendes<br />

Gesetz angelegt ist, verbietet die Aufnahme in ein befristet<br />

geltendes Begleitgesetz.<br />

Was sind nun die wesentlichen Än<strong>der</strong>ungen dieser Haushaltsordnung?<br />

Eine wesentliche Än<strong>der</strong>ung betrifft die Begrenzung <strong>der</strong> jährlichen<br />

Kreditaufnahme auf die Summe <strong>der</strong> eigenfinanzierten Ausgaben für<br />

Investitionen. Ausnahmen werden nur dann zugelassen, wenn eine<br />

Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts abgewehrt werden<br />

muss. Was aber unter einer Störung des gesamtwirtschaftlichen<br />

Gleichgewichts zu verstehen ist, ist offen und<br />

interpretationsbedürftig.<br />

Im Unterschied zur Staatsregierung und im Unterschied zum<br />

Rechnungshof bin ich <strong>der</strong> Meinung - ich persönlich -, dass wir es<br />

seit <strong>Beginn</strong> des Transformationsprozesses in Ostdeutschland mit<br />

einer permanenten Störung des gesamtwirtschaftlichen Gleichgewichts


zu tun haben, nämlich mit einer chronischen Unterfinanzierung<br />

staatlicher Hoheitsaufgaben und staatlicher Investitionen aus<br />

eigenen Mitteln. Aus diesem Grunde sind auch die Transferzahlungen<br />

von West nach Ost notwendig.<br />

In einem solchen Transformationsprozess muss meiner Ansicht nach<br />

die Staatsquote in Bezug auf den Anteil am Bruttoinlandsprodukt<br />

naturgemäß höher sein als in einer gewachsenen und funktionierenden<br />

Marktwirtschaft.<br />

Präsident Iltgen: Gestatten Sie eine Zwischenfrage?<br />

Frau Dr. Runge, PDS: Ja, bitte schön.<br />

Wöller, CDU: Verehrte Frau Kollegin Dr. Runge, ist Ihnen bekannt,<br />

dass die Definition <strong>der</strong> Störung des gesamtwirtschaftlichen<br />

Gleichgewichts im Stabilitäts- und Wachstumsgesetz von 1967<br />

festgelegt ist?<br />

Frau Dr. Runge, PDS: Ich danke für den Hinweis. Trotzdem bleibt es<br />

immer analytisch für das jeweilige Land aufzuarbeiten und natürlich<br />

auch zu interpretieren.<br />

Mit <strong>der</strong> nun vorgelegten normativ verschärften Kreditpolitik wird<br />

sich Sachsen für meine Begriffe vom weiteren Aufholprozess<br />

ostdeutscher Län<strong>der</strong> abkoppeln.<br />

Nach intensiver Beratung zwischen Rechnungshof und<br />

Staatsministerium <strong>der</strong> Finanzen wurde den Wünschen des<br />

Rechnungshofes hinsichtlich seiner Prüfrechte weitgehend<br />

entsprochen. Das begrüßen wir.<br />

Darüber hinaus werden mit <strong>der</strong> neuen Haushaltsordnung<br />

betriebswirtschaftliche Steuerungsinstrumente, wie die Budgetierung<br />

in einzelnen Dienststellen <strong>der</strong> Verwaltung, auf eine rechtliche<br />

Grundlage gestellt. Schließlich betrifft eine weitere wesentliche<br />

Neuerung in <strong>der</strong> Haushaltsordnung die Verpflichtung für<br />

Staatsbetriebe, grundsätzlich einen Wirtschaftsplan aufzustellen<br />

und ihre Buchführung an betriebswirtschaftlichen Kriterien<br />

auszurichten.<br />

Damit wird nach unserer Meinung Artikel 93 Abs. 1 <strong>der</strong> <strong>Sächsische</strong>n<br />

Verfassung unterlaufen, womit nach wie vor eine<br />

Bruttoveranschlagung für den Staatshaushalt maßgeblich ist und nur<br />

ausnahmsweise eine Ausglie<strong>der</strong>ung aus dem Staatshaushalt zugelassen<br />

wird.<br />

Aus den genannten verfahrensrechtlichen Gründen lehnen wir trotz<br />

einzelner vernünftiger Regelungen Artikel 14 des<br />

Haushaltsbegleitgesetzes ab.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Präsident Iltgen: Wird von <strong>der</strong> CDU-Fraktion noch das Wort<br />

gewünscht? - Dann bitte ich die Fraktion <strong>der</strong> SPD das Wort zu<br />

nehmen. Frau Dr. Schwarz, bitte.<br />

Frau Dr. Schwarz, SPD: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nun<br />

sind Haushaltsbegleitgesetze ja nichts Ungewöhnliches. Aber sie<br />

bergen auch immer die Gefahr in sich, Gesetzesän<strong>der</strong>ungen nicht<br />

gerade transparent, ja mitunter handstreichartig zu vollziehen.<br />

Dieser Versuchung konnte auch <strong>der</strong> Finanzminister nicht wi<strong>der</strong>stehen<br />

und letztendlich auch nicht das gesamte Kabinett. Sie erinnern


sich, <strong>der</strong> Gesamthaushalt mit dem Haushaltsbegleitgesetz wurde vom<br />

Kabinett einstimmig gebilligt und so dem <strong>Landtag</strong> überwiesen. Im<br />

Rahmen einer Haushaltsberatung in so viele Gesetze einzugreifen ist<br />

bedenklich, weil damit das parlamentarische Verfahren abgekürzt und<br />

eine sachgerechte inhaltliche Befassung mit den vielen Themen<br />

angesichts des gedrängten Zeitplanes kaum möglich ist<br />

(Beifall <strong>der</strong> Abg. Frau Lattmann-Kretschmer, PDS)<br />

und - ich unterstelle - vielleicht auch gar nicht gewollt.<br />

(Beifall des Abg. Jurk, SPD)<br />

Auch lässt sich feststellen, dass die Verän<strong>der</strong>ungen durch die CDU-<br />

Fraktion, also erhebliche Abweichungen vom ursprünglichen<br />

Gesetzentwurf, nicht einer erneuten öffentlichen Anhörung<br />

unterzogen werden konnten.<br />

Das Haushaltsbegleitgesetz enthielt 16 Gesetzesän<strong>der</strong>ungen nach dem<br />

Motto "Sparen - koste es was es wolle" o<strong>der</strong> "Kürzungen auf Kosten<br />

an<strong>der</strong>er". Es ist kommunal-, bildungs- und familienfeindlich.<br />

(Beifall des Abg. Jurk, SPD)<br />

Selbst <strong>der</strong> <strong>Sächsische</strong> Städte- und Gemeindetag beklagte, dass es in<br />

starkem Maße zur Verschiebung <strong>der</strong> Belastungen vom Land auf die<br />

Kommunen führt.<br />

Beschäftigen wir uns kurz mit den kommunalfeindlichen Artikeln:<br />

Flüchtlingsaufnahmegesetz, Spätaussiedlergesetz, Brandschutzgesetz,<br />

Kin<strong>der</strong>tagesstättengesetz, Kulturraumgesetz. Erhebliche Auswirkungen<br />

auf die Kommunen wird die Pauschalierung für Asylbewerber und<br />

Bürgerkriegsflüchtlinge haben.<br />

Pauschalbeträge sind grundsätzlich nichts Schlechtes. Sie müssen<br />

jedoch kostendeckend sein. Verschärfend kommt hinzu, dass die<br />

Aufgabenträger durch Verträge mit den Betreibern <strong>der</strong> Einrichtungen<br />

längerfristig gebunden sind.<br />

Mit den Verän<strong>der</strong>ungen im Spätaussiedlergesetz setzen Sie kein<br />

Signal für Integration und Zuwendung, welche in diesem Bereich<br />

beson<strong>der</strong>s notwendig sind. Offensichtlich gab es keine Lobby für die<br />

Kommunen bei dem Flüchtlingsaufnahmegesetz und dem<br />

Spätaussiedlereinglie<strong>der</strong>ungsgesetz. Sie passierten ohne die durch<br />

die Kommunen gefor<strong>der</strong>ten Verän<strong>der</strong>ungen die Beratung.<br />

An<strong>der</strong>s sah es im Sozialbereich aus. Die entscheidenden Einschnitte<br />

- Kin<strong>der</strong>tagesstättengesetz, Landeserziehungsgeldgesetz,<br />

Nachteilsausgleiche - waren selbst <strong>der</strong> CDU-Fraktion zu viel. Da war<br />

es schon enttäuschend, dass <strong>der</strong> Sozial- und Familienminister sie<br />

bis zum Schluss verteidigte. Lediglich die Krankenhauslobby scheint<br />

sich ihm gegenüber durchgesetzt zu haben.<br />

Das ursprüngliche Kin<strong>der</strong>tagesstättengesetz <strong>der</strong> Staatsregierung<br />

hatte einen positiven Ansatz: die Ausweitung des Rechtsanspruchs<br />

auf einen Kin<strong>der</strong>gartenplatz. Aber dieser wäre bitter erkauft worden<br />

durch drastische Verschlechterungen im Bereich von Betreuung,<br />

För<strong>der</strong>ung und Bildung.<br />

Beim Landeserziehungsgeld ist nach den Nachbesserungen <strong>der</strong> CDU-<br />

Fraktion zwar eine längere Bezugszeit vorgesehen, jedoch in<br />

geringerer Höhe und nur aus dem Motiv heraus, den Rechtsanspruch<br />

auf einen Kin<strong>der</strong>gartenplatz selbst nicht verän<strong>der</strong>n zu müssen.


Somit ergibt sich unter dem Strich: Auch nach den Verän<strong>der</strong>ungen<br />

durch die CDU-Fraktion bleibt es bei den geplanten Kürzungen beim<br />

Landeserziehungsgeld und im Bereich <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>tagesstätten werden<br />

30 Millionen DM gespart. Dies sind eindeutig familienfeindliche<br />

Signale und entsprechen nicht dem, was Sie vor <strong>der</strong> <strong>Landtag</strong>swahl<br />

versprochen haben.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Neben den bereits genannten enthält das Haushaltsbegleitgesetz auch<br />

noch ein von <strong>der</strong> Öffentlichkeit wenig beachtetes Gesetz: die<br />

Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Vorläufigen Haushaltsordnung. Meine Vorredner haben<br />

sich sowohl was den Regelungsbedarf als auch das Verfahren betrifft<br />

geäußert. Von mir nur so viel: Die Haushaltsordnung enthält<br />

Regelungen, die zentral das Verhältnis von Legislative und<br />

Exekutive betreffen. Die Ausgestaltung des<br />

Budgetbewilligungsrechtes und die Ausübung <strong>der</strong> Kontrollfunktion des<br />

Parlaments wird von den festgelegten Ordnungsprinzipien geregelt.<br />

Eine Beratung im Rahmen des Haushaltsbegleitgesetzes wird daher <strong>der</strong><br />

Bedeutung <strong>der</strong> Haushaltsordnung nicht gerecht. Das sehen wir<br />

genauso.<br />

Es intervenierte unter an<strong>der</strong>em <strong>der</strong> <strong>Sächsische</strong> Rechnungshof. Und die<br />

CDU-Fraktion legte einen Än<strong>der</strong>ungsantrag mit insgesamt elf<br />

Einzelpunkten vor. In <strong>der</strong> Stellungnahme des Verfassungs- und<br />

Rechtsausschusses dazu heißt es: "Außerdem sollte künftig die<br />

Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> <strong>Sächsische</strong>n Haushaltsordnung und ähnlich gewichtiger<br />

Gesetze vom Haushaltsgesetz getrennt erfolgen." Deutliche Worte des<br />

Parlaments gegenüber <strong>der</strong> Regierung und ich denke auch ein<br />

deutlicher Zeigefinger.<br />

Ebenfalls wenig beachtet worden ist die Än<strong>der</strong>ung des <strong>Sächsische</strong>n<br />

Wassergesetzes im Haushaltsbegleitgesetz. Die<br />

Versorgungsunternehmen werden die ihnen entstehenden Mehrkosten auf<br />

die Bürger abwälzen. Sachsen wird damit weiter zu den<br />

Spitzenreitern in Sachen Wasserpreise gehören. Beson<strong>der</strong>s betroffen<br />

sind die ländlichen Gebiete mit ausgedehnten Schutzzonen.<br />

Aber ein Gutes hat es ja, dass die meisten Gesetzesvorschläge <strong>der</strong><br />

Staatsregierung über den Haufen geworfen wurden. Das Parlament<br />

wurde deutlicher wahrgenommen. Hierbei hat die Opposition im<br />

Parlament und haben auch die Wählerinnen und Wähler mit ihrem<br />

Protest <strong>der</strong> CDU-Fraktion Beine gemacht.<br />

(Beifall des Abg. Jurk, SPD)<br />

Und die Staatsregierung ist regelrecht vorgeführt worden.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Präsident Iltgen: Wird von den Fraktionen weiter das Wort<br />

gewünscht? - Ja, Herr Weckesser, bitte.<br />

Weckesser, PDS: Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und<br />

Herren! Das Haushaltsbegleitgesetz war ja ursprünglich im<br />

vergangenen Sommer sozusagen Kern des uns vorliegenden<br />

Doppelhaushaltes für 2001/2002. Nach <strong>der</strong> Debatte darum und den<br />

Än<strong>der</strong>ungen, die eingetreten sind, habe ich eine ganze Weile darüber<br />

nachdenken müssen, was sich nach <strong>der</strong> Beschlussfassung, die ja jetzt<br />

vorangegangen ist, über alle Einzelpläne des Haushaltes im Ganzen,<br />

das heißt also auch inklusive <strong>der</strong> durch dieses


Haushaltsbegleitgesetz erst noch zu erbringenden Einsparungen,<br />

überhaupt noch zu sagen lohnt.<br />

Rein demokratie-theoretisch könnten wir uns im Grunde genommen die<br />

jetzige Debatte und die anschließende Beschlussfassung schenken,<br />

denn die jetzt erst freizuschaufelnden Mittel sind bereits<br />

Beschlusslage. Und stellen Sie sich einmal den theoretisch<br />

denkbaren Fall vor, das Haushaltsbegleitgesetz würde jetzt keine<br />

Mehrheit finden. Die vielen Reden von gestern und heute wären<br />

umsonst. Die ganze Arbeit wäre futsch, wir müssten von vorn<br />

anfangen. Natürlich besteht diese Gefahr nicht real.<br />

(Zuruf von <strong>der</strong> CDU: Richtig!)<br />

Aber nach gutem demokratischem Brauch dürfen wir immerhin<br />

öffentlich begründen, warum wir trotzdem gegen dieses<br />

Haushaltsbegleitgesetz sind.<br />

Es ist hier schon angesprochen worden, auch Herr Hahn hat darauf<br />

hingewiesen, wir hätten es schon für korrekter gehalten, erst die<br />

einzelnen Artikel des Haushaltsbegleitgesetzes zu beschließen, um<br />

dann mit den damit freigestellten Mitteln den Haushalt ausgleichen<br />

zu können. Ganz abgesehen davon, dass eben ein Teil dieser Artikel<br />

mit den von Ihnen für notwendig erachteten Einsparungen gar nichts<br />

zu tun hat. Und auch abgesehen davon, dass je<strong>der</strong> einzelne dieser<br />

Artikel als Einzelnovelle im Vorfeld in den entsprechenden<br />

Fachausschüssen sehr viel sachgerechter hätte behandelt werden<br />

können.<br />

Unser Eindruck ist, die hier praktizierte Verfahrensweise sollte<br />

eben genau das nicht, son<strong>der</strong>n es sollte unter dem Haushaltsdruck,<br />

unter dem Druck eines möglicherweise schwierigen o<strong>der</strong> nicht zu<br />

vollziehenden Haushaltsausgleiches über diese Än<strong>der</strong>ungen<br />

entschieden werden.<br />

Aus unserer Sicht spricht einiges gegen diese Verfahrensweise,<br />

vieles gegen den Inhalt. Doch es begründet sich auf scheinbare<br />

Notwendigkeiten. Alle sollen deshalb den Gürtel enger schnallen<br />

müssen. Das war dann, wie gesagt, bis in kleine Posten zu<br />

beobachten.<br />

Was zu den einzelnen Artikeln zu sagen war, haben wir in den<br />

vergangenen zwei Tagen wie<strong>der</strong>holt gesagt. Frau Dr. Schwarz hat es<br />

eben auch noch einmal sehr kompakt dargestellt. Dem ist aus meiner<br />

Sicht nichts hinzuzufügen. Wozu ich noch einmal etwas sagen möchte,<br />

ist ein übergeordneter Aspekt, nämlich genau dieser Druck, dieser<br />

finanzpolitische Druck.<br />

Da die Haushaltserarbeitung immer auch das Festklopfen einer<br />

Mischung von politischen Absichten und Prognosen auf die Zukunft<br />

ist - Stichwort Län<strong>der</strong>finanzausgleich o<strong>der</strong> Solidarpakt -, gehört<br />

dazu, dass die Glaubwürdigkeit solcher Prognosen, solcher<br />

Notwendigkeiten wichtig wird. Diese Glaubwürdigkeit erlaubt<br />

Weichenstellungen für diejenigen, die daran glauben. Also gilt es<br />

an dieser Glaubwürdigkeit zu rütteln. Ich will versuchen, dieses<br />

hier an zwei Beispielen zu tun. Ich will dabei auch keinerlei<br />

finanzpolitischer Leichtfertigkeit das Wort reden. Es ist immer<br />

besser, etwas in <strong>der</strong> Hinterhand zu haben. Kein System funktioniert


dauerhaft ohne Reserven. Aber so zu tun, als bestünde die Welt nur<br />

aus Sachzwängen und Schicksal, entspricht auch nicht <strong>der</strong> Realität.<br />

