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Stalins Enkel, Maps Söhne – die Lebenswelt der K ... - WordPress.com

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88 STAL!NS ENKEL, MAOS SOHNE5. IDFClLOGIE UND ]NfH >KI RINIF RUNC; 894.3.4 ErziehungDie K-Gruppen setzten im Bereich <strong>der</strong> Erziehung auf »proletarische Disziplin«. •\utoritäres V erhalten war ausdrücklich erlaubt, sogar erwünscht, »da auch<strong>die</strong> Arbeiterklasse ihre Kin<strong>der</strong> autoritär erziehe«285. Die »Diskussion über fortschrittlicheKin<strong>der</strong>erziehung« erfuhr im dogmatischen Segment <strong>der</strong> NeuenLinken einen Paradigmenwechsel. Statt auf »antiautoritäre« Erziehung zu setzen,besann man sich auf <strong>die</strong> Schriften Edwin Hoernles (1883-1952), <strong>der</strong>führen<strong>der</strong> Vertreter <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>politik <strong>der</strong> Weimarer KPD gewesen war. 1969gaben Lutz von \X'er<strong>der</strong> und an<strong>der</strong>e Hoernles Gruncffragen <strong>der</strong> proletarischen Erzjehung28 6 neu heraus. Das \Verk avancierte zu einem Essential im Bereich <strong>der</strong>Kin<strong>der</strong>erziehung.Weitere Inspiration für <strong>die</strong> K-Gruppen-Pädagogik holte man sich in Chinaund .\lbanien. Wann immer eine Delegation einer <strong>der</strong> Bru<strong>der</strong>parteien einenBesuch abstattete, stand auch <strong>der</strong> Besuch einer Schule auf dem Programm.Das dort Gesehene präsentierten <strong>die</strong> Rückkehret den Lesern ihrer »Zentralorgane«überschwänglich. Die Autoren bewerteten <strong>die</strong> ausnahmslos auf dasKollektiv gerichtete, extrem antündividualistische Erziehung als positives Beispiel,von dem man im Klassenkampf nur lernen könne. »Im Kapitalismus«<strong>die</strong>ne <strong>die</strong> Erziehung »<strong>der</strong> Bourgeoisie, einer kleinen 1\1in<strong>der</strong>heit, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Jugendfür ihre Zwecke einspannen« wolle. Wi<strong>der</strong>standslos sollten »<strong>die</strong> jungen Menschen.\usbeutung und Unterdrückung ertragen« und würden dafür »von eineraufgeblasenen Pop-Industrie verdummt und von <strong>der</strong> Wahrnehmung ihrerInteressen abgehalten«. Die »sozialistische Erziehung« hingegen sei ein »bewußtesLeiten und Führen junger Menschen in Richtung auf ein bestimmtesZiel«. Ihre Grundlage bilde <strong>die</strong> »bewußte Disziplin, <strong>die</strong> aus <strong>der</strong> Zusammengehörigkeitim Kampf um den Sozialismus« erwachse. Sie bestünde »in <strong>der</strong> be­\Vussten und freiwiligen Unterordnung des Einzelnen unter <strong>die</strong> Interessen <strong>der</strong>Gesamtheit des Proletariats« und garantiere <strong>die</strong> »Einheit und Geschlossenheitdes Handelns«. Ohne bewusste Disziplin sei »kollektives Handeln niemalsmöglich«, in ihr vereinige sich »<strong>die</strong> neue Einstellung zur Arbeit, <strong>die</strong> <strong>die</strong> Menschen[befähige], friedliche Heldentaten beim Aufbau des Kommunismus zuvollbringen«. 