Beispiel eins: Thema Steuerschätzung. Man kann in den<br />

mittelfristigen Finanzplänen <strong>der</strong> vergangenen Jahre ein Beispiel<br />

nachlesen, auf dem <strong>der</strong> Herr Finanzminister immer wie<strong>der</strong><br />

herumreitet: die scheinbare Diskrepanz zwischen Steuerschätzung und<br />

realer Entwicklung. Sein abschreckendes Lieblingsbeispiel ist die<br />

gesamtstaatliche Schätzung vom Mai 1995 für das Jahr 1999.<br />

Geschätzt wurden ursprünglich fast 1,1 Billionen DM. Real ergaben<br />

sich dann knapp 0,9 Billionen DM, das sind 83 %. Wenn man<br />

allerdings die gleichen Zahlen, also jetzt nicht nur diese beiden,<br />

son<strong>der</strong>n auch die dazugehörigen an<strong>der</strong>en Schätzzahlen für an<strong>der</strong>e<br />

Jahre und die Ist-Ergebnisse <strong>der</strong> Jahre an<strong>der</strong>s darstellt, als es in<br />

diesen Broschüren gemacht wurde, wenn man nicht den<br />

prognostizierten Verlauf über die Jahre mit dem jeweiligen<br />

Schätzzeitpunkt als Parameter darstellt - denn das ist trivial und<br />

führt zwangsläufig dazu, dass jede Prognose desto ungenauer werden<br />

muss, je weiter sie in die Zukunft greift -, son<strong>der</strong>n wenn man diese<br />

Zahlen an<strong>der</strong>s darstellt, wenn man die Schätzungen über die<br />

Schätzzeitpunkte darstellt und das jeweilige Zieljahr als Parameter<br />

angibt, ergibt sich ein nichttriviales, höchst spannendes Ergebnis:<br />

Alle Prognosen <strong>der</strong> vergangenen Jahre waren im Hinblick auf die<br />

fernere Zukunft über die Maßen optimistisch. Je näher dann <strong>der</strong><br />

Prognosezeitpunkt heranrückte, desto mehr wurden diese Prognosen<br />

Schritt für Schritt nach unten korrigiert. In <strong>der</strong> Regel sanken<br />

diese Korrekturen sogar unter den späteren Ist-Wert. Erst in den<br />

zeitlich letztgelegenen Schätzungen wurde dann sukzessive wie<strong>der</strong><br />

von unten das Ist-Ergebnis angenähert.<br />

Ich will es am genannten Beispiel von 1999 demonstrieren. Die<br />

entsprechenden Prognosewerte für 1999 lauteten in zeitlicher<br />

Reihenfolge: im Mai 1995 1,08, im Mai 1996 0,92, im Mai 1997 0,88,<br />

im Mai 1998 0,87, im Mai 1999 geht es dann wie<strong>der</strong> hoch auf 0,877,<br />

im November 1999 0,88 und das Ist 1999 war dann 0,89. Rechnen Sie<br />

einmal selber nach, es lohnt sich!<br />

Dass sich dahinter eine mathematische Gesetzmäßigkeit verbirgt,<br />

glaube ich nicht. Es ist eher das Dilemma <strong>der</strong> Schätzer, einerseits<br />

Öffentlichkeit und Politik eine optimistische Zukunft zu<br />

prognostizieren, an<strong>der</strong>erseits die eigene Glaubwürdigkeit nicht aufs<br />

Spiel zu setzen. Die Schätzer müssen einen eleganten Weg von <strong>der</strong><br />

geschönten Prognose zur Realität finden, sozusagen den goldenen<br />

Mittelweg zwischen Wahrheit und Lüge.<br />

Tröstlich ist dann allerdings - jetzt kommen wir zur Wirklichkeit -<br />

, dass das Steueraufkommen nicht danach fragt, wie es von <strong>der</strong><br />

<strong>Sächsische</strong>n Staatsregierung jeweils interpretiert wird. Für die<br />

gleichen Jahre, also von 1995 bis 1997, sank das Steueraufkommen<br />

kontinuierlich ab. Seit 1998 bis einschließlich 2000 steigt es<br />

steil an. Selbst das wegen <strong>der</strong> neuen Steuergesetzgebung gegenüber<br />

heute wie<strong>der</strong> absinkende Aufkommen 2001 wird absolut höher liegen<br />

als im Vorjahr.<br />

Nun bin ich keineswegs so vermessen zu behaupten, das alles hätte<br />

etwas mit rot-grüner Politik im Bund zu tun. Aber auch das


Gegenteil will ich nicht behaupten. Ich nenne einfach diese Fakten.<br />

Ein solcher Fakt ist, dass das im November prognostizierte Absinken<br />

von 2000 auf 2001, sollte es denn in dieser Höhe eintreten, wovon<br />

ich nach <strong>der</strong> eben geschil<strong>der</strong>ten Beobachtung noch nicht ganz<br />

überzeugt bin, dann etwa 4,5 % ausmacht.<br />

Das zweite Beispiel ist mein Lieblingsbeispiel, das Wohngeld. Ich<br />

hatte es schon zur 1. Lesung genannt als Beispiel dafür, wie<br />

externe Einflussnahme die finanziellen Spielräume im Haushalt<br />

einschränkt.<br />

Präsident Iltgen: Gestatten Sie eine Zwischenfrage?<br />

Weckesser, PDS: Sehr gern, Herr Dr. Metz.<br />

Dr. Metz, CDU: Herr Weckesser, Ihre sehr interessanten<br />

Ausführungen, die Sie hier machen, geben aber doch zu einer Frage<br />

Anlass. Sicher sind Steuerschätzungen Steuerschätzungen. Sie werden<br />

umso präziser, je näher man dem Zeitraum kommt. Das haben Sie ja<br />

dargelegt. Fakt ist aber doch eins: Wie genau waren unsere<br />

Etatansätze, gemessen an den Steuerprognosen? Da bin ich <strong>der</strong><br />

Überzeugung - geben Sie mir da Recht? das ist meine Frage -, dass<br />

<strong>der</strong> Freistaat Sachsen zielgenauer als viele an<strong>der</strong>e neue<br />

Bundeslän<strong>der</strong> die Haushaltsansätze gestaltet hat. Wir haben in zehn<br />

Jahren dieses Dilemma wie manche an<strong>der</strong>e Län<strong>der</strong> hinsichtlich<br />

Haushaltskorrekturen nicht nötig gehabt. Wie ist Ihre Sicht dazu?<br />

Weckesser, PDS: Herr Dr. Metz, Sie wollen jetzt ein Lob hören. Sie<br />

kennen ja meine Meinung dazu. Ich kann Ihnen das für die Ansätze<br />

sehr wohl bestätigen. Auf das Ist komme ich dann noch zurück. Sie<br />

werden es erleben. Aber das ist ja nicht unser Streitpunkt.<br />

<strong>Der</strong> Punkt, zu dem ich heute reden möchte - jetzt komme ich zurück<br />

zu meinem Text -, ist genau das: Wie man mit solchen Prognosen<br />

umgeht, das hat sehr viel damit zu tun, was man heute glaubt machen<br />

zu müssen. Das Haushaltsbegleitgesetz - das ist ja mein Thema -<br />

wäre, das möchte ich hier an Hand dieser Dinge nachweisen, nicht<br />

notwendig gewesen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Ich will das nicht politisch begründen, son<strong>der</strong>n anhand von Dingen,<br />

wie man im Vorfeld von Haushalt künftige Entwicklungen einschätzt<br />

und darstellt, um dafür ein entsprechendes Klima zu schaffen. Das<br />

halte ich für falsch.<br />

Noch einmal zu diesem Wohngeld. Das war im sächsischen Haushalt<br />

jahrelang stabil. Durch die Novelle von Rot-Grün steigt <strong>der</strong><br />

Ausgabenposten bis 2002 auf 175 %, in absoluten Zahlen um 145<br />

Millionen DM pro Jahr. Das ist schon nicht unerheblich. Das bringt<br />

zwar erfreulicherweise für die Wohngeldempfänger eine Verbesserung<br />

- im Westen im Mittel 80 DM, im Osten im Mittel 20 DM -, aber<br />

natürlich Mehrausgaben für Bund und Län<strong>der</strong>. Jetzt wird es wie<strong>der</strong><br />

spannend. Spannend ist, wie dieser Fakt gehändelt wird. In unserem<br />

Haushalt werden nun tatsächlich deutlich mehr zusätzliche Mittel<br />

eingestellt. Die Zahlen sind Ihnen bekannt. Ich sage jetzt:<br />

deutlich mehr Mittel, als es einer einfachen Schätzung <strong>der</strong> zu<br />

erwartenden Wohngeldanfor<strong>der</strong>ungen zufolge sein müssten.


Im Gegensatz dazu Herr Eichel im Bund. Im soeben verabschiedeten<br />

Haushalt werden nicht etwa deutlich mehr als die bis dahin immer<br />

eingestellten 4 Milliarden DM eingestellt, son<strong>der</strong>n weniger, 3,9<br />

Milliarden DM. Offensichtlich ist das ein Kunststück auf<br />

Bundesebene o<strong>der</strong>, was Herr Eichel da gemacht hat: dass er mit<br />

weniger Mitteln mehr leisten will. Das Kunststück in Sachsen<br />

dagegen ist, mit deutlich mehr Mitteln nur wenig mehr Leistung zu<br />

erbringen.<br />

Nun zu meiner Erklärung dieses Phänomens. Auf das Wohngeld besteht<br />

ein Rechtsanspruch. Die Berechtigten bekommen, was ihnen zusteht,<br />

völlig unabhängig davon, was im jeweiligen Landeshaushalt steht,<br />

und <strong>der</strong> Bund erstattet seine 50 % auch unabhängig von seinen<br />

Haushaltsposten. Die Finanzminister haben offensichtlich die<br />

Möglichkeit, den eigenen Haushalt jeweils über den Ansatz für<br />

Wohngeld rund zu rechnen, im sicheren Wissen darum, dass <strong>der</strong><br />

praktische Haushaltsvollzug ohnehin hinreichend Spielräume bietet<br />

diese Ansprüche zu befriedigen.<br />

Hans Eichel konnte so in seinem Haushalt scheinbar mehr<br />

unterbringen, als eine korrekte Prognose <strong>der</strong> Wohngeldentwicklung<br />

zugelassen hätte. Das befriedigt vielleicht den kleinen<br />

Koalitionspartner und das Wahlvolk. Prof. Milbradt freut sich<br />

möglicherweise, dass er ein stolzes Sümmchen am <strong>Landtag</strong> vorbei in<br />

die Zukunft mogeln kann. Da kann er dann in zwei Jahren, wie<strong>der</strong> so<br />

wie jetzt, Ihre Son<strong>der</strong>wünsche decken, meine Damen und Herren von<br />

<strong>der</strong> CDU.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Nun zu den Relationen, zur Größenordnung; das ist ja das eigentlich<br />

Spannende. Wir haben uns in den letzten Tagen hier um Posten<br />

gestritten bis herunter auf 10 000 DM, die da waren bzw. nicht da<br />

sein sollten und die nun nicht da sind.<br />

Das Haushaltsvolumen beträgt etwa 31 Milliarden DM. So genau ist<br />

das jetzt nicht wichtig. Mir geht es um die These <strong>der</strong><br />

finanzpolitischen Unbegründbarkeit <strong>der</strong> ursprünglich vorgesehenen<br />

Leistungskürzungen.<br />

Das Ziel bestand in <strong>der</strong> Einsparung von rund 170 Millionen DM im<br />

ersten Jahr und 250 Millionen DM im zweiten Jahr. Nach den diversen<br />

Än<strong>der</strong>ungen, die die CDU-Fraktion zum großen Teil vorgeschlagen hat<br />

o<strong>der</strong> wenigstens hat passieren lassen, ergab sich demgegenüber dann<br />

zum Schluss eine rechnerische Deckungslücke von 160 Millionen DM im<br />

ersten Jahr und 170 Millionen DM im zweiten Jahr. Allerdings wurden<br />

die dann schwuppdiwupp gedeckt, ohne dass <strong>der</strong> Minister, jedenfalls<br />

aus meiner Sicht, auch nur eine Minute ernsthaft in Bedrängnis<br />

geraten wäre. So muss es sein!<br />

(Allgemeine Heiterkeit)<br />

Wenn das möglich ist, heißt das, das Geld ist da und es war da.<br />

Es handelt sich also bei den ursprünglich geplanten Einsparungen,<br />

genauso wie bei den mehrheitlich beschlossenen Mehrausgaben,<br />

jeweils um 5 bzw. 8 Promille des Haushaltsvolumens. Was dann als<br />

Differenz zwischen den geplanten Einnahmen und den ungeplanten<br />

Ausgaben übrig blieb, macht dann gar nur eine Differenz von 0,3<br />

bzw. 2,5 Promille aus.


Und jetzt komme ich zum Gesamthaushalt: Ich behaupte, die<br />

Prognoseschärfe eines so komplexen Systems, wie es ein<br />

Landeshaushalt mit seinen zahlreichen, nicht durch uns zu<br />

beeinflussenden äußeren Einflussfaktoren nun mal ist - ich will nur<br />

den Euro-Kurs nennen, die Unberechenbarkeit <strong>der</strong> Bundesgesetzgebung,<br />

die Ölpreisentwicklung; das sind nicht die einzigen; dazu die<br />

vielen Unwägbarkeiten im eigenen praktischen Haushaltsvollzug -,<br />

liegt mit Sicherheit immer deutlich über dem Promille-Bereich.<br />

Wenn ein solcher Haushalt im Fünf-Prozent-Bereich gesteuert werden<br />

kann, ist das schon eine enorme Leistung. Auch dazu ein praktisches<br />

Beispiel: Die Ausgabenreste aus dem Jahre 1999 beliefen sich auf<br />

1,5 Milliarden DM; das sind genau 5 %. Dort sind wir wie<strong>der</strong> bei <strong>der</strong><br />

tatsächlichen Prognoseschärfe, die man mit so einer Planung<br />

schaffen kann.<br />

Also <strong>der</strong> Streit um plus/minus 10 000 DM o<strong>der</strong> plus/minus 300<br />

Millionen DM, den wir hier geführt haben, ist ein Streit um<br />

Rechengrößen, ein Streit um den Plan, nicht um die Realität.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Zum Schluss: Meine Damen und Herren! Wir als PDS-Fraktion sehen<br />

keinen einzigen vernünftigen Grund, diesem Gesetz unsere Zustimmung<br />

zu geben, schon gar keinen zwingenden finanziellen. Wir lehnen es<br />

im Ganzen ab.<br />

Danke schön.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Präsident Iltgen: Wird von den Fraktionen weiter das Wort<br />

gewünscht? - Frau Lattmann-Kretschmer, PDS-Fraktion.<br />

Frau Lattmann-Kretschmer, PDS: Ich will nur ganz kurz sprechen, und<br />

zwar zum Artikel 13 - "Kulturraum" -, dem eigentlich keiner von uns<br />

zustimmen sollte und bei dem auch von <strong>der</strong> CDU-Fraktion hier mal<br />

eine Ausnahme gemacht werden sollte.<br />

Im Artikel 3 Abs. 1 des Kulturraumgesetzes, Sachlicher<br />

Geltungsbereich, heisst es: "Nach diesem Gesetz werden kulturelle<br />

Einrichtungen und Maßnahmen von regionaler Bedeutung unabhängig von<br />

ihrer Trägerschaft und Rechtsform auf Beschluss des Kulturkonvents<br />

nach Maßgabe <strong>der</strong> verfügbaren Finanzmittel unterstützt."<br />

Die Verän<strong>der</strong>ung im Artikel 1 ist, dass nach den Worten "von<br />

regionaler Bedeutung" "sowie Musikschulen" eingefügt werden soll.<br />

Das hätte noch seinen Sinn gehabt, wenn wir heute vor einigen<br />

Stunden nicht beschlossen hätten, dass die Musikschulen in dem<br />

Einzelplan 12 einen Son<strong>der</strong>titel bekommen - Dr. Grüning hat es hier<br />

begründet -, um auch die Musikschulen, ihre Bedeutung sichtbar zu<br />

machen. Und dadurch ist es notwendig, dass die Musikschule hier aus<br />

dem Kulturraumgesetz wie<strong>der</strong> herausgenommen wird.<br />

Das auch aus einem an<strong>der</strong>en Grund: Es wäre damit die einzige<br />

kulturelle Einrichtung, die in dem Kulturraumgesetz wörtlich<br />

genannt wird. Aber es gibt auch an<strong>der</strong>e kulturelle Einrichtungen,<br />

die durchaus in einer gewissen Min<strong>der</strong>heitenposition sind, zum<br />

Beispiel Bibliotheken, die Soziokultur o<strong>der</strong> auch die bildende<br />

Kunst.<br />

Präsident Iltgen: Gestatten Sie eine Zwischenfrage?


Frau Lattmann-Kretschmer, PDS: Ja.<br />

Clemen, CDU: Frau Kollegin Lattmann-Kretschmer, wollten Sie damit<br />

zum Ausdruck bringen, dass Sie dagegen sind, dass die Kulturräume<br />

zusätzlich zu ihren Aufgaben unter Umständen auch Mittel für die<br />

zusätzliche Finanzierung von Musikschulen einstellen könnten?<br />

Frau Lattmann-Kretschmer, PDS: Sie haben ja dazu bereits meinen<br />

Standpunkt im Kulturausschuss gehört. Und deshalb ist es eine<br />

Suggestivfrage.<br />

Sie wissen, dass ich natürlich dafür bin, und das ist auch bereits<br />

geschehen. Ich bin nur für eine Gleichbehandlung, dagegen, dass man<br />

- das ist unmöglich und mit heißer Nadel gestrickt - hier ein<br />

Gesetz nur aufgrund einer aktuellen Finanzsituation verän<strong>der</strong>t. Dass<br />

die Musikschulen nach unserem Haushaltsbeschluss nun nicht noch<br />

einmal in das Kulturraumgesetz aufgenommen werden sollten, hat doch<br />

wirklich eine überzeugende Logik. Dieses Gesetz, auf das wir alle<br />

so stolz sind, sollte nun nicht aufgrund einer so akuten Situation,<br />

die glücklicherweise überwunden ist, verän<strong>der</strong>t werden.<br />

(Teilweise Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Präsident Iltgen: Wird weiter das Wort gewünscht von den<br />

Fraktionen? - Das ist nicht <strong>der</strong> Fall. Dann die Staatsregierung,<br />

Herr Staatsminister Milbradt.<br />

Prof. Dr. Milbradt, Staatsminister <strong>der</strong> Finanzen: Herr Präsident!<br />

Meine Damen und Herren! Ungewöhnlicherweise ist es ja doch noch<br />

interessant und spannend zu später Stunde geworden. Deshalb lassen<br />

Sie mich einige Anmerkungen zu den Diskussionsbeiträgen machen.<br />

Zunächst das übliche Lied: dieses Haushaltsbegleitgesetz sei<br />

kommunalfeindlich. - Ich glaube, die Anhörung hat deutlich gemacht,<br />

dass die notwendigen Kosten erstattet werden und dass insbeson<strong>der</strong>e<br />

<strong>der</strong> Blick über unsere Landesgrenzen zeigt, dass die im<br />

Haushaltsbegleitgesetz genannten Summen auskömmlich sind; denn es<br />

gibt in dem Bereich Einsparmöglichkeiten.<br />

Im Übrigen sind die Verän<strong>der</strong>ungen im Kita-Bereich und auch die<br />

Verän<strong>der</strong>ungen im Bereich des Landeserziehungsgeldes keine Belastung<br />

<strong>der</strong> Kommunen, son<strong>der</strong>n es ist eine Verschiebung hin zu den<br />

Leistungsempfängern.<br />

Deswegen, meine sehr verehrten Damen und Herren von <strong>der</strong> Opposition,<br />

ergibt sich aus dem Haushaltsbegleitgesetz auch in <strong>der</strong> jetzt<br />

vorliegenden Fassung aufgrund des Gleichmäßigkeitsgrundsatzes kein<br />

Anspruch auf zusätzliche Mittel für die Kommunen.<br />

Wir können aber über diese Fragen die Zeit entscheiden lassen; denn<br />

nach ein o<strong>der</strong> zwei Jahren, wenn das Haushaltsgesetz abgewickelt<br />

sein wird und eine Überprüfung stattfindet, wird man ja sehen, ob<br />

meine Prognose richtig ist. Das ist, glaube ich, auch <strong>der</strong> beste<br />

Test: die Wirklichkeit und nicht angenommene Prognosen.<br />

(Beifall des Abg. Dr. Münch, CDU)<br />

Zu <strong>der</strong> zweiten, richtig spannenden Bemerkung von Herrn Weckesser<br />

möchte ich nur Folgendes sagen: Natürlich ist es richtig, dass in<br />

einer Zeit wie <strong>der</strong> heutigen, wo <strong>der</strong> Staat nur einen Teil <strong>der</strong><br />

Entwicklungen beeinflussen kann - Sie haben zu Recht eine Reihe von<br />

Entwicklungsfaktoren genannt, die außerhalb des staatlichen<br />

Einflusses sind -, und aufgrund <strong>der</strong> Tatsache, dass wir uns in einer


freien Gesellschaft befinden, wo auch ein Teil des<br />

Haushaltsvollzugs von den Aktionen an<strong>der</strong>er abhängig ist, immer eine<br />

gewisse Unschärfe bleibt.<br />

Die Frage, die sich daraus ergibt, ist: Soll man überhaupt keinen<br />

Plan machen, weil alles unklar ist? O<strong>der</strong> soll man nicht einen Plan<br />

nach bestem Wissen und Gewissen machen,<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

und zwar nach einer Prognosemethode, die zumindest den Versuch<br />

unternimmt - ob es immer gelingt, ist eine zweite Frage -,<br />

möglichst nahe an das Ergebnis heranzukommen, und zwar bezogen auf<br />

den Gesamtplan.<br />

Mir ist schon klar - das wissen Sie ja auch -, dass innerhalb <strong>der</strong><br />

einzelnen Haushaltspositionen enorme Risiken nach oben und nach<br />

unten stecken können. Ich muss aber nur eine Prognosemethode<br />

wählen, die nicht überall die zurzeit optimistische Variante<br />

annimmt, denn dann werde ich nach menschlichem Ermessen enttäuscht,<br />

ist es doch höchst unwahrscheinlich, dass sich in allen Positionen<br />

jeweils die optimistische Variante im Zeitablauf durchsetzt.<br />

Genauso macht es keinen Sinn, nur die pessimistische Variante zu<br />

nehmen.<br />

Wir müssen also versuchen, eine mittlere Variante zu nehmen, in <strong>der</strong><br />

Hoffnung, dass sich die positiven und negativen Verän<strong>der</strong>ungen über<br />

den Gesamthaushalt in etwa ausgleichen und dass Sie den Haushalt<br />

ohne große Eingriffe in die einzelnen Haushaltspositionen<br />

vollziehen können.<br />

Wir haben - da waren Sie, Herr Weckesser, noch nicht im <strong>Landtag</strong> -<br />

Zeiten hinter uns, wo sich die Wirklichkeit insbeson<strong>der</strong>e von <strong>der</strong><br />

Einnahmenseite <strong>der</strong>gestalt bemerkbar machte, dass wir in erheblichem<br />

Maße in den Haushalt eingreifen mussten und <strong>der</strong> <strong>Landtag</strong> zu Recht<br />

die Frage gestellt hat, ob solche Eingriffe, die aufgrund <strong>der</strong><br />

Einnahmenseite notwendig wären, noch mit <strong>der</strong> Zuständigkeit und mit<br />

<strong>der</strong> Verantwortung des <strong>Landtag</strong>es vereinbar sind. Denn eines ist ganz<br />

klar: Wird in den Vollzug eingegriffen, ist <strong>der</strong> <strong>Landtag</strong> im<br />

Wesentlichen nicht beteiligt.<br />

Deswegen meine ich, dass möglichst auf pauschale Maßnahmen, zum<br />

Beispiel auf pauschale Min<strong>der</strong>ausgaben, die wir auch früher benutzt<br />

haben und die beim Bund und in allen ostdeutschen Län<strong>der</strong>n üblich<br />

sind, verzichtet werden sollte.<br />

Ich will gerne zugeben, dass es auch Situationen geben kann, in<br />

denen man auf dieses Mittel nicht verzichten kann, weil es das<br />

letzte ist. Aber wenn es an<strong>der</strong>e gibt, sollte man diese anwenden.<br />

Das habe ich getan.<br />

<strong>Der</strong> Vollzug des laufenden Doppelhaushalts hat gezeigt, dass wir auf<br />

<strong>der</strong> richtigen Seite sind. Ich habe hier nicht ständig<br />

Tartarenmeldungen zu verbreiten, wie das in den an<strong>der</strong>en<br />

ostdeutschen Län<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Fall ist, dass aufgrund unerwarteter<br />

Steuermin<strong>der</strong>einnahmen - ich habe sie erwartet - in den Haushalt<br />

eingegriffen werden musste. Ich muss auch nicht, wie das in<br />

Brandenburg geschieht, einen Nachtragshaushalt aufstellen, weil die<br />

Steuerreform nicht berücksichtigt wurde.


Es gibt nicht nur Verän<strong>der</strong>ungen, die in <strong>der</strong> Natur <strong>der</strong> Sache liegen,<br />

son<strong>der</strong>n es gibt auch die Än<strong>der</strong>ung von politischen<br />

Rahmenbedingungen. Beim Haushalt 2002 besteht zum Beispiel die<br />

Möglichkeit o<strong>der</strong> sogar die Wahrscheinlichkeit, dass die rot-grüne<br />

Bundesregierung wegen des Wahljahres 2002 das eine o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e an<br />

Wohltaten ausschütten will. Eine ist ja schon angekündigt worden,<br />

nämlich die Erhöhung des Kin<strong>der</strong>geldes. Kommt es zu einer Erhöhung<br />

des Kin<strong>der</strong>geldes, haben wir mit erheblichen Min<strong>der</strong>einnahmen im<br />

Jahre 2002 zu rechnen.<br />

(Jurk, SPD: Was heißt das für das Kita-Gesetz?)<br />

- Einen Moment! Wir müssen schon heute bei den Steueransätzen eine<br />

solche Möglichkeit berücksichtigen, genauso wie es richtig war,<br />

meine sehr verehrten Damen und Herren von <strong>der</strong> Opposition und<br />

insbeson<strong>der</strong>e von <strong>der</strong> SPD, in den Steuerschätzungen für 2001 die<br />

möglichen Verän<strong>der</strong>ungen <strong>der</strong> Entfernungspauschale nicht so<br />

optimistisch einzurechnen, dass man annimmt, dass die Län<strong>der</strong><br />

überhaupt nicht beteiligt seien. Denn das jetzt im<br />

Vermittlungsausschuss gefundene Ergebnis - das zwar nicht meine<br />

Zustimmung findet - bedeutet für uns auch ungefähr 40 Millionen DM<br />

Min<strong>der</strong>einnahmen pro Jahr.<br />

All das muss in einer Prognose aufgefangen werden. Man kann den<br />

Haushalt ja nicht nach je<strong>der</strong> neuen Nachricht korrigieren. Das würde<br />

die Stabilität des gesamten Systems gefährden. Soweit zu dem<br />

Problem Steuerschätzung und Etatansätze.<br />

Ich bin dankbar, dass ein Teil meiner Vorredner auf einen wichtigen<br />

Aspekt, die Novellierung <strong>der</strong> <strong>Sächsische</strong>n Haushaltsordnung,<br />

eingegangen ist. Im Kern handelt es sich hierbei um eine<br />

Mo<strong>der</strong>nisierung des gegenwärtigen Systems bei Beibehaltung des<br />

Grundsatzes <strong>der</strong> Kameralistik. Die Novellierung hat zum Ziel, durch<br />

Einräumung größerer Freiräume und durch ein höheres Maß an<br />

Flexibilität die Eigenverantwortung <strong>der</strong> Verwaltung zu stärken.<br />

Zudem sollen damit die Möglichkeiten für einen wirtschaftlicheren<br />

Umgang mit öffentlichen Ressourcen verbessert werden.<br />

Hierzu sind die Grundsätze des Haushaltsrechts gelockert worden.<br />

Die gegenseitige Deckung und die Übertragung von Mitteln in das<br />

nächste Haushaltsjahr sind beispielsweise nach dem Gesetzentwurf<br />

zulässig, wenn eine wirtschaftliche und sparsame Verwendung <strong>der</strong><br />

Mittel dies erfor<strong>der</strong>t.<br />

Das bedeutet allerdings, meine sehr verehrten Damen und Herren hier<br />

im Hause, eine Reduzierung des Einflusses des <strong>Landtag</strong>es. Denn<br />

bisher war es so, dass <strong>der</strong> <strong>Landtag</strong> für das jeweilige Jahr die<br />

entsprechenden Mittel bereitstellte. Jetzt kann sich im Vollzug<br />

eine erhebliche Abweichung ergeben. Ich halte diese Möglichkeit für<br />

richtig, aber man sollte konsequenterweise darauf hinweisen, dass<br />

die Lockerung <strong>der</strong> Kameralistik auch eine Reduzierung des Einflusses<br />

<strong>der</strong> Legislative und eine Stärkung <strong>der</strong> Exekutive bedeutet.<br />

Meine Damen und Herren! Traditionelle Maßnahmen <strong>der</strong><br />

Haushaltssanierung stoßen an ihre Grenzen. Gleichzeitig steigen die<br />

Ansprüche an die Dienstleistungsqualität des öffentlichen Dienstes.<br />

Bundesweit verfolgen viele Kommunen und Län<strong>der</strong> die Einführung von


etriebswirtschaftlichen Methoden im Rahmen des so genannten neuen<br />

Steuerungsmodells.<br />

Die Staatsregierung hat im März dieses Jahres die schrittweise<br />

Erprobung und Einführung des neuen Steuerungsmodells in die<br />

sächsische Staatsverwaltung beschlossen. Ziel ist, die öffentliche<br />

Verwaltung zu einem mo<strong>der</strong>nen, rechtmäßig und ökonomisch handelnden<br />

Dienstleistungsunternehmen auszurichten, das ziel- und<br />

ergebnisorientiert arbeitet - insoweit also eine Abkehr von den<br />

bisherigen kameralistischen Zielsetzungen.<br />

Mit den §§ 7 und 7a <strong>der</strong> <strong>Sächsische</strong>n Haushaltsordnung werden die<br />

rechtlichen Grundlagen für die Einführung <strong>der</strong> Elemente des neuen<br />

Steuerungsmodells konkretisiert. Damit ist eine wichtige<br />

Voraussetzung für die breite Anwendung ökonomischer Methoden in <strong>der</strong><br />

sächsischen Staatsverwaltung geschaffen.<br />

Hierzu gehört auch die Einführung <strong>der</strong> Kosten- und Leistungsrechnung<br />

in geeigneten Bereichen. Staatsbetriebe - und das halte ich im<br />

Gegensatz zu einem Vorredner für notwendig und richtig - sind als<br />

Nettobetriebe zu veranschlagen, haben Wirtschaftspläne aufzustellen<br />

und grundsätzlich kaufmännisch zu buchen und eine Kosten- und<br />

Leistungsrechnung einzuführen.<br />

Erhöhte Anfor<strong>der</strong>ungen an die im Haushaltsplan grundsätzlich<br />

auszubringenden Erläuterungen korrespondieren mit <strong>der</strong> gesetzlich<br />

ermöglichten Haushaltsflexibilisierung. Denn was bedeutet die<br />

Einrichtung eines Nettobetriebes? Sie bedeutet, dass <strong>der</strong> Betrieb<br />

einen Zuschuss bekommt, aber die Einnahmen und Ausgaben selber<br />

variieren kann. Nichts an<strong>der</strong>es for<strong>der</strong>n Sie ja zum Beispiel bei den<br />