287Wie <strong>die</strong> Menschen befähigt werden sollten, friedliche Heldentaten zu vollbringen,verschwiegen <strong>die</strong> Verfasser nicht: »Es ist völlig unmöglich«, begeistertensich <strong>die</strong> Schreiber <strong>der</strong> KVZ, »dass ein Spielzeug nur einem Jungen o<strong>der</strong>285 Vgl. 1\losler 1977, S. 49.286 Hoernle 1969.287 KVZ 05/1974, S. 15.Mädchen allein gehört - immer ist das ganze Kollektiv dafür verantwortlich,ebenso wie für <strong>die</strong> Erledigung bestimmter Pflichten. Versucht ein K.ind, irgendwieauszubrechen, und entwickelt es im Kollektiv schädliche individualistischeTendenzen (will es vielleicht ein Spielzeug nur für sich behalten), versuchen<strong>die</strong> an<strong>der</strong>en Kin<strong>der</strong> zunächst, ihm seinen Fehler bewußt zu machen unddadurch zu einer Än<strong>der</strong>ung zu kommen. Zeigt das aber keinerlei Erfolg«, so<strong>die</strong> Autoren weiter, »wird <strong>die</strong>ses K.ind von den an<strong>der</strong>en bestraft, <strong>die</strong> den Falldiskutieren und dann eine Entscheidung treffen.« 288Die Identiftkation mit dem Erziehungsstil in China und }Jbanien führtezur Übernahme totalitärer Indoktrinierung. Kin<strong>der</strong>organisationen, <strong>die</strong> an <strong>die</strong>»Spitzel«, <strong>die</strong> Parteijugend in George Orwells Roman 1984289, o<strong>der</strong> den HJ­Streifen<strong>die</strong>nst erinnerten, wurden den eigenen Kin<strong>der</strong>n als vorbildlich präsentiert:>>Die Roten Kin<strong>der</strong>gardisten bekommen verantwortungsvolle Aufgaben, so z. B. Streifengängean <strong>der</strong> Küste. Das Volk weiß, das schlechte Elemente manchmal bei Nacht übersMeer flüchten o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e sich an Land schleichen wollen und dabei oft Spuren hinterlassen.- Die Roten Kin<strong>der</strong>gardisten in <strong>die</strong>ser Geschichte helfen, zwei Klassenfeinde zu beobachten.Sie sind dabei sehr mutig, denn <strong>die</strong>se Klassenfeinde sind grausame Menschen undwollen <strong>die</strong> Kin<strong>der</strong> in <strong>die</strong> Irre führen.«290Ignoriert wurden <strong>die</strong> Horden 14-jähriger Schüler, <strong>die</strong> im China <strong>der</strong> KulturrevolutionHäuser stürmten und alte Menschen auspeitschten.291Stattdessen sangen <strong>die</strong> Akteure einen Hymnus auf >>Kleine Rotgardisten«und <strong>der</strong>en Abenteuer in <strong>der</strong> politischen Auseinan<strong>der</strong>setzung mit reaktionärenGrundherren, <strong>die</strong> beim sozialistischen Aufbau störten.292 Nicht nur in vielen<strong>der</strong> undogmatischen Kin<strong>der</strong>läden, auch in vergleichbaren Institutionen <strong>der</strong> K­Gruppen gehörte das berühmte >>Rübenbild« zum Inventar. Es zeigte eineGruppe von Kin<strong>der</strong>n, <strong>die</strong> mit vereinten Kräften eine Rübe aus dem Erdbodenziehen.Der Mythos einer leistungsbereiten, unverbrauchten und linientreuen Jugend,<strong>der</strong> sich wie ein roter Faden durch <strong>die</strong> Geschichte <strong>der</strong> chinesischenKulturrevolution zieht, korrespon<strong>die</strong>rt mit <strong>der</strong> generationalen Gloriftzierung<strong>der</strong> Jugend, wie sie in den 1920er und 1930er Jahren bei <strong>der</strong> KPD und imbeson<strong>der</strong>en bei den Nationalsozialisten vorzuftnden war.293288 Ebd.289 Vgl. Orwell 2000, S. 33.290 RM 04/1 976.291 Vgl. Wesel 2002, S. 40.292 Vgl. Deumelandt/Dressler 1974, S. 6.29. Vgl. Stiller 1991, S. 405.

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