Hochschulen. Insoweit ist die Konsequenz, dass Sie von einer<br />

Bruttoveranschlagung im Ergebnis zu einer Nettoveranschlagung<br />

kommen, was natürlich - das will ich auch hinzufügen - eine<br />

Reduzierung des Einflusses des <strong>Landtag</strong>es bedeutet, weil <strong>der</strong> <strong>Landtag</strong><br />

nur noch über die Nettoposition, also den Nettozuschuss, zu<br />

diskutieren hat und nicht mehr die sich dahinter verbergende<br />

Wirtschaftsführung beeinflussen kann.<br />

Die nächste Än<strong>der</strong>ung, die wir im Haushaltsrecht wahrscheinlich zu<br />

gewärtigen haben, ist die vollständige Umstellung <strong>der</strong> jetzigen<br />

Kameralistik auf die doppelte Buchführung, wie wir sie in einigen<br />

europäischen Län<strong>der</strong>n schon haben. Nach meinen Schätzungen wird das<br />

Ende dieser Dekade <strong>der</strong> Fall sein. Ich habe vorsichtshalber im<br />

Bereich <strong>der</strong> EDV-Entwicklung die Jahre 2007/2008 als Ziel angegeben.<br />

Dann wollen wir in <strong>der</strong> Lage sein unser bisheriges Rechnungswesen<br />

vollständig zu verän<strong>der</strong>n. Ich will aber deutlich hinzufügen: Das<br />

ist ein erheblicher Schritt und ich warne vor <strong>der</strong> Annahme zu kurzer<br />

Übergangszeiten.<br />

(Beifall des Abg. Schiemann, CDU)<br />

Wenn ich also von den Jahren 2007/2008 rede, ist das das absolute<br />

Minimum. Wahrscheinlich wird die Einführung noch sehr viel später<br />

kommen. Dies ist auch eine Bemerkung zu den Hoffnungen, die ab und<br />

zu auch in diesem Hohen Hause für bestimmte Wirtschaftsbereiche<br />

bestehen.<br />

Eine letzte Anmerkung zur Verschuldung. Natürlich haben wir auch in<br />

<strong>der</strong> Haushaltsordnung die Verschuldung zu definieren. Dass die


Verschuldungsgrenze bei <strong>der</strong> Überschreitung gesamtwirtschaftlicher<br />

Störungen möglich ist, steht schon im Haushaltsgrundsätzegesetz.<br />

Das ist also nichts Neues; neu ist die Definition von<br />

Investitionen.<br />

Wir können sinnvollerweise nur den Landesanteil durch Verschuldung<br />

finanzieren. Bei <strong>der</strong> bisherigen Interpretation war es möglich,<br />

Zuschüsse vom Bund zu kassieren und zusätzlich auch diesen Anteil<br />

über Schulden zu finanzieren, was letztlich bedeutet hätte, dass<br />

man den Bundeszuschuss für Investitionen faktisch zur Finanzierung<br />

laufen<strong>der</strong> Ausgaben benutzt o<strong>der</strong> insgesamt gesehen die Verschuldung<br />

für die Finanzierung laufen<strong>der</strong> Ausgaben benutzt hätte.<br />

Von dieser Möglichkeit machen einige unserer Nachbarlän<strong>der</strong><br />

Gebrauch. Ich halte das für falsch und wir sollten deutlich machen,<br />

dass Schulden im Normaljahr - Ausnahmen natürlich immer zugegeben -<br />

nur dort infrage kommen, wo nicht laufende Ausgaben bestehen. Ich<br />

kann laufende Ausgaben nicht permanent über Schulden finanzieren.<br />

Eine schlichte Rechnung zeigt Ihnen, dass man dann über die<br />

Schuldenbelastung relativ schnell in ein nicht mehr zu lösendes<br />

Haushaltsungleichgewicht kommt.<br />

Meine sehr verehrten Damen und Herren, eine letzte Bemerkung zu <strong>der</strong><br />

verfassungsrechtlichen Problematik. Die <strong>Sächsische</strong> Verfassung legt<br />

in Artikel 93 Abs. 2 fest, dass <strong>der</strong> Haushaltsplan für ein<br />

Rechnungsjahr o<strong>der</strong> mehrere, nach Jahren getrennt, durch das<br />

Haushaltsgesetz festgestellt wird. In das Haushaltsgesetz, das<br />

nämlich den Haushalt feststellt, dürfen nur Vorschriften<br />

aufgenommen werden, die sich auf die Einnahmen und die Ausgaben des<br />

Freistaates und auf den Zeitraum beziehen, für den das<br />

Haushaltsgesetz beschlossen wird. Das haben wir getan.<br />

In das Haushaltsgesetz sind nur Maßnahmen aufgenommen worden, die<br />

sich tatsächlich auf die Abwicklung des Haushalts <strong>der</strong> Jahre 2001<br />

und 2002 beziehen. Etwas völlig an<strong>der</strong>es, was sprachlich aber<br />

möglicherweise verwechselt werden kann, ist das<br />

Haushaltsbegleitgesetz. Durch das Haushaltsbegleitgesetz wird eben<br />

nicht <strong>der</strong> Haushalt festgestellt, son<strong>der</strong>n <strong>der</strong> Versuch gemacht,<br />

außerhalb des Haushaltsgesetzes durch ein spezielles Gesetz, das<br />

eben nicht dem Bepackungsverbot unterliegt, bestehende Gesetze zu<br />

än<strong>der</strong>n. Dies ist auch in an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n und im Bund die übliche<br />

Methode.<br />

Nun zu <strong>der</strong> Frage: Kann man mit dem Haushaltsbegleitgesetz auch die<br />

Haushaltsordnung än<strong>der</strong>n? Selbstverständlich! Ich kann in einem<br />

normalen Gesetz auch unterschiedliche Dinge zusammenfassen.<br />

Sie kennen sicher auf <strong>der</strong> Bundesebene gewaltige "Omnibusgesetze",<br />

in denen alle möglichen Gesetzesän<strong>der</strong>ungen zusammengefasst werden.<br />

Die Frage, ob man so vorgeht o<strong>der</strong> nicht, kann nur mit<br />

Zweckmäßigkeitsüberlegungen beantwortet werden. Es handelt sich<br />

nicht um eine Rechtsfrage. Wegen des Datums 1. Januar und <strong>der</strong><br />

Tatsache, dass die Haushaltsordnung primär im Haushaltsausschuss zu<br />

diskutieren war, also in demselben Ausschuss, <strong>der</strong> auch für das<br />

Haushaltsbegleitgesetz fe<strong>der</strong>führend agierte, war es sinnvoll, die<br />

beiden Materien zusammenzufügen. Wenn <strong>der</strong> <strong>Landtag</strong> das an<strong>der</strong>s<br />

gesehen hätte, dann wäre es ihm ohne weiteres möglich gewesen, in


den Ausschussberatungen den vorliegenden Gesetzentwurf in die<br />

beiden Teile aufzuspalten. Das ist aber nicht erfolgt. Insoweit ist<br />

für mich die verfassungsrechtliche Lage geklärt. Dies hat auch <strong>der</strong><br />

Juristische Dienst bestätigt.<br />

Präsident Iltgen: Gestatten Sie eine Zwischenfrage, Herr Minister?<br />

Prof. Dr. Milbradt, Staatsminister <strong>der</strong> Finanzen: Bitte sehr, Frau<br />

Runge.<br />

Frau Dr. Runge, PDS: Erstens muss ich etwas korrigieren. Wir haben<br />

dieses Problem im Haushaltsausschuss diskutiert. Sie konnten lei<strong>der</strong><br />

nicht anwesend sein.<br />

Zweitens habe ich eine Frage. Es ist natürlich richtig, dass Sie<br />

das Haushaltsbegleitgesetz und das Haushaltsgesetz unterscheiden.<br />

Aber Sie werden doch zugestehen, dass das Haushaltsbegleitgesetz<br />

<strong>der</strong> Sicherung des Haushaltsgesetzes dient, insofern ein zwingen<strong>der</strong><br />

Zusammenhang besteht und für unsere Begriffe damit das<br />

Bepackungsverbot für beide gilt?<br />

Prof. Dr. Milbradt, Staatsminister <strong>der</strong> Finanzen: Nein, Frau<br />

Kollegin, das Bepackungsverbot gilt nur für das Haushaltsgesetz.<br />

Durch das Haushaltsgesetz soll nämlich keine Regelung eingeführt<br />

werden, die außerhalb dieses Haushaltes wirkt. Im<br />

Haushaltsbegleitgesetz finden Sie aber überall Regelungen, die weit<br />

über die Durchführung des Haushaltes hinausgehen. Wenn Sie zum<br />

Beispiel durch das Haushaltsbegleitgesetz das Landeserziehungsgeld<br />

senken, dann gilt dies natürlich nicht nur für die zwei Jahre, für<br />

die <strong>der</strong> Haushaltsplan aufgestellt worden ist, son<strong>der</strong>n, sofern keine<br />

weitere Gesetzesän<strong>der</strong>ung vorgenommen wird, auch für künftige Jahre.<br />

Um nichts an<strong>der</strong>es handelt es sich auch bei <strong>der</strong> Novellierung <strong>der</strong><br />

Haushaltsordnung. Dabei geht es nicht um eine Verän<strong>der</strong>ung für zwei<br />

Jahre, son<strong>der</strong>n um eine solche auf Dauer. Wenn man eine Beschränkung<br />

auf zwei Jahre angestrebt hätte, hätte man diese möglicherweise in<br />

Form von Vorschriften in das Haushaltsgesetz aufnehmen können.<br />

Natürlich hat auch die Novelle <strong>der</strong> Haushaltsordnung etwas mit<br />

unserer sparsamen Haushaltsführung zu tun. Wir wollten durch die<br />

Novelle, insbeson<strong>der</strong>e durch die Einführung <strong>der</strong> neuen<br />

Steuerungsmodelle, die neuen Möglichkeiten nutzen, und das nicht<br />

nur immer im Rahmen von Ausnahmegenehmigungen, die sich am Rande<br />

des geltenden Haushaltsrechts bewegen. So hängt zum Beispiel die<br />

Frage <strong>der</strong> Flexibilisierung in den Hochschulen eng mit dem zusammen,<br />

was wir hier beschließen wollen. Wenn die Fraktionen selbst gerade<br />

bei den Hochschulen durch eigene Anträge diesen Prozess<br />

beschleunigen wollen, so ist es umso angebrachter, für das<br />

generelle Haushaltsrecht solche Möglichkeiten vorzusehen.<br />

Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich fasse zusammen. Über die<br />

ersten 13 Artikel des Haushaltsbegleitgesetzes mag man politisch<br />

streiten; das ist bei <strong>der</strong> Haushaltsberatung schon geschehen. Dazu<br />

will ich nicht Stellung nehmen. Ich will nur insoweit<br />

zusammenfassen: keine Verlagerung zulasten <strong>der</strong> Gemeinden.<br />

Artikel 14, so meine ich, ist eine Mo<strong>der</strong>nisierung unserer<br />

Haushaltsordnung, die <strong>der</strong> Zustimmung des ganzen Hauses würdig wäre.<br />

Herzlichen Dank.


(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Präsident Iltgen: Meine Damen und Herren! Damit ist die Aussprache<br />

beendet.<br />

Wir kommen zu den Abstimmungen.<br />

Von <strong>der</strong> Systematik her stimmen wir zuerst ab über den Entwurf<br />

"Gesetz über Maßnahmen zur Sicherung <strong>der</strong> öffentlichen Haushalte<br />

2001 und 2002 im Freistaat Sachsen (Haushaltsbegleitgesetz 2001 und<br />

2002) und zur Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Vorläufigen Haushaltsordnung des<br />

Freistaates Sachsen" in <strong>der</strong> Drucksache 3/2401. Es handelt sich um<br />

einen Gesetzentwurf <strong>der</strong> Staatsregierung.<br />

Ich schlage Ihnen entsprechend § 54 Abs. 5 Satz 3 <strong>der</strong><br />

Geschäftsordnung vor, über den Gesetzentwurf artikelweise<br />

abzustimmen. Aber wir können das sogar zusammenfassen. Ich würde<br />

dann die Artikel namentlich vorlesen.<br />

(Wi<strong>der</strong>spruch bei <strong>der</strong> SPD)<br />

- Dann stimmen wir einzeln ab, aber es liegen keine<br />

Än<strong>der</strong>ungsanträge vor.<br />

(Hatzsch, SPD: Natürlich, es gibt noch Än<strong>der</strong>ungsanträge!)<br />

- Entschuldigung! Dann verfahren wir so. Aber ich darf wenigstens<br />

die Teile zusammenfassen, zu denen keine Än<strong>der</strong>ungsanträge<br />

vorliegen.<br />

Frau Lattmann-Kretschmer, bitte.<br />

Frau Lattmann-Kretschmer, PDS: Es ist zwar sicher nicht sehr<br />

erfolgreich, aber ich möchte, dass über Artikel 13 einzeln<br />

abgestimmt wird, weil er nach unserem Beschluss wirklich unlogisch<br />

geworden ist. Vielleicht sind einige Stimmen aus <strong>der</strong> Fraktion zur<br />

Ablehnung zu gewinnen.<br />

Präsident Iltgen: Meinen Sie jetzt eine namentliche Abstimmung?<br />

Frau Lattmann-Kretschmer, PDS: Nein, es geht um eine<br />

Einzelabstimmung über den Artikel.<br />

Präsident Iltgen: Eine namentliche Abstimmung über den einzelnen<br />

Artikel ist nicht möglich. Zum Gesamtgesetz liegt bereits ein<br />

Antrag auf namentliche Abstimmung vor.<br />

(Zurufe von <strong>der</strong> PDS: Normale Einzelabstimmung über den<br />

Artikel!)<br />

- Das ist natürlich möglich. Ich habe es falsch verstanden. Ich<br />

werde meine Zusammenfassung zu gegebener Zeit unterbrechen und über<br />

Artikel 13 separat abstimmen lassen.<br />

Meine Damen und Herren! Wir stimmen ab über das "Gesetz über<br />

Maßnahmen zur Sicherung <strong>der</strong> öffentlichen Haushalte 2001 und 2002 im<br />

Freistaat Sachsen (Haushaltsbegleitgesetz 2001 und 2002) und zur<br />

Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Vorläufigen Haushaltsordnung des Freistaates Sachsen",<br />

Drucksache 3/2401, Gesetzentwurf <strong>der</strong> Staatsregierung. Dazu liegen<br />

Ihnen die Beschlussempfehlung und <strong>der</strong> Bericht des Haushalts- und<br />

Finanzausschusses in <strong>der</strong> Drucksache 3/3110 vor.<br />

Ich lasse abstimmen über Artikel 1 - Än<strong>der</strong>ung des <strong>Sächsische</strong>n<br />

Flüchtlingsaufnahmegesetzes Nr. 1 bis 5; Artikel 2 - Än<strong>der</strong>ung des<br />

<strong>Sächsische</strong>n Spätaussiedlereinglie<strong>der</strong>ungsgesetzes; Artikel 3 -<br />

Än<strong>der</strong>ung des <strong>Sächsische</strong>n Brandschutzgesetzes; Artikel 4 - Än<strong>der</strong>ung


<strong>der</strong> <strong>Sächsische</strong>n Bauordnung Nr. 1 und 2; Artikel 5 - Än<strong>der</strong>ung des<br />

<strong>Sächsische</strong>n Wassergesetzes Nr. 1 bis 3; Artikel 6 - Än<strong>der</strong>ung des<br />

Schulgesetzes für den Freistaat Sachsen. Wer diesen Artikeln die<br />

Zustimmung geben möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer<br />

ist dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Bei einer großen<br />

Anzahl von Stimmen dagegen ist diesen Artikeln zugestimmt worden.<br />

Wir kommen jetzt zu Artikel 7 - Än<strong>der</strong>ung des Gesetzes über Schulen<br />

in freier Trägerschaft, Nr. 1 und 2. Dazu gibt es einen<br />

Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> SPD in <strong>der</strong> Drucksache 3/3663 zu<br />

Nr. 1b, Nr. 1c und Nr. 2. Herr Hatzsch, Sie haben das Wort.<br />

Hatzsch, SPD: Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und<br />

Herren! Wir wurden gestern durch Herrn de Maizière angenehm mit <strong>der</strong><br />

Ankündigung überrascht, dass <strong>der</strong> Kultusminister offensichtlich<br />

unseren Schulgesetzentwurf zur Grundlage künftiger Verän<strong>der</strong>ungen<br />

machen will.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD - Unruhe bei <strong>der</strong> CDU - Leroff, CDU:<br />

Wann war denn das? Da waren wir aber nicht da!)<br />

- Meine Damen und Herren von <strong>der</strong> CDU, wenn Sie Ihrem eigenen<br />

Minister nicht zuhören, dann kann ich das nicht än<strong>der</strong>n.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Umso unverständlicher erscheint uns dann aber die Behandlung freier<br />

Träger in dem vorliegenden Gesetz als unerwünschte Konkurrenz zu<br />

den öffentlichen Schulen. Wir wollen, auch in Verbindung mit <strong>der</strong><br />

Übertragung <strong>der</strong> Verantwortung für wohnortnahe, differenzierte<br />

Schulangebote auf die Landkreise, die gleichberechtigte Behandlung<br />

<strong>der</strong> Schulen, unabhängig von ihrer Trägerschaft. Das streben Sie<br />

letztlich auch an. Dies ist in Sachsen zurzeit aber nicht gegeben,<br />

son<strong>der</strong>n es ist eine Verschärfung zu beobachten. Eine Wartefrist von<br />

vier Jahren ist wohl von keinem Träger in Sachsen zu finanzieren.<br />

Es fallen Kosten von wenigstens 1,5 Millionen DM an, wenn man die<br />

Schule einzügig aufwachsen lässt.<br />

Natürlich mil<strong>der</strong>t <strong>der</strong> angenommene Antrag <strong>der</strong> CDU-Fraktion die<br />

Situation für ersetzende Schulen, aber, Herr Kollege Colditz, er<br />

darf nicht unter Haushaltsvorbehalt stehen. Somit gibt es keine<br />

Chancen für neue Schulen. Wir wollen somit wenigstens die<br />

zweijährige Wartefrist wie<strong>der</strong>haben und bei erfolgreicher Bewährung<br />

die Refinanzierung <strong>der</strong> anfallenden Kosten im Rahmen <strong>der</strong> Pro-Kopf-<br />

Zuschüsse. Die Wartefrist darf nicht dazu führen, dass <strong>der</strong><br />

Freistaat am Ende auf Kosten engagierter Eltern und Lehrer Gel<strong>der</strong><br />

für zwei Jahre einspart. Wir wollen Engagement beför<strong>der</strong>n und nicht<br />

verhin<strong>der</strong>n.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Zum Zweiten wollen wir die Bezuschussung im berufsbildenden Bereich<br />

auf eine leistungsbezogene Basis stellen, statt pauschal zu kürzen.<br />

Wir haben auf die Probleme <strong>der</strong> undifferenzierten Bezuschussung im<br />

berufsbildenden Bereich bei <strong>der</strong> Behandlung <strong>der</strong> Verdingungsordnung<br />

hingewiesen. Die CDU-Fraktion hatte sich aber schon vorher<br />

festgelegt und war trotz Einsicht im Ausschuss nicht mehr<br />

handlungsfähig, Herr Colditz.<br />

Die Zuschüsse müssen wenigstens nach Branchen differenziert und sie<br />

müssen auch bei Teilzeit gewährt werden. Nur so kann vermieden


werden, dass sich einige Träger auf Kosten von Bildung<br />

gesundstoßen.<br />

Aber, meine Damen und Herren, ich möchte auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite mit<br />

Nachdruck sagen, die freien Träger helfen uns gerade im<br />

berufsbildenden Bereich die Lehrstellenmisere einigermaßen zu<br />

meistern.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Das hier mit dem Haushaltsbegleitgesetz gesetzte Signal <strong>der</strong><br />

Abstrafung und moralischen Abqualifizierung dieser Träger<br />

berufsbilden<strong>der</strong> Schulen ist aus unserer Sicht politisch falsch.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Präsident Iltgen: Wird dazu das Wort gewünscht? - Herr Colditz,<br />

bitte.<br />

Colditz, CDU: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege<br />

Hatzsch, noch einmal als Vorbemerkung: Ich hatte es bereits in<br />

meinem Redebeitrag zum Einzelplan gesagt, dass diese angedachten<br />

Verän<strong>der</strong>ungen keine Entscheidung gegen das Engagement <strong>der</strong> freien<br />

Träger sind, son<strong>der</strong>n dass es lediglich darum geht, die<br />

stattfindende Bedarfsentwicklung im Schulnetz insgesamt auch auf<br />

die freien Träger zu übertragen. Ich denke, es ist auch im<br />

Interesse <strong>der</strong> freien Träger, dass solche Regelungen getroffen<br />

werden - auf die ich gleich zum Teil noch einmal zu sprechen komme.<br />

Grundsätzlich ist zunächst erst einmal davon auszugehen - Herr<br />

Hatzsch, da können Sie nicht irgendwelche Willkür unterstellen -,<br />

dass diese angedachten Regelungen - das hat die Anhörung bereits<br />

belegt und bewiesen - auch in an<strong>der</strong>en Län<strong>der</strong>n bereits praktiziert<br />

werden. Wir gehen also hier in Sachsen keine Son<strong>der</strong>wege.<br />

Nun zu Ihren konkreten Vorstellungen noch einmal im Detail:<br />

Erstens zur Wartefristregelgung. Es ist durch unsere Fraktion noch<br />

einmal nachdrücklich festgestellt worden, auch durch einen<br />

Än<strong>der</strong>ungsantrag, dass dort, wo durch freie Träger staatliche<br />

Schulangebote ersetzt werden und auch <strong>der</strong> Sinn <strong>der</strong> Ersatzschulen<br />

wirklich ausgeformt wird, die Wartefrist aufgehoben wird.<br />

Insofern ist diese Bemerkung zum Haushaltsvorbehalt nur sekundär zu<br />

sehen, weil das natürlich in irgendeiner Weise kostenneutral wäre<br />

und ist. Dort aber - das ist auch nachvollziehbar -, wo über den<br />

Bedarf hinaus und über das ohnehin zu straffende Schulnetz freie<br />

Träger zusätzliche Angebote vorhalten, halten wir diese Wartefrist,<br />

wie sie jetzt angedacht ist, für gerechtfertigt. Insbeson<strong>der</strong>e auch<br />

im Blick auf die rückläufigen Schülerzahlen ist es nur zu<br />

rechtfertigen, dass <strong>der</strong> Freistaat nicht zusätzlich Schulangebote in<br />

freier Trägerschaft in diesem Maße finanziert. Insofern erklärt<br />

sich auch die Verlängerung <strong>der</strong> Wartefrist in diesem Zusammenhang.<br />

Zweiter Aspekt, <strong>der</strong> von Ihnen angesprochen ist: die Bezuschussung<br />

<strong>der</strong> Berufsschulen. Sie gehen in Ihrem eigenen Antrag davon aus,<br />

wenn man die Begründung liest, dass eine Differenzierung <strong>der</strong><br />

Bezuschussung <strong>der</strong> Schularten auch aus Ihrer Sicht möglich würde.<br />

Nichts an<strong>der</strong>es tun wir. Auch das ist vergleichbar mit Regelungen in<br />

an<strong>der</strong>en Bundeslän<strong>der</strong>n. Es ist davon auszugehen, dass diese<br />

angedachten 80 %, wie es auch in <strong>der</strong> Begründung zum Gesetzentwurf


steht, durchaus über dem Existenzminimum liegen und damit eine<br />

Gefährdung <strong>der</strong> Schulen nicht von vornherein darstellbar wird.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Präsident Iltgen: Wird von <strong>der</strong> PDS das Wort gewünscht? - Herr Dr.<br />

Hahn, bitte.<br />

Dr. Hahn, PDS: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir werden<br />

diesem Antrag zustimmen. Ich habe in meinem Redebeitrag zum<br />

Einzelplan 05 bereits darauf hingewiesen, dass die Wartefrist von<br />

vier Jahren de facto zu einer Errichtungssperre für die Einrichtung<br />

von Schulen in freier Trägerschaft wird, die sich neu bilden<br />

wollen. Keine Initiative kann vier Jahre die Kosten tragen, schon<br />

gar nicht, wenn nicht wenigstens dann ein Teil des Geldes<br />

nachträglich erstattet wird, wie es in den Län<strong>der</strong>n üblich ist, in<br />

denen die vier Jahre bereits angewandt werden. Daher gibt es auch<br />

rechtliche Bedenken und man kann den freien Trägern nur raten, wenn<br />

das Gesetz in Kraft treten sollte, dagegen gerichtlich vorzugehen.<br />

Es gibt bereits erste Urteile von Landesverfassungsgerichtshöfen.<br />

Wir stimmen also dem Antrag <strong>der</strong> SPD zu.<br />

(Beifall bei PDS und SPD)<br />

Präsident Iltgen: Meine Damen und Herren! Wir kommen zur Abstimmung<br />

über die Drucksache 3/3163, Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> SPD zu<br />

den Artikeln 7 und 8. Wer dem Än<strong>der</strong>ungsantrag zustimmen möchte, den<br />

bitte ich um das Handzeichen. - Danke. Wer ist dagegen? - Wer<br />

enthält sich? - Bei einer großen Anzahl von Stimmen dafür ist <strong>der</strong><br />

Än<strong>der</strong>ungsantrag mehrheitlich abgelehnt.<br />

Ich lasse jetzt abstimmen über Artikel 7, Än<strong>der</strong>ung des Gesetzes<br />

über Schulen in freier Trägerschaft, Artikel 8, Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

Verordnung <strong>der</strong> <strong>Sächsische</strong>n Staatsregierung über die Gewährung von<br />

Zuschüssen für Schulen in freier Trägerschaft. Wer den Artikeln<br />

zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist<br />

dagegen? - Wer enthält sich? - Damit ist den Artikeln 7 und 8<br />

mehrheitlich zugestimmt.<br />

Meine Damen und Herren! Wir kommen zum Artikel 9, Än<strong>der</strong>ung des<br />

Gesetzes zur För<strong>der</strong>ung von Kin<strong>der</strong>n in Tageseinrichtungen im<br />

Freistaat Sachsen. Hier gibt es einen Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> Fraktion<br />

<strong>der</strong> SPD, Drucksache 3/3187. Ich bitte um Einbringung. Frau Dr.<br />

Schwarz.<br />

Frau Dr. Schwarz, SPD: Herr Präsident! Ein letzter Versuch, liebe<br />

Kolleginnen und Kollegen <strong>der</strong> CDU-Fraktion. Sie haben ja dann Ihre<br />

Weihnachtsfeier. Vielleicht bringen Sie jetzt schon ein Geschenk<br />

ins Hohe Haus. Lassen Sie uns den Artikel 9, die Än<strong>der</strong>ung des<br />

Kin<strong>der</strong>tagesstättengesetzes, streichen und das jetzt noch geltende<br />

ein weiteres Jahr gelten. Lassen Sie uns Zeit, die Erfahrungen<br />

an<strong>der</strong>er Län<strong>der</strong> zu prüfen und zu diskutieren. Lassen Sie uns Zeit,<br />

diese Diskussion mit den Betroffenen mit dem Ziel zu führen, das<br />

Beste für unsere Kin<strong>der</strong> zu erreichen. Ich denke, das ist<br />

angemessen.<br />

Es ist natürlich auch in diesem Falle so - ich muss Ihnen erneut<br />

wi<strong>der</strong>sprechen, Herr Finanzminister -, die 3,5 % weniger<br />

Landeszuschüsse betreffen in erster Linie die Kommunen, die Träger<br />

von Kin<strong>der</strong>einrichtungen sind. Sie strafen den Dachverband des


<strong>Sächsische</strong>n Städte- und Gemeindetages Lügen, <strong>der</strong> wortwörtlich in<br />

seiner Stellungnahme zum Haushaltsbegleitgesetz gesagt hat, "dass<br />

es in starkem Maße zu Verschiebungen <strong>der</strong> Belastungen vom Land auf<br />

die Kommunen führt".<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Präsident Iltgen: Wird dazu das Wort gewünscht? - Frau Nicolaus,<br />

bitte.<br />

Frau Nicolaus, CDU: Liebe Frau Dr. Schwarz, ich habe es heute früh<br />

schon einmal gesagt: Egal, wie wir es machen, jetzt gleich o<strong>der</strong> in<br />

fünf Jahren erst, Ihnen wird es immer zu schnell gehen. Sie werden<br />

immer verurteilen, wenn wir etwas Neues bringen. Wir haben uns auf<br />

einen Kompromiss verständigt. Wir haben ihn haushaltsmäßig<br />

abgedeckt. Die Anträge sind schon beschlossen. Wir bleiben bei<br />

unserer Meinung; wir werden Ihren Antrag ablehnen und bei unserem<br />

bleiben.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Präsident Iltgen: Wird weiter das Wort gewünscht? - Frau Dr.<br />

Schwarz.<br />

Frau Dr. Schwarz, SPD: Frau Kollegin Nicolaus, ich finde es ein<br />

bisschen unredlich, was Sie hier tun. Sie wissen sehr genau, dass<br />

wir uns in die Diskussion zum Kin<strong>der</strong>tagesstättengesetz von Anfang<br />

an, seit <strong>der</strong> 1. Legislaturperiode, konstruktiv eingebracht haben.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Das sehen wir ja heute, dass Sie Dinge nachvollziehen, die wir 1996<br />

vorgeschlagen haben.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD - Lachen bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Präsident Iltgen: Frau Werner von <strong>der</strong> PDS, bitte.<br />

Frau Werner, Heike, PDS: Wir möchten ebenfalls den Än<strong>der</strong>ungsantrag<br />

<strong>der</strong> SPD unterstützen. Ich unterstreiche, <strong>der</strong> Haushaltsentwurf führt<br />

zu einer Mehrbelastung <strong>der</strong> Kommunen, die diese Mehrbelastung zum<br />

großen Teil an die Eltern weitergeben müssen. Die erhöhten<br />

Elternbeiträge tragen wir nicht mit. Die zweite Än<strong>der</strong>ung ist<br />

geradezu eine Frechheit: innerhalb von zehn Monaten den Kommunen,<br />

den Einrichtungen, den Eltern und den Kin<strong>der</strong>n eine neue<br />

Gesetzesnovelle zuzumuten. Wir werden vielleicht drei o<strong>der</strong> vier<br />

Monate Zeit haben, um das Gesetz diskutieren zu müssen. Ich frage<br />

mich, wie die Umsetzung in den Kommunen dann möglich ist. Das ist<br />

aus unserer Sicht eine unseriöse Politik. Diese lehnen wir ab.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Präsident Iltgen: Meine Damen und Herren! Ich lasse jetzt abstimmen<br />

über den Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> SPD zu Artikel 9,<br />

Drucksache 3/3187. Wer dem Än<strong>der</strong>ungsantrag zustimmen möchte, den<br />

bitte ich um das Handzeichen. - Danke. Wer ist dagegen? - Wer<br />

enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Bei einer großen Anzahl von Stimmen<br />

dafür ist <strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ungsantrag mehrheitlich abgelehnt.<br />

Ich lasse jetzt abstimmen über Artikel 9, Än<strong>der</strong>ung des Gesetzes zur<br />

För<strong>der</strong>ung von Kin<strong>der</strong>n in Tageseinrichtungen im Freistaat Sachsen,<br />

Artikel 10, Än<strong>der</strong>ung des <strong>Sächsische</strong>n Landeserziehungsgeldes,<br />

Artikel 11, Än<strong>der</strong>ung des Gesetzes über die Gewährung eines<br />

Landesblindengeldes und an<strong>der</strong>er Nachteilsausgleiche. Wer diesen<br />

Artikeln zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. -


Danke. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Bei einer<br />

Stimmenthaltung und einer großen Anzahl von Stimmen dagegen ist den<br />

Artikeln mehrheitlich zugestimmt worden.<br />

Ich habe einen Än<strong>der</strong>ungsantrag übersehen. - Es wird mir<br />

signalisiert, dass <strong>der</strong> Än<strong>der</strong>ungsantrag erledigt ist. Damit helfen<br />

Sie mir jetzt aus <strong>der</strong> Klemme.<br />

Ich lasse jetzt abstimmen über Artikel 12, Än<strong>der</strong>ung des <strong>Sächsische</strong>n<br />

Krankenhausgesetzes. Wer dem Artikel zustimmen möchte, den bitte<br />

ich um das Handzeichen. - Danke. Wer ist dagegen? - Wer enthält<br />

sich? - Bei einer Anzahl von Stimmenthaltungen und wenigen Stimmen<br />

dagegen ist dem Artikel 12 zugestimmt.<br />

Ich lasse abstimmen über Artikel 13, Än<strong>der</strong>ung des <strong>Sächsische</strong>n<br />

Kulturraumgesetzes. Wer dem Artikel zustimmt, den bitte ich um das<br />

Handzeichen. - Wer ist dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme? -<br />

Bei einer großen Anzahl von Stimmen dagegen ist dem Artikel<br />

zugestimmt worden.<br />

Ich lasse jetzt über Artikel 14 - Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Vorläufigen<br />

<strong>Sächsische</strong>n Haushaltsordnung 1 bis 41 -, Artikel 15 - Rückkehr zum<br />

einheitlichen Verordnungsrang -, Artikel 16<br />

(Stopp! von <strong>der</strong> SPD - Lochbaum, SPD: Artikel 14 bitte extra!)<br />

- Artikel 14 extra. Gut. Wir machen das so.<br />

Ich rufe Artikel 14 - Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Vorläufigen <strong>Sächsische</strong>n<br />

Haushaltsordnung 1 bis 41 - auf. Wer dem zustimmt, den bitte ich um<br />

das Handzeichen. - Danke. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong><br />

Stimme? - Bei einer Anzahl von Stimmenthaltungen ist dem Artikel<br />

zugestimmt worden.<br />

Ich lasse über Artikel 15 - Rückkehr zum einheitlichen<br />

Verordnungsrang - und Artikel 16 - Neubekanntmachung - abstimmen.<br />

Wer dem zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist<br />

dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Bei Stimmen dagegen und<br />

Stimmenthaltungen ist dem zugestimmt worden.<br />

Wir kommen zu Artikel 17 - In-Kraft-Treten. Hierzu gibt es einen<br />

Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> SPD in Drucksache 3/3163. Ich<br />

bitte um Einbringung. - Herr Hatzsch, bitte.<br />

Hatzsch, SPD: Wir haben Artikel 6 - Schulnetzplanung -<br />

verabschiedet. Wir treffen uns von <strong>der</strong> Intention her. Jawohl, die<br />

Landkreise und die kreisfreien Städte sollen dies übernehmen. Sie<br />

sollen dies jedoch nicht in <strong>der</strong> Kürze <strong>der</strong> Zeit. Aufgrund <strong>der</strong><br />

Erfahrung, die auch an<strong>der</strong>e Bundeslän<strong>der</strong> haben, schlagen wir als<br />

Termin den 1. Januar 2002 für das In-Kraft-Treten des Artikels 6<br />

vor.<br />

Präsident Iltgen: Wird dazu das Wort gewünscht? - Das ist nicht <strong>der</strong><br />

Fall. Somit lasse ich über den Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> SPD<br />

zu Artikel 17, Drucksache 3/3163, abstimmen. Wer dem zustimmt, den<br />

bitte ich um das Handzeichen. - Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Bei<br />

einer größeren Anzahl von Stimmenthaltungen und wenigen Stimmen<br />

dafür ist dem Än<strong>der</strong>ungsantrag mehrheitlich nicht zugestimmt worden.<br />

Ich lasse über Artikel 17 - In-Kraft-Treten - abstimmen. Wer dem<br />

Artikel 17 zustimmt, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer ist


dagegen? - Wer enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Bei Stimmen dagegen und<br />

Stimmenthaltungen ist dem Artikel 17 zugestimmt worden.<br />

Meine Damen und Herren! Damit ist die 2. Beratung abgeschlossen.<br />

Da in <strong>der</strong> 2. Beratung keine Än<strong>der</strong>ung beschlossen worden ist, kommen<br />

wir nun zur 3. Beratung. Hierzu liegt kein Wunsch nach einer<br />

allgemeinen Aussprache vor. Aber es liegt <strong>der</strong> Antrag zu einer<br />

namentlichen Abstimmung vor. Wir werden die namentliche Abstimmung<br />

dann durchführen.<br />

Es handelt sich um den Entwurf "Gesetz über Maßnahmen zur Sicherung<br />

<strong>der</strong> öffentlichen Haushalte 2001 und 2002 im Freistaat Sachsen<br />

(Haushaltsbegleitgesetz 2001 und 2002) und zur Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

Vorläufigen Haushaltsordnung des Freistaates Sachsen". Die<br />

Schlussabstimmung wird in namentlicher Abstimmung durchgeführt.<br />

Danach folgt die Einbringung des Entschließungsantrages <strong>der</strong><br />

Fraktion <strong>der</strong> CDU.<br />

Meine Damen und Herren! Wir beginnen mit <strong>der</strong> namentlichen<br />

Abstimmung.<br />

Dr. Lippmann, CDU: Meine Damen und Herren! Ich rufe zur<br />

Namentlichen Abstimmung in <strong>der</strong> 26. <strong>Sitzung</strong> am 13. Dezember 2000<br />

über die Drucksache 3/2401, beginnend mit dem Buchstaben V, auf.<br />

(Namentliche Abstimmung - Ergebnis siehe Anlage)<br />

Präsident Iltgen: Meine Damen und Herren! Ich bitte um ein klein<br />

wenig Geduld, da wir auswerten, bevor wir mit <strong>der</strong> Mitteilung des<br />

Ergebnisses und dem Entschließungsantrag fortfahren.<br />

Ich bitte die Abgeordneten, in <strong>der</strong> Nähe des Saales zu bleiben. Wir<br />

haben dann noch eine Abstimmung.<br />

(Kurze Unterbrechung)<br />

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte Ihnen das<br />

Ergebnis <strong>der</strong> namentlichen Abstimmung zum Haushaltsbegleitgesetz<br />

bekanntgeben. Dafür gestimmt haben 71 Abgeordnete, mit Nein<br />

stimmten 37 Abgeordnete bei null Enthaltungen. Damit ist dem Gesetz<br />

zugestimmt worden.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Meine Damen und Herren! Es liegt mir ein von <strong>der</strong> CDU-Fraktion<br />

eingebrachter Entschließungsantrag in <strong>der</strong> Drucksache 3/3194 vor. Es<br />

gibt dazu eine Wortmeldung. Bitte, Herr Jurk.<br />

Jurk, SPD: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren!<br />

Nachdem wir uns heute Vormittag bereits über die Zulässigkeit eines<br />

solchen Antrages gestritten haben, liegt jetzt ein<br />

Entschließungsantrag von <strong>der</strong> CDU-Fraktion in Neufassung vor, <strong>der</strong><br />

aus unserer Sicht zunächst einmal zulässig ist. Gleichwohl muss<br />

darauf hingewiesen werden, dass ich und meine Fraktion es für eine<br />

Stillosigkeit halten, dass so umfangreiche Neuregelungen eines<br />

neuen Kita-Gesetzes jetzt per Entschließungsantrag festgeschrieben<br />

werden sollen. Das fängt an bei einer Pauschale bis zur sehr<br />

konkreten Ausgestaltung <strong>der</strong> künftigen Regelungen eines Kita-<br />

Gesetzes.<br />

Uns geht es nicht darum, Frau Nicolaus, fünf Jahre über die<br />

Neufassung eines Kita-Gesetzes zu diskutieren. Uns geht es einfach<br />

darum, dass nicht nur dem Parlament - und da fühlen wir uns als<br />

SPD-Opposition nicht ordnungsgemäß und anständig behandelt -,


son<strong>der</strong>n dass auch all den Betroffenen, all den Interessengruppen,<br />

die von <strong>der</strong> Gesetzesnovelle in Zukunft erfasst werden, ausreichend<br />

Gelegenheit gegeben werden muss, darüber zu diskutieren.<br />

Ich sage Ihnen ganz ehrlich, es wäre am besten, man könnte das<br />

anhand eines Gesetzentwurfes machen. Den allerdings haben Sie uns<br />

nicht vorgelegt.<br />

Präsident Iltgen: Es gibt eine weitere Wortmeldung. Frau Schulz,<br />

bitte.<br />

Frau Schulz, PDS: Herr Präsident! Auch meine Fraktion sieht die<br />

Relevanz dieses Entschließungsantrages keineswegs in diesem eben<br />

beschlossenen Haushaltsbegleitgesetz. Wo ist die eigentliche<br />

Grundlage dafür? Für uns stellt sich das so dar, dass die CDU-<br />

Fraktion diesen Entschließungsantrag entwe<strong>der</strong> als Alibi braucht<br />

o<strong>der</strong> als Auftrag an die Staatsregierung o<strong>der</strong> als<br />

Selbstverpflichtung. Wir glauben nicht, dass sie dazu die<br />

Zustimmung des Hohen Hauses braucht.<br />

Ihr Vorgehen ist sehr ungewöhnlich, denn sie kann einen Auftrag an<br />

die Staatsregierung durchaus mit ihrer Mehrheit geben. Sie kann<br />

auch selbst einen Gesetzentwurf einbringen. Aber uns heute hier mit<br />

Dingen festzuklopfen, schon im Vorhinein festzuschreiben, wie <strong>der</strong><br />

Gesetzentwurf aussieht, bevor wir im normalen<br />

Gesetzgebungsverfahren uns dazu im Disput verständigen können,<br />

halten wir für eine absolute Frechheit.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Wir sehen es so, dass nach dem Reinfall <strong>der</strong> CDU-Fraktion mit dem<br />

ursprünglichen Haushaltsbegleitgesetz und diesem Debakel in <strong>der</strong><br />

Öffentlichkeit die CDU-Fraktion ihrer Staatsregierung nicht mehr<br />

traut und aus Sorge um ein neues soziales Debakel nun für diesen<br />

Gesetzgebungsprozess Pflöcke einschlagen will, die es eigentlich<br />

erst zu diskutieren gilt.<br />

Wir meinen, <strong>der</strong> Inhalt dieses Entschließungsantrages ist durchaus,<br />

so wie er sich jetzt darstellt und wie wir ihn vorhin lesen<br />

konnten, kein Garant für ein soziales Kin<strong>der</strong>tagesstättengesetz. Für<br />

diese Haken und Ösen, meine Damen und Herren, die Sie hier schon<br />

festgeschrieben haben, sollten Sie bitte ganz allein die<br />

Verantwortung übernehmen. Wir tragen diese nicht mit. Wir denken,<br />

an dieser Stelle, am Schluss einer solchen gewaltigen<br />

Zweitagesdebatte, am Schluss nach einem Haushaltsbegleitgesetz mit<br />

entscheidenden sozialen Einschnitten für die Bürger Sachsens ist es<br />

überhaupt nicht an <strong>der</strong> Zeit, einen solchen Entschließungsantrag auf<br />

die Tagesordnung zu setzen.<br />

Deshalb lehnen wir das ab.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Präsident Iltgen: Die CDU-Fraktion; Herr Dr. Hähle, bitte.<br />

Dr. Hähle, CDU: Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und<br />

Herren! Ich möchte Folgendes feststellen:<br />

Erstens. Es ist zulässig, Entschließungsanträge an dieser Stelle<br />

einzubringen.<br />

(Zuruf von <strong>der</strong> PDS: Das ist aber keiner!)


Zweitens. Die Opposition ist in keiner Weise gehin<strong>der</strong>t, sich an dem<br />

dann stattfindenden Gesetzgebungsverfahren zu beteiligen.<br />

(Zuruf <strong>der</strong> Abg. Frau Schulz, PDS)<br />

Das Gesetz, von dem jetzt die Rede ist, muss, wie üblich, in 1. und<br />

2. Lesung im <strong>Landtag</strong> behandelt werden.<br />

(Frau Zschoche, PDS: Dann brauchen Sie es nicht<br />

aufzuschreiben!)<br />

Es wird in die Ausschüsse überwiesen, es wird Anhörungen geben.<br />

Also, ich verstehe die Aufregung nicht.<br />

(Jurk, SPD: Wo ist denn das Gesetz?)<br />

Im Gegenteil, Sie könnten uns dankbar sein, dass wir dem Hohen<br />

Hause unsere Absicht beizeiten bekannt machen, wie wir uns das in<br />

etwa vorstellen. So können Sie sich darauf vorbereiten und es<br />

obliegt Ihnen, ganz frei darüber abzustimmen, ob Sie das mittragen<br />

wollen o<strong>der</strong> eben nicht. Ich gehe davon aus, Sie werden es ablehnen,<br />

wir werden zustimmen. Aber ansonsten gibt es keine Präjudizierung<br />

in irgendeiner Weise.<br />

Vielen Dank.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Präsident Iltgen: Meine Damen und Herren! Bevor wir jetzt in die<br />

Einzelheiten einsteigen - - O<strong>der</strong> wollen Sie ganz formal noch etwas<br />

dazu sagen, weil nämlich <strong>der</strong> Antrag erst einmal eingebracht werden<br />

muss, denn wir haben ihn noch gar nicht eingebracht.<br />

(Leroff, CDU: Liegt vor!)<br />

- Ja. Trotzdem muss er offiziell eingebracht werden. Das müssten<br />

Sie eigentlich wissen.<br />

Meine Damen und Herren! Ich bitte jetzt um Einbringung des<br />

Entschließungsantrages, Drucksache 3/3194. Bitte, Frau Abg.<br />

Nicolaus.<br />

(Zuruf des Abg. Dürrschmidt, PDS)<br />

Frau Nicolaus, CDU: Sie können aber gern mitmachen, Herr<br />

Dürrschmidt. - Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und<br />

Herren! Ich hätte nicht gedacht, dass es so viel Aufregung<br />

verursacht, wenn wir als CDU-Fraktion einen Entschließungsantrag<br />

einbringen, <strong>der</strong> dem Hohen Haus bestimmte Eckpunkte, bestimmte<br />

Visionen bezüglich eines neuen Kin<strong>der</strong>tagesstättengesetzes anbieten<br />

soll und <strong>der</strong> vielleicht auch beschlossen werden soll.<br />

(Zuruf des Abg. Jurk, SPD)<br />

Sehen wir ihn uns doch einmal genauer an und dann werden wir<br />

feststellen, dass dieser Entschließungsantrag zukunftsweisend ist.<br />

Ich habe es heute früh schon einmal angedeutet, dass wir hiermit<br />

die kommunale Selbstverwaltung stärken wollen, dass wir die<br />

Verantwortung <strong>der</strong> Kommunen stärken wollen und dies in Zukunft auch<br />

noch mehr tun müssen. Wir sind geradezu dazu aufgefor<strong>der</strong>t, dies zu<br />

tun.<br />

Nehmen Sie doch einmal den ersten Punkt und sehen Sie ihn sich an.<br />

Wir wollen die Qualität steigern, wir wollen die sozialen<br />

Kompetenzen unserer Kin<strong>der</strong> stärken, indem wir sie besser auf die<br />

Einglie<strong>der</strong>ung in die Grundschule vorbereiten. Wir wollen die<br />

Elternbeitragsregelungen etwas aufweichen und den Kommunen mehr<br />

Möglichkeiten geben.


Wir wollen die Wahlfreiheit <strong>der</strong> Eltern stärken - das hatte ich auch<br />

schon mehrfach in diesem Haus betont -, damit die Eltern frei<br />

wählen können, wo sie ihre Kin<strong>der</strong> betreuen lassen können - in<br />

welcher Einrichtung und in welcher Kommune -, damit ihnen das nicht<br />

mehr vorgeschrieben wird o<strong>der</strong> mit enormen Schwierigkeiten verbunden<br />

ist, wie <strong>der</strong> Zustand momentan ist, wenn sie ihre Kin<strong>der</strong> in einem<br />

an<strong>der</strong>en Ort betreuen lassen wollen, weil die Kommune das nicht tun<br />

muss. Dann muss es in Zukunft so geschehen und man kann sich nicht<br />

mehr verweigern.<br />

Ich denke, das sind Dinge, über die wir hier Konsens erzielen<br />

können.<br />

(Jurk, SPD: Frau Nicolaus, es ist keine 1. Lesung!)<br />

Gleichermaßen ist es unser Anliegen, dass die Tagesmütter eine<br />

an<strong>der</strong>e Position erhalten werden.<br />

Die Pauschalierungs<strong>der</strong>egulierung, das ist <strong>der</strong> Hauptbestandteil. Wir<br />

sollten auf einer Grundlage von 430 Millionen DM den Kommunen eine<br />

Pauschale pro wohnhaftem Kind von ein bis zehn Jahren zur Verfügung<br />

stellen. Die Kommunen sollten dann ihren Anteil adäquat, sowie das<br />

Land diesen zur Verfügung stellt, auf kommunaler Ebene dazugeben.<br />

Präsident Iltgen: Gestatten Sie eine Zwischenfrage?<br />

Frau Nicolaus, CDU: Bitte, Herr Jurk, natürlich.<br />

Jurk, SPD: Frau Nicolaus, Sie haben erst beschrieben, wie fix die<br />

CDU-Fraktion ist. Warum haben Sie uns den Gesetzentwurf nicht<br />

vorgelegt?<br />

(Beifall bei SPD und PDS)<br />

Frau Nicolaus, CDU: Ja, das kann doch das Sozialministerium dann<br />

mit Leben ausfüllen, das sind nur Eckpunkte. O<strong>der</strong>?<br />

(Lachen bei SPD und PDS)<br />

Aber Sie als SPD-Fraktion o<strong>der</strong> als PDS-Fraktion können auch einen<br />

dementsprechenden Entwurf einbringen. Das können Sie doch gern tun.<br />

(Zurufe von PDS und SPD)<br />

Warum sollten wir es denn nicht tun? Das können wir auch tun, das<br />

werden wir uns noch überlegen. Jetzt geht es erst einmal um den<br />

Entschließungsantrag.<br />

Sie wollen doch - wie immer - von vornherein alles schlechtreden,<br />

was von unserer Seite kommt. Darin sind Sie doch Meister.<br />

(Leroff, CDU: Damit verdienen die doch ihr Geld!)<br />

Präsident Iltgen: Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage, Frau<br />

Nicolaus?<br />

Frau Nicolaus, CDU: Ja. Frau Dr. Runge, bitte.<br />

Frau Dr. Runge, PDS: Frau Nicolaus, folgende Frage: Wozu behelligen<br />

Sie eigentlich den <strong>Landtag</strong>, um dem Sozialministerium als CDU-<br />

Fraktion einen Auftrag zu erteilen, einen Gesetzentwurf<br />

auszuarbeiten und vorzulegen?<br />

(Beifall bei PDS und SPD)<br />

Frau Nicolaus, CDU: Es steht doch nicht hier drin, dass er vom<br />

Sozialministerium ausgearbeitet werden soll. Ich habe gesagt "eine<br />

Möglichkeit".<br />

(Lachen bei PDS und SPD - Zuruf von <strong>der</strong> CDU: Wir sind in einer<br />

Demokratie!)


- Gut. Wir sind hier bei dem Entschließungsantrag <strong>der</strong> CDU-Fraktion<br />

und dieser Entschließungsantrag beinhaltet richtungsweisende Dinge<br />

und die gilt es in dem Hohen Haus zu diskutieren. Ich wie<strong>der</strong>hole<br />

mich: Sie wollen sich doch gleich sperren, weil es von unserer<br />

Seite kommt. Wir werden das letztlich auch ohne Ihre Mehrheit o<strong>der</strong><br />

Ihr Zutun durchbekommen.<br />

(Lachen bei SPD und PDS - Zuruf des Abg. Nolle, SPD)<br />

Wir wollten von unserer Seite aus ein Signal an die Bevölkerung<br />

senden, dass wir richtungsweisende Gedanken haben, damit die<br />

Bevölkerung eben nicht beunruhigt ist, son<strong>der</strong>n damit sie weiß, dass<br />

wir uns weiterhin einer verantwortungsbewussten Betreuung unserer<br />

Kin<strong>der</strong> stellen werden und unserer Familienpolitik treu bleiben.<br />

Präsident Iltgen: Gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage?<br />

(Zurufe von <strong>der</strong> CDU: Nein!)<br />

Frau Nicolaus, CDU: - Nein, jetzt bin ich am Ende, Herr<br />

Tischendorf.<br />

(Jurk, SPD: Sie sind am Ende, richtig!)<br />

Das können wir später am Kaffeetisch fortsetzen.<br />

Präsident Iltgen: Meine Damen und Herren! Die Fraktionen haben<br />

Gelegenheit, dazu Stellung zu nehmen. Frau Dr. Schwarz, bitte.<br />

Frau Dr. Schwarz, SPD: Ich finde das schon höchst schwierig, in<br />

dieser sensiblen Lage, wo wir heute Kürzungen für die<br />

Kin<strong>der</strong>tagesstätten beschlossen haben<br />

(Jurk, SPD: Wir nicht, Gisela!)<br />

- <strong>der</strong> <strong>Landtag</strong> mit <strong>der</strong> Mehrheit <strong>der</strong> CDU-Fraktion die Kürzungen<br />

beschlossen hat -, einen Entschließungsantrag einzubringen, <strong>der</strong><br />

schon sehr klare Eckpunkte für ein künftiges, noch zu<br />

diskutierendes Kin<strong>der</strong>tagesstättengesetz festschreibt.<br />

Ich habe Entschließungsanträge als unselbständige Vorlagen bisher<br />

immer so verstanden, dass sie sich auf eine Vorlage beziehen<br />

müssen.<br />

(Leroff, CDU: Tun sie auch!)<br />

Im Haushaltsbegleitgesetz steht als Einziges, dass das bestehende<br />

Kin<strong>der</strong>tagesstättengesetz außer Kraft tritt und dass die Zuschüsse<br />

des Landes geän<strong>der</strong>t werden.<br />

(Zuruf des Abg. Leroff, CDU)<br />

Jetzt wird etwas in einem Entschließungsantrag formuliert über<br />

etwas, was uns eben nicht in Gänze vorliegt.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Ich finde es fachlich, Frau Kollegin Nicolaus, einfach unmöglich.<br />

(Beifall bei SPD und PDS)<br />

Sie legen angeblich Wert auf eine breite Diskussion in <strong>der</strong><br />

Öffentlichkeit und im Parlament. Aber Sie wissen ganz genau - und<br />

es ist noch nicht eine Stunde her, dass dieser Entschließungsantrag<br />

endgültig auf dem Tisch liegt -, dass es unmöglich ist, das<br />

inhaltlich zu prüfen und eine qualifizierte Meinung dazu hier<br />

abgeben zu können.<br />

(Vereinzelt Beifall bei <strong>der</strong> SPD)


Wenn Sie die Dinge vom Sozialministerium erarbeiten lassen - - Ich<br />

will mal einige Ihrer Kolleginnen und Kollegen fragen, ob sie<br />

wissen, was sie beschließen.<br />

(Zuruf des Abg. Bandmann, CDU)<br />

So viel Lyrik, wie ich in diesem Antrag über Qualität,<br />

Entwicklungssicherung usw. gelesen habe, habe ich selten zu<br />

Kin<strong>der</strong>tagesstätten aus Ihrem Munde gehört. Aber Sie können das nur,<br />

weil Sie jetzt die Verantwortung auf die Kommunen delegieren, ohne<br />

dazu eben die erfor<strong>der</strong>lichen Mittel zur Verfügung stellen zu<br />

wollen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> SPD)<br />

Das wird doch aus den Summen, die Sie eingestellt haben, ganz<br />

deutlich.<br />

Ich denke, wir werden hier noch eine spannende Diskussion haben.<br />

Aber dieses Verfahren finde ich fachlich und parlamentarisch<br />

unredlich.<br />

(Beifall bei SPD und PDS)<br />

Präsident Iltgen: Ich erteile das Wort <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> PDS. Herr<br />

Tippach.<br />

Tippach, PDS: Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich würde Ihnen<br />

vorschlagen, im ersten Satz dieses Än<strong>der</strong>ungsantrages die<br />

Formulierung "<strong>Der</strong> <strong>Sächsische</strong> <strong>Landtag</strong>" ersetzen zu lassen durch "Die<br />

CDU hat mit <strong>der</strong> Verabschiedung ...". Dann können Sie das in Ihrer<br />

eigenen Fraktion abstimmen und beschließen lassen.<br />

(Beifall bei PDS und SPD - Zuruf des Abg. Dr. Hähle, CDU)<br />

Wir betrachten diese Verfahrensweise, diese Vorgehensweise zu<br />

diesem Entschließungsantrag tatsächlich als eine Farce. Es ist<br />

deswegen eine Farce, weil Sie hier nicht nur Eckpunkte, son<strong>der</strong>n<br />

klare Linien vorgeben, mit denen ein offener Diskussionsprozess in<br />

diesem Haus und in diesem Lande um ein künftiges Gesetz unmöglich<br />

gemacht wird.<br />

(Beifall bei PDS und SPD)<br />

Weil das so ist, werden wir uns an dieser Farce auch nicht<br />

beteiligen. Das heißt, wir werden uns an <strong>der</strong> Abstimmung zu diesem<br />

Entschließungsantrag nicht beteiligen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> PDS)<br />

Präsident Iltgen: Meine Damen und Herren! Die CDU-Fraktion hat noch<br />

das Wort gewünscht. Herr Leroff.<br />

Leroff, CDU: Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte nur<br />

etwas klarstellen.<br />

Zur PDS kann ich nur sagen: Das Demokratieverständnis dieser<br />

Fraktion scheint sich immer dann zu wenden, wenn sie es gerade<br />

benötigt. Ich erinnere an Entschließungsanträge Ihrer Fraktion, bei<br />

denen wir uns erlaubt haben die Nachfrage zu stellen, ob sie denn<br />

sinnvoll sind. Da kam ein Aufschrei <strong>der</strong> Entrüstung.<br />

Zur SPD möchte ich nur anmerken: Frau Schwarz, ich verstehe Sie<br />

nicht ganz. Entwe<strong>der</strong> ist <strong>der</strong> Antrag Lyrik, dann brauchen Sie sich<br />

ja nicht damit zu beschäftigen, denn Lyrik kann man - auch ohne in<br />

die Tiefe zu gehen - bejahen o<strong>der</strong> verneinen.<br />

Das Zweite, was ich nicht verstehe, ist: Mit dem Haushaltsgesetz<br />

und dem Haushaltsbegleitgesetz beschäftigt sich dieser <strong>Landtag</strong> seit


Monaten. Und es war seit Monaten in <strong>der</strong> Öffentlichkeit bekannt,<br />

dass die Diskussion um das Kin<strong>der</strong>tagesstättengesetz ansteht.<br />

(Zuruf <strong>der</strong> Abg. Frau Dr. Volkmer, SPD)<br />

Und wenn Sie immer noch nicht in <strong>der</strong> Lage sind, das dann zu<br />

begreifen, dann habe ich doch Recht mit meiner Aussage von heute<br />

Mittag,<br />

(Wi<strong>der</strong>spruch bei SPD und PDS)<br />

dass wahrscheinlich eine Stunde bei Ihnen nicht ausreicht, trotz<br />

Themenvielfalt das Thema zu beherrschen.<br />

(Beifall bei <strong>der</strong> CDU)<br />

Präsident Iltgen: Gestatten Sie eine Zwischenfrage? - Nicht.<br />

Meine Damen und Herren, es wird noch das Wort gewünscht. Frau Dr.<br />

Schwarz, bitte.<br />

(Zuruf des Abg. Dr. Hähle, CDU)<br />

Frau Dr. Schwarz, SPD: Lieber Kollege Leroff! Die Diskussion<br />

scheint an Ihnen vorbeigegangen zu sein.<br />

(Leroff, CDU: Nein!)<br />

Wir diskutieren über ein Haushaltsbegleitgesetz. Da steht erstens<br />

und zweitens drin. Da steht aber nicht das drin, was uns heute auf<br />

den Tisch gelegt worden ist.<br />

(Leroff, CDU: Das sind die Schlussfolgerungen, begreifen Sie<br />

das doch endlich!)<br />

- Das sind nicht die Schlussfolgerungen.<br />

(Glocke des Präsidenten)<br />

Präsident Iltgen: Herr Leroff, bitte!<br />

Frau Dr. Schwarz, SPD: Ich kann ganz an<strong>der</strong>e Schlussfolgerungen<br />

daraus ziehen, ich kann an<strong>der</strong>e Eckpunkte für ein neues<br />

Kin<strong>der</strong>tagesstättengesetz vorlegen.<br />

(Allgemeine Unruhe)<br />

Präsident Iltgen: Meine Damen und Herren! Ich denke, es ist im<br />

allgemeinen Interesse, wenn ich jetzt den Entschließungsantrag <strong>der</strong><br />

CDU-Fraktion, Drucksache 3/3194 (Neufassung), zur Abstimmung<br />

bringe. Wer dem Entschließungsantrag die Zustimmung geben möchte,<br />

den bitte ich um das Handzeichen. - Danke. Wer ist dagegen? - Wer<br />

enthält sich <strong>der</strong> Stimme? - Bei null Enthaltungen und einer<br />

Gegenstimme ist dem Entschließungsantrag zugestimmt.<br />

(Jurk, SPD: Bei <strong>der</strong> CDU gab es Enthaltungen!)<br />

Meine Damen und Herren, wir kommen jetzt zur Abstimmung über den<br />

Entwurf Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplanes des<br />

Freistaates Sachsen für die Haushaltsjahre 2001 und 2002<br />

(Haushaltsgesetz 2001/2002) und die Festlegung <strong>der</strong><br />

Finanzausgleichsmassen und <strong>der</strong> Verbundquoten in den Jahren 2001 und<br />

2002.<br />

Meine Damen und Herren, mir liegen keine Än<strong>der</strong>ungsanträge zu den<br />

Artikeln vor. Ich schlage Ihnen vor, dass ich Ihnen die in Gänze<br />

vorlese und dass wir dann über alle Artikel gemeinsam abstimmen.<br />

Erhebt sich dagegen Wi<strong>der</strong>spruch? - Das ist nicht <strong>der</strong> Fall.<br />

Dann kommen wir jetzt zur Abstimmung: Entwurf des Gesetzes über die<br />

Feststellung des Haushaltsplanes des Freistaates Sachsen für die<br />

Haushaltsjahre 2001 und 2002 (Haushaltsgesetz 2001/2002) und die


Festlegung <strong>der</strong> Finanzausgleichsmassen und <strong>der</strong> Verbundquoten in den<br />

Jahren 2001 und 2002 und zur Ergänzungsvorlage 2001 und 2002.<br />

(Allgemeine Unruhe und Bewegung im Saal)<br />

Darf ich noch einmal um etwas Aufmerksamkeit bitten.<br />

Ich lasse abstimmen über Beschlussempfehlung und Bericht des<br />

Haushalts- und Finanzausschusses, Drucksache 3/3111. Artikel 1:<br />

Gesetz über die Feststellung des Haushaltsplanes des Freistaates<br />

Sachsen für die Haushaltsjahre 2001 und 2002 (Haushaltsgesetz<br />

2001/2002); das sind die §§ 1 bis 12.<br />

Ich lasse abstimmen über Artikel 2: Gesetz über die Festlegung <strong>der</strong><br />

Finanzausgleichsmassen und <strong>der</strong> Verbundquoten in den Jahren 2001 und<br />

2002; Artikel 3: Währungsumstellung; Artikel 4: In-Kraft-Treten,<br />

Geltungsdauer sowie die Anlagen Gesamtplan, Haushaltsübersicht,<br />

Finanzierungsübersicht, Kreditfinanzierungsplan.<br />

Wer dieser Beschlussempfehlung zum Entwurf zustimmt, den bitte ich<br />

um sein Handzeichen. - Danke. Wer ist dagegen? - Wer enthält sich<br />

<strong>der</strong> Stimme? - Bei einer großen Zahl von Stimmen dagegen ist <strong>der</strong><br />

Beschlussempfehlung zum Entwurf mehrheitlich zugestimmt worden.<br />

Damit ist die 2. Lesung abgeschlossen.<br />

Meine Damen und Herren, die 3. Lesung des Doppelhaushaltsplanes<br />

2001/2002 wird in <strong>der</strong> 28. <strong>Sitzung</strong> am Freitag, dem 15. Dezember<br />

2000, durchgeführt.<br />

Meine Damen und Herren Abgeordnete! Die Tagesordnung <strong>der</strong> 26.<br />

<strong>Sitzung</strong> des 3. <strong>Sächsische</strong>n <strong>Landtag</strong>es ist abgearbeitet. Das<br />

Präsidium hat den Termin für die 27. <strong>Sitzung</strong> auf morgen,<br />

Donnerstag, den 14. Dezember 2000, 10.00 <strong>Uhr</strong>, festgelegt. Die<br />

Einladung und die Tagesordnung dazu liegen Ihnen vor.<br />

Meine Damen und Herren, die 26. <strong>Sitzung</strong> des 3. <strong>Sächsische</strong>n<br />

<strong>Landtag</strong>es ist geschlossen. Ich wünsche Ihnen noch einen schönen<br />

Abend und einen guten Nachhauseweg.<br />

(Schluss <strong>der</strong> <strong>Sitzung</strong>: 17.45 <strong>Uhr</strong>)


<strong>Sächsische</strong>r <strong>Landtag</strong> Plenarprotokoll 3/26<br />

Stenografischer Dienst PD 4/1066<br />

Stenografischer Bericht <strong>der</strong> 26. <strong>Sitzung</strong> <strong>der</strong> 3. Wahlperiode<br />

==========================================================<br />

(Redigierter und autorisierter Text; Paginierung jedoch<br />

nicht wie im gedruckten Exemplar.)<br />

1. Teil<br />

am Dienstag, dem 12. Dezember 2000, Dresden, Plenarsaal<br />

<strong>Beginn</strong>: <strong>10.01</strong> <strong>Uhr</strong> Schluss: 22.31 <strong>Uhr</strong><br />

Inhaltsverzeichnis (vorläufig) Seite<br />

0 <strong>Eröffnung</strong> 1<br />

1 Wahl des <strong>Sächsische</strong>n Landesbeauftragten für die 1<br />

Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes <strong>der</strong><br />

ehemaligen Deutschen Demokratischen Republik<br />

(gemäß Artikel 1 des Gesetzes zur Än<strong>der</strong>ung des<br />

Landesbeauftragtengesetzes und des <strong>Sächsische</strong>n<br />

Besoldungsgesetzes<br />

Drucksache 3/3084, Wahlvorschlag <strong>der</strong> Staatsregierung<br />

Hatzsch, SPD 2<br />

Wahlhandlung (Ergebnis s. Seite 49)<br />

2 2. und 3. Lesung des Entwurfs Gesetz zum Fünften 4<br />

Staatsvertrag zur Än<strong>der</strong>ung rundfunkrechtlicher<br />

Staatsverträge und zur Än<strong>der</strong>ung des <strong>Sächsische</strong>n<br />

Privatrundfunkgesetzes<br />

Drucksache 3/2450, Gesetzentwurf <strong>der</strong> Staatsregierung<br />

Drucksache 3/3075, Beschlussempfehlung des<br />

Ausschusses für Wissenschaft und Hochschule,<br />

Kultur und Medien .<br />

Dr. Grüning, CDU 4,43<br />

Hilker, PDS 12,40,45<br />

Dr. Kunckel, SPD 24,44<br />

Prof. Dr. Biedenkopf, Ministerpräsident 28<br />

Schimpff, CDU 38


Dr. Hahn, PDS 39<br />

Dr. de Maizière, Staatsminister und Chef <strong>der</strong> 46<br />

Staatskanzlei<br />

Prof. Dr. Bramke, PDS 47<br />

Abstimmungen und Annahme des Gesetzes 48<br />

Fortsetzung Tagesordnungspunkt 1 48<br />

Wahlergebnis 49<br />

3 2. und 3. Lesung des Entwurfs Zweites Gesetz zur 50<br />

Än<strong>der</strong>ung des Gesetzes über den Finanzausgleich<br />

mit den Gemeinden und Landkreisen im Freistaat<br />

Sachsen<br />

Drucksache 3/2364, Gesetzentwurf <strong>der</strong> Staatsregierung<br />

Drucksache 3/3100, Beschlussempfehlung des<br />

Haushalts- und Finanzausschusses .<br />

Dr. Friedrich, PDS 50,92,99<br />

Dr. Metz, CDU 59,94<br />

Frau Weihnert, SPD 68,87<br />

Prof. Dr. Milbradt, Staatsminister 73,82,86,88,90<br />

<strong>der</strong> Finanzen<br />

Dr. Hahn, PDS 81,89<br />

Schmitz, CDU 85<br />

Abstimmungen und Annahme des Gesetzes 90<br />

Entschließungsantrag <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> PDS, 91<br />

Drucksache 3/3172<br />

Dr. Friedrich, PDS 92<br />

Dr. Metz, CDU 94,96<br />

Frau Weihnert, SPD 95<br />

Dr. Metz, CDU 96<br />

Abstimmung und Ablehnung 97<br />

Prof. Dr. Porsch, PDS 97<br />

Entschließungsantrag <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> CDU, 97<br />

Drucksache 3/3188<br />

Dr. Metz, CDU 98<br />

Dr. Friedrich, PDS 99<br />

Frau Weihnert, SPD 100<br />

Abstimmung und Zustimmung 100<br />

4 - 2. Lesung des Entwurfs Gesetz über die Feststellung 101<br />

des Haushaltsplanes des Freistaates Sachsen für die<br />

Haushaltsjahre 2001 und 2002 (Haushaltsgesetz 2001/


2002 und die Festlegung <strong>der</strong> Finanzausgleichsmassen<br />

und <strong>der</strong> Verbundquoten in den Jahren 2001 und 2002<br />

Drucksache 3/2400, Gesetzentwurf <strong>der</strong> Staatsregierung<br />

- Ergänzungsvorlage <strong>der</strong> Staatsregierung zum Entwurf<br />

eines Gesetzes über die Feststellung des Haushalts-<br />

planes des Freistaates Sachsen für die Haushaltsjahre<br />

2001 und 2002 und die Festlegung <strong>der</strong> Finanzausgleichs-<br />

massen und <strong>der</strong> Verbundquoten in den Jahren 2001 und<br />

2002 und zum Entwurf des Doppelhaushaltsplanes<br />

2001/2002 nebst Übersichten und Anlagen<br />

Drucksache 3/2784<br />

Drucksache 3/3111, Beschlussempfehlung des<br />

Haushalts- und Finanzausschusses<br />

- 2. und 3. Lesung des Entwurfs Gesetz über Maßnahmen 101<br />

zur Sicherung <strong>der</strong> öffentlichen Haushalte 2001<br />

und 2002 im Freistaat Sachsen (Haushaltsbegleitgesetz<br />

2001 und 2002) und zur Än<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Vorläufigen<br />

Haushaltsordnung des Freistaates Sachsen<br />

Drucksache 3/2401, Gesetzentwurf <strong>der</strong> Staatsregierung<br />

Drucksache 3/3110, Beschlussempfehlung des<br />

Haushalts- und Finanzausschusses .<br />

4.1 Einzelplan 02 102<br />

Staatskanzlei<br />

Dr. de Maizière, Staatsminister und Chef <strong>der</strong> 102<br />

Staatskanzlei<br />

Prof. Dr. Porsch, PDS 126,165,167<br />

Dr. Hähle, CDU 155,166,168<br />

Jurk, SPD 176<br />

Rohwer, CDU 199<br />

Frau Weber, Staatsministerin für die Gleichstellung 215<br />

von Frau und Mann<br />

Frau Dr. Ernst, PDS 225<br />

Frau Petzold, CDU 231<br />

Schimpff, CDU 236<br />

Abstimmung und Annahme des Einzelplanes 245<br />

Frau Dr. Schwarz, SPD 245<br />

4.2 Einzelplan 01 246<br />

<strong>Landtag</strong> .<br />

Abstimmung und Annahme des Einzelplanes 246<br />

4.3 Einzelplan 11 246<br />

Rechnungshof


Abstimmung und Annahme des Einzelplanes 246<br />

4.4 Einzelplan 06 247<br />

Staatsministerium <strong>der</strong> Justiz<br />

Schiemann, CDU 247<br />

Bartl, PDS 252<br />

Frau Dr. Schwarz, SPD 254<br />

Kolbe, Staatsminister <strong>der</strong> Justiz 257<br />

Abstimmung und Annahme des Einzelplanes 265<br />

4.5 Einzelplan 09 265<br />

Staatsministerium für Umwelt und Landwirtschaft<br />

Frau Roth, PDS 266,313,324<br />

Prof. Dr. Mannsfeld, CDU 270,282,331<br />

Frau Dr. Raatz, SPD 279,328<br />

Frau Altmann, PDS 286<br />

Frau Landgraf, CDU 292<br />

Frau Klein, SPD 296,303,305,307,317<br />

Dr. Jahr, CDU 299,304,306,308,314,317<br />

Flath, Staatsminister für Umwelt und 320,324<br />

Landwirtschaft<br />

Abstimmungen und Än<strong>der</strong>ungsanträge 328<br />

Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> SPD, 328<br />

Drucksachen 3/3183 und 3180<br />

Frau Dr. Raatz, SPD 328<br />

Abstimmungen und Ablehnungen 334<br />

Abstimmungen und Annahme des Einzelplanes 335<br />

4.6 Einzelplan 03 335<br />

Staatsministerium des Innern<br />

Frau Weihnert, SPD 336,375<br />

Bandmann, CDU 338,345<br />

Prof. Dr. Porsch, PDS 344,349<br />

Tippach, PDS 346,350,369,381<br />

Nitzsche, CDU 354<br />

Dr. Friedrich, PDS 363<br />

Hardraht, Staatsminister des Innern 367,370,376<br />

Abstimmung und Annahme des Einzelplanes 381


4.7 Einzelplan 07 382<br />

Staatsministerium für Wirtschaft und Arbeit<br />

Lämmel, CDU 382<br />

Frau Mattern, PDS 391,404<br />

Nitzsche, CDU 401,405,412,414<br />

Weckesser, PDS 411<br />

Frau Werner, Heike, PDS 413<br />

Lucassen, SPD 415<br />

Zais, PDS 423<br />

Frau Dr. Raatz, SPD (Erklärung zu Protokoll) 427<br />

Dr. Schommer, Staatsminister für Wirtschaft und Arbeit 428<br />

Prof. Dr. Porsch, PDS 428<br />

Abstimmung und Än<strong>der</strong>ungsanträge 438<br />

Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> SPD, Drucksache 3/3179<br />

Jurk, SPD 439<br />

Lämmel, CDU 440<br />

Frau Mattern, PDS 441<br />

Abstimmung und Ablehnung 441<br />

Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> SPD, Drucksache 3/3178<br />

Frau Dr. Raatz, SPD 442<br />

Nitzsche, CDU 443<br />

Frau Kipping, PDS 444<br />

Abstimmung und Ablehnung 444<br />

Abstimmung und Annahme des Einzelplanes 446<br />

Fortsetzung <strong>der</strong> <strong>Sitzung</strong> 446<br />

2. Teil<br />

am Mittwoch, dem 13. Dezember 2000, Dresden, Plenarsaal<br />

<strong>Beginn</strong>: 10.00 <strong>Uhr</strong> Schluss: 17.45 <strong>Uhr</strong><br />

Inhaltsverzeichnis Seite<br />

0 <strong>Eröffnung</strong> 1<br />

Geburtstagsglückwünsche für die Abgeordnete 1<br />

Frau Margit Werner, PDS<br />

4.8 Einzelplan 08 1


Staatsministerium für Soziales, Gesundheit,<br />

Jugend und Familie .<br />

Dr. Pellmann, PDS 2,18<br />

Frau Nicolaus, CDU 11,19,27,29,35,39<br />

Frau Dr. Volkmer, SPD 21,28,29,38,39,74<br />

Frau Werner, Heike, PDS 31<br />

Frau Ludwig, SPD 40,60,63<br />

Neubert, PDS 43,67<br />

Rohwer, CDU 47<br />

Dr. Geisler, Staatsminister für Soziales, 50,57,61,64,66,68,<br />

Gesundheit, Jugend und Familie 71,72,75,77<br />

Frau Dr. Schwarz, SPD 56<br />

Tischendorf, PDS 65<br />

Prof. Dr. Porsch, PDS 71,76<br />

Abstimmungen und Än<strong>der</strong>ungsanträge 77<br />

Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> SPD, Drucksache 3/3182 77<br />

Frau Dr. Schwarz, SPD 78,81<br />

Frau Nicolaus, CDU 80,82<br />

Frau Werner, Heike, PDS 83<br />

Abstimmung und Ablehnung 83<br />

Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> SPD, Drucksache 3/3181 84<br />

Frau Dr. Volkmer, SPD 84<br />

Kannegießer, CDU 86<br />

Dürrschmidt, PDS 87<br />

Abstimmung und Ablehnung 88<br />

4.9 Einzelplan 05 90<br />

Staatsministerium für Kultus<br />

Beantragung einer Präsidiumssitzung zum 90<br />

Entschließungsantrag <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> CDU<br />

Prof. Dr. Porsch, PDS 90,92,93<br />

Jurk, SPD 91<br />

Hatzsch, SPD 95<br />

Colditz, CDU 99,116,119<br />

Dr. Hahn, PDS 108,121<br />

Prof. Dr. Porsch, PDS 118<br />

Dr. Rößler, Staatsminister für Kultus 122<br />

Abstimmungen und Än<strong>der</strong>ungsanträge 131<br />

Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> SPD, Drucksache 3/3168 131<br />

Hatzsch, SPD 132<br />

Colditz, CDU 133<br />

Abstimmung und Ablehnung 133


Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> SPD, Drucksache 3/3165 134<br />

Hatzsch, SPD 135<br />

Colditz, CDU 137<br />

Dr. Hahn, PDS 139<br />

Abstimmung und Ablehnung 139<br />

Abstimmung und Annahme des Einzelplanes 140<br />

Beantragung einer Präsidiumssitzung zum 141<br />

Entschließungsantrag <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> CDU<br />

Prof. Dr. Porsch, PDS 141<br />

Jurk, SPD 142,147<br />

Leroff, CDU 143,146<br />

Dr. Hahn, PDS 145<br />

4.10 Einzelplan 12 147<br />

Staatsministerium für Wissenschaft und Kunst<br />

Dr. Grüning, CDU 148,161<br />

Prof. Dr. Bramke, PDS 156,198<br />

Prof. Dr. Weiss, SPD 164<br />

Frau Lattmann-Kretschmer, PDS 167,196<br />

Dr. Kunckel, SPD 174<br />

Prof. Dr. Meyer, Staatsminister für Wissenschaft 178,183<br />

und Kunst 197<br />

Frau Kipping, PDS 182<br />

Abstimmungen und Än<strong>der</strong>ungsanträge 198<br />

Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> SPD, Drucksache 3/3164<br />

Prof. Dr. Weiss, SPD 199,204,205<br />

Dr. Grüning, CDU 200,207<br />

Prof. Dr. Bramke, PDS 202,206<br />

Dr. Kunckel, SPD 208<br />

Abstimmungen und Ablehnungen 203<br />

Abstimmung und Annahme des Einzelplanes 209<br />

4.11 Einzelplan 04 210<br />

Staatsministerium <strong>der</strong> Finanzen<br />

Einzelplan 14<br />

Staatliche Hochbau- und Liegenschaftsverwaltung<br />

Einzelplan 15<br />

Allgemeine Finanzverwaltung .<br />

Frau Simon, PDS 210<br />

Albrecht, CDU 213


Abstimmung und Annahme des Einzelplanes 04 215<br />

Abstimmung und Annahme des Einzelplanes 14 216<br />

Abstimmungen und Än<strong>der</strong>ungsanträge zum Einzelplan 15 216<br />

Än<strong>der</strong>ungsanträge <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> SPD, 216<br />

Drucksachen 3/3185 und 3/3184<br />

Lochbaum, SPD 216<br />

Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> SPD, Drucksache 3/3189 217<br />

Frau Weihnert, SPD 217<br />

Dr. Metz, CDU 219<br />

Dr. Friedrich, PDS 221<br />

Abstimmung und Ablehnung 221<br />

Lochbaum, SPD 222<br />

Abstimmung und Annahme des Einzelplanes 15 222<br />

4.12 - Beschlussfassung zu Drucksache 3/2401 222<br />

(Haushaltsbegleitgesetz 2001 und 2002) auf <strong>der</strong><br />

Grundlage <strong>der</strong> Beschlussfassung in Drucksache 3/3110<br />

- Beschlussfassung zu den Drucksachen 3/2400 und<br />

3/2784 (Haushaltsgesetz 2001 und 2002 sowie<br />

Ergänzungsvorlage) auf <strong>der</strong> Grundlage <strong>der</strong><br />

Beschlussfassung in Drucksache 3/3111 .<br />

Hahn, CDU 223<br />

Frau Dr. Runge, PDS 228,231,258<br />

Wöller, CDU 230<br />

Frau Dr. Schwarz, SPD 233<br />

Weckesser, PDS 237,243<br />

Dr. Metz, CDU 242<br />

Frau Lattmann-Kretschmer, PDS 247,249<br />

Clemen, CDU 248<br />

Prof. Dr. Milbradt, Staatsminister <strong>der</strong> Finanzen 250,258<br />

Abstimmungen und Än<strong>der</strong>ungsanträge 260<br />

Frau Lattmann-Kretschmer, PDS 260<br />

Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> SPD, Drucksache 3/3663 261<br />

Hatzsch, SPD 262<br />

Colditz, CDU 265<br />

Dr. Hahn, PDS 267<br />

Abstimmung und Ablehnung 267<br />

Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> SPD, Drucksache 3/3187 267<br />

Frau Dr. Schwarz, SPD 268,270<br />

Frau Nicolaus, CDU 269


Frau Werner, Heike, PDS 271<br />

Abstimmung und Ablehnung 271<br />

Än<strong>der</strong>ungsantrag <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> SPD, Drucksache 3/3163 273<br />

Hatzsch, SPD 273<br />

Abstimmung und Ablehnung 274<br />

Namentliche Abstimmung (Ergebnis s. Anlage) 274<br />

Dr. Lippmann, CDU 274<br />

Jurk, SPD 276<br />

Frau Schulz, PDS 278<br />

Dr. Hähle, CDU 280<br />

Entschließungsantrag <strong>der</strong> Fraktion <strong>der</strong> CDU 281<br />

Frau Nicolaus, CDU 281,283,285<br />

Jurk, SPD 283<br />

Frau Dr. Runge, PDS 284<br />

Frau Dr. Schwarz, SPD 286,291<br />

Tippach, PDS 288<br />

Leroff, CDU 289<br />

Abstimmung und Zustimmung 291<br />

Abstimmungen und Zustimmungen 292<br />

Nächste <strong>Landtag</strong>ssitzung 293

